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Kapitel: | 2 | |
Sätze: | 145 | |
Wörter: | 1.944 | |
Zeichen: | 11.402 |
Schnitzer: Snapes Kerzenbüro statt Snapes Kerkerbüro
Sie nannten ihn zynisch. Sie nannten ihn kalt. Sie nannten ihn hinterlistig und gemein. Jemand, der Schüler zum Spaß tyrannisierte, der Gefallen daran fand, seine Versuchstiere zu quälen, der die ganze Welt hasste und weder Gefühle noch Wärme kannte. Oh, sie hatten ja sowas von keine Ahnung, seine wundervollen Kollegen.
Mit einem grimmigen Lächeln schlug Severus die Mappe mit den Pergamentrollen dieser Dilettanten von Zaubertrankschülern zu und stieß seine Korrekturfeder zurück ins Fass mit der roten Tinte. Die Zeiger der Uhr in seinem Rücken wanderten lautlos auf die Zwölf. Mitternacht. Feierabend. Severus‘ Lächeln weichte auf, ein Funke von Zufriedenheit mischte sich hinein, nur ein Funke. Seine Stunde hatte begonnen.
Mit einem Schlenker seines Zauberstabs flogen die Mappe und das Tintenglas vom Pult, verstauten sich von selbst im Regal und in der aufgesprungenen Schreibtischschublade. Dann, als alles aufgeräumt war, schnickte Severus ein zweites Mal den Zauberstab. Und so begann sie, die große Verwandlung. Das allnächtliche Ritual. Severus‘ kleines Geheimnis, seine Leidenschaft, der er frönte, wenn alle schliefen und niemand ihn überraschen konnte. Die Kerzen auf dem Kandelaber, die ihm bei seinen Korrekturen Licht gespendet hatten, lösten sich aus den Fassungen, begannen zu schweben. Bald hatten sie sich im Raum verteilt, tauchten nun Wände und Regale voller Einmachgläser und Zaubertrankflaschen in schummriges Licht. Severus beobachtete ihren Flug mit traurigen, sehnsuchtsvollen Augen. Ach wie sehr liebte und hasste er das flackerende Kerzenlicht, die Halbdunkelheit, die Schatten an den Wänden. Wie sehr liebte und hasste er die Erinnerungen, die zwischen Licht und Dunkelheit aufstiegen, das wohlige Erschauern, die Gänsehaut, die Wehmut, das süße Gift der Melancholie.
„Geminio“, flüsterte Severus mit sachte erhobenem Zauberstab. Und wo gerade noch fünf Kerzen dahinzogen, schwebten nun zehn. Noch ein Flüstern, noch ein Zittern des Zauberstabs und bald waren es zwanzig, dann vierzig und am Ende achtzig schneeweiße Kerzen, die das Kellergewölbe bevölkerten. Severus lächelte schmerzlich, während es um ihn immer heller wurde. Bald glich sein Büro der Decke der Großen Halle. Der Großen Halle, in der der sprechende Hut einst die erste Weiche gestellt hatte, um ihre Wege zu trennen. Und noch immer sah er ihr Gesicht vor sich. Je heller das Licht, umso klarer waren die Züge. Das Gesicht eines elfjährigen Mädchens. Mit schweren Lidern, müden Augen ließ Severus sich wieder auf seinem Stuhl hinter dem Pult nieder.
„Accio Elfenwein“, rief er und ein Rumpeln und Scheppern ging durch sein Vorratsregal. Gut versteckt hinter schweren Glaskanistern schob sich eine halbleere, elegante Weinflasche hervor und flog herab zum Pult, ergoss sich in ein schmuckloses, altes Weinglas. Zögerlich nippte Severus daran, spürte, wie der Alkohol in seinem Mund brannte, während er weiter hinauf in das Meer der Lichter starrte. Während er weiter in ihr Gesicht blickte, das seine Erinnerung als schwebende, blasse Erscheinung zwischen das Flackern malte. Das Flackern, das vor seinen tränenfeuchten Augen verschwamm. Ach, wie schön wäre es, wenn sie wieder hier wäre. Wenn er mit ihr zusammen nur noch einmal das Feuer unter einem Zaubertrankkessel entzünden könnte und den gleichen warmen Schein auf ihren Sommersprossen gespiegelt sähe. Kein Liebesbekenntnis, keinen Kuss, noch nicht einmal ihre Hand in seiner. Sondern nur ihr Lächeln sehen dürfen. Lebendiges Lächeln. Lebendig….
Sie wird nie wieder lächeln. Verlöscht wie eine Kerze im Wind. Tot. Die Tränen tropften von der Hakennase, als Severus‘ Blick sich wieder klärte, als er die einzelnen Lichter wieder voneinander unterscheiden konnte. Er lächelte noch immer – gequält. Doch das Licht tröstete ihn, irgendwie. Sponn ihn ein wie eine Raupe in ihrem Kokon. Kerzenschein - es war das einzige, was ihm ein wenig Hoffnung gab in dieser Finsternis, die sein Leben war. Candlelightdiner und Grablicht. Wie nah die Dinge doch beieinander lagen. Nachdenklich beobachtete Severus das schimmernde Meer, während er den letzten Tropfen Elfenwein trank. Beobachtete die Schatten an den Wänden, die ein wenig an spielende Kinder auf einem Spielplatz erinnerten, beobachtete die Gewölbedecke, die etwas von der Großen Halle hatte. Hier in seinem Kerkerbüro. Oder war es eher ein Kerzenbüro? Severus lächelte - sehnsuchtsvoll, traurig, melancholisch, wehmütig. Wer wusste das schon in den verschwimmenden Lichtern. Lichter, die langsam, ganz langsam versiegten. Wie jede Nacht zwischen zwölf und eins.
Sie nannten ihn zynisch. Sie nannten ihn kalt. Sie nannten ihn hinterlistig und gemein. Jemand, der weder Gefühle noch Wärme, Romantik noch Liebe, Sehnsucht noch Schmerz kannte. Oh, sie hatten ja sowas von keine Ahnung, seine wundervollen Kollegen.
Schnitzer: Weasley ist unser Kind statt Wealey ist unser King
Es war heiß in der engen Kabine hinter dem geschlossen Tor, das hinaus zum Quidditchfeld führte. Die rot-goldenen Trikots klebten an den Körpern der Spieler, die dicht zusammengedrängt und hochkonzentriert auf den Anpfiff warteten. Ron schwitze. Doch nicht wegen der gestauten Hitze in der Kammer. Er war die Angst, die ihn den Schweiß auf die Stirn trieb. Die Angst, die seinen Puls in die Höhe schießen ließ und seine Knie in Butter verwandelten. Die Angst vor dem Versagen. Die Angst davor, die geschickten Quaffel der Ravenclaws nicht halten zu können. Die Angst davor, Gryffindor in den Ruin zu treiben. Nervös umklammerte Ron den Besen, warf Ginny einen flüchtigen Blick zu und biss sich auf die Lippen. Da war es: das Startsignal.
Er schoss mit dem Besen in die Höhe, weit hoch zu den Ringen. Ein Blick über die Ränge. Oh gut, Harry und Hermine waren da. Vielleicht würden sie ihm helfen, seine Aufregung in den Griff zu bekommen. Bloß nicht zu den Slytherins schauen! Das hatte er sich immer wieder vorgesagt: Schau bloß nicht hin. Hör nicht auf ihren Schlachtruf! Doch wie sollte man dieses Gegröhle überhören?
Oh nein, die Ravenclaws rückten vor, sie kamen näher. Der Quaffel - DER QUAFFEL
Durch!
Ron starrte entgeistert den Ring an. Er konnte es nicht glauben! Nein, das durfte nicht wahr sein. Er hatte es doch gewusst. Er hatte es kommen sehen! Er war ein Versager. Ein Versager!
Verzweifelt riss Ron den Kopf herum zur Tribüne, zu Harry und Hermine, die einzigen, die ihm jetzt helfen konnten. Doch sie waren nirgendwo zu sehen! Nein, sie hatten ihn verlassen! Seine Freunde hatten ihn verlassen! Sie waren gegangen, um sich dieses Drama nicht anzusehen.
Ron fühlte sich so elend wie noch nie in seinem Leben. Er war verlassen, ganz allein, der größte Versager Gryffindors, eine Witzfigur. Und die Slytherins gröhlten und jubelten und sangen ihren Spott über ihn.
Weasley fängt doch nie ein Ding,
Schützt ja keinen einz'gen Ring,
So singen wir von Slytherin:
Weasley ist unser King.
Weasley ist dumm wie 'n Plumpudding,
Lässt jeden Quaffel durch den Ring,
Weasley sorgt für unsern Gewinn,
Weasley ist unser King.
Weasley ist unser King,
Weasley ist unser King,
Lässt jeden Quaffel durch den Ring,
Weasley ist unser King.
Ron mochte sich die Ohren zuhalten. Er konnte es nicht ertragen, noch mehr gedemütigt zu werden! War es nicht genug, dass er Ravenclaw ein Tor geschenkt hatte? Doch was war das?
Auf einmal hörte Ron zwei andere Stimmen im Chor der Slytherins, eine männliche und eine weibliche. Vertraute Stimmen, geliebte Stimmen. Die Stimmen seiner Eltern. Und sie sangen! Ja, sie sangen gegen die Slytherins an. Mit ihrem eigenen Lied:
Weasley fängt euch jedes Ding,
Schützt als Mauer alle Ring‘,
Hüt‘ euch wenn wir bei ihm sind:
Weasley ist unser Kind.
Weasley ist stark wie 'n Hippogreif,
Lässt keinen Quaffel durch den Reif‘,
Mit Weasley Gryffindor gewinnt:
Weasley ist unser Kind.
Weasley ist unser Kind,
Weasley ist unser Kind,
Gryffindor heut‘ gewiss gewinnt,
Weasley ist unser Kind.
Überrascht riss Ron erneut den Kopf herum, flog ein Stück auf die Tribünen zu, um besser sehen zu können. Da waren sie! Sie standen direkt neben Professor McGonagall, die ein wissendes Lächeln aufgesetzt hatte und winkten ihm zu.
„Du schaffst das, Junge. Wir glauben an dich! Los jetzt!“ rief sein Vater und hielt den Daumen hoch. Und seine Mutter wedelte mit einer Fahne in Gryffindorfarben und den eingestickten Initialen: RW – Ron Weasley. Und darunter eine umkränzte Eins!
Ron blinzelte für eine Sekunde ungläubig, dann lächelte er und winkte wild zurück. Er riss den Besen herum und rauschte wieder zurück zu den Ringen. Noch war das Spiel nicht entschieden. Und er würde alles geben. Er würde Ravenclaw nicht die kleinste Chance geben, noch einmal an die Ringe heranzukommen.
„Weasley fängt doch nie ein Ding“, gröhlten die Slytherins noch immer. Doch Ron hörte ihre Worte nicht mehr. Nur zwei Sätze drangen in seinen Kopf, hämmerten auf ihn ein wie Klatscher, der einen von der Seite traf.
„Mit Weasley Gryffindor gewinnt: Weasley ist unser Kind.“
Hochkonzentriert sprach Ron die Worte wie ein Mantra, während er mit Adleraugen nach vorne blickte, auf den Quaffel, der auf ihn zuschoss. Eine Sekunde noch, dann ein Ruck mit dem Besen und -
Ron hatte den Ball gehalten. Er hatte ihn gehalten! Wirklich gehalten! Die Gryfindors klatschen und ihr Applaus wollte nicht mehr verstummen.
Als Ron am Ende des Spiels auf den Rasen sank - als Gewinner, als Gewinner! – dröhnte das Stadion vom Jubelgeschrei. Eine ausgelassene Meute siegestrunkener Gryffindors stürmte aufs Feld, erdrückte ihn fast und trug ihn als ihren Helden unter Lobgesängen davon.
Ehe sie das Stadion verlassen hatten, blickte Ron noch einmal auf in die Ränge, hoch zu Professor McGonagall und zu seinen Eltern. Arthur und Molly strahlten, applaudierten und winkten ihren Sohn hinterher. Ron konnte sich nicht erinnern, in den letzten Monaten jemals so glücklich gewesen zu sein wie in diesem Moment. All seine Nervosität, all seine Ängste waren in der Sekunde gestorben, als er wusste, dass sie im Publikum waren.
„Danke, Mum! Danke, Dad!“, rief er so laut wie möglich zu ihnen hinauf, auch wenn er wusste, dass sie ihn durch den Lärm nicht hören konnten, „Danke!“
„Mann, ohne die hät‘ ich das heute echt nicht gepackt“, flüsterte er später Ginny auf der Feier im Gryffidorturm zu, ehe Harry und Hermine wieder auftauchten, „Das war echt ne Überraschung. Wer sie wohl eingeladen hat? Ich hab Mum und Dad gar nichts vom Match erzählt und auch nicht von naja du weißt schon.“
Ron errötete und Ginny biss sich auf die Lippen.
„Ähm, Also wenn du es genau wissen willst, Ron, bin ich glaub ich daran schuld. Okay, ich hab McGonagall von der Sache erzählt, weil naja ich dachte halt, sie könnte uns vielleicht helfen. Und ich glaube, die hat dann eine Eule nachhause geschickt. Bist du mir jetzt böse? “
Ron starrte seine Schwester an. Für einen Moment fühlte er sich tatsächlich von ihr hintergangen, dass sie etwas so Intimes, so etwas Peinliches ausgeplaudert hatte. Doch dann hörte er den Chor seiner Mitschüler, die noch immer lauthals „Weasley ist unser King“ grölten und ihre Krüge auf ihn hoben. Und Ron musste lachen.
„Komm, du Verräterin von Schwester. Ich glaube, es ist Zeit, mit einem Butterbier darauf anzustoßen“
Er nahm ihre Hand und zog sie pfeifend in die feiernde Menge zurück.
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Kursiv-Text: J.K. Rowling - Harry Potter und der Orden des Phönix
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