CN Gewalt gegen Menschen
Mit leuchtenden Augen sah sich Izuna um. Er liebte es jedes Mal, wenn sie die Hauptstadt besuchten. Das letzte Mal war schon dreieinhalb Jahre her und seitdem hatte sich viel verändert. Die wohl größte Veränderung war definitiv der Umstand, dass er dieses Mal hinter Senju Tobirama auf Ōkami saß und es genoss, von der Wölfin getragen zu werden, während er gleichzeitig Tobiramas Pelz flauschen konnte. Mittlerweile hatte es Tobirama nämlich längst aufgegeben, ihn davon abhalten zu wollen; seine penetrante Art zahlte sich eben doch aus.
Mit den Armen um Tobiramas Hüften geschlungen lehnte sich Izuna zurück und legte den Kopf in den Nacken, um möglichst alles von dem bunten Treiben um sie herum zu sehen. Es gab so viel zu entdecken! Und da hatte er gedacht, in dem kleinen Dörfchen, das sie errichteten, sei viel los, weil zwei ganze Clans zusammenzogen. Aber hier in der Hauptstadt lebten so viele Menschen. Es war aufregend!
»Bleib gefälligst still sitzen«, knurrte Tobirama genervt.
Sogleich rückte Izuna wieder dicht auf und schlang ihm die Arme fest um die Brust. »Etwa so? Soll ich dich so fest halten, wie ich nur kann, und dich nie wieder loslassen? Weil das so romantisch ist?«
Tobirama knurrte etwas Unverständliches, und Izuna konnte sich sein Augenrollen allzu bildlich vorstellen. Er grinste.
»Hast du nie gelernt, wie man ordentlich auf einem Pferd reitet?«, brummte Tobirama missmutig. »Ist es zu viel verlangt, dass du dich auch nur einmal angemessen verhältst?«
»Deine Definition von angemessen entspricht nicht meiner«, erinnerte Izuna ihn. »Du weißt, wir hatten uns schon einmal über die Semantik dieses Wortes unterhalten. Soll ich die Erkenntnisse wiederholen, die wir daraus zogen?«
»Ich könnte dich alternativ auch einfach Ōkami zum Fraß vorwerfen«, drohte Tobirama.
Ōkami warf ihnen einen Blick über die Schulter zu. »Ich würde niemals einen meiner Welpen anrühren, das weißt du.«
»Siehst du«, triumphierte Izuna.
Ōkami wedelte fröhlich mit dem Schwanz.
Tobirama gab auf.
»Außerdem hat dein Bruder mir verraten, dass du es als Kind geliebt hast, von ihm durchgeknuddelt zu werden«, schnurrte Izuna ihm ins Ohr. »Ich wette, insgeheim magst du das immer noch.«
Tobirama sah aus, als würde er ihn am liebsten strangulieren, anzünden oder ersaufen. Wahlweise vielleicht auch alles dreies zusammen in beliebiger Reihenfolge. »Anija!«, rief er Hashirama aufgebracht zu.
Hashirama wandte sich ihnen zu. Er ritt an Madaras Seite ihrem kleinen Tross voran. »Ja, was gibt‘s, otōto?«
»Du hast schon wieder Kram ausgeplaudert, das diese kleine Kröte hier nicht zu interessieren hat!«, fauchte Tobirama ihn an.
Hashirama überlegte einen Moment. »Welche Sache genau meinst du jetzt?«
Izuna genoss es, aus nächster Nähe die Veränderung in Tobiramas Gesicht mitzuverfolgen. Seine Gesichtszüge erfroren, als ihm wohl allmählich die Erkenntnis kam, dass das nicht das einzige gewesen war, das Izuna aus Hashirama hatte herauspressen können. Nun, von herauspressen zu sprechen, war vielleicht etwas übertrieben. In der Tat war Hashirama recht willig gewesen, über seinen geliebten kleinen Bruder zu plaudern.
»Anija …«
»Otōto.« Hashirama lächelte unschuldig.
Izuna grinste in sich hinein, als er genüsslich seine Ernte einfuhr. Eine Schande, dass der Frieden mit den Senju erst so kurz anhielt. Er hätte niemals gedacht, dass er solch eine Freude daran finden würde, Tobirama zu piesacken, statt auf dem Schlachtfeld alles daran zu setzen, ihn umzubringen. Welch ein Glück, dass es ihm nie gelungen war.
Für den Moment ließ Izuna ihn jedoch in Frieden und genoss weiterhin den Ritt durch die Straßen. Sie befanden sich auf dem Weg zum Palast des daimyō, welcher sie zu sich berufen hatte. Ihm war die ganze Sache mit dem Dorf, das sie erbauten, suspekt und nun wollte er mit ihnen über die Details verhandeln.
Der Frieden zwischen ihren beiden Clans hielt nun schon eine ganze Weile an und Konflikte gab es seit einiger Zeit kaum noch. Dennoch staunten die Menschen nicht schlecht, als sie Senju und Uchiha Seite an Seite sahen. Izuna fand, dass sie ein hübsches Bild abgaben, besonders Tobirama und er. Feuer und Wasser zusammen, das ließ sich sehen.
»Oh, sieh einmal, Tobi-chan! Ein dango Laden!«, rief Izuna begeistert aus und deutete auf besagten Laden. »Weiß du noch, das letzte Mal, als wir hier waren? Wir hatten zwar nicht festlegen können, wer besser schleichen kann, aber die dango waren trotzdem lecker. Meinst du, wir sollten das nachholen?«
»Hast du nur Blödsinn im Kopf?«, brummte Tobirama.
Izuna bohrte ihm einen Finger in die Seite. »Und du bist trocken wie ein Knochen. Ein Wunder, dass Ōkami-san dich noch nicht zerkaut hat. Ich finde, wir sollten das von damals nachholen.«
»Schön für dich. Finde ich nicht.«
Dieses Mal war es an Izuna, genervt die Augen zu verdrehen. »In der Hauptstadt ist so viel los und du alter Langweiler interessierst dich für nichts davon. Hier gibt es Bäder und Theater! Oh, ich will unbedingt eine kabuki-Aufführung sehen! Und anschließend gehen wir ins hanamachi, trinken Tee und sake und schauen den Maiko beim Tanz zu.«
»Schlag dir diesen Unfug aus dem Kopf«, mahnte Tobirama ihn. »Wir sind aus einem ganz bestimmten Grund hier, und dein Vergnügen ist es nicht.«
»Nicht jeder nimmt das Leben so todernst wie du, Tobi-chan.«
Nun endlich wandte sich Tobirama ihm zu. »Hör gefälligst auf, mich so zu nennen!«
Izuna grinste. »Ich finde, es passt zu dir. Harte Schale, weicher Kern. Ich weiß, dass du ganz tief in dir drinnen eine sanfte Natur bist und immer nur so kalt und abweisend tust.«
Plötzlich hatte er einen Schwall Wasser im Gesicht. Tobirama hatte nicht einmal ein Fingerzeichen dafür formen müssen. Empört wischte sich Izuna das Wasser aus den Augen.
»Schluss damit, Welpen!«, knurrte Ōkami. »Ich kann euer Gezänke nicht mehr mit anhören. Setzt das meinethalben später fort, aber bitte dann, wenn ihr nicht mehr auf mir sitzt. Lasst es, oder ich werf euch in den Dreck.«
Izuna wusste nur allzu gut, dass Ōkami ihre Drohung auch wahrmachen würde, und war daher schlau genug, Tobirama für den Rest des Weges in Frieden zu lassen.
Der Palastbezirk war eine Stadt in der Stadt. Izuna war das letzte (und erste Mal) hier gewesen, als sein Vater noch gelebt hatte. Damals war ohnehin alles ein bisschen anders gewesen. Damals war er nur der kleine Bruder gewesen, der nur mitgenommen worden war, um ein wenig von der Welt zu sehen. Jetzt war Madara der Anführer der Uchiha und Izuna seine rechte Hand in allen Belangen den Clan betreffend. Gewisse Erwartungen kamen mit dieser Position, allerdings stand Izuna wenig der Sinn danach, sich so steif und humorlos zu geben wie Tobirama, der das Leben viel zu ernst nahm.
Angestellte des Palastes eilten herbei, um sie in Empfang zu nehmen, sich ihres Gepäcks anzunehmen und sie dann zu ihren Unterkünften zu führen. Zumindest das Gepäck betreffend scheiterten sie an Tobirama, da dieser niemanden auch nur in die Nähe seiner Siegelrollen ließ. Izuna machte sich den Spaß und ließ sich von den Angestellten umsorgen. Als sie jedoch auch Ōkami zusammen mit den Pferden fortführen wollten, wusste sie das schon selbst zu verhindern.
»Meine kleinen felllosen Freunde, sehe ich aus wie ein tumbes Tier?«, wollte sie wissen.
Der Junge vor ihr gab einen spitzen Schrei von sich. Ōkami bleckte die Zähne in ihrer Art eines Grinsens, was dafür sorgte, dass der Junge von ihr fort stolperte und davonrannte.
»Memme«, kommentierte Madara abfällig.
»Ich erinnere mich noch gut einer Zeit, als auch ihr Uchiha mich gefürchtet habt«, sinnierte Ōkami. »Ich weiß noch, wie ihr schmeckt. Ich mag das Raucharoma.«
Madara focht ein stummes Blickduell mit ihr, an dessen Ende er jedoch unterlag. Zufrieden wedelte sie mit dem Schwanz.
Ein mausgesichtiger Beamter kam auf sie zu und verneigte sich. Dennoch sah Izuna die nervösen Blicke, die er zwischen Senju und Uchiha hin und her warf. »Es freut mich, Sie hier willkommen zu heißen. Wenn ich Sie zu Ihren Unterkünften geleiten dürfte?«
Er führte sie in den Gästeteil des Palastes, und Izuna kam nicht umhin zu bemerken, dass sie dieses Mal in der Ecke untergebracht wurden, die für hochrangige Besucher reserviert war. Angemessen, wie er fand. Ōkami trottete hinter ihnen her und brachte damit Mausgesicht ziemlich aus der Ruhe. Dennoch bewahrte er Haltung, das musste man ihm lassen, auch als Ōkami ihm direkt in den Nacken atmete. Er sagte immer noch nichts, als sie das Gebäude betraten und Ōkami sie immer noch begleitete, aber so langsam bröckelte seine Fassade. Ōkami starrte ihn intensiv an.
»Die Dienerschaft steht Ihnen jederzeit zur Verfügung«, sagte Mausgesicht, als sie schließlich ihr Ziel erreichten. »Sicher wollen Sie erst einmal zur Ruhe kommen nach der langen und sicher anstrengenden Reise. Der daimyō ruft Sie später zu sich. Ich bitte nur um eine Sache: Bitte kein Ninjutsu innerhalb der Palastmauern. Geruhen Sie wohl. Bäder stehen bereit, ebenso Speis und Trank.«
Mit diesen Worten ging er. Izuna sah ihm mit hochgezogener Augenbraue nach. Was für ein affektierter Gockel.
Man hatte ihnen getrennte Zimmer gegeben, eines für Izuna und seinen Bruder und eines für ihre Senju-Freunde. Hashirama besah sich die Situation einen Moment lang, dann legte er schamlos Madara die Arme um die Hüften und zog ihn zu sich.
»Tobirama, Bruder. Du weißt doch, dass ich immer so unruhig schlafe. Sicher willst du deine Ruhe. Was hältst du davon, wenn du dich bei Izuna einquartierst?«, sagte er mit dem unschuldigsten Blick, zu dem er fähig war.
Madara wollte erst protestieren, doch dann verstand er und ein anzügliches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Auch Tobirama wollte schon protestieren, doch dann verstand auch er und schien nicht zu wissen, ob er sich mehr über den Umstand empören sollte, weshalb Hashirama ihn abschob oder wohin.
»Los, komm, Tobirama!«, sagte Izuna und griff ihn bei der Hand. »Jetzt sind wir die beiden endlich los.«
»Denk gar nicht erst daran, irgendwelchen Mist auszuhecken!«, rief Madara ihm nach, doch da hatte Izuna schon längst Tobirama auf ihr Zimmer gezerrt.
Ōkami folgte ihnen, doch verweilte sie nicht in dem Raum, sondern durchquere ihn, schob auf der anderen Seite die shoji-Tür mit ihrer Schnauze auf und trat auf den kleinen engawa hinaus, der sich dem Gebäude anschloss. Ein kleiner Garten mit einem sōzu erstreckte sich dahinter. In rhythmischen Abständen schlug das Bambusrohr mit einem leisen Klacken gegen einen Stein und unterbrach damit die Stille des Gartens. Ōkami ließ sich auf dem engawa nieder, gähnte vernehmlich und begann dann zu dösen.
Izuna sah sich in dem Raum um. Um genau zu sein, waren es zwei Räume, die man ihnen als Unterkunft gegeben hatte. Wie luxuriös. Auch Tobirama inspizierte ihre Unterbringung und schien auch alsbald etwas gefunden zu haben, mit dem er nicht zufrieden war. Manchmal fragte sich Izuna, ob Tobirama einfach etwas brauchte, über das er schimpfen konnte. In diesem Falle war es die Verteilung der Betten. Ja, Betten und keine futon, wie sie es von daheim gewöhnt waren.
Es gab nämlich nur eines. Groß genug zwar für zwei Personen, aber dennoch.
Izuna lachte auf. »Du wirst mich einfach nicht los, wie es scheint.«
Tobirama kniff die Augen zusammen. »Ich weiß wirklich nicht mehr, wie oft ich mir schon vorgestellt habe, dich zu erwürgen.«
Izuna überlegte gekünstelt. »Hmm. Ich glaube, du hast das schon ein- oder zweimal angedroht. Vielleicht solltest du deine Drohung irgendwann auch einmal in die Tat umsetzen, ansonsten verliert sie ihren Biss.«
Tobirama kam zu dem Schluss, dass es seiner Würde besser zu Gesicht stand, darauf nichts zu antworten, und wandte sich mit einem Schnauben ab. Er machte sich daran, sein Gepäck zu entsiegeln und Izuna tat es ihm gleich. Es hatte seine Vorteile, mit einem Experten auf dem Gebiet des Fūinjutsu befreundet zu sein. Das machte das Reisen so viel einfacher.
Als er gerade eine Kommode inspizierte, machte er einen phänomenalen Fund.
»Tobirama, schau mal!«, rief er begeistert. »Das hier ist ein Radio!«
Sofort hatte er Tobiramas ungeteilte Aufmerksamkeit, welcher in Windeseile an seiner Seite war.
»Schalte es ein!«, drängte Tobirama ihn.
Izuna besah sich den Kasten vor sich. Er hatte eine Reihe von Knöpften, die sich drehen ließen, sowie eine Anzeige mit einer Nadel. Izuna wusste allerdings nicht wirklich, was diese Anzeige ihm sagen sollte. Wahllos drehte er an einigen Knöpfen und beobachtete, wie die Nadel hin und her sprang. Der Kasten gab zunächst keinen Laut von sich, bis Tobirama einen der Knöpfe drückte. Nun kam ein statisches Rauschen aus dem Kasten, das sich veränderte, je nachdem, wie Izuna die Knöpfe drehte.
»Ich glaub, das Ding ist kaputt«, sagte er enttäuscht. »Soll da nicht Musik rauskommen?«
»Hmm.« Nachdenklich betrachtete Tobirama das Radio und drehte nun selbst an den Knöpfen. »Soweit ich weiß, muss es etwas empfangen und diese Nadel zeigt das an.«
Er drehte noch ein bisschen an den Knöpfen und plötzlich kam da tatsächlich Musik aus dem Radio. Izuna machte große Augen. Es klang scheppernd und blechern und überhaupt nicht echt. Aber das war immerhin Musik, die aus einem kleinen Kasten in einem Schrank kam! Das grenzte fast schon an Magie.
Es lief ein Lied mit einer flotten Melodie. Eine Frau mit einer bemerkenswert tiefen und rauchigen Stimme sang ein Lied über ein leichtes Mädchen, das sich in der großen Stadt ihr Geld auf nicht ganz lauterem Wege verdiente.
»Wie anrüchig«, stellte Izuna fest. »Ich mag es.«
»Das ist furchtbares Blechgeschepper«, hielt Tobirama dagegen.
»Hab gehört, das nennt sich Jazz. Ist jetzt groß im Kommen.«
Tobirama warf dem Radio einen finsteren Blick zu und schaltete es dann wieder aus. »Das ist unangenehm in den Ohren.«
»Dieses eine Mal muss ich deinem Meckern zustimmen«, warf Ōkami ein. »Ihr Menschen denkt euch seltsame Dinge aus.«
Izuna warf dem Radio einen letzten entschuldigenden Blick zu und schloss dann wieder die Türen der Kommode. Sie widmeten sich wieder ihrem Gepäck, das immer noch ausgepackt werden wollte.
»Also, was denkst du? Wie wird der daimyō auf unsere Sache mit dem Dorf reagieren?«, plauderte Izuna währenddessen.
»Er hat uns hierher beordert, weil ihm anscheinend diese ganze Sache suspekt erscheint«, sagte Tobirama. »Ich wäre an seiner Stelle wohl auch skeptisch, um ehrlich zu sein. Unsere Brüder wollen das komplette System, auf dem die Nationen beruhen, von Grund auf verändern. Das ist nahe dran an einer Revolution.«
»Die sie natürlich nicht wollen«, stellte Izuna heraus. »Höchstens eine friedliche Revolution, wenn es so etwas denn gibt. Andererseits … Vielleicht sollten wir den Teil mit dem friedlich einfach streichen und kurzerhand alles niederbrennen. Dieser ganze Staat ist von Grund auf korrupt.«
»Das würde ich nicht einmal abstreiten. Andererseits war die Idee, einen Krieg zu beenden, und nicht, einen noch größeren zu beginnen.«
Izuna grummelte. »Manchmal vermisse ich ja schon die gute alte Zeit. Du gibst mir aufs Maul. Ich geb dir aufs Maul. Ich versuch, dich in eine bald nicht mehr lebende Fackel zu verwandeln. Du versuchst, mich auszuweiden. Da waren die Dinge noch einfach.«
Tobirama runzelte die Stirn. »Das ist ein Scherz, oder?«
Izuna grinste verschlagen. »Wer weiß.«
Nun verdrehte Tobirama die Augen. »Uchiha …«
Izuna schlenderte lässig zu einer Obstschale und steckte sich lässig eine Weintraube in den Mund. »So lange können wir ja gutes Essen genießen. Warst du schon einmal hier? Und ich meine jetzt nicht, um meinen Leuten hinterher zu schnüffeln.«
Tobirama nickte. »Butsuma nahm mich einmal mit, als er hier etwas zu erledigen hatte. Das ist aber schon etliche Jahre her.«
»Tobirama, ich hab eine Idee.«
»Oh nein.«
»Doch! Das wird ganz großartig. Lass uns zusammen die Stadt erkunden. Da gibt es so viel zu entdecken. Du und ich gemeinsam, Senju und Uchiha. Da werden die Leute staunen!«
Tobirama war indes damit fertig, seine Sachen auszupacken, und ließ sich nun auf die Hälfte des Bettes sinken, die er wohl als seine beanspruchte. »Geh doch allein. Ich will meine Ruhe. Die kommenden Tage werden anstrengend genug.«
»Ach, komm schon«, bettelte Izuna. »Ich würde wirklich sehr gern etwas gemeinsam mit dir unternehmen.«
Tobirama seufzte. »Und warum muss ausgerechnet ich das sein?«
Izuna hielt ihm zugute, dass er sich zumindest bemühte, nicht allzu genervt zu klingen. »Mir ist das eben wichtig. Ich mach gern Dinge gemeinsam mit dir, weil du mein Freund bist. Freunde gehen zusammen auf Ausflüge. Oder siehst du das anders?«
Tobirama machte noch immer ein finsteres Gesicht, aber seine Miene wurde weicher. Unmerklich nur, aber Izuna glaubte so langsam, dass er besser darin wurde, seine Mimik zu lesen. Wenn er sich nicht völlig irrte, bedeutete das, dass Tobirama gewillt war, sich auf die Idee einzulassen, es aber nicht offen zugeben wollte.
»Freund, sagst du?«, wollte Tobirama wissen.
Izuna nickte eifrig. »Jap.«
»Dafür strapazierst du gefährlich oft meine Geduld.«
Izuna musste grinsen. »Du nimmst dich immer so furchtbar wichtig. Irgendjemand muss doch der Gegenpol dazu sein.«
Tobirama grummelte wieder einmal. Izuna musste sich eingestehen, dass er es irgendwie niedlich fand.
»Welpe, ich finde, dein Wurfbruder hat einen guten Vorschlag gemacht«, warf Ōkami von draußen ein. »Eine kleine Auszeit würde dir guttun.«
»Eine Auszeit kann ich nehmen, wenn wir die Sache mit dem daimyō über den Tisch gebracht haben«, hielt Tobirama dagegen.
Izuna stemmte eine Hand in die Hüfte und tippte ihm mit der anderen vor die Brust. »Genau das meine ich. Selbst Ōkami-san gibt mir Recht!«
Tobirama warf Ōkami einen beleidigten Blick zu, welchen sie herrschaftlich ignorierte, und dann zuckte er doch mit den Schultern. »Fein. Wenn es dir so wichtig ist.«
Izuna nickte erneut eifrig. »Sehr!«
Tobirama atmete einmal tief durch. »Wonach steht dir der Sinn?«
»Also …«, begann Izuna bedächtig.
Nur kurze Zeit später streiften sie durch das hanamachi. Jetzt am Tag war noch nicht so viel los, doch bald schon würde es dämmern und dann würde sich das ändern. Dann würde Leben in das hanamachi kommen.
Izuna schlenderte begeistert durch die Straßen und sah sich mit großen Augen um. Die Häuser hier waren alle traditionell gehalten, während es sich in anderen Teilen der Stadt allmählich bemerkbar machte, dass modernere Zeiten anbrachen, Zeiten, die Elektrizität und sogar Dinge wie Radio beinhalteten. Hier im hanamachi jedoch war die Zeit stehen geblieben und alles war noch so wie vor zweihundert Jahren.
Im hanamachi befanden sich nicht nur die okiya und ochaya der hier arbeitenden und lebenden Geisha, sondern auch sonstige Infrastruktur, die sich um diesen Beruf herum entwickelt hatte. Besonders glücklich wurde Izuna, als er einen kleinen Laden fand, der die Accessoires der Geisha und Maiko verkaufte.
Der Verkäufer warf ihnen skeptische Blicke zu, aber Izuna ließ sich davon nicht beirren, als er begeistert durch die Auslage ging. Tobirama machte ein betont finsteres Gesicht und hielt sich im Hintergrund. Immerhin hatte er sich dazu breitschlagen lassen, hier nicht in voller Rüstung aufzukreuzen, sondern trug einen schlichten blauen yukata. Auf sein happuri hatte er dennoch nicht verzichtet.
Begeistert hob Izuna ein kanzashi mit Blumenmotiv hoch und hielt es sich an die Haare. »Wie sehe ich auch?«
»Albern«, sagte Tobirama gnadenlos direkt.
Izuna lies sich davon nicht beeindrucken. Er legte das kleine Schmuckstück zur Seite und wählte ein anderes aus. Dieses war mit einem uchiwa verziert. »Zu dieser Zeit des Jahres werden üblicherweise die hier getragen. Das passt hervorragend zu mir, findest du nicht auch?«
Tobirama gestikulierte wage in Richtung der Ware. »Sehe ich aus, als hätte ich Ahnung davon?«
»Sie kennen sich in der Tat aus«, stellte der Ladenbesitzer an Izuna gewandt fest. »Die jungen Maiko tragen diese zum großen Sommerfest. Ich nehme an, Sie kommen von außerhalb? Wenn Sie noch ein wenig länger bleiben, können Sie es erleben. So ein ōgi bira kanzashi wäre doch ein hübsches Mitbringsel für die Dame daheim.«
Izuna musste schmunzeln. »Eigentlich will ich es für mich kaufen.«
Der Händler versuchte seine Irritation zu überspielen, aber so wirklich wollte es ihm nicht gelingen. Izuna liebte es, seine Mitmenschen auf diese Weise aus dem Konzept zu bringen.
»Das hier nehme ich auf jeden Fall«, sagte er daher. »Und vielleicht nehme ich noch einen von diesen sensu da. Zeigen Sie sie mir.«
Am Ende war Izuna stolzer Besitzer einer kleinen Haarnadel und eines kunstvoll bemalten Papierfächers und seine Geldbörse war um viel zu viele ryō leichter. Aber das war es wert gewesen. Stolz betrachtete er seine Beute. Tobirama hatte sich indes an einem kleinen Straßenstand einige dango-Spieße gekauft, die er nun naschte.
»Weißt du, mein Traum wäre es natürlich, einen hikizuri zu besitzen«, sagte Izuna. »Wahlweise auch ein susohiki, farblich passt das wohl eher zu meiner üblichen Garderobe. Ich bin immer noch der Meinung, dass es toll an mir aussehen würde. Aber so lange nehme ich, was ich kriegen kann.« Er seufzte theatralisch.
Tobirama biss ein dango ab und kaute. »Ich versuche immer noch, das zu verstehen. Du sagst also, dass du keine Frau bist, willst aber dennoch Frauenkleidung tragen. Aber du sagst auch, dass du auch kein Mann bist. Als was siehst du dich dann?«
Izuna bedeutete Tobirama, ihm einen der Spieße zu reichen. Statt den Spieß jedoch zu nehmen, biss er einfach das oberste dango ab. »Na, ist doch klar. Nichts von beidem. Warum sollte ich mich in eine Schublade stopfen, wenn ich da nicht hineinpasse?«
»Aber es gibt doch nur zwei Schubladen, um bei deinem Bild zu bleiben.«
Izuna deutete auf sich selbst. »Offensichtlich ist das nicht der Fall. Geschlecht ist ein Spektrum und es ist eine stete Darbietung. Es wird nicht nur, wenn überhaupt, von körperlichen Merkmalen bestimmt, sondern auch von gesellschaftlichen Normen und Konventionen, die bestimmenden Merkmale sind jedoch arbiträr. Warum hat irgendwer irgendwann einmal behauptet, dass ein Mann ein Mann sei, weil er einen Penis hat, und es nicht anhand, sagen wir einmal, der Haarfarbe festgelegt?«
Tobirama setzte schon zu einer Erwiderung an, doch dann hielt er inne und sann über Izunas Worte nach. »Es gibt auch Menschen mit den körperlichen Merkmalen beider Geschlechter. Nein, halt, besser ist es, von zwei Geschlechtern zu reden, nicht wahr?«
Izuna nickte. »Ich sehe, du verstehst so langsam.«
»Zugegeben, dieses Konzept erscheint mir noch etwas fremd, aber ich glaube, ich verstehe jetzt zumindest ein bisschen mehr.«
Wieder nickte Izuna mit einem zufriedenen Lächeln und klaute sich noch ein dango. »Das ist doch die Hauptsache. Weißt du, mir ist es nicht so wichtig, dass du das sofort verstehst und alles richtig machst. Hey, auch ich finde, dass das ein furchtbar verwirrendes Thema sein kann. Aber wichtig ist mir, dass du es zumindest versuchst.«
»Dafür sind doch Freunde da, oder?«
Izuna sah zu Tobirama. Tobirama lächelte. Izunas Herz machte einen kecken Hüpfer. Tobirama lächelte so selten, dabei sah es so hübsch aus an ihm.
Indes hatten sie wieder die Hauptstraße erreicht. Es ging auf den Abend zu, was hieß, dass der Betrieb allmählich zunahm. Immer mehr Besucher des hanamachi ließen sich blicken, und auch Geisha und Maiko begannen geschäftig umher zu eilen. Bald schon würden sie durch die Nacht flattern wie bunte Schmetterlinge, die von Teehaus zu Teehaus eilten.
Izuna folgte einer Maiko mit dem Blick, wie sie ihre okyia verließ und nur wenige Häuser weiter ein Teehaus betrat. Er blieb vor dem ochaya stehen und deutete mit seinem neuem Fächer auf den noren, auf den der Name des Teehauses aufgemalt war.
»Wie kommen wir da hinein?«
»Gar nicht«, sagte Tobirama geradeheraus. »Du hast dir zielgenau das exklusivste Haus des ganzen Viertels ausgesucht.«
»Ich hab Big Bro nicht um sonst zur Clanführung verholfen«, maulte Izuna. »Wir gehören doch jetzt zu den hohen Tieren des Landes. Die sollten froh sein, wenn wir zu deren Kundschaft gehören wollen.«
»Wenn dem so wäre, würden sie eine Einladung schicken«, sagte Tobirama nüchtern.
Izuna gab einen unwilligen Laut von sich. »Da muss doch irgendein Hineinkommen sein! Als ich das letzte Mal hier war, hatte mich Big Bro doch auch in ein ochaya mitgenommen.«
»Welches auch immer es war, im Vergleich zu dem hier war das sicher nur eine billige Spelunke. Lass uns weitergehen.«
Izuna schimpfte noch immer leise vor sich hin, folgte aber Tobirama.
»Lass uns nach einem Theater umsehen!«, schlug er stattdessen vor. »Ich hab noch nie kabuki gesehen. Du?«
Tobirama verneinte.
»Dann los! Komm! Lass uns ein Theater suchen. Bestimmt gibt es irgendwo eines, das eine Aufführung zeigt.«
Tobirama rollte übertrieben mit den Augen. »Sicher. Weil sie natürlich auch just dann eine Aufführung planen, wenn du das willst.«
»Wir sind in der großen Stadt, hier gibt es alles!«
Tobirama ließ es zu, dass Izuna ihn mit sich schliff, was hieß, dass seine ablehnende Haltung also wieder nur einmal aufgesetzt war. Izuna fragte sich ein wenig durch und hatte in der Tat alsbald ein Theater ausgemacht. Derer gab es einige in der Stadt und ihnen wurde ein ganz bestimmtes empfohlen. Enthusiastisch studierte Izuna den Spielplan und klatschte begeistert in die Hände, als er tatsächlich fündig wurde.
»Siehst du!«
Tobirama hob als Antwort nur eine Augenbraue. »Mehr Glück als Verstand.«
Auch wenn sie so kurzfristig und spontan das Theater aufsuchten, fanden sie in einer der hinteren Reihen noch einen Platz. Wirklich mehr Glück als Verstand, auch wenn Izuna das natürlich nicht einfach so sagen würde.
Das Theater war gut besucht und die Reihen gefüllt. Menschen aller Altersgruppen waren anwesend, und als Izuna auch ein paar Kinder ausmachen konnte, fühlte er sich nicht mehr ganz so sehr fehl am Platz, da er mit Tobirama augenscheinlich doch nicht zu den jüngsten gehörte. Immerhin waren sie siebzehn und es war das erste Mal, dass sie eine solche Aufführung besuchten. Wie sehr sich doch ihr Leben von denen anderer Menschen unterschied. Sie hatten Kriege gefochten und Schlachten gewonnen und verloren, aber ein Theater sahen sie an diesem Tag zum ersten Mal von innen.
Izuna verfolgte mit großen Augen die Aufführung. Er hatte ein wenig darüber gelesen, von dieser ganz besonderen Art der Schauspielerei, der bunten Schminke und den aufwändigen Kostümen. Er wusste auch, dass alle Darsteller weiblicher Rollen onnagata waren, Männer, die Frauen spielten. Als er einen onnagata den Tanz eines Kranichs aufführen sah, schlug es mit einem Male eine ganz besondere Seite in ihm an.
Sagi Musume erzählte die Geschichte eines Reihergeistes, welcher sich in einen Menschen verliebte und sich daher in eine junge Frau verwandelte. Der onnagata erschien auf der Bühne in einem prachtvollen weißen kimono und wechselte während der Aufführung mehrmals auf der Bühne das Kostüm, jedes Mal, wenn sich der Reihergeist verwandelte. Als Izuna das das erste Mal sah, konnte er nicht verhindern, dass er einen verblüfften Laut von sich gab. Was für eine beeindruckende Technik! Er konnte sich gar nicht satt genug sehen an den prachtvollen Kostümen und den eleganten, femininen Gesten des onnagata.
Die Vorstellung kam für seinen Geschmack viel zu schnell zu einem Ende. Izuna klatschte begeistert, merkte dann jedoch, dass Tobirama ein besonders finsteres Gesicht machte.
»Hat es dir nicht gefallen?«
Tobirama verneinte und machte dann eine raumumfassende Geste. »Es war … kein totaler Reinfall. Hier sind einfach zu viele Leute. Das macht mich nervös.«
»Oh! Hättest du gleich etwas gesagt, dann hätten wir schon etwas anderes gefunden.«
»Aber dir schien es immerhin Freude zu bereiten.«
»Schon. Aber wir sind hier, um gemeinsam Spaß zu haben. Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass du die meiste Zeit nur aus Gewohnheit grummelst und das alles gar nicht so schlimm findest, aber wenn du auf etwas wirklich keine Lust hast, dann kannst du mir das ruhig sagen.«
Tobirama schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Soll ich dann auf eine ganz bestimmte Weise grummeln? Dreimal kurz und einmal lang, oder wie?«
Das brachte Izuna zum Lachen. »Es verwundert mich jedes Mal wieder, wenn du so etwas wie Humor durchscheinen lässt!«
Tobirama grummelte. Dann ging ihm auf, was er getan hatte, und er warf Izuna einen besonders giftigen Blick zu. »Lass uns gehen«, knurrte er, um von sich abzulenken.
Izuna lachte immer noch, als sie das Theater verließen. Mittlerweile war es Nacht geworden und das Treiben im hanamachi wurde geschäftig. Da sie so spontan wohl kaum in ein ochaya hineinkommen würden, beschlossen sie, außerhalb des Viertels nach einem gewöhnlichen Gasthaus Ausschau zu halten, um den Tag mit einer Runde sake ausklingen zu lassen. Alsbald wurden sie fündig, und da niemand nach ihrem Alter fragte, hatten sie beide schon kurz darauf je eine Sakeschale vor sich stehen.
»Du warst auf dem Weg hierher so schweigsam«, stellte Izuna fest. Dann kam ihm eine Idee. Er machte eine dramatische Geste. »Tobi-chan, da liegt ein Ozean des Schweigens zwischen uns und ich ertrinke darin. Rette mich!«
Demonstrativ lehnte sich Tobirama zurück. »Würdest du wirklich ersaufen, würde ich daneben stehen und Beifall klatschen.«
Izuna gab einen röchelnden Laut von sich und sank auf dem Tisch zusammen. »Du würdest einfach so einem Freund beim Sterben zusehen? Das trifft mich hart!«
»Hast du jetzt deine dramatische Ader gefunden, oder was soll das hier werden?«
Izuna richtete sich wieder auf. »Mir war eben danach. Aber sag, wie fandest du das Stück? Abgesehen davon, dass dir zu viele Menschen anwesend waren.«
»Es war albern«, sagte Tobirama geradeheraus. »Warum sollte sich ein Reiher in einen Menschen verlieben und dann auch noch solch ein Drama darum machen?«
»Das ist Kunst, Tobirama! Kunst! Aber davon versteht so ein alter Sack im Leib eines jungen Mannes ja nichts.«
»Werd ja nicht frech, Uchiha!«
»Sonst was?« Izuna schenkte ihm sein charmantestes Lächeln.
»Vielleicht lass ich ja Ōkami auf dich los, damit sie dich von Kopf bis Fuß abschleckt.« Tobirama grinste triumphierend.
Izuna verzog das Gesicht und machte ein angeekeltes Gesicht. »Ich mach ja vieles mit und dass ich mich mit einem Senju angefreundet hab, zählt definitiv dazu. Aber das … Das überschreitet eine Grenze!«
Er hatte schon so einige Male mit Ōkamis Zunge Bekanntschaft gemacht und er hatte es jedes Mal gehasst. Sie mochte zu ihm dazu gehören wie sein allgegenwärtiges happuri oder sein flauschiger Pelzkragen, und Izuna mochte sie wirklich sehr. Aber es gab Grenzen.
Tobirama lächelte verschlagen. Izuna kam nicht umhin zu bemerken, dass er das ausgesprochen hübsch anzusehen fand. Überhaupt stellte er fest, dass er Tobirama gern betrachtete. Manche sagten, dass er ob seines Albinismus einen ungewöhnlichen Anblick bot, aber das fand Izuna überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Es gab ihm das gewisse Extra.
Das Licht im Gasthaus war gedimmt und die Laternen warfen tanzende Schatten. Fasziniert beobachtete Izuna ihren Effekt auf Tobiramas Gesicht. Tobirama runzelte fragend die Stirn.
»Warum starrst du mich so an?«
Izuna legte keck den Kopf zur Seite. »Du bist halt hübsch anzusehen. Ich sehe gerne hübsche Dinge an.«
Tobirama hob eine Augenbraue und war ganz offensichtlich nicht davon überzeugt.
In diesem Moment kam der Wirt und brachte ihnen die bestellten Happen, womit er diesen Moment effektiv unterbrach.
»Izuna, sag, dieses Ding, dass du gern Frauenkleidung anziehen würdest, hat das auch damit zu tun, dass du dich weder als männlich noch als weiblich ansiehst?«, wollte Tobirama wissen, als der Wirt wieder gegangen war.
Izuna schnappte sich ein mochi und nickte dann. »Irgendwie schon. Aber in erster Linie gefällt es mir einfach. Kleidung hat kein Geschlecht, das habe ich dir schon einmal gesagt, falls du dich erinnerst. Ich hatte schon vorher von onnagata gehört. Es ist mehr als nur bloßes Verkleiden und Schauspiel. Diese Menschen legen das ihnen bei Geburt zugeschriebene Geschlecht ab und nehmen eine neue Identität an, auch abseits der Bühne. Vielleicht wäre ich in einem anderen Leben auch onnagata geworden.«
»Vielleicht. Aber das glaube ich nicht. Du bist durch und durch Shinobi.«
»Auch wieder wahr. Dafür zündel ich zu gern.«
»Außerdem habe ich gehört, dass onnagata in nanshoku involviert gewesen waren und auch entsprechende Dienste anboten. Aber ich weiß nicht, wie aktuell diese Information noch ist. Bist du sicher, dass das wirklich dein Ding wäre?«
Izuna beugte sich vor und lächelte besonders verrucht. »Na? Eifersüchtig, dass hübsche junge Männer mir nachschmachten könnten, die nicht du sind?«
Tobirama klappte ein paarmal sprachlos den Mund auf und zu. Dann kniff er die Augen zusammen. »Was soll mich das was angehen, mit wem du was treibst?«
»Komisch. Mir war so, als hätte es danach geklungen, dass es dich doch irgendwie interessiert.«
»Was soll das heißen?«, knurrte Tobirama. Eine verräterische Röte hatte sich auf seine Wangen geschlichen. Wie entzückend.
»Keine Ahnung. Sag du‘s mir«, erwiderte Izuna lässig und amüsierte sich köstlich, wie sich Tobirama wand unter all diesen Implikationen.
»Mach doch, was du willst«, schnaubte Tobirama wenig geistreich.
Es war so einfach, immer wieder durch seine abweisende Fassade zu sticheln. Tobirama tat immer so, als würde nichts und niemand an ihn herankommen, aber Izuna wusste es besser. Man musste nur wissen, wie.
Leider wurde er darin unterbrochen, als sie bemerkten, wie eine Gruppe von fünf Männern sich ihnen näherten. Izuna witterte gleich die Gefahr, die sie mit sich trugen. Die Männer trugen allesamt diese Anzüge, die jetzt modern waren, und bei einigen konnte Izuna Tattoos erkennen, die sich unter den Hemdkragen hervor ihre Hälse empor wandten. Eine Bande.
Noch machten die Männer nicht den Eindruck, als würden sie sofort auf Ärger aus sein. Sie wollten etwas von ihnen. Izuna war gewillt herauszufinden, worum es sich dabei handelte.
»Guten Abend, die Herren«, begann der, der wohl der Anführer der Gruppe war, und setzte sich zu ihnen, ohne erst um ihre Erlaubnis zu bitten. »Ich hoffe, sie genießen Ihren Aufenthalt.«
Tobirama sagte nichts und musterte die Männer nur abschätzend.
Izuna hatte längst die Messer unter den Anzugjacken und in den Hosenbeinen ausgemacht. »Um ehrlich zu sein, schätze ich die traute Zweisamkeit mit meinem Freund hier.«
»Oh. Ist das so?«, sagte der Neuankömmling und klang doch nicht so, als würde er sich darum scheren. »Aber vielleicht interessiert es Sie, was wir Ihnen zu sagen haben.«
Izuna warf Tobirama einen Blick zu. Dann zuckte er mit den Schultern. »Wir sind ganz Ohr.«
»Sie sind Shinobi, zudem aus zwei wohlhabenden und angesehen Clans. Jemanden mit Ihren Fähigkeiten könnten wir in unserer Organisation gut gebrauchen. Wenn Sie interessiert sind. Ich bin Masao.«
Sowohl Tobirama als auch Izuna ignorierten die ihnen dargebotene Hand.
»Sie haben also eine Mission für uns?«, schlussfolgerte Tobirama.
»Sozusagen. Hörte, dass Sie derzeit eine Menge Geld brauchen. Ich wüsste da etwas«, sagte Masao.
Er hatte noch immer nicht gesagt, was genau er sich darunter vorstellte, und Izuna ahne bereits, dass es irgendein krummes Ding war. Aber er war neugierig, er wollte wissen, um was genau es sich handelte.
»Das mit dem Geld könnte stimmen. Allerdings haben wir eine gute Auftragslage«, sagte er.
»Oh, ich versichere Ihnen, was ich Ihnen biete, wird Sie interessieren.« Masao lächelte gönnerhaft.
»Da bin ich ja einmal gespannt«, erwiderte Izuna leichthin. »Also, was bieten Sie genau?«
Masao hatte noch immer dieses Lächeln auf den Lippen, das nichts gutes verhieß. »Das ist nichts, das in einem lauten, vollen Schankraum besprochen werden sollte. Folgen Sie mir zu einem ruhigeren Ort. Die Rechnung geht auf mich.«
»Ich hätte mehr trinken sollen. Heute ist mein Glückstag«, scherzte Izuna.
Tobirama schwieg sich weiterhin aus und beobachtete. Er war ein hervorragender Beobachter, wie Izuna wusste. Ihm entging nichts.
Sie folgten Masao und seinen Leuten in ein Hinterzimmer. Der kleine Raum wurde von einer flackernden Glühbirne erhellt und war von einem wuchtigen hölzernen Schreibtisch dominiert, der irgendwie fehl am Platz wirkte. Die Wände waren kahl und wirkten ungastlich. Definitiv kein Ort, an dem feine Herrschaften bewirtet wurden.
»Also, was wird das?«, verlangte Tobirama zu wissen.
Izuna bemerkte, wie einer der Schlägertypen sich am Eingang hinter ihnen platzierte. Auch die anderen drei nahmen Posten rings um sie ein. Masao setzte sich hinter den Schreibtisch und lehnte sich lässig zurück.
»Wie ich bereits sagte, besitzen Sie Fähigkeiten, die für mein kleines Geschäft nützlich sein könnten«, begann er. »Nein, nicht nur könnten. Sie sind es. Wissen Sie, ich unterhalte einen Kampfring und bin immer auf der Suche nach fähigen Kämpfern. Der Einsatz ist hoch, aber die Gewinne höher.«
»Wo ist der Haken?«, fragte Izuna geradeheraus. Es gab immer einen Haken.
»Die örtlichen Behörden sehen das nicht gern, also darf nichts, was hier besprochen wird, diesen Raum verlassen. Wie ich bereits sagte, die Einsätze sind hoch und ich brauche regelmäßigen Nachschub an Kämpfern im Ring. Die sind aber nicht immer so leicht zu finden, obgleich die Preise für die Gewinner hoch sind. Aber das Geschäft muss laufen, ich muss meinen Kunden doch was bieten. Und die wollen nun mal Blut und Gedärme sehen. Ich gebe ihnen lediglich, wonach es sie verlangt.«
Oh, das war es also. Ärger wallte in Izuna auf. »Schluss mit diesem Unsinn!«, knurrte er. »Sie hetzen Leute gegeneinander auf, da machen wir nicht mit.«
»Wie ich das sehe, haben Sie keine Wahl«, sagte Masao lässig. »Wie ich bereits sagte, nichts verlässt diesen Raum. Ich kann nicht riskieren, dass Sie stehenden Fußes zu den Behörden gehen und mich auffliegen lassen. Sie hängen da jetzt drin, ob Sie nun wollen oder nicht.«
Die Stimmung im Raum war mit einem Male bis zum Äußersten gespannt. Masaos Männer griffen nach ihren Waffen.
»Idiot.« Izuna machte sich kampfbereit und Tobirama neben ihm tat dasselbe. »Da haben Sie einen Fisch geangelt, der zu groß für Sie ist.«
Als Masao das Sharingan in Izunas Augen sah, wankte seine Selbstsicherheit nun doch für einen winzigen Moment. Doch dann lachte er auf. »Das wäre doch ein hervorragender Test Ihrer Fähigkeiten.«
Tobirama seufzte genervt. »Sind Sie wirklich so dumm, wie Sie tun?«
»Hey, Tobirama. Weiß du noch, was Mausgesicht gesagt hat?«, wollte Izuna wissen.
»Mausgesicht?«
»Kein Ninjutsu hat er gesagt. Und das wäre gegen diese Milchbärte doch nur fair. Lass uns wetten. Wer sich zuerst eine fängt, gibt dem anderen einen aus. Und los!«
Ohne auf Tobiramas Erwiderung zu warten, stürzte sich Izuna auf den erstbesten Schläger. Der Mann war ein Schrank und wog wahrscheinlich mindestens doppelt so viel wie Izuna. Zudem war er bewaffnet und Izuna war es nicht. Eine der ersten Lektionen, die er jemals gelernt hatte, war gewesen, dass man schleunigst davonrannte, wenn man gegen eine Person mit einer Waffe kämpfte, ohne selbst eine Klinge in der Hand zu haben. Zudem befanden sie sich auf sehr beengtem Raum. Das allerdings konnte Izuna für sich nutzen.
Er duckte sich unter dem Faustschlag des Hühnen hinweg und rammte ihm seinerseits seine Faust in den Magen. Es war, als würde er auf Stein schlagen.
»Autsch.« Er schüttelte seine Hand aus.
»Komm her, du kleine Ratte!«, knurrte der Riese ihn an.
Izuna grinste und zog eine Grimasse. »Vergiss es!«
Sein Sharingan einfach nur aktiviert zu haben und nicht zu nutzen, war kein Ninjutsu. Also schummelte er auch nicht, als er es nutzte, um erneut dem Schlag seines Gegners auszuweichen, unter ihm hinwegzutauchen und ihm dann seinen Fuß in die Eier zu rammen. Der Mann fiel wie ein gefällter Baum um und blieb heulend liegen.
Auch Tobirama hatte den erstbesten Typen angegriffen, der sich in seiner Reichweite befand. Die beiden anderen machten den Fehler, in ihm die größere Gefahr zu sehen und hatten Izuna den Rücken zugedreht. Das nutzte dieser, um sich ebenfalls mitten hinein in das Handgemenge zu stürzen.
Tobirama war stark und kräftig gebaut und so gelang es ihm beinahe spielend, seinen Gegner durch die Wand zu treten. Die dünnen Holzlatten und das Papier boten nahezu keinen Widerstand und krachend flog der Mann in den Raum dahinter. Das bot nun endlich mehr Platz zum Kämpfen, jedoch auch genügend Raum für Langwaffen.
Izuna hatte sich indes an einen der anderen beiden gehangen, die Tobirama bedrängt hatten. Mit all seiner Kraft klammerte er sich an ihm, hatte die Beine um ihn geschlungen und einen Arm um den Hals. Mit der anderen Hand zerrte er an den Haaren des Mannes. Der Kerl fluchte unflätig und versuchte irgendwie, Izuna loszuwerden, kam dabei jedoch ins Straucheln und stürzte über seinen am Boden liegenden Kameraden. Sie fielen in einem wirren Durcheinander zu Boden, Izuna konnte den Sturz jedoch so abfangen, dass er nicht unter seinem Gegner begraben wurde. Sogleich holte er mit dem Ellbogen aus und traf den Mann mitten ins Gesicht. Es knackte zufriedenstellend.
»Ha! Zwei hab ich schon, Tobirama!«
Dann fühlte er kalten Stahl an der Kehle.
Masao war nicht untätig geblieben. Von irgendwoher hatte er ein Katana genommen, wahrscheinlich hatte er es unter dem Tisch verborgen gehalten. Nun hatte er die Klinge auf Izuna gerichtet.
»Beeindruckend, in der Tat«, sagte Masao. »Aber diese kleine Zurschaustellung endet hier. Ich bekomme, was ich will.«
Tobirama warf den beiden Gegnern, die noch übrig waren, einen Blick zu, dann sah er zu Izuna und Masao. »Kein Ninjutsu, sagst du? Na, viel Spaß.«
»Hey!«, protestierte Izuna. »Hab ein bisschen Mitleid! Diese armen Leute bekommen gleich eine richtige Tracht Prügel.«
Masao sah ihn skeptisch an. »Wie ich das sehe, bin ich hier derjenige mit einer scharfen Klinge in der Hand.«
Izuna grinste frech. »Gleich nicht mehr.«
Mit einer blitzschnellen Bewegung trat er gegen Masaos Hand und schwang sich gleichzeitig wieder auf die Beine. Masao gab einen überraschten Laut von sich und wurde sogleich in die Defensive gedrängt, als Izuna sich auf ihn stürzte, schneller als normale Augen es würden sehen können. Ein Handgemenge entbrannte. Izuna griff nach der Waffe und Masao versuchte, ihn daran zu hindern. Ein greller Schmerz explodierte zwischen Izunas Augen. Fluchend rammte er Masao einen Fuß in den Bauch, trat ihn damit von sich und entriss ihm die Waffe. Er tastete nach seiner schmerzenden Nase, und als er die Hand wieder wegnahm, sah er Blut an seinen Fingern.
»Du Scheißkerl!«, fluchte er nasal. »Jetzt hab ich meine eigene Wette verloren.«
Masao starrte auf die Klinge in Izunas Händen, die nur Augenblicke zuvor noch in seinem Besitz gewesen war.
»Scheiße, der Boss!«, fluchte einer der Schlägertypen, die noch standen. Sie zückten ihre Waffen, Klingen verschiedenster Längen.
Jetzt wurde es wirklich ernst. Tobirama knurrte wütend und ging direkt zum Angriff über, ohne seinem Gegner eine Gelegenheit dafür zu geben. Er brauchte kein Sharingan, um so schnell zu sein. Izuna hatte ihn schon immer dafür bewundert.
Masao nahm die Beine in die Hand. Izuna setzte ihm nach. Masao ging hinter seinem Schreibtisch in Deckung und warf einen Tuschestein nach Izuna. Izuna konnte ausweichen, nur um sogleich dem Stuhl auszuweichen, den Masao ebenfalls nach ihm warf. Der Mann rannte davon.
Direkt hinein in Tobiramas Messer.
Er hatte es geschafft, es seinem Gegner abzunehmen. Als Masao an ihm hatte vorbeirennen wollen, hatte er keinen Augenblick lang gezögert, ihn gepackt und ihm das Messer von unten durch die kehle und direkt ins Hirn gerammt. Masao röchelte und zuckte schwach. Mit einem feuchten Geräusch befreite Tobirama die Klinge wieder und ließ den Mann fallen. Masao blieb regungslos liegen.
Stille senkte sich über die Szene.
»Scheiße. Der Boss.«
Tobirama richtete den Blick blick seiner roten Augen auf den Sprecher. »Zieht ab und wir vergessen das hier alle.«
Er hatte Blut geleckt und nun war da dieser ganz bestimmte Ausdruck auf seinem Gesicht. Der, den er immer trug, wenn er in Kampfstimmung war. Izuna konnte nicht abstreiten, dass er das ausgesprochen ansprechend fand. Er starrte zu Tobirama.
Und so sah er nicht, dass sich einer der beiden Männer, die er zuvor gefällt hatte, wieder regte. Es war der Hühne. Er packte Izuna bei den Beinen und riss ihn zu Boden. Mit einem wilden Kampfschrei holte er erneut mit der Faust aus. Geistesgegenwärtig schlug Izuna mit der Klinge zu.
Ein Schwall Blut ergoss sich über ihn, als die Klinge tief in die Brust des Mannes fuhr und dann in seinen Rippen stecken blieb. Katana waren nicht gemacht zum wilden drauflos Hacken auf engem Raum. Schreiend brach der Mann über Izuna zusammen. Izuna hievte ihn von sich herunter und riss die Waffe aus seinem Gegner.
Jetzt wurde es richtig dreckig. Tobirama und Izuna waren nun beide bewaffnet und nicht mehr nur darauf aus, ihre Gegner außer Gefecht zu setzen. Mit dem Katana in der Hand sprang Izuna an Tobiramas Seite, sodass sie sich gegenseitig Rückendeckung geben konnten.
Es folgte ein rascher und brutaler Schlagabtausch, aus dem die beiden Shinobi unbeschadet als Sieger hervorgingen und ihre Gegner tot oder sterbend am Boden lagen. Izuna rammte dem letzten das Katana in die Brust.
»So eine Sauerei«, sagte er in die Stille hinein, die folgte.
Tobirama warf einen abschätzigen Blick auf die Leichen um sie herum. »Ich hoffe, das verbuchst du nicht als Spaß, Uchiha.«
Izuna wischte die Klinge an der Kleidung des Toten ab. »Du wirst es mir nicht glauben, aber nein, ich habe keinen großen Spaß daran, solche Leute zu töten. Aber vielleicht haben wir damit anderen geholfen, indem wir ein paar Kriminelle ausgeschaltet haben.«
»Jemand anderes wird kommen und seinen Platz einnehmen.« Tobirama riss sich vom Anblick der Toten los. »Komm jetzt. Gehen wir zurück zu unseren Brüdern.«
Izuna beschloss, dass er das Katana behalten wollte. Es war eine gute Klinge. Dann folgte er Tobirama.
Wie zu erwarten, machten ihre Brüder einen riesigen Aufriss um ihre Abwesenheit und wollten wissen, wo sie gewesen waren. Als Madara dann auch noch Izunas blutige Nase sah, war es endgültig vorbei. Schnaubend schob er ihn zu Hashirama, auf dass dieser den Schlamassel in Izunas Gesicht wieder richten möge.
»Achtung, das tut jetzt kurz weh.«
Das war die einzige Warnung, die Izuna erhielt, bevor Hashirama ihm die Nase wieder richtete. Izuna wollte schon fluchend aufspringen, doch Madara hielt ihn auf dem Stuhl, auf den er ihn platziert hatte, damit Hashirama ihn behandeln konnte. Hashirama machte es immerhin wieder wett, indem er sogleich heilendes Chakra in das malträtierte Organ schickte.
»Was habt ihr angestellt?«, verlangte Madara zu wissen.
»Ich hab eine Wette verloren. Aber ich akzeptiere meine Niederlage mit Würde«, sagte Izuna theatralisch.
»Hast du sonst noch irgendeine Verletzung?«, wollte Hashirama wissen. »Und ist dir etwas passiert, Tobirama?«
Tobirama verdrehte die Augen. »Das war ein Haufen Krimineller, nichts weiter. Macht nicht so einen Aufriss darum. Izuna wird schon eine gebrochene Nase überleben.«
Izuna schmollte. »So herzlos. Kannst du nicht wenigstens so tun, als würdest du dich um mich sorgen? Das tat ganz fürchterlich weh. Meiner Ehre mehr als meiner Nase.«
»Euch kann man wirklich nicht aus den Augen lassen«, grummelte Madara und sah dabei zu Tobirama.
»Was schaust du mich an, als sei es meine Schuld!«, empörte sich dieser. »Dein Bruder hat den Mund zu voll genommen und ist sehenden Auges mitten hinein gerannt.«
»Aber es hat Spaß gemacht, die bösen Jungs zu vermöbeln. Na gut, bis zu dem Moment, in dem Klingen gezückt wurden, dann war‘s nicht mehr so lustig.«
»Nur dass das klar ist: Ich lass dich nicht mehr allein mit meinem Bruder!«, knurrte Madara.
»Big Bro, was soll das?«, protestierte Izuna, noch bevor Tobirama es konnte. »Wir sind keine Kinder mehr, auf die du aufpassen musst.«
»Nun, da hast du durchaus Recht«, sagte Hashirama bedächtig und fügte dann trotzdem an: »Aber passt dennoch besser auf euch auf.«
Damit war die ganze Sache auch schon erledigt. Es war bereits spät und der morgige Tag würde anstrengend werden, weshalb Tobirama und Izuna im Anschluss auf ihr eigenes Zimmer gingen. Tobirama streckte sich auf dem Bett aus.
»Das war ein aufregender Tag, findest du nicht auch?«, freute sich Izuna.
»Sei still, Uchiha, und gib endlich Frieden. Ich will schlafen«, grummelte Tobirama missmutig.
Izuna grinste und betrachtete ihn, wie er da ausgestreckt auf dem Bett lag, mit den Armen hinter dem Kopf und die Augen geschlossen. Ein Ausdruck ruhiger Konzentration lag auf seinen Zügen. Kaum vorzustellen, dass er kurz zuvor noch spielend leicht diese Männer getötet hatte, die sie für ihre kriminellen Machenschaften hatten einspannen wollen.
Tobirama war wirklich hübsch anzusehen, egal ob er nun mit kalter Effizienz tötete oder missmutig Izuna ertrug, nur um dann doch enthusiastisch mit ihm ihre neuesten Ideen zu diskutieren.
In diesem Moment wurde Izuna eines klar. Er war sich nicht sicher, wann oder wie es passiert war, aber eines stand fest. Er hatte sich in Tobirama verliebt.
Engawa – eine umlaufende Terrasse in der traditionellen japanischen Hausbauweise
Fächer – traditionelle japanische Fächer haben mehrere Formen: zum einen die des uchiwa (ja, das Wappen der Uchiha), der Blattfächer, welcher von Generälen in Form eines gumbai auch als Mittel benutzt wurde, um Befehle zu übermitteln und heute noch im Sumo Einsatz findet (I see what you did there, Madara). Und zum anderen gibt es noch den ōgi oder sensu, einen Faltfächer.
Hanamachi – „Blumenviertel“, das Geishaviertel einer Stadt
Happuri – eine Gesichtsmaske, Teil der Ausrüstung des Samurai
Hikizuri – eine besondere Form des Kimono, von Maiko getragen und in der Regel mit buntem Stoff
Kabuki – traditionelles japanisches Theater; Sagi Musume ist ein real existierendes Stück, auf YouTube gibt es Aufzeichnungen von Aufführungen
Kanzashi – eine Haarnadel, üblicherweise von Geisha und Maiko getragen; ōgi bira kanzashi ist eine besondere Form des kanzashi in Form eines Fächers, die üblicherweise von Maiko getragen wird; das Stück, das sich Izuna hier kauft, wird von Maiko zum Gion Fest im Juli getragen (er weiß da also durchaus Bescheid, wann was aktuell ist ;) )
Nanshoku – das Wort für gleichgeschlechtliche Homoerotik, die insbesondere unter Samurai verbreitet war (bis der Westen kam und Japan zu einem schrecklich prüden Land machte, damn Westerners)
Noren – Vorhang vor einem Eingang zu Läden, Räumen oder vor Fenstern
Ochaya – ein Teehaus, Ort, an dem Geisha und Maiko ihre Kund*innen bedienen, üblicherweise mit exklusiver Kundschaft, und man kommt nur auf persönliche Empfehlung hinein
Okiya – Geisha-Haus, in welchem die Geisha und Maiko leben und eine Art Schwesternschaft bilden
Onnagata – Schauspieler des Kabuki, welches traditionell nur von Männern besetzt wird, welche dadurch auch Frauenrollen spielen. Früher nahm man an, dass nur ein Mann wahre Femininität darstellen kann
Sōzu – japanischer Brunnen bestehend aus einem Bambusrohr, das durch einen Wasserlauf mit Wasser gefüllt wird, dadurch umkippt, das Wasser wieder auslaufen lässt und dabei klappernd auf einen Stein schlägt. Das Bambusrohr kehrt in seine Ursprungsposition zurück und der Vorgang wiederholt sich.
Susohiki – eine besondere Form des Kimono, von Geisha getragen und in der Regel aus Stoff in gedeckten, dunkleren Farben wie Dunkelblau oder Schwarz
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