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Sätze: | 31 | |
Wörter: | 539 | |
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Und wenn ich einmal sterben muss, dann durch deine Hand…
Der schwarze Umhang floh durch das Zimmer hinweg, den Bogenfenstern entgegen, wo die Nacht gleichfarben düster durch die trüben Gläser hereinrieselte. Das Licht der Kerzen im Rücken warf marmorierte Schatten auf den finsteren Stoff und das dunkle Haar, die gleichsam das bleiche, mondleuchtende, hakennasige Gesicht umhüllten.
Die Worte standen still im Raum, bewegten sich keinen Milimeter, nicht vor, nicht zurück, als warteten sie auf das Eintreffen der Ewigkeit, der sie die Tore öffneten. Glasorgelgleich woben sie feine Fäden durch den Raum, bis sie die Gestalt am Fenster eingesponnen hatten. Worte, die niemals Lippen berührten, niemals einer Zunge entkamen, niemals Ohren benetzen. Weder Männer- noch Frauenstimmen, allein die Stille vermochte zu wispern.
Der Mann am Fenster wandte sich um, blickte zurück. Tief wie Ozeane, hoch wie Himmel ruhten die blauen Kristalle auf ihm, kaleidoskopartig in das faltige Gesicht gewoben, das sich in Dunkelheit, in tiefstem Schatten verbarg. Flüsse aus klarem Eiswasser flossen in die Abgründe seiner Seele hinab, stürzten in die Dunkelheit aus Nichts und Erinnerung.
Die schimmernd weiße Robe jedoch sandte Ströme aus Licht in seine Richtung. Ein Licht, das seinen Pfad so viele Jahre beschienen hatte. Still und reglos trafen sie sich in der Mitte des Raumes, Licht in Finsternis, Finsternis in Licht? Helle Augen, dunkle Augen. Jugend, Alter, Ewigkeit. Ein Schleier, fein und durchsichtig wie die aufsteigenden Dunstwolken in dieser schwelenden Sommernacht, schien sie zu umwehen.
Wie ist dein Name, gehauchter Stoff?
Schuld und Sühne nennt man mich
Wir stehen beide hinter dem Vorhang?
Ich schweige, frag deine Seele, frage seine.
Stille. Keine Antwort, nur ein luftiges Band, ein Hauch von Verbundenheit, Ahnung. Er schloss die Augen. Das Band zerriss.
Du warst so jung, so jung, als deine Tränen diesen Boden netzten. Finsternis hatte fest ihre Hand um dich geschlossen, wie einst um mich. Ich schwor, dich nicht aus diesem Zimmer schreiten zu lassen, ohne dich an meiner Hand ins Licht zu führen.
Und nun treibt diese Hand mich in die Finsternis zurück?
Ist es Finsternis? Sind wir nicht beide Funke und Schatten zugleich?
Die weiße Hand unter dem schwarzen Stoff nestelte an einem der in Düsternis getauchten Gegenstände.
Es war immer ein Band zwischen uns, wortlos, augenverschlossen, nur seelenvorhanden, oder?
Ja, das war es.
Stille flüsterte Bedeutung in den Raum. Sekunden schritten im langen Band vorüber. Heuchlerisch tauchte der Mond die Grausamkeit der Szenerie in romantischen Fahlschein. Ein goldheller Tropfen rann das Rund eines Kelchs hinab, netzte die geschwärzte Hand.
Ich werde sterben, oder? fragte die wortlose Stimme schließlich. Ich werde mit dir untergehen?
Die Uhr verweigerte den Gang, die Zeiger hielten inne.
Wahrscheinlich ja , antwortete das Schweigen.
Zwei Augenpaare trafen sich in der Mitte des Raumes, hell und dunkel, blieben stehen. Ein Schleier drängte sich enger um sie. Das Licht der Kerzen warf marmorierte Schatten dazwischen. Gedanken, tief eingebrannt, kräuselten die bleiche Stirn. Dann ein kurzes Nicken. Dankbare Worte fingen es auf, entschwanden leise fliehend in der Ewigkeit, bis nichts als Stille blieb.
Und wenn ich einmal sterben muss, dann durch deine Hand…
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kursiv: Albus Dumbledore
fett: Severus Snape
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