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Kapitel: | 2 | |
Sätze: | 188 | |
Wörter: | 3.100 | |
Zeichen: | 17.246 |
Die dunklen Wolken ziehen sich zusammen, versperren mir jeglichen Blick auf das Blau des Himmels, auf die Sonne, das Licht. Ich wende meinen Blick vom Fenster ab, er bleibt automatisch an der Schublade hängen, in der ich meine Messer liegen habe.
Die Stimme in meinem Kopf, es ist meine, flüstert mir zu: „Schneide dich, mach schon, Tsuzuku!“ Das Gefühl, am Abgrund zu stehen, überkommt mich. Und ich komme nicht dagegen an. Öffne die Schublade, nehme eines der Messer heraus, meine Schritte tragen mich ins Bad, vor den Spiegel. Ich muss mir manchmal ins Gesicht sehen, wenn ich mich verletze.
Heute gehe ich nirgendwo hin, deshalb bin ich nicht geschminkt und trage auch keine Kontaktlinsen.
„Borderline Disorder“ Das Wort zuckt mir durch den Kopf, als ich mein T-Shirt mit den aufgedruckten Worten ‚Find your Avalon‘ ausziehe und nach einer Stelle zwischen meinen Tattoos suche, wo noch Platz für Schnitte ist. Es ist kaum noch unberührte Haut übrig, einer der Gründe, warum ich überhaupt so stark tätowiert bin. Es ist ein Versuch, mich am Schneiden zu hindern, wenn auch kein besonders erfolgreicher. Aber irgendwo in mir ist noch ein Teil übrig, der das alles nicht will und sich zu beschützen versucht. Doch heute hat er keine Chance.
Der erste Schnitt tut noch weh, den zweiten spüre ich schon fast nicht mehr. Wenn ich mich schneide, also absichtlich, verliere ich oft jedes Gefühl, jede Beziehung zu meinem Körper. Der dritte Schnitt geht tiefer, tut wieder weh, doch der Schmerz ist nichts Unangenehmes, fühlt sich sogar irgendwie gut an. Und es kippt, auf einmal spüre ich mich, ganz deutlich.
Ich weiß ja, dass ich krank bin. Ich weiß die Diagnose. Seit das Ganze einen Namen hat, weiß ich zwar, was mit mir los ist, doch an meinem Verhalten hat sich kaum etwas geändert. Ich verletzte mich weiter, komme Menschen zu nahe, stoße sie dann wieder von mir, weil ich plötzlich Angst vor ihnen bekomme, und leide unter teils extremen Stimmungsschwankungen. Dazu die Schuldgefühle, weil ich genau weiß, dass die anderen unter mir zu leiden haben.
Der vierte Schnitt ist ein fast positiver Schmerz. Ich schließe die Augen, genieße ihn und spüre die sanft kitzelnden Blutstropfen, die meinen Arm hinunterlaufen.
Das laute Schrillen meiner Türklingel reißt mich aus der Trance. Und gleich auf hundertachtzig.
Wer wagt es, ausgerechnet jetzt bei mir anzukommen?!!
Ich reiße ein Taschentuch aus der Box auf der Fensterbank, wische hastig das Blut von meinem Arm und ziehe das T-Shirt wieder über. Im Wäschekorb hinter mir liegt meine schwarze Sweatjacke, die ziehe ich darüber, damit, wer auch immer da jetzt vor meiner Tür steht, nichts von den Schnitten zu sehen bekommt.
Noch ein kurzer Blick in den Spiegel, Fassade aufsetzen, dann gehe ich zur Tür.
Durch den Türspion sehe ich Meto im Treppenhaus stehen. Er trägt die üblichen buntschwarzen Klamotten und hat seine türkisblauen Haare unter einer schwarzen Mütze versteckt. Als er meine Schritte hört, winkt er und grinst mich durch den Spion hindurch an.
Mit einem Schlag sind meine Wut und Angst wie weggefegt. Als wären sie nie dagewesen. Das Gefühl vom Schneiden ist vergessen, die Schnitte tun nicht mehr weh, sondern tun so, als wären sie gar nicht da. Wärme breitet sich aus, ich spüre mein Herz schlagen.
Ich stehe da wie angewachsen. Und ein winzig kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.
Meto klopft ungeduldig gegen meine Wohnungstür. Ich muss mich wieder kurz sammeln, dann mache ich auf.
Er steht vor mir, grinst mich an, dieses breite, süße Meto-Grinsen, für das ich ihn augenblicklich umarmen und küssen könnte.
Meine Gedanken gehen völlig durch, spielen mir im Kopf einen Film vor, in dem Meto mir um den Hals fällt, seine vollen Lippen auf meine drückt, mich anstrahlt und jeden Drang, mich zu verletzen, einfach davonjagt, wie Sonnenstrahlen, die jede Finsternis vertreiben. Einen Film, in dem ich keine Angst mehr habe, in dem ich sein und tun kann, wie ich nun einmal bin.
Meto sieht mich fragend an. Wahrscheinlich kann er mir mal wieder ansehen, dass in meinem Kopf das reinste Kino abgeht und fragt sich jetzt, was ich da wohl für Filme laufen habe.
Ich bitte ihn herein, er zieht seine Schuhe aus, geht durch bis ins Wohnzimmer und lässt sich auf mein Sofa fallen. Selbst wenn wir allein sind, ohne Kameras und andere Leute, dauert es immer eine ganze Weile, bis er ein paar Worte verliert.
Mit einem Mal verschwindet das Lächeln aus Metos Gesicht. Ich folge seinem Blick und sehe, dass ich die Badezimmertür nicht zugemacht habe und das blutige Taschentuch achtlos auf dem Boden liegt, leuchtend rot die Flecken, unübersehbar.
Er sieht mich an, ernst, fast wütend. Mit einem Ruck steht er auf, macht zwei Schritte auf mich zu und drückt mich aufs Sofa nieder. Reißt den linken Ärmel meiner Jacke hoch und sieht die Schnitte, aus denen schon wieder kleine Blutstropfen quellen. Rennt ins Bad, schnappt sich dort die Box mit den Taschentüchern und drückt, als er wieder neben mir sitzt, eine ganze Ladung von den weichen, dünnen, weißen Blättern auf die Spuren meiner Selbstverletzung.
„Tsuzuku…“, sagt er leise. „Kann man dich überhaupt noch allein lassen?!“
Kann man das? Bin ich alleine noch lebensfähig? Oder brauche ich wirklich jemanden, der auf mich aufpasst und mich vor mir selber schützt?
Ich zucke mit den Schultern, weiß keine rechte Antwort.
Meto zieht sein Handy raus, tippt eine Nachricht an irgendwen und sagt dann: „Ich bleib jetzt bei dir.“
„An wen hast du geschrieben?“, frage ich.
„Koichi und MiA.“
Natürlich. Damit sich die beiden auch noch Sorgen um mich machen… Als ob’s nicht reichen würde, dass ich selbst Angst um mich habe, und Meto.
Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre Mejibray meine Arbeit und sonst nichts gewesen, doch insbesondere Meto hat mir da einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er ist der festen Überzeugung, dass wir mehr sind als eine Band, mehr als Kollegen. Dass wir Freunde sein müssen, die füreinander da sind, auch wenn jeder in Sachen Selbstproduktion seine eigenen Sachen macht.
Und irgendwann hat er damit auch mich überzeugt, Koichi und MiA sowieso.
Man merkt es ja schon daran, wie ich auf sein Lächeln reagiere. Irgendwann ist es so gekommen, dass mich dieses Grinsen förmlich schweben lässt. Dass ich meine Sorgen, die Angst, die schlechten Gefühle und den Schmerz vergesse, wenn ich Meto lächeln sehe. Dass es neben dem Singen die einzige Sache ist, die mich so vollkommen entspannen kann.
„Weißt du… eigentlich wollte ich mit dir ein paar Filme schauen. Ich hab welche mitgebracht, die dir bestimmt gefallen würden“, sagt er nach einer Weile.
„Können wir ja“, antworte ich.
„Meinst du, das lenkt dich ab?“
Ich nicke, stehe auf, wobei ich die Taschentücher fest auf die Schnitte drücke. Meto steht ebenfalls auf, holt meinen Verbandskasten, von dem er längst weiß, wo er sich befindet, und drückt mich an den Schultern zurück aufs Sofa. „Erst verbinden, dann Film schauen.“
Nachdem er meinen Arm vorsichtig und fürsorglich mit Pflastern beklebt, mit weißen Mullbinden verbunden und das Ende mit einem Klebestreifen befestigt hat, holt er Decken aus meinem Schlafzimmer und verwandelt mein Sofa in eine Kissen- und Deckenlandschaft. Zwischendurch lächelt er mich immer mal wieder aufbauend an und weiß wahrscheinlich nicht mal annähernd, was dieses Lächeln in mir auslöst.
Meto und ich haben einen teilweise recht ähnlichen Filmgeschmack und er hat ein paar wirklich gute Streifen mitgebracht, sodass wir den Rest des Nachmittags tatsächlich vor der Mattscheibe verbringen. Er hat sogar Kuchen mitgebracht und als ihm auffällt, dass ich mal wieder nichts essen mag, versucht er doch tatsächlich, mich zu füttern. Man könnte sagen, er zieht eine Art Meto’sches Tsuzuku-Aufbauprogramm durch und ich muss zugeben, dass er das ziemlich gut macht. Jedenfalls geht es mir nach dem zweiten Film sehr viel besser.
Wir liegen, in die Decken eingekuschelt, auf dem Sofa und in meinem Bauch flattert etwas wie ein fröhlicher Schwarm Schmetterlinge. Ja, ich bin wohl verliebt. Aber wie kann man denn so einen süßen, fürsorglichen Menschen wie Meto auch nicht lieben?
In meinem Kopf sind Gedanken wie „Ich müsste das mal so einplanen, dass ich ihn auf der Bühne küssen kann“ oder „Auf Tour müssen wir mal in einem Zimmer schlafen.“
„Mund auf, Tsu, das ist das letzte Stück Kuchen“, reißt mich der süßeste Kerl der Welt aus meinen verliebten Gedanken und hält mir das letzte Stückchen Marmorkuchen unter die Nase.
Gehorsam mache ich den Mund auf und schlucke dann das kleine Stück mit viel Schokolade dran runter.
Und so wuschig wie ich jetzt nun mal bin, rutscht mir eine Frage raus, die ich im nächsten Moment lieber für mich behalten hätte: „Kannst du bei mir übernachten?“
„Kannst du echt nicht alleine bleiben?“
Ich schüttele den Kopf. Zwar geht es mir wieder gut, doch ich traue dem Frieden nicht und außerdem … würde ich heute Abend liebend gern in Metos Armen einschlafen. Aber das kann ich ihm ja wohl nicht sagen, also schiebe ich eben meine Störung vor.
„Okay, ich bleibe hier“, sagt er. „Ich mag dich auch ehrlich gesagt gar nicht allein lassen.“
Wir sehen noch einen Film an, draußen ist es längst dunkel, dann frage ich: „Wollen wir jetzt schlafen gehen?“
Meto nickt, steht langsam auf und packt die eine Decke zusammen, ich nehme die andere. In meinem Schlafzimmer ist es kalt und so machen wir auch hier ein regelrechtes Nest aus Kissen und Decken, in dem es sich gut aushalten lässt.
Meto ahnt nichts von meinen Gefühlen, zieht sich vor meinen Augen bis auf die Unterwäsche aus (was mich schon annähernd verrückt macht) und kriecht dann zu mir unter die Decke.
„Ist das okay so? Ich meine wegen der Nähe?“, fragt er. Ich weiß, er hat sich über Borderline informiert, damit er weiß, wie er mit mir umgehen soll.
Ich nicke. „Alles okay.“
Und das ist nicht mal gelogen. In diesem Moment ist wirklich alles okay, wenn man von dem Verband und den Schnitten darunter einmal absieht. Aber in mir drin, da ist gerade echt alles gut. Meto liegt in meinen Armen, ich spüre, wie sich sein Brustkorb hebt und senkt mit seinen Atemzügen, und seinen Herzschlag. Er macht mich so unfassbar glücklich und weiß es nicht mal.
„Wir drei, MiA, Koichi und ich, wir haben dich wirklich gern, Tsuzuku“, sagt er leise. „Und wenn du dich verletzt, dann tut das auch uns weh. Vielleicht hilft dir das, dagegen anzukommen?“
„Vielleicht…“, antworte ich und denke an das berühmte Butterfly Project. Ich habe es schon mal damit versucht, doch gebracht hat es nicht viel. Wenn ich so unten bin, dann bin ich wie umgedreht, komme an die guten Gedanken einfach nicht mehr ran.
Meto legt seinen Arm um mich, zieht mich an sich und haucht mir einen Kuss auf die Wange. Mein Herz rastet fast aus vor Freude, und ich schmiege mich an ihn, will mehr und kann nicht, weiß genau, dass ich es nicht bekommen werde. Und bin doch in diesem Moment unsagbar glücklich.
Irgendwann werde ich ihm vielleicht sagen, was ich für ihn empfinde. Wenn der richtige Augenblick dafür da ist…
Die Einsamkeit zerrt an mir, brennt wie glühende Kohlen auf meinem Herzen. Ich drehe mich unruhig von einer Seite auf die andere, seit Stunden schon, ich kann einfach nicht schlafen. Und wie immer kommt meine Vergangenheit in mir hoch, alles, was ich verbockt habe, wo ich mir und anderen furchtbar wehgetan habe.
Mein Körper sehnt sich voller Schmerz nach Nähe, nach einem anderen Körper nah bei mir, und mein Herz schreit verzweifelt nach Liebe. Es ist niemand da, der mich hält und der mein Herz daran hindert, sich vor Verzweiflung zu zerreißen. Ich bin allein, ganz allein.
Bitte, warum sterbe ich nicht einfach? Mein letzter, restlos verzweifelter Wunsch. Meine Rettung, wenn ich das Leben einfach nicht mehr ertrage. Komm, süßer Tod, umarme mich, wenigstens du.
Ich bin gut darin geworden, mich in diese Gedanken zu versenken. Es passiert fast automatisch, und es macht dieses leichte, ruhige Gefühl.
Doch irgendwas ist seit einer Weile anders. Es fällt mir seltsam schwer, mich auf mein Ende zu freuen. Ich kann mich diesem Gefühl nicht mehr so sehr hingeben wie noch vor ein oder zwei Monaten. Der Tod antwortet nicht mehr, wenn ich nach ihm rufe.
Stattdessen muss ich an jemanden denken, der droht, mein ständiges Sehnen nach dem Tod langsam auszulöschen. Der mit seiner Art und allem, wie er ist, dafür sorgt, dass ich mich doch immer wieder ans Leben wage. Dessen breites, süßes Lächeln mich vor Glück wahnsinnig macht, und bei dem meine größte Angst ist, dass ich bei ihm dieselben Fehler mache wie bei allen anderen vor ihm.
Und auf einmal höre ich seine Stimme, ganz leise, durch die geschlossene Tür meines Hotelzimmers.
„Tsuzuku?“, fragt er, seine Stimme klingt ein wenig rau. „Alles okay bei dir?“
Einen Moment lang weiß ich nicht, ob ich antworten soll. Gefühle, Gedanken, alles blitzt durch meinen Kopf, dann stehe ich langsam auf und öffne die Tür.
Meto trägt einen bunten Schlafanzug mit Teddys drauf, hat in der einen Hand Ruana und in der anderen ein Kopfkissen, er sieht aus wie ein kleines Kind, das nicht schlafen kann und deshalb bei seinem älteren Geschwisterkind ankommt.
„Ich … hatte so ein … komisches Gefühl …“, sagt er leise. „Du … hast geweint, oder?“
Ich nicke nur, sagen muss ich nichts, meine wahrscheinlich rotgeweinten Augen sprechen für sich. Es erscheint mir unpassend, Meto so vor der Tür stehen zu lassen, und so lasse ich ihn ins Zimmer, obwohl drinnen schon nach einem Tag Aufenthalt ein heilloses Chaos herrscht.
Er sieht mich vorsichtig und fragend an, und ich deute auf das Bett, dass er sich dort setzen kann, weil beide Stühle im Raum mit meinen endlosen Mengen an T-Shirts und anderen Sachen bedeckt sind. Einen Moment lang herrscht seltsame Stille zwischen uns, dann setze ich mich neben ihn.
Meto lächelt, und dieses unglaublich süße Lächeln verfehlt seine Wirkung auf mich nicht. Ohne weiter nachzudenken, lehne ich mich an ihn, was mir einfach unglaublich gut tut. So gut, dass mir wieder Tränen in die Augen steigen. Meto legt seinen Arm um mich und ich fühle mich auf einmal ganz sicher und geborgen. Wenn er mich hält, kann mir nichts passieren.
„Das tut dir gut, oder?“, fragt er mit seiner leisen, so selten zu hörenden Stimme.
„Ja“, antworte ich und mein Körper schmiegt sich ganz von selbst näher an seinen.
„Ich kann bei dir bleiben, wenn du willst.“ Seine Hand streichelt meinen Oberarm, ganz lieb und warm und vorsichtig. „Dann bist du nicht allein.“
Ich bin nun mal wirklich nicht gut darin, mich selbst zu beherrschen. Und so kommt mir in meiner wahnsinnigen Sehnsucht wieder diese Frage über die Lippen: „Kann ich in deinen Armen liegen?“
Er lächelt wieder. „Klar.“ Legt sich hin, in mein Bett, und schaut mich einladend an. „Komm her, Tsuzuku, du musst keine Angst haben.“
Wie könnte ich da widerstehen? Auch widerstehen war noch nie meine Stärke. Und so liege ich einen Moment später wirklich in seinen Armen, fühle seine Atmung und seinen Herzschlag, dazu die Berührung seiner Hände auf meinem Körper. Es fühlt sich seltsam unwirklich an.
Meto … kann es wirklich wahr sein? Ist es mir nach all den Jahren, nach all dem Schmerz und all meinen Fehlern doch endlich vergönnt, jemanden ganz heil und glücklich einfach zu lieben? Bist du es, der mein Herz endlich wieder ganz macht?
Liebst du mich? Schlägt dein Herz gerade wirklich ein wenig schneller oder bilde ich mir das nur ein? Was empfindest du für mich, wo du doch weißt, wie ich bin? Wo du doch dieses Wort und seine Bedeutung kennst, das große Brandmal auf meiner Seele, das, was man Borderline nennt?
Ich weine. Doch ich spreche in diesem Moment nicht aus, warum. Meto hält mich einfach, streichelt mich sanft und süß und sagt liebe, beruhigende Dinge zu mir. Ich fühle so viel, viel zu viel, und als sich das Chaos dann plötzlich lichtet, ist da dieses unglaublich starke, warme, süße Gefühl in mir, für das ich erst keine Worte habe.
Es ist mir irgendwie bekannt, aber nicht vertraut, fühlt sich anders an als das, was ich bisher ‚Liebe‘ genannt habe. Dieses neue Gefühl ist weniger überschwänglich, sehr viel ruhiger und zugleich stärker. Es fühlt sich … stabil an, fest, unzerbrechlich. Ich wusste fast nicht mehr, was das ist, Stabilität.
„Ich hab dich lieb, Tsu“, sagt Meto leise. „Fühlst du das?“
Ich nicke, mein Herz klopft aufgeregt gegen meine Rippen. Und ich weiß, dass es mir erst einmal genügt, dieses ‚Ich hab dich lieb‘. Es fühlt sich sicherer an, einfacher als ein ‚Ich liebe dich‘.
Was immer aus Meto und mir werden kann, ich will langsam machen, uns beiden Zeit geben, nichts überstürzen. Aus meinen Fehlern lernen, weil Meto mir viel zu wertvoll ist, um ein Scheitern zu riskieren.
Und so ist es kein Kuss auf den Mund, keine hemmungslose Lust und Liebe, die uns verbindet, sondern nur eine süße, unschuldige Umarmung, und ich küsse ihn nur auf die Wange. Ich spüre, dass es ihm ebenso genügt wie mir, und fühle dieses neue Gefühl, für das ich noch keinen rechten Namen weiß.
„Wir machen ganz langsam, okay?“, sagt Meto leise, und so, wie er das sagt, weiß ich zum ersten Mal, dass er für mich genauso empfindet, wie ich für ihn. Aber auch er will langsam machen, vorsichtig sein, mich auf eine Weise lieben, die für mich und für ihn passt und sicher ist.
„Ganz langsam“, antworte ich und schließe die Augen, fühle die Sicherheit seiner Arme um mich.
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Kapitel: | 2 | |
Sätze: | 188 | |
Wörter: | 3.100 | |
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