Izuna wünschte sich ganz weit weg. Dabei war dieser ganze Kram hier nur für ihn ausgerichtet worden, jetzt, wo er erwachsen war.
Er kniete an der Seite seines Vaters an der langen Tafel und wich den Blicken aller aus. All die angesehenen Krieger des Clans waren versammelt, alte vernarbte Männer und nicht eine einzige Frau unter ihnen und Izuna hatte sich noch nie so fehl an seinem Platz gefühlt. Sie alle gratulierten Tajima, was für ein ausgesprochen talentierter Shinobi sein Sohn doch sei, dass er mit gerade einmal zwölf Jahren sein Sharingan erweckt hatte.
Ich bin kein Sohn!, wollte Izuna ihnen ins Gesicht schleudern. Und schon gar nicht bin ich sein einziges Kind.
Aber er blieb still, schob lustlos sein Essen in seinen Schalen umher und schielte zu Madara. Big Bro saß nicht einmal an der Seite ihres Vaters sondern war einige Sitze weiter verbannt worden, wo er schweigend vor sich hin starrte und ebenso wenig Appetit zu haben schien wie Izuna.
Ein Jahr war das nun her und noch immer traute Tajima seinem ältesten Sohn nicht über den Weg. Wie ungerecht das doch war! Ja, Madara hatte sich einen Fehltritt erlaubt, und ja, das war keine Kleinigkeit gewesen. Nicht so, wie die Streiche, die Izuna manchmal spielte. Izuna war wütend gewesen und dann hatte er Angst, dass er seinen einzigen noch lebenden Bruder ebenfalls verloren hatte. Jetzt wusste er nicht, wie er seinen Bruder wieder haben konnte. Oder ob er es sich nicht vielleicht für immer mit ihm verscherzt hatte.
Es war Izuna gewesen, der ihn verpfiffen hatte.
Tajima ließ sich von seinen Männern beweihräuchern. »Zwölf Jahre ist mein Junge und hat schon sein Sharingan«, tönte er gerade, befeuert vom Alkohol. »Kaum jemand war jünger.«
Izuna zuckte innerlich zusammen, als er ein Junge genannt wurde. Es tat weh.
»Hier, trink, mein Sohn. Jetzt bist du erwachsen!« Tajima schenkte Izuna Sake nach.
Izuna rang sich ein Lächeln ab, auch wenn er fürchtete, dass es mehr eine Grimasse wurde, und würgte sich einen winzigen Schluck des bitteren Alkohols hinunter. Die Männer am Tisch jubelten ihm zu. Madara starrte immer noch schweigend auf sein Essen.
»Izuna, mein Sohn, jetzt, wo du ein vollwertiges Mitglied unseres Clans bist, habe ich etwas besonderes für dich«, eröffnete Tajima und deutete auf den Rüstungsständer hinter ihnen.
Izuna war es gleich ins Auge gefallen, als sie die Festhalle betreten hatten. Er hatte sich gefragt, warum jemand ein vollständiges Rüstungsset mit Katana und Wakizashi hier aufgestellt hatte. Als simple Dekoration wirkte es irgendwie fehl am Platz. Er machte große Augen, als er begriff.
»Für mich?«, fragte er ungläubig und konnte doch nicht verhindern, dass er sich darüber freute. Nur wer ein Sharingan besaß, durfte auch Waffen und Rüstungen sein eigen nennen. Bisher hatte sich Izuna immer mit geliehener Ausrüstung begnügen müssen.
Tajima nickte gönnerhaft. »Für dich. Madara, komm her und hilf deinem Bruder beim Anlegen seiner neuen Rüstung.«
Erst jetzt sah Madara auf. Er machte ein finsteres Gesicht, kam aber dennoch dem Befehl seines Vaters nach. Izuna trat mit ihm zu dem Rüstungsständer und wurde ein bisschen nervös, als er die Blicke aller auf sich ruhen fühlte. Dann mischte sich unter die Nervosität auch Schuld, als Madara ihn beim Anlegen der Rüstungsteile half. Madara hatte sein Sharingan letztes Jahr erhalten, in jenem alles verändernden Moment auf dem Fluss, als sie diesem Senju-Abschaum gegenüber getreten waren. Vater hatte auch ihm eine Rüstung und Waffen gegeben, doch weder hatte er für ihn ein Fest ausrichten lassen, noch hatte er seinen Stolz anklingen lassen, wie er es nun bei Izuna tat. Dabei hätte es Madara genauso verdient. Als Tajima ihm Rüstung und Schwerter überreicht hatte, hatte es beinahe widerwillig gewirkt.
»Au«, jammerte er leise, als Madara ihm die Brustplatte etwas gröber über den Kopf zog, als er vielleicht gemusst hätte.
»Jammer nicht wie ein Baby, du bist doch jetzt erwachsen«, frotzelte Madara leise genug, dass es nur Izuna hörte.
Izuna wollte ihm die Zunge rausstrecken, aber dann besann er sich, wo er war, und hob es sich für später auf.
Das Gewicht des Metalls an seinem Körper war ihm nicht fremd, aber nun trug er es in dem Wissen, dass es seins war, und das war etwas völlig anderes. Ganz entgegen dem, was er erwartet hatte, fühlte er sich leicht und beschwingt. Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
Madara setzte ihm den Helm auf und klopfte dann auf das Metall, sodass es laut schepperte.
»Hey!«, protestierte Izuna.
»Klingt hohl«, stellte Madara fest.
Das Bedürfnis, ihm die Zunge herauszustrecken, wurde übermächtig. Izuna zog eine Grimasse.
»Warte nur, bis die alle besoffen unter den Tischen liegen, dann zeig ich dir was«, wisperte Madara leise genug, dass nur Izuna ihn hören konnte.
Izunas Augen leuchteten auf, doch dann brachte er seine Mimik schnell wieder unter Kontrolle, damit niemand etwas merkte.
Das Hochgefühl verflog jedoch schnell, als Izuna zu seinem Platz zurückkehrte und sich mit einem mal so ungelenk und beengt fühlte. So eine volle Rüstung war definitiv nichts, das man bei einem Festessen trug. Tajimas Männer beglückwünschten ihn jedoch und er presste sich ein Lächeln heraus.
Tajima klopfte ihm auf die Schulter, sodass Izuna beinahe vorn über viel. »Gut siehst du aus, mein Sohn!«
Izuna rang sich ein Lächeln ab. »Ich danke dir vielmals, chichi-ue. Das ist eine große Ehre.«
»Es ist meine Ehre, solch einen talentierten Sohn zu haben. Ich bin stolz auf dich, Izuna.«
Izuna spürte Madaras verletzten Blick auf sich ruhen und konnte sich einfach nicht über das Lob freuen.
Aber Big Bro ist so viel besser als ich. Sei auch auf ihn stolz. Doch das sprach Izuna nicht aus.
Man trank und lachte, ohne Izuna oder Madara weiter groß Beachtung zu schenken. Eigentlich hätte es sich an diesem Abend um Izuna drehen sollen, aber schlussendlich stand wieder einmal sein Vater im Mittelpunkt und genoss die Lobhudelei seiner Männer.
Was nur wollte Madara ihm zeigen? Izuna konnte es gar nicht schnell genug gehen, von hier fortzukommen und vielleicht endlich wieder einmal Zeit mit seinem Bruder zu verbringen. Das hatten sie in letzter Zeit so selten getan! Er vermisste es schmerzlich.
Die Stimmung wurde immer ausgelassener, erst lauter und dann immer leiser, als mehr und mehr der Alkohol obsiegte. Als schließlich die meisten gegangen waren oder betrunken an den Tischen lagen, bedeutete Madara seinem kleinen Bruder, ihm zu folgen. Izuna grinste und schlich ihm nach. Auch wenn er mit der Rüstung nicht wirklich schleichen konnte.
»Du schepperst wie eine Blechdose«, frotzelte Madara.
Nun endlich konnte Izuna ihm die Zunge rausstrecken. »Na und? Das ist jetzt meine!«
»Willst du in der auch schlafen? So ein Katana ist ja wirklich flauschig.«
Izuna schlug nach ihm. »Du bist gemein, Big Bro. Hör auf, mich zu ärgern und sag mir lieber, was du mir zeigen willst.«
»Sei doch froh, du bist jetzt Vaters Lieblings.«
Da war Bitterkeit in Madaras Stimme. Es versetzte Izuna einen Stich.
»Ausgesucht hab ich‘s mir nicht!«, protestierte er.
Madara sagte nichts dazu und führte ihn nur schweigend durch das Haus. Izuna versuchte sich abzulenken, indem er überlegte, was Madara ihm zeigen wollte. Bestimmt irgendein Geheimnis, er wusste, wie sehr Izuna Geheimnisse liebte. Vielleicht hatte Tajima ja etwas vor ihnen zu verbergen und Madara hatte es gefunden? Was konnte es sein? Ein besonders kunstvoll geschmiedetes Katana vielleicht? Tajima war für seine Schwertkunst bekannt und hatte eine Leidenschaft für Waffen. Das war es überhaupt, was ihn zum Anführer gemacht hatte.
Doch ihr Weg führte sie nach draußen in die Nacht. Madara vermied die erleuchteten Straßen ihrer Siedlung und Izuna gab sich Mühe, ihm möglichst leise zu folgen. Vielleicht hätte er seine neue Rüstung doch für einen Moment aus der Hand geben sollen, überlegte er. Aber nein. Das würde so schnell nicht passieren.
Sie verließen die Siedlung und jetzt wurde es richtig spannend. Das letzte Mal, als Madara das gemacht hatte, war er allein gegangen und hatte nicht einmal Izuna etwas gesagt und das war in einer Katastrophe geendet. Aber jetzt nahm er Izuna mit und das war etwas ganz anderes! Vielleicht hatte er ja seinen großen Bruder ja doch wieder. Aufgeregt folgte Izuna ihm.
Es war Sommer und die Nächte waren mild. Eigentlich reichte ein leichter yukata völlig aus, aber Izuna weigerte sich trotzdem, seine neue Rüstung abzulegen, selbst wenn er dafür einige Spitzen Madaras ertragen musste. Das nahm er gern in Kauf!
Madara führte ihn ein ganzes Stück fort von der Siedlung und schmettere jede Frage danach ab, wohin er Izuna brachte. »Wenn ich‘s dir sage, ist es ja keine Überraschung mehr! Aber vielleicht schmeiß ich dich ja auch einfach in eine Schlucht und bin dich dann endlich los.«
»Das würdest du nie tun, Big Bro!«, protestierte Izuna.
»Sei dir da mal nicht so sicher, du kleine Kröte.«
»Ich bin immer noch dein kleiner Bruder, und zu seinen kleinen Brüdern ist man immer nett. Das hat Mutter mal gesagt.«
Vielleicht hätte er ihre Mutter nicht erwähnen sollen. Izuna konnte die Erinnerungen, die er an sie hatte, an einer Hand abzählen, aber daran erinnerte er sich noch.
Madara fuhr mit einem wütenden Knurren zu ihm herum. »Du bist ein kleiner Scheißer, der alles kaputt machen muss! Toll für dich, wie chichi dich jetzt in den Himmel lobt, weil du sein perfekter kleiner Soldat bist. Freu dich! Genieße es, so lange es noch anhält, aber wehe, du kommst dann zu mir gekrochen und heulst rum, wenn er es sich anders überlegt!«
»Denkst du, ich hab mir das ausgesucht!«, schrie Izuna zurück. »Denkst du, ich find das in Ordnung, wie er dich behandelt! Weißt du, warum ich das gemacht hab? Weil ich Angst um dich hatte! Und anscheinend hatte ich ja Recht. Dieser Junge ist ein Senju! Der wollte dich nur ausnutzen, um dir zu schaden.«
»Hashirama hätte niemals …!« Doch dann unterbrach sich Madara selbst. Sein Gesicht wurde eine Maske. »Vielleicht hast du ja Recht.«
Izuna stutzte. Dieser Umschwung war sonderbar. Das sah Madara gar nicht ähnlich. »Big Bro?«
»Komm jetzt, sonst verpassen wir es.«
Die ganze Aufregung ihres kleinen Ausfluges war verflogen. Schweigend trottete Izuna Madara hinterher. Es stimmte, was er gesagt hatte, er hatte sich um Madara gesorgt. Aber er war auch wütend gewesen und irgendwie war er es immer noch. Seit damals nagte dieses Gefühl an ihm und er konnte es einfach nicht wirklich vertreiben. Er mochte es nicht. Er wollte doch nur seinen Big Bro wieder haben.
Mittlerweile hatte Madara ihn ein ganzes Stück von der Siedlung fortgeführt und zu einem kleinen lichten Wäldchen. Sie wateten durch das kniehohe Gras und da endlich sah Izuna, was Madara ihm hatte zeigen wollen.
Hunderte kleiner Glühwürmchen stiegen um sie herum in die Luft auf. Ihre kleinen Lichter blinkten wie Sterne, die zur Erde herabgefallen waren, und ließen es wirken, als würden sie durch den Nachthimmel laufen.
»Du musst richtig sehen, Izuna.«
Da begriff Izuna und er aktivierte sein Sharingan. Mit einem Male erstrahlte die Nacht in tausend Farben, wie er es noch nie gesehen hatte. Alles schien so klar und schillernd und die Lichter waren so viel mehr als bloß kleine Lichtpunkte in der Dunkelheit. Er sah all die Nuancen in den Farben der kleinen Lichter und er konnte die Figuren erkennen, die die kleinen Insekten in die Luft malten. Er lachte begeistert auf und streckte dann vorsichtig einen Finger aus, auf dem auch prompt ein Käfer landete. Fasziniert betrachtete er, wie die Fühler des Tierchens auf und ab wippten.
»Das ist … Das ist, als würde ich eine ganz neue Welt sehen!«, rief er begeistert aus.
Madara lächelte zufrieden. Die Überraschung war ihm definitiv gelungen. »Die Erwachsenen reden immer nur davon, wie das Sharingan uns im Kampf überlegen macht, aber für so etwas haben sie keine Augen.«
»Das ist toll, Big Bro! Danke!«
Der Moment wurde jäh unterbrochen von Wolfsgeheul ganz in der Nähe. Sofort duckten sie sich und suchten Deckung in einem nahen Gebüsch.
»Was machen diese Viecher so nah an der Siedlung?«, wisperte Izuna.
»Keine Ahnung. Aber chichi meinte neulich, dass die Wölfe der Gegend in letzter Zeit furchtloser geworden sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich so nah heranwagen.«
»Aber das tun Wölfe doch normalerweise nicht, oder?«
»Eigentlich nicht, nein.«
Madaras Worte wurden Lügen gestraft, als sie direkt hinter sich ein Knurren hörten. Izuna stieß einen spitzen Schrei aus, der ihm sofort peinlich war, aber auch Madara sprang erschrocken auf und zerrte Izuna mit sich. Der Wolf bellte und sprang ihnen hinterher. So schnell ihre Füße sie trugen, rannten sie eine Tanne hinauf und klammerten sich an den höchsten Ast, den sie finden konnten. Unter ihnen versammelte sich ein Rudel von fünf Tieren, die um den Baum herumschlichen und knurrend zu ihnen aufsahen. Einem fehlte ein halbes Ohr, das Tier, das sie hier hoch gejagt hatte.
Schwer atmend klammerten die beiden Kinder sich an den Baum. Dann sahen sie sich gegenseitig an und mussten lachen.
»Du ist mir ja ein toller Shinobi, kleiner Bruder«, stichelte Madara.
Izuna zog eine Grimasse. »Und du erst! Du bist gleich als erster weggerannt!«
Der Wolf mit dem halben Ohr sprang den Stamm hinauf und kratzte an der Rinde, kam aber nicht einmal bis zu dem am tiefsten hängenden Ast. Izuna sah sich um, aber wie es aussah, saßen sie hier oben fest.
»Na toll. Was machen wir jetzt?«
»Die verlieren schon ihr Interesse und verschwinden«, sagte Madara übertrieben selbstsicher.
»Hmpf.« Grummelnd setzte sich Izuna auf seinen Ast und betrachtete die Wölfe unter ihnen. Die Tiere schlichen immer noch um ihren Baum und knurrten ab und zu einmal.
»Los, husch. Haut ab!«, rief Izuna ihnen zu. »An uns ist nichts dran, wir schmecken nicht.«
Freilich ließen die Wölfe sich davon nicht beeindrucken und setzten ihre Lauer fort. Na toll. Wer wusste schon, wie lange das hier noch dauern würde.
»Big Bro?«
»Hm?«
»Kann ich dir was sagen?«
»Immer doch. Das weißt du.«
Izuna warf ihm einen unsicheren Blick zu. Wusste er das? Vor einem Jahr hätte er umgedreht dasselbe gesagt, aber trotzdem hatte sich Madara davongeschlichen, um sich heimlich mit einem anderen Jungen zu treffen.
»Vorhin beim Essen, da ist mir was aufgefallen«, sagte Izuna dann trotzdem. »Da fühlte ich mich irgendwie total fehl am Platz. Wie als würde ich nicht dazu gehören. Sie sagen, dass ich jetzt einer von ihnen bin, ein Mann. Aber …«
»Aber?« Madara sah ihn fragend an. »Du bist zwölf, du bist noch ein Junge.«
Schon wieder dieses unangenehme Zwacken. Izuna suchte nach den passenden Worten. »Eben nicht. Das ist es ja. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll.«
Madara schien verwirrt, aber gleichzeitig auch bestrebt zu verstehen, was Izuna versuchte, ihm zu sagen. »Also soll ich dich jetzt nicht mehr Bruder sondern Schwester nennen?«
Darüber dachte Izuna einen Moment lang nach. Er stellte sich vor, wie es sich anfühlte, und schüttelte dann den Kopf. »Das ist es auch nicht. Das passt beides nicht.«
»Was passt dann?«
Izuna zuckte mit den Schultern. »Weder Junge noch Mädchen. Ich weiß nicht, ob‘s dafür ein Wort gibt.«
»Und wie soll ich dich dann nennen?«
Wieder dachte Izuna einen Moment lang darüber nach. »Ich denke, Bruder ist in Ordnung, bis ich was passendes gefunden hab.«
»Geht klar. Soll ich dir dabei helfen?«
Izunas Augen leuchteten auf. »Das würdest du tun? Wirklich?«
Madara lächelte. »Natürlich! Du bist doch mein Bruder.«
Er sagte es auf eine ganz bestimmte Weise, die Izuna sofort deutlich machte, dass Madara wusste, was dieses Wort für ihn wirklich bedeutete. Es war ein großartiges Gefühl, von seinem großen Bruder so genannt zu werden. Izuna strahlte über das ganze Gesicht.
Madara beugte sich zu ihm hinüber und senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Soll ich dir mal was verraten?«
»Ein Geheimnis?«
»Ja. Aber sag‘s nicht chichi.«
»Mach ich nicht. Ehrenwort. Wenn du ihm meines auch nicht verrätst.«
»Niemals.«
»Aber sag schon. Was ist deines?«
»Ich hab einen Jungen geküsst.«
»Was? Echt?«
»Ja. Und ich hab‘s gemocht.«
»Wer war‘s?«
»Sag ich nicht.«
»Komm schon!«
»Nee.«
»Big Bro!«
»Ich kann dir nicht jedes Geheimnis verraten.«
»Doch, kannst du! War es Hikaku?«
»Sag ich dir immer noch nicht. Musst du selbst herausfinden.«
»Werd ich ganz bestimmt, du wirst schon sehen!«
Unter ihnen kläfften die Wölfe besonders laut und starteten einen neuen Versuch, den Baum zu erklimmen. Wieder gelang es ihnen nicht.
»Seid still, ihr blöden Viecher!«, rief Madara ihnen zu. »Ich führe hier ein wichtiges Gespräch mit meinem Bruder, klar?«
Die Wölfe, freilich, gaben keine Ruhe. Madara warf ihnen finsteren Blicke zu. Dann sah er sich um.
»Oh, ich hab eine Idee!«, rief er aus und angelte sich einen Tannenzapfen. Mit einem kleinen Katon war er schnell entzündet. Izuna begriff. Nun griff auch er nach einem Wurfgeschoss und entzündete es an Madaras Zapfen. Dann warfen sie gleichzeitig ihre Geschosse nach unten.
»Verzieht euch endlich!«, riefen sie den Wölfen zu.
Izunas Zapfen landete dem Tier mit dem halben Ohr mitten auf der Schnauze. Es jaulte und sprang davon. Auch die anderen folgten winselnd und mit eingekniffener Rute, als Izuna und Madara sie weiter unter Beschuss nahmen. Sie kamen mit angesengtem Fell davon. Izuna lachte und schnitt eine Grimasse.
»Geschieht euch recht, ihr Mistviecher!«, rief er ihnen nach.
Als die Wölfe verschwunden waren, kletterten sie wohlbehalten wieder von dem Baum hinab. Was für ein Abenteuer!
»Hey, Big Bro. Danke.«
»Wofür?«
Izuna machte eine Geste, die die ganze Lichtung umfasste. »Das alles hier. Dass du mir das hier gezeigt hast. Und dass du mir zugehört hast.«
Madara lächelte. »Natürlich. Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin.«
Izuna sagte nichts und umarmte ihn, um die Tränen zu verstecken, die ihm mit einem Male in den Augen standen. Er hatte seinen Bruder wieder. Alles war gut.
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