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Der Strand

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12.07.22 20:45
6 Ab 6 Jahren
Fertiggestellt

Der Strand wirkt so friedlich auf die Sonnenanbeter oder die unermüdlichen Wanderer, die sich, gegen den oft heftigen Wind ankämpfend, vorwärts bewegen. Und doch, mächtige Bauwerke erinnert an eine furchtbare Vergangenheit. Es sind die Bunkeranlagen der Nazis, die das friedliche Bild stören. Weiter im Süden, in der Dünenwelt des Departements Landes, sind sie kaum noch auszumachen. Siebzig Jahre haben gereicht, um die Ungetüme unter den Dünen verschwinden zu lassen. Aber hier auf der Halbinsel Médoc hat sich in diesem Zeitraum der Atlantik weit in die Dünen vorgearbeitet; und so liegen inzwischen komplette Bunkeranlagen mitten auf dem Strand.

Beim Wandern erleichtern einem die Bunker das Schätzen der zurück gelegten Wegstrecke. Etwa alle zwei Kilometer erreicht man eine Bunkeranlage. Mächtige Betonburgen, sinnlos in der Landschaft liegend. Aus Beton gegossene Geschützstände, im Halbkreis um die Bunker platziert, vervollständigen die schrecklichen Orte. 

Wohl wissend, dass hier in Südwestfrankreich diese Burgen niemals den Zweck erfüllt haben, zu dem sie errichtet wurden, sind diese Betonklötze eine ständige Erinnerung an eine Zeit, als sich die Völker Europas in tödlicher Feindschaft gegenüber standen. Was für eine Vergeudung an Ingenieurwissen, Arbeitskraft und Material. Und das alles für einen Krieg, der längst nach anderen Regeln geführt wurde. Dort weit im Norden, in der Normandie, konnten diese Bollwerke 1944 die Invasion nur einen Tag lang aufhalten, dann waren sie überrannt. 

Als wir vor dreißig Jahren erstmals diese Küste besuchten, habe ich noch gehofft, zu erleben, wie diese Monster von der ewig tosenden Brandung zu Sand zermahlen werden. Aber es werden noch viele Generationen an diesem Strand wandern, bis die Bunker verschwunden sind. Nur wenig hat sich in dieser langen Zeit an den Ungetümen geändert. Inzwischen sind die Treppenstufen zerfallen, die 1985 noch begehbar waren. Anfang der neunziger Jahre kamen junge Künstler und haben einen Teil der Bunker mit großflächigen Bildern bemalt. Darunter haben sie Aufrufe geschrieben wie „Respektiert den Ozean“ oder „Schützt die Weltmeere“. Diese Kunstwerke sind lange schon wieder Vergangenheit und wilden Graffitis gewichen, die diese Orte noch monströser erscheinen lassen.

Einige der Bunker stehen so, dass sie bei heftigem Wind zu atmen scheinen. Wenn der Wind durch die leeren Höhlungen der Schießscharten und über die verfallenen Treppenstufen streicht, ähnelt das Geräusch dem schweren Atmen eines Asthmatikers. Bei anderen Bunkern erklingt ein unheimliches Röcheln, das als Hintergrundgeräusch jedem Horrorfilm Ehre machen würde. Irgendwann haben wir uns angewöhnt, diese Geräusche den Atem toter Seelen zu nennen. 

Und doch, etwas Tröstliches gibt es. In Zeiten des Friedens sind an kühlen Sonnentagen die Bunkeranlagen bei den Sonnenanbetern als Windschutz beliebt. Und so zieht es selbst im Winter immer wieder Sonnenhungrige in den Windschatten der Bunker. Und, um es nicht zu vergessen, der Anblick der Bauwerke und eines zerschellten Bootes haben mich zu der Erzählung Der Lauf der Zeiten inspiriert.

Autorennotiz

Diese kleine Schrift habe ich vor ungefähr zehn Jahren verfasst und darin die Gefühle beschrieben, die mich beim Wandern an den winterlich einsamen Strände Aquitaniens bewegen.

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=der_strand.pdf

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Autor

BerndMooseckers Profilbild BerndMoosecker

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Sätze: 27
Wörter: 502
Zeichen: 3.098

Kurzbeschreibung

Ein großer Krieg hat an der gesamten Westküste Frankreichs Bunkeranlagen hinterlassen, die seit dieser Zeit dort verrotten. Die Geschichte beschreibt die Gedanken, die mich beim Wandern an diesen Stränden bewegen.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Krieg auch in den Genres Reise, Natur gelistet.

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