Du blickst ihm nach, dem silbernen Licht; Tränen in deinen Augen*. Das Herz in deiner Brust, es schlägt für einen Augenblick nicht mehr. Sein Schmerz und seine Liebe sind wie eine Fessel um deine Kehle. Als Splitterhagel regnet im Atemlosen das Entsetzen auf deinen Geist. Die Seele, die du retten wolltest, ist verloren, in den Abgrund gestoßen durch deine eigene Hand. Doch ist es allein das Mitleid mit deinem Anvertrauten, das sich so tief bewegt? Nein, verschließ die Lider nicht. Sieh ihm ins Auge, was sich in deinem Herzen regt. Noch fällt der bleiche Schein der Hirschkuh auf dich wie das bleiche Licht der Sterne. Das Wort, immer, ist nur ein Spiegel der Geister, die du kennst. Silbrig wie der Schimmer des Patronus‘ glänzt auch der Mond jede Nacht in deinem Fenster. Wie oft bist du erwacht aus bittersüßen Träumen, in denen die Zeit noch heil und dein Herz eins gewesen ist? Und siehst du dich um, schlaftrunken im Zimmer, herzklopfend, um den Alb zu erhaschen, der dich so lieblich quält. Dein Haar ist silbern, die Augen matt, doch für einen Augenblick sind sie wieder kastanienbraun und glänzend. Glänzend voller Hoffnung auf eine verheißungsvolle Zukunft, dem Rausch deiner Jugend. Die Bogenfensterscheiben, reflektierend, sind nicht das Silberglas von ERISED, in denen ihr Gesicht dich schmerzhaft an den größten Frevel erinnert, der seitdem als Schatten all dein Leben bestimmt. Sie sind das Negativ davon und geisterhaft spiegelt sich darin sein Antlitz. Weißblondes Haar und blitzende Augen, jugendschön, treiben die Glut dir in die Adern. Du weißt, es ist ein Fehler. Du weißt, er hat es nicht verdient. Das Herz, das mit deinem davon eilte und dabei mehr noch als es selbst in Stücke schlug, ist finster von Schwärze. Die Hand, die du zärtlich halten willst, hat gemordet; die süßen Lippen, die zum Küssen dich locken, nur Lügen erzählt. Du, du selbst bist ihm entgegengetreten, um die Schande zu sühnen. Du bist hast ihm im Kampf besiegt. Doch nicht in diesem, nicht in diesem, in dem er die Macht über dich behält. Ein Jahrhundert bald, geboren in einer Sommernacht. Nie verwunden und nie vergessen. All die Tränen machen deine Seele nicht klüger, waschen die alte Torheit nicht weg. Im Schmerz regt sich die Wärme. Aus Trümmern steigen Schmetterlinge. Leise säuseln deine trockenen Lippen seinen Namen - voller Sehnsucht, voller Wärme – in deinem stets unruhigen Schlaf. Doch niemand hört, niemand erwidert. Dein Bett bleibt kalt und leer. Du weißt, du solltest ihn verachten und mehr noch, ihn vergessen. Nichts sollte dein Herz erfüllen als die Leere. Doch statt kalter Asche lodert das Feuer als ewiges Licht in einem fort. Alter Narr, du bist und bleibst Amors Marionette! Du kannst ihn nicht hassen, den dein Geist zu hassen befiehlt. Was ist und war, was du tun musstest und was er getan hat, hinterlässt nur Trauer, geht unter im frommen Traum. Ich wünschte, es wäre anders. Ich wünschte, du würdest im Herzen bereuen und kehrtest zurück zu mir und wir heilten zusammen die Wunden und flögen rückwärts durch die Zeit, zu jenem Ort an dem alles seinen Anfang nahm und begännen unter einem neuen Zeichen von vorn. Doch der Traum ist verloren, graue Erinnerung nur wie die Splitter im Silberglas von ERISED. Ein Splitterfunken an Hoffnung, von den Tränen weggespült. Denn darum rinnen sie, vom Stein in deinem Herzen, den du allzeit mit dir trägst. Immer, verklingt das Wort deines Anvertrauten und spricht doch nur aus deiner Seele. Immer hast du ihn geliebt und wirst ihn lieben alle Zeit. Ihn allein, Gellert Grindelwald.
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* Für alle die nur die deutschen Bücher kennen: In der Szene, in der Snape seinen Patronus heraufbeschwört, gibt es einen Übersetzungsfehler. Im Originaltext heißt es nicht, dass Dumbledore sich zu Severus umdrehte, dessen Augen (whose eyes) in Tränen standen, sondern dass Dumbledore sich umdreht and his eyes. ( und seine Augen) waren voller Tränen. Es ist also Albus, der feuchte Augen hat, nicht Severus.
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