Mito prüfte nun schon zum wiederholten Male ihre Schminke und drehte ihren Kopf hin und her, um im Spiegel zu sehen, ob ihre Frisur noch immer saß. Tōka stand hinter ihr und hielt einen zweiten Handspiegel, um ihr dabei behilflich zu sein. Sie zupfte am Kragen von Mitos shiromuku, um seinen Sitz zu korrigieren. Izuna sprang ebenfalls um sie herum und machte sich hier und da an dem kostbaren Kleidungsstück zu schaffen, damit es auch ja perfekt saß. Tōka warf Izuna einen giftigen Blick zu und gab ihm einen Klaps auf die Finger, als er zu persistent wurde.
»Husch, mach dich ab«, zischte sie ihm zu.
»Lass mich in Ruhe neidisch auf Mito-kun sein«, schmollte Izuna.
»Troll dich«, fauchte Tōka ihn an.
»Tobirama will mich immer noch nicht heiraten, so nah komm ich nie wieder an so einen prachtvollen Kimono«, klagte Izuna sein Leid.
Mito kam sich vor wie ein Ausstellungsstück.
»Was hast du überhaupt hier zu suchen? Oder dein Bruder, wo wir schon einmal dabei sind.« Tōka warf besagtem Bruder einen finsteren Blick zu.
Madara hatte sich bis jetzt nicht eingemischt und das ganze aus einiger Entfernung beobachtet. Als Tōka ihm ihre Aufmerksamkeit zuwandte, hob er abwehrend die Hände.
»Warst du heute auch nur ansatzweise in Hashiramas Nähe? Der ist unerträglich. Soll sich Tobirama mit dem herumschlagen.«
Dem konnte Mito allerdings nur zustimmen. »Dein Geliebter macht mich fertig, seit Tagen schon. Das ist nicht auszuhalten.«
»Wieso mein Geliebter? Du heiratest ihn heute!«, schnaubte Madara.
»Was heißt, dass wir uns ab sofort gemeinsam mit ihm herumplagen dürfen. Geteiltes Leid und so.« Mito lächelte, um ihre Nervosität zu überspielen. Saß ihre Frisur auch wirklich? Würde sie auch unter dem wataboshi halten? Es wäre furchtbar, wenn ein zerzaustes Chaos zum Vorschein käme, sobald sie den Schleier abnehmen würde.
»Jetzt nimm endlich deine dreckigen Finger da weg!«, fauchte Tōka Izuna an. »Du ruinierst noch alles.«
»Wir gehen auf eine Hochzeit, kein Schlachtfeld. Also kein Grund, so rabiat zu werden.« Izuna schmollte, flüchtete sich dann aber doch zu Madara, als Tōka ihn anknurrte.
Tōka gab einen triumphierenden Laut von sich und widmete sich wieder Mito. Es war eigenartig, ihre Freundin in einem dem Anlass angemessenen Kimono zu sehen, statt in ihrer üblichen Rüstung oder ihrem Traininsanzug. Tōka war sonst fast nie außerhalb des Trainingsfeldes anzutreffen, wo sie mit Hikaku die unglücklichen Seelen umherscheuchte, die das Pech hatten, unter ihrem Kommando zu stehen. Sie war eine Feldherrin durch und durch.
Heute würden Mito und Hashirama heiraten. Zu Beginn mochte dieses Arrangement rein politischer Natur gewesen sein, als ihr Vater Ashina ein Bündnis mit dem noch jungen Konoha gesucht hatte. Mitos Hand und die dringend benötigten Ressourcen zum Erbauen des Dorfes im Austausch für Schutz und Unterstützung. So lautete das Abkommen, das sie getroffen hatten. Das war nun bereits vier Jahre her, und auf Hashiramas Bitten hin war Mito daraufhin nach Konoha gezogen, sodass sie sich näher kennen lernen konnten. Es war leicht, mit ihm Freundschaft zu schließen, und fast ebenso leicht, sich in ihn zu verlieben. Schon lange ging es hier nicht mehr nur um Politik.
Tōka legte ihr eine Hand auf den Bauch. »Sitzt alles gut? Ist der obi nicht zu fest?«
Mito lächelte und legte ihre Hand auf Tōkas. »Alles bestens. Ich hoffe nur, mir wird nicht plötzlich wieder speiübel. Ich bin das so leid.«
Man sah noch kaum etwas, nur eine leichte Wölbung ihres Bauches, die unter all den Stoffschichten vollkommen verschwand. Mito stellte sich lieber nicht vor, wie es wäre, dieses Kostüm tragen zu müssen, wenn sie bereits hochschwanger wäre.
»Sei getröstet, ab dem dritten Monat wird das besser«, versicherte Tōka ihr und lächelte ihr beruhigend zu.
Mito erwiderte das Lächeln erleichtert. Sie war wirklich froh, ihre gute Freundin Tōka an ihrer Seite zu wissen. Sie hatte einen vierjährigen Sohn, Kagami, und konnte ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ein wenig war dieser Gedanke durchaus beängstigend, dass da Leben in ihr wuchs, aber auch aufregend. Hashiramas und ihr Kind, wie wunderbar das klang. Zumindest war sie sich fast sicher, dass es auch wirklich seines war. Da war dieses eine Mal gewesen …
Sie verdrängte den Gedanken. Jetzt gerade hatte sie andere Sorgen.
Ein letztes Mal prüfte sie, ob auch wirklich alles saß, dann half Tōka ihr, den wataboshi aufzusetzen. Mitos Sicht war unter der Haube stark eingeschränkt und sie wusste schon jetzt, dass sie das sehr bald in den Wahnsinn treiben würde. Aber was tat man nicht alles für die Liebe? Sie stand auf.
»Na, wie sehe ich aus?«
»Atemberaubend! Hashirama hat dich nicht verdient!«, rief Izuna sogleich begeistert aus.
Wie zu erwarten, machte Madara ein finsteres Gesicht. »Und dieser ganze Aufriss für nicht einmal einen Tag?«
»Ich kann dich auch vor die Tür setzen und dann kannst du dich zu Hashirama trollen«, drohte Tōka ihm und stellte sich vor Mito, als wolle sie ihre Freundin vor diesem Rüpel schützen.
Mito griff nach ihrem Fächer und wedelte sich etwas Luft zu. Jetzt galt es. Jetzt gab es kein Zurück mehr. In nicht einmal einer Stunde wäre sie eine verheiratete Frau. Ihr wurden nun doch die Knie weich. Das würde schon alles klappen, redete sie sich ein, und stellte sich dann doch all die Dinge vor, die schief laufen konnten.
»Na los, die anderen warten sicher schon«, sagte Tōka und wandte sich zum Gehen.
»Mito-kun, lass uns noch kurz unter vier Augen sprechen«, bat Madara.
Tōka warf ihm einen abschätzigen Blick zu. »Aber wehe, du sagst irgendwas gemeines. Mito ist schon nervös genug.«
»Bin ich überhaupt nicht«, widersprach Mito.
»Natürlich bist du das, war ich damals auch«, konterte Tōka.
»Ob du‘s glaubst oder nicht, aber ich bin durchaus zu Rücksichtnahme in der Lage«, knurrte Madara.
»Na ja …« Tōka war eindeutig anderer Meinung, verließ dann aber doch mit Izuna den Raum.
Als Madara mit Mito allein im Raum war, trat er vor sie. Es war eine jener seltenen Gelegenheiten, in denen er einen Hauch von Unsicherheit zeigte und es nicht hinter einer abweisenden und kratzbürstigen Fassade versteckte.
»Ich denke, ich habe das noch nicht deutlich genug gesagt in der Vergangenheit, aber ich freue mich wirklich für euch beide«, nuschelte er und wich Mitos Blick aus.
Sie lachte leise und ergriff seine Hände. »Eigentlich müsste ich diejenige sein, die solche Worte sagt. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich mich irgendwie zwischen euch beide dränge, und das tat mir immer schon leid.«
»Wir sprachen doch schon vor einer Ewigkeit darüber. Das ist in Ordnung. Du drängst dich nicht dazwischen, du bist eher … wie eine Ergänzung.«
Sie musste schmunzeln. »Anfangs konntest du mich dennoch nicht leiden, gib‘s zu.«
Er kniff die Augen zusammen. »Blödsinn. Du warst einfach eine Fremde, das war alles. Ich kannte deine Absichten nicht, hätte ja genauso gut sein können, dass du, keine Ahnung, Hashirama ausnutzen willst oder so. In dem Fall hätte ich auf dieses ganze Bündnis gepfiffen …«
»… und alles dem Erdboden gleichgemacht, ich weiß«, unterbrach sie ihn schmunzelnd. »Also habe ich sozusagen deinen Test bestanden und mich als würdig erwiesen.«
»Das habe ich so nie gesagt«, grummelte er.
Sie lachte auf. »Lass dich nicht immer so leicht ärgern.«
Er machte ein besonders finsteres Gesicht und plusterte sich auf, um auch bloß nicht den Eindruck zu vermitteln, dass er nicht über solchen Kleinigkeiten stünde. »Los jetzt. Oder willst du zu spät auf deiner eigenen Hochzeit erscheinen?«
Aus einer Laune heraus streckte sie sich und küsste ihn auf den Mund. Dann musste sie kichern, als sie sein verblüfftes Gesicht sah. Irgendwie konnte sie schon verstehen, was Hashirama an ihm so anziehend fand.
Er räusperte sich verlegen. »Mito-kun, du solltest das nicht tun.«
»Warum nicht?«, wollte sie unschuldig wissen. »Wir gehen mit demselben Mann ins Bett, also was soll‘s. Es sei denn, du magst das nicht.«
»Nein, das ist es nicht.« Dann ging ihm wohl auf, dass er ihr damit indirekt bestätigt hatte, es sehr wohl zu mögen, und er grummelte: »Ach, vergiss es. Geh jetzt.«
Sie beschloss, ihn in Frieden zu lassen, und gemeinsam verließen sie den Raum.
Wie sich herausstellte, hatte Tōka nicht weit entfernt gewartet, sodass sie es nun übernehmen konnte, Mito zum Schrein zu geleiten. Sie wunderte sich nicht über die mitten im Sommer in voller Blüte stehenden Kirschbäume, die ihren Weg säumten; mit Sicherheit war das Hashirama gewesen. Und da stand er auch schon und wartete auf sie. Ganz klassisch war er in graue hakama und einen schwarzen haori gekleidet, der mit dem Wappen der Senju geschmückt war. Als er Mito erblickte, strahlte er über das ganze Gesicht, und Mito fürchtete beinahe, dass er vor Rührung jeden Augenblick in Tränen ausbrechen würde.
»Mito-chan, du siehst … ich habe einfach keine Worte dafür«, brabbelte er drauf los. »Wunderschön ist einfach nicht das angemessene Wort, es wird dir nicht gerecht. Ich bin so geehrt, dass du ausgerechnet mich heiraten willst, ich hab dich nicht verdient.«
Jetzt weinte er doch.
Tobirama gab ihm einen Stoß in die Rippen. »Anija, reiß dich zusammen!«
»Sieh sie dir doch nur einmal an«, wehklage Hashirama, während ihm die Tränen über das Gesicht strömten. »Mit was habe ich solch ein wunderbares Geschöpft verdient?«
Mito war sich fast sicher, dass das nur wieder einer seiner Momente war.
Tōka schien dasselbe zu denken, denn kurzerhand zog sie Hashirama am Ohr und brachte ihn damit zum Stolpern.
»Hör auf, dich wie ein zu groß geratenes Kind zu benehmen«, schollt sie ihn.
Hashirama rieb sich das Ohr. Die Tränen waren versiegt. »Aua.«
Mito lächelte, fürchtete aber, dass es eher einer Grimasse glich. Sie war so nervös, und Hashirama half nicht gerade dabei, es ihr leichter zu machen.
Izuna übernahm es diensteifrig, für Mito den Lackschirm zu halten, sodass sie beide Hände benutzen konnte, um die Säume ihres Kimono zu raffen, sodass sie nicht im Dreck schliffen. Die ganze Zeit über machte er ihr Komplimente, wie umwerfend sie aussah, sodass sie ihn irgendwann scherzhaft fragte, wen sie hier eigentlich an diesem Tag heiraten würde, ihn oder Hashirama. Das brachte natürlich Izuna wieder dazu, Tobirama zu fragen, wann sie beide denn endlich heiraten würden. Mito war froh, als Tōka Izuna daraufhin zum Schweigen brachte, bevor Tobirama sich wieder zu einer Antwort anstacheln ließ. Wie Izuna und Madara auch nur im Entferntesten miteinander verwandt sein konnten, war ihr ein Rätsel.
Die eigentliche Zeremonie im Schrein fand im engsten Familienkreis statt, was nur eine Handvoll Leute beinhaltete. Die Priester waren sogar so umsichtig, für Mito für die san-san-ku-do Zeremonie alkoholfreien Sake bereitzustellen aus Rücksicht auf ihre Schwangerschaft. Im Anschluss verlas Hashirama den Hochzeitsschwur und verhaspelte sich vor lauter Aufregung, was die Anwesenden allerdings mit einem erheiterten Lachen aufnahmen. Wie es die Tradition so wollte, tranken daraufhin beide Familien zusammen Sake und bedankten sich für die Zusammenkunft. Zum Schluss wurden den Göttern des Schreins Opfergaben dargebracht, um ihren Segen zu erbeten.
Mito fühlte sich nicht allzu wohl in dem schweren, engen shiromuku. Er schränkte ihre Bewegungsfreiheit enorm ein, war fürchterlich warm und machte ihr das Atmen schwer. Aber all das wurde tausendmal wieder wett gemacht, als sie Hashirama neben sich sah, in sein strahlendes Gesicht blickte und das erste Mal sagen konnte, dass er ihr Mann sei. Sie lächelte zu ihm auf, und er erwiderte es und sie konnte mit Gewissheit sagen, dass sie nie etwas schöneres gesehen hatte.
Vor dem Schrein warteten bereits ihre Freunde und der weitere Kreis von Mitos Verwandtschaft auf sie, um sie angemessen zu bejubeln. Mito konnte hinterher gar nicht mehr sagen, wie viele Male sie von ihren Tanten und Vettern und Cousinen hörte, wie sehr sie doch strahlte. Hashirama wollte sie die ganze Zeit über gar nicht mehr hergeben, was hieß, dass er von dem einen oder anderen Tantchen nicht wirklich versteckte Drohungen erhielt, Mito auch ja gut zu behandeln, ansonsten gäbe es was auf die Finger. Eine von Mitos Großtanten machte ihre Drohung auch wahr, als sie Hashirama demonstrativ einen Klaps mit ihrem Fächer versetzte, nachdem er ihr nicht sofort mit gebührender Ernsthaftigkeit versicherte, Mito auch ja immer nur auf Samtkissen zu tragen.
Irgendwer schob den armen Fotografen, den sie angeheuert hatten, an all den Menschen vorbei. Mito lächelte so breit, sie nur konnte, in die Kamera und hoffte, dass die Freudentränen, die sie sich unauffällig aus den Augenwinkeln wischte, ihre Schminke nicht ruiniert hatten.
Der Fotograf betätigte den Auslöser.
Eine Explosion im Dorf erschütterte den Boden.
Ein erstauntes und beunruhigtes Raunen ging durch die Anwesenden. Auch Hashirama war sofort alarmiert. Der Schrein befand sich ein wenig außerhalb des Dorfes, sodass sie sich ziemlich weit abseits dessen befanden, was da vor sich ging.
Tōka war die erste, die in Windeseile auf einen Baum sprang, um sich von dort oben einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Mito meinte, so etwas wie ein lautes Brüllen aus der Richtung des Dorfes zu vernehmen. Wieder wurde der Boden erschüttert.
Tobirama eilte an Hashiramas Seite. »Anija, ich kann ein enormes Chakra aus der Richtung des Dorfes spüren. Irgendetwas ist da!«
»Was? Werden wir angegriffen?« Hashirama sah ihn ungläubig an.
»Es ist nur ein einziges Chakra«, sagte Tobirama. »Aber es ist … Ich habe so etwas noch nie gespürt.«
Er klang verwirrt.
»Es ist Kyubi!«, schrie ihnen da Tōka von ihrem Ausguck zu. »Es ist der verdammte Fuchsdämon aus den Sagen, der wie der Leibhaftige durch das Dorf wütet!«
»Ein Bijū?!« Anscheinend konnte nicht einmal Madara glauben, was er da hörte.
Aber Mito wusste, dass Bijū keine Fabelwesen waren. Die Uzumaki trugen seit vielen Generationen das Wissen weiter, was diese Wesen wirklich waren und welche Gefahr sie darstellten. Aber sie hatte noch nie davon gehört, dass ein Bijū einfach so eine Menschensiedlung angriff. Eigentlich waren sie sehr einsiedlerische Wesen, die Menschen mieden, wo sie nur konnten, und nur gefährlich wurden, wenn man sie provozierte. Etwas oder jemand musste Kyubi also aufgeschreckt haben.
»Ist doch vollkommen egal, was es nun ist«, rief Tōka ihnen zu. »Das Ding zieht eine Schneise der Verwüstung mitten durchs Dorf!«
»Anfassen«, befahl Tobirama und streckte die Arme aus. Mit seinem Hiraishin würden sie am schnellsten in das Dorf gelangen.
Hashirama ergriff Mitos Hände. »Liebste, ich bitte dich, bleib hier in Sicherheit, während ich die Sicherheit des Dorfes wieder herstelle. Es tut mir leid, dass unser Tag so enden muss.«
»Vergiss es.« Sie schob seine Hände zur Seite und riss sich wataboshi und shirokumo vom Leib, bis sie am Ende nur noch in ihrem nagajinban dastand. Noch nicht optimal, aber zumindest besser. »Du hast an diesem Tag eine Uzumaki geheiratet und offenbar hast du noch nicht begriffen, was das wirklich heißt.«
Demonstrativ griff sie nach Tobiramas Arm und erwiderte Hashiramas besorgten Blick stur. Sie würde ihren Mann doch nicht allein lassen.
Tobirama brachte sie zusammen mit Hashirama, Madara und Izuna ins Zentrum des Dorfes, mitten hinein in die Verwüstung, die Kyubi angerichtet hatte. Die Kreatur war aus dem Nichts erschienen und fegte durch das Dorf, als seien all die Häuser in ihrem Weg nur Spielzeugklötzchen. Bereits hatten sich erste Verteidigungslinien gebildet, die jedoch Kyubi nicht ernsthaft etwas entgegenzusetzen hatten. Das änderte sich erst mit dem Erscheinen der beiden Hokage.
Hashirama übernahm es, ihre Verteidigung zu organisieren, während Madara und Izuna sogleich zum Gegenangriff übergingen und Susanoo herbeiriefen.
»Kein Feuerdrache mitten im Dorf!«, erinnerte Madara seinen Bruder noch. Dann traf der Faustschlag seines Susanoo Kyubi am Kopf.
Der riesige Fuchs brüllte wütend auf, doch der Schlag schien ihn kaum zu stören. Vielmehr schien er jetzt erst so richtig wütend zu werden. Seine neun Schwänze peitschten wild umher und zertrümmerten rings um ihn die Häuser. Ganze Straßenzüge waren bereits verwüstet.
Izuna folgte seinem Bruder sogleich. Sie versuchten, Kyubi von zwei Seiten zugleich anzugreifen, doch Kyubi ließ sich nicht so leicht umstellen. Er wich vor ihnen zurück, um Abstand für einen weiteren Angriff zu gewinnen.
Mito verstand nicht sofort, was sie da sah. Kyubi riss das Maul weit auf und schien Chakra zu konzentrieren. Es formte einen dicht gepackten Ball. War das eine Art Bombe?
Kyubi zielte auf seine neuen Gegner.
Tobirama neben ihr fluchte. Dann verschwand er. Hiraishin.
Kyubi feuerte seine Bijū-Kugel ab. Im selben Moment verschwand sie und nur einen Augenblick später detonierte sie einige Kilometer außerhalb Konohas. Der Boden erzitterte und eine Staubwolke fegte durch die zerstörten Straßen. Das war knapp gewesen.
Kyubi brüllte zornig auf. Gigantische Wurzeln brachen aus dem Boden, als sich nun auch Hashirama dem Kampf aktiv anschloss. Die Wurzeln versuchten Kyubi zu fesseln, doch noch konnte er sie zerschmettern. Das war eine beachtliche Leistung, da sonst kaum etwas Mokuton-Holz zerstören konnte. Es mussten schon rohe Gewalten am Werk sein, um das zu bewerkstelligen.
Madara und Izuna setzten Kyubi mit ihren Susanoo zu und gleichzeitig prallte einer von Tobiramas Wasserdrachen auf die Kreatur. Zeit für Mito, ebenfalls ihren Teil dazu zu leisten.
Kongō Fūsa war ein Jutsu, das in ihrem Clan schon seit Generationen weitergegeben worden war. Das spezielle Chakra der Uzumaki machte es ihnen möglich, diese besondere Siegeltechnik anzuwenden und zu erstaunlichen Formen abzuwandeln.
Keine Zeit verlierend warf Mito ihre Ketten aus und spannte ein weites Netz auf, um den Kampfplatz abzuschirmen. Damit konnte weiterer Schaden vom Dorf abgehalten werden, auch wenn Mito sich nicht sicher war, ob ihre Ketten dem wiederholten Beschuss mit Bijū-Kugeln standhalten würden. Es wäre besser, wenn sie gemeinsam Kyubi gänzlich aus dem Dorf drängen konnten.
Denselben Gedanken schien auch Hashirama zu haben, als er seinen Holzgolem beschwor. Der Holzdrache löste sich von dem Golem und wand sich blitzschnell um Kyubi. Anders als normales Mokuton-Holz konnte Kyubi den Drachen nicht sofort zerstören. Der Drache fesselte ihn und warf ihn zu Boden. Kyubi brüllte zornentbrannt auf und verbiss sich in dem Holz des Drachen, doch es brachte ihm nur Splitter im Maul ein. Stattdessen feuerte er eine weitere Kugel ab. Direkt in das Maul des Drachen.
Der Drache zersplitterte. Scharfe Holzsplitter flogen in alle Richtungen davon, viele davon groß genug, um einen Menschen mit Leichtigkeit aufzuspießen. Zum Glück vermied Mitos Netz, dass die Splitter allzu weit flogen.
Der Holzgolem stürzte sich nun in den direkten Nahkampf. Besorgt verfolgte Mito das Geschehen. Hashirama saß dort oben auf seinem Golem, Aug in Aug mit der Bestie, die das Dorf angriff. Der rationale Teil ihres Verstandes sagte ihr, dass sie sich nicht allzu sehr um ihn sorgen musste, dass er in der Lage war, Dinge zu überleben, die jeden anderen umgebracht hätten.
Aber dennoch war er nur ein Mensch.
»Madara!«, rief Hashirama, während sein Golem mit dem Fuchs rang. »Wir müssen ihn irgendwie unter Kontrolle bringen!«
»Mangekyō kann das!«, informierte Madara ihn.
Kyubi schnappte nach Hashirama, und der Golem konnte ihn nur ihm letzten Augenblick aus der Reichweite der gigantischen Kiefer bringen. Mito glaubte, ihr würde das Herz stehen bleiben.
»Du flohverseuchter Köter!«, brüllte Madara dem Fuchsmonster zornentbrannt zu. Sein Susanoo holte mit dem Schwert aus, doch Kyubi wehrte den Schlag mit einem seiner vielen Schwänze ab.
Izuna wählte den unkonventionellen Weg, als er sein Susanoo der Länge nach auf Kyubi warf. Es reichte tatsächlich, um Kyubi umzuwerfen und am Boden zu halten, jedenfalls für einen Augenblick. Das Biest bockte wie das wildeste Pferd und versuchte mit allen Mitteln, Izuna abzuschütteln. Der Holzgolem kam Izuna zur Hilfe, indem er mit all seiner Kraft versuchte, Kyubis Kopf zu fixieren.
Kyubis neun Schwänze peitschten. Sowohl Izunas Susanoo als auch Hashiramas Holzgolem wurden davongeschleudert und in Mitos Netz geschmettert. Sie musste es mit noch mehr Chakra verstärken; lange würde sie es nicht mehr aufrecht erhalten können.
Diesen kurzen Moment jedoch hatte Madara nutzen können. Kyubi starrte mitten in seine Augen.
Mit einem Male legte sich Stille über die Szenerie. Kyubi war erstarrt. Sein Körper vibrierte und ein tiefes Grollen kam aus seiner Kehle, das Mito mehr im Boden unter ihren Füßen spürte, als dass sie es wirklich hörte.
»Hat es funktioniert?«, wollte Hashirama in die Stille hinein wissen. »Kannst du Kyubi kontrollieren?«
Weder er noch Madara oder Izuna hatten ihre Jutsu aufgelöst. Sie alle warteten in Lauerstellung um Kyubi, was nun passieren würde.
»Er kämpft dagegen an«, knurrte Madara. »Das Mistvieh versucht tatsächlich, der Kontrolle zu widerstehen.«
»Dann lass mich etwas anderes versuchen.« Im rascher Folge ging Hashirama durch eine Folge von Handzeichen. Sein Holzgolem streckte eine Hand aus, auf der nun das Schriftzeichen für Sitz zu lesen war, und legte sie Kyubi auf die Stirn. Das Biest knurrte, doch dann wurde sein Blick erstaunlich sanft und es schloss die Augen.
»Hokage-Shiki Jijun Jutsu – Kakuan Nitten Suishu kann Chakra kontrollieren«, erklärte Hashirama. »Ich war mir nicht sicher, aber anscheinend ist meine Technik doch stark genug, um selbst einen Bijū zu bändigen.«
»Und zudem sogar die Kontrolle durch mein Mangekyō zu überschreiben«, stellte Madara fest. Er klang beeindruckt.
»Also war‘s das jetzt?«, wollte Izuna wissen. »Wir haben das Biest?«
Mito löste ihre Ketten auf. Sie atmete auf und zerrte am Kragen ihrer Kleidung.
»Was machen wir mit dem Vieh jetzt?«, fragte Tobirama. Zu fünft standen sie um Kyubi herum und betrachteten die gigantische Masse an orangerotem Fell, die vor ihnen inmitten des Trümmerfeldes aufragte. »Das kann doch keine dauerhafte Lösung sein. Wir können es nicht an eine Leine binden wie einen Hund, doch freilassen können wir es ebenfalls nicht mehr. Es könnte wiederkommen.«
»Wo kam das überhaupt her?«, fragte Izuna. »Es tauchte einfach so aus dem Nichts auf.«
»Bijū leben weitab von menschlicher Zivilisation«, erklärte Mito. »Irgendetwas oder irgendwer muss Kyubi aufgescheucht haben, von sich aus hätte der Fuchsdämon das hier nicht getan.«
»Also ein Angriff?«, schloss Madara. »Irgendwer hat das Vieh benutzt, um uns anzugreifen? Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt werden können, wo wir doch alle mit der Feier abgelenkt waren.«
Kyubi zuckte. Welch unglaubliche Stärke! Hashirama hatte ihn mit einem Jutsu in seine Gewalt gebracht, das augenscheinlich sogar noch stärker war als die Kontrolle durch Madaras Mangekyō, doch selbst jetzt noch war Kyubi in der Lage, sich dagegen zu wehren. Bevor die Kreatur vollends erwachen konnte, fesselte Mito es mit ihren Ketten. Dieses Mal spannte sie kein Netz auf, sondern legte die Ketten direkt um Kyubi.
»Tobirama hat Recht«, sagte sie. »Das kann keine dauerhafte Lösung sein.«
»Wie ich das sehe, bleibt uns aber nichts anderes übrig«, sagte Izuna. »Wir können Kyubi nicht frei herumstreifen lassen, sodass er fröhlich weiter ganze Landstriche in Schutt und Asche legt. Also können wir uns nur damit abfinden, der Reihe nach das Biest an der Leine zu halten.«
Mito wusste, was zu tun war. Von klein auf hatte man ihr beigebracht, wie dieses Siegel auszuführen sei. Es war stets nur eine Theorie gewesen, eine hypothetische Möglichkeit, die vielleicht nie eintreten würde. Doch sie hatte nun einmal dieses ganz spezielle Chakra, das selbst für Uzumaki ungewöhnlich war, und man hatte ihr beigebracht, wie es zu nutzen war.
Doch das Opfer, das dafür zu erbringen war …
Sie streckte die Schultern und schob alle persönlichen Gefühle von sich. »Die einzige dauerhafte Lösung ist es, Kyubi zu versiegeln.«
»Es gibt kein Siegel, das solch eine gigantische Masse an Chakra halten kann«, widersprach Tobirama. »Vielleicht, wenn das Chakra geteilt werden würde, aber ich bin nicht sicher, ob das ohne bedenkliche Nebeneffekte möglich ist.«
»Es gibt ein Siegel, und ich beherrsche es«, sagte Mito mit fester Stimme. »Ich kann Kyubi mit den Acht Trigrammen in mir versiegeln. Damit schließe ich sein Chakra in mir weg und verwahre es als sein jinchūriki sicher in mir. Dann kann er niemandem mehr schaden.«
Hashirama starrte sie entsetzt an. »Nein. Nein, das erlaube ich nicht! Mito, bitte tu das nicht. Es muss einen anderen Weg geben.«
Allmählich wachte Kuybi wieder auf und begann, an den Fesseln zu reißen, die ihn banden. Mito verstärkte sie mit ihrem Chakra.
»Es gibt keinen anderen Weg«, sagte sie. »Ihr seht es doch selbst. Nicht einmal Hashiramas Jutsu kann die Kreatur dauerhaft unter Kontrolle halten.«
»Dann finden wir einen anderen Weg«, widersprach Madara energisch. »Es muss irgendetwas geben. Alles ist besser als dein Vorschlag. Hast du an das Baby gedacht, was für Folgen das für es haben könnte?«
Das hatte sie in der Tat nicht, weil schlicht niemand etwas darüber wusste. Jinchūriki waren etwas, die nur in der Theorie existierten. Sie wusste, wie das Siegel funktionierte, und man hatte ihr beigebracht, mit ihrem Chakra das Chakra eines Bijū zu unterdrücken. In der Praxis hatte das aber noch nie jemand angewandt. Es war zu gefährlich. Aber davon sagte sie nichts.
»Ich bin keine Porzellanpuppe, die bei der kleinsten Berührung zerbricht«, entgegnete sie stattdessen und sah herausfordernd zu Madara auf. »Ich bin eine Kunoichi der Uzumaki und als solche die einzige, die eine funktionierende und vor allem dauerhafte Lösung des Problems bieten kann.«
Kyubis Gegenwehr gegen die Ketten, die ihn fesselten, wurde stärker. Wenn er wieder vollständig erwachen sollte, wäre er vielleicht sogar in der Lage, die Ketten zu zerreißen, wenn er nur heftig genug darum kämpfen würde. Mito musste handeln.
Bevor irgendwer sie daran hindern konnte, sandte Mito ihr Chakra durch die Ketten, die sich daraufhin in Kyubi gruben. Kyubi riss die Augen auf und brüllte seinen Zorn in die Welt hinaus. Er verstand augenscheinlich, was Mito mit ihm vorhatte. Sie gab ihm keine Zeit, sich dagegen zu wehren.
Die Ketten rissen an seinem Wesen, seiner Substanz, das, woraus er im tiefsten Inneren geschaffen war. Durch die Ketten hindurch ließ Mito all das, was Kyubi war, in sich hineinfließen. Sie schrie auf, als eine Welle des Zorns und des Hasses über sie hinweg schwappte und drohte, sie mit sich hinfortzureißen. Eine unbändige Lust überkam sie, alles in ihrem Weg zu zerstören, und mit einem Male fühlte sie eine Kraft wie nie zuvor. Diese Kraft wollte frei sein, sie wollte toben und vernichten.
Doch nein. Nein, das würde sie nicht erlauben. Sie nahm all diesen Hass und die Zerstörungswut und dann schloss sie es tief in sich weg. Mit großer Sorgfalt schmiedete sie das Schloss, das Kyubi halten würde. Unter keinen Umständen durfte es jemals wieder aufgehen, also ließ sie ihr Chakra hinein fließen und ließ es Teil des Gefängnisses werden, das sie für Kyubi erschuf.
Kyubi war nichts weiter als eine heulende Masse an Chakra, die hinter undurchdringlichen Gittern in der tiefsten Ecke von Mitos Wesen hockte, und dort würde er nun für immer verweilen.
Eine tiefe Traurigkeit ergriff von Mito Besitz. Erschöpft sank sie in sich zusammen.
Hashirama war da, um sie aufzufangen. Voller Sorge sah er auf sie herab und hielt sie fest an sich gedrückt. Sie spürte, wie seine Tränen auf ihr Gesicht tropften, also streckte sie eine Hand aus und strich ihm über die Wange. Müde lächelte sie zu ihm auf.
»Vergib mir, Liebster, aber es war notwendig. Alles wird gut.«
Er ergriff ihre Hand und küsste ihre Finger. »Du hast ein zu große Opfer bringen müssen.«
»Alles ist gut«, versicherte sie ihm. »Kyubi kann jetzt niemandem mehr schaden. Es ist vorbei.«
In seinem Gefängnis knurrte Kyubi boshaft. »Ich werde dich vernichten, Mito, und wenn es mich viele Jahre kosten wird.«
Mito schloss die Augen und schmiegte sich in Hashiramas Arme.
Feedback
Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!