Ich, Du oder Er? Thema Erzählperspektiven
Hallo zusammen!
In einem Vorstellungshread hier wird gerade ein wenig über Erzählperspektiven diskutiert und da ich es eh vor langer Zeit schon mal überlegt habe, dazu einen Thread zu starten, tue ich es einfach jetzt. Mich würde mal interessieren, was eure bevorzugte Erzählperspektive ist, beim Schreiben und beim Lesen.
Persönlich bevorzuge ich inzwischen den personalen und multipersonalen Erzähler, weil der einerseits erlaubt, recht nah bei der Figur zu bleiben, andererseits aber auch genügend Spielraum für den eigenen Tonfall bietet. Dieses Verhältnis aus Nähe und Distanz sagt mir sehr zu.
Im besagtem Thread war auch die Ich-Perspektive in Diskussion. Die finde ich dagegen schwierig. Nicht, dass ich Ich-Form grundsätzlich nicht mag, aber es sind einige Hürden zu meistern. Viele Schreibanfänger (auch ich früher) schreiben in Ich-Form, vermutlich auch weil es den Alltagserzählungen so ähnlich ist. Aber eine gute Geschichte in Ich-Form muss den Erzählcharakter sehr genau kennen und vorallem seine Denkweise gut imitieren können, so dass der Text wirklich wie vom Charakter verfasst klingt. Gerade Schreibanfänger schreiben aber eher in ihrer eigenen Perspektive, was mir taurigerweise schon die eine oder andere Geschichte verleidet hat. Wenn ein Außenstehener über einen verkopften Chemie-Professor schreibt, für den sein Beruf Beruf ist,, kann ich eine eher einfache Sprache ohne viele chemische Fachbegriffe akzeptieren. Schreibt der Professor aber selbst, würde ich das aber erwarten, denn das gehört mit zu seiner Charakterisierung.
Zum allwissenden Erzähler möchte ich nichts sagen. Aber Was ich für Rätselplots, Mystery und Ähnliches ganz spannend finde, ist der neutrale Erzähler, das Gegenstück zum allwissenden Erzähler. Also eine Erzählperspektive, die nur von außen beobachtet und keinen Zugang zu dem Innenleben irgendeiner Figur hat. Die Herausforderung hier ist, dass der neutrale Erzähler ein massives Show erfordert und die Kunst, viel zwischen den Zeilen zu erzählen. Gut gemacht kann das sehr interessant sein. Allerdings nur für besagte Richtungen. Bei charakterzentrierten Genres, wie z.B. Romanze, würde er mich vermutlich kirre machen. Da will ich die Innenperspektive mindestens einer Figur sehen.
Und was man fast nur im Internet findet, ist die Du-Form. Die finde ich interessant, habe allerdings noch zu wenig Erfahrung damit, sowohl in lesender als auch in schreibender Weise. Beim Lesen ist aber eine ganze massive Hürde, vom Text falsch angesprochen zu werden. "Du konntest heißen Badboys mit Sixpack noch nie widerstehen und so ein Babyface-Softie käme dir nie in die Tüte" - bei solchen Textpassagen kräuseln sich mir die Fußnägel, weil - das bin nicht ich, die da beschrieben wird. Als kurze Sequenzen ala "Du hast die und die Sinneseindrücke, während du das und jenes tust" finde ich sie sehr eindrücklich und noch mitnehmender als die Ich-Perspektive. Was das Schreiben angeht, gibt es ein paar Pairings, die mir in letzter Zeit gehäuft in Du-Perspektive geraten. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht will ich ihnen damit sagen, endlich mal ihre Scheuklappen abzunehmen.
Soweit jedenfalls zu mir. Jetzt seid ihr dran. Erzählt doch mal: Wie ist es bei euch?