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| Kapitel: | 5 | |
| Sätze: | 1.633 | |
| Wörter: | 14.459 | |
| Zeichen: | 82.521 |
Kitai schluffte müde, von seiner Schicht aus, nach Hause. Es war ein entspannter Tag gewesen. Keine seltsamen Vorkommnisse oder Ähnliches. Er hatte zunächst alleine Dienst auf dem nördlichen Wachturm gehalten, bis ein Kamerad dazu kam, den er selbst kaum kannte. Der Typ gehörte schon zu der Jo-Nin-Elite. Das wusste Kitai. Mehr aber auch nicht. Dazu kam auch noch, dass der Typ sich nicht großartig gesprächig zeigte. Smalltalk ließ Kitai deshalb auch schnell bleiben. Er war selbst gerade erst Chu-Nin geworden und hielt deshalb lieber die Klappe vor höher Gestellten. In der Wüste wurden die Leute schnell zickig, wenn die Sonne wieder unerbittlich schien. Aber jetzt war es kühl geworden, denn Kitai fröstelte. Die Sonne stand schon tief. So, dass sie gerade noch ein wenig rotes Licht durch die Straßen Sunagakures scheinen ließ. Kitai gähnte. Es war eindeutig Zeit schlafen zu gehen. Er würde nicht lange brauchen, bis zu seinem Quartier. Außerdem waren die Straßen schon wie leergefegt. Ihn würde wohl jetzt keiner mehr aufhalten. Genau in dem Moment, als er dies dachte, entdeckte er in einer engen Gasse, seitlich von ihm, ein junges Mädchen. Sie stand dort wie versteinert und starrte ihn an. »Hey, alles okay?«, rief Kitai ihr zu, doch sie reagierte nicht. Sie starrte ihn nur weiter an. »So jung wie du bist, solltest du nicht alleine hier so spät noch herumlaufen. Wo sind denn deine Eltern?« Er drehte sich in ihre Richtung, was sie reflexartig dazu veranlasste, einen Schritt zurückzugehen. Dabei verschwand sie fast im Schatten der Gasse. Kitai kniff fragend die Augen zusammen. Die Augen des Mädchens waren unglaublich. So eine durchdringende blaue Farbe hatte er noch nie gesehen. Als würde sie direkt in seine Seele starren. Und auf einer komischen Art und Weise wurde ihm auch etwas flau im Magen. »Wo wohnst du denn? Ich kann dich auch nach Hause - «, bevor er den Satz beenden konnte, bemerkte er, dass sie ein Stirnband trug. Obwohl sie noch viel zu jung dafür schien. Aber das, was Kitai noch mehr verunsicherte, war die Tatsache, dass er das Symbol auf ihrem Stirnband nicht kannte. Es war nicht das Zeichen Sunagakures und auch keines, was er auf Anhieb einordnen konnte. Er versuchte, sich zu konzentrieren. Das schwummrige Licht machte es ihm nicht einfach was zu erkennen. Aber er sah es. Ein auf dem Kopf stehendes Kreuz. Kitais Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. Ein fremdes Kind mitten im Dorf. Das konnte nichts Gutes heißen. Das Mädchen spürte sofort seine Unsicherheit und das die Situation sich gerade deutlich anspannte. Und plötzlich drehte sie sich blitzschnell um und rannte in die schützende Dunkelheit der Gasse. »Hey! Warte!«, Kitai überlegte nicht lange und folgte ihr. Auch wenn er nicht einschätzen konnte, womit er es hier zu tun hatte. Denn er wusste: Nur weil es aussah wie ein kleines Kind, hieß es nicht, dass es auch eines war. Er folgte ihr intuitiv und sah, wie sie in einer kleinen Hütte verschwand. Langsam lief Kitai auf diese zu. Je näher er kam, desto langsamer wurde er. Seine Gedanken rasten ihm nur so durch den Kopf und es fiel ihm schwer, auch nur einen davon zu packen und festzuhalten. Sollte er Hilfe holen? Sollte er schreien? Einfach nach Hause gehen und so tun, als hätte er nichts gesehen? Gott, nein. Das konnte er nicht tun. Er schüttelte den Kopf und spürte, wie ihm der Schweiß die Schläfe hinunter tropfte. Er war nervös. »Reiß dich zusammen!«, tadelte er sich selbst und griff schließlich, nachdem er einmal durchgeatmet hatte, nach der Tür, um diese zu öffnen. Die Tür quietschte leise und einer der letzten, seichten Sonnenstrahlen fielen in die Hütte, direkt in das Gesicht des Mädchens. Da waren sie wieder – diese blauen Augen – die Kitai fixierten. Aber er bemerkte auch sofort, dass sie ein kaputtes Kunai gezückt hatte. Der Griff fehlte. Die Klinge schnitt in die zierlichen Finger des Mädchens und doch streckte sie ihm tapfer die Waffe entgegen. Sie zitterte. »Wenn du nur einen Schritt näher kommst, bringe ich dich um.« Die Stimme des Mädchens ließ Kitai einen Schauer über den Rücken laufen. Ihre Stimme war tiefer und rauer als gedacht. »Ich... ich will keinen Stress. Nur helfen.« Kitai ohrfeigte sich innerlich selbst. So zu stammeln, bei einem so kleinen Kind war ja peinlich. Aber das Mädchen reagierte wieder nicht, sondern starrte ihn nur weiter an. Doch plötzlich griff eine noch kleinere Hand aus der Dunkelheit, nach den Händen, die die Waffe hielten. Ein weiteres Gesicht erschien im schwachen Licht. Ein kleines Mädchen, was mit dem Kopf schüttelte und leise sagte: »Das sollen wir nicht machen. Wir sollen uns doch Hilfe holen. Weißt du noch?« Das ältere Mädchen sah sie an und senkte dann zögerlich ihre Hände. Dann sah sie wieder zu Kitai. Diesmal schien ihr Blick ein wenig sanfter. Auch das jüngere Mädchen sah zu ihm. Auch die gleichen blauen Augen. Kurz schwiegen alle. Kitai brach es aber schließlich. »Ich wollte euch nicht erschrecken. Tut mir leid.« »Ich dich auch nicht.«, sagte das ältere Mädchen. Und auch wenn ihr Blick sanfter geworden war, blieb ihre Stimme hart. »Ich bin Kitai.«, stellte er sich vor. Er hatte beschlossen, auf die friedliche Art und Weise weiter Kontakt aufzunehmen. Die beiden Mädchen schauten sich kurz an, als würden sie absprechen, ob auch sie ihren Namen verraten sollten. Das jüngere Mädchen lächelte schließlich und sah wieder zu Kitai. »Ich bin Maze. Und das ist meine Schwester Kae.« »Freut mich euch kennenzulernen.«, erwiderte Kitai und hockte sich hin. Zum einen, um den beiden zu zeigen, dass sie keine Angst zu haben brauchten, und zum anderen, weil seine Beine ihm nach dem langen Tag am Wachposten echt weh taten. »Was macht ihr beide hier?« »Wir suchen Hilfe.«, antwortete Kae sofort. »Wir sind geflohen. Um zu überleben.« Kitai schaute zwischen den Schwestern hin und her. Maze nickte zustimmend, beobachtete Kitas Reaktionen allerdings genau. »Von wo geflohen?«, fragte dieser weiter. Kae öffnete den Mund, um zu antworten, zögerte aber kurz. Schließlich entschied sie sich aber doch zu antworten. »Aus der Dämonenwüste.« Die Worte hallten in Kitais Kopf nach und die Mädchen beobachteten ihn weiterhin genau. Und plötzlich weiteten sich Kitas Augen, als es ihm klar wurde. Kurz schnappte er nach Luft. Die blauen Augen... Das Kreuz auf dem Stirnband... »Ach du scheiße.« Er schluckte. »Ich dachte das wäre nur eine Legende.« Die Mädchen antworteten nicht darauf. Sondern sahen ihn nur weiterhin an. »Wir sterben, wenn uns keiner hilft.«, sagte Kae mit ruhiger Stimme. »Hilfst du uns?« »Natürlich.«, kam es aus Kitai, völlig unüberlegt. Und er bereute es sofort. Nicht, weil er nicht helfen wollte, sondern weil er keine Ahnung hatte, was er jetzt tun sollte. Natürlich! Du Vollidiot! Maze lächelte erleichtert und sah ihre Schwester an, als würde sie sagen wollen: Wir haben es geschafft! Doch Kae erwiderte ihren Blick nicht, sondern wartete auf Weiteres von Kitai. Dieser entschied, ehrlich zu sein und sagte: »Ich weiß nur überhaupt nicht, was ich tun soll.« Maze zuckte mit den Schultern. »Vielleicht muss jetzt jemand dir helfen.« Eine primitive Antwort aber sie hatte recht. Aber wer konnte ihm helfen? Wieder schossen ihm die Gedanken durch den Kopf. Aber da fiel ihm jemand ein. »Ich weiß was. Aber wir müssen uns beeilen, damit uns niemand sieht, okay? Damit wir keine blöden Fragen beantworten müssen.« Er stand wieder auf und ging drei Schritte zurück. Dabei winkte er die beiden Mädchen zu sich. Die Schwestern sahen sich kurz an und folgten ihm dann aus der Hütte. Als beide draußen standen, fiel Kitai erst auf, wie mager beide waren und das ihre Kleidung eher Fetzen glichen als wirklicher Kleidung. »Kommt. Wir sollten uns beeilen. Bleibt dicht hinter mir und tut was ich sage.« Ohne zu antworten, stellten sich die Mädchen zu ihm und er lief los. In der Hoffnung, jetzt bloß niemanden zu begegnen. Er hatte ein Ziel. Jemand, der ihm Helfen könnte, ohne direkt zum Kazekage zu rennen. Auch wenn er wusste, dass dieser Jemand ganz sicher nicht begeistert davon war, was Kitai hier gerade anschleppte. Die drei hatten Glück. Sie begegneten niemanden. Auf den Straßen blieb es leer. Nach kurzer Zeit hatten sie ein kleines Haus erreicht. Gerade mal etwas größer als die Hütte, in der die Kinder sich versteckt hatten. Kitai hob die Hand zum Klopfen – zögerte aber kurz und sah zu den Kindern. Beide sahen ihn erwartungsvoll an, aber schwiegen weiterhin. Dann fasste er sich ein Herz und klopfte drei Mal. Er wartete ein paar Sekunden und horchte nach Geräuschen aus dem Inneren. Doch es blieb zunächst still. Also klopfte er noch drei Mal. Als er dachte, dass wieder nichts passierte, hob er die Hand noch einmal zum Klopfen. Als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein junger Mann, mit verschlafenen und gleichzeitig wütenden Blick, vor ihm stand und fauchte: »Klopf nochmal und ich hacke dir die Hände ab!« Kitai zog erschrocken die Hände weg. »Tut mir leid, Baki.«, entschuldigte er sich sofort. »Ich hab nur ein großes Problem. Und ich hatte gehofft – Äh... vielleicht kannst du mir helfen.« Baki gähnte. Er hatte offensichtlich schon geschlafen. »Was für ein Problem?«, fragte er mit genervtem Unterton in der Stimme. Kitai antwortete nicht, sondern ging nur einen Schritt zur Seite, um den Blick auf die Kinder frei zu machen. Baki sah erst verwundert aus, als er die beiden Mädchen sah. Doch Kitai beobachtete genau, dass auch er kurz an ihren blauen Augen hängenblieb, bevor er das Stirnband an Kae entdeckte. Baki zuckte daraufhin kaum merklich zusammen. Anscheinend konnte er sofort etwas mit dem Symbol anfangen. Kitai räusperte sich. »Äh – die beiden sagen, sie kommen aus der Dämonenwüste.« »Das sehe ich!«, rief Baki sofort sichtlich erschrocken über die Situation. Er schaute verwirrt zu Kitai, der mit den Schultern zuckte, zu den Kindern zeigte und gespielt theatralisch rief: »Wenn Legenden wahr werden.« »Hör auf zu spinnen!«, rief Baki ermahnend und schlug Kitai dabei leicht auf den Hinterkopf. Maze grinste. Dieses Spielchen zwischen den beiden schien sie zu amüsieren. Kaes Blick blieb allerdings weiterhin kühl. Baki rieb sich die Stirn und überlegte kurz. Dann sagte er: »Hier können wir nicht bleiben.« »Und wo sollen wir dann hin?«, Kitai wusste nicht so recht, was er jetzt damit meinte. »Ich habe keine Ahnung von Kindern. Wir gehen zu Ran.« Baki griff schnell nach seinem Schlüssel und schloss die Tür hinter sich. Kitai grinste, als der Name ihm was sagte. »Ran? Deine Verflossene?« Baki sah ihn warnend an. »Pass auf was du sagst. Du verstehst anscheinend auch noch nicht, was für ein Problem du hier eigentlich gerade hast.« »Es gibt ein Problem?«, sagte plötzlich Kae und sah prüfend in Bakis Augen, was ihn kurz verunsicherte. »Ja, aber wir sind jetzt auf dem weg, dass Problem zu lösen. Kommt, wir müssen uns beeilen.« Baki lief vor und Kitai ließ den Mädchen den Vortritt, um ihm zu folgen. Kae und Maze schauten zu ihm. »Ihr werdet uns helfen?«, fragte sie nochmal skeptisch nach. »Wir tun alles was wir können. Aber ich gebe zu: Ihr haut uns gerade echt aus den Socken.«, er lachte kurz auf. Nicht, weil er so amüsiert war, sondern aus Unsicherheit. Alle folgten schließlich Baki durch die Dunkelheit - erneut durch die Gassen von Sunagakure. Maze und Kae achteten kaum noch auf ihre Umgebung. Sie fixierten die beiden Männer, denen sie durch die Nacht ins Ungewisse folgten. Plötzlich wurde Baki langsamer und blieb schließlich stehen. Kitai sah dies zu spät und rempelte ihn von hinten an. Auch Maze lief fast ins Gemenge, aber Kae hielt sie früh genug fest. »Alter!«, fluchte Baki und sah Kitai böse an. Dieser hob abwehrend die Hände. »Sorry man. Es ist stockdunkel. Ich seh kaum was.« Baki atmete genervt aus und ging kopfschüttelnd auf die Haustür eines dunklen Gebäudes zu. Zögerlich klopfte er zwei Mal. Anders als bei ihm, reagierte jemand im Inneren sofort. Es wurde Licht angeschaltet und man hörte Geräusche, die sich der Tür näherten. Maze und Kae versteckten sich hinter Kitai. Sie hatten ja keine Ahnung, wer jetzt die Tür öffnete. Diese wurde aufgeschlossen und sie öffnete sich. Eine junge Frau, eingehüllt in einem leichten Morgenmantel stand dort und sah Baki verwundert an. Dieser spürte auf einmal einen riesigen Kloß im Hals. Er hatte sie schon eine Weile nicht mehr gesehen. Und nun hatte es ihm die Sprache verschlagen. Ran musterte ihn kurz und grinste verschmitzt. »Schick. Läufst du immer so, mitten in der Nacht, durchs Dorf?« Baki sah verwirrt an sich herunter und bemerkte, dass er dort nur in Unterwäsche und einem dreckigen, alten T-Shirt stand. »Scheiße«, fluchte er. Dann schüttelte er mit dem Kopf. Sie waren nicht hier, um Späße zu machen. »Kitai hat mich aus dem Bett geschmissen.« Ran sah zu dem jungen Shinobi, der sich verlegen seine schwarzen Locken aus dem Gesicht strich. »Hi.«, er winkte ihr zögerlich zu. Ran tat es ihm gleich und lächelte freundlich, schien aber gleichzeitig verwirrt. »Und was habe ich mit der ganzen Sache zu tun?«, fragte sie und schaute wieder zu Baki. Dieser holte tief Luft und beschloss, einfach direkt mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. »Was würdest du tun, wenn ich dir sage, dass ich zwei Kinder aus dem Ryu-Clan dabei habe?« Ran zog eine Augenbraue hoch und antwortet sofort. »Ich würde dir raten weniger zu trinken.« Baki verdrehte die Augen und wies auf Kitai. Dieser trat zur Seite, um den Blick auf die Schwestern erneut frei zu machen. Die beiden hielten sich an den Händen fest. Kae beobachtete das Ganze skeptisch, während Maze interessiert zwischen den Erwachsenen hin und her schaute. Ran bemerkte sofort Kaes Stirnband und die prägnanten blauen Augen der Mädchen. »Heiliger-«, stieß sie erschrocken heraus, ohne den Satz zu beenden. »Woher-?« »Kitai hat sie gefunden.«, antwortete Baki und Kitai nickte zustimmend. »Sie saßen alleine und verängstigt in einer Hütte.« »Hier im Dorf?« »Ja.« Ran schluckte. Lud sie dann aber schließlich in ihr Haus. Sie wies ihre ungeplanten Gäste an, sich in ihrer kleinen Küche an ihren Tisch zu setzen. Sie wies den Kindern jeweils einen Stuhl zu und danach begann sie einen Tee aufzusetzen. Keiner sagte ein Wort. Die Schwestern saßen nebeneinander, augenscheinlich eingeschüchtert, an der längeren Seite des Tisches. Baki und Kitai saßen jeweils am Kopf und schwiegen. Kae beobachtete Ran, die ebenfalls schweigend den Tee zubereitete. Ihre Hüftlangen, Kupferfarbenden Haare, hatte sie locker mit einer Haarnadel festgesteckt. Nur einzelne, lose Strähnen ließen auf ihre eigentliche Haarlänge hindeuten. Ran bemerkte, dass sie beobachtet wurde, und schaute kurz über ihre Schulter. Ihre Bernsteinfarbenden Augen gefielen Kae. Sie hatte noch nie andere Augen als blaue Augen gesehen. Sie wirkten so freundlich und warm. Und doch konnte sie auch die Skepsis in ihren Augen erkennen. Ran wandte sich wieder dem Tee zu, stellte alles auf einem Tablet und setzte sich schließlich zu ihren Gästen. Weiterhin schweigend goss sie jedem einen kleine Tasse ein. Maze roch an den aufsteigenden Dampf. Ihre Augen weiteten sich begeistert. »Das riecht lecker.« »Warte bis es was abgekühlt ist. Sonst verbrennst du dich.«, riet Ran und Maze legte wieder die Hände in den Schoß, nachdem sie Anstalten machte, nach der Tasse zu greifen. Ran sah zwischen den beiden Mädchen hin und her. Auch Baki und Kitai warfen immer wieder einen Blick zu den beiden. Schließlich hatten sie sie noch nicht im klaren Licht gesehen. Die Mädchen sahen mitgenommen aus. Dreckig, zerzaust und überseht mit blutigen Schrammen. Ihre Kleidung bestand fast nur aus Lumpen und beide sahen sehr mager aus. Das, was der überzogene Dreck vermuten ließ, schienen beide sehr blass zu sein. Einzig ihre blauen Augen, die durch die Strähnen ihrer dunkelbraunen Haare blitzten, zeigten Farbe. Ran verlor sich fast in dem Anblick, als sie wieder realisierte, was hier eigentlich gerade passierte. Sie atmete scharf ein und wandte sich wieder an Baki. »Und was soll ich jetzt machen?« Baki schaute sie verwirrt an, als hätte er gehofft, dass sie ihm das sagen könnte. »Du bist doch Expertin in unserer Kultur und Geschichte. Ich habe gehofft, du kannst uns irgendwie helfen oder was sagen.« Ran verzog das Gesicht und sagte: »Geschichte war mein Lieblingsfach auf der Akademie. Mehr auch nicht.« »Aber du warst Klassenbeste darin.« »Ja, und wenn du nicht immer nur stumpf von mir abgeschrieben hättest, dann wäre davon vielleicht auch was in deinem Kopf geblieben.« Baki war das peinlich. Vor allem weil Kitai mit am Tisch saß und sich prächtig über diese kleinen Gesprächsfetzen amüsierte. Ran wandte sich schließlich wieder zu den Kindern und realisierte, dass die beste Lösung war, einfach im Hier und Jetzt intuitiv zu reagieren. »Okay«, sie streckte ihre Arme nach vorne, dehnte sich kurz, als wäre sie gerade erst aufgestanden. »Na dann. Dann erzähle ich erstmal was über mich und ihr dann über euch, okay?« Maze nickte eifrig, während Kae weiterhin nur stumm da saß und Ran ansah. Diese begann nun zu erzählen. »Also ich heiße Ran und bin 23 Jahre alt. Das hier ist mein kleines Haus. Hier bin ich aufgewachsen. Direkt nebenan habe ich einen kleinen Laden, in dem man alles kaufen kann, was man braucht. Der hat meinen Eltern gehört. Ich war eine Zeit lang Kunoichi aber jetzt gehört mir der Laden und ich kümmere mich darum, dass die Menschen hier immer was zu essen kaufen können. Ich lese gerne und mag es spazieren zu gehen.« Sie machte eine kurze Pause. Vielleicht hatten die Kinder eine Frage. Und tatsächlich holte Kae kurz Luft und fragte: »Wo sind deine Eltern jetzt?« Ran schluckte und antwortete dann mit ruhiger Stimme: »Sie sind gestorben. Bei einem Sandsturm.« »Oh.« Kae wurde rot. Verunsichert schaute sie weg und knetete die Hände in ihrem Schoß. Ran lächelte beruhigend. »Mach dir keine Sorgen. Es ist alles gut. Das konntest du ja nicht wissen.« Sie nippte kurz an ihrem Tee und sah zu Maze, die ihr sofort nachmachte. »Und jetzt seit ihr dran.« »Ich bin Maze.«, sie leckte sich den Tee von den Lippen. »Ich bin fünf Jahre alt – glaube ich. Und ich spiele am liebsten mit meiner Schwester auf dem Dachboden.« Maze sah grinsend zu Kae, als würde sie sich an ein vergangenes, lustiges Spiel erinnern. Kae räusperte sich und antwortete ebenfalls. »Ich bin Kae. Ich bin sieben Jahre alt und –«, sie überlegte kurz. »Passe auf meine Schwester auf.« »Und ihr gehört zum Ryu-Clan, stimmts?«, mischte sich Baki ein, der direkt einen tadelnden Blick von Ran kassierte. »Ich habe in der Akademie auch nicht so gut in Geschichte aufgepasst – hehe.«, gestand Kitai und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Ich weiß nur, dass der Ryu-Clan ein sehr alter Clan aus Sunagakure ist und eigentlich eher eine Legende ist. Das Symbol habe ich erkannt.« Er zeigte auf Kaes Stirnband. »Der Ryu-Clan ist in der Tat ein sehr alter Clan aus Sunagakure. Ein ursprünglich wanderndes Volk, bestehend aus Sehern und Medien. Sie waren bekannt für ihren Gesang, ihre Lieder, ihre weisheiten und ihrer Gabe mit Geistern zu sprechen und diese zu sehen. Mit ihrem Kekkei Genkai.« Aber das sie auch Shinobis beheimateten, wusste ich nicht. Dachte Ran für sich. »Wir singen nicht mehr.«, sagte Kae mit leiser, aber fester Stimme. Ran musterte sie kurz ein weiteres Mal und fragte weiter. »Wo lebt dein Clan derzeit?« Kae sah sie an und antwortete. »In der Dämonenwüste.« »Hätte nicht gedacht, dass man dort überhaupt überleben kann.«, warf Kitai ein. »Unter der Erde.«, ergänzte das Mädchen. »Wow«, Kitai staunte und schien begeistert. »Das ist echt krass, was hier gerade passiert, oder?« Baki sah ihn an und schien nicht gerade seine Begeisterung zu teilen und Ran rieb sich die Stirn nachdenklich. »Warum seid ihr hier her gekommen?« »Um Maze zu retten.«, antwortete Kae sofort und Maze nickte. »Ja, die wollen mich nämlich töten.«, erzählte sie, als wäre es nichts. Ran zog die Augenbrauen zusammen und schaute erst kurz zu Baki und dann zu Kitai. Schließlich wandte sie sich wieder den Mädchen zu. »Wer und warum?«, fragte sie weiter. Maze sah sie direkt an. »Mama. Und weil ich das Ding mit den Augen nicht kann. Ich kann die Geister nicht sehen. Kae kann das.« Sie tippte sich auf ihr rechtes Augenlid. Kae ergänzte: »Wenn mit fünf Jahren nicht das Yureigan erwacht ist, dann muss man sterben.« Kaes Aussage wirkte wie einstudiert. Als hätte sie es immer und immer wieder hören müssen. Maze erzählte weiter. »Und Papa hat uns geholfen, nach oben an die Sonne zu kommen. Und er hat gesagt, dass wir hier bleiben sollen. Papa will nämlich auch nicht, dass ich sterbe.« Ran versuchte, das Gesagte der Mädchen zu verarbeiten. Dies erwies sich als nicht einfach. Baki meldete sich schließlich wieder zu Wort. »Ihr ersucht also Asyl.« Er sah die Mädchen mit festem Blick an. Maze kniff die Augen zusammen. »Hä?« »Was bedeutet das?«, fragte Kae ebenfalls so verwirrt wie ihre Schwester. Baki seufzte kurz über seine eigene Unfähigkeit. »Ihr – ihr sucht Hilfe. Und das wir euch hier beschützen sollen.« Kae und Maze nickten. »Wir suchen ein Zuhause.«, sagte die ältere der Schwestern mit ruhiger, aber leicht zittriger Stimme. Baki zuckte kurz zusammen. Aus irgendeinem Grund trafen ihn die Worte des Mädchens direkt bis ins Mark. Er sah zu Kitai und Ran, die offensichtlich das Gleiche gespürt hatten. »Ich werde morgen den Kazekage aufsuchen und für die beiden um Asyl bitten.«, schlug er vor – an Kitai und Ran gerichtet. »Nein, mach das nicht.«, warf Ran sofort ein, ohne den Blick von den Kindern abzuwenden. Baki zog die Augenbrauen zusammen. »Und warum nicht?« »Weiß nicht.« Sie rieb sich mit ihrem Zeigefinger über ihre Unterlippe. »Ich habe da ein ungutes Gefühl bei. Mach es nicht. Zumindest noch nicht. Wir werden ihnen helfen. Aber nicht über den Offiziellen weg. Wir sollten erstmal still sein, die beiden aufpäppeln und dann mal weiter schauen.« Nachdem Ran den Satz beendet hatte, sahen Kitai, Ran und Baki zu den Schwestern. Alle drei stellten sich die gleiche Frage. Konnte man den Mädchen trauen? War das eine gute Idee? Ran beantwortete die Frage laut für alle. »Es ist das Richtige. Es ist ein Risiko, aber es fühlt sich richtig an. Das sagt mir mein Bauchgefühl.« Kitai nickte zustimmend. Er spürte es auch. Baki spürte nur Verwirrtheit. Aber genau deshalb war er zu Ran gegangen. Sie war besser für so Situationen geeignet. »Und wer nimmt die beiden bei sich auf?«, fragte Kitai vorsichtig. Ran seufzte. »Ich natürlich. Bei euch wären die beiden verloren.« Baki und Kitai fielen offensichtlich jeweils ein Stein vom Herzen. »Aber glaubt nicht, dass ihr aus der Sache jetzt raus seid. Ihr helft uns hier gefälligst, ist das klar?« Sie schaute die beiden Männer streng an, die daraufhin sofort nickten. Eine andere Wahl hatten sie sowieso nicht. Allerdings fühlten sich beide eh schon für die Mädchen mit verantwortlich. Baki sagte daraufhin nur noch leise: »Ich Versuchs so gut es geht. Ich kann nur nicht gut mit Kindern umgehen.« »Tz.« Ran sah weg und wirkte wütend über den Satz. Sie sagte aber nichts weiter. Kitai stützte seinen Kopf mit einer Hand ab und warf daraufhin ein: »Hast du nicht vor kurzem das Amt übertragen bekommen, die Kinder des Kazekages auszubilden?« »Ja.«, entgegnete Baki offensichtlich nicht begeistert davon. »Halt die drei besser fern von hier, okay?«, bat Ran und Baki nickte. »Gut!«, Ran stemmte die Hände auf dem Tisch und stand auf. Dabei sah sie die beiden Mädchen mit leuchtenden Augen an und lächelte freundlich. »Dann: Willkommen in der Familie!« Maze sah begeistert zu Kae, als würde sie sagen wollen: Wir haben es geschafft! Und Kae: Sie lächelte. Das erste Mal an diesem Abend. Ein ehrliches, erleichtertes, dankbares Lächeln. Und Ran spürte, dass sie gerade genau das Richtige tat. »Und als Erstes gibt es für euch gleich erstmal ein schönes Bad.« Sie bemerkte die Fragezeichen in den Gesichtern der Kinder. »Ich zeige euch gleich, was ich meine. Ich schmeiß aber zuerst die Männer raus. Jetzt ist Mädelszeit angesagt.« Sie machte mit ihren Handbewegungen deutlich, dass Baki und Kitai nun aufstehen sollten. Sie taten dies auch sofort, nachdem sie höflich den Tee ausgetrunken hatten. Als Baki aus dem Raum trat, sah er nochmal zu den Kindern, die den Beiden nachsahen. Kitai winkte zum Abschied und rief: »Ich komme euch morgen wieder besuchen, ja?« Die Mädchen lächelten erfreut und schließlich hatte Ran die Männer aus der Haustür geschoben. Bevor sie sich verabschieden und die Tür schließen konnte, fragte Baki sie noch: »Ist das wirklich in Ordnung für dich? Schaffst du das alleine?« Ran lächelte. Ein genervtes Lächeln. »Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Gute Nacht.« Sie warf Kitai noch ein freundlicheres Lächeln zu und wandte sich kurz zum letzten Mal an Baki. »Und wenn du das nächste Mal vorbei kommst, zieh dir bitte was an.« »Du hast mich schon mit weniger gesehen.«, antwortete Baki zynisch. »Tz!« Ran fuchtelte mit ihrer Hand vor ihrem verzogenen Gesicht herum, als würde sie das aufgetauchte Bild in ihrem Kopf wegwischen wollen. Dann schloss sie schnell die Tür. Die beiden Männer standen eine Weile schweigend in der Dunkelheit und starrten auf die geschlossene Tür. Sie versuchten irgendwie zu begreifen, was da gerade alles passiert war. Schließlich brach Kitai das Schweigen. »Sag mal, wieso habt ihr euch getrennt?«, er sah neugierig zu Baki, der weiterhin zur Tür schaute, aber ihm antwortete. »Sie wollte Kinder. Ich aber nicht.« Kitai verschränkte die Arme und grinste. »Und jetzt bringst du ihr direkt zwei. Wie witzig.« Baki drehte seinen Kopf langsam in Kitais Richtung und sah ihn an, als würde er ihm am liebsten den Kopf abreißen wollen. Kitai schien das nicht zu stören. Er plapperte munter weiter drauf los. »Hast du auch gehört, dass Yashamaru wohl auffällig häufig ihr im Laden aushelfen soll? Da werden so Dinge gemunkelt.« »Wie wäre es, wenn du einfach mal die Fresse hälst?«, rief Baki wütend und machte einen Satz auf Kitai zu. Dieser sprang zurück, schien aber weiterhin amüsiert. »Schon gut. Ich verschwinde. Wir sehen uns morgen.« »Wo?«, fragte Baki verwundert. »Na, hier!«, antwortete Kitai mit einer Selbstverständlichkeit, winkte zum Abschied und verschwand in der Dunkelheit. Baki sah ihm kurz hinterher, auch wenn er schon längst nicht mehr zu sehen war. Dann sah er wieder zur Rans Haustür. Ja, auch er hatte plötzlich ein ganzes Paket Verantwortung mehr zu tragen. Aber der Aufgabe wollte er sich stellen. Alleine Ran zu liebe. Dann machte auch er sich wieder auf dem nach Hauseweg, um wenigstens noch ein paar Stunden schlaf zu bekommen. Außerdem fing er an zu frieren. Nur in Unterwäsche war die Wüste nachts nicht gut zu ertragen.
Ran besaß nur ein kleines Badezimmer. Aber zumindest konnte sie eine Badewanne anbieten. Sie ließ gerade warmes Wasser hinein und lief dann wieder zu den Mädchen, die noch in der Küche saßen und auf sie warteten. Als sie die Küche betrat, sahen die beiden sie erwartungsvoll an. Ran lächelte und winkte sie zu sich. Ohne zu zögern, standen die Schwestern auf und folgten ihr in die obere Etage ins kleine Badezimmer. Das Wasser lief noch in die Badewanne, als die Mädchen skeptisch, das ihr unbekannte Ding beäugten. »Das ist eine Badewanne.«, erklärte Ran und merkte, dass sie sich ziemlich dämlich vor kam, dass erklären zu müssen. Allerdings war es notwendig. Die Mädchen konnten damit nichts anfangen. »Man setzt sich nackt rein und wäscht sich. Am besten mit so einem Schwamm.« Ran hielt einen neuen Schwamm aus ihrem Laden in der Hand und hielt ihn hoch. »Achso...«, sagte Maze, während sie verstand. »Wir haben immer nur einen Eimer mit Wasser bekommen und mussten uns so waschen.« Erklärte das junge Mädchen. »Das hier ist cooler.«, rief Ran und zeigte auf die Wanne. »Dann zieht mal eure Kleidung aus. Ich habe euch hier jeweils ein frisches Shirt und eine Unterhose hingelegt. Die sind von mir und euch wahrscheinlich etwas groß. Ich habe aber gerade nichts anderes da. Ich besorge euch morgen neue Kleidung.« »Danke.« Bedankte sich Kae höflich und beobachtete dann, wie Maze sich unnötig umständlich aus ihrer Kleidung schälen wollte. Schließlich blieb sie mit ihrem Kopf stecken. »Äh... Hilfe?« Kaes Hände zuckten, um ihrer Schwester zu helfen, aber Ran war schneller. Sie lachte amüsiert und befreite Maze aus ihrer Lage. Das junge Mädchen stieg kurze Zeit später in die Badewanne und ließ sich langsam ins warme Wasser sinken. Ihre Augen weiteten sich vor Begeisterung. »Wow, dass ist toll!«, rief sie begeistert. Ran sah ihr zufrieden zu und wandte sich dann an Kae, die noch genauso stand, wie beim Eintreten in den Raum. »Du darfst auch gerne.« Kae sah zu ihrer Schwester, die begeistert das Wasser von einer Hand in die andere tropfen ließ. Dann sah sie wieder zu ihrer Gastgeberin. »Ich kann auch raus gehen, wenn dir das lieber ist.«, schlug sie ihr mit warmer Stimme vor. Kae schüttelte den Kopf und fing dann an sich auszuziehen. »Die Badewanne ist nicht sonderlich groß, aber ihr müsstet beide hinein passen.«, sagte Ran, setzte sich auf dem Badewannenrand und lehnte sich an die Wand hinter sich an. Kae stieg ebenfalls in die Wanne – ihrer Schwester gegenüber. Sie hielt kurz die Luft an, als sie sich setzte, entspannte aber sofort, als das warme Wasser ihre angespannten Muskeln beruhigte. Ran ließ die beiden erst einmal schweigend das warme Wasser genießen. Maze lachte zwischendurch aus dem Nichts auf. Aber es hatte nichts Gruseliges an sich. Einfach ein kleines Kind, was sich wohl fühlte. Ran schwieg. Bis ihr schließlich eine Stimme im Kopf sagte: Bist schon bescheuert fremde Kinder einfach so aufzunehmen. Und dann sind sie auch noch anscheinend aus dem ausgestorbenen Ryu-Clan entsprungen. Was tust du hier eigentlich? Helfen. Beantwortete sie die Frage sich selbst. Es schien total bescheuert. Aber sie hatte so ein komisches Bauchgefühl, dass sie den beiden helfen musste. Sie hatten es verdient. Es war risikoreich. Das auf jeden Fall. Aber es gab ja auch keine Alternative. Sie stand auf und kramte aus einem kleinen Schrank ein Stück Seife hervor und brach es in der Mitte durch. Dann reichte sie Kae ein Stück und sagte dabei. »Mit der Seife bekommt ihr den Dreck noch besser von der Haut ab. Soll ich euch die Haare und den Rücken waschen?« Die Mädchen nickten und Ran setzte sich zuerst zu Maze und machte sich an die Arbeit. Zuerst wusch sie ihr die Haare und machte sich danach daran, ihr den Rücken sauber zu schrubben. Die erste Berührung fühlte sich für Ran seltsam an. Es war nochmal eine klare Bestätigung, dass diese Kinder wirklich hier bei ihr waren und existierten. Es war keine Einbildung oder ein Traum. Es waren zwei echte Kinder, die in ihrer Badewanne saßen. Als sie mit Maze fertig war, setzte sie sich zu Kae an den Rand. Sie wollte gerade beginnen ihr die Haare zu waschen, als ihr etwas Schreckliches auffiel. Kaes Rücken war überseht mit Narben. Viele schlecht verheilte Narben. Teilweise noch verkrustet und relativ frisch. Sowas hatte sie noch nie gesehen. Ihr stockte der Atem. Kae bemerkte das. »Die sind von meiner Mutter.«, erklärte sie, ohne Ran anzuschauen. »Wenn ich nicht gehorcht habe und nicht richtig gekämpft und trainiert habe. Dann wurde ich ausgepeitscht.« »Das ist schrecklich.«, sagte Ran schockiert. »Mama ist schrecklich.«, erwiderte Maze und sah kurz gedankenverloren aus. Ran entschied, erstmal nichts weiter zu sagen. Sie würde die Kinder auch heute noch nicht weiter ausfragen. Das wäre zu viel. Und die Nacht wurde auch immer kürzer. Also machte sie sich daran auch Kae die Haare zu waschen und schließlich den Rücken. Dabei war sie sehr vorsichtig. Als die Kinder schließlich wieder sauber und aus der Wanne gestiegen waren, wickelte Ran sie jeweils in zwei große Handtücher ein, damit sie dich abtrocknen konnten. Dabei wandte sie sich nochmal an Kae. »Darf ich mir deine Wunden ansehen?« Kae schien erst skeptisch, nickte dann aber. Also holte Ran eine kleine Dose, gefüllt mit einer Heilsalbe. Sie kümmerte sich liebevoll um die Wunden auf den Rücken und um die Wunden an ihren Händen, die sie von den kaputten Kunai getragen hatte. Keiner sagte ein Wort. Kae beobachtete, was Ran da an ihrer Hand machte, als sie ihr noch einen Verband anlegte. Eine solche Zuwendung kannte sie nicht. Aber es fühlte sich gut an. Dann zogen sich die Mädchen die frische Kleidung an, die Ran für sie rausgelegt hatte. In zwei viel zu großen Shirts standen die beiden Mädchen nun vor ihr. Frisch gewaschen sahen die beiden schon viel gesünder aus. Auch wenn sie deutlich mehr auf den Rippen vertragen konnten. »Dann zeige ich euch mal, wo ihr schlaft. Kommt mit.« Die Mädchen folgten Ran durch den schmalen Flur in ein kleines Zimmer, in dem nur ein Schreibtisch und viel Papierkram in einem Schrank standen. »Ich benutze den Raum nur für den ganzen Schriftkram für den Laden.«, erklärte sie. »Bestellungen, wie viel ich noch auf Lager habe und sowas halt.« Sie sah die beiden Mädchen an, die beide keine Ahnung von dem hatten, was sie da erzählte. Sie lächelte. »Ich habe noch ein Futon hinterm Schrank stehen. Da müsstet ihr beide drauf passen.« Sie holte die dünne Matratze hervor und legte sie auf den Boden. »Bin gleich wieder da.«, sagte sie, mit gehobenem Zeigefinger und verschwand kurz aus dem Raum, in dem Raum daneben. Schnell kam sie aber wieder zurück. Mit einer großen Decke und zwei kleinen Kissen, die sie auf die Futon-Matte legte. »Ich glaube, für die erste Nacht ist das okay, oder?«, erkundigte sie sich bei den Mädchen. Maze grinste und rief: »Das ist super!«, sie ließ sich auf die Matte fallen und griff direkt nach der Decke, um sich darin einzurollen. Auch Kae nickte und sah zu Ran. »Danke. Du solltest schlafen.«, ihre Worte wirkten kühl, aber das waren sie nicht. Sie hatte nur beobachtet, wie Ran herzhaft gegähnt hatte und sich schon tiefe Augenringe unter ihren Augen gebildet hatten. Ran lachte auf und streckte sich. »Du hast recht. Dann werde ich das mal tun. Ich räume noch schnell das Badezimmer auf und gehe dann ins Bett. Das ist direkt nebenan. Also wenn ihr etwas braucht, dann kommt jederzeit zu mir, okay?« »Alles klar!«, rief Maze breit grinsend, die sich schon mit der Decke umwickelt hatte und sich in ein Kissen kuschelte. Kae nickte. »Na dann. Gute Nacht.«, Ran lief aus dem Raum und wollte die Tür hinter sich schließen, als sie Kae rufen hörte: »Kannst du die Tür auf lassen?« Sie öffnete die Tür wieder einen Spalt und lugte noch einmal kurz rein und sagte lächelnd: »Na klar. Wenn was ist, kommt zu mir oder ruft.« Dann wandte sie sich ab und ging ins Badezimmer. Sie ließ das dreckig braune Wasser in der Wanne ab und spülte kurz nach. Dann hob sie die alte Kleidung der Kinder auf und beäugte sie kurz. Die schmeiß ich weg. Da ist nichts mehr zu retten. Sie klemmte sich die Kleidung unter den Arm, um sie später in den Müll zu werfen. Dabei entdeckte sie auf dem Boden Kaes Stirnband. Sie ob es auf und schaute es sich genau an. Es unterschied sich kaum von den Stirnbändern aus Suna oder Konoha. Das Metall schien nur grober verarbeitet worden zu sein und auch das Symbol war unsauberer ins Metall geritzt. Das auf dem Kopf stehende Kreuz. Das Symbol, was Ran nur aus ihren Geschichtsbüchern kannte. Die Legende vom Ryu-Clan. Es gab zwar Überlieferungen, dass es sie wirklich gegeben haben soll, aber das war schon lange her. Und jetzt hielt Ran das Stirnband in der Hand. Als würde sie ein Artefakt in den Händen halten. Sie legt es schließlich auf dem kleinen Badezimmerschrank und ging dann in ihr Schlafzimmer. Es wurde auch Zeit. Sie war sehr müde geworden. Kae hörte, wie sich die Schlafzimmertür von Ran zu zog, aber nicht ins Schloss fiel. Eine stumme Einladung, dass die beiden jederzeit zu ihr kommen konnten. Sie setzte sich schließlich auf die Futon-Matte, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Sie legte ihre Beine über Maze, die sich schon lang gemacht hatte. »Willst du nicht schlafen?«, fragte Maze sie. Kae sah sie an und verschränkte die Arme. »Mach die Augen zu.«, sagte sie zu ihrer kleinen Schwester, ohne ihre Frage zu beantworten. Maze gehorchte ihr wie aufs Wort und schloss die Augen. Sie war allerdings auch sehr müde und konnte diese kaum noch offen halten. Kae sah sie noch eine Weile an. Dann sah sie zum gegenüberliegenden Fenster. Sie würde noch wach bleiben und aufpassen. Sie wusste schließlich, dass sie niemals alleine waren.
Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten Maze an der Nase und sie öffnete die Augen. Sie brauchte ein paar Sekunden, um sich an das ungewohnte Licht zu gewöhnen. Dann sah sie hinter sich und entdeckte ihre Schwester, die auf der Seite liegend, schlief. Anscheinend war sie die Nacht wohl doch eingeschlafen und einfach zur Seite gekippt. Maze lächelte. Kae hatte schon ewig nicht mehr so geschlafen. Das tat ihr bestimmt sehr gut. Maze hörte Geräusche aus der Küche. Ran schien schon wach zu sein. Maze setzte sich im Bett auf, woraufhin Kae die Augen öffnete. Kurz musste auch sie blinzeln, aber sie gewöhnte sich schnell an die Sonne. Maze grinste sie an. »Du hast geschlafen.«, rief sie mit einem neckischen Unterton. Kae sagte nichts darauf, aber schien die Tatsache auch gerade zu realisieren. Sie fühlte sich besser und ausgeruhter. Sie schaute sich in dem kleinen Raum um. Noch immer waren sie hier. Es war kein Traum gewesen. Plötzlich hörten die Schwestern Schritte auf der Treppe. Ran kam nach oben und lugte wenige Sekunden später in das Zimmer der Schwestern. »Guten Morgen!«, rief sie fröhlich und trat in den Raum auf die beiden zu. »Guten Morgen!«, rief auch Maze, die schnell aufstand und Ran um die Hüfte fiel und ihr eine feste Umarmung gab. Ran war im ersten Moment überrascht, strich ihr dann aber leicht über den Kopf und erwiderte damit die Umarmung. Ein zufriedenes Lächeln umgab ihre Lippen. Kae stand auf und beobachtete dies skeptisch. Ihr Blick huschte immer wieder zwischen Ran und Maze hin und her. Ran bemerkte dies und schob Maze wieder sanft von sich. Ohne dem kleinen Mädchen das Gefühl zu geben, sie von sich schieben zu wollen. Sie warf Kae einen warmen, tröstenden Blick zu. Als würde sie ihr sagen wollen, dass sie keine Angst um ihre Schwester zu haben brauchte und das sie sie ihr nicht wegnehmen möchte. Kae erwiderte ihren Blick. Aber Ran konnte ihn in diesem Moment nicht deuten. Um die Situation umzulenken sprach sie schließlich: »Ich habe uns Frühstück gemacht. Ihr habt bestimmt schon lange nichts mehr gegessen. Kommt mit runter.« Während sie sprach, drehte sie sich um und lief wieder hinunter in die Küche. Die Mädchen folgten ihr. Maze begeistert wie eh und je. Kae ruhig und beobachtend. In der Küche angekommen wies Ran sie an, sich schon mal an den Tisch zu setzen. Die Mädchen folgten ihrer Anweisung. »Na dann wollen wir mal.« Ran begann das Frühstück auf dem Tisch zu servieren. Als Erstes kam gekochter Reis, gefolgt von Omeletts und gekochtem Gemüse. Auch frisch aufgesetzten grünen Tee stellte sie dazu. »Jetzt noch eine Sache, dann können wir anfangen.« »Oooooh, dass riecht alles schon so toll!«, rief Maze begeistert und sie merkte, wie ihr das Wasser im Mund zusammen lief. Ran lächelte zufrieden und stellte den letzten Teller, belegt mit gebratenem Rind, auf dem Tisch. Direkt vor Kae. Es war keine Absicht, aber es hatte Folgen. Kae wurde auf einem Schlag noch bleicher im Gesicht, als sie eh schon war. Sie starrte das Rindfleisch geschockt an und hielt die Luft an. »Kae, was ist los?«, fragte Ran aber Kae antwortete nicht. Stattdessen fing sie plötzlich an zu würgen und hielt sich die Hand vor dem Mund. Ungeschickt und panisch stand sie auf und torkelte hastig zum Waschbecken und übergab sich. Es hörte sich sehr schmerzhaft an. Das arme Mädchen hatte ja auch schließlich nichts im Magen, was sie auswürgen konnte. Ran sprang ebenfalls erschrocken auf und eilte zu ihr. Maze hob die Hand und rief: »Hey, warte mal!« Aber Ran hörte sie gar nicht mehr. »Was ist los? Kann ich dir helfen?«, fragte sie besorgt und griff mit beiden Händen an Kaes Schultern. Das Mädchen hielt sofort die Luft an, ihr Kopf schnellte nach oben und blitzschnell drehte sie sich zu Ran um und schubste sie mit voller Kraft von sich weg. Ran taumelte nach hinten, konnte sich aber gerade noch so auf den Beinen halten. Auch wenn der Schlag heftig war. Kae schrie sie an: »Fass mich nie wieder an! Niemand fasst mich einfach so an! Hast du verstanden?!« Und da blitzten sie einmal kurz auf. Ran hatte es genau gesehen. Die Augen des Ryu-Clans. Das Yureigan. Ihr Kekkei Genkai. Nur eine Sekunde starrten diese Augen sie an, als stammten sie aus der Hölle. Die Lederhaut war tiefschwarz gefärbt, während die Iris hell-grau - fast weiß - leuchtete. Rote Adern zogen sich durch die Iris bis zur Pupille und pulsierten im Licht, als ständen sie kurz vor einer Explosion. Von diesen Augen hatte sie immer nur gelesen. Dass sie in Wirklichkeit so schrecklich aussahen, hätte sie nicht gedacht. Die Luft fühlte sich auf einem Schlag eiskalt an und in ihrer Brust spürte Ran plötzlich ein unbeschreibliches Ziehen. Als hätte jemand eine Schlinge um ihre Seele gelegt und diese zugezogen. Doch so schnell wie das Yureigan aufgeblitzt war, war es auch wieder verschwunden. Ran sah sie erschrocken und zugleich verwirrt an. Gestern Abend durfte sie sich noch um ihre Wunden kümmern und jetzt – jetzt hatte Kae der Berührung vorher nicht zugestimmt. Das war der Unterschied. Beantwortet Ran sich selbst die Frage. »Tut mir leid.«, entschuldigte sie sich mit belegter Stimme. Kae atmete schwer und rieb sich die Stirn, dabei kniff sie die Augen zusammen. »Ähm....«, Maze saß dort eingeschüchtert und sprach vorsichtig weiter an Ran gerichtet. »Wir essen kein Fleisch. Das... riecht immer so ekelig.« Ran sah das junge Mädchen an und dann den Teller belegt mit Fleisch. Sie griff hastig danach und drehte sich wieder zur Küchenzeile. »Ach, dass macht gar nichts.«, sagte sie, aber ihre Stimme zitterte. Sie warf das Fleisch unbedacht in den Müll und schaute wieder zu Maze. »Schon weg!«, sie lächelte. Aber aufgesetzt. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals. Sie sah zu Kae, die sich wieder etwas entspannt hatte aber aus Scham den Augenkontakt vermied. Was war nur mit den Kindern geschehen? »Dann können wir ja weiter essen.« Ran setzte sich wieder an ihren Platz am Tisch, als wäre nichts gewesen. Kae blieb stehen und schwieg. »Guten Appetit.«, sagte Maze und fing in einer Selbstverständlichkeit an, den Teller von Kae zu füllen. »Setz dich, Schwesterchen. Das wird dir schmecken!« Ran beobachtete den kurzen Rollentausch der Schwestern und versuchte ihren Atem wieder zu kontrollieren. Was zum Geier habe ich mir hier eingebrockt? Fragte sie sich selbst wieder. Eine scharfzüngige Stimme in ihrem Kopf antwortete: Entweder wird das die schönste Familiengeschichte aller Zeiten oder du wirst von den beiden noch richtig auseinandergenommen. Ran grinste kurz über ihre eigenen blöden Gedanken. Hatte sie Angst? Auf alle Fälle. War das hier ein großes Risiko? Natürlich. War sie viel zu neugierig, um das hier direkt wieder aufzugeben? Das traf ebenfalls zu. Hatte sie der Ehrgeiz gepackt den Kindern zu helfen? Ja. Und das war der größte Punkt an der Sache. Ran bemerkte, wie Kae sich langsam - jede Bewegung bedacht - sich wieder zu ihnen setzte. Es vergingen kurze Sekunden des Schweigens, bis Kae allen Mut zusammen nahm, Ran wieder aus ihren schönen blauen Augen ansah und sagte: »Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.« Die Entschuldigung kam vom Herzen. Das merkte Ran sofort. »Alles okay. Ich hätte dich auch nicht einfach so anfassen sollen. Es tut mir auch leid.« Kae nickte und griff zögerlich nach ihren Essstäbchen. Maze sagte, schon mit vollem Mund, zu Ran: »Irgendwann bekommst du von Kae auch noch eine dicke Umarmung.« Ran lächelte und sagte: »Das wäre wirklich schön.« Sie sah, wie auch über Kaes Lippen ein kurzes Lächeln huschte, bevor sie zu Essen begann. Satt und zufrieden räumten Ran und die Mädchen das dreckige Geschirr auf den Küchenschrank. Dabei erklärte Ran ihren weiteren Plan des Tages. »Ich werde gleich losgehen und euch im Dorf Kleidung suchen, die euch auch passt. Damit ihr nicht weiter mit meinem viel zu großen Zeugs rumlaufen müsst. Könntet ihr in der Zeit das Geschirr spülen?« Maze rief sofort: »Das kann ich!« Auch Kae nickte. »Das ist super.«, freute sich Ran. »Ich werde mich gleich auf den Weg machen, damit ihr schnell was zum anziehen habt. Aber noch was:« Die Mädchen sahen sie an. Ran sprach weiter: »Ich weiß nicht wann - vielleicht schon heute oder morge - werdet er ihr mir, Kitai und Baki mehr über euch erzählen müssen, okay? Ich hoffe ihr versteht das.« Kae nickte sofort und sagte: »Ja, natürlich. Wir werden jede Frage beantworten.« Ran lächelte sie an. Sie hoffte ihr dabei wenigstens ein wenig Sicherheit zu geben. »Wir wollen, dass ihr euch wohl fühlt und sicher seit. Macht euch darüber keine Sorgen. Ich bin dann mal unterwegs. Ich beeile mich.« Ran hob zum Abschied die Hand und war auch schon verschwunden. Zurück ließ sie zwei Mädchen, die ihr nachsahen. Bis Maze nach einem Handtuch griff und rief: »Ich trockne ab und du spülst!« Kae zuckte nur mit den Schultern. Ihr Schicksal war in diesem Moment besiegelt. Sie fragte sich, ob ihr Schicksal für Zukunft auch schon so besiegelt war.
Baki war, für seine Verhältnisse, schon früh auf den Beinen. Er hatte die restliche Nacht nicht gut geschlafen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um diese Kinder und um Ran. Und als er aus seiner Haustür trat, fragte er sich, ob das alles überhaupt wirklich passiert war. Er stand dort und atmete tief die warme Luft ein. Die Sonne hatte die Kühle der Nacht verdrängt und heizte die Umgebung von Minute zu Minute mehr auf. Auch die Stille war verschwunden. Von den Straßen ertönte wirre Laute. Die Menschen waren schon unterwegs. Aus dem Augenwinkel sah Baki jemanden auf sich zu kommen. Er drehte seinen Kopf in die Richtung und erblickte Kitai. Dieser grinste und hob die Hand, in der er ein Stück Brot hielt. »Was machst du denn wieder hier?«, fragte Baki ihn - schon jetzt genervt. Kitai biss von seinem Brot ab und antwortete dann kauend: »Ich dachte, wir schauen nach den Mädchen. Ob die drei die Nacht überstanden haben.« »Wir?«, fragte Baki entgeistert und Kitai zog eine Augenbraue hoch. »Na, wir sitzen doch in einem Boot, oder nicht?« Baki verschränkte die Arme. Recht hatte er. »Oder hast du was besseres vor?«, fragte Kitai weiter und Baki schüttelte den Kopf. Er seufzte: »Dann lass es uns schnell hinter uns bringen.« Beide liefen nebeneinander her, auf den Weg zu Rans Laden. »Wieso bist du mit den Mädchen eigentlich ausgerechnet zu mir gekommen?«, fragte Baki nach ein paar Minuten. Kitai überlegte kurz. »Du bist mir als Erstes in den Sinn gekommen, nachdem ich mich gefragt hatte, wem ich vertrauen kann und wer sicher weiß, was jetzt zu tun ist. Und du als mein Sensei, bist mir da halt in den Sinn gekommen.« Baki blieb stehen und sah ihn an. »Auf einer gewissen Art und Weise sehe ich es als Kompliment an. Aber ich bin nicht dein Sensei.« Kitai schob sich das letzte Stück Brot in den Mund und sagte dann: »Ja sicher. Du hast mich schließlich trainiert.« »Zwei Tage! Weil dein Sensei auf eine andere Mission geschickt wurde.« »Und das war die beste Zeit meines Lebens!« Kitai schlug spielerisch auf Bakis Schulter. Dieser schüttelte den Kopf und murmelte. »Bist du bescheuert.« Kitai überhörte dies gekonnt. Bakis zynische Art war er schon gewohnt. Stattdessen sagte er: »Ich glaube, dass du hier echt die Chance hast, was Cooles zu erleben.« Baki verdrehte die Augen. »Ich glaube eher, dass ich die Arschkarte gezogen habe.« Kitai grinste. »Oder das. So oder so. Wir sind da.« Die beiden waren an Rans Laden angekommen. Allerdings war er noch geschlossen. Kitai ging zur Haustür und klopfte. Eine Weile tat sich nichts im Inneren des Hauses. Also hob er nochmal die Hand, um zu klopfen. Doch da öffnete sich die Tür einen schmalen Spalt und jemand lugte mit einem Auge hindurch. Es war Kae. Sie sah Kitai direkt an. Dann zu Baki. »Guten Morgen!«, rief Kitai fröhlich. Doch Kae sah skeptisch aus. »Wir wollten euch besuchen kommen. Mal schauen, wie die erste Nacht hier für euch war.« Das Kae die Tür nur einen Spalt öffnete und zwischen den Männern skeptisch hin und her sah, triggerte Baki. Wo war Ran? Und was passierte hier? Was war los? Ist etwas passiert? »Ran ist nicht hier.«, beantwortete Kae Bakis Frage, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Wo ist sie?«, fragte dieser nun laut und schroff. Das Mädchen sah ihn unbeeindruckt an. Und mit ruhiger, aber bestimmter Stimme antwortete sie: »Sie sagte, sie möchte für uns Kleidung kaufen und wäre schnell wieder zurück. Wir haben das Geschirr gespült.« »Wir können auch drin auf Ran warten.« Baki schob seine Hände in die Hosentaschen und wartete gespannt auf Kaes Reaktion. Aber Kitai kam dazwischen. »Alter. Sei mal nicht so griesgrämig. Da kriegt man ja Angst.« Als Reaktion schaute Baki nur noch finsterer, was er allerdings gar nicht beabsichtigt hatte. Er war unsicher. Er wusste nicht, wie er sich den Kindern gegenüber Verhalten sollte. Kitai hatte auf der einen Seite recht. Es waren nur Kinder und er könnte mal etwas netter sein. Auf der anderen Seite rebellierte sein Shinobi-Verstand. Es waren fremde Personen, die aus dem Nichts aufgetaucht waren und anscheinend einem Clan angehörten, dessen Existenz bis jetzt nur Geschichten waren. Aber vielleicht wäre es in dieser Situation angebrachter, einfach etwas Menschlicher zu sein, dachte er schließlich doch. Die Haustür quietschte, als Kae sie langsam komplett öffnete. Sie stand dort, in einem Shirt von Ran, was ihr viel zu groß war. Aber sie hatte gebadet. Das sah man sofort. Ihre bleiche Haut blendete fast im Sonnenlicht und ihre dunkelbraunen Haare glänzten und fielen ihr sanft über die Schulter. Sie ging einen Schritt zur Seite, damit die Männer eintreten konnten. Kitai sah zu Baki, als würde er sich vergewissern, ob er auch wirklich mitkommen würde. Dieser erwiderte seinen Blick nicht, sondern lief entspannt los. Kitai folgte ihm. Sie gingen beide in die Küche, wo Maze noch an der Spüle stand und das Geschirr abtrocknete. Als sie die Männer erblickte, strahlte sie über beide Ohren. »Hallo!«, rief sie glücklich. Ließ den fast trockenen Teller wieder zurück in die Spüle fallen, sprang mit einem Satz auf Kitai zu und umarmte ihn. Dieser war überrascht, drückte sie aber fest. Danach löste sich Maze wieder von ihm und sprang dann auf Baki zu und umarmte nun ihn. Er war überfordert damit. Seine Hände verkrampften in den Hosentaschen. Maze schien dies aber nicht zu kümmern und ließ schließlich wieder von ihm ab. »Wir haben schon gefrühstückt und aufgeräumt!«, erzählte Maze aufgeregt und fischte wieder den Teller aus dem Spülwasser. Kitai sah zu Baki, als würde er stolz sagen wollen: Schau dir unser Werk an. Doch Baki dachte gerade nur daran, dass es langsam Zeit war, dass die Kinder erzählten. Und zwar alles. Ran kam gerade aus einem kleinen Laden einer Nebenstraße, in der sie noch nie Kleidung gekauft hatte. Auch die Verkäuferin kannte sie nicht. So vermied sie unangenehme Fragen, warum ausgerechnet sie Kleidung für Kinder kaufte. Sie lief den Hauptweg entlang und war tief in ihren Gedanken versunken, als sie plötzlich jemand an der Schulter packte. Sie erschrak und drehte sich blitzschnell um. Sie sah in Yashamarus Gesicht, der sie anlächelte und sofort wieder von ihrer Schulter abließ. »Ich habe dich mehrmals gerufen. Ist alles okay?« »Äh...«, Ran starrte ihn mit großen Augen an. Sie hatte ihn tatsächlich nicht gehört. »Tut mir leid, ich war in Gedanken.«, entschuldigte sie sich. Yashamaru sah auf die Papiertüte, die sie im Arm hielt. Dann sah er wieder in ihr Gesicht. »Ich wollte dich gerade besuchen und dich fragen, ob du Hilfe bei deinen neuen Möbeln brauchst. Ach ja, die neuen Möbel! Fiel Ran es wieder ein. Sie hatte lange darauf gespart, um sich neue Möbel für ihren Laden zu kaufen. Sie standen schon ausgepackt in ihrem Lager und sie hatte Yashamaru darum gebeten, wenn er Zeit hatte, ihr zu Helfen die alten Möbel zu entsorgen und die neuen Möbel aufzubauen. Schöne Scheiße. Dachte sie. War gerade alles andere als ein guter Zeitpunkt dafür. »Was für ein Zufall«, rief Ran etwas sehr auffällig gespielt. »Auch ich wollte gerade zu mir nach Hause gehen.« Yashamaru zog eine Augenbraue hoch und musterte sie skeptisch. »Das dachte ich mir. Ich begleite dich.« Ran sah ihm an, dass er sie durchschaut hatte. Zumindest wusste er, dass sie etwas zu verbergen hatte. Sie seufzte. Es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie musste auch Yashamaru einweihen. Früher oder später würde er es eh erfahren. Es war zwar risikoreich, aber sie hatte Vertrauen darin, dass Yashamaru sie unterstützen würde. Sie nickte ihm also zu. »Ich muss dir dann was zeigen.«, sagte sie dann noch. Yashamarus skeptischer Blick wich einem interessierten. Als würde er sagen wollen: Wusste ich es doch! Dann liefen sie zusammen zurück zu Rans Laden. Keiner sagte ein Wort. Kurze Zeit später standen sie vor ihrem Ziel und betraten das Haus durch die Vordertür. »In der Küche.«, sagte Ran leise und nickte in die dementsprechende Richtung. Yashamaru folgte ihr. Fast rannte die junge Ladenbesitzerin in Kitai, der direkt an der Tür zur Küche stand. Sie blieb abrupt stehen, was dazu führte, dass Yashamaru ihr in den Rücken fiel. Ran sah sich kurz verwirrt um und erblickte die Kinder am Küchentisch sitzend, Baki daneben mit verschränkten Armen an der Wand stehend und – wie schon entdeckt – Kitai. »Oh.«, stieß sie kurz erschrocken aus. Mit Kitai und Baki hatte sie jetzt nicht gerechnet. Und Baki hatte offensichtlich auch nicht mit Yashamaru gerechnet, so wie er zu den beiden sah. Kitai drehte sich zu Ran und Yashamaru um und begrüßte die beiden. Doch danach ging sein Blick vielsagend zu Baki. Er konnte sich natürlich sofort denken, dass ihm die Anwesenheit von Yashamaru so gar nicht gefiel. Das versprach Drama. Mit einem langgezogenem »Heeeeyyyy!«, lief Ran auf die beiden Mädchen am Küchentisch zu, als wäre sie mit ihnen ganz alleine in diesem Raum. Sie stellte vor ihnen die Tüte auf dem Tisch und sagte: »Das ist neue Kleidung für euch. Ihr könnt euch gerne oben umziehen.« Kae griff langsam danach. Sie sah dabei aber weder zu der Tüte, noch zu Ran, sondern zu Yashamaru. Ein fremdes Gesicht. Ran bemerkte das sofort und löste die Situation schnell auf. »Das ist Yashamaru. Ein sehr guter Freund von mir. Er besucht mich oft und hilft mir viel im Laden. Ihr braucht keine Angst zu haben.« Baki verdrehte so unauffällig wie möglich die Augen und die Schwestern schauten skeptisch zum neuen Unbekannten. Dieser lächelte ihnen zu und grüßte kurz mit erhobener Hand. Doch auch in seinem Gesicht war deutlich zu erkennen, dass er sich ebenfalls fragte, was das hier sollte. »Dann zieht euch mal um. Wenn ihr fertig seit, kommt gerne wieder runter.« Maze und Kae sahen sich kurz an und nickten schließlich. Sie standen auf und kurz bevor sie gingen, sagten beide nacheinander: »Danke« Ran nickte ihnen zu. Als die Mädchen schließlich in der oberen Etage verschwunden waren, drehte sie sich zu den Männern um. Baki stand dort weiterhin mit verschränkten Armen und schaute sie ernüchtert an. Kitai hingegen sah wach und interessiert in ihre Richtung, während Yashamaru die Augenbrauen zusammen zog und sich zwischen Baki und Kitai nach vorne schob. »Okay«,begann er schließlich und sah Ran direkt an. »Ich gebe zu, nicht mit so einer Situation gerechnet zu haben. Beziehungsweise mit den hier anwesenden Personen.« Baki schnaubte kaum merklich, was Yashamaru natürlich trotzdem wahrnahm. Ran hob beschwichtigend die Hände und lächelte unsicher. »Ich versuche es schnell zu erklären.« Sie holte kurz Luft und begann: »Kitai hat die Mädchen gestern in einer Hütte hier im Dorf gefunden und sie zu Baki gebracht. Dieser brachte sie dann zu mir. Sie sagen, sie kommen aus der Dämonenwüste und stammen vom Ryu-Clan ab. Sie suchen Zuflucht und Schutz, weil die kleinere von ihnen von der eigenen Mutter getötet werden soll.« Während Ran so sprach, bemerkte sie selbst, wie absurd sich dies alles anhörte. Auch Yashamarus Blick spiegelte diese Einschätzung wieder. »Ich bin überzeugt davon, dass sie die Wahrheit sagen.«, versuchte Ran schnell der ganzen Sache irgendwie einen Hauch von Sicherheit zu geben. Doch Yashamaru gab nichts von sich, sondern drehte sich zu Baki um und fragte: »Und bist nicht zu Rasa gegangen, um dies zu melden? Kitai ist noch jung und unerfahren, aber bei dir hätte ich zumindest Verstand erwartet. Weißt du wass das für Konsequenzen für dich haben kann?« Baki runzelte die Stirn und hätte ihm am liebsten höflich darum gebeten, dezent das Maul zu halten. Aber er riss sich zusammen und antwortete: »Der Kazekage hätte die beiden sofort in den Exil geschickt oder schlimmeres. Außerdem hätte er sofort eine Truppe in die Dämonenwüste geschickt, um dort mal nach dem Rechten zu sehen. Aber wir würden dort auf unbekanntes Territorium treffen. Und auf einem Clan, den wir nur aus unseren Geschichtsbüchern kennen. Vielleicht wäre es sinnvoller die beiden erstmal auszufragen und in Ruhe Informationen zu sammeln.« Ran atmete tief durch und sah Baki erleichtert und dankbar an. Zum Glück hatte er es geschafft, sich in kurzer Zeit schnell etwas auszudenken. Denn im Grunde hatten die drei keinen triftigen Grund gehabt, es nicht direkt dem Kazekage gemeldet zu haben. Sie hatten es nur nicht getan, weil Ran sie darum gebeten hatte. Weil ihr Bauchgefühl sagte, dass sie es für sich behalten sollten. Baki sah kurz zu ihr und wandte dann seinen Blick wieder zu Yashamaru. Dieser holte Luft, doch Ran sprach schnell weiter. »Die Kinder sind offensichtlich verwahrlost und vernachlässigt. Ich gehe außerdem davon aus, dass sie misshandelt wurden. Der Rücken der Größeren ist überseht von Narben. Alte und frische Narben, von Auspeitschungen.« Sie schluckte kurz und sprach dann mit belegter Stimme weiter. »Außerdem habe ich das Yureigan gesehen. Nur ganz kurz. Aber... es existiert.« Während sie sprach, hatte Yashamaru seinen Blick nicht von Baki abgewandt. Doch er hörte Ran zu. Baki sprach als Nächstes mit einem herausfordernden Unterton in der Stimme: »Und, Yashamaru? Meldest du es dem Kazekage?« Der Angesprochene zog die Augenbrauen zusammen und sah wieder zu Ran, die ihn flehend anblickte. »Lass es uns noch geheim halten. Ich weiß, gerade du als sein Schwager hast ein ganz besonders ausgeprägtes Gefühl für Richtigkeit. Aber vertrau mir und meinem Bauchgefühl, ja? Wir übernehmen die Verantwortung für alles. Für mich, okay?« »Wir?«, rief Baki ungläubig, doch keiner ging darauf ein. Nur Kitai grinste ein wenig. Yashamaru seufzte und rieb sich die Stirn. »Ich möchte mir ebenfalls ein Bild von den Beiden machen und dabei sein, wenn sie etwas erzählen. Und ansonsten... ich vertraue dir, Ran. Ich sage nichts.« Die junge Frau lachte erfreut auf und fiel Yashamaru dankend um den Hals. Baki schüttelte kaum merklich den Kopf. Yashamaru tat immer so überkorrekt. Aber um einer Frau zu gefallen, da verstieß auch er gegen Regeln. Ran löste sich wieder von ihm und genau in diesem Moment standen die kleinen Schwestern wieder im Türrahmen. In neuer Kleidung gehüllt. Und in ihrer rechten Hand hielt Kae ihr Stirnband. Kurz zögerte sie und schaute einmal prüfend in die Runde. Dann legte sie langsam das Stirnband auf dem Tisch. Yashamaru sah erstaunt das eingeritzte Symbol in dem Metall des Bandes an. Das umgedrehte Kreuz. Er hätte niemals gedacht, sowas in Wirklichkeit mal zu sehen. Baki hatte nun langsam die Schnauze voll und ergriff mit harter Stimme das Wort. »Jetzt ist langsam genug. Die Schonzeit ist vorbei.«, er sah die Schwestern direkt an. »Wir haben euch geholfen und jetzt liegt es an euch, wie es weiter geht. Ihr erzählt uns sofort im Detail, wer ihr seit, was ihr hier wollt und beantwortet jede Frage die wir wissen wollen. Ist das klar?« Die letzten Worte betonte er auffällig lauter. Es war ein kläglicher Versuch, seine Autorität zu unterstreichen und sich Respekt zu verschaffen. Das tat er aus Unsicherheit. Die Situation war für ihn immer noch nicht greifbar. Allerdings sahen ihm die Mädchen eher entgeistert an und Kae zog eine Augenbraue hoch, bevor sie sprach. »Brauchst nicht so böse reden. Wir wollen nichts verbergen. Wir erzählen alles, was wir euch sagen können.« Sie wandte sich ab und setzte sich an den Küchentisch. Ohne etwas dazu zu sagen, setzte sich Maze neben ihr. Baki blieb perplex zurück, während Kitai im amüsiert auf die Schulter klopfte. »Keine Sorge«, flüsterte er ihm zu. »Warst furchteinflößend.« Die anderen ignorierten gekonnt die Situation, was Baki auch lieber war. Dann setzten sich alle an den Küchentisch, um antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Zumindest ansatzweise. Die Stimmung war seltsam angespannt. Auch die Kinder spürten das. Maze war sehr ruhig und sah verunsichert zwischen den Erwachsenen hin und her. Ihr Blick blieb immer ein paar Sekunden länger an Yashamaru hängen, als an den Anderen. Auch Kae schaute immer wieder zu ihm. Sie hatten beide nicht mit einer plötzlich eintreffenden, fremden Person gerechnet. Aber sie mussten Ran vertrauen, dass dies so in Ordnung war. Kae atmete einmal tief durch. Sie wusste, dass dieses Gespräch über ihre Zukunft entscheiden würde. Die Erwachsenen setzten sich den beiden gegenüber. Vier Augenpaare, die nur auf sie gerichtet waren. Sie musste nun stark sein. »Wir-«, sie schluckte, als könnte sie den entstehenden Kloß im Hals dadurch verhindern. »Wir sind Kinder aus dem Ryu-Clan. Wir leben in der Dämonenwüste unter der Erde. Wir nutzen das Yureigan. Ein Dou-Jutsu was in unserem Clan vererbt wird. Dadurch können wir Geister sehen und diese im Kampf als unsere Waffen nutzen. Wenn das Yureigan bis zum fünften Lebensjahr nicht erwacht ist, dann ist man nicht lebenswürdig. So sagt es meine Mutter. Maze ist fünf Jahre geworden und das Yureigan ist nicht erwacht. Meine Mutter wollte Maze also den Geistern opfern. Ein Kind ohne Yureigan bedeutet, dass die Geister erzürnt sind. Also schenkt man ihnen eine neue Seele in ihren Reihen. Ich will nicht, dass Maze stirbt. Und mein Vater wollte das auch nicht. Also hat er Maze und mich weggeschickt. Er ist mit uns unter den Himmel gegangen und sagte, dass wir dem hellsten Stern so lange folgen sollen, bis wir eine große Mauer sehen. Und diese Mauer müssen wir überwinden. Dann sind wir in Sicherheit. Und das haben wir getan.« Kae lehnte sich ein winziges Stück nach hinten. Das zu erzählen hatte mehr Überwindung gekostet, als gedacht. Maze sah derweil betroffen auf ihre Hände, während sie an ihren Fingernägeln knibbelte. Kurz herrschte Stille im Raum. Jeder ließ die Worte auf sich wirken. Auch wenn sie absurd klangen. Yashamaru war der Erste, der das Wort wieder ergriff. »Nach unserem Wissen existiert der Ryu-Clan seit vielen Jahren nicht mehr. Es gibt beweise, dass es sie mal gegeben hat, allerdings wird seine Existenz hier eher als Geschichte - als Mythos angesehen. Wo war dein Clan die ganzen Jahre über?« Kae antwortete sofort. »Unter der Erde. In der Dämonenwüste.«, Sie sah ihm an, dass ihre Antwort nicht zufrieden stellend war. »Ich - ich kenne es nicht anders, als unter der Erde. Mein Vater hat mal gesagt, dass unser Clan fast ausgestorben war und sich erholen musste. Und damit niemand störte, sind wir unter die Erde gegangen.« »Wie viele seit ihr? Wie groß ist euer Clan?« Kae spürte, dass sie anfing zu schwitzen. Die Fragen überforderten sie. Dazu kam noch, dass sie nicht einschätzen konnte, wie wichtig die Antworten waren. »Ich weiß nicht.« Antwortete sie schließlich leise und sah unsicher zwischen den Erwachsenen hin und her. Ran sah sie mitleidig an. Yashamarus Mimik zeigte sich bestimmend, aber eine gewisse Wärme war zu erkennen. Baki saß dort mit verschränkten Armen und schaut sie mit strengen – aber auch nachdenklichen Blick an. Kitai räusperte sich und versuchte, verständlicher zu erklären. »Ist dein zuhause so groß wie unser Dorf hier?« Kae überlegte kurz. Dann nickte sie. »Ich denke schon. Ja.« Baki zog scharf die Luft ein, während Yashamaru sich nachdenklich die Stirn rieb. »Warum ist euer Vater nicht mit euch gekommen?«, fragte Baki schließlich. »Er hat gesagt, dass er aufpasst, das keiner hinterher kommt.«, antwortete Maze anstatt ihrer großen Schwester. Es war schließlich auch mal eine Frage, die sie beantworten konnte. »Würde denn jemand hinter euch her kommen wollen?« Die Schwestern sahen sich an. Dann sprach Kae. »Vielleicht. Aber Papa meinte, dass er das nicht glauben würde. Aber zur Sicherheit würde er da bleiben. Wenn sie in Ruhe gelassen werden, dann würden sie uns in Ruhe lassen.« Yashamaru sah mit ernster Miene zu Baki. Als würde er sagen wollen: »Da haben wir den Mist.« Baki hingegen tat so, als würde er es gar nicht merken. Ran sah nachdenklich auf dem Boden. Selbst Kitai saß mittlerweile mit ernster Miene da. Kae wurde langsam nervös. Sie sagte die Wahrheit - hatte aber das Gefühl, dass diese ihnen eher schadetet als half. »Bitte. Wir wollen keinen Ärger und niemanden schaden. Wir-« »Was ist mit dem Yureigan?«, unterbrach Yashamaru sie. »Du hast es?« Kae nickte. »Soll – soll ich es zeigen?«, fragte sie vorsichtig. »Ja.« Antwortete Baki schnell. »Aber mach keinen scheiß, okay?« Kae schloss die Augen. Nur eine Sekunde später wurde es eiskalt im Raum. Ran schlang ihre Arme um sich. Das Gefühl kannte sie nun schon. Diese Kälte und dieses beklemmende Gefühl auf der Brust, als würde man ersticken. Auch die anderen spürten das. Das sah Ran ihnen an. Nicht nur das es eiskalt wurde – so dass der Atem zu sehen war – es wurde außerdem totenstill im Raum. Kein Rauschen, kein ticken der Uhr, als wären alle Geräusche der Welt verschluckt worden. Nur ihren eigenen Herzschlag hörte Ran deutlich in ihren Ohren pochen. Dann öffnete Kae ihre Augen. Ran hielt sofort unbewusst die Luft an. Wieder lief ihr ein Schauer über den Rücken. Die weiße Lederhaut hatte sich tiefschwarz gefärbt. Die weiße Iris starrte ihnen allen direkt in die Seele. Sie schaute schweigend stur geradeaus. Ran zwang sich sie anzuschauen. Auch wenn diese Augen sie in Angst und schrecken versetzte. Auch den drei Männern ließ die Situation nicht kalt. »Heiliger-«, stieß Yashamaru erschrocken aus. Baki sagte nichts. Aber sein Puls raste. Kitai rutschte unruhig hin und her. Die Situation war ihm sehr unangenehm. »Und. Du-«, Yashamaru schluckte. »Du siehst-« »Geister.«, beendete Kae den Satz. »Auch hier?« Kae sah langsam Richtung Raumtür in den dunklen Flur. Dort stand eine schemenhafte Gestalt. Nur die Augen leuchteten im Dunkeln. Eine harmlose Erscheinung. Aber sie war da. Nur Kae konnte sie sehen – auch wenn alle ihrem Blick folgten. »Ja. Dort. Dort steht jemand und beobachtet uns.« Auf der Stelle verkrampften sich Bakis Hände, Ran schnappte nach Luft und Kitai und Yashamaru griffen instinktiv an ihre Kunai-Tasche. »Müssen wir etwas tun?«, rief Kitai erschrocken und schaute hektisch in den Flur. Doch er erkannte nichts. Kae schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist nur eine harmlose Erscheinung. Sie sind überall, wo wir sind. Egal wo. Ihr braucht keine Angst zu haben.« Ran rieb sich die Arme. »Naja, aber zu wissen, dass dort Jemand steht und uns beobachtet, ist auch nicht gerade prickelnd.« Nach einem kurzen Blinzeln war das Yureigan wieder verschwunden und ihre blauen Augen schauten sie wieder an. »Deshalb sieht man auch nur durch diese Augen, wenn man muss.« Ja, das konnte sich Ran gut vorstellen. Yashamaru schüttelte kurz kaum merklich den Kopf. Das Yureigan zu sehen, hatte ihn erschüttert. Jeden würde es erschüttern, wenn ein gruseliger Mythos plötzlich Wirklichkeit wird. Doch er musste sich zusammenreißen. Also atmete er einmal tief durch und fragte die Mädchen weiter aus. »Und du kannst die Geister als Waffe einsetzen?« »Ja.«, antwortete Kae. »Durch dass Yureigan kann ich das. Ich betrete dadurch ihre Ebene und kann mit ihnen Kommunizieren. Und wenn es gut läuft, kämpfen sie für mich.« »Was heißt das? Wenn es gut läuft?« »Geister mögen es nicht gesteuert zu werden. Ein Mensch wird zu einem Geist, wenn er unfreiwillig starb. Wenn er beim Sterben den tot nicht akzeptieren kann. Dann wird er zu einem Geist. Ein Geist ist also unfreiwillig da. Mich nehmen sie oft noch nicht ernst.« »Und wie würdest du es schaffen, dass sie dich ernst nehmen?« Kurze Stille unterbrach das Gespräch. Dann brach Kae wieder das Schweigen. »Dass weiß ich nicht. Wenn ich das wüsste, hätte ich nicht so viel Angst vor ihnen. Die Narben auf meinem Rücken-« Sie sah zu Ran, die nickte zögerlich, als hätte sie Angst vor dem, was Kae nun sagen wollte. »Sie sind zum Teil von meiner Mutter. Aber auch viele sind von Geistern.«, erzählte sie weiter. Maze schwieg die ganze Zeit über und knibbelte an ihren Fingern. »Maze hat das Yureigan nicht.«, wiederholte Kae. »In den Augen meiner Mutter ist sie wertlos. Deshalb sollte sie getötet werden.« Yashamaru nickte und sah kurz zu Maze. Ihre Blicke kreuzten sich kurz. Dann sah das Mädchen wieder auf ihre Finger. Yashamaru fuhr fort. »Ist deine Mutter eine wichtige Person bei euch im Clan? Also hat sie was zu sagen?« »Unsere Mutter ist dass Clan-Oberhaupt.« »Ach du scheiße.«, stieß Kitai aus. Baki schloss kurz entgeistert die Augen, während Ran und Yashamaru still dachten, dass diese Information die Sache nicht einfacher machen würde. Kae räusperte sich. »Es tut uns leid, wenn wir euch Angst gemacht oder euch verärgert haben. Das war nicht unsere Absicht. Wir-« sie sah zwischen Baki und Ran hin und her. »Wir suchen nur ein Zuhause. Ein zuhause wo wir sicher sind. Aber wenn das nicht geht – wenn wir nicht gut für euch sind - dann gehen wir wieder weg.« Wieder Stille. Die Erwachsenen schwiegen und dachten nach. Und dies endlose Sekunden lang – bis hin zu Minuten. Und die Kinder saßen dort und hofften. Auf eine Zukunft. Egal welche. Hauptsache eine sichere Zukunft. Schließlich war Ran die Erste, die wieder Worte fand: »Wärt ihr so lieb und geht nach oben in euer Zimmer? Wir... müssen uns kurz besprechen. Und dann reden wir mit euch darüber, okay?« Maze sah unsicher zu ihrer großen Schwester. Diese musterte Rans Gesicht, um eventuell jetzt schon irgendwelche Informationen ablesen zu können. Aber es gelang ihr nicht. Daher nickte sie leicht, sah zu Maze und sagte ruhig: »Na komm Maze. Wir gehen nach oben.« Die Schwestern standen auf und ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, gingen sie die Treppe hinauf. Als ihre Zimmertür ins Schloss fiel, atmeten alle tief durch, als hätten sie sich abgesprochen. »Das ist nicht gut.« Ran rieb sich die Stirn. »Mir gefällt das auch nicht.« Baki starrte auf dem Tisch, während er weiterhin die Arme verschränkt hielt. »Aber es sind nur Kinder die Zuflucht suchen. Wir können sie doch nicht einfach im Stich lassen! Wie wäre es, wenn wir den Kazekage hinzuziehen?« Brachte Kitai sich mit in das Gespräch ein. Doch Yashamaru schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Auf keinen Fall den Kazekage hinzuziehen.« Baki drehte verwundert den Kopf zu ihm und runzelte die Stirn. »Bitte? Vor einer halben Stunde hast du mich noch blöd von der Seite angemacht, warum ich nicht direkt Rasa alles gemeldet habe und jetzt redest du selbst so?« Auch Ran und Kitai schienen verwundert. Yashamaru lächelte ertappt und knetete seine Finger. »Ich habe auch bis vor wenigen Sekunden nicht geglaubt, dass es wirklich Kinder aus dem Ryu-Clan sind. Ich dachte, es wären Schwindler oder Spione, die euch um den Finger wickeln konnten.« Baki schnaufte beleidigt auf, doch Yashamaru ignorierte dies. »Das Yureigan... es ist furchteinflößender als gedacht.« Er machte eine kurze Pause und schien nachzudenken. Seine Kiefermuskeln zuckten dabei. »Ich weiß, was mit dem Ryu-Clan vor vielen Jahren passiert ist. Ich weiß, dass sie kein Mythos sind. Das waren sie nie.« Kitai, Baki und Ran sahen ihn an, als hätte er gerade gestanden, an einer tödlichen Krankheit zu leiden. »Na, dann hau mal raus.«, schnaufte Baki hervor. »Das geht nicht so einfach. Es ist geheim.«, sagte Yashamaru leise, als wäre er selbst nicht überzeugt das Geheimnis zu wahren. Ran schien entrüstet. »Wir haben da oben zwei große Geheimnisse sitzen. Und wir alle sind ein Teil davon. Ich denke, es wichtig, dass du uns erzählst, was du weißt.« Yashamaru mied ihren Blick und atmete tief durch. »Ich weiß«, sagte er schließlich. »Aber dies ist streng geheim. Ist das klar?« Die anderen nickten und Yashamaru begann zu erzählen. Auch wenn es ihm sehr schwer fiel.
Es wurde still in der kleinen Küche, in einem Haus am Rande von Sunagakure. Der Wind pfiff durch die klapprigen Fenster und selbst von draußen drangen keine Stimmen mehr hinein. Als wären die Straßen wie leer gefegt. Baki, Kitai und Ran starrten förmlich auf Yashamarus Lippen, als er begann zu erzählen. »Es gibt verschlossene Akten. Streng geheim und für niemanden zugänglich. Außer für den Kazekage natürlich. In diesen Akten ist alles Wichtige über die Machenschaften aller Kazekage dokumentiert. Mehr oder weniger ausführlich. Unter anderem gibt es dort Unterlagen einer Operation Namens: Blutmond.« Yashamaru sah einmal kurz jeden an, als würde er abchecken wollen, ob jemand schon mal etwas darüber gehört hatte. Dies war offensichtlich nicht der Fall gewesen, deshalb erzählte er weiter. »Wir alle kennen den Ryu-Clan aus dem Geschichtsunterricht. Ein wanderndes, singendes Volk geführt von Heilern und Medien. Ein Clan, der ein besonderes Dou-Jutsu besaß und mit Geistern kommunizieren konnte. Ihre Kräfte setzten sie gezielt für die Heilung gegen Krankheiten ein oder um Angehörigen von Toten Kraft und Trost zu spenden. Sie vertrieben ebenfalls böse Geister und reinigten somit Orte vor Unheil. Sie gelten als Clan von Sunagakure, weil ihr Ursprung aus dieser Gegend stammte. Ihre Lieder waren bis weit über die Grenzen bekannt und geliebt. Bis sie eines Tages plötzlich verschwanden. Niemand hat sie je wieder gesehen. Sie galten als ausgestorben. Von der Wüste verschluckt. Und so ähnlich, war es tatsächlich auch.« Yashamaru bekam eine Gänsehaut und schluckte. Er fühlt sich sichtlich unwohl. »Der Ryu-Clan ist nicht vor hunderten von Jahren ausgestorben. Er wurde vor ungefähr sechzig Jahren gnadenlos abgeschlachtet. Unter der Führung des Shodai Kazekage.« Yashamaru stockte der Atem. Doch er wusste, dass er sich zusammenreißen musste. »Der Ryu-Clan ließ sich hier nieder und bildete sich nicht nur in der Kunst des Heilens weiter, sondern brachten sie auch bei der Gründung der Shinobi ein. Die Kommunikation mit Geistern erwies sich auch als sehr rentabel im Kampf. Leider gibt es wenige oder nur sehr schlechte Berichte über diese Zeit. Teilweise gibt es über Jahre keine Berichte. Bis zur Operation Blutmond.« Yashamaru kratzte sich am Nacken und überlegte sich, wie er die nächsten Worte am besten formulierte. »Die Operation Blutmond beinhaltete nur ein einziges Ziel: Die Auslöschung des gesamten Clans. Egal wie und keine Ausnahmen.« Baki riss die Augen auf. »Sunagakure ist für das Verschwinden des Clans verantwortlich?« Yashamaru nickte. »Ein Genozid. Und er wurde durchgezogen.« »Auf welcher Grundlage?«, fragte Ran zu Recht. »Das wurde nicht richtig überliefert.«, antwortete Yashamaru. »Es ist die Rede von Ungleichgewicht in den Machtstrukturen. Von Manipulation und Ausnutzung der Seelen Toter. Der ethische und moralischer Grundsatz wurde in Frage gestellt. Der Ryu-Clan passte nicht mehr hinein und schien sich zu einer Gefahr zu entwickeln. Was genau damit gemeint war, ist leider nicht geschrieben. Es gab Verhandlungen über den Einsatz ihrer Kräfte. Das Yureigan bietet noch weitere Vorteile, als nur das Sehen von Geistern. Einen extrem scharfen Blick, der das Vorhersehen von Angriffen praktisch ohne Chakraverbrauch möglich machte. Das Kontrollieren von Menschen, ob tot oder lebendig wurde untersagt und eine Alternative wurde gesucht. Nun ratet mal, wann wohl die Geburtsstunde des Kugutsu-No-Jutsu war?« Kitai schüttelte ungläubig den Kopf. »Da haben uns die Geschichtsbücher auch was anderes erzählt.« Yashamaru zuckte mit den Schultern. »Ja, so ist dass. Warum es am Ende dann doch zu einem Genozid kam, ist unbekannt. Aber es muss seine Gründe gehabt haben. Aber das was mir auch Sorgen bereitet ist die Aufforderung des Shodai. Er verschriftlichte, dass jeder seiner Kage-Nachkommen dazu verpflichtet sei, sämtliche Verdachtsmomente eines aufkeimenden Ryu-Clans sofort zu unterbinden. Was mit unterbinden gemeint ist, könnt ihr euch ja denken. Und nun haben wir zwei hier sitzen. Wie aus dem Nichts. Und da draußen in der Dämonenwüste hat sich in Seelenruhe der Clan wieder aufgebaut. Wie auch immer sie das geschafft haben. Aber jetzt stellt sich mir die Frage: Was tun wir jetzt?« Kitai seufzte. »Die Mädchen wissen davon nichts.« »Oder sie Lügen und verschweigen es.« Brachte Baki mit ein. »Nein, das tun sie nicht. Sie haben die ganze Zeit nicht einmal gelogen. Das, was sie sagen ist wahr. Ihre Gefühle sind echt.« Kitai sah Baki direkt an. Dieser blickte auch zu ihm, als würde dieser mit ihm in einer völlig anderen Sprache reden. Kitai sprach weiter: »Wenn du angst davor hast, dass sie spionieren könnten und uns etwas verheimlichen, dann kann ich dich beruhigen. Dem ist nicht so.« Baki zog eine Augenbraue hoch. Was war denn mit Kitai los? »Aha?«, ließ er ungläubig von sich. Auch Ran sah so aus, als würde sie die Welt nicht mehr verstehen. Nur Yashamaru hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen und nickte. »Okay. Wenn du das so sagst, dann bin ich beruhigt.« Kitai lächelte zufrieden. Baki schüttelte verwirrt den Kopf. »Moment mal. Du machst uns hier die Hölle heiß und tischst uns hier die absolute Horrorgeschichte des Tages auf und sagst jetzt aber das alles super ist, weil Kitai das sagt?« Yashamaru sah ihn mit festem Blick an. »Ja.« »Was zum Teufel«, Baki wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand, und zeigte auf Kitai. »Als ich ihn trainiert habe, musste ich ihm erklären, wo beim Kunai vorne und hinten ist.« Kitai grinste amüsiert, was ihn nur noch wütender machte. »Der Junge ist gerade erst Chu-Nin geworden!« »Offiziell.«, berichtigte Yashamaru ihn. »Wie offiziell? Was ist denn nicht offiziell?« Kitai holte Luft, um zu antworten. »Ich kann genau spüren ob Jemand lügt oder die Wahrheit sagt. Und auch, ob jemand etwas Wichtiges verschweigt. Es ist nicht immer einfach aber hier bin ich mir sicher. Außerdem bin ich ein Mitglied der Anbu-Einheit.« Die letzte Information sagte er so plump, als wäre sie nichts. »Bitte was?« Baki fiel alles aus dem Gesicht, während er dem jungen Kitai ansah. Dieser lächelte. Nicht überheblich oder Ähnliches. Einfach wie Kitai. Eher ein Kind als ein Erwachsener aus der Anbu-Einheit. »Du kannst ihm Vertrauen.«, bestärkte Yashamaru ihn. »Tz!«, stieß Baki empört aus. »Hat noch jemand krasse Neuigkeiten auf Lager? Wenn wir gerade dabei sind verborgene Existenzen und Gruselgeschichten auszupacken, dann-«, »Wir sollten uns lieber wieder auf die Schwestern konzentrieren.«, unterbrach Ran ihn, obwohl auch sie einen kurzen, überraschten Blick zu Kitai warf. »Was machen wir mit den Mädchen?« »Moment. Ich habe noch eine andere Frage.«, rief Baki schnell und wandte sich wieder Yashamaru zu. »Woher weißt du das alles? Du bist zwar Rasas rechte Hand aber so eine Plaudertasche ist er nun auch wieder nicht.« Yashamaru nickte. »Das stimmt.«, gab er ihm recht. »Ursprünglich wurde ich angehalten, mit ihm zusammen weitere Informationen über... für seine Pläne zusammenzutragen. Die Pläne die seine Kinder betreffen. Es war eher ein Zufall, dass ich auf diese Schriftolle, mit den Innenschriften stieß. Sie war ganz unscheinbar. Nur in Schwarz gehalten. Das Pergament war grob verarbeit. Und der Geruch war moderig. Ich dachte im ersten Moment, dass diese Schriftrolle nichts Interessantes zu verbergen haben kann. Aber ich habe mich geirrt. Allerdings hätte ich nie gedacht, dass dieses Wissen uns irgendwann von Nützen sein könnte.« Baki sagte nichts. Mit der Antwort schien er zufrieden zu sein. Dann räusperte er sich schließlich. »Okay. Legen wir also die Fakten auf dem Tisch. Würden wir die Kinder Rasa melden, würde er sofort den nächsten Genozid los treten?« Yashamaru nickte, auch wenn er dabei betroffen aussah. »Davon gehe ich aus. Außerdem würden auch die Mädchen getötet werden.« Baki sprach weiter: »Der Ryu-Clan scheint aber auch nicht gerade friedlich gestimmt zu sein. Das die eigene Mutter ihr Kind töten will und diese deshalb flüchten müssen, ist kein gutes Omen.« Die anderen schüttelten den Kopf. »Daher stellt sich die Frage:«, Baki stockte kurz – beschloss, es aber doch auszusprechen. »Ist dies unser Problem?« Die Frage klang hart und Ran sah ihn so geschockt und entrüstet an, als würde sie ihm gleich die Augen auskratzen wollen. Allerdings kniff sie dann nur ihre Augen zusammen. Sie verstand, was er meinte. »Rein aus politischer Vernunft heraus: Nein, es ist nicht unser Problem.« Sie rieb sich die Stirn und seufzte. »Aber aus moralischer Sicht: Wir haben hier zwei Kinder, die einfach nur eine Zuflucht suchen. Helfen wir ihnen nicht, ist dies ihr sicherer tot. Das kann ich mit meinen Gewissen nicht vereinbaren und auch mein Herz sagt, dass diese Mädchen eine Chance verdient haben. Wenn einer von euch aus der Sache aussteigen möchte, dann kann er dies tun. Ich zwinge niemanden, mich dabei zu unterstützen und dadurch selbst seinen Kopf hinhalten zu müssen. Ich verstehe das und bin auch nicht sauer. Also, möchte jemand aussteigen?« Sie blickte fragend in die Runde. Erst zu Kitai, der energisch mit dem Kopf schüttelte. »Ich habe die Beiden gefunden und fühle mich alleine deshalb schon verantwortlich. Ich stecke da ganz tief mit drin. Aber es ist absolut in Ordnung.« Ran nickte ihm dankend zu und sah zu Yashamaru. Dieser nickte ebenfalls als Zeichen, dass er auch weiterhin dabei bleiben würde. Dann sah sie zu Baki. Dieser erwiderte kurz ihren Blick, woraufhin er tief seufzte. »Was soll ich machen? Ich könnte eh nicht mehr ruhig schlafen, wenn ich weiß, was hier abgeht. Da bin ich lieber dabei und halte selbst mit die Hand drüber.« Er zuckte mit den Schultern und Ran lächelte leicht. Dann sprach sie nochmal zu allen: »Ich danke euch. Das bedeute mir viel. Ich bin auch bereit die Mädchen aufzunehmen.« Kitai atmete erleichtert aus, woraufhin Yashamaru reagierte. »Wir können uns noch nicht ausruhen. Dem Kazekage müssen wir die Ankunft der Mädchen berichten. Sie müssen ein normale Bewohner unseres Dorfes werden. Deshalb ist jetzt unsere Kreativität gefragt. Wir müssen uns eine neue Vergangenheit der Mädchen ausdenken.«
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| Kapitel: | 5 | |
| Sätze: | 1.633 | |
| Wörter: | 14.459 | |
| Zeichen: | 82.521 |