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Handwerker und Pädagoge

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07.01.24 00:15
6 Ab 6 Jahren
Fertiggestellt

Vor vielen Jahren, fast vor einem Menschenleben, unterlief mir ein handwerklicher Fehler, der sich für immer in unser Familiengedächtnis einprägen sollte. Ich bin gelernter Handwerker, war aber zu dieser Zeit bereits nicht mehr handwerklich tätig. Das hatte durchaus finanzielle Gründe, denn eine junge Familie braucht Geld und wo sich eine Aufstiegschance bot, da habe ich sie damals ergriffen. Ich war vielleicht krankhaft ehrgeizig, das ist aber eine Vermutung, die auf meiner eigenen Einschätzung in späteren Jahren beruht. Weder meine Frau noch unsere Tochter haben mir jemals derartiges vorgeworfen. Auf jeden Fall ist es so, dass ich sehr viel gearbeitet habe – nicht nur zu dieser Zeit, sondern während meiner gesamten Berufstätigkeit. Unsere damals noch kleine Tochter sah ich nur ein oder zwei Stunden täglich. Meist kurz am Morgen, wenn ich stehend mein Frühstück einnahm oder abends bevor sie zu Bett gebracht wurde.

Unsere Finanzen waren trotz der vielen Arbeiterei anfangs knapp bemessen. Deshalb führte ich zu Hause die notwendigen handwerklichen Tätigkeiten aller Art selbst aus. Vorwiegend führte ich diese Arbeiten am freien Samstag aus, Frau und Tochter entschwanden zur Oma oder wenn die Arbeiten nicht so sehr zeitaufwendig waren, gingen die Beiden einige Zeit spazieren. Waren die Arbeiten zu zeitaufwendig für den Samstag, begann ich bereits am Freitag nach Feierabend mit den Arbeiten. Es gab aber auch Arbeiten, die eilig waren und somit nicht auf das Wochenende verschoben werden konnten. Dazu gehörten vor allen Dingen Schäden an Haushaltsgeräten. Ich bin zwar kein gelernter Elektriker, habe aber während meiner Ausbildung genug von Arbeiten an elektrischen Anlagen mitbekommen, um als fachkundig zu gelten. Irgendwann einmal, es muss im Winter gewesen sein, da es bereits dunkel war, als ich nach Hause kam, wurde ich bereits ungeduldig erwartet. Das Bügeleisen weigerte sich, seinen Dienst zu verrichten.

Es genügte eine kurze Untersuchung und der Schaden war lokalisiert. Aus mir unverständlichen Gründen gab es einen Wackelkontakt direkt hinter dem Stecker des Stromkabels. Das war dann kein Problem, einfach das Kabel ein wenig kürzen, einen neuen Stecker anbringen – fertig! Unsere Tochter war damals etwa fünf Jahre alt und an jeglicher Art von Technik hoch interessiert. So erklärte ich ihr, was ich tun werde, zeigte ihr die erforderlichen Werkzeuge und pädagogisch nutze ich die Chance und erklärte ihr die Gefahren, die vom elektrischen Strom ausgehen. Dann griff ich beherzt zum Seitenschneider, um das Kabel zu durchtrennen. Es gab einen Blitz, das Licht ging aus, wir standen in totaler Dunkelheit, da die Rollladen heruntergelassen waren und es roch leicht nach verschmortem Gummi. Meine liebe Frau fing sich als erste, sie tastete sich zur Wohnungseingangstür und drückte auf den Lichtschalter im Treppenhaus, so hatten wir zumindest etwas Helligkeit in der Wohnung. Während meine Frau zum Sicherungskasten ging und den Sicherungsautomaten wieder einrasten ließ, zog ich den Stecker aus der Steckdose, denn das hatte ich vor lauter pädagogischem Getue vergessen, bevor ich zur Tat schritt. Unserer Tochter zeigte ich, als das Licht wieder brannte, den Seitenschneider. In eine der Schneiden hatte der Blitz eine Kerbe geschmolzen. Meine Reputation als Pädagoge hatte etwas gelitten, aber das überwand ich. Ich erklärte der Tochter möglichst souverän, sie hätte jetzt mit eigenen Augen gesehen, wie gefährlich elektrischer Strom sei.

Der Rest der Reparatur war kein Problem, das Bügeleisen nutzten wir ein weiteres Jahrzehnt. Den Seitenschneider benutze ich auch heute, über vierzig Jahre später, immer noch. Die Kerbe in einer der Schneiden stört kaum beim Arbeiten. Meine Reputation hat auch nicht nachhaltig gelitten, weder die als Pädagoge, noch die als Handwerker. Selbst am heutigen Wohnort unserer Tochter im fernen Aquitanien, darf ich kleinere Reparaturen an der Elektrizität ausführen.

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BerndMooseckers Profilbild BerndMoosecker

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Sätze: 32
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Kurzbeschreibung

Eine kleine Geschichte über Erfolge und Misserfolge beim Handwerken und lange zurückliegenden Erziehungsversuchen.

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