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Wurzeln

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23.09.21 11:07
18 Ab 18 Jahren
Homosexualität
Fertiggestellt

6 Charaktere

Senju Hashirama

Auch als Gott der Shinobi bekannt. Er ist mit seinem Freund und Rivalen Uchiha Madara einer der Gründer Konohagakures und wurde auch erster Hokage mit seinem jüngeren Bruder Tobirama als sein Nachfolger. Hashirama besitzt das einmalige kekkei genkai des Mokuton, das Erd- und Wasser-Elemente verbindet und ihn in die Lage versetzt, die Kräfte der Biju zu unterdrücken.

Uchiha Madara

Zur Zeit der Bürgerkriege war er einer der mächtigsten Ninja und Anführer der Uchiha. Zusammen mit seinem Bruder Izuna erlangt er das Mangekyō Sharingan, doch selbst damit war er nicht in der Lage, seinen alten Kindheitsfreund Hashirama zu besiegen. Später schloss er mit diesem Frieden, um ihren alten Traum zu verwirklichen, verließ dann jedoch Konoha, um es einige Zeit später wieder anzugreifen.

Senju Tobirama

Der jüngere Bruder Hashiramas und zweiter Hokage. Er ist weithin gerühmt für seine Schnelligkeit, auf deren Basis er auch das Hiraishin entwickelte. Außerdem entwickelte er zahlreiche weitere Jutsu, unter anderem auch das Edo Tensei. Er ist mit seiner ruhigen und rationalen Natur ein Gegenstück zu seinem Bruder und bremst oft dessen Enthusiasmus aus, um ihn in realistischere Bahnen zu lenken.

Uzumaki Mito

Mito vom Uzumaki Clan ist bekannt als der erste jinchūriki Kuramas, welchen sie in sich versiegelte, nachdem Uchiha Madara mit ihm Konoha angriff. Sie heiratete Senju Hashirama und unterwies später in ihrem Leben Uzumaki Kushina darin, was es heißt, der jinchūriki Kuramas zu sein.

Senju Toka

Toka war eine kunoichi vom Senju Clan zur Zeit der Bürgerkriege. Viel ist über sie nicht bekannt, nur dass sie eine enge Vertraute Hashiramas gewesen war. Toka war für ihr Geschick im Umgang mit Genjutsu bekannt, das sogar an das der Uchiha heranreichte.

Uchiha Hikaku

Hikaku war ein Ninja des Uchiha Clans in der Zeit der Bürgerkriege. Wie alle Uchiha besaß er das Sharingan. Viel ist über ihn und seine Fähigkeiten nicht bekannt, nur dass er ein Vertrauter Madaras war. Was aus ihm wurde, ist nicht bekannt.
Prolog: Wurzeln

Vor 13 Jahren

Der Blick von der Klippe in das bewaldete Tal war wie immer phänomenal. Madara konnte beobachten, wie ein Windstoß wie eine Welle durch die Bäume in Tal fuhr und goldenes Laub mit sich riss. Es wirbelte auf wie Funken eines Feuers.

»Was meinst du, wohin sollen wir die Akademie bauen?«, fragte Hashirama.

Madara wandte sich zu dem Jungen neben sich um und betrachtete dessen Silhouette. Hashiramas Haut hatte diesen ganz besonderen sonnengebräunten Teint, auf den Madara schon von Anfang an neidisch gewesen war. Er war dagegen so blass und käsig wie ein Leichentuch. Jetzt im Licht der herbstlichen Abendsonne stach der Gegensatz nur noch mehr hervor.

Zum Glück war sich Hashirama dieser Gedanken seines Freundes nicht bewusst, als er weiter plapperte. »Ich würde sagen … da!«, sagte er und deutete auf einen beliebigen Fleck im Wald unter ihnen. »Nicht außerhalb des Dorfes, auf gar keinen Fall, aber auch nicht im Zentrum. Ich find‘s furchtbar, wenn mir die alten Omis auf ihrem Weg zum Markt immer beim Trainieren zusehen und flöten, wie süß ich sei. Und es muss natürlich auch einen großen Platz für‘s eigentliche Training geben. Theorie ist wichtig, aber Praxis macht so viel mehr Spaß! Dann können die Kinder ganz in Ruhe ihre Jutsus üben. Stell dir das mal vor, ganz viele Kinder aus verschiedenen Clans, die zusammen trainieren!«

»Nun presch mal nicht gleich so vor«, zügelte Madara den Enthusiasmus seines Freundes. »Erst mal müssen wir dieses Dorf überhaupt erst gründen.«

Hashirama griff in seine Tasche und holte eine Handvoll Maronen hervor, die sie zuvor gesammelt hatten. Eine reichte er Madara, die zweite aß er selbst und die dritte warf er ins Tal. »Eines Tages wird daraus ein großer und starker Baum«, sagte er, als er dem rasch kleiner werdenden Punkt hinterher sah. »Er wird hoch wachsen und starke Wurzeln haben, dafür bedarf es nur einer Menge Geduld. Mit unserem Traum ist es dasselbe. Heute mag er noch ein kleines Samenkorn sein, aber mit genug Zeit und Vertrauen wird auch aus ihm ein Baum mit vielen starken Ästen. Seine Wurzeln werden tief reichen und nichts vermag es, ihn jemals umzureißen, denn die tiefe Wurzel erfriert nicht.«

Hashirama wirkte so glücklich. Seine Augen strahlten vor lauter Begeisterung und er grinste so breit wie eh und je. Alles an ihm strahlte Wärme und Zuversicht aus. Madara konnte einfach nicht anders, als sich davon anstecken zu lassen. Ohne weiter darüber nachzudenken, lehnte er sich gegen Hashirama und bettete seinen Kopf auf die Schulter seines Freundes.

»Das ist ein schöner Traum«, sagte er leise. Er stellte sich vor, wie hunderte kleiner Häuser zwischen dem Blätterwerk hervorlugten und tausende kleine Menschen im Schatten der Bäume entlang wuselten. Wie Kinder lachend umher rannten und niemals wieder fürchten mussten, dass ihre kleinen Geschwister in Gefahr gerieten oder ihre Eltern in grausigen Kämpfen ermordet wurden.

Eine Weile saßen sie schweigend da, jeder in sein eigenes Bild von ihrem Dorf versunken. Im Westen neigte sich die Sonne langsam dem Horizont entgegen und warf lange Schatten.

»Uhm, Madara …«

»Was gibt‘s?«

»Ich wollte dich was fragen.«

»Spuck‘s aus.«

»Aber nur, wenn du mir versprichst, mir keine Kopfnuss zu verpassen.«

»So schlimm wird‘s schon nicht sein.«

»Na ja …«

»Wenn du‘s nicht gleich sagst, verpasse ich dir dafür eine Kopfnuss!«

»Schon gut! Also … ähm, nun ja. Ich wollte wissen, ob du … Wie soll ich‘s sagen? Hast du jemals ein Mädchen … Was man halt so macht. Mit Mädchen. Du weißt schon.«

Madara fuhr zurück und starrte seinen Freund perplex an. Hashirama war knallrot angelaufen im Gesicht und grinste diese dämliche Grinsen, das er immer auflegte, wenn er verlegen war.

»Ob ich ein Mädchen geküsst hab, wolltest du wissen?«, hakte Madara nach.

Hashirama knautschte seinen hakama. »Ja. Hast du?«

Madara gab sich möglichst gefasst, während sein Hirn auf Hochtouren lief. Was sollte er antworten? Würde er sich eine Blöße geben, wenn er verneinte? Oder sollte er besser lügen? Besser, er wich der Frage aus. »Warum willst du das wissen?«

Falls es möglich war, wurde Hashirama noch röter im Gesicht. »Ich werde bald vierzehn«, nuschelte er. »Und da ist dieses Mädchen aus einem anderen Clan und Vater sagt, dass ich sie heiraten soll. Und na ja, da hab ich mich halt gefragt, wie das wohl wäre. Mit einem Mädchen.«

Als er ihn so sah, konnte es Madara einfach nicht über‘s Herz bringen, seinen Freund anzulügen. »Nee, hab noch nicht mit einem Mädchen geknutscht«, sagte er möglichst lässig. Zumindest hatte Hashirama darin also keinen Vorsprung vor Madara und sie waren noch immer gleich auf. Gut. »Mädchen sind nervig«, fügte er an.

Er konnte förmlich spüren, wie das Gebirge von Hashiramas Herz purzelte. »Echt jetzt!«, rief Hashirama energisch aus, alle Nervosität war vergessen. Dann schlug sein Missmut wieder wie eine Welle über ihm zusammen. »Aber ich muss dieses Mädchen trotzdem heiraten«, schmollte er. »Auch wenn sie erst zehn ist und bestimmt eine totale Zicke.«

»Musst du?«

»Ja. Papa sagt, das sei ganz wichtig. Claninterne Sache, du weißt schon.«

»Schon klar.«

Sie verfielen wieder in Schweigen. Wahrscheinlich hatten sie eh schon zu viel gesagt, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Madara dachte einfach nicht weiter darüber nach, um nicht aus Versehen diese vielen kleine Puzzleteile zusammenzufügen. Er wollte das zwischen ihnen nicht ruinieren.

Während Madara die Beine über der Kante des Kliffs baumeln ließ, hatte Hashirama seine angezogen und das Kinn auf die Knie gebetet. Sie beobachteten wieder den Wald unter sich, auch wenn Madara heimlich aus dem Augenwinkel zu seinem Freund linste, um ihn verstohlen zu mustern. Als Hashirama in seine Richtung sah, wandte er hastig den Blick ab.

»Also …«, begann Hashirama langsam. »Du hast noch kein Mädchen geküsst und ich auch nicht und wir haben beide keine Ahnung davon. Aber bevor wir uns vor den Mädchen zum Deppen machen, da dachte ich …«

Oh-oh. »Du dachtest?«

Hashirama wurde schon wieder rot. Madara war sich nicht sicher, ob er sich den Rauch nur vorstellte, der aus seinen Ohren kam. »Wir könnten üben«, krächzte Hashirama. »Du weißt schon, zusammen trainieren, damit wir da auch besser werden.« Er grinste schon wieder so dämlich.

Madaras Magen machte einen Purzelbaum. »Ich bin doch kein Mädchen!«, brachte er hervor und hoffte, dass es angemessen empört klang und ganz und gar nicht so, als würde ihm diese Idee gefallen.

»Na ja, so viel anders wird‘s nicht sein, denke ich«, hielt Hashirama dagegen. »Kuss ist Kuss, weißt du.«

»Und das weißt du woher, du Kussexperte?«

»Das weiß ich halt! Einfach so. Kann ich mir eben denken.«

»Das ist eine bescheuerte Idee!«

»Nein, ist es nicht, sonst hättest du mich schon mit einem Tritt in den Hintern die Klippe hinunter befördert.«

Leider wahr.

»Also?« Hashirama hatte sich zu ihm hinüber gebeugt und sah ihn mit großen, hoffnungsvollen Augen an. Das tiefe Braun seiner Augen erinnerte an den Blick eines Welpen. Madara hoffte, dass er nicht hörte, wie sehr sein Herz in seiner Brust hämmerte.

»Meinethalben«, sagte er und hielt möglichst alle Vorfreude aus seiner Stimme.

Das nächste, das er wusste, war wie Hashiramas Stirn gegen seine krachte.

»Autsch!«

»Aua! Spinnst du!«

Sie rieben sich die Köpfe. Madara warf Hashirama einen giftigen Blick zu. Hashirama lachte. Dann, noch bevor Madara auch nur daran denken konnte, sich dagegen zu wehren, beugte er sich erneut vor und drückte seine Lippen auf Madaras.

Madara riss die Augen auf. Seine Haare stellten sich auf. Sein Magen flatterte ganz wild. Es war ein feuchter und fürchterlich ungeschickter Kuss und keiner von ihnen wusste so wirklich, wie das ganze eigentlich funktionierte.

Und trotzdem schmolz Madara dahin. Er wollte nicht an morgen denken, er wollte nicht einmal an den nächsten Moment denken, wenn das hier aufhören würde. Er wollte nicht daran denken, dass das alles fürchterlich dumm und gefährlich war und ganz sicher als Verrat gelten würde, würde es jemals irgendwer erfahren. Er wollte nicht an die Möglichkeit denken, dass Hashirama sein Feind war und dass sie schon am nächsten Tag gezwungen sein könnten, die Klingen im tödlichen Duell miteinander zu kreuzen.

In diesem Moment wollte er nichts weiter als Hashirama zu halten und von ihm geküsst zu werden. Und er wollte ihn beschützen. Mit allem, was er hatte. Er wollte sich diesen Moment für die Ewigkeit bewahren und ihn nie wieder verlieren. Es war ein entsetzlicher Gedanke, dass das hier enden und Hashirama etwas zustoßen konnte. Nein, das durfte nicht geschehen! Allein die Vorstellung, dass irgendetwas in dieser furchtbaren Welt der Erwachsenen, Hashirama von ihm reißen könnte, ließ tief in seinem Inneren etwas Gewaltiges aufbrodeln.

Es war unfair, einfach unfair. In dieser Welt der Erwachsenen durften Kinder niemals einfach nur Kinder sein, sondern wurden in die Rolle der Shinobi gezwungen. So einfache Dinge wie eine Freundschaft waren ihren verboten, sie wurden gar dafür gestraft. Das sollte so nicht sein, das durfte so nicht sein! Und er war einfach noch nicht stark genug, um diese kaputte Welt aus den Angeln zu heben. Es machte ihn rasend.

Da spürte er, wie sich plötzlich eine große Menge Chakra hinter seinen Augen sammelte. Sie brannten, oh, wie sie brannten! Nein! Nein, nein, nein! Nicht jetzt! Warum ausgerechnet jetzt? Er kniff die Augen zusammen und hoffte, dass Hashirama nicht die kleinste Spur Rot in ihnen sah.

Hashirama löste sich von ihm und brach den Moment. Madara blinzelte. Das Sharingan war wieder verschwunden, das Brennen gelöscht.

»Also auf einer Skala von eins bis zehn würde ich sagen, das war eine drei«, sinnierte Hashirama. »Fürs erste Mal nicht schlecht.«

»Fürst erste Mal, pah! Du hast mich vollgesabbert!«, schnauzte Madara ihn an, um nichts von seinem inneren Gefühlssturm zu verraten.

Hashirama lachte. »Du mochtest es, gibt‘s zu!«

Madara zog eine Grimasse und wünschte sich gleichzeitig, die Zeit würde einfach einfrieren.

Leider besaß nicht einmal das Sharingan diese Macht und die Tage ihrer gemeinsamen Zeit waren gezählt.

Der Titel ist eine Anspielung auf das Lied Roots von In This Moment, die ich, als ich das schrieb, in Dauerschleife hörte. Ich hatte zwischenzeitlich für einen winzigen Moment überlegt, den Text Dark Wedding zu nennen (auch ein Lied der Band), aber das hätte dem ganzen einen ziemlich düsteren Twist gegeben :'D Das wird ein Happy End haben, auch wenn es zwischenzeitlich nicht so aussehen wird. P.S.: Das hätte ein OneShot werden sollen *manisches Lachen* Wenn die Frage aufkommen sollte, ob dieses oder jenes eine Anspielung sei, lautet die Antwort: Ja. Und natürlich ist es hier Tolkien (Die tiefe Wurzel erfriert nicht).
Im nächsten Kapitel geht's mit der eigentlichen Story los. Die beiden schließen nach zehn Jahren Krieg Frieden miteinander und Hashirama findet ein paar Dinge über Madara heraus.
Handschlag
CN Alkohol, Berührungsangst, Verletzungen (gerissene Leber)

Frieden zwischen zwei Erzfeinden konnte so einfach besiegelt werden. Alles, was es dazu bedurfte, war ein fester Händedruck. Beinahe lächerlich einfach nach allem, was sie durchgemacht hatten, um so weit zu kommen.

Hashirama war sich durchaus der zahlreichen misstrauischen Blicke von beiden Seiten bewusst, die auf ihm ruhten. Tobirama war bei weitem nicht der einzige, der noch immer nicht restlos von dieser ganzen Sache überzeugt war. Umso entschlossener war dafür Hashirama. Mit einem selbstsicheren Lächeln stand er Madara gegenüber und genoss diesen historischen Moment – denn das war er ganz sicher – in vollen Zügen. Viele hatten das für unmöglich gehalten, aber darum, was möglich war und was nicht, hatte sich Hashirama noch nie geschert.

»Unsere eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt«, sagte er.

Madara erwiderte seinen Blick ebenso entschlossen. »Möge sie viele Früchte tragen.«

»Aber erst einmal wird gefeiert! Lasst uns auf Brüderlichkeit trinken!«, rief Hashirama enthusiastisch aus. Er konnte beinahe spüren, wie sein Bruder mit den Augen rollte, ignorierte das aber gekonnt. Dafür hatte er sich schon viel zu lange darauf gefreut, endlich einmal zusammen mit Madara Sake zu trinken.

Die beiden Clans der Uchiha und der Senju waren an diesem Tag auf neutralem Boden zusammengekommen. Sie planten, an diesem Ort bald schon mit den ersten Bauarbeiten für das Dorf zu beginnen, hatten aber vorerst einige provisorische Häuser errichtet, in denen nun die Feierlichkeiten abgehalten werden sollten. Hashirama hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst ein wenig nachzuhelfen und gleich noch einige blühende Kirschbäume wachsen zu lassen. Eine leichte Brise ließ deren Blütenblätter nun wie zartrosa Schnee herabrieseln.

Die Menge der umstehenden Menschen zerstreute sich und die ganze Atmosphäre wurde entspannter und lockerer. Gemeinsam mit Tobirama und Madara begab sich Hashirama zu ihrem erhöhten Platz auf der Veranda, der ihnen als Oberhäupter beider Clans zustand und von wo aus sie den ganzen Platz gut im Blick hatten. Man hatte ihnen bereits Sake bereitgestellt, als sie sich niederließen. Hashirama entging jedoch nicht, dass sowohl Tobirama als auch Madara darauf bedacht waren, ihn zwischen sich zu halten. Nun denn, der Alkohol würde ihre Stimmung schon lockern. Er hob seine Sakeschale. »Auf unsere alte Freundschaft!«

Während Tobirama wohl mehr aus Pflichtbewusstsein als allem anderen seinen Sake trank, war Madara wesentlich enthusiastischer. Nun, das, was bei ihm wohl als Enthusiasmus galt. Für die Clanangehörigen war dies das Zeichen, dass nun auch für sie die Feierlichkeiten eröffnet waren. Gespräche begannen und lockere Gruppen bildeten sich. Viele begaben sich sogleich zum Buffet.

Hashirama entging jedoch nicht, dass die beiden Clans dennoch überwiegend für sich blieben und sich kaum untereinander mischten. Und er sah auch einige Sharingan Augen, viele mit zwei tomoe, und einige gar mit dreien. Nun, er konnte ja wohl kaum darauf hoffen, dass sich sofort alle freudig in den Armen lagen. Wichtig war vor allem, dass sie alle sahen, dass er und Madara Seite an Seite standen.

»He, Madara-kun, ich hatte da schon länger einen kleinen Wunsch«, begann Hashirama. »Ich will eine Wette mit dir abschließen.«

»Eine Wette?« Madara sah ihn fragend an.

»Ja! Eine Wette! Ich wette darum, dass ich dich unter den Tisch trinken kann!«

»Anija, du bist eine Katastrophe im Wetten. Du solltest die Friedenszeremonie ernster nehmen und nicht mit deinen Spleens ruinieren«, rügte Tobirama.

Das traf Hashirama wie einen Schlag. Er ließ den Kopf hängen. »Aber wir sind doch auch hier, um Spaß zu haben«, jammerte er.

»Ich nehme die Wette an«, sagte Madara.

Das hellte Hashiramas Laune sogleich wieder auf. »Ha! Auf wen setzt du, otōto?«

»Auf keinen«, grummelte Tobirama. »Du verlierst sowieso und auf Uchiha-san setze ich ganz bestimmt nicht.«

»Wenn du unbedingt keinen Spaß haben willst, bitte. Du wirst schon sehen, was dir entgeht.«

Madara jedenfalls war durchaus gewillt und entschlossen, sich auf diesen kleinen Wettstreit einzulassen. »Pass nur auf, wie viel ich vertrage, Hashirama-kun. Wir sind schließlich keine Kinder mehr.«

Hashirama hatte bereits seine zweite Sakeschale gestürzt. »Ist es nicht sonderbar? Unsere Väter waren der Meinung, dass Kinder von sieben Jahren bereits Mann genug seien, um in den Krieg zu ziehen und zu sterben, aber Sake hatten sie uns dennoch verboten. Jetzt können die Kinder alt genug werden, um in den Genuss von Sake zu kommen.«

Madara beeilte sich, mit Hashirama gleichzuziehen. Tobirama ignorierte sie betont und hielt ein Auge auf die Feiernden.

Eifrig leerten sie einen Sake nach dem anderen. Hashirama stellte schnell fest, dass Madara in der Tat viel vertrug, und lächelte in sich hinein. Er hatte auch nichts anderes erwartet. So, wie Madara im Kampf austeilen konnte, hätte es ihn verwundert, wenn etwas mehr Alkohol ihn so einfach von den Beinen holen würde.

Für viele Jahre hatte ihre Beziehung allein aus Kampf bestanden, nahezu ihre gesamte Adoleszenz hatten sie damit zugebracht, gegenseitig ihre Kräfte in tödlichen Duellen zu messen. Oft genug, wenn auch nicht immer, hatte sich Hashirama als minimal stärker erwiesen. Es verwunderte ihn daher nicht, dass Madara auch das hier als Herausforderung ansah, wenn auch dieses Mal als freundschaftliche, und alles gab. In all diesen Kämpfen hatten sie viel über den anderen gelernt, aber Hashirama bedauerte auch, was sie alles verpasst hatten. Das Leben bestand eben nicht nur aus Kampf. Es gab vieles nachzuholen. Diese Wette war ein Teil davon.

»Sag mal, du schummelst ja!«, rief mit einem Male Madara aus.

Hashirama lachte. Aha, hatte er es also endlich bemerkt. Natürlich hatte er mit seinen Heilfähigkeiten die Auswirkungen des Alkohols gemildert. Nur ein wenig, damit es nicht sofort auffiel, aber genug, um ihm einen Vorteil zu verschaffen. »Ich habe nie gesagt, dass der Einsatz von Chakra verboten ist.«

»Das ist unfair!«

»Dann hättest du mir besser zuhören müssen.«

Madaras Blick durchbohrte ihn förmlich. Hashirama grinste. Er bemerkte aber auch, wie Madara ganz leicht die Augenbrauen zusammenzog und sein Blick flackerte. Das kam jedoch nicht vom Alkohol. Er wurde wieder ernst. »Was hast du?«

Madara hielt inne. »Ach, es ist nichts. Meine Augen sind nur etwas müde.«

Diese Augen also wieder einmal. Hashirama war schon bei ihrem letzten, alles entscheidenden Kampf aufgefallen, dass etwas an diesen Augen anders war. Das waren nicht mehr Madaras Augen, in die er so oft während ihrer Kämpfe geblickt hatte. Ein Geschenk Izunas hatte er es genannt. Aber bisher war Madara all seinen Fragen diesbezüglich ausgewichen. Nun denn, früher oder später würde die Zeit dafür schon kommen.

Fürs Erste legte er Madara eine Hand auf die Stirn und gab ihm etwas von seinem Chakra. Nun, jedenfalls wollte er das tun, denn noch bevor seine Finger Madaras Haut berühren konnten, packte dieser ihn beim Handgelenk.

»Fass mich nicht an!«, zischte er, das Sharingan wirbelte in seinen Augen.

Hashirama machte eine beschwichtigende Geste. »Schon gut.«

Madara ließ ihn los und ließ seine behandschuhte Hand wieder sinken. Hashirama entging nicht, wie er sich die Handfläche an seinem Mantel rieb, als wolle er etwas abstreifen, und seine ganze Haltung angespannt wirkte. Madaras Atmen wirkte erzwungen und er hielt den Blick seiner nun wieder schwarzen Augen auf die Feiernden gerichtet.

Vor wenigen Wochen noch war er dem Tod näher gewesen als dem Leben und jetzt tat er so, als sei nichts gewesen. Hashirama wusste es besser. Er würde ihn im Auge behalten, beschloss er. Madara würde sicher nicht so einfach zugeben, dass es ihm doch nicht so gut ging, wie er allen weismachen wollte.

»Dann lass uns unsere Wette ein andermal fortsetzen«, sagte Hashirama locker. »Mit ›müden Augen‹ bist du mir doch nicht gewachsen.«

»Pah! Du wirst schon sehen. Als ob ein Senju mich unter den Tisch trinken könnte!«

Dass er jedoch nicht weiter darauf bestand, den Trinkwettbewerb fortzusetzen, bestätigte Hashirama seine Beobachtung.

In diesem Moment brachte man ihnen große Platten mit Sushi. Hashirama wusste, dass Tobirama den Fisch dafür selbst gefangen hatte, als ihm die Vorbereitungen für die Friedenszeremonie zu lästig geworden waren. Hashirama hatte auch darauf geachtet, dass reichlich von Madaras liebsten Sushi dabei war. Zu irgendetwas musste es doch gut sein, dass er seinen alten Freund jahrelang hatte ausspionieren lassen. Als Madaras Augen freudig aufleuchteten, als er das inarizushi sah, wusste er, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Er klopfte sich gedanklich auf die Schultern.

Madara zögerte dennoch einen winzigen Moment. Auch das entging Hashirama nicht und kurz entschlossen beugte er sich über Madaras Platte und angelte mit seinen Stäbchen eines der inarizushi.

»Wenn ich dich hätte vergiften wollen, hätte ich bereits zahlreiche Gelegenheiten dafür gehabt, die nicht beinhalten, gutes Essen daran zu verschwenden«, erinnerte er.

»Pah! Gib her!«, schnaubte Madara und klaubte das Sushi aus Hashiramas Stäbchen. »Als würdest du mich mit so einer Lappalie besiegen können.«

»Werdet endlich fertig damit und esst«, warf Tobirama verstimmt ein. »Es gibt wichtigeres zu besprechen.«

Hashirama schmollte. Es gab an diesem Tag definitiv nichts wichtigeres, als eine alte Freundschaft aufleben zu lassen!

»Just gestern kam ein Schreiben der Uzumaki«, fuhr Tobirama fort. »Jetzt wo dieses ganze Chaos, das die Zeremonie hervorgerufen hat, zu einem Ende findet, solltest du dich auch wieder um solche Angelegenheiten kümmern, anija. Gerade jetzt.«

Hashirama wollte ihn bereits zum Schweigen bringen, weil solche Angelegenheiten nicht besprochen werden sollten, wenn andere anwesend waren. Dann hielt er inne und hätte beinahe über seine eigene Idiotie aufgelacht. Sie waren nicht mehr im Krieg, es gab nichts zu befürchten. Natürlich konnte Madara ruhig mit anhören, was die Uzumaki von den Senju wollten.

»Also, was wollen sie?«, erkundigte er sich daher. Auch wenn er die Antwort bereits erahnte.

»Ein Stück vom Kuchen, was sonst«, klärte ihn Tobirama auf. »Als Butsuma noch Clanführer war, gab es bereits Gespräche, dich mit Uzumaki Mito zu verheiraten, aber das hast du in den letzten zehn Jahren ja erfolgreich ignoriert. Uzumaki Ashina lässt ausrichten, dass er uns die Stärke seines Clans anbietet, wenn du gewillt bist, die alten Bindungen zwischen seinem und unserem Clan wieder aufleben zu lassen, indem du seine Tochter heiratest.«

Neben ihnen hätte Madara seinen Sake beinahe wieder ausgespuckt vor Lachen. Tobirama funkelte ihn böse an. »Was gibt‘s da zu lachen, Uchiha-san?«

»Findest du es nicht auch ein wenig amüsant, wie Ashina so wenig bietet, aber so viel will? Die Wahrheit ist doch, dass er seine Tochter verschachern will, weil er ein Bündnis der beiden stärksten Clans fürchtet und lieber auf der Gewinnerseite steht. Also bietet er großzügig seine eigene Tochter als Ehefrau für shinobi no kami an, sicherlich ein enormer Gewinn für euren Clan.« Der Sarkasmus in Madaras Stimme machte deutlich, was er wirklich darüber dachte.

Hashirama fühlte sich, als hätte jemand einen Eimer kalten Wassers über ihn ausgekippt. Er hatte diese Sache in der Tat erfolgreich verdrängt. »Wenn er sich mit uns zusammentun will, erwarte ich keine Gegenleistung. Aber wenn er wirklich darauf besteht, dann sollten wir ihm antworten und fragen, was Mito darüber denkt. Ich habe sie noch nicht einmal gesehen! Sag mal, Tobirama-chan, weißt du, ob unser Vater damals eventuell eine offizielle Verlobung vorgenommen hat?«

Madara lachte wieder auf. Hashirama spürte, wie seine Ohren brannten. Zum Glück war sonst niemand in Hörweite.

Tobirama rieb sich die Stirn. »Baka! Warum bist ausgerechnet du der ältere? Nein, das hatte er nicht, kurz darauf war er gestorben. Aber nimm das ja nicht zum Anlass, Ashina wieder zehn Jahre lang zu vertrösten und das dann einfach zu vergessen. Du bist jetzt sechsundzwanzig und damit zehn Jahre älter als Butsuma, als er dich in die Welt setzte. Viele im Clan pochen darauf, dass es längst überfällig ist, die Erblinie zu sichern.«

Jetzt brannten nicht mehr nur Hashiramas Ohren. Wie konnte er nur diesem schrecklichen Thema entkommen? Das war bei weitem nicht das erste Mal, dass sie darüber sprachen und es wurde mit jedem weiteren Mal nicht besser.

»Aber du weißt doch, otōto …«, stammelte er etwas hilflos.

»Ja, ich weiß.« Tobirama sah ihn unnachgiebig an. »Trotzdem.«

»Wir sollten dennoch Mito fragen.«

»Du sollst dich vor allem endlich nicht mehr aus der Sache herauswinden!«

Hashirama ließ den Kopf hängen.

Madara nutzte die Gelegenheit und klaute sich etwas von Hashiramas Sushi, da er seine Portion bereits aufgegessen hatte. Er verfolgte dieses Gespräch viel zu interessiert.

»Ich kümmere mich darum, versprochen«, nuschelte Hashirama. Aber dann kam ihm ein Gedanke, der seine Stimmung wieder aufhellte. »Sag mal, Madara-kun, wie sieht‘s bei dir aus? Hast du eine Frau?«

»Wenn du weißt, welches Sushi ich am liebsten esse, dann weißt du auch das«, erwiderte Madara kühl.

»Nein, weiß ich nicht. Komm, sag schon!«

»Eure Spione taugen nichts.«

»Immerhin haben sie herausgefunden, mit welchem Sushi du dich ködern lässt! Also?«

Madara seufzte. »Du bist eine Nervensäge. Nein, ich bin nicht verheiratet. Euch Senju einen Kopf kürzer zu machen, hält einen beschäftigt. Jetzt zufrieden?«

Hashirama spürte, wie das Chakra seines Bruders zu kochen begann. »Na, na, Tobirama-chan. Kein Grund, gleich dein Chakra zu bemühen.«

»Das war eine Drohung!«

»Tobirama, nimm den Finger runter.«

Es war schon immer diese ganz bestimmte Blick gewesen, der Tobirama dann doch dazu brachte, seinem älteren Bruder zu folgen.

Madara atmete durch. »Na, das fängt ja großartig an.«

Tobiramas kleiner Ausbruch war zum Glück von den meisten unbemerkt geblieben. Die Feiernden scherten sich nicht darum, was ihre Anführer taten, sondern begnügten sich mit dem Essen oder verfolgten die dargebotenen Schauspiele. Einige Schauspieler ließen gerade einen Papierdrachen über den Platz tanzen, während Musiker dazu eine rasche Melodie spielten, um das Bündnis mit Glück zu segnen.

Hashirama verbarg sein Gesicht hinter einer weiteren Schale Sake und überlegte, ob er seine Zellenregeneration unterdrücken sollte, um endlich betrunken zu werden. Das würde ihm wenigstens die Peinlichkeit dieser Situation ersparen. Fast schon unbewusst meldeten ihm seine medizinischen Kenntnisse, dass Madaras Atmen ein klein wenig unregelmäßiger geworden war. Er konnte sich nicht helfen, solche Dinge passierten einfach.

»Madara-kun, was fehlt dir?«, fragte er schließlich mit gesenkter Stimme.

»Ruhe vor deinen nervigen Attitüden fehlt mir«, blaffte Madara, um über seine geballten Fäuste hinwegzutäuschen.

»Wo hast du Schmerzen?« Hashirama ließ natürlich nicht locker. Er sah die Anspannung in Madaras Gesicht. Er kannte jeden Millimeter dieses Gesicht aus unzähligen Kämpfen und er wusste darin zu lesen wie in einem Buch. Gerade sprach dieses Gesicht eindeutig von unterdrückten Schmerzen.

»Ich habe keine …!«

»Doch, hast du. Du weißt, dass du mich darin nicht anlügen kannst.«

Madara funkelte ihn finster an. »Fein«, knurrte er nach einer halben Ewigkeit, in der er mit sich selbst zu ringen schien. »Aber nicht hier. Ich kann in aller Öffentlichkeit keine Schwäche zeigen.«

Hashirama grinste triumphierend. »Geht doch. Dann lass uns nach drinnen gehen.«

Tobirama seufzte. »Ich komme lieber mit, sonst gibt‘s wieder Gerüchte.«

»Was für Gerüchte?«, merkte Madara sogleich auf.

Hashiramas Ohren brannten schon wieder. Ob das gesund war? Er lachte nervös auf. »Ach, nichts.« Er erhob sich von seinem Platz auf dem erhöhten Vorbau, wo sie bis jetzt gesessen hatten, öffnete die shoji-Tür und schob Madara hindurch. Tobirama folgte ihnen in das Gebäude.

Natürlich wusste Tobirama um die bisher zwei Affären, die sein Bruder mit anderen Männern geführt hatte, Hashirama konnte vor ihm nichts verheimlichen. Hashirama hatte eigentlich gehofft, seine Liebschaften geheim halten zu können, da sie auf nicht allzu viel Akzeptanz stoßen würden. Aber Gerüchte hatte es trotzdem gegeben, obwohl unglücklicherweise keiner seiner Liebhaber lange auf dem Schlachtfeld überlebt hatte.

Na gut, und dann war da noch diese Sache mit Tōka gewesen. Sie lebte sogar noch, aber das zwischen ihnen hatte dennoch nicht funktioniert. Sie war ein wichtiges Element seiner Streitkräfte geblieben, aber mehr auch nicht.

Das kleine Haus, das Hashirama mit seinem Mokuton errichtet hatte, bestand nur aus einem einzigen Raum, der mit acht tatami-Matten ausgekleidet war. Die Wände bestanden aus shoji, das zwar Licht hereinließ, jedoch blickundurchlässig war. In der Mitte stand ein niedriger Tisch und eine Nische war in eine der Wände eingelassen. Hashiramas liebster Bonsai stand darin.

Sie knieten sich an den Tisch. »Also, wo tut‘s weh?«, begann Hashirama.

»Gleich landet meine Faust zwischen deinen Augen, dann weißt du, wo‘s wehtut«, knurrte Madara, öffnete aber dennoch den Reißverschluss seines Mantels und entblößte seine Brust. Sie war muskulös und übersät von Narben, die nur Hashirama ihm hatte zufügen können. Niemand anders wäre nahe genug an ihn herangekommen, um ihn ernsthaft zu verletzen.

Hashiramas Sorgen, er könne zu offensichtlich starren, wurden sofort zerstreut, als er das große Hämatom auf Madaras Brustkorb sah. Er erinnerte sich des letzten Schlags, den er gegen Madara gelandet hatte, der, der ihn endgültig zu Fall gebracht hatte. Er war genau an dieser Stelle gewesen.

»Aber wehe, du fasst mich an!«, schnauze Madara.

»Darf ich fragen, warum?«, erkundigte sich Hashirama. Direkter Körperkontakt machte das Heilen einfacher, aber es ging auch ohne. Dass Madara so sehr darauf bedacht war, jeglichen Körperkontakt zu meiden, war jedoch auffällig.

»Das geht dich nichts an«, sagte Madara schlicht, und selbst für Hashirama war klar, dass er nicht wünschte, weiter mit dieser Sache belästigt zu werden.

Also kniete Hashirama sich neben Madara und hielt eine Hand über die Verletzung, um sein heilendes Chakra auszusenden. Madara war angespannt, ließ die Nähe jedoch zu. »Das war ich, nicht wahr? Das tut mir leid.«

Tobirama rollte beinahe hörbar mit den Augen.

»Baka! Wir waren im Krieg, und wäre es umgedreht gewesen, ich hätte dich garantiert nicht mit Samthandschuhen angefasst, wie du es tatest.«

Hashirama ließ sich von Madaras schroffer Art nicht beirren und setzte seine Untersuchung fort. Sein Gesicht wurde ernst. »Deine Leber ist gerissen und du hast starke innere Blutungen. Habt ihr keine Medizin-Ninja? Das hätte tödlich enden können!«

»Natürlich haben wir die. Aber als ob irgendwer von denen dir das Wasser reichen könnte. Dir könnte man wahrscheinlich den Kopf abreißen und er würde einfach wieder nachwachsen.«

Hashirama grinste. »War das ein Lob? Und das aus deinem Mund!«

»Bild‘ dir bloß nichts drauf ein. Wahrscheinlich hast du ohnehin nur Holz da oben.«

»Das kann ich bestätigen«, grummelte Tobirama. »Ein Fest für Holzwürmer.«

Hashirama ließ den Kopf hängen. »Ich will doch nur helfen.«

Madara richtete seinen Mantel und erhob sich, da er offensichtlich der Meinung war, dass Hashirama seine Behandlung zu beenden hatte. »Mein Tee wird kalt.«

»Wenn du wieder Schmerzen hast, zögere nicht und komm zu mir. Ich bin mir nicht sicher, ob ich alle Haarrisse gefunden habe.«

Madara ignorierte ihn und trat wieder nach draußen. Die Senju-Brüder folgten ihm.

Das Fest ging unbeirrt weiter. Der Drache tanzte über den Menschen. Die Kirschblüten rieselten sanft herab. Glückstalismane flatterten im Wind. Beinahe hätte man meinen können, alles wäre perfekt. Wären die Sharingan-Augen nicht.

Als ich den Anime schaute, fiel mir auf, dass Madara die meiste Zeit Handschuhe trägt. Ich habe mich gefragt, warum das wohl sei, und kam zu dieser Idee. Die Hintergründe dafür werden später im Text noch aufgeklärt.
Im nächsten Kapitel chillen die drei zusammen im onsen und besprechen ihre weiteren Pläne. Das verläuft jedoch nicht ganz so wie gedacht.
Ein Moment der Ruhe
CN Nacktheit (nur der Vorsicht halber, darauf wird nicht näher eingegangen, aber sie sind halt in einem Bad)

»Ich kann nicht fassten, dass das erste öffentliche Gebäude, das wir errichtet haben, ein onsen ist«, bemerkte Tobirama.

»Bot sich halt an«, bemerkte Madara nonchalant. Er hatte sich bereits im Wasser niedergelassen und entspannt zurückgelehnt. Er öffnete nicht einmal die Augen, als die beiden Senju-Brüder das Bad betraten.

Hashirama und Madara hatten die heiße Quelle schon vor vielen Jahren entdeckt, als sie noch Kinder gewesen waren. Als beschlossen worden war, dass an dieser Stelle des Waldes das Dorf entstehen sollte, hatten anscheinend auch andere denselben Gedanken wie Madara gehegt. Shinobi, die ein Dorf aus dem Nichts heraus errichteten, brauchten schließlich auch einmal etwas Entspannung, richtig? Schnell hatte sich jemand gefunden, der einen Steg zu der Quelle errichtete und ein kleines Badehaus unterhielt, in dem man sich umkleiden und waschen konnte.

Hashirama hielt vorsichtig einen Zeh in das Wasser. »Heiß, heiß, heiß!«, rief er aus. »Madara, warst du das?!«

Nun öffnete Madara doch eines seiner Augen. »Hab dich nicht so. Mein Katon ist heißer, und da hast du auch nie gejammert.«

Tobirama war anscheinend entschlossen, allen zu beweisen, dass er nicht hinter Madara zurückstand, und ging forsch voran. Etwas langsamer folgte sein Bruder. Sie ließen sich bis zum Hals ins Wasser sinken und seufzten wohlig. Endlich weg vom Schreibtisch.

»Also, eine Woche ist seit der Zeremonie vergangen und wie durch ein Wunder gab es keine Zwischenfälle«, begann Madara.

»Alles läuft ganz wunderbar!« Hashirama strahlte begeistert. »Nicht dass ich jemals daran gezweifelt habe, dass das funktionieren könnte. Aber ihr wisst schon.«

»Nur dass es langsam einmal Zeit wird, den Kopf aus den Wolken zu nehmen und wieder zurück auf die Erde zu kommen«, erinnerte Tobirama ihn.

Hashirama ließ den Kopf hängen.

»Zuallererst: Du kannst nicht jedes einzelne Haus selbst errichten, anija«, fuhr Tobirama fort.

»Aber bisher funktionierte das doch hervorragend!«

»Auch du hast deine Grenzen und zudem noch andere Pflichten.«

»So ungern ich das auch zugebe, aber dein Bruder hat Recht«, warf Madara ein. »Wir müssen uns Gedanken über die Infrastruktur des Dorfes machen. Die meisten Angehörigen unserer Clans sind Shinobi. Wir brauchen aber auch Zivilisten, Handwerker, die Storm und Wasser verlegen und Straßen bauen und Essen verkaufen.«

»Ich habe mir Gedanken gemacht, wie die Akademie aussehen könnte«, platzte Hashirama heraus. »Die Kinder werden nach Alter eingeteilt und keines von ihnen geht auf eine Mission, bevor es das zwölfte Lebensjahr erreicht. Und außerdem will ich ein Krankenhaus errichten, in dem ich Medizin-Ninja ausbilde, damit jeder die Hilfe bekommt, die er benötigt. Dafür will ich …«

»Jetzt sei endlich still!«, fuhr ihn Tobirama über den Mund. »Schön und gut, dass du dir darüber schon Gedanken gemacht hast, darauf können wir später wieder zurückkommen. Aber eines nach dem anderen.«

»Wir müssen uns Gedanken über ein Gesetzessystem machen«, ergriff Madara das Wort. »Bisher lebte jeder Clan nach seinen eigenen Gesetzen, aber das funktioniert nur so lange gut, bis wir in eine Situation geraten, in der unsere Gesetze nicht übereinstimmen oder sich gar widersprechen. Was machen wir dann?«

»Nicht zu vergessen die Verteidigung des Dorfs«, sagte Tobirama. »Dass wir uns zusammengetan haben, hat die Machtverhältnisse verschoben, was durchaus als Bedrohung aufgefasst werden kann. Wir müssen unsere Grenzen bewachen, aber noch vertraut keine der beiden Seiten der anderen genug, um die eigene Sicherheit in fremde Hände zu geben.«

Hashirama rieb sich den Nasenrücken. Waren sie nicht hierher gekommen, um sich zu entspannen? Und jetzt das. »Eigentlich wollte ich hier meine Ruhe haben.«

»Dann hättest du uns einen besseren Schreibtisch als unseren Küchentisch wachsen lassen sollen«, sagte Tobirama trocken.

Natürlich hatte Hashirama sein eigenes Haus wachsen lassen. An ein ordentliches Arbeitszimmer hatte er dabei aber nicht gedacht. Nachdem er das Ergebnis gesehen hatte, hatte Madara sich geweigert, das Angebot anzunehmen, auch sich ein Haus mit Mokuton wachsen zu lassen, und griff lieber auf althergebrachte Schreinerkunst zurück. Da das entsprechend dauerte und keiner von ihnen Lust hatte, solche Angelegenheiten unter freiem Himmel zu besprechen, hatten sie sich bisher immer am Küchentisch der beiden Brüder zusammengefunden. Schnell hatte ihnen allen der Rücken geschmerzt, und so war es schließlich Hashirama gewesen, der den Besuch im onsen vorgeschlagen hatte.

Er streckte seine langen Beine und versank bis zur Nase im Wasser. Die Wärme tat seinen verspannten Muskeln gut. Unter halb geschlossenen Augen schielte er zu Madara und betrachtete ihn heimlich. Hatte er seinen Freund eigentlich jemals so entspannt gesehen? Das letzte Mal musste in ihrer Kindheit gewesen sein, danach hatten sie sich nur noch auf dem Schlachtfeld gesehen. Und selbst jetzt noch strahlte Madara die gefährliche Ruhe eines Tigers aus, der scheinbar schlief, aber doch jeden Moment aufspringen und seinen Feinden an die Kehle gehen konnte. Er war ein Shinobi und ein Shinobi ließ niemals in seiner Wachsamkeit nach.

Während Hashirama sich seine Haare hochgebunden hatte, weil er nasses Haar um sich herum im Wasser nicht leiden konnte, hatte Madara seine Mähne offengelassen. Es stellte sich heraus, dass Wasser wohl das einzige Mittel war, dass seine Haare bändigen konnte. Sie hingen ihm schwer und nass vom Kopf und trieben in dunklen Schleiern im Wasser. Jeder andere hätte wie ein begossener Pudel ausgesehen, Madara jedoch trug selbst das mit Würde.

Hashirama bemerkte, dass er starrte und riss eilig den Blick vom Anblick seines Freundes los. Hoffentlich hatte niemand etwas bemerkt. Dafür bemerkte er jedoch etwas anderes.

»Otōto, du hast einen Sonnenbrand!«, stellte er fest. »Du weißt doch, dass deine Haut so empfindlich ist.«

»Hör auf, mich zu bemuttern«, versuchte Tobirama das Unausweichliche abzuwenden, aber da war Hashirama schon zu ihm aufgerückt und hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt, wo die Haut rot und ungesund warm war. Tobirama war aufgrund seines Albinismus lichtempfindlich und seine Haut neigte stark zu Sonnenbrand. Selbst Hashirama machte sich nicht mehr ständig Sorgen deswegen, er musste nur gelegentlich seinen Bruder ermahnen, nicht zu lange in der Sonne zu bleiben.

Tobirama streifte seine Hand ab, als der Sonnenbrand geheilt war. Seit Mutter an einem Giftanschlag kurz nach Itamas Geburt gestorben war, hasste es Tobirama, wenn irgendwer ihn bevormundete. Hashirama tat es trotzdem. Tobirama war schließlich sein kleiner Bruder, er musste auf ihn aufpassen. Und wenn es eben bedeutete, gelegentlich seinen Sonnenbrand zu heilen.

 Hashirama setzte sich wieder an seinem Platz. »Also, das ist wirklich eine Menge Arbeit, die da vor uns liegt«, begann er. Wenn sie ihm keine Ruhe gönnen wollten, dann bitte. »Während alles irgendwie gleich wichtig ist, müssen wir doch irgendwo anfangen. Und nichts von alledem funktioniert, wenn wir nicht für die Sicherheit aller sorgen und alle am selben Strang ziehen.«

»Wie willst du das bewerkstelligen, anija?«, fragte Tobirama mit der üblichen Skepsis in der Stimme. »Ich sehe irgendwie nicht, wie morgen Senju und Uchiha Seite an Seite ausziehen und gemeinsam Missionen erfüllen sollen, ohne dass einer dem anderen ein Kunai zwischen die Rippen rammt.«

»Nun hab ein wenig Vertrauen, Tobirama-chan. Natürlich werden beide Seiten nicht von heute auf morgen zu besten Freunden, das ist mir bewusst. Das bedarf seiner Zeit, gegenseitiges Vertrauen muss aufgebaut werden.«

»Ich möchte eines anmerken«, warf Madara ein. »Auch die Uchiha wünschen Frieden, wir alle sind kriegsmüde. Uns ist bewusst, dass das nicht ohne ein gewisses Maß von gegenseitigem Vertrauen funktionieren kann. Aber dieses Vertrauen muss gefestigt werden, und ich denke, ich spreche da für beide Seiten. Wir sollten darauf achten, beide Clans in jede Angelegenheit gleichsam mit einzubeziehen, dann sehen sie, dass wir gar nicht so verschieden sind.

Mein Vater hat mir einmal, als ich noch ein Kind war, gesagt, dass es einfacher ist zu töten, wenn ich den Feind nicht als Menschen ansehe, sondern als Tier, das es abzuschlachten gilt. Das war – und ist – die Kriegsphilosophie, mit der viele Uchiha kämpfen. Das aus den Köpfen zu bekommen, wird nicht einfach und bedarf eines bedachten Vorgehens, aber es ist möglich. Wenn sie nur sehen, dass ihr Senju eben doch Menschen seid, die genauso leiden und lieben wie sie, dann wird niemand lange an dieser Ideologie festhalten können.«

Tobirama musterte ihn mit seinem üblichen finsteren Blick. »Das erklärt eine Menge über euch Uchiha.«

»Ich sag‘s nur.« Madara schnippte lässig etwas Wasser weg.

»Das wird funktionieren, ich bin mir sicher«, sagte Hashirama. »Es bedarf nur etwas Zeit. Und wenn es mit uns funktioniert, dann haben andere Clans keinen Grund zur Annahme, dass es nicht überall funktionieren kann.«

Tobirama gab nun ihm einen seiner legendären Blicke. »Hast du mir nicht zugehört, anija? Genau dieses Bündnis ist es doch, das andere Clans so misstrauisch macht. Ich weiß, dass du deine Machtposition nur dazu nutzen willst, um für Frieden zu sorgen, aber ich bin eben dein Bruder. Hast du auch nur einmal über den Tellerrand geschaut und überlegt, wie das andere Clans sehen könnten?«

»Die Kunde, dass du dich nach zehn Jahren Krieg doch stärker als ich erwiesen hast, dürfte sich mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinaus verbreitet haben«, fügte Madara an. »Und plötzlich tun sich Uchiha und Senju zusammen, wo doch jeder weiß, dass wir Erzfeinde waren. Selbst ich würde es für wahrscheinlicher halten, dass du einfach meinen Clan annektiert hast, wenn ich es nicht besser wüsste. Und da stehen wir also, die zwei mächtigsten Clans, Seite an Seite. Natürlich werden andere Clans denken, dass es ihnen bald schon so gehen wird wie meinen Leuten.«

Hashirama verzog das Gesicht. Nein, daran hatte er wirklich nicht gedacht. »Aber ich will doch nur Frieden. Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Wenn ihr Uchiha das seht, muss das doch auch anderen möglich sein. Ich hege keinen Wunsch, gegen andere Clans zu kämpfen, nur weil sie das nicht erkennen. Irgendwann einmal muss das ein Ende haben!«

 Madara seufzte. »Nur weil du es willst, heißt das noch lange nicht, dass es deswegen auch Wirklichkeit wird. So mächtig bist nicht einmal du. Und daher ist es eben durchaus ein berechtigter Einwand, dass wir uns um die Sicherheit unserer Leute Sorgen machen sollten und zwar, bevor eine feindliche Armee an unsere Haustür klopft. Es wird nicht reichen, wenn Uchiha und Senju ihre Häuser nebeneinander bauen. Sie müssen zusammen daran bauen und abends, nach getaner Arbeit, gemeinsam Sake trinken gehen. Sie müssen lernen, dass sie einander vertrauen und sich auf die anderen verlassen können, erst dann können wir darüber nachdenken, effektiv unsere Grenzen schützen zu können. Noch herrscht zu viel Misstrauen zwischen beiden Clans.«

Darüber dachte Hashirama eine ganze Weile nach. »Tōka ist sehr gut darin, Leute, die sich nicht ausstehen können, zu einem effektiven Team zu formen. Das könnte eine Aufgabe für sie sein.«

»Hört, hört, die erste gute Idee an diesem Tag, die du dir aus deinem Holzkopf gezogen hast«, bemerkte Tobirama. »Die Liste an Sachen, um die wir uns Gedanken machen müssen, ist lang und wir sollten anfangen, Aufgaben zu verteilen. Und ja, anija, das heißt auch, dass du eben nicht jedes Haus selbst errichten kannst.«

Hashirama schmollte.

»Dann stelle ich eurer Tōka Hikaku zur Seite«, sagte Madara, der sich von Hashiramas Stimmung nicht beirren ließ. »Wie ich bereits sagte, sollten wir in solche Angelegenheiten beide Clans gleichberechtigt einbeziehen. Hikaku steht mir schon lange beratend zur Seite und hat unsere Truppen ausgebildet.«

»Das klingt nach einem hervorragenden Plan!«, rief Hashirama begeistert. Er sah es bereits vor sich. Senju und Uchiha Seite an Seite, wie sie auszogen und aller Welt zeigten, dass Frieden möglich war. Davon hatte er immer geträumt.

Der Traum zerplatzte, als er einen Habicht schreien hörte. Die umstehenden Büsche raschelten, als Hashirama schon aus einem Instinkt heraus ihnen mit seinem Mokuton befehlen wollte, den Vogel vom Himmel zu holen. Er konnte sich im letzten Augenblick noch zurückhalten. Auch Tobirama blickte zum Himmel und spannte sich an. Der einzige, der gelassen blieb, war Madara.

Natürlich war es sein Vogel. Die Falknerei war sein Steckenpferd und es waren in der Vergangenheit oft genug seine Greifvögel gewesen, die die Senju ausgespäht hatten. Alte Gewohnheiten legte man eben nicht so schnell ab.

»Nun entspannt euch wieder«, sagte Madara beinahe gelangweilt. »Sie will doch nur einen Happen von mir.« Er pfiff und deutete auf ein Gebüsch. Der Vogel schrie erneut und stürzte vom Himmel, um sich seine Beute zu greifen.

Tobirama verfolgte, wie der Vogel mit tödlicher Präzision und ausgestreckten Krallen auf eine kleine Maus niederging. »Wenn das eins der Viecher war, die mir das Gesicht so zugerichtet haben, weiß ich, was es morgen zum Abendessen gibt«, knurrte er.

Madara winkte ab. »Taka doch nicht. Kannst du nicht mal einen Habicht von einem Adler unterscheiden? Außerdem stehen dir die Narben, ich wette, die Damen schwärmen für dein verwegenes Aussehen.«

Tobirama wollte bereits zu einer wütenden Erwiderung ansetzen, wurde aber vom Lachen seines Bruders unterbrochen.

»Madara-kun, du hast einen Habicht nicht wirklich Taka genannt?!« Hashirama hielt sich vor Lachen den Bauch. »Unkreativer ging es nicht, oder?«

»Als ob du besser wärst!«, zeterte Madara. »Baka ist der passendere Name für dich!«

Er gab Hashirama eine Kopfnuss und ditschte ihn unter Wasser, wie sie es als Kinder so oft getan hatten, als sie am Fluss gespielt hatten.

Im nächsten Moment begann das Wasser unter Einfluss von Tobiramas Suiton zu brodeln und bäumte sich auf. Mit Wucht rammte es Madara und spülte ihn aus dem Becken, nur um sogleich von dessen Katon zu heißem Dampf verwandelt zu werden. Im selben Augenblick schossen Holzranken aus dem Boden und fesselten Tobiramas und Madaras Hände und Füße, sodass sie sich nicht mehr wehren konnten.

»Genug!«, donnerte Hashirama. »Was sollte das werden?«

»Er hat dich angegriffen, anija!«, protestierte Tobirama und kämpfte gegen die Fesseln an. Erfolglos.

Auch Madara konnte sich nicht freikämpfen. »Blödsinn, du Wasserkopf!«, keifte er. »Warum sollte ich das tun?«

»Eben, warum sollte er das tun?«, stimmte Hashirama zu. »Du hast da etwas falsch verstanden, otōto. Kein Grund, gleich handgreiflich zu werden.«

»Aber er hat dich geschlagen, du kannst das nicht leugnen!«, versuchte es Tobirama weiter.

Hashiramas Chakra brodelte, und das war es wohl, das Tobirama endlich zur Vernunft brachte. »Ja, auf dieselbe Art und Weise, wie ich dir gleich eine Kopfnuss verpassen werde, weil du überreagiert hast, Tobirama«, sagte Hashirama unnachgiebig und verschränkte die Arme vor der Brust. »Gibst du Frieden?«

Zögernd nickte Tobirama. Hashirama gab sich damit zufrieden und ließ die Ranken verschwinden, die seinen Bruder fesselten.

»He, und was ist mit mir?!«, rief Madara, der noch immer von dem Gebüsch gefesselt wurde, in das er gefallen war.

Mit einem Wink gab Hashirama auch ihn frei. Dann sah er sich um und sah, was dieser kleine Ausbruch mit dem onsen angerichtet hatte. Viel stand nicht mehr. »Schade um das schöne Bad.«   

Kunai ist einfach die nutzloseste Waffe im Naruto-verse. Ich mein, die sind nackt und zerlegen den Onsen trotzdem mal eben im Vorbeigehen. Btw headcanone ich Tobirama als acespec, auch wenn das für den Text hier keine Rolle spielt.
Das nächste Kapitel ist ein Rückblick zu der Zeit, als Hashirama gerade erst Clanaführer wurde. Er sieht sich mit dem Problem konfrontiert, irgendwie Tajima in Schach zu halten, um den Vorteil, den die Uchiha durch Butsumas Tod erhalten haben, wieder auszugleichen.
Ein Traum, Teil 1
CN Krieg, Gewalt, Tod, graphische Beschreibung tödlicher Verletzungen, Erwähnung toter Angehöriger

Vor 10 Jahren

»Mach das bitte noch mal, Tobirama.«

»Meinst du wirklich, dass uns das helfen wird?«, fragte Tobirama seinen Bruder besorgt, formte aber dennoch das Fingerzeichen und erschuf einen weiteren Schattendoppelgänger.

Hashirama nickte und beobachtete genau, was Tobirama tat. Leider war er kein Sensor wie sein Bruder, aber er hoffte, dennoch etwas daraus mitnehmen zu können. Er besah sich den Doppelgänger von allen Seiten und bohrte ihm einen Finger in die Rippen. Tobiramas Technik war vielleicht genau die Lösung, die sie für ihre Rettung brauchten. Anders als Tobirama war Hashirama nicht gut darin, sein Hirn um die ganzen theoretischen Hintergründe von Jutsus zu knoten, aber sein Mokuton brauchte auch keine Theorie. Es basierte auf Instinkt, und dieser Instinkt sagte ihm, dass er damit etwas ganz ähnliches würde schaffen können. Tobirama, wie immer ganz der Theoretiker, war davon nicht überzeugt.

Hashirama mochte es nicht, mit seinem Mokuton vor anderen Leuten zu experimentieren und selbst Tobirama war nur bedingt eine Ausnahme davon. Seit Jahren hatten sie versucht, diese Technik mit anderen bekannten Techniken in Verbindung zu bringen, bisher ohne Erfolg. Was jedoch bisher ganz gut geklappt hatte, war, dass Hashirama in den Wald ging, die Naturenergie um sich herum aufnahm und dann einfach das tat, was sich natürlich anfühlte. Manchmal kam dabei tatsächlich etwas dabei herum und er kehrte mit einem neuen Jutsu zurück.

Es wurmte ihn, dass niemand verstand, was er da tat. Nicht mal Tobirama und er war die cleverste Person, die er kannte. Sein Mokuton hob ihn ab von anderen und machte ihn einmalig. Er wollte nicht einmalig sein. Er wollte nicht, dass andere ihn ansahen wie irgendeine fremdartige Anomalie.

Hashirama konzentrierte sich und schlug die Hände zusammen. Vielleicht, wenn er sein Chakra dieses Mal so formte …

»Jetzt wo Butsuma tot ist und du unser Anführer, solltest du dich vielleicht nur um Tajima kümmern, während ich so lange Madara und Izuna hinhalte«, schlug Tobirama vor. »Mit den Schattendoppelgängern sollte das gehen.«

»Nein«, hielt Hashirama dagegen. »Madara ist zu stark für dich und Tajima ebenfalls. Ich muss das machen.«

»Du kannst nicht gegen beide gleichzeitig kämpfen«, protestierte Tobirama. »Du magst vielleicht stärker sein als Madara, aber nicht um viel. Das reicht nicht, um gleichzeitig …« Er unterbrach sich, als er sah, was sein Bruder tat. Seine Augen weiteten sich in Erstaunen.

Eine hölzerne Gestalt löste sich von Hashirama. Die Form des Doppelgängers war eindeutig menschlich, wenn auch seine Züge nur entfernt an Hashirama erinnerten und seine Bewegungen abgehackt wirkten und, nun, hölzern eben. Triumphierend streckte Hashirama eine Faust in die Luft. »Ha! Ich wusste es!«

Tobiramas Schattendoppelgänger ging um den Holzdoppelgänger herum und dieses Mal war es an ihm, in dem anderen herumzubohren. »Der Chakrafluss wurde nicht richtig übertragen«, stellte er fest. »Das fühlt sich noch nicht natürlich an, das muss mehr fließen.«

Hashirama verdrehte die Augen. »Otōto, deine Doppelgänger maulen noch mehr herum als du. Und das will was heißen! Hey, schau mal, ein neues Jutus. Ist das nicht klasse?!«

Tobirama löste seinen Doppelgänger auf. »In diesem Zustand verarbeitet Madara ihn in Sekundenschnelle zu Spänen, wenn du das in den Kampf schickst.«

Sowohl Hashirama als auch sein Doppelgänger ließen simultan den Kopf hängen. »Immer so ernst«, klagte Hashirama. »Dabei ist es doch total aufregend, sich neue Jutsus auszudenken.«

Tobirama schnaubte. »Du meinst wohl eher, dass du wild in der Gegend herumfuchtelst und ohne Sinn und Verstand mit deinem Chakra um dich wirfst.«

»Hey, dieses Mal habe ich versucht, das ganze wenigstens ein bisschen systematischer anzugehen! So wie du! Und siehst du, es hat geklappt. Jetzt muss ich es nur verfeinern. Hmm, wie soll ich das Jutsu nennen?«

»Denk nicht mal dran, dir wieder etwas Lächerliches auszudenken. Halte es einfach, Moku Bunshin no Jutsu wird es tun.«

Hashirama gab sich geschlagen. »Meinethalben. Aber jetzt lass uns daran arbeiten, diese Technik besser zu machen, damit sie auch wirklich etwas nützt.«

Für den Rest des Tages machten sie sich daran, die Holzdoppelgänger zu verbessern. Hashirama mochte zwar nicht so gut in der Theorie sein, aber er besaß genau zwei Stärken: Die erste war seine unglaublich große Chakrareserve, an die allein Madara heranreichte, und die zweite seine extrem präzise Beherrschung ebenjener enormen Chakramenge. Verbunden mit Tobiramas Sensor-Fähigkeiten war es ihnen ein leichtes, die Holzdoppelgänger so zu verbessern, dass sie auch tatsächlich einsatzfähig waren.

Danach hieß es, ihre Möglichkeiten auszutesten. Als Vorbild nahmen sie erneut die Schattendoppelgänger und ließen beide Techniken gegeneinander antreten. Dabei machten sie eine interessante Entdeckung.

»Wartet, war das nicht ein klarer Treffer?«, unterbrach Tobirama den Testkampf.

»Definitiv«, bestätigte sein Doppelgänger.

»Au, du hast mir eine Kopfnuss verpasst!«, beschwerte sich Hashiramas Doppelgänger und rieb sich die Stirn.

Tobirama trat zu ihnen und verpasste erst dem Holz- dann dem Schattendoppelgänger noch eine Kopfnuss. Wie zu erwarten löste sich der Schattendoppelgänger mit einem Puff auf, der Holzdoppelgänger blieb jedoch erhalten und schmollte.

»Wie interessant«, bemerkte Tobirama.

Hashirama rieb sich nachdenklich das Kinn. »Das ist anders als bei allen anderen Doppelgänger-Techniken.« Er löste das Jutsu, was wiederum wie gewohnt funktionierte.

»Los, erschaffe noch einen«, forderte Tobirama ihn auf. »Ich will sehen, was sie alles aushalten.«

Hashirama kam dem nach und sie setzten die Experimente fort. Wie sich herausstellte, waren Hashiramas Holzdoppelgänger ausgesprochen widerstandsfähig. Nicht nur besaßen sie dieselben Fähigkeiten wie er, sondern auch seine Stärke und anders als Tobiramas Schattendoppelgänger lösten sie sich nicht beim ersten ernsthaften Treffer auf. Dieser Vorteil war enorm.

Wie auch bei anderen Doppelgänger-Techniken verteilte sich Hashiramas Chakra gleichmäßig auf all seine Doppelgänger. Selbst halbiert war das noch immer weitaus mehr, als die meisten insgesamt besaßen, aber in Anbetracht dessen, dass sie diese Technik nutzen wollten, um Madara hinzuhalten, wäre es nur eine Verzögerungstaktik. Ihnen war bewusst, dass Madara in der Lage sein würde, früher oder später einen Doppelgänger zu besiegen. Sie hofften auf später.

Butsuma war tot und Tajima war es nicht und das versetzte den Senju einen herben Rückschlag. Kämpfe zwischen den beiden Clans waren bisher immer nach demselben Muster abgelaufen: Während sich die beiden Clanoberhäupter duellieren, gingen ihre Söhne sich gegenseitig an die Kehlen und der Rest sah zu, dass er ihnen nicht in die Quere kam. Tōka war mittlerweile sehr gut darin, ihre Shinobi aus den Duellen herauszuhalten. Die Kräfte waren ausgeglichen und bisher hatte keiner die Oberhand gewinnen können. Jetzt, wo Butsuma tot war, war Hashirama der einzige, der es mit Madara oder seinem Vater würde aufnehmen können. Aber beide zusammen, das wäre selbst für ihn eine nahezu unlösbare Aufgabe. Ihr Plan war daher, Madara so lange hinzuhalten, bis es Hashirama gelang, seinen Vater zumindest kampfunfähig zu machen, besser noch ihn zu töten. Das würde ihre Kräfte wieder ausgleichen und den momentanen Vorteil der Uchiha zunichte machen. Mit den Möglichkeiten der Holzdoppelgänger wäre das vielleicht sogar zu bewerkstelligen.

Wenn nicht, nun …

Hashirama verbot sich jeden weiteren Gedanken daran, dass er hier plante, den Vater seines Freundes zu ermorden. Und ja, noch immer sah er Madara als seinen Freund an. Tief in seinem Inneren wollte er das nicht tun müssen, denn noch immer hegte er den Traum von Frieden. Er schien weiter denn je davon entfernt zu sein. Aber hatten Madara und er nicht zusammen überlegt, dass der Weg zum Frieden daraus bestand, stärker zu werden, so stark, dass sie schließlich von allen anerkannt werden mussten? Er wollte den Weg zur Stärke nicht über die Leichen der Familie seines Freundes gehen. Aber er musste.

Sein Vater wäre stolz auf ihn, und das war überhaupt das Schlimmste an der Sache. Mutter hatte ihn davor gewarnt, so zu werden wie Butsuma, und stets hatte er ihre letzten Worte im Herzen getragen. Er wollte nicht der Mörder werden, den Butsuma in ihm hatte sehen wollen.

»Otōto, vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit«, sinnierte Hashirama. Er wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben. »Eine, die nicht beinhaltet, Tajima zu töten. Es gibt doch sicher Gifte, die ihn nur verkrüppeln, sodass er nicht mehr kämpfen kann. Dann müssten wir nicht …«

»Zu riskant«, unterbrach Tobirama ihn. »Alles kann irgendwie rückgängig gemacht werden, bis auf den Tod. Er muss sterben, ansonsten war‘s das für uns.«

»Verstehe«, murmelte Hashirama niedergeschlagen.

Madara war sein Freund. Aber er trug auch die Verantwortung für seinen Clan. Der Weg der Shinobi war noch nie ein leichter gewesen. Hashirama blieb keine andere Wahl, als sich das Schwert seines Vaters umzugürten und die nächste Schlacht vorzubereiten.

Früher oder später würde es dazu kommen, ganz egal, ob irgendein daimyō sie angeheuert hatte oder nicht. Senju und Uchiha waren schon längst über diesen Punkt hinaus, dass sie einen Kontrakt als Grund benötigten, um aufeinander loszugehen. Die Kluft, die beide Clans trennte, schnitt zu tief.

Hashirama wusste, dass er ein hoffnungsloser Optimist war, aber anders als Tobirama sah er das nicht als etwas Negatives an. Madara und er waren wie Tag und Nacht, doch einst hatten sie einen gemeinsamen Traum geteilt. Dieser Traum hatte sie verbunden und die Brücke zwischen ihnen geschlagen.

Madara hatte es Wunschdenken genannt, als ob ihre Ideen nichts weiter als Illusionen gewesen wären, die niemals Wirklichkeit werden könnten. Aber Hashirama weigerte sich, das anzuerkennen.

Dieser Tage saß er oft bis weit in die Nacht auf der engawa des Hauses, das einst seine ganze Familie beherbergt hatte und jetzt so leer war, seit nur noch Tobirama und er da waren. Er sah zu Mond auf und lauschte in die Stille der Nacht, um die Stille des Hauses hinter sich zu lassen. In diesem Momenten fragte er sich, ob Madara ebenfalls zum Himmel aufsah und dasselbe erblickte wie er.

Sie hatten einst einen Traum geteilt, und er würde nicht zulassen, dass diese Welt, in der sie lebten, das zerstören würde, was sie einst geteilt hatten. Die Brücke mochte zertrümmert worden sein, doch er würde sie wieder aufbauen. Irgendwie.

Irgendwie würde er Frieden schaffen und damit würde er nicht nur seinen Clan beschützen, sondern auch Madara als seinen Freund zurückgewinnen können. Irgendwie.

Auch wenn er nicht wusste, wie er das jetzt noch bewerkstelligen sollte.

Tajima wusste, dass er schnell zuschlagen musste, jetzt wo sein Erzfeind tot war. Es hatte die Senju geschwächt, ihr Clanoberhaupt zu verlieren, und Hashirama war mit gerade einmal sechzehn Jahren noch vergleichsweise jung und unerfahren, um sein Erbe anzutreten. Er hatte mehr als die Hälfte seines Lebens im Krieg verbracht und an der Seite seines Vaters gekämpft. Aber einen Clan auch tatsächlich zu führen, war etwas anderes, als nur der zweite hinter seinem Vater zu sein.

Entsprechend dauerte es nicht lang, bis die Uchiha einen weiteren offenen Konflikt provozierten. Es ging auf den Winter zu und die meisten Clans bereiteten sich auf die harsche Jahreszeit vor. Sie sammelten Vorräte und zogen sich in ihre Kerngebiete zurück. Im Winter wurden selten Kämpfe ausgetragen, zu riskant waren die Witterungsbedingungen für beide Seiten.

Tajima wusste das dennoch für sich zu nutzen. Er attackierte so lang die Versorgungslinien der Senju, bis Hashirama gezwungen war, aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Und so traf es sich, dass sich beide Clans kaum einen Monat nach Butsumas Tod erneut gegenüber standen. Eine kurze Zeit, in der beide Seiten kaum die Gelegenheit gehabt hatten, sich ihre Wunden zu lecken. Die Uchiha waren geschwächt, aber das waren auch die Senju.

Es war ihnen nicht möglich gewesen, ein Schlachtfeld zu ihrem Vorteil zu wählen. Tajima wusste, dass die Senju im Wald daheim waren wie kein anderer Clan, und hatte sie daher raus aufs offene Feld gelockt, um sie auch noch dieses Vorteils zu berauben.

Mit der Hand am Heft von Butsumas Katana – sein Katana, wie sich Hashirama korrigierte – beobachtete er von seiner erhöhten Position auf dem Hügel aus, wie die Uchiha sich ihnen näherten. Wie immer ging ihnen Tajima voran, an seiner Seite seine zwei verbliebenen Söhne. Aus alter Gewohnheit heraus suchte Hashirama in Madaras Augen den winzigsten Funken dessen, was sie einmal geteilt hatten, fand jedoch nichts als eiskalte Feindseligkeit. Es versetzte ihm einen Stich.

Blicke niemals einem Uchiha in die Augen. Nie. Du stirbst schneller, als du blinzeln kannst, wisperte Butsuma ihm noch aus dem Grab heraus ins Ohr.

Hashirama hatte Madara unzählige Male in die Augen geblickt.

»Er hinkt ein wenig«, wisperte Tobirama neben ihm. »Vielleicht hatte Butsuma ihn verletzten können, bevor er getötet wurde.«

»Ich bin mir nicht sicher, ich hatte den Kampf nicht genau verfolgen können«, wisperte Hashirama als Antwort. »Aber ja, jetzt wo du es sagst. Tajima scheint sein linkes Bein zu bevorzugen.«

»Er ist Rechtshänder«, erinnerte Tobirama ihn. »Das heißt, sein Stand wird unsicher sein. Nutze das.«

Hashirama nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Das hier würde kein Zuckerschlecken werden. Zu viel konnte schief gehen, zu viele Eventualitäten auftreten. Er würde jeden noch so kleinen Vorteil nutzen müssen, den er hatte.

Tajima trat vor. »Gib auf, Kind!«, rief er zu ihnen hinüber. »Warum das Unvermeidliche noch länger hinauszögern und unnötig Blut vergießen? Dein Vater ist tot, krepiert auf meiner Klinge, und ohne ihn habt ihr keine Chance gegen uns.«

»Da bin ich anderer Meinung«, erwiderte Hashirama. »Der Tod eines Mannes macht keinen so großen Unterschied, wie Ihr das gern hättet, Uchiha-sama.«

»Scheint so, als hätte dir dein Vater keine vernünftigen Kriegstaktiken eingebläut«, sagte Tajima. »Nun gut, dann lern es auf die harte Tour.«

Hashirama blickte zum Himmel. Dunkle Wolken zogen in der Ferne auf und ließen einen ohnehin trüben Tag noch finsterer erscheinen. Bereits fielen erste Schneeflocken und tanzten sacht zur Erde, getragen von einer frostigen Brise. Der Winter kam früh dieses Jahr.

Als er hinter sich sah, sah er die erwartungsvollen Blicke seiner Clanangehörigen, die alle auf ihm ruhten. Sie verließen sich auf ihn, denn er war nun der einzige, der noch zwischen ihnen und den zwei stärksten Uchiha stand. Wenn er scheiterte, dann … Nein. Nein, das würde er nicht zulassen. Um keinen Preis. Er konnte sie nicht im Stich lassen und am allerwenigsten konnte er Tobirama allein lassen.

Er hatte einen Traum. Aber er hatte sich auch einen Eid geschworen.

»Ich beschütze jene, die sich nicht selbst beschützen können.« Ein Eid, den er dieses Mal um jeden Preis zu halten gedachte. Dann warf er Tōka einen Blick zu. »Du kennst den Plan.«

Sie nickte. »Geht klar.«

Nun gut. Jetzt galt es. Hashirama schlug die Hände zusammen.

»Mokuton Hijutsu: Jukai Kōtan!«

Der Boden erwachte zum Leben. Auf Seiten der Uchiha brachen überall Bäume hervor und wanden sich empor. Als wären sie Lebewesen, die sich frei bewegen konnten, krallten die Bäume ihre kräftigen Wurzeln in das Erdreich, während ihre Äste sich umher schlängelten und jeden Feind packten, der ihnen nicht schnell genug entkommen konnte. In nur wenigen Augenblicken war die Kampfformation der Uchiha in totalem Chaos versunken. Verblüfft wandten sich Tajima und seine Söhne um und sahen mit Schrecken, was Hashirama mit nur einem Angriffmit den Uchiha hinter ihnen angerichtet hatte.

Der Wald war das Element der Senju und Hashirama ließ nicht so einfach zu, dass Tajima ihnen das wegnahm.

Während Tajima noch viel zu überrumpelt von dem ihm unbekannten Jutsu war, das ihm mit einem Schlag seinen Vorteil genommen hatte, stürmte Tobirama vor, um sich auf Izuna zu stürzen. Hashirama formte seinen Holzdoppelgänger, der seinem Bruder sogleich folgte und hoffentlich Madara lang genug beschäftigt hielt, bis die Sache mit Tajima geklärt war. Dann zog er sein eigenes Schwert und begann den Kampf.

Tōka rief einen Befehl und die Senju gingen zum Angriff über, die momentane Verwirrung ihrer Feinde nutzend, so lange sie noch anhielt. Bereits flammten erste Feuerbälle im Wald auf, die das Holz in Sekundenschnelle zu Asche verwandelten. Die Senju waren Meister des Kampfes im Wald und machten reichlich Gebrauch von ihren Fähigkeiten, als sie zwischen die Bäume eilten.

Hashirama legte alle Kraft, die er hatte, in seinen Schlag, als er das Katana auf Tajima niederfahren ließ. Klirrend trafen die Klingen aufeinander.

»Nicht schlecht«, sagte Tajima anerkennend, während er Hashiramas Kraft konterte. »Du hast uns überrascht, damit hätte ich nicht gerechnet.«

»So ein Pech aber auch, dass Euer Sharingan nicht in der Lage ist, mein Mokuton zu kopieren«, erwiderte Hashirama.

Er war noch nie direkt gegen Tajima angetreten, sein Gegner war immer Madara gewesen. Butsuma hatte seine Kämpfe mit Tajima jedoch oft genug analysiert und seine Söhne an seinen Erkenntnissen teilhaben lassen, sodass er trotzdem eine Vorstellung von seinem Gegner hatte. Tajima hatte diesen Vorteil anscheinend nicht. Niemand außer Hashirama verstand das Mokuton in seiner Gänze, und wenigstens dieses eine Mal sollte es ihm hoffentlich zum Vorteil gereicht sein. Madara war der einzige, der Erfahrung darin hatte, gegen das Mokuton anzutreten, und mit Sicherheit würde auch er sein Wissen mit seiner Familie geteilt haben. Aber dass Hashirama Tajima dennoch mit seinem Wald hatte überraschen können, zeigte ihm, dass er vielleicht doch einen winzigen Vorteil aus dem Überraschungsmoment hatte ziehen können.

Während sie noch die Klingen kreuzten, ließ Hashirama hinter seinem Gegner eine speerartige Wurzel aus dem Boden schießen. Sie hätte Tajima durchbohrt, doch in letzten Moment konnte er ausweichen. Die Wurzel streifte ihm an der Schulter, doch seine Rüstung schützte ihn. Er sprang davon und brachte Abstand zwischen sich und Hashirama.

»Ohne ein Handzeichen.« Erstaunen klang aus Tajimas Stimme. Doch dann fasste er sich wieder. »Aber das nützt dir nichts, Kind. Gegen Madara und mich kannst du nicht gleichzeitig bestehen.«

»Stimmt«, bestätigte Hashirama. »Aber das muss ich auch gar nicht.«

Tajima hob den Blick und suchte die Umgebung nach seinen Sohn ab. Als er erkannte, welchen Plan Hashirama verfolgte, biss er die Zähne zusammen und packte sein Schwert fester. »Ein Doppelgänger, und ich kann nicht mal erkennen, wer der Echte ist.«

»Vielleicht er, vielleicht ich. Man weiß es nicht.«

Tajimas Gesicht verzog sich zu einem grimmigen Lächeln. »Du steckst voller Überraschungen. Das wird ein unterhaltsamer Kampf.«

Hashirama hatte nicht vor, ihn lange zu unterhalten. Als er sah, wie Tajima sein Sharingan herbeirief, wusste er, dass sein Gegner ihn nun endlich für voll nahm. Er ging zum Angriff über.

Wie zu erwarten, war Tajima unglaublich schnell und so wendig, wie nur ein Sharingan-Träger sich bewegen konnte. Es gereichte Hashirama zum Vorteil, dass er gewohnt war, gegen Madara zu kämpfen, denn dieser reichte an die Geschicklichkeit seines Vaters heran, übertraf ihn vielleicht gar.

Er deckte Tajima mit einer Serie von schnellen und kraftvollen Schlägen ein. Tajima hielt mit ihm mit, doch als Hashirama seine Angriffe auf seine rechte Seite konzentrierte, wurde er allmählich in die Defensive gedrängt. Mehrere Male versuchte Tajima, ihn mit einem Genjutsu zu belegen, doch jedes Mal konnte Hashirama ausweichen. Tajima war nicht Madara, ihm würde er ganz sicher nicht in die Augen schauen.

Mit einem geschickten, Sharingan-verstärkten Konter löste sich Tajima von Hashirama und wich erneut ein Stück zurück. Hashirama setzte ihm sogleich mit mehreren Wurzelspeeren nach, um ihn gar nicht erst zur Ruhe kommen zu lassen, doch Tajima verarbeitete sie alle zu Spänen. Er war in der Tat ein Meister des Schwertes, das musste man ihm lassen.

»Schluss mit den Spielchen!«, drohte Tajima. »Dein Holz brennt genau wie jedes andere auch.« Er formte eine rasche Folge von Handzeichen. Dann holte er tief Luft.

Hashirama wartete gar nicht erst, was darauf folgen würde. Er schlug die Hände zusammen und rief die Wurzeln des Waldreiches zu seinem Schutz herbei.

»Katon: Karyū Endan!«

Im selben Moment, in dem Tajima die Feuerdrachen formte, schloss sich Hashiramas Holzmuschel zu einer Halbkugel. Wie er es erwartet hatte, hatte Tajima einen seiner Drachen um ihn herum lenken wollen, während die anderen ihn von vorn und der Seite angriffen. So jedoch prallten sie alle vier auf Hashiramas Verteidigung. Er ließ noch mehr von seinem Chakra in sein Holz fließen, um es zu stärken, dennoch nahm er alsbald beißenden Rauchgeruch wahr. Tajimas Feuer war in der Tat stark.

Er ließ dem Uchiha keine Zeit, sich eine neue Strategie zu überlegen, um Hashiramas Verteidigung zu durchbrechen. Er presste die Hände auf den Boden und ließ blind erneut Holzspeere aus der Erde schießen. Hashirama ging nicht davon aus, dass er Tajima damit treffen würde, aber das hatte er auch nicht vor. Viel mehr wollte er ihn beschäftigt halten und ihn genau dorthin lenken, wo er ihn haben wollte.

In den Wald.

Hashirama löste die Holzmuschel auf. Eine Spur von Holzspeeren führte zum Waldrand und als er den Blick hob, sah er Tajima auf einem der Äste stehen. Nun war es an ihm, grimmig zu lächeln, als er zu seinem Gegner empor sah.

»Du bist stark, das muss man dir lassen«, sagte Tajima anerkennend. »Fast schon schade, dass du ein Senju bist.«

»Ich nehme das als Kompliment«, sagte Hashirama trocken. Ohne weiter Zeit zu vertrödeln, griff er Tajima erneut mit seinen Speeren an.

»Du musst dir jedoch auch einmal etwas Neues einfallen lassen«, rief Tajima ihm zu, während er dem Frontalangriff nach hinten auswich und gleichzeitig das Holz mit seinem Schwert abwehrte.

Perfekt. Tajima hatte einen Fehler gemacht und es war hoffentlich sein letzter. Denn jetzt war er im Wald.

Mit einem gewaltigen Ausbruch an Chakra, stark genug, um den Boden um ihn herum zu zertrümmern, ließ Hashirama den Wald erneut zum Leben erwachen. Mit ihren Ästen begannen die Bäume nach Tajima zu schlagen, Lianen wanden sich umher und versuchten ihn zu packen. Die Angriffe erfolgten von allen Seiten gleichzeitig. Tajima erkannte seinen Fehler und formte ein Katon nach dem anderen, während er gleichzeitig mit seinem flammenden Schwert um sich schlug. Sein Feuer war in der Tat mächtig, doch der Wald war stärker.

Hashirama koordinierte die Angriffe so, dass Tajima nicht aus dem Wald entkommen konnte, und konzentrierte sie gleichzeitig auf seine schwache rechte Seite. Den ganzen Wald über einen längeren Zeitraum hinweg nach seinem Willen tanzen zu lassen, kostete selbst ihm eine enorme Menge Chakra, und er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Also legte er all seine Macht in diesen letzten Angriff.

Und es wirkte.

Tajima tanzte, wie Hashirama noch nie jemanden hatte tanzen sehen. Seine Bewegungen waren fließend wie Wasser und so schnell, dass das menschliche Auge kaum folgen konnte. Doch Hashiramas Angriffe prallten ununterbrochen auf ihn ein. Irgendwann musste passieren, worauf Hashirama gehofft hatte. Tajimas verletztes Bein gab unter ihm nach.

Er strauchelte und versuchte sofort wieder, das Gleichgewicht zurückzuerlangen. Doch Hashirama setzte ihm sogleich nach. Lianen schossen heran und fesselten Tajima, bis er völlig bewegungslos war. Er wehrte sich nach Leibeskräften, doch es war ein aussichtsloser Kampf.

Hashirama näherte sich ihm durch die Feuer, die Tajima verursacht hatte. Die Hitze versengte seine Haut, aber seine Regeneration machte das schnell wieder wett. Kritischer war sein niedriges Chakralevel. Dies hatte ihm mehr Chakra gekostet, als ihm lieb war.

»Bring es zu Ende!«, rief Tajima ihm zu. »Na los, mach schon!«

»Es scheint mir, dass nicht ich derjenige bin, der heute eine Lektion lernt«, stelle Hashirama fest. »Dabei wisst ihr Uchiha doch, dass wir Senju ein Clan des Waldes sind.«

Tajima verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Du bist ein Dämon aus den Wäldern, fürwahr. Scheint so, als ob Butsumas und meine Söhne uns doch noch übertreffen.«

Hashirama gönnte ihm die Ehre eines raschen Todes. Ein letzter Holzspeer durchbohrte Tajimas Brust, zerfetzte Lunge und Herz und trat am Rücken wie eine scharlachrot erblühende Blume wieder aus. Und selbst dann noch klammerte sich Tajima aus puren Trotz für einige letzte Sekunden verzweifelt an das Leben, bis schließlich doch das Licht in seinen Augen erlosch.

Hashirama fühlte nichts als Bedauern, als die Finsternis seines Vaters schlussendlich doch obsiegt hatte.

»Nein!«

Hashirama fuhr herum, als er den Schrei vernahm. Zwischen den Feuern und dem Rauch konnte er eine Gestalt ausmachen. Madara war gekommen, und das konnte nur bedeuten, dass er den Holzdoppelgänger hatte besiegen können. Wie unpassend. Hashirama hob sein Schwert und hoffte wider besseren Wissens, dass sein Chakra auch noch für diesen Kampf reichen würde.

Doch dazu sollte es nicht kommen. Madara sah die Leiche seines Vaters, aufgespießt auf dem Mokuton, und mit Sicherheit sah er auch Hashiramas geschwächten Zustand. Und doch rührte er sich nicht.

»Madara.« Es klang flehender, als Hashirama es beabsichtigt hatte.

Madaras Gesicht zeigte keinerlei Regung. Wortlos wandte er sich ab und rannte davon, um den Rückzug zu befehlen. Hashirama ließ erschöpft das Schwert sinken. Diesen Kampf mochten sie entgegen aller Widrigkeiten gewonnen haben, aber zu welchem Preis? Sein Traum schien in unerreichbar weite Ferne gerückt zu sein.

Irgendwie. Aber wie?

"I will protect those who cannot protect themselves", ist ein weiteres Cameo und Leute, die mich kennen, wissen ganz genau, dass das eine Anspielung auf Brandon Sandersons Stormlight Archive ist. Ich musste einfach! Kaladin hat eine Steilvorlage geboten! Dieser Spruch (ich weiß leider nicht mehr genau, wie der exakt ins Deutsche übersetzt worden ist) ist der zweite Eid der Windrunner. Brandon hat dieses nette Knight Radiant Quiz und ich hatte mir den Spaß gemacht, das mit Hashirama im Kopf auszufüllen. Ich hätte vermutet, dass Bondsmith dabei herauskommt, aber tatsächlich war das Ergebnis Windrunner. Ich musste ein wenig lachen, weil ich mir vorstellen kann, dass Lopen und Hashirama sehr gut miteinander auskommen würden. (Ich hatte dasselbe danach für Madara gemacht und als Ergebnis Elsecaller erhalten. Er tut mir schon ein bisschen leid, weil das bedeutet, dass er mit Jasnah klarkommen musst und gegen die hat er einfach keine Chance. Das Ergebnis für Tobirama war übrigens auch Elsecaller... )
Tobirama, einige Tage später mitten in der Nacht: "Ist der Tod wirklich unumkehrbar? *galaxy brain*"
Nächstes Kapitel gibt es grummelige alte Leute und das zukünftige Sidepairing.
 Die Ältesten
CN Erwähnung von Kindesmisshandlung, Erwähnung toter Familienmitglieder, Kindstod

Hashirama kniete sich vor den kleinen Familienschrein im Haus. Dann läutete er die Glocke, faltete die Hände, verneigte sich vor den ihai seiner Ahnen und hielt einen Moment inne, bevor er ihnen eine Schale mit Reis und Edamame darbot. Da die alten Räucherkerzen niedergebrannt waren, entfernte er ihre Asche und entzündete neue.

»Okāsan«, begann er mit einem liebevollen Lächeln. »Ich versuche mein bestes, um meinen kleinen Bruder zu beschützen, wie ich es dir versprochen habe. Ich hoffe, ich schaffe das zu deiner vollen Zufriedenheit. Jeden Tag bedauere ich es, dass du von uns gehen musstest, bevor ich die Kräfte, die mir gegeben wurden, voll verstehen konnte. Meine Blumen hätten dir sicher gefallen. Ich bin trotzdem eine Niete, wenn es um ikebana geht. Ich lass die Dinge lieber wachsen.

Kawarama, jeden Tag danke ich dir, dass du an unserer Seite standest und für eine Weile mit uns deinen Weg gingst. Damals dachte ich noch, dein Tod wäre sinnlos gewesen, aber jetzt denke ich, dass dies der Moment war, der alles ins Rollen gebracht hatte. Ich hoffe, ich habe dich nicht enttäuscht und habe das beste aus dem gemacht, das du mir gabst.

Itama, mein kleiner Baby Bruder. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich mit unseren Feinden Frieden geschlossen habe. Ich habe nicht vergessen, dass sie es waren, die dir das Leben nahmen. Vielleicht verstehst du ja trotzdem, warum ich diesem Kreislauf an Gewalt ein Ende setzen musste. So oder so hast du die Erlaubnis, meine Reisschalen umzuwerfen, wenn du nicht mit mir zufrieden bist.«

Er hielt inne, bevor er sich dem letzten ihai zuwandte. »Otōsan.« Seine Stimme war ernst. »Auch dir möchte ich danken, denn du machtest mich zu dem, der ich bin. Du gabst mir die Liebe, die du geben konntest, und lehrtest mich das Kämpfen. Ich hoffe, dass du zumindest auf meine Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld stolz sein kannst, wenn auch sonst nichts anderes. Ich folgte nicht deinem Pfad, ich weiß, aber ich musste. Ich konnte das nicht mehr mit ansehen.«

Er richtete sich auf und setzte sich auf seine Fersen. Selbst wenn sein Bruder sich immer über seine angeblich nicht vorhandenen Sensor-Fähigkeiten beschwerte, hatte er bemerkt, dass Tobirama ihn beobachtet hatte. Er spürte dessen Blick in seinem Rücken, während irgendwo im Haus die Handwerker rumpelten, die an diesem Tag hatten kommen sollen.

»Dass du selbst Butsuma noch danken kannst«, brummte Tobirama. »Nach allem, was er uns angetan hat.«

»Er wusste es halt nicht besser, und ich glaube, auf seine Art meinte er es auch gut mit uns. Und dafür danke ich ihm.«

Tobirama schnaubte. »Wenn du meinst. Ich jedenfalls werde nichts dergleichen tun.«

Hashirama grinste. »Deswegen mach ich‘s ja! Wollen ja nicht, dass er als rachsüchtiger Geist zurückkommt und mehr als nur unsere Reisschalen umwirft.«

»Hmpf. Aber jetzt kümmere dich um die anderen Sachen, die heute auf der Liste stehen.«

Hashirama sah seinen Bruder genervt an. »Was ist es heute?«, maulte er.

Tobirama wedelte mit einer Skizze. »Ich habe unser Haus umgeplant. Und dieses Mal hältst du dich an den Plan, sonst endet das wieder in einer Katastrophe wie der jetzige Zustand. Dann können die Handwerker den Strom verlegen. Danach steht ein Treffen mit den Uchiha-Ältesten an. Madara hat immer noch nicht gesagt, was sie von uns wollen, sah aber jedes Mal sehr verstimmt aus, wenn ich ihn fragte.«

Hashirama erhob sich und nahm die Skizze entgegen. »Und das lag ganz bestimmt nicht an der Art, wie du fragtest?«

»Pah!«

Hashirama besah sich die Skizze. »Warum brauchen wir überhaupt Strom?«

Tobirama gab ihm den Blick. »Die meisten anderen Clans sind schon längst mit dem Zeitgeist vorangegangen, wird Zeit, dass wir das ebenfalls tun. Kaum zu glauben, dass du Holzkopf die ganze Shinobi-Welt umkrempeln willst und gleichzeitig so verbohrt an alten Traditionen festhältst.«

Hashirama gab klein bei. »Meinethalben.«

Gemeinsam verließen sie den kleinen Raum. Im Eingangsbereich begegneten sie den Handwerkern, die sich eilig verbeugten und ihnen dann nach draußen folgten, als Hashirama ihnen sagte, er müsse vorher noch eine Kleinigkeit erledigen. Im Vorbeigehen griff Hashirama schon automatisch zu einem Strohhut und setzte ihn seinem Bruder auf. Dann stellten sie sich alle vor das Haus. Er betrachtete noch einmal Tobiramas Skizze und achtete darauf, sie auch richtig herum zu halten. Dann sah er zu ihrem Haus, schlug die Hände zusammen und ließ sein Chakra arbeiten.

Holzwände sprossen aus der Erde und verbanden sich mit den bereits vorhandenen. Massive Balken schlangen sich umeinander, als seien sie biegsame Seile, und formten neue Strukturen. Am Ende hatte Hashirama ihre Wohnfläche beinahe verdoppelt und auch die Raumaufteilung nach den Wünschen seines Bruders verändert. Na gut, wenn Tobirama meinte, dass sie so viel Platz bräuchten … Wenigstens hatte er ihm seinen Garten gelassen, der sich dem Haus anschloss.

»Und du bist sicher, dass ich nicht alle Häuser so bauen kann? Das geht viel schneller.«

»Ja!«

»Ist ja gut, kein Grund laut zu werden …«

Die Handwerker gafften ihn mit offenen Mündern an. Er reichte ihnen die Skizze. »Mein Bruder hat alles Wichtige hierauf verzeichnet. Ich hab keine Ahnung von diesem neumodischen Kram, aber er besteht darauf. Viel Spaß.«

Sie ließen die Handwerker mit ihrer Arbeit zurück und begaben sich zur Zeremonienhütte, wo vor wenigen Wochen Hashirama und Madara den Frieden zwischen beiden Clans besiegelt hatten. Madaras Haus war immer noch nicht fertiggestellt (vielleicht würde er sich ja jetzt überzeugen lassen, nachdem er die Veränderungen am Haus der Brüder gesehen hatte) und die Ältesten des Uchiha-Clans ließen sich nicht dazu herab, sich in Hashiramas und Tobiramas Küche niederzulassen. Also war das kleine Haus ein guter Kompromiss.

Zwei mehrere Tagesreisen voneinander entfernte Siedlungen zusammenzuführen, hatte sich als logistisch … herausfordernd herausgestellt. Die wenigsten wollten ständig zwischen dem neuen Dorf und der alten Heimat hin und her pendeln. Also waren als erstes provisorische Unterkünfte mit großen Gemeinschaftsäumen errichtet worden. Wenigstens das hatte Tobirama seinem Bruder erlaubt, wenn er ihn schon von der Errichtung der eigentlichen Häuser abhielt. Gerade die älteren unter den Clanmitgliedern bevorzugten es aber, die ganze Sache erst einmal abzuwarten und in ihren alten Dörfern zu bleiben. Man musste schließlich auch einige Privilegien haben, wenn man so alt wurde in einer Welt, in der die meisten nicht einmal das vierzigste Lebensjahr sahen.

Die Luft war erfüllt vom Klang geschäftigen Treibens. Überall wurden Bäume gefällt, um Holz und vor allem Platz zu schaffen (Hashirama würde später jeden gefällten Baum an anderer Stelle wieder wachsen lassen). Die gefällten Stämme wurden von ihren Ästen und ihrer Rinde befreit und dann zu Balken zurecht gesägt, die sich bereits meterhoch stapelten, um dann weiterverarbeitet zu werden. Überall wurde gehämmert und gebohrt und gesägt und die Silhouetten erster Straßenzüge ließen sich ausmachen. Hashirama, Tobirama und Madara hatten sich viele Nächte um die Ohren geschlagen, um die Gestalt des Dorfes zu planen.

Überall, wo sie entlang kamen, vernahmen sie lockere Gespräche, zu Hashiramas Freude sogar hin und wieder zwischen Senju und Uchiha. Die Menschen verbeugten sich tief vor ihnen, als sie vorbei kamen, und Hashirama winkte ihnen fröhlich zu. Auch Tobirama wirkte zufrieden. Kinder spielten zwischen den Erwachsenen, auch wenn auch sie häufiger bei ihren Clanangehörigen blieben als sich mit den Kindern des jeweils anderen Clans zusammenzutun. Sie hatten quasi mit der Muttermilch das Wissen aufgesogen, dass die Senju und Uchiha Feinde waren, und auch wenn Kinder weitaus schneller im Schließen von Freundschaften waren, hatten doch zu viele von ihnen bereits das Schlachtfeld gesehen und würden nicht sofort den alten Drill überwinden können. Hashirama hoffte jedoch, dass sie die Brücke für die Erwachsenen werden würden.

Hashirama wurde aus seinen Überlegungen gerissen, als er Kinderweinen vernahm. Ein wenig vor ihnen sah er ein kleines Mädchen aus seinem eigenen Clan, das am Boden kniete und ein zerbrochenes Spielzeug an sich drückte. Noch bevor er reagieren konnte, trat Madara zwischen zwei Holzstapeln hervor und kniete sich vor das Mädchen. Es sah ihn mit großen Augen an, und als es erkannte, wer er war, wurde es mit einem Schlag ganz still. Madara versuchte offensichtlich, es zu trösten, machte die Sache aber eher noch schlimmer.

Hashirama schmunzelte. Oh je. Er trat zu ihnen und kniete sich neben Madara. Dann ließ er ein kleines Holzpferd aus seiner Hand wachsen, das zu Boden sprang und um das Mädchen herum galoppierte. Die Augen des Mädchens leuchteten auf, alle Tränen waren vergessen. Begeistert klatschte es in die Hände und lachte. Dann erinnerte es sich seiner Manieren und verbeugte sich artig vor Hashirama.

»Vielen Dank, Senju-sama«, bedankte es sich.

Noch immer lächelnd legte ihm Hashirama eine Hand auf den Kopf. »Viel Spaß damit.«

Behutsam nahm das Mädchen sein neues Spielzeug in die Hand und eilte dann zu seiner Mutter. Die beiden Männer erhoben sich wieder und sahen ihm hinterher.

»Das ist unfair«, bemerkte Madara.

Hashirama sah ihn fragend an.

»Du kannst Holz aus deinem Körper wachsen lassen, und keiner findet das in irgendeiner Weise beunruhigend, während ich einfach ich bin und damit Kinder zum Weinen bringe.«

»Hast du heute morgen in den Spiegel geschaut? Bei deiner finsteren Miene würde ich auch weinend weglaufen.«

Madara gab ihm einen besonders finsteren Blick. »Hast du dir mal deine Klamotten angeschaut? So etwas hat meine Großmutter getragen!«

Hashirama ließ den Kopf hängen. »Aber die sind halt Tradition«, jammerte er.

»Hört mit eurem Gezänke auf und kommt«, erinnerte Tobirama sie.

Sie folgten ihm und kamen alsbald bei der Hütte an. Noch immer wehten die beiden Banner der Clans und an den Dachgiebeln flatterten die Glücksbringer. Niemand hatte sich bisher darum geschert, sie abzunehmen, sie alle hatten wichtigeres zu tun. Zumindest die beiden Banner gaben aber ein schönes Bild ab und Hashirama wollte sie eigentlich gar nicht entfernen lassen.

Die beiden Ältesten des Uchiha-Clans waren bereits anwesend und erwarteten sie im Inneren. Madara hatte veranlasst, dass man ihnen Tee bereitstellte. Als sie die engawa betraten, streiften sie ihre Sandalen ab und knieten sich mit einer Verbeugung vor der Tür nieder. Sie mochten zwar die Clanoberhäupter sein, aber dennoch zollten auch sie den Ältesten ihren Respekt, so gehörte es sich.

»Na endlich«, schnarrte jemand. Madara hatte Hashirama bereits von den Ältesten seines Clans erzählt und so nahm er an, dass es sich dabei um Uchiha Naoki handelte.

Für Madara war das der Anlass, die Tür aufzuschieben. Sie traten ein und mit einer neuerlichen Verbeugung knieten sie sich den beiden Ältesten gegenüber an den Tisch. Tobirama blieb im Hintergrund, er war immerhin der jüngere der Brüder.

Uchiha Kimora beugte sich vor und musterte Hashirama eindringlich. Hashirama bemühte sich, möglichst freundlich zu wirken. Sie rückte die Brille auf ihrer Nase zurecht. »Das ist also der Dämon aus den Wäldern. Sieht mir nach einer halben Portion aus.«

Autsch. Der hatte gesessen.

Madara neben ihm regte sich. Seine Hände, die auf seinen Knien ruhten, waren zu Fäusten geballt, und Hashirama spürte das Feuer, das unter der ruhigen und beherrschten Oberfläche brodelte. Er musste die Ältesten wirklich verabscheuen. Er fragte sich, was der Grund dafür war.

»Verehrte Älteste, wir sind auf Euer Bitten gekommen«, sagte er und hielt doch tatsächlich den Blick gesenkt. Der stolze und unbeugsame Madara gab sich lammfromm.

»Hauptsächlich, damit wir sehen können, ob du das Andenken deiner Brüder und deines Vaters wirklich so beschmutzt«, stellte Naoki klar. »Und siehe da, da kniest du an der Seite dieser Senju-Hunde. Aber na gut, du bist das Clanoberhaupt, da können wir eben nichts machen.«

Madaras Hände zitterten leicht und das war das einzige, was seine Emotionen preisgab. »Ist das alles?«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Gib uns den Waffenstillstand, den du unterzeichnet hast, Madara. Ich will ihn lesen und erfahren, für was du das Leben deiner Familie weggeworfen hast«, verlangte Naoki.

Madara fischte die Schriftrolle aus seinem Mantel. Es existierten zwei Ausgaben davon, die andere war in Hashiramas Besitz. Unter beide hatten sie ihre Siegel gesetzt. Dabei handelte es sich um Abschriften des Waffenstillstandes, den Hashirama Madara nach dem Kampf hatte zukommen lassen, in dem Izuna tödlich verwundet worden war. Als Madara schließlich doch angenommen hatte, hatte sich keiner von ihnen darum geschert, die Formulierungen an die gegebenen Umstände anzupassen und sie einfach unterzeichnet, wie es war. Sie alle waren zu müde gewesen, um sich um Kleinigkeiten zu scheren, die ohnehin keine Rolle mehr spielten.

Naoki entrollte das Reispapier und überflog die Schriftzeichen. Kimora beugte sich zu ihm herüber, um auch einen Blick darauf zu erhaschen. Er sah auf und blickte erst zu Tobirama und dann zu Hashirama. »Izuna heilen? Na, daraus ist wohl nichts geworden«, bemerkte er sarkastisch.

So langsam verstand Hashirama, warum Madara nicht viel von den Ältesten hielt. »Leider sahen die Dinge zu diesem Zeitpunkt noch anders aus«, sagte er bedauernd. »Ich bereue aus tiefstem Herzen, dass Izuna hatte sterben müssen, ich wünschte, alles wäre anders gekommen. Aber nicht einmal ich kann die Toten wieder zum Leben erwecken. Umso froher bin ich, dass wir schließlich doch Frieden schließen konnten und kein Blut mehr vergossen werden muss.«

Kimora sah ihn schon wieder mit diesem durchbohrenden Blick an. »Zu dem Zeitpunkt waren wir noch Feinde, und Ihr wolltet dennoch Euren Feind heilen? Du meine Güte, Madara, du hast dich wirklich von so einem Idioten besiegen lassen. Wenn das dein Vater wüsste.«

Da Hashirama fürchtete, dass die Hütte, in der sie sich befanden, jeden Augenblick in einem von Madaras Feuerbällen explodierte, warf er hastig ein: »Es war einfach Pech. Madara und ich sind gleichstark, das hat er mir in vielen Kämpfen gezeigt. Es hätte genauso gut Madara sein können, der mich niederstreckte.«

Naoki lehnte sich zurück, ganz offensichtlich nicht davon überzeugt. »Nun, die Dinge sind, wie sie sind. Ich weiß, dass die Senju der Tradition der Blutlinie folgen, wenn sie ihr Clanoberhaupt ernennen, aber bei uns Uchiha ist das anders. Wir folgen Stärke, und Ihr, Senju-sama, habt Euch als stärker erwiesen. Damit sind die Uchiha nun der erste Clan, der von Euch annektiert wird. Auslöschung durch Eure Hand wäre vielleicht gnädiger, aber nun gut, dann müssen wir eben mit dieser Schande leben. Aber wisst auch, dass bei uns Uchiha die Dinge etwas anders geregelt werden, wir Ältesten haben in den Angelegenheiten des Clans ebenso wie Madara ein Mitspracherecht.«

Hashirama sah, dass hier wohl etliches falsch kommuniziert worden war. »Ich habe niemanden annektiert und ich hege auch keinen Wunsch danach«, betonte er. »Madara und ich stehen in dieser Sache auf einer Stufe. Wenn Ihr, verehrte Älteste, wünscht, auch in Zukunft weiterhin in die Angelegenheiten der Clans involviert zu werden, so steht das natürlich außer Frage und kann arrangiert werden. Die Weisheit des Alters beratend an unserer Seite wissend, kann nur zum Nutzen aller sein.«

Kimora schnaubte. »Ein Schönschwätzer seid Ihr durchaus. Fragt sich, ob diesen Worten auch Taten folgen.«

»Wie dem auch sei«, fügte Naoki an. »Madara hat sich einmal als schwach erwiesen. Wir erkennen Eure Führung an, Senju-sama.«

Die beiden Alten verbeugten sich vor ihm.

»Ich bin sicher, dass die Zusammenarbeit beider Clans bald schon reiche Früchte tragen wird!«, sagte Hashirama optimistisch. Neben ihm brodelte Madara, konnte aber erstaunlicherweise noch an sich halten. Nun, irgendwie konnte er seinen Freund verstehen. Die Ältesten hatten ihn in einem fort beleidigt.

»Wir werden sehen.« Kimora blieb skeptisch. »Das wäre dann alles.«

Sie verbeugten sich und verließen den Raum. Madara stapfte wütend in den Wald, und als er sich weit genug entfernt hatte, schlug er mit der Faust gegen einen Baum. Das Holz knackte hörbar. Hashirama war weise genug, einen gewissen Sicherheitsabstand einzuhalten, und auch Tobirama blieb hinter ihm.

»Diese verfluchten alten Säcke!«, knurrte Madara und schlug erneut auf den Stamm ein. Die Krone des Baums zitterte. »Jedes Mal dasselbe! Jedes Mal versuchen sie alles, was ich mache, zu untergraben!«

»Ich bin sicher, sie werden bald schon sehen, dass sie sich irren«, versuchte es Hashirama.

»Halt ja die Klappe, baka!«, keifte Madara. »Du hast ja keine Ahnung! Wären diese Arschlöcher nicht, Izuna würde noch leben und keiner würde hinter meinem Rücken über meine Augen tuscheln!«

Hashirama verschob die Frage, was Madara damit meinte, auf später. So dumm war er schließlich doch nicht. Mit einem frustrierten Schrei trat Madara gegen den Baum und fällte ihn damit endgültig. Und weil das anscheinend noch nicht genug war, setzte er ihn danach in Brand.

Tobirama trat zu seinem Bruder. »Jemand nähert sich uns rasch, ein Uchiha der Chakra-Signatur nach«, meldete er ihm.

Bevor der Uchiha bei ihnen ankam, ließ Madara seinen Frust noch an einigen weiteren Bäumen aus und selbst dann schien sein Zorn noch immer nicht vollständig verraucht zu sein. Auf dem Weg, den sie gekommen waren, näherte sich ein Uchiha, den Hashirama schon einige Male auf dem Schlachtfeld gesehen hatte. Der Mann erkannte anscheinend mit einem Blick, dass hier nicht gekämpft wurde und lediglich einige Bäume Madaras Temperament zum Opfer fielen, und wartete geduldig, bis sein Moment gekommen war.

Als Madara schließlich doch genug Dampf abgelassen hatte, um wieder zu halbwegs vernünftigen Konversationen bereit zu sein, wandte er sich ihnen zu. Auch wenn das Sharingan wieder aus seinen Augen gewichen war, brannten sie noch immer voller Zorn.

»Was willst du, Hikaku?«, fauchte er.

Aha, das war also Hikaku, von dem Madara so viel hielt. Dieser schien mit den Launen seines Clanoberhaupts jedenfalls vertraut zu sein, denn er wich nicht zurück. Durchaus eine Leistung, die Anerkennung verdiente.

»Das Treffen mit den Ältesten verlief also wie zu erwarten«, bemerkte er mit einem Blick auf die zu Asche verbrannten Bäume. »Ich komme, um zu melden, dass sich uns eine Gruppe fremder Shinobi nähert.«

»Was für ein Pech für sie«, knurrte Madara und machte sehr deutlich, dass er sie am liebsten als Boxsack benutzen würde.

»Welcher Clan? Wollen sie sich uns anschließen?«, erkundigte sich Hashirama hoffnungsvoll.

»Etwa dreißig Leute vom Yamanaka-Clan«, berichtete Hikaku. »Auf mich machten sie keinen feindlichen Eindruck. Sie dürften bald die Siedlung erreichen.«

»Das ist der gesamte Clan, sie sind keine große Gruppe«, bemerkte Tobirama. »Und wo die Yamanaka sind, sind in der Regel die Nara und Akimichi auch nicht weit.«

»Oh, das sind wunderbare Neuigkeiten!«, rief Hashirama begeistert aus, die unangenehme Erfahrung mit den Uchiha-Ältesten war bereits vergessen. »Lasst uns schnell gehen und sie begrüßen.«

Madara seufzte genervt. »Wenn‘s denn sein muss.« Sein Chakra hatte sich in der Zwischenzeit deutlich beruhigt. Er würde die Neuankömmlinge also hoffentlich doch nicht gleich wieder verschrecken mit seiner finsteren Attitüde.

Sie begaben sich wieder zurück zum erblühenden Dorf, und gerade, als sie ankamen, sahen sie, wie Tōka eine Gruppe Fremder begrüßte. Das hieß, dass sie sie finster anstarrte und nicht gewillt war, auch nur einen Millimeter zur Seite zu weichen, so lange Hashirama ihr nicht ausdrücklich erlaubte, die Fremden vorbei zu lassen.

Der Yamanaka-Clan bestand aus einer einzigen Familie. Die Shinobi befanden sich in der Begleitung sowohl ihrer Ältesten als auch ihrer Kinder und hatten anscheinend auch einen Großteil ihrer Habseligkeiten mit sich gebracht. Für Hashirama war damit der Fall klar.

Er trat auf sie zu und breitete die Arme aus. »Willkommen, Freunde! Ich nehme an, dass ihr gekommen seid, um euch uns anzuschließen?«

Die Neuankömmlinge sahen ihn mit einer Mischung aus Irritation und Misstrauen an. Einige der jüngeren Kinder versteckten sich hinter ihren Eltern. Hatten man ihnen etwa auch diesen Quatsch über den Dämon aus den Wäldern erzählt? Hashirama machte sich eine gedankliche Notiz, das schnellstmöglich aus der Welt zu schaffen.

Ein Mann trat vor und verneigt sich. »Ich bin Yamanaka Inori und das Oberhaupt meines Clans. Wir sind gekommen, um Euren Schutz zu ersuchen, da wir vom Hagoromo-Clan von unserem Land vertrieben wurden. Wir können nicht viel bieten außer der speziellen Technik, die wir seit Generationen in unserer Familie weitergeben. Ich hoffe inständig, dass dies Euch genug ist, Senju-sama, so wenig es auch sein mag.«

»Natürlich ist es das!« Hashirama strahlte. »Jeder, der Frieden wünscht und um Hilfe ersucht, ist bei uns willkommen, und wir wollen nicht einmal eine Gegenleistung dafür. Es soll genug sein, wenn ihr uns die eine oder andere helfende Hand beim Aufbau dieses Dorfes leiht.«

Inori fielen bei diesen Worten beinahe die Augen aus dem Kopf. Getuschel kam unter den Yamanaka auf. Dann fiel Inori vor ihm auf die Knie und drückte die Stirn auf den Boden. »Shinobi no kami, Ihr seid zu gütig! Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um diese Schuld zu begleichen.«

Hashirama hatte sich noch nie viel aus solchen Gesten gemacht, aber wenn es den Leuten Freude bereitete, sollten sie es halt machen. So lange sie nur nicht anfingen, Schreine für ihn zu bauen … »Ihr solltet auch Madara-kun danken. Ohne ihn wäre nichts von all dem hier möglich.«

Das Getuschel der Yamanaka verstummte, als sie zu den beiden Uchiha an Hashiramas Seite sahen. Madara warf ihm einen vielsagenden Seitenblick zu.

»Aber du hast nicht vergessen, dass wir Uchiha ein lockeres Bündnis mit den Hagoromo unterhalten, ja?«, sagte er leise.

»Umso besser. Das unterstreicht doch unserem Punkt, dass jede alte Feindschaft überwunden werden kann.«

»Ob das die Hagoromo auch so sehen, wage ich zu bezweifeln. Die werden das wahrscheinlich als Verrat der Uchiha an ihnen ansehen, wenn wir ihren Feinden Unterschlupf bieten.«

»Umso mehr ein Grund, diesen Leuten hier zu helfen.«

»Tu, was du nicht lassen kannst, aber ich rate dir als Freund, dass du in Zukunft zumindest einen Augenblick länger nachdenkst, bevor du mit dem erstbesten Clan auf Bruderschaft trinkst.«

Für Hashirama war die Sache damit erledigt und die Yamanaka nun spontan und ganz unzeremoniell ein Teil des erblühenden Dorfes. Dass sich so rasch andere Clans ihnen anschließen würden, hätte er nicht gedacht, es freute ihn jedoch umso mehr.

Während einige umstehende Arbeiter sich der Neuankömmlinge annahmen, blieb Tōka auf Hashiramas Geheiß. Wenn sie schon einmal hier war, dann konnten sie auch gleich diese andere Sache besprechen, die sie neulich im onsen besprochen hatten. Der onsen, den Hashirama zwar wieder errichtet hatte, in dem sie aber immer noch Hausverbot hatten … Er schob den Gedanken schnell wieder zur Seite.

»Tōka-san, es trifft sich gut, dass du gerade da bist. Da gibt es eine Sache, bei der wir deine Hilfe benötigen«, begann er. »Jetzt wo der Grundstein für das Dorf gelegt ist, müssen wir auch für seine Sicherheit sorgen. Du warst schon immer sehr gut in solchen Dingen, und daher möchte ich dir diese Aufgabe anvertrauen.«

Hinter ihm sagte Hikaku etwas leise zu Madara und wollte sich bereits abwenden, doch Madara hielt ihn auf. »Nein, bleib, denn das ist eine Sache, die auch dich betrifft. Ich will, dass du Tōka-san dabei zur Seite stehst und gemeinsam die Shinobi beider Clans zu effektiver Zusammenarbeit bringst.«

Tōka und Hikaku warfen sich lange Blicke zu, aus denen die Skepsis sprach. Doch dann nickte sie beide und traten aufeinander zu.

»Ich kenne dich aus einigen Kämpfen«, sagte Tōka. »Du bist nicht völlig auf den Kopf gefallen.«

»Und deine Taktiken haben sich so manches Mal als harte Nuss erwiesen«, erwiderte Hikaku.

Hashirama war sich sicher, dass damit der Grundstein für eine fruchtbringende Zusammenarbeit gelegt worden war.

Das nächste Kapitel hat das erste Mal Talk no Jutsu und meinen zugegeben liebsten OC in dieser FF ^^ 
Du bist mein Freund
CN Erwähnung verstorbener Familienangehöriger, Trauer

Hashirama kniete im Schatten eines roten Ahorns und beobachtete die Kois in seinem Gartenteich. Ein einzelnes Blatt wurde von einer sanften Brise hinabgetragen und landete federleicht auf der Wasseroberfläche. Konzentrische Ringe breiteten sich darum aus. Ein kleiner Vogel setzte sich auf den Ast, dessen Laub Hashirama Schatten in den frühen Morgenstunden spendete. Das Licht der ersten Sonnenstrahlen tanzte wie Diamanten auf dem Wasser.

Natürlich hatte er den Garten selbst angelegt, sein ganz eigener Ort der Ruhe. Nun, und der seines Bruders, auch wenn dieser hier eher selten anzutreffen war und sich in seiner Freizeit lieber seinen Experimenten widmete. Sich einfach still hinzusetzen, eine Schale Tee zu genießen und über die Natur nachzusinnen, war einfach nicht Tobiramas Ding. Er musste immer etwas zu tun haben.

Die Blätter des Ahorns raschelten zur Begrüßung, als Tobirama sich näherte. »Guten Morgen, anija.«

Hashirama erhob sich und kam ihm entgegen. »Ungewöhnlich früh für dich. Was hat dich aus dem Bett gescheucht?«

»Die Arbeit, die du liegen lässt, weil du lieber mit deinen Bonsai redest. Ich wollte heute damit beginnen, unser Haus einzurichten, und als ich durch die Versiegelungsrollen mit unseren Sachen ging, fiel mir auf, dass meine Kunai nicht dabei waren. Du weißt schon, die für mein Hiraishin, nicht die normalen. Weißt du, wo sie sein könnten?«

Hashirama überlegte für einen Moment. »Hm, du hattest die meisten unserer Sachen versiegelt, als wir hierher umgezogen sind. Aber vielleicht sind sie ja doch in einer meiner Rollen gelandet. Lass uns nachsehen.«

Es gab einen Grund, warum sich Tobirama um das Versiegeln ihrer Sachen für den Umzug gekümmert hatte. Er war weitaus organisierter als Hashirama, der am liebsten einfach alles auf einen großen Haufen warf und damit die Angelegenheit für sich abschloss. Dies war wohl auch der Grund, warum Tobirama so viel besser darin war als sein älterer Bruder, neue Jutsus zu entwickeln. Hashirama tat einfach, was sich richtig und natürlich anfühlte und erschuf durchaus aus Versehen auch einmal einen Urwald, ohne dass er es bezweckt hatte. Tobirama hatte versucht, die Kräfte seines Bruders wissenschaftlich zu erklären, aber wirklich weit waren sie nicht gekommen. Hashirama war der einzige, der das Mokuton beherrschte, jedenfalls soweit sie wussten, und konnte diese Technik auch nicht weitergeben. Tobirama hatte sein Mokuton daher als absolut einmaliges kekkei genkai eingestuft.

Im Haus angekommen, holte Hashirama seine große Versiegelungsrolle hervor. Er öffnete sie und rollte einige Meter ab, bis er etwas fand, das Tobiramas Kunai sein könnten, und löste das Siegel.

»Was zum …?«, begann Tobirama irritiert. »Ist das Madaras Gunbai? Was machst das hier?!«

»Ach du meine Güte!«, rief Hashirama aus und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Madara köpft mich! Besser, ich bringe es ihm schnell zurück.«

Tobirama verdrehte seufzend die Augen. »Nicht bevor du meine Kunai ausgegraben hast. Dass du mit diesem unordentlichen Ding von einer Schriftrolle überhaupt etwas anfangen kannst, grenzt an ein Wunder.«

»Ich komme damit klar.« Bevor Tobirama jedoch Madara zuvorkommen konnte, Hashirama einen Kopf kürzer zu machen, suchte er rasch weiter. Beim nächsten Versuch fand er, was sie suchten, und ein beachtlicher Haufen Kunai erschien. »Siehst du.«

Tobirama nahm eine seiner deutlich kleineren Rollen und versiegelte seine Waffen darin. »Ich lass dich nie wieder an meine Sachen ran. Wer weiß, ob ich sie beim nächsten Mal wiederfinde.«

Hashirama griff nach dem Gunbai. »Ich mache mich dann mal auf den Weg. Ich nehme an, du willst mich ohnehin nicht im Weg haben, wenn du unsere Sachen entsiegelst.«

Tobirama packte ihn am Arm, bevor er gehen konnte, und sah ihn mit diesem Blick an, den er immer auflegte, wenn er Sachen von großer Wichtigkeit zu besprechen hatte. »Anija, nimm dich vor Madara in Acht.«

Hashirama sah ihn fragend an, aller brüderlicher Leichtsinn zwischen ihnen war vergessen. »Was meinst du damit?«

»Er ist nicht mehr derselbe Mann, den du einst zu kennen glaubtest. Ich weiß, du denkst, er sei dein Freund, ganz ungeachtet all der Jahre, in der ihr euch bis aufs Blut bekämpft habt. Aber da ist eine bodenlose Finsternis in ihm, die durch seine Augen scheint, und das macht ihn gefährlich. Er ist ein Uchiha, vergiss das nicht, dieser Clan war schon immer anfällig für die Dunkelheit. Und außerdem sehe ich, wie du ihm hinterher starrst. Schlag dir das schleunigst wieder aus dem Kopf.«

Das verschlug Hashirama für einen Moment die Sprache. Doch dann lächelte er. »Du machst dir zu viele Sorgen, otōto. Dafür besteht kein Anlass, glaub mir.«

Tobirama war natürlich nicht überzeugt. »Versuch zumindest, nicht allzu naiv zu sein. Bitte.«

»Ich bin erwachsen, schon vergessen?«

Tobirama murmelte etwas Unverständliches, ließ seinen Bruder dann aber gehen. Als er vor die Haustür trat, stellte Hashirama wieder einmal mit Freuden fest, dass sich allmählich so etwas wie eine Nachbarschaft herausbildete und ihr Haus nicht mehr das einzige war, das bereits fertiggestellt war. Die Straßenzüge des Dorfes wurden immer deutlicher und ließen immer mehr erkennen, wie es hier alsbald aussehen würde.

Auf seinem Weg zu dem Ort, der alsbald schon Madaras Heim sein würde, kam er an einem kleinen Haus vorbei, an dem fleißig gewerkelt wurde. Ungeachtet der Menschen, die sich an dem Haus zu schaffen machten und ein und aus gingen, stand eine alte Frau davor. Hashirama erkannte sie als eine vom Yamanaka-Clan, welcher vor kurzem zu ihnen gestoßen war. Sie hatten sich erstaunlich schnell eingefügt. Die Frau hatte mehrere Körbe voller Blumen bei sich, die sie soeben auf einer Bank vor dem Haus ausbreitete. Interessiert trat Hashirama näher.

Die Alte verbeugte sich vor ihm, als sie ihn bemerkte. »Verehrter Senju-sama.«

»Das sind hübsche Blumen, die Sie hier haben, Yamanaka-san«, sagte er anerkennend und beugte sich herab, um eine der Blumen genauer zu betrachten.

»Vielen Dank, Senju-sama«, sagte die Frau mit einer neuerlichen Verbeugung. »Ich pflücke sie immer in der Dämmerung, dann strahlen sie besonders schön. Solche Blüten kaufen die Leute am liebsten, das bringt ihnen die Morgenstunden in die Wohnungen. Shinobi sind immer so sehr damit beschäftigt, allen ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, dass sie oft die einfachen Freuden des Lebens vergessen. Darum verkaufe ich Blumen: um sie daran zu erinnern. Mein Name ist übrigens Yamanaka Ino.«

Nun war es an Hashirama, sich zu verbeugen. »Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen, Ino-san. Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen einen schöneren Stand gebe als eine einfache Bank? Dann können Sie Ihre wunderschönen Blumen noch besser präsentieren und alle können sich an ihnen erfreuen.«

»Ach nicht doch. Ihr habt sicher wichtigeres zu tun, als einer alten Frau wie mir zu helfen, Senju-sama.«

»Aber nein! Den Leuten unseres Dorfes zu helfen, ist doch meine Aufgabe. Geben Sie mir nur einen Augenblick.« Hashirama faltete die Hände und formte sein Chakra. Im Nu spross ein Vorbau vor dem Haus aus dem Boden, der einen wesentlich besseren Verkaufsstand abgab als die Bank.

Ino rieb sich die alterstrüben Augen. »Du meine Güte«, sagte sie anerkennend. »Die Leute tuscheln über Euch hinter vorgehaltener Hand als den Dämon aus den Wäldern, der die Natur selbst zum Leben erwecken kann, um seine Feinde in Scharen zu erdrosseln. Hätte nicht gedacht, dass da wirklich so viel dran ist.«

Hashirama lachte verlegen auf. »Die Leute erzählen viel. Bestimmt ist mehr als die Hälfte davon maßlos übertrieben.«

Ino pflückte eine Blume aus einem der Körbe und reichte sie Hashirama. »Die ist für Euch, Senju-sama. Als kleiner Dank für Eure Hilfe und dass Ihr einer alten Frau ein Ohr leiht. Wisst Ihr, was das für eine Blume ist?«

Dankend nahm Hashirama sie entgegen und bewunderte das kräftige Rot, das sich von dem Weiß abhob. »Natürlich. Eine suisen.«

»So ein ansehnlicher junger Mann wie Ihr hat sicher viele Verehrerinnen. Das ist doch ein schönes Geschenk, nicht wahr? Hanakotoba sagt, dass die Narzisse für Freundschaft und Zuneigung steht. Wenn Ihr sie einem guten Freund schenkt, dann sagt Ihr ihm damit, dass Ihr stolz darauf seid, mit ihm befreundet zu sein.«

Natürlich musste Hashirama sogleich an Madara denken. »Ich danke Ihnen für diese freundliche Geste, Ino-san.«

Er verabschiedete sich von Ino und begab sich zu Madara. Vielleicht würde er ihm nur eine Kopfnuss verpassen und ihm nicht gleich den Kopf abreißen, wenn er ihm sein Gunbai zusammen mit der Blume gab.

Bei der Baustelle angekommen, musste er jedoch feststellen, dass Madara nicht anwesend war. Die Uchiha, die an dem Haus arbeiteten, sagten ihm, Madara sei in die umliegenden Wälder gegangen, um zu trainieren. Hashirama beschloss, dass es seiner Gesundheit zuträglicher wäre, den Fächer einfach hier zu lassen und selbst seinen Freund zu suchen. Er konnte sich schon denken, wo Madara war.

Der Fluss, wo sie früher Steine über das Wasser hatten hüpfen lassen, lag etwas außerhalb dessen, was einmal die Dorfgrenzen werden sollten. Irgendwie hatte es Hashirama nicht behagt, den Fluss in das Dorf zu integrieren und damit seinen Frieden zu stören. In all den Jahren hatte sich doch nichts an diesem Ort verändert. Es war Niemandsland, ein Gebiet, das die Clans in all ihren Konflikten immer ignoriert hatten. Madara und Hashirama waren damals aus demselben Grund zu diesem Fluss gekommen: um all dem Krieg und Elend zu entkommen. Er musste unwillkürlich lächeln, als er an all die schönen Stunden denken musste, die er hier mit seinem Freund verbracht hatte, als ihre Bekanntschaft noch ihr Geheimnis gewesen war, das nur ihnen allein gehört hatte.

Madara war jedoch entgegen seiner Erwartungen nicht hier anzutreffen und schien auch nicht in der Nähe zu sein. (Tobirama konnte sagen, was er wollte, aber so miserabel waren Hashiramas Sensor-Fähigkeiten dann doch nicht.)

Hashirama beschloss, hier auf Madara zu warten und die Gelegenheit zum Meditieren zu nutzen. In letzter Zeit passierte so viel, da fand er selten Ruhe. Eine Kiefer war so freundlich, ihm einen ihrer Äste anzubieten, auf dem er sitzen konnte. Dankend nahm er an. Er ließ sich im Lotussitz nieder und schloss die Augen. Dann fluteten seine Sinne die umliegenden Wälder.

Schon von frühen Kindesbeinen an hatte er eine tiefe Verbundenheit zu allem Leben um sich herum verspürt. Sein Vater hatte das zunächst als unnützen Unfug abgetan, der ihn von seinem Kampftraining ablenkte, doch als er etwa sechs Jahre alt gewesen war, wurde klar, dass doch mehr dahinter steckte. Weil sein Mokuton so einmalig war, wusste zunächst niemand so wirklich etwas damit anzufangen. Für Butsuma zählte vor allem, dass ihm seine Fähigkeiten einen unschätzbaren Vorteil im Kampf boten und ließ ihn hart trainieren, um seine Fähigkeiten auszubauen. Alsbald übertraf er all seine Altersgenossen.

Mokuton war pure Lebenskraft, ein Schlüssel zu der Energie, die alles durchdrang, Wasser, Erde und schlussendlich das Leben selbst. Irgendwer hatte Hashirama diesen Schlüssel anvertraut und damit auch ein tiefes Verständnis für die Natur um ihn herum.

Was dazu geführt hatte, dass Hashirama dieses einmalige kekkei genkai besaß, wusste keiner. Keiner seiner Brüder hatte jemals Anzeichen gezeigt, auch etwas von seinen Fähigkeiten zu besitzen. Tobirama mochte zwar ein Genie sein, aber auch er musste sich schlussendlich mit herkömmlichen Jutsus begnügen. Wer weiß, wenn Itama und Kawarama nur alt genug geworden wären … Aber das war müßiges Denken.

Hashirama lauschte auf den Pulsschlag der Natur. Beinahe schon automatisch ging er in den Eremiten Modus über, um seine Verbindung zu stärken. In Momenten wie diesen hörte er auf, ein Individuum zu sein.

So spürte er auch, dass Madara sich näherte, lange bevor er bei ihm war. Madara ließ sich elegant neben ihm auf dem Ast nieder. Hashirama öffnete seine Augen und sah, dass Madara fasziniert die roten Muster in seinem Gesicht mit seinem Sharingan betrachtete. Mit einem Mal setzte Hashiramas Herz einen Schlag aus ob dieser unerwarteten Aufmerksamkeit.

»Was ist das für ein sonderbares Chakra?«, wollte Madara wissen. »Seit wann besitzt du das?«

Hashirama blinzelte, um seine Gedanken zu sammeln und um sich nicht allzu sehr von Madaras Präsenz ablenken zu lassen. »Senjutsu«, brachte er schließlich hervor und löste ebenjenes auf. Die Meditation war vorüber. »Und wahrscheinlich habe ich es schon immer besessen, aber ich lernte es besser zu nutzen, als ich auch mein Mokuton meisterte. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.«

Madara legte den Kopf schief und etwas an dieser Geste erinnerte sonderbar an einen Greifvogel. »Dieses besondere Chakra gibt dir zusätzliche Kräfte, wie mir scheint. Ich habe davon gehört. Also bist du zu den Kröten vom Berg Myōboku gegangen und hast von ihnen gelernt. Halt, warte. Waren es die Schlangen der Ryūchi Höhle? Oh nein, lass es bloß nicht die Schnecken vom Shikkotsu Wald sein, das ist eklig.«

Hashirama lachte auf. »Weder noch. Wie ich bereits sagte, wurde es mir gewissermaßen in die Wiege gelegt.«

Madara musterte ihn nachdenklich mit seinen Sharingan-Augen. »Du hättest mich damit schon viel früher besiegen können. Warum hast du es nicht getan?«

»Weil du mir keinen Anlass dazu gabst«, sagte Hashirama. »Ich meine, warum hätte ich das tun sollen? Ich hatte dich von Anfang an nie als meinen Feind bekämpfen wollen. Du weißt, dass ich nie etwas anderes als Frieden erreichen wollte. Was hätte es mir da also genützt, dich niederzuwerfen?«

Daraufhin schwieg Madara. Er wandte den Blick ab. Das Sharingan verschwand aus seinen Augen, als er nachdenklich den Fluss unter ihnen betrachtete. »Dann bist du also tatsächlich stärker als ich«, sagte er schließlich leise.

Hashirama fragte sich, woran Madara wohl gerade dachte. »Ich hab einen unfairen Vorteil, könnte man wohl sagen. Also zählt das nicht und wir sind gleichstark.«

»Das spielt doch jetzt eh keine Rolle mehr.«

Etwas an Madaras Ton machte Hashirama klar, dass Madara gerade nicht in der Stimmung für albernes Geschwätz war, also ließ er es bleiben. Gemeinsam schwiegen sie und beobachteten das vorbeiziehende Wasser.

Madara war es schließlich, der die Stille brach. »Hättest du Izuna wirklich heilen können?«

Hashirama brauchte kein Sharingan, um sich noch immer jedes einzelne Detail jenes einen Augenblicks in Erinnerung zu rufen. Wie sein Bruder durch Izuna schnitt wie durch Luft und ihn förmlich ausweidete. Das Blut, das einfach nicht aufhören wollte zu fließen. Die Angst in Izunas Augen, als ihm wohl bewusst geworden war, dass sein viel zu kurzes Leben beendet worden war. Die Panik, als Madara begriff, dass ihm auch sein letzter Bruder genommen worden war.

»Ja«, sagte er bedauernd. »Das hätte ich.«

Madara presste die Lippen aufeinander.

Izuna war stark gewesen und stur. Hashirama hatte angenommen, dass Izuna nicht sogleich an seinen Wunden sterben würde, sondern sich mit jedem bisschen, das er noch hatte, an sein Leben klammern würde. Es musste ein grausamer, langsamer Tod gewesen sein. Deswegen hatte er unmittelbar nach der Schlacht einen Waffenstillstand formuliert und Madara übermittelt. Er hatte ihn angeboten, ohne jegliche Bedingungen Izuna zu helfen. Es wäre schwer geworden, selbst für ihn, aber nicht unmöglich.

Leider hatte Madaras Antwort aus gestreckten Waffen bestanden. Er wusste nicht, was in der Zwischenzeit geschehen war, Madara hatte kein Wort darüber verloren. Nun, außer dem Moment, nachdem sie die Ältesten getroffen hatten. Hashirama drängte ihn auch nicht, denn ihm war bewusst, welch tiefes Trauma das bei seinem Freund hinterlassen haben musste. Aber wenn es so weit wäre, dass Madara sein Schweigen brach, dann würde er für ihn da sein.

Nach außen hin wirkte Madara so lässig, wie er sich immer gab, mit einem Arm über das Knie gelegt, während er dem Strom des Flusses folgte. Doch sein unruhiges Chakra verriet, was wirklich in ihm vor sich ging.

»Du bist nicht allein, Madara, vergiss das nicht«, sagte Hashirama deshalb.

»Das bringt mir meinen Bruder auch nicht mehr zurück.«

»Nein. Aber hast du dir erlaubt, ihn zu betrauern? Hast du auch nur einmal in den vergangenen Monaten deine wahren Gefühle gezeigt?«

»Wir sind keine kleinen, schwachen Kinder mehr, die dasitzen und heulen.«

»Der Verlust eines geliebten Menschen schlägt eine Wunde, die keine Salbe und kein Chakra der Welt heilen können. Aber Tränen können es. Hier ist niemand außer uns, hier sieht keiner, wenn du dich schwach gibst. Und wenn du willst, kann ich auch gehen und dich allein lassen. Aber glaub mir, das ist keine Schwäche, dich deiner Trauer zu stellen, sondern erfordert große Stärke.«

»Du Holzkopf«, murmelte Madara. Dennoch zog er die Knie an die Brust und schlang die Arme darum. Und dann endlich erlaubte er sich seine Tränen. Seine ganze Haltung wirkte angespannt, wie als würde er mit aller Macht versuchen, die Tränen zurückzuhalten, die sich in ihm angestaut hatten, aber es war vergebens. Es war, als würde er mit bloßen Händen gegen eine Flut ankämpfen. Er musste sie so sehr angestaut haben, dass sie ihn nun förmlich überrollten in ihrer Intensität, und er schien nicht wirklich gut damit umgehen zu können, wenn er noch immer versuchte, seine Trauer zurückzuhalten.

Hashirama rückte zu ihm auf und wollte ihm schon eine Hand auf die Schulter legen, ließ es dann aber bleiben, als er sich erinnerte, dass Madara Berührungen aus irgendeinem Grund nicht mochte. »So ist es gut«, sagte er stattdessen leise. »Lass los, dir kann nichts passieren.«

Madara weinte geschlagene zehn Minuten, und dass er so lange dafür brauchte, zeigte Hashirama, dass Madara noch immer nicht seine Gefühle loslassen konnte. Er hatte gelernt, dass der Körper Gefühle sehr gut selbst regulieren konnte, wenn man ihn nur ließ und nicht wie Madara trotzdem alles noch irgendwie zurückzuhalten versuchte. Aber gesund zu trauern war nichts, das Shinobi lernten. Nur ein Grund mehr, warum es gut war, dass sie nun endlich Frieden hatten schließen können.

Schließlich beruhigte Madara sich doch wieder. Er schniefte und wischte sich die letzten Tränen aus den Augen. Dann lehnte er sich zurück und sah zur Baumkrone auf. »Ich fühl mich beschissen.«

»Ich könnte dich in den Fluss werfen, das erfrischt«, schlug Hashirama vor.

»Das hast du schon mal versucht und es hat nicht funktioniert.«

»Stimmt. Wir sind beide reingefallen.«

»Halt die Klappe, baka

Hashiramas Antwort bestand in einem herzhaften Lachen. Dann erinnerte er sich jedoch endlich wieder des eigentlichen Grunds, warum er hierher gekommen war. »He, Madara, ich hab was für dich.«

Er fischte die Blume aus seiner Kleidung und reichte sie seinem Freund. Madara sah ihn nur mit gehobener Augenbraue an. »Aha. Eine Blume«, sagte er wenig beeindruckt.

»Ja! Eine Narzisse. Ich habe heute Yamanaka Ino kennengelernt, eine wirklich reizende alte Dame, die Blumen verkauft. Sie hat mir die hier gegeben und gesagt, dass sie ein hervorragendes Geschenk für einen Freund wäre. Sie sagte, wenn ich diese Blume verschenke, dann würde ich damit ausdrücken, wie stolz ich darauf bin, mit dir befreundet sein zu dürfen. Und ich meine, es stimmt auch. Ich bin wirklich sehr froh, dass du mein Freund bist.«

»Dein Freund …«, wiederholte Madara nachdenklich. Er nahm die Narzisse in die Hand und betrachtete sie lange. Ein Ausdruck, den Hashirama nicht wirklich deuten konnte, trat in seine Augen. »Denkst du wirklich, wir können einfach wieder so weiter machen wie früher? Als wäre nichts gewesen?«

»Nun, es war nicht nichts. Wir haben uns bekriegt und es waren schreckliche Kämpfe, das lässt sich nicht leugnen. Aber in all den Jahren habe ich auch fest daran geglaubt, dass wir wieder Freunde werden können. Ich habe mich geweigert, eine andere Wahrheit als dies anzuerkennen. Und du weißt doch, ich bin ein Holzkopf. Du schienst all das, was wir damals geteilt hatten, einfach so davon geworfen zu haben. Aber ich denke, dass du es eben doch nicht getan hast, dass dir unsere gemeinsame Zeit doch etwas bedeutet hast. Sonst hättest du mich nicht aufgehalten, als ich mich …«

»Nein, sag‘s nicht«, unterbrach Madara ihn. »Erinnere mich nicht mehr daran. Allein die Vorstellung, dass du … Nein.«

Daraufhin verfielen sie in Schweigen. Madara hielt die Narzisse zwischen seinen Fingern und schien über Hashiramas Worte nachzudenken. Hashirama betrachtete seinen Freund und mit einem Male war es ihm, als würde er ihn das erste Mal wirklich sehen. Man lernte viel übereinander, wenn man dutzende Duelle ausfocht, aber ein Mensch hatte doch so viele Facetten mehr. Das Leben bestand nicht nur aus Kampf und Krieg und Tod.

Madara war blass, beinahe ungesund, und seine rabenschwarzen Haare bildeten einen starken Kontrast dazu, der das nur noch unterstrich. Hashirama waren bei ihrem Besuch im onsen auch nicht die zahlreichen schlecht verheilten Narben entgangen, die Madaras Körper bedeckten. Madara vermied Körperkontakt und wahrscheinlich war das der Grund, warum seine Wunden und damit auch seine Leberverletzung nur selten angemessen behandelt worden waren. Narbengewebe zu heilen, war nahezu unmöglich und das betrübte Hashirama nur umso mehr, weil er wusste, dass er derjenige war, der all das Madara angetan hatte.

Eine sanfte Brise ließ das Laub der Bäume rascheln. Das Sonnenlicht warf smaragdene Schatten, die auf Madaras scharf geschnittenen Zügen tanzten. Ob seine Haut wohl so weich war, wie sie aussah? Seine Lippen, über die sonst nur tödliches Feuer und scharfe Worte kamen, so samten, wie sie versprachen?

Mit einem Mal erinnerte sich Hashirama der Worte seines Bruders früher an diesem Morgen. Mit wild pochendem Herzen riss er den Blick los. Seine Ohren brannten. Er räusperte sich verlegen. »Ähm, Madara, da gibt‘s noch eine Sache, die ich dir sagen wollte, weshalb ich dich eigentlich suchen kam. Warum warst du eigentlich allein im Wald?«

»Weil ich allein sein wollte«, betonte Madara. Er klang genervt, aber das war sein Grundzustand, weshalb Hashirama schon lange darüber hinweg hörte. »Und deswegen kam ich auch nicht hierher, weil ich genau wusste, dass du mich hier suchen würdest. Du bist wie eine Klette. Also raus mit der Sprache, was gibt‘s?«

»Aber du musst mir versprechen, mir nicht den Kopf abzureißen.«

»Der wächst doch eh wieder nach. Dich kriegt man nicht tot, genau wie Unkraut.«

»Nun, eventuell hab ich was gefunden, das dir gehört. Dein Gunbai, um genau zu sein. Keine Ahnung, wie das in meine Sachen gekommen ist.« Hashirama lachte nervös auf.

»Du hast was?!«, explodierte Madara. »Wieso kommt das überhaupt zu dir? Hä? Was fällt dir ein!«

»Keine Ahnung, wie das passieren konnte.« Hashirama hob abwehrend die Hände. »Tobiramas Kunai haben wir auch bei mir gefunden. Ich hab‘s dir schon zu deinem Haus gebracht, also kein Grund zur Sorge.«

»Du lässt in Zukunft gefälligst die Finger von meinen Sachen, kapiert!« Madara holte mit der Faust aus.

Ihr Gerangel endete natürlich damit, dass sie beide in den Fluss fielen.

Nope, niemand ist gay, auf gaaaaar keinen Fall *pfeif* (Was tatsächlich in Hashiramas Fall stimmt, hier ist er nämlich pansexuell.) Nächstes Kapitel wird sad :c Izunas letzte Momente.
Izunas Geschenk
CN Krieg, Tod, Gewalt gegen Menschen, Verlust von Angehörigen, Blut, Beschreibung tödlicher Verletzungen

Zwei Monate zuvor

Madara verfiel in Panik, als er all das Blut seines Bruders sah. Nein! Nein, das konnte einfach nicht passiert sein! Er erlaubte es nicht! Sein Atem ging viel zu rasch, als er verzweifelt versuchte, das Blut zu stoppen, das aus Izuna strömte. Zu viel, viel zu viel! Was sollte er nur tun? Was konnte er tun? Da besaß er nun schon dieses elende Mangekyō, es musste doch eine Möglichkeit geben! Sein Blick flackerte und ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Schädel. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen.

Er war am Ende. Er hatte versagt.

Hashirama streckte ihm noch immer seine Hand entgegen, ein entschlossener Ausdruck lag auf seinen Zügen. Der Idiot meinte es wahrscheinlich wirklich ernst. Aber konnte er Izuna wirklich noch helfen? War er wirklich so stark?

»Bruder … nicht …«, keuchte Izuna, während ihm das Blut aus dem Mund lief. »Du darfst ihm nicht vertrauen. Das ist … eine Lüge.«

Izuna musste so schnell wie möglich fort von hier, weg von den Senju-Hunden, die die Schuld an all dem hier trugen. Madara fischte eine Rauchbombe aus seiner Tasche, dann floh er.

Er rannte so schnell wie der Wind. Alles, was jetzt noch zählte, war Izuna in Sicherheit zu bringen. Er dachte nicht einmal daran, seinen Leuten den Rückzug zu befehlen. Izuna war alles, was zählte.

»Halte durch, kleiner Bruder.«

Izuna lag regungslos in seinen Armen, das Blut floss noch immer aus ihm, als wolle er damit die ganze Welt rot malen. Aber so lange er noch blutete, lebte er. Tote bluteten nicht mehr. Das war der Strohhalm, an dem Madara sich mit aller Macht klammerte.

Er stürmte wie ein wild gewordener Dämon in ihr Dorf und zu ihrem Haus. »Einen Heiler! Sofort!«, brüllte er. Irgendwer von den Leuten, die sie zurückgelassen hatten, musste Heilfähigkeiten besitzen. Irgendwer!

Die Uchiha, die im Dorf zurückgeblieben waren, waren von seinem wilden Erscheinen irritiert, doch bald war klar, was der Grund dafür war. Schnell kam Getuschel auf und die Neuigkeit verbreitete sich in Windeseile. Rasch war eine junge Frau mit Medizinkenntnissen gefunden worden, die Madara nacheilte.

Madara hatte seinen noch immer bewusstlosen Bruder sanft auf sein futon gebettet. Ihm liefen blutige Tränen über das Gesicht, doch den Schmerz in seinen Augen ignorierte er. Izuna schien selbst in der Bewusstlosigkeit nicht von seinen Schmerzen erlöst worden zu sein, sein Gesicht war zu einer Grimasse verzogen. Sein Atem aber ging flach und viel zu unregelmäßig. Das Blut floss langsamer.

Die Kunoichi kniete sich Madara gegenüber neben Izuna und begann sogleich mit der Untersuchung. Andere eilten herbei, um ihr zu helfen. Madara bemerkte kaum, was sie taten, sein Blick war starr auf Izunas Gesicht geheftet. Das Mangekyō brannte ihm jedes noch so kleine Details ins Gedächtnis. Die kleine Narbe an seinem Kinn, wo ihn als Kind ein Stein getroffen hatte. Die Grübchen auf seinen Wangen. Seine leicht schiefe Nase.

Leider war Izuna die Bewusstlosigkeit nicht lange vergönnt. Brutal wurde er wieder zurück gerissen. Er schrie in Agonie. Madara griff seine Hand und strich ihm eine verklebte Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Ich bin bei dir, Izuna-chan. Du bist in Sicherheit. Halte durch. Halte durch! Bitte. Verlass mich nicht. Bitte …« Das letzte kam nur noch als Krächzen aus seiner Kehle. Noch immer weinte Madara blutige Tränen.

Izuna spuckte Blut. Sein Atem gurgelte in seiner Kehle, und das Geräusch war genug, um in Madara die Galle hochkommen zu lassen.

»Uchiha-sama, es ist zu spät«, sagte die Kunoichi bedauernd. Warum stand ihr der Schweiß auf der Stirn? Wie lange war sie nun schon hier? »Niemand kann mehr etwas für Izuna-san tun. Ich kann ihm höchstens noch seine Schmerzen nehmen.«

»Nein!«, brüllte Madara. »Ich verbiete es! Rette ihn!«

Er sprang auf und packte sie bei der Kehle. Er stolperte, weil die schwarzen Flecken vor seinen Augen größer wurden, hämmerte sie aber dennoch gegen die Wand. Das Papier riss ein. Sie strampelte mit den Füßen und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, war aber nicht stark genug.

»Bitte … nicht …«, keuchte sie.

»Rette ihn!«, zischte er. Dann ließ er sie los.

Sie fiel zu Boden, rappelte sich aber mit einem Schluchzen wieder auf und kniete sich erneut neben Izuna.

Madara sank kraftlos auf seine Knie und starrte auf seine blutigen Hände. Irgendwann senkte sich die Dunkelheit über ihn und mit ihr kam auf die Stille. Sein eigener Herzschlag dröhnte ihm hämmernd in den Ohren. Die Welt blieb stehen.

Mit einem leisen Klacken wurde die Tür aufgeschoben und zwei Personen traten ein. Madara sah nicht auf, doch die Chakra Signaturen verrieten Naoki und Kimora. Ausgerechnet die beiden.

»Was hast du mit der Kunoichi angestellt?«, verlangte Naoki zu wissen. »Sie war völlig in Tränen aufgelöst und stammelte, ein Dämon sei in dich gefahren. Und wenn ich mir das hier so ansehe, hat sie wohl Recht! Du hast unsere Truppen auf dem Schlachtfeld zurückgelassen und sie schutzlos den Senju ausgeliefert. Warum das nicht in einem Massaker endete, weiß ich nicht, aber wir haben zu viele Tote, Verwundete und Überläufer für nur einen Tag.«

»Izuna«, zischte Madara. »Izuna wurde verwundet.«

»Ja, so viel kann wohl jeder sehen«, stellte Kimora klar. »Aber er ist ein Shinobi, du hast doch nicht ernsthaft erwartet, dass du ihn für immer beschützen kannst? Tragisch, ja, aber so ist unsere Welt. Du hättest deine eigenen Leute nicht verraten dürfen, nicht dafür. Wenn das so weiter geht, frage ich mich, ob du überhaupt noch in der Lage bist, diesen Clan zu führen. Eine Schande, nach all der Hoffnung, die Tajima in dich steckte.«

Jedes Wort war wie ein Schlag. Körperliche Wunden vermochte vielleicht nur Hashirama ihm zu schlagen, aber das hier traf ebenso präzise. Sein Chakra begann zu brodeln, die letzten Reste, die er noch hatte.

»Ich beschütze meinen Clan«, zischte Madara. »Das ist es, was ich schwor. Und Izuna ist ein Teil dieses Clans! Wenn ihr meint, ich sein unfähig, euch zu führen, dann fordert mich gemäß der Tradition heraus.«

Naoki schnaubte. »Du hältst deine Augen geschlossen, nachdem du doch sonst immer so viel auf sie hieltest. Sieht so aus, als wäre es in der Tat an der Zeit, dass jemand Stärkeres dich ersetzt. Der Adler hat keine Krallen mehr.«

»Izuna ist Teil dieses Clans«, wiederholte Madara stur. »Und ich lasse ihn nicht einfach so gehen. Hashirama kann …« Er unterbrach sich.

»Der Dämon aus den Wäldern kann was?«, setzte Naoki kalt fort. »Ihn heilen? Wohl kaum. Selbst wenn er theoretisch dazu in der Lage wäre, warum sollte er es tun? Er ist unser Erzfeind, ein Senju. Du kannst ihn wohl kaum einfach hereinspazieren und Hand an Izuna legen lassen.«

Aber genau das war es, was Madara in den Sinn gekommen war. Wenn einer noch Izuna helfen konnte, dann Hashirama. Auf dem Schlachtfeld war er in blinde Panik verfallen und hatte sich von seinen Instinkten leiten lassen. Aber jetzt, wo er Zeit hatte, darüber nachzudenken …

»Madara, du verlierst den Verstand«, fuhr Naoki fort.

Hashirama musste her. Und diese Alten verschwinden, ansonsten würde er ihnen auf der Stelle die Kehlen herausreißen.

»Ihr geht jetzt besser«, sagte er ruhig.

Sein Ton war es, der die beiden Alten endlich realisieren ließ, dass sie hier mit ihrem Leben spielten. Ohne ein weiteres Wort wandten sie sich ab und schlossen die Tür hinter sich.

Hashirama. Hashirama? Was dachte er sich eigentlich? Die Panik musste ihn wohl noch immer im Griff haben, wenn er das wirklich in Betracht gezogen hatte. Welch ein Narr er doch war zu denken, Hashirama würde ihm helfen wollen, nach allem, was er ihm angetan hatte. Izuna hatte Recht gehabt, das war mit Sicherheit eine Falle. Also kein Hashirama. Aber wer dann?

Die Schmerzen in Madaras Augen waren beinahe unerträglich geworden, selbst für ihn, der Schmerzen gewohnt war. Er krallte die Finger in seine Kleidung und versuchte irgendwie, der Pein Herr zu werden. Die Dunkelheit zog sich zusammen, ihre Klauen schlossen sich immer fester um ihn.

»Big Bro …«, vernahm er irgendwann Izunas schwache Stimme. So schwach, dass sie kaum zu vernehmen war.

Er hob den Kopf und öffnete die Augen, aber die Dunkelheit blieb. Verwirrt berührte er mit seinen Fingern seine Wange und fühlte das getrocknete Blut, das ihm das Gesicht verkrustete. Aber nein, das spielte jetzt keine Rolle. Er rappelte sich auf und stolperte an Izunas Seite, um nach seiner Hand zu tasten.

»Big Bro, du bist … blind«, wisperte Izuna.

»Das ist egal«, erwiderte Madara. »Ich bin bei dir, das ist alles, was zählt. Dir wird es wieder besser gehen, schon bald, du wirst sehen.«

Izuna schwieg, und wäre nicht sein unregelmäßiger, flacher Atem, Madara hätte schon das schlimmste befürchtet. Er strich seinem kleinen Bruder über das Gesicht und fühlte die Wärme, die noch immer unter der Haut wohnte. Das beruhigte ihn wieder.

Er beugte sich zu Izuna hinab und legte seine Stirn gegen die seines Bruders. »Wir sind zusammen«, wisperte er. »Das ist alles, was zählt.«

»Madara …«, brachte Izuna mühsam hervor, beendete aber nicht, was er hatte sagen wollen.

Er vernahm Schritte von draußen. Jemand kniete sich auf die tatami vor der Tür. »Uchiha-sama, uns erreichte eine Botschaft von Senju Hashirama.« Hikakus Stimme.

»Verzieh dich, dafür habe ich keine Zeit!«, giftete Madara.

»Uchiha-sama, es ist ein Angebot für einen Waffenstillstand. Vielleicht solltet Ihr …«

»Verzieh dich, habe ich gesagt!«

Daraufhin sagte Hikaku in der Tat nichts mehr. Madara hörte, wie er die Tür ein wenig aufschob und etwas in den Raum legte, wahrscheinlich die Botschaft, von der er gesprochen hatte. Mit einem leisen Klacken schloss er die Tür wieder und entfernte sich. Madara blieb, wo er war.

»He, Big Bro, ich hab was für dich«, wisperte Izuna. »Ein letztes Geschenk. Ist nicht viel, ich weiß, aber vielleicht reicht es, um den Senju-Hunden noch mal richtig in den Hintern zu treten.«

»Izuna-chan, sei still. Du musst deine Kräfte sparen.«

»Da gibt‘s nicht mehr viel zu sparen. Du warst schon immer blind für die Wahrheit. Das ist mein Ende. Aber meine Augen … die kannst du haben. Ein oder zwei Schuss dürften noch geladen sein. Nimm sie.«

Madara blieb der Atem weg und sein Herz setzte aus. Er erstarrte und sah mit weit aufgerissenen und doch blickleeren Augen zu Izuna.

»Nimm meine Augen. Das ist mein letzter Wunsch. Beschütze unseren Clan.«

Izunas Wille. Sein letzter Wunsch. Alles, was ihm in dieser Welt noch geblieben war. Mehr konnte er nicht mehr für seinen kleinen Bruder tun. Mechanisch streckte Madara eine zitternde Hand aus.

»Beschütze unseren Clan …«

Licht kehrte in Madaras Welt zurück, doch die Finsternis nistete in seinem Herzen.

Izuna lag still.

Madara starrte auf seinen kleinen Bruder hinab, sein ganzer Körper war wie erstarrt. Er konnte keinen Muskel rühren. Die Stille im Raum war beinahe unnatürlich. Mit Izunas Augen sah er zum ersten Mal wirklich, was man seinem kleinen Bruder angetan hatte.

Tobiramas Angriff war brutal und ohne Gnade gewesen und hatte Izuna beinahe in zwei Hälften geteilt, ihm förmlich die Eingeweide aus dem Leib gerissen. Es hätte genauso gut Madara treffen können, das Ergebnis war dasselbe.

Madara ballte die Hände zu Fäusten, seine Fingernägel gruben sich in seine Handflächen, bis er blutete. Aber er spürte den Schmerz nicht, er fühlte sich taub und leer. Die Einsamkeit drückte ihn nieder wie ein tonnenschweres Gewicht und raubte ihm den Atem.

Ein erbärmliches Krächzen entfloh sich seiner Kehle. Dann würgte er, als sich sein Magen verkrampfte. Er schaffte es gerade noch, sich abzuwenden, dann fiel er auf Hände und Knie und erbrach sich und als sein Magen schon leer war, würgte er noch immer bittere Galle, bis seine Kehle brannte und seine Eingeweide nichts weiter als ein dicker, harter Klumpen waren.

Er krallte die Finger in die tatami und riss sie auf. Tränen flossen ihm ungehindert aus den Augen, selbst wenn er es gewollt hätte, er hätte sie nicht zurückhalten können. Kraftlos sackte er zur Seite, die Haare hingen ihm wirr im Gesicht. Da fiel sein Blick auf die Schriftrolle, die Hikaku gebracht hatte.

Zitternd kroch er auf sie zu und griff mit schwangen Fingern nach ihr. Schwer ließ er sich gegen die Wand sinken und zupfte das Band auf, das die Rolle zusammenhielt, und öffnete sie. Die Schriftzeichen verschwammen vor seinen Augen, ihre Bedeutung erreichte ihn nicht. Nur eines nahm er wahr.

»Bitte erlaube mir, Izuna zu helfen«, hatte Hashirama geschrieben. »Dies ist an keine Bedingung geknüpft, ich verlange nichts dafür. Ich erwarte nicht einmal, dass ihr mich wieder lebend gehen lasst, aber bitte, gestatte mir, deinen kleinen Bruder zu retten. Es ist noch nicht zu spät.«

Madara blickte zu Izuna. Achtlos warf er die Schriftrolle zur Seite. Von irgendwo her fand er die Kraft, wieder an Izunas Seite zurückzukehren. Er streckte eine Hand aus, um zärtlich über Izunas Wange zu streichen, doch als seine Finger die Haut berührten, erstarrte er. Verzweifelt schnappte er nach Luft, als ihm die Kehle zugeschnürt wurde. Dieses Gefühl … Da war kein Leben mehr unter dieser Haut. Das unbändige Verlangen, sich die Fingerkuppen abzukratzen und alle Erinnerungen an das Gefühl toter, kalter Haut auszulöschen übermannte Madara. Mit einem Mal wurde der Geruch von Innereien, Blut und Erbrochenen überwältigend.

Nein. Nein, das war nicht Izuna. Dieses leblose Stück Fleisch war nicht sein kleiner Bruder. Mit einem urtümlichen Schrei sprang Madara auf, das Mangekyō schien blutrot und boshaft in seinen Augen. Eine unbändige Kraft durchströmte ihn, die ihn vorantrieb. Diese Sünde, so etwas Reines wie Izuna aus der Welt zu reißen, musste gesühnt werden!

Mit einem einzigen, gewaltigen Chakraausbruch setzte Madara das Zimmer in Flammen. Und weil das noch immer nicht genug war, um das Gefühl lebloser Haut auszulöschen, übergab Madara auch den Rest seines Hauses dem Feuer. Als selbst für ihn die Hitze zu übermächtig wurde und der Rauch in seinen Lungen biss, stolperte er vor die Tür.

Eine Traube verschreckter Dorfbewohner hatte sich bereits in sicherer Entfernung zum Haus gebildet und beobachtete murmelnd Madaras Wüten. Die Menschenmenge teilte sich, als die beiden Ältesten Kimora und Naoki sich einen Weg hindurch bahnten.

»Was hat das zu bedeuten?«, verlangte Kimora zu wissen. »Madara, du bist völlig irre geworden!«

Madara durchbohrte sie mit seinem Blick. Raunen erhob sich, als die Menschen Izunas Augen sahen.

»Wie in den Geschichten«, keuchte Naoki. »Du hast Izunas Augen gestohlen, um das ewige Mangekyō zu erlangen!«

Ein boshaftes Grinsen verzog Madaras Lippen. »Ein letztes Geschenk Izunas, um die Senju-Hunde auszulöschen.«

Oh ja, er konnte die Kraft seiner Augen spüren. Irgendetwas hatte sich verändert. Sowohl Izuna als auch er hatten schon lange gespürt, dass ihre Sehkraft nachgelassen hatte, je öfters sie das Mangekyō eingesetzt hatten, weshalb sie so oft wie möglich darauf verzichtet hatten. Dennoch war auch Izuna am Ende beinahe blind gewesen. Doch nun sah Madara mit Izunas Augen klarer denn je.

Flammend sprang Sunanoo ins Leben, größer und gewaltiger als je zuvor. Diese Kraft! Es war unglaublich. Madara glaubte, mit ihr die ganze Welt aus den Angeln heben zu können.

»Wir ziehen in den Krieg, und wenn es das letzte ist, was wir tun!«, verkündete er.

Die Menschen um ihn herum wichen vor Susanoo zurück, viele hoben schützend den Arm vor das Gesicht.

»Madara!«, rief Naoki. »Komm wieder zur Vernunft. Du hast unsere Leute zurückgelassen, wir sind besiegt! Nicht einmal jetzt wirst du allein gegen die Senju bestehen können. Wenn du uns erneut in die Schlacht führst, wird das unser Ende sein.«

Susanoo streckte die Klinge. Die Flammen, die das Haus verlangen, brüllten auf. In Madara wurde es eisig kalt wie der bitterste Winter. »Ich werde Izuna rächen.«

Nächstes Kapitel geht's mit der Hauptstory weiter. Politik am Küchentisch.
Eine Vision der Zukunft

An diesem Tag hatten sie sich auf dem Gelände eingefunden, das sie als Übungsplatz bestimmt hatten. Madara war bereits anwesend und ließ sich etwas von Hikaku und Tōka erklären, als schließlich auch Hashirama und Tobirama hinzustießen. Auf dem Platz trainierten mehrere Dutzend Shinobi miteinander, alle in Zweierteams von je einem Uchiha und einem Senju.

»Ha! Na das ist doch mal ein Anblick!«, rief Hashirama begeistert aus.

Tōka und Hikaku wandten sich ihm zu und verneigten sich zur Begrüßung. Madara verschränkte lediglich die Arme vor der Brust und gab ihnen lediglich einen seiner berühmt-berüchtigten finsteren Blicke, die nicht viel zu sagen hatten.

»Wie wir soeben auch bereits Uchiha-sama erklärten, versuchen wir auf diese Weise, die Zusammenarbeit zwischen den Clans zu stärken«, sagte Tōka. »Wir haben sie Paare bilden lassen, deren Kräfte gut miteinander harmonieren. Außerdem haben wir überlegt, dass es hilfreich sein könnte, wenn sie in kleineren Gruppen zusammen mit dem Aufbau des Dorfes helfen lassen, waren uns aber nicht sicher, ob das eventuell über unseren Aufgabenbereich hinaus gehen würde.«

»Oh nein, überhaupt nicht«, erwiderte Hashirama. »Dieselbe Überlegung hatten wir auch. Wenn ihr einen konkreten Plan habt, dann legt ihn uns vor.«

Tobirama beobachtete die Kämpfer aufmerksam und studierte ihre Bewegungen. »Wie genau habt ihr ihre Fähigkeiten bestimmt?«, wollte er dann wissen.

Hikaku griff nach einem Klemmbrett und blätterte einige Seiten um. Dann reichte er es Tobirama. »Wir arbeiten noch daran und sehen, wie praktikabel das System ist. Für‘s Erste listen wir hier mit diesem Diagramm, wie ausgeprägt die Fähigkeiten der Ninja in den verschiedenen Jutsu-Kategorien sind, sowie spezielle Fähigkeiten der Einzelnen und besondere Charaktermerkmale. Anhand dessen haben wir ihre Stärke nach Rängen eingeteilt, beginnend mit dem E-Rang bis hin zum höchsten, den A-Rang.«

Tobirama blätterte durch die Seiten, dann warf er einen Blick zu Madara und Hashirama. »Ich schlage einen weiteren Rang vor, ihr sprengt die Skala sonst, so absurd stark, wie ihr seid.« Er reichte das Klemmbrett Hikaku zurück. »Mir gefällt das, baut das weiter aus.«

Sie setzten ihre Beobachtung der Trainingseinheit weiter fort. Es war ein surreales Bild, Senju und Uchiha Seite an Seite in diesem Kontext zu sehen, aber doch irgendwie auch sehr ermutigend. Tōka und Hikaku hatten ein wachsames Auge für jedwede Art von Spannung, die natürlich dennoch hin und wieder aufkam, und wussten sie sogleich zu unterbinden, damit gar nicht erst Unruhe aufkommen konnte. Es war wirklich eine gute Idee gewesen, die beiden an diese Aufgabe zu setzen.

»Anija, hast du inzwischen Uzumaki Ashina geantwortet?«, fragte Tobirama irgendwann.

Hashirama bemühte sich, möglichst unschuldig zu wirken. »Nun …«

Tobirama starrte ihn nieder. »Muss ich dich jetzt jeden Tag daran erinnern, bis du es gemacht hast?«

Hashirama verzog das Gesicht. »Du bist nicht derjenige, der an eine Person verheiratet werden soll, die er noch nicht mal kennt.«

Neben ihnen grinste Madara in sich hinein.

»Die Uzumaki sind ein wohlhabender Clan«, sagte Tobirama. »Ihre Versiegelungstechnik auf unserer Seite zu wissen, kann nur von Vorteil sein, vor allem jetzt, wo sich alles noch im Aufbau befindet. Und unsere Ressourcen sind auch nicht unendlich, egal wie viel Geld uns der Krieg gebracht hat. Verscherze es dir nicht mit den Uzumaki.«

»Ein Argument, das nicht von der Hand zu weisen ist«, stimmte Madara zu. »Der Krieg war nun einmal lange Zeit die wirtschaftliche Grundlage der Shinobi, und auch wenn er die Senju und die Uchiha reich gemacht hat, werden wir uns bald etwas Neues überlegen müssen. Das Fūinjutsu der Uzumaki wäre ein guter Start.«

Sie hatten ja Recht, die Logik dahinter entging ihm nicht. Natürlich war es nichts neues, dass Clans Heiraten arrangierten, um Bündnisse zu stärken und wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Und dennoch …

»Ich werde Ashina und seine Tochter einladen, eine Zeit lang bei uns zu verbringen, damit wir uns kennenlernen können«, räumte er ein.

Tobirama entging seine zurückhaltende Wortwahl nicht. »Na ja, immerhin besser als nichts.«

Dennoch fragte sich Hashirama, ob es nicht auch eine andere Möglichkeit gab. Er würde garantiert nicht eine fremde Frau zwingen, ihn zu heiraten, wenn sie nicht wollte, nur weil ihr Vater wohlhabend war und er Geld brauchte.

In dem Moment vernahmen sie Hufgetrappel. Als sie sich umwandten, sahen sie, wie sich ihnen ein Reiter mit Gefolge auf dem Waldweg näherte, der in den letzten Wochen entstanden war. Der Reiter trug das Wappen des daimyō des Feuerreichs, das auch das Banner zierte, das er bei sich trug.

»Na schau an, ein Samurai«, bemerkte Madara.

Der Samurai trieb sein Pferd an und näherte sich ihnen. Bei ihnen angekommen, ließ er es halten, stieg jedoch nicht aus dem Sattel. Er trug die volle Rüstung der Samurai, hatte jedoch seine Maske abgenommen. »Ich suche Uchiha Madara und Senju Hashirama.«

Hashirama trat vor. »Sie stehen vor Euch, Samurai-sama. Womit können wir dienen?«

Der Samurai antwortete nicht sofort, sondern ließ den Blick über seine Umgebung schweifen. Sein strenges Gesicht verriet nicht, was er dachte. »Ich komme mit Nachricht des daimyō an die Clanoberhäupter der Uchiha und Senju, dass er sie in der Hauptstadt sehen will.«

»Welches Land will er dieses Mal einnehmen?«, fragte Madara mit wenig Enthusiasmus.

»Nichts dergleichen«, korrigierte der Samurai. »Er will wissen, was es damit auf sich hat.« Damit machte er eine Geste, die die ganze Szenerie umfasste.

Hervorragend! Das hieß, dass Hashirama sogar dem Feudalherren höchstselbst von seinen Ideen berichten konnte! Es war nicht das erste Mal, dass er zu einer Audienz mit dem daimyō gerufen wurde und in der Vergangenheit hatte das immer Krieg bedeutet. Doch jetzt waren andere Zeiten angebrochen, er war sicher, dass sogar sein Fürst den Nutzen darin sehen würde.

Er strahlte den Samurai an. »Nun, um es kurz zu machen: Wir haben ein Bündnis geschlossen und wollen damit den Krieg beenden, der so vielen Menschen, Erwachsenen wie Kindern, das Leben gekostet hat. Darum gründen wir dieses Dorf, damit Shinobi in Zukunft friedlich miteinander leben können.«

Der Samurai zeigte noch immer keine Regung. »Der daimyō wird davon hören wollen, dies ist eine Angelegenheit, die sein gesamtes Reich betrifft, nicht nur irgendwelche hinterweltlichen Dörfer im Wald.«

»Selbstverständlich werden wir seiner Bitte nachkommen«, erwiderte Madara diplomatisch, wenn auch etwas unterkühlt und musterte den Samurai unter seiner Haarmähne hervor.

Da sie selbstredend nicht sofort aufbrechen konnten, boten sie dem Mann und seinem Gefolge eine Unterkunft an, damit die Fremden sich von ihrer Reise erholen konnten. Der Samurai, der sich als Shun vorstellte, bestand darauf, sie in die Hauptstadt zu begleiten, was also hieß, dass er so lange würde warten müssen. Während Madara ihren unerwarteten Gast bewirtete, nahm Tobirama seinen Bruder in einem ruhigen Augenblick zur Seite.

»Du kannst dir denken, was das bedeutet, anija?«, wollte er wissen.

»Dass der daimyō mehr über unser Projekt erfahren will?«, erwiderte Hashirama.

Tobirama verdrehte die Augen. »Natürlich nicht. Das heißt, nicht nur. Dass die zwei mächtigsten Clans sich zusammengetan hat, hat die Machtverhältnisse verschoben. So lange Shinobi sich selbst bekämpfen, stellen sie keine Gefahr für andere da. Das hat sich jetzt geändert. Er will natürlich wissen, ob wir in irgendeiner Weise planen, ihn zu stürzen.«

Hashirama lief es kalt den Rücken hinab. »Oh.«

Nun, wenn er eins und eins zusammenzählte, dann hätten Madara und er in der Tat die Mittel, um den daimyō von seinem Thron zu stoßen, wenn sie es denn wirklich wollen würden. Ihm war nie dieser Gedanke gekommen, so etwas auch nur in Betracht zu ziehen. Stets war er nur von dem Wunsch getrieben worden, Frieden zu schaffen.

»Das heißt auch, dass ich mitkommen werde, sonst vermasselst du es wieder, anija«, fuhr Tobirama fort.

Hashirama lächelte, dann umarmte er seinen Bruder. »Was würde ich nur ohne dich tun? Ich danke dir.«

Etwas linkisch erwiderte Tobirama die Umarmung. In seinen ganzen vierundzwanzig Lebensjahren hatte er sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass sein großer Bruder gern Leute umarmte, die ihm am Herzen lagen.

An diesem Abend fanden sie sich wieder einmal zu dritt in der Küche der Senju-Brüder ein, um bei einer Flasche Sake den Tag Revue passieren zu lassen. Hashirama war es mittlerweile gewöhnt, dass Tobirama und Madara ihn dabei als Schild zwischen sich benutzten, aber irgendwann würde er es schon schaffen, dass sie sich die Hände schüttelten.

»Also, was machen wir mit unserem Samurai?«, begann Madara, während er lässig seine Sakeschale schwenkte.

»Wir gehen in die Hauptstadt und zeigen uns von unserer besten Seite«, sagte Hashirama. »Mehr bleibt uns doch eh nicht übrig, oder seht ihr das anders? Wenn wir dem daimyō einfach berichten, was genau wir hier tun, dann wird er schon sehen, dass wir keine Bedrohung für ihn darstellen.«

»Oh, glückselige Naivität«, bemerkte Madara sarkastisch. »Wenn‘s nur so einfach wäre. Du kennst ihn genauso gut wie ich, er hat uns beide in der Vergangenheit immer wieder angeheuert. Wir haben uns zusammengetan, natürlich will er da wissen, ob auch etwas für ihn dabei herausspringt. Und wenn nicht, ob er uns beseitigen muss.«

»Er wird nicht zögern, genau das zu tun, wenn wir ihm Anlass geben zu glauben, wir wären eine Gefahr«, warf Tobirama ernst ein. »Ich brauche nicht auszuführen, worin das enden wird.«

In Krieg in nie gekanntem Ausmaße. Grimmig nickte Hashirama.

»Keiner von uns«, und dabei sah Tobirama Madara durchdringend an, »hat die Absicht, den daimyō zu stürzen, das müssen wir ihm aber auch glaubwürdig darlegen. Und ich glaube, ich habe eine Idee, wie wir dem daimyō unser Projekt hier schmackhaft machen können. Passt auf.«

Tobirama hatte einen Notizzettel und einen Stift bei sich. Außerdem hatte Hikaku ihm einige Kopien seiner Diagramme überlassen, über die er schon den ganzen Tag lang nachgebrütet hatte. Er schob nun beides in die Mitte des Tisches, sodass sie alle einen Blick darauf werfen konnten.

»Dieses Klassifikationssystem, das sich Tōka und Hikaku haben einfallen lassen, braucht zwar noch etwas Feinschliff, ist aber vom Prinzip her hervorragend«, begann Tobirama. »Es braucht nur noch einen zusätzlichen S-Rang für Leute wie euch. Ihr führt das ganze sonst ad absurdum.«

Hashirama betrachtete das Diagramm, das seine eigenen Fähigkeiten darstellen sollte. Alle Werte waren bist zum Äußersten ausgereizt. »Ach kommt schon, so gut bin ich im Taijutsu nun wirklich nicht.«

Tobirama ging nicht darauf ein. »Und dann war da noch deine Idee mit der Akademie und unser wirtschaftliches Problem und irgendwie hat eins zum anderen geführt. An der Akademie sollen die Kinder die Grundlagen lernen, ohne jemals wieder fürchten zu müssen, die so erworbenen Fähigkeiten sogleich in der Schlacht einsetzen zu müssen. Diese Ausbildung ist natürlich sehr theorielastig, also bedarf es ab irgendeinem Punkt auch der Praxis.

Es muss ein System von Lehrer und Schülern erstellt werden, das allen Absolventen die besten Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Schon in der Vergangenheit haben sich Vierergruppen als äußerst bewehrt herausgestellt, also schlage ich ein System von einem Lehrer und drei Schülern vor. Die Akademie sollten die Kinder in größeren Klassen bestreiten, das stärkt auch ihren Zusammenhalt untereinander. Danach sollen sie in kleinere Gruppen aufgeteilt werden, die gut miteinander harmonieren. Diese Art der Klassifikation ist dabei von großem Nutzen.

Tōka und Hikaku haben aber nur ein System entwickelt, die einzelnen Fähigkeiten zu bewerten, nicht die Shinobi selbst, weshalb ich eine Einteilung in drei Gruppen vorschlage: Genin, Chūnin und Jōnin.

Mit dem Abschluss der Akademie erreichen die Schüler den Rang der Genin, was sie gleichzeitig befähigt, einfache Missionen zu erfüllen, die ihren Fähigkeiten entsprechend und die sie kaum in Gefahr bringen können. Und wenn es ist, alten Damen ihre Katzen vom Baum zu retten, dann sei es so.«

»Katzen haben scharfe Krallen, beinahe so scharf wie Adler«, warf Madara scheinheilig ein.

Tobirama erdolchte ihn mit seinen Augen, überging die Bemerkung aber ansonsten. »Chūnin sind erfahrener und können bereits riskantere Missionen erfüllen, nach der Klassifikation Tōkas und Hikakus wären dies C- bis B-Ränge. Außerdem dürfen sie Teams anführen und die Ausbildung der Akademie-Schüler und später der Genin übernehmen. Und dann gibt es noch die Elite, die Jōnin, die die wirklich gefährlichen Aufträge übernehmen. Shinobi wie Tōka und Hikaku dürften in diese Kategorie fallen. Und dann gibt es noch euch, aber da war es mir zu müßig, mir darum Gedanken zu machen.«

»Schade, und ich dachte, du gibst uns auch einen von diesen hübschen Titeln. Kami oder so.« Madara seufzte theatralisch.

»Träum weiter, Uchiha-san«, brummte Tobirama. »Nun, lange Rede, kurzer Sinn. Wir wollen Frieden, wir wollen nie wieder Krieg, aber wir wollen uns auch nicht selbst abschaffen. Es gibt noch immer zahlreiche Dinge, für die die speziellen Fähigkeiten der Shinobi gebraucht werden. Schon in der Vergangenheit wurden Shinobi abtrünnig und dann wurden andere Shinobi gerufen, um ihrer habhaft zu werden. Solcherlei Dinge.

Und das ist es, was auch den daimyō interessieren dürfte. Wir bieten noch immer unsere Fähigkeiten an, und das ist ein Wirtschaftsfaktor, den er nicht außer Acht lassen wollen wird. Und um unseren guten Willen zu demonstrieren, räumen wir ihm auch gewisse Befugnisse in Angelegenheiten des Dorfes ein. Wir unterstellen uns quasi seinem Oberbefehl und sind damit keine eigenständige Macht in seinem Reich. Das sind meine Überlegungen zu dem Thema.«

Die ganze Zeit über hatte Hashirama mit wachsender Begeisterung gelauscht. Das war exakt das, wovon er all die Jahre geträumt hatte und Tobirama hatte es geschafft, seinen Träumen eine konkrete Form zu geben. »Tobirama, du bist ein Genie.«

»Freu dich nicht zu früh«, wiegelte Tobirama ab. »Erst einmal muss das auch alles so funktionieren, wie ich mir das vorstelle.«

Madara betrachtete die Notizen vor sich und nahm einige Zettel in die Hand, um sie genauer zu studieren. »Auf einen Versuch kommt es wohl an. Ich mache mir dennoch Sorgen um die anderen Clans. Wir sind nicht allein in dieser Welt. Der daimyō wird nicht der einzige sein, der denkt, dass wir Macht anhäufen, um die Kontrolle an uns zu reißen. Wir sollten vorsichtig voranschreiten und bei jedem Schritt bedenken, wie die anderen Clans darauf reagieren.«

»Wenn du damit auf den Hagoromo-Clan anspielst, dann sei versichert, dass uns noch keine Nachricht von ihnen erreicht hat«, sagte Hashirama.

»Keine Reaktion ist auch eine Reaktion«, erinnerte Madara ihn. »Das ist vielleicht nur die Ruhe vor dem Sturm. Und ehe wir es uns versehen, sehen wir uns einem starken Bündnis verschiedenster Clans gegenüber, die uns niederwerfen wollen.«

»Was wollt ihr dann tun?«, fragte Tobirama. »Dieses Szenario ist nicht völlig unwahrscheinlich. Was also, wenn wirklich eine Armee vor unseren Toren steht?«

»Diplomatie sollte unsere erste Wahl sein, in jedem Fall«, sagte Hashirama bestimmt.

»Oh, so wie bei mir?«, spöttelte Madara. »Du schlägst sie erst nieder und dann redest du ihnen ein, wir seien alle Freunde? Ach komm schon, Hashirama-kun. Du weißt ganz genau, dass die Antwort aus nackten Klingen bestehen wird und was wir dann werden tun müssen.«

Hashirama reckte das Kinn. »Nein. Wenn wir diese neue Welt formen wollen, dann müssen wir auch mit guten Beispiel vorangehen. Wir müssen allen zeigen, dass es auch einen anderen Weg gibt. Dich konnte ich doch schließlich auch überzeugen, Madara-kun.«

Madara seufzte. »Tu, was du nicht lassen kannst. Hoffen wir einfach, dass wir das jemals nur theoretisch besprechen müssen.«

Hashirama schlug die Hände auf die Tischplatte und streckte die Beine unter dem kotatsu aus. »Großartig. Nun, da wir das geklärt haben, ist es Zeit für den Feierabend!« Er stürzte seinen Sake. »Und außerdem haben wir noch eine Wette ausstehen, Madara-kun.«

»Vergiss es. Du schummelst nur wieder«, grummelte Madara.

»Ach, komm schon!«, bettelte Hashirama und legte seine beste Unschuldsmine auf.

»Nein! Und untersteh dich, mich jemals wieder mit diesem Welpenblick anzuschauen!«

Bevor er wieder eine Kopfnuss kassierte und Tobirama das falsch auffasste, schwieg Hashirama lieber.

»Wie ergeht es den Yamanaka?«, warf Tobirama ein, bevor sie ihr Gezänke fortsetzen konnten.

»Sie fügen sich gut ein, so weit ich das sehen kann«, sagte Hashirama. »Sie sind eine kleine Gruppe, die eher für sich bleibt. Wir sollten sie vielleicht mehr einbinden und Inori in Zukunft an Besprechungen wie diesen teilhaben lassen.«

»Aber dann nicht mehr in unserer Küche«, stellte Tobirama klar.

»In dem Fall wird es wohl Zeit, dass wir ein offizielles Verwaltungsgebäude errichten«, sagte Madara. »Das stand bisher recht weit unten auf unserer Liste, eventuell sollten wir das ändern.«

»Ich stimme dem zu«, sagte Tobirama sogleich. »Und nein, anija, du lässt die Finger davon.«

»Unser Haus hast du mich umgestalten lassen!«, protestierte Hashirama.

»Ja, weil ich nicht länger in einer Bruchbude leben wollte. Alles andere muss nicht sofort erledigt werden und du hast noch andere Aufgaben. Dein Antwortschreiben an die Uzumaki verfassten zum Beispiel.«

»Otōto, du bist grausam!«

Für meine Samurai bin ich von diesem komischen Sturmtruppler-Verschnitt abgewichen und habe mich mehr an der historischen Vorlage orientiert. Im nächsten Kapitel geht's in die Hauptstadt!
Daimyō
CN Erwähnung von Kindstod, erwähnung von Krieg und Gewalt, Alkohol, Nacktheit (mal wieder ein Bad)

Es bedurfte einiger Planung und Organisation, bis alles so weit war, dass sie das wachsende Dorf verlassen konnten, und die ganze Zeit saß Shun ihnen ungeduldig im Nacken. Sie beschlossen, alles, was nicht bis zu ihrer Rückkehr warten konnte, in die Hände Tōkas und Hikakus zu geben. Hashirama hoffte, dass dies auch das Schreiben an die Uzumaki beinhaltete, aber leider ließ Tobirama ihn da nicht in Ruhe und stellte sicher, dass er das so bald als möglich erledigte. Mit einem flauen Gefühl im Magen sah Hashirama dem Botenvogel nach, als dieser davon flog.

Als sie schließlich aufbrechen konnten, taten sie dies beritten. Sie hatten ursprünglich überlegt, auch Inori mitzunehmen, aber als sie dies vorsichtig vor Shun ansprachen, machte dieser deutlich, dass der daimyō ausschließlich Hashirama und Madara zu sehen wünschte, und dem hatten sie sich zu fügen. Zumindest sah er ein, dass Tobirama unverzichtbar war, was wohl vor allem dessen Status als Hashiramas kleiner Bruder zu verdanken war.

Der Ritt in die Hauptstadt würde sie einige Tage dauern, also versuchten sie sich die Zeit mit Konversation zu vertreiben. Shun schien zunächst recht verschlossen, wurde aber langsam warm, auch wenn selbst Hashirama klar war, dass sie wohl nie Freude werden würden.

Es war nicht das erste Mal für Hashirama und Madara, dass sie die Hauptstadt besuchten, aber doch das erste Mal Seite an Seite. Staunende Blicke folgten ihnen, als sie gemeinsam durch die Straßen ritten und noch kein Gebäude in Schutt und Asche gelegt worden war. Jeder wusste, dass ihre beiden Clans einst erbitterte Feinde gewesen waren und Hashirama und Madara ganze Landstriche verwüsten konnten in ihren Duellen. Anscheinend war es daher eine enorme Attraktion, sie nun zusammen zu sehen.

»Was für eine Plage«, murmelte Madara verstimmt und starrte einige Kinder finster nieder, die dem Schweif seines Pferdes nachjagten. »Ich bin froh, wenn wir wieder aus der Stadt raus sind.«

»Ich habe bereits drei vielversprechende Dango-Läden entdeckt«, verkündete Hashirama begeistert. »Hast du Lust, dich gemeinsam mit mir da durch zu probieren? Oder du, Tobirama-chan?«

Zu seinem Leidwesen lehnten jedoch Tobirama als auch Madara ab. Hashirama setzte Dango-Läden auf die Liste der Dinge, die ihr Dorf unbedingt benötigte.

Shun führte sie direkt zum Palastbezirk, eine Stadt in der Stadt. Als sie von ihren Pferden stiegen, nahmen Diener sich sogleich der Tiere an und andere kümmerten sich um ihr Gepäck. Zumindest wollten sie das, denn Tobirama verhinderte effektiv, dass irgendwer seine Versiegelungsrollen anrührte.

»Es wäre mir eine große Ehre, wenn ich Euch heute Abend im Namen des daimyō zum Tee einladen darf«, sagte Shun mit einer Verbeugung. »Mit großer Freude darf ich verkünden, dass die Geisha Mineko-san und ihre Maiko Sayuri-san als Gesellschafterinnen dienen werden.«

Sie verbeugten sich ebenfalls. »Die Ehre ist ganz unsererseits«, erwiderte Hashirama. »Diese Namen sind auch uns bekannt.«

Damit trennten sie sich und Diener führten die Gäste zu ihren Quartieren. Hashirama entging nicht, dass man bei der Wahl der Unterkünfte darauf geachtet hatte, möglichst viel Abstand zwischen ihn und Madara zu bringen. Also traute man hier in der Hauptstadt dem Frieden, den sie verkündet hatten, doch nicht wirklich. Ihm tat es leid für Madara, dass er von ihm und Tobirama getrennt wurde, und überlegte, ob er das ändern sollte, entschied sich dann aber dagegen. Madara würde es ihm wahrscheinlich nur wieder übel nehmen, wenn er ihn bevormundete, wie er es nennen würde.

In ihrem Quartier angekommen, roch Tobirama an seinem Ärmel und verzog dann das Gesicht. »Ich weiß schon, warum ich lieber auf meinen eigenen Beinen vorankomme. Pferde stinken erbärmlich.«

Er pellte sich aus seiner Reisekleidung und hielt zielstrebig auf das Bad zu. Indes ging Hashirama seine versiegelten Sachen durch und überlegte, was er wohl am besten für eine Teezeremonie anziehen sollte.

»Sag mal, otōto, hast du überhaupt einen angemessenen Kimono eingepackt?«, rief er in das Bad.

»Finger weg von meinen Sachen!«, brüllte Tobirama sogleich zurück.

»Ich hab sie nicht angerührt! Aber du musst doch angemessen gekleidet sein in Gesellschaft so feiner Damen.«

»Ja, hab ich. Keine Sorge. Deine Probleme hätte ich gern.«

Hashirama ließ seinen Bruder in Ruhe, bereute es aber hinterher, als sie sich beide gewaschen hatten und es Zeit wurde, sich für den Abend anzukleiden. Natürlich hatte sich Hashirama für seinen feinsten Kimono entschieden und darüber ein haori mit dem Familienwappen. Sein Bruder hingegen …

»Das kannst du nicht tragen!«, protestierte Hashirama entsetzt. »Das … das geht einfach nicht! Das ist nicht traditionell!«

Tobirama zupfte sich die Anzugjacke zurecht. »Das ist modern. Das trägt man jetzt so, habe ich gehört. Ich habe in der Stadt einige Männer gesehen, die das so tragen.«

Aus lauter Verzweiflung wusste Hashirama nicht, wohin mit seinen Händen. Wie er es immer tat in solchen Situationen begann er, an einer Haarsträhne zu zupfen. »Ja, aber …!« Leider fiel ihm nicht mehr ein. Tobirama war schon immer der progressivere von ihnen beiden gewesen, aber das war auch für ihn ein völlig neues Level. Hashirama fragte sich, was er in seinem Leben falsch gemacht hatte, dass Tobirama so aus der Reihe fiel.

Tobirama wandte sich ab und versuchte mittels eines Spiegels, das Ding um seinen Hals zu richten, ohne sich dabei zu erwürgen. »Eine Fliege zu binden, klang einfacher, als es ist«, sagte er zu sich selbst.

Hashirama stand hilflos daneben und sah die Katastrophe auf sich zurollen. »Du warst doch derjenige, der betonte, dass wir den daimyō uns wohlgesinnt stimmen müssen«, versuchte er es dann doch. »Und da denkst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, dich so zu präsentieren?«

Tobirama warf ihm einen langen Seitenblick zu. »Neue Zeiten sind angebrochen. Wir sollten sie auch repräsentieren.«

Unterstützung kam von unerwarteter Seite. Auch Madara hatte sich gegen seinen üblichen Mantel und für einen traditionellen Kimono entschieden. Hashirama glaubte, ihm fiele ein Gebirge vom Herzen, als er das sah. (Und insgeheim fügte er an, dass ein Kimono ausgesprochen elegant an Madara aussah.)

»Gewagt«, kommentierte Madara schlicht, als er Tobiramas Kleiderwahl sah. »Aber nicht geschmacklos.«

Tobirama warf seinem Bruder ein triumphierendes Grinsen zu. Hashiramas Hoffnungen wurden zerschmettert. Dass die beiden sich ausgerechnet jetzt gegen ihn verbündeten, war eine grausame Fügung des Schicksals.

»Wir wurden zur Teezeremonie geladen und selbst Madara weiß, wie man sich angemessen kleidet«, versuchte es Hashirama weiter.

»So lange ich nicht der Gastgeber bin, sehe ich kein Problem darin, einen Anzug statt einem Kimono zu tragen«, erwiderte Tobirama eisig.

»Teezeremonien sind ohnehin so lästig«, bemerkte Madara. »Selbst wie man atmet, wird einem vorgeschrieben.«

»So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, schwächte Hashirama ab.

»Aber nahe dran.«

Hashirama ließ den Kopf hängen. »Chadō ist eine altehrwürdige Tradition unserer Ahnen, der wir mit gebührendem Respekt begegnen müssen«, jammerte er. »Dabei geht es um weitaus mehr als nur simpel Tee zu trinken.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet dir das so wichtig ist«, sagte Madara. »Wo du doch sonst immer von Veränderungen redest und deinem Traum von einer neuen Welt. Irgendwie passt es da nicht dazu, dass du dich für etwas so stark Ritualisiertes wie eine Teezeremonie begeistern kannst.«

»Rituale sind etwas Beständiges, weißt du, etwas, bei dem ich weiß, was ich zu erwarten habe«, erklärte Hashirama. »Unser Leben war so sehr von Unbeständigkeit geprägt, dass wir nie wissen konnten, was der nächste Tag noch bringen würde. Würde meine Familie da noch leben, meine Freunde? Oder gar ich? An Ritualen festzuhalten, gibt Halt und Stabilität.«

Daraufhin erwiderte Madara zunächst nichts. »Das ergibt wohl irgendwie Sinn«, sagte er schließlich.

Hashirama wandte sich an seinen Bruder. »Willst du es dir wirklich nicht noch einmal anders überlegen?«

»Nein.«

Hashirama stöhnte auf.

Als sie charakteristische Schritte über die tatami des Flurs gleiten hörten, war es endgültig zu spät, Tobirama irgendeine Form von Vernunft einzureden. Madara nahm sich die Freiheit heraus, die Tür zu öffnen, um ihre beiden Gesellschafterinnen für den Abend zu begrüßen. In einer fließenden Bewegung knieten sich Mineko und Sayuri nieder und verbeugten sich vor ihnen. Die Männer erwiderten die Verbeugung.

Mineko und Sayuri waren lebende Kunstwerke, deren Namen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt waren. Reiche Männer zahlten ein Vermögen, um einen Abend mit diesen Frauen verbringen zu dürfen und um von ihnen unterhalten zu werden. Mineko gehörte zu den gefragtesten Geisha der Gegenwart und Sayuri, die Maiko an ihrer Seite, wurde als aufsteigender Stern des nächtlichen hanamachi gefeiert, welche eines Tages die Nachfolge Minekos antreten würde.

Unter der weißen Schminke verschwand jegliche Spur einer Persönlichkeit, und so war es schwer, das Alter der beiden Frauen einzuschätzen, aber Mineko befand sich wahrscheinlich in ihren dreißiger Jahren und Sayuri zählte vermutlich etwa fünfzehn Jahre. Sie beide waren das Sinnbild von Schönheit, Eleganz und Grazie.

Mineko trug einen schlichten schwarzen Kimono, dessen Saum mit üppigen Blumenmustern bestickt war. Ihr obi war rot und mit goldenen Mustern abgesetzt. Ihr Haar war zu der traditionellen Frisur der Geisha hochgesteckt und mit dezentem Haarschmuck dekoriert. Sie strahlte die schlichte Eleganz einer reifen Frau aus, die wusste, wo sie im Leben stand.

Mineko wirkte neben ihr wie eine zarte, soeben erst erblühende Knospe. Ihr Kimono war aus rosaner Seide und über und über mit stilisierten Kirschblüten bedeckt. Auch ihr obi war rot, jedoch mit silbernen Wolkenmustern verziert, und ihr Haarschmuck war weitaus opulenter mit Haarnadeln aus Jade, silbernen Flügeln, shidare kanzashi und einem Haarband aus roter Seide. Im Gegensatz zu Mineko, welche ihre Schminke dezent gehalten hatte und sich lediglich die Lippen rot gemalt und zarte Linien um die Augen gezogen hatte, hatte Sayuri den vollkommenen Schwung ihrer Augenbrauen betont und rosa Rouge um ihre Augen getupft. Sie wirkte wie eine zarte Porzellanpuppe, die jeden Augenblick zerbrechen konnte, wenn man sie nur falsch anfasste.

Geisha waren ein Relikt der Vergangenheit, das es bis in die Gegenwart geschafft hatte. Ihre Welt war eine Welt voller Regeln und Traditionen, die sich über die Jahrhunderte kaum verändert hatte. Sie waren Künstlerinnen und gleichzeitig das Kunstwerk selbst, die die Erinnerungen an alte Traditionen bewahrten. Betrat man ihre Welt, ließ man alles andere, was nicht hier hinein gehörte, zurück.

»Senju-sama, Uchiha-sama, wir sind geehrt, an diesem Abend an Eurer Seite stehen zu dürfen und für Euch zu tanzen«, sagte Mineko mit einer neuerlichen Verbeugung, wenn auch dieses Mal nicht so tief. Selbst ihre Sprache wirkte antiquiert. Der silberne Flügel in Sayuris Haaren klingelte hell, als sie sich neben ihrer okaasan verneigte, ein wenig tiefer als diese.

»Die Ehre ist ganz unsererseits«, erwiderte Hashirama. »Auch weit über die Stadtgrenzen hinaus hört man viel vom schönsten Schmetterling der Nacht.«

»Ich danke für diese lobenden Worte«, zwitscherte Mineko. Sie machte eine einladende Geste, um zu signalisieren, dass es Zeit war zu gehen. Shun würde sie sicher bereits in seinem Teeraum erwarten.

Sie folgten den beiden Frauen aus der Gästeunterkunft und in einen anderen Teil des Palastbezirks. Mineko und Sayuri hielten die langen Säume ihrer Kimono gerafft, damit sie nicht über den Boden schleiften und damit ruiniert werden würden. Ihre hohen geta klapperten auf den Steinwegen. Auf ihrem Weg betrieben sie lockere Konversation.

Sie betraten schließlich einen weiten, stillen Park mit kunstvoll kultivierten Bäumen. Der Park wurde von einem künstlichen See dominiert, der von rotem Ahorn überschattet wurde. Im Zentrum des Sees befand sich eine Insel und eine Brücke spannte sich elegant über das Wasser. Ihre Reflexion auf der ruhigen Wasseroberfläche bildete einen perfekten Kreis. Ein von Zedern gesäumter Pfad aus runden Steinen führte zu der Brücke.

Auf der Insel stand ein kleines Haus, das nur aus wenigen Räumen bestand, einer davon auch der Teeraum. Das Haus war allein zum Zwecke der Teezeremonie errichtet worden. Von dem Moment an, in dem sie das Haus betraten, würde jede Bewegung, jede Geste und jeder noch so kleine Blick einem strengen Muster folgen.

Die Wand des Teeraums war zum See hin geöffnet, sodass sie während der Zeremonie das Abendort auf dem Wasser bewundern konnten. Entgegen der Tradition hatte sich Shun dafür entschieden, in der Wandnische statt des üblichen Blumenarrangements sein Katana und Wakizashi auszustellen.

Vielleicht war es ja wirklich widersprüchlich zu dem, was Hashirama sonst tat und sagte, aber Rituale jedweder Art hatten schon lange einen festen Platz in seinem Leben eingenommen, sei es nun eine bestimmte Morgenroutine oder die Zeitlosigkeit einer Teezeremonie. Es hatte etwas Meditatives an sich, den genau einstudierten Bewegungen zu folgen und die Teeschale beinahe andächtig weiterzureichen. Da wusste er, woran er war und was er zu erwarten hatte.

Begonnen hatte dies mit Itamas Tod, vielleicht sogar schon mit Kawaramas. Damals hatte es ihm geholfen, an bestimmten Dingen festzuhalten, um weitermachen zu können, war es nun, immer mit demselben Fuß aufzustehen, an seinem festen Platz am Tisch zu knien, am Familienschrein zu beten oder eben immer wieder zu bestimmten Zeiten zum Fluss zu kommen. Jeder Tag brachte die Möglichkeit unvorhergesehener Tragödien. Zu wissen, dass da trotzdem etwas in seinem Leben war, das immer wieder kehren würde, war die Säule, an die er sich hatte klammern können. Irgendwann einmal war auch Madara ein Teil dessen geworden.

Eigentlich hätte er es besser wissen müssen. Eigentlich hätte ihm bewusst sein müssen, dass die Welt, in der er lebte, selbst die stärksten Säulen zu zerschmettern wusste.

Shun war nicht nur Samurai, sondern auch Teemeister, der der alten Schule folgte. Die Zeremonie wurde größtenteils schweigend abgehalten, bedächtig führte Shun jede Geste aus, sein Gesicht zeugte von Konzentration und Versunkenheit. Für diesen Anlas hatte auch er sich in einen traditionellen Kimono gekleidet und darüber ein haori mit dem Wappen des daimyō. Er trug seine Haare zum Knoten der Samurai hochgebunden.

Um die unangemessene Kleiderwahl seines Bruders wieder wett zu machen, achtete Hashirama darauf, die Teeschalen und andere Utensilien der Zeremonie besonders andächtig zu betrachten, und verbeugte sich etwas tiefer vor ihrem Gastgeber. Abgesehen davon hatte Tobirama aber seine Manieren nicht völlig vergessen und folgte der Zeremonie in angemessener Weise.

Als die Zeremonie schließlich zu Ende ging, war die Sonne bereits untergegangen. Ein letztes Mal verbeugten sie sich vor ihrem Gastgeber, dann verließen sie das kleine Haus, um zum informelleren Teil des Abends überzugehen. Hashirama konnte Madara ansehen, dass ihm das wesentlich lieber war. Madara bevorzugte ohnehin Sake als Getränk. Dennoch konnte auch er die Ehre einer Teezeremonie würdigen.

Mineko und Sayuri begannen erneut lockere Konversation und sorgten für eine heitere Stimmung. Sie stellten sich als angenehme Gesprächspartnerinnen heraus. Natürlich war sich Hashirama bewusst, dass die Frauen in der Kunst der geistreichen Konversation geschult waren und dies Teil ihres Berufs war, aber dennoch wusste er es zu würdigen. Shun wusste zu überraschen, als er sich als Kenner der Poesie herausstellte und Sayuri ein haiku widmete. Die junge Frau kicherte mädchenhaft hinter ihrem Fächer und gab sich geschmeichelt.

Sie begaben sich zu einem der Teehäuser des Bezirks. Diese waren nicht der allgemeinen Öffentlichkeit zugängig, sondern den Ministern des daimyō und seinen Gästen vorbehalten. Entsprechend exklusiv war auch die Kundschaft der Teehäuser. Shun hatte ein ganz bestimmtes Teehaus im Sinn, welches er anscheinend bevorzugte, und hatte ihnen einen eigenen Raum reserviert. Dies zusammen mit dem Umstand, dass Mineko und Sayuri sie begleiteten, musste ein wahres Vermögen gekostet haben. Der daimyō scheute keine Mühen und Kosten, damit Shun in seinem Namen seine Gäste unterhielt.

Die Runde wurde heiter, als Mineko und Sayuri ihnen nicht mehr nur Tee einschenkten. Hashirama entging nicht, auf welch elegante Weise Mineko dabei ihr Handgelenk wendete und den Ärmel ihres Kimono ein wenig zurückschob, um ein winziges Stück nackter Haut aufblitzen zu lassen. Sie schlug die Augen auf und enthüllte verblüffend blaue Iriden. Ihre langen, eleganten Wimpern warfen reizende Schatten auf ihren weiß bemalten Wangen. Er konnte nicht abstreiten, sich von ihrer Eleganz und der Anmut ihrer fließenden Bewegungen geschmeichelt zu fühlen. Diese Frau konnte einen Mann mit nur einem Blick zum Innehalten bringen.

Shun teilte eine Pfeife mit Tobirama und demonstrierte wie beiläufig sein Geschick im Blasen von Rauchringen. »Zugegeben, ich muss sagen, dass ich überrascht bin, dass an diesem Abend bisher kein Gebäude in Schutt und Asche gelegt wurde. Die Rivalität zwischen Senju und Uchiha ist legendär«, bemerkte er lässig.

»Frieden hat es so an sich, dass man sich nicht ständig die Köpfe einschlägt«, sagte Madara locker. »Wenn Ihr das wünscht, können wir das gern nachholen. Hashirama-kun kann sie ohnehin wieder errichten.«

Sayuri kicherte. »Ihr seid sicher ein großartiger Kämpfer, Uchiha-sama. Es wird so viel von Eurem unerreichten Können geredet, dass es fast schon übermenschlich wirkt. Aber siehe da, da kniet Ihr, in Fleisch und Blut.« Ihre schlanke Hand legte sich federleicht auf sein Bein, wie als wolle sie prüfen, dass er sich nicht gleich wieder in Luft auflösen würde.

Vielleicht war Hashirama der einzige, der die winzige Regung in Madaras Gesicht bemerkte, die sein Unwohlsein ob der Berührung verriet. »Er kann ordentlich austeilen, wenn er nur will«, sagte er daher mit einem Lachen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Für jemanden, dessen Stärke eher einer Legende gleicht als der Wirklichkeit, hat er mich erstaunlich oft verprügelt.«

»Sagt, Senju-sama, wie oft seid Ihr gegeneinander angetreten?«, wollte Shun wissen.

»Seit wir alt genug waren zum Kämpfen, zogen unsere Clans fünfundvierzig Mal gegeneinander in die Schlacht, zweiundvierzig Mal davon duellierten wir uns.«

Madara hob eine Augenbraue. »Du hast wirklich mitgezählt?«

»Natürlich.«

»Aber erwarte jetzt bloß nicht, dass ich anrührende Geschichten über die Narben erzähle, die du mir verpasst hast.«

»Dabei bin ich sicher, dass es sehr spannend wäre. Vielleicht frage ich einfach Senju-sama«, zwitscherte Sayuri. Sie klimperte kokett mit den Wimpern, als sie sich ihm zuwandte, warf dann aber Madara einen nicht ganz so heimlichen Blick aus dem Augenwinkel zu. »Stimmt es, dass der Wald Euch untertan ist, Senju-sama?«

Hashirama bemerkte, wie Madara die Stirn runzelte, als er Sayuri mit ihm flirten sah. »Nun ja, so würde ich es nicht ausdrücken«, versuchte er abzuwiegeln. »Die Menschen sprechen mich oft auf mein Mokuton an und wollen wissen, wie stark es ist. Aber die wenigsten wissen, dass daran weitaus mehr ist als nur eine Kampftaktik. Sieh her, Sayuri-san.«

Er streckte die Hand aus und ließ einen zart blühenden Kirschzweig wachsen. Er reichte ihn der Maiko, welche einen entzückten Laut von sich gab. »Damit sieht dein hübscher Kimono noch ein bisschen hübscher aus, Sayuri-san.«

»Sayuri-chan, was hältst du davon, uns deinen Kimono zu zeigen und für uns mit deinem Fächer zu tanzen?«, warf Mineko ein. »Schließlich hast du heute ein ganz besonderes Stück gewählt.«

»Natürlich, okaasan.« Sayuri verneigte sich. Dann erhob sie sich, ihre Bewegungen fließend wie Wasser, und glitt zu der Tanzfläche. Mineko folgte ihr und kniete sich am Rand nieder, wo sie das shamisen spielen und dazu singen würde. Fasziniert beobachtete Hashirama sie. Eine Geisha und eine Maiko, und dazu auch noch solch talentierte Frauen, bei der Arbeit zu erleben, war kein alltägliches Erlebnis.

Wie auf ein geheimes Zeichen hin begann Mineko zu spielen und Sayuri klappte ihren Lackfächer aus. Elegant neigte sie den Kopf und ihre schlanken Finger webten fließende Muster in die Luft. Jede ihrer Bewegungen präsentierte Kimono und Fächer und unterstrichen das Gesamtkunstwerk, in das sie sich verwandelt hatte, als sie an diesem Morgen ihren Kimono angelegt und ihre Schminke aufgetragen hatte. Der Fächer war orange und mit Blütenmustern verziert. In eleganter Frauenkalligraphie war ein haiku auf den Fächer geschrieben, das vom Licht der frühmorgendlichen Sonne in einem erblühenden Kirschbaum sprach.

Mit der letzten langen Note sank sie auf die Knie und verneigte sich. Die Männer klatschten Beifall.

»Ein wirklich hübscher Fächer«, lobte Shun, als die beiden Frauen wieder an ihre Plätze zurückgekehrt waren. »Nun, das muss ich wohl sagen, denn immerhin stammt das Gedicht aus meinem Pinsel.«

Sayuri verneigte sich erneut. »Ich danke Euch vielmals und bin sehr geehrt, dass Euch meine Darbietung gefallen hat, Shun-sama.«

Shun reichte die Pfeife an Tobirama weiter. »Was sagen Sie dazu? Sie sind den ganzen Abend bereits so still. Ich hoffe, es gereicht alles zu Ihrem Wohlgefallen.«

Tobirama nahm die Pfeife entgegen. »Oh, nein, alles bestens«, sagte er etwas steif.

»Mein Bruder ist einfach nicht so sehr für die schöngeistigen Künste zu haben«, warf Hashirama locker ein. »Fragt man ihn jedoch, an welchem neuen Jutsu er gerade arbeitet, dann hört er gar nicht mehr auf zu reden. Ist doch so, nicht wahr, Tobirama-chan? Welches ist es momentan?«

Tobirama warf seinem Bruder einen pikierten Blick zu. »Das stimmt überhaupt gar nicht. Auch ich kann gute Kunst würdigen.«

»Aber ist Wissenschaft nicht auch eine Art von Kunst?«, sinnierte Mineko. »Sie erfordert einen wachen Geist und Kreativität.«

»Nun«, sagte Tobirama bedächtig, »so könnte man es wohl auch sehen.«

»Also, woran arbeitest du momentan?«, bohrte Hashirama weiter nach. »Die Damen brennen sicher darauf, etwas darüber zu erfahren.«

Tobiramas Blick machte deutlich, dass er anders darüber dachte. Er antwortete dennoch, wahrscheinlich mehr aus reiner Höflichkeit als alles andere. »Eine Variante des Hiraishin no Jutsu.«

Ups. Hashirama warf einen raschen Blick zu Madara, welcher mit erstarrter Mine Löcher in die Luft starrte. Ebenjene Technik hatte seinen Bruder getötet.

»Also stimmt es, dass Sie der schnellste Ninja sind?«, fragte Shun weiter. Anscheinend hatte er nicht bemerkt, dass die Stimmung zu kippen drohte.

Tobirama zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug von der Pfeife. »Bisher hat mich keiner überholt.«

Mineko hatte es jedoch sehr wohl bemerkt. »Männer lieben es, ihre Kräfte miteinander zu messen«, sagte sie leichthin. »Selbst nachdem sie Frieden miteinander geschlossen haben. Dabei kann ich mir vorstellen, dass auch das eine interessante Geschichte ist.«

Hashirama entging nicht, wie Shun Mineko einen winzigen Blick zuwarf und kaum merklich nickte. Hätte er nicht zufällig in dem Moment in die Richtung des Samurai geblickt, wäre es ihm wahrscheinlich entgangen. Dieses Spiel wurde hier also gespielt … Nun denn.

»Madara und ich begegneten uns das erste Mal vor mehr als zehn Jahren zufällig an einem Fluss«, begann er zu erzählen. »Wie es Brauch war, nannten wir nicht unsere Clannamen, und das war auch gut so. Sonst hätte ich dir nämlich eine Tracht Prügel verpassen müssen, Madara-kun.« Er lachte auf.

Madara schnaubte. »Das hättest du damals schon nicht geschafft. Es herrschte Gleichstand zwischen uns.«

»Nur weil du dich mit miesen Tricks beholfen hast!«

»Also ob du besser gewesen wärst!«

Sayuri kicherte hinter ihrem Fächer.

»Das ist mir neu«, warf Shun ein. »Ich hätte nicht gedacht, dass Senju und Uchiha sich anfreunden könnten.«

»Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder«, sagte Madara lässig und warf Hashirama einen spitzbübischen Blick zu. »Nicht dass ich das auch manchmal anzweifeln würde. Aber wir hatten eben diesen Traum von Frieden zwischen den Clans, und da nimmt man, was man kriegen kann.«

»Es dauerte dennoch mehr als ein Jahrzehnt«, stelle Shun fest.

»Interne Clanpolitik«, sagte Madara kurz angebunden und machte damit sehr deutlich, dass er mit Außenstehenden nicht darüber reden wollte. Vor allem nicht mit jemanden, der sie mittlerweile so offensichtlich ausfragte.

»Aber jetzt funktioniert das so einfach?«, fragte Shun weiter.

Madaras Blick machte sein Missfallen deutlich. Hashirama ergriff eilig das Wort. »Nun, von einfach war nie die Rede. Es war ein langer Weg bis hierhin und wir sind bei weitem noch nicht am Ende angekommen. Aber wir sind überzeugt davon, dass Frieden zwischen allen Clans möglich ist, sodass eines Tages keine Leben mehr grundlos weggeworfen werden müssen.«

Shun lehnte sich vor. »Ihr strebt Frieden an, aber die Existenzgrundlage der Shinobi war schon immer der Krieg. Hieße das also nicht, dass Ihr Euch selbst abschaffen würdet?«

»Ein berechtigtes Argument«, stimme Hashirama zu. »Aber das wäre es wert. Und außerdem bin ich überzeugt davon, dass die speziellen Fähigkeiten der Shinobi zu weitaus mehr als nur dem Kampf eingesetzt werden können. Ich meine, ich kann Häuser errichten, einfach so.«

»Zugegeben, eine solche Welt ist schwer vorstellbar«, sagte Shun geradeheraus. »Die Rivalität zwischen den Clans erstreckt sich über viele Generationen hinweg, so weit, dass schon niemand mehr weiß, wann genau das eigentlich angefangen hatte.«

»Deswegen gründeten wir das Dorf«, erklärte Hashirama. »Es soll mehr als nur eine neue Siedlung sein, die aus dem Bedürfnis einer größeren Gesellschaft heraus entstand, sondern auch ein Rahmen, der es ermöglicht, all die alten Feindschaften hinter uns zu lassen. Wenn Uchiha und Senju das schaffen, dann ist es auch anderen möglich, davon bin ich überzeugt.«

»Aber es bedarf dennoch eines Anführers«, sagte Shun. »Jemand, der dem Dorf vorsteht und über seine Geschicke bestimmt. Wer ist es? Ihr, Senju-sama? Immerhin habt Ihr die Uchiha schließlich doch besiegt.«

Irritiert schüttelte Hashirama den Kopf. »Nein, wir beide natürlich, Madara-kun und ich. Aber eigentlich haben wir uns darüber noch nicht allzu viele Gedanken gemacht. Bisher funktionierte es ganz gut, wenn wir uns abends einfach zu dritt an den Küchentisch setzten und planten, was für den nächsten Tag anstehen würde.«

»Und inwiefern kann die Nation von diesem Dorf profitieren?«

Aha, da war er also, des Pudels Kern. »Viele Clans waren und sind noch immer so sehr untereinander zerstritten, dass sie oft in den Kampf gegeneinander ziehen, ohne dass irgendwer sie dafür anheuerte«, sagte Hashirama. »Das hält sie beschäftigt, aber auch schwach. Kinder sterben viel zu jung, ohne dass sie jemals die Möglichkeit erhalten, ihr volles Potenzial zu erreichen. Das Dorf, das wir planen, soll ihnen diese Möglichkeit geben. Wir sind noch immer ein Teil der Nation, und ich bin überzeugt davon, dass auch der daimyō davon profitieren kann, wenn sich die Clans gegenseitig unterstützen, statt sein Land im Bürgerkrieg zu zerreißen. Es ist bekannt, welche Ausmaße die Kämpfe allein zwischen Senju und Uchiha annehmen konnten.«

»Ich sage es, wie es ist«, sagte Shun geradeheraus. »Krieg ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, der damit wegfallen würde.«

»Wir Shinobi sind zu mehr gut, als nur unschuldige Kinder abzuschlachten«, knurrte Madara. »Ihr seid ein Samurai, Ihr kennt den Kampf und müsst wissen, wie grausam er ist. Ihr folgt dem bushidō, und wenn ich mich nicht irre, ist Menschlichkeit ein Teil dessen. Gezwungen zu sein, Kinder zu töten, hat nichts mehr mit Menschlichkeit zu tun.«

Ein Stich fuhr durch Hashiramas Herz und gleichzeitig fürchtete er den Schlag seines Vaters. Er konnte ihn beinahe spüren, auch nach all den Jahren. Doch ebenso erfüllte es ihn auch mit Wärme, nun diese Worte von Madara zu hören.

»Aber auch Loyalität und Treue zu meinem Lehnsherrn gehören dazu«, sagte Shun ungerührt. »Ich bin dem daimyō verpflichtet und ihm allein und habe allein seine Interessen im Sinn. Wenn etwas diese Nation gefährdet, muss ich es wissen.«

»Wer sagt denn, dass ein ganzer Wirtschaftszweig einfach so wegbricht?«, warf Tobirama ein. »Sprechen wir besser davon, ihn umzugestalten. Im Endeffekt würde sich nicht viel ändern und der Vorteil, der dem daimyō aus gestärkten Clans erwachsen würde, ist nicht von der Hand zu weisen.«

»Im Endeffekt bin nicht ich es, der darüber entscheidet«, wiegelte Shun ab und trank den letzten Rest seines Sake. »Doch die Stunde ist bereits fortgeschritten und morgen ist auch noch ein Tag. Es wäre mir eine Ehre, zu freundschaftlichen Waffengang laden zu dürfen.«

Sie verneigten sich, um sich gegenseitig ihren Respekt zu bekunden, dann begleiteten Mineko und Sayuri die Gäste zurück zu ihren Unterkünften. Mit einer letzten tiefen Verbeugung verabschiedeten sie sich und flatterten in die Nacht davon.

Mit finsterer Mine sah Madara ihnen hinterher. »Der daimyō zitiert uns hierher und ist sich dann auch noch zu fein, persönlich mit uns zu besprechen, was er wissen will.«

Hashirama streckte sich und gähnte. »Lass gut sein für heute. Mitternacht ist lange vorüber und Politik macht mich immer so schrecklich müde.«

Sie wünschten sich eine gute Nacht und begaben sich in ihre Gemächer. Hashirama war beinahe im selben Augenblick eingeschlafen, wie er ins Bett gefallen war.

Shun hatte sie für den nächsten Tag in sein dōjō eingeladen. Auf dem Weg dorthin stieß Madara zu den beiden Brüdern und sie ließen das Gespräch des Vorabends Revue passieren.

»Er will uns aushorchen«, sprach Madara an, was sich auch Hashirama bereits gedacht hatte. »Wir können also davon ausgehen, dass er alles, was wir sagen und tun, dem daimyō berichtet. Ebenjener ist sich zu fein, sich selbst damit zu beschäftigen, wir werden ihn also wohl nicht direkt sprechen können.«

»Das heißt, auch heute steht mehr hinter der Einladung ins dōjō als ein freundschaftliches Duell«, führte Tobirama den Gedanken fort. »Ich vermute, er will nicht nur eure Schwertkünste sehen, sondern auch, wie ihr euch generell miteinander gebt und ob ihr euch nicht doch früher oder später an die Kehlen geht.«

»Warum erwarten das immer alle?«, beklagte sich Hashirama genervt. »Können nicht einfach alle offen und ehrlich zueinander sein? Wir sind es doch auch.«

»Tja, Taten sprechen eben mehr als Worte«, bemerkte Tobirama nur.

Sie erreichten das dōjō und verneigten sich am Eingang, wie es sich gehörte. Dann zogen sie die Schuhe aus und traten ein. Einige der shoji an der Seite waren geöffnet und gaben den Blick frei auf einen Innenhof, wo einige junge Krieger an Bambusständen trainierten und mit mehr oder weniger sauberen Schnitten den Bambus zerteilten.

Shun erwartete sie bereits, Katana und Wakizashi unter seinem obi gesteckt. Er kniete auf seinem Platz am oberen Ende des dōjō, neben ihm ein entzündetes Räuchergefäß und hinter ihm ein Schrein für die Götter des dōjō. Als sie eintraten, verbeugten sie sich erneut vor ihm, und er erwiderte die Geste.

»Ich freue mich, Euch in meinem dōjō willkommen zu heißen«, begrüßte Shun seine Gäste. Er erhob sich und trat zu einem Waffenständer. Mehrere Schwertnachbildungen aus Eichenholz waren hier gelagert.

»Es ist uns eine Ehre, an diesen Ort geladen worden zu sein«, erwiderte Hashirama.

Bedächtig nahm Shun eines der Holzschwerter vom Ständer und reichte es Hashirama. Mit einer weiteren Verbeugung nahm er es entgegen und folgte dem Samurai in die Mitte des dōjō. Sie verbeugten sich erneut voreinander, dann nahm Shun eine Haltung ein, in der er sein hölzernes Katana über dem Kopf hielt. Hashirama suchte einen festen Stand und hielt seine Waffe beidhändig auf Hüfthöhe.

Mit einem energischen »Ha!« griff Shun an. Hashirama wich zurück, um den Schnitt auszuweichen, und setzte sogleich mit einem Stoß nach. Shun wich seitlich aus und setzte sogleich mit einem Schlag unter Hashiramas Arm nach. Hashirama wich auch diesem Schlag aus, löste den beidhändigen Griff um das Holzschwert, hob es und nutzte den Schwung seiner Bewegung, um einen Schlag gegen Shuns Waffe zu führen. Dieser blockte den Schlag ab, dann trennten sie sich.

»Uchiha-sama, wollt Ihr nicht hinzustoßen?«, forderte Shun Madara auf, welcher bis jetzt mit Tobirama an der Seite gestanden und zugeschaut hatte.

Hashirama sah zu seinem Freund und hoffte sehr, dass er zusagen würde. Es wäre das erste Mal, dass sie die Klingen nicht in einem Duell auf dem Schlachtfeld kreuzen würden. Sicherlich ein aufregendes Erlebnis!

Madara griff als Antwort lediglich zu einem weiteren Schwert und begab sich zu ihnen. Sie nahmen wieder ihre Grundstellungen ein, Madara hielt sein Schwert an der Seite, als würde er es ziehen wollen, wie man es mit einem echten Katana machte.

Shun ließ sein Schwert auf Madara niedergehen, welcher einen Schritt nach vorn tat und in derselben Bewegung Shuns Schlag abwehrte. Dieser veränderte die Richtung seines Schlages blitzschnell und lenkte den Aufprall beider Schwerter ab, während er gleichzeitig den Schwung nutzte, um Hashiramas Stoß abzuwehren.

Hashirama bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Tobirama anerkennend nickte. Es bedurfte eines wahren Meisters der Klinge, um zwei Angriffe gleichzeitig auf diese Weise abzuwehren.

Auch mit zwei Gegnern gleichzeitig konfrontiert machte Shun es ihnen nicht leicht. Tatsächlich schaffte er es nach einer Serie von blitzschnellen Schlägen, Hashirama zu besiegen. Wäre dies ein echter Kampf gewesen, der Schlag hätte ihm mit Leichtigkeit den linken Arm abgetrennt und wäre tief in seinen Oberkörper gefahren. Madara hielt sich etwas länger, musste sich dann aber auch mit einem Stich durch die Niere geschlagen geben. Sie steckten die Schwerter unter die obi und verneigten sich voreinander.

»Ihr seid ein wahrer Meister, Shun-sama«, sagte Madara, sehr zu Hashiramas Erstaunen. Er hätte nicht gedacht, dass sein Freund eine Niederlage so einfach wegstecken würde.

»Dafür kann ich kaum mit ninpō mithalten«, erwiderte Shun bescheiden. »So hat jeder seine Stärken und Schwächen. Apropos, Tobirama-san, bitte erlauben Sie mir meine Neugierde, aber ich würde sehr gern eine Demonstration Ihrer Schnelligkeit erleben.«

Tobirama trat zu ihnen und fischte eines seiner Kunai aus seinem Kimono. »Ich hoffe, Ihr habt nichts gegen ein Loch im Deckenbalken«, sagte er noch. Dann warf er das Kunai nach oben und in dem Moment, in dem es im Balken einschlug, hing er auch schon kopfüber von der Decke, als sei es das normalste der Welt.

Shun gab einen anerkennenden Laut von sich. »Beeindruckend!«

Madara schnaubte ob dieser offensichtlichen Zurschaustellung von Tobiramas Fähigkeiten; Tobirama hatte das offenkundig gemacht, um ein wenig damit anzugeben.

Hashirama war es gewohnt, dass sein Bruder gelegentlich wie aus dem Nichts auftauchte, und zuckte daher nicht zusammen, als dieser plötzlich wieder neben ihnen stand. Er hatte bemerkt, wie Tobirama eine Markierung auf Shuns Kleidung platziert hatte, als er zu ihnen getreten war. Der Samurai musste an sich halten, um nicht sogleich in eine Verteidigungshaltung zu fallen. Seine Hand zuckte zu seinem Katana, der echten Klinge dieses Mal.

Tobirama hob demonstrativ das Kunai, das soeben noch in der Decke gesteckt hatte, und zeigte die Markierungen auf dem Griff. »Es bedarf Siegel, um diese Technik anzuwenden. Kunai machen es einfach, die Siegel dort anzubringen, wo ich sie brauche. Das andere ist hier.« Als würde er Shun Staub von der Schulter klopfen, wischte er ihm über die Kleidung und entfernte die Markierung damit wieder. Hashirama sah ein klein wenig Schadenfreude in den Augen seines Bruders aufblitzen, mehr noch, als dieser Madaras finsteren Blick bemerkte.

Er sollte unbedingt mit Tobirama darüber reden, dachte er bei sich. Das konnte nicht gut enden.

»Ich danke für diese beeindruckende Demonstration und auch für das anregende Duell«, sagte Shun. »Es war mir eine Ehre, gegen zwei so würdige Gegner anzutreten.«

Sie verbeugten sich erneut voreinander, dann legten sie die Holzschwerter zurück und Shun schlug vor, dass sie einen nahen onsen besuchen könnten. Sie willigten ein und machten sich auf den Weg.

»Aber dieses Mal lassen wir ihn stehen, ja?«, scherzte Hashirama. Die Erinnerung, wie es das letzte Mal ausgegangen war, waren noch immer frisch.

»So? Was war denn geschehen?«, fragte Shun etwas zu offensichtlich. Wie als würde er nur darauf warten, eine Geschichte zu hören, wie Madara und Hashirama sich doch gegenseitig die Köpfe einschlugen.

»Nur ein kleines Missverständnis, wie sie bei jedem hin und wieder vorkommen«, warf Tobirama rasch ein und warf seinem Bruder einen vielsagenden Blick zu, sich nicht noch so eine Blöße zu erlauben.

Shun verzichtete darauf, weiter nachzubohren, Hashirama machte sich aber eine gedankliche Notiz, vorsichtiger zu sein. Der Samurai mochte eine freundliche Fassade zeigen, aber jedes Wort, das sie sprachen, würde auf die Goldwaage gelegt werden.

Shun führte sie zu einem ganz bestimmten onsen, den er anscheinend besonders schätzte. Er schien ein häufiger Gast zu sein, denn der Besitzer begrüßte ihn einen Hauch vertraulicher, als es vielleicht angemessen wäre. Als er Shuns Begleiter sah, fügte er jedoch eilig an: »Kein Jutsu! Das ist hier verboten!«

Hashirama sah ihn verwirrt an. Sie hatten sich doch nicht etwa bereits eine Reputation erarbeitet? Das war einmal vorgekommen, so schlimm konnte es doch nicht sein! Oder? Er tat dennoch sein bestes, um den Besitzer von ihren guten Absichten zu überzeugen. Shun entschuldigte sich im Namen des Besitzers, welchem seine Bemerkung nun offenbar peinlich war und daher versprach, dass dieser Besuch aufs Haus ging.

Sie traten ein, legten ihre Kleidung ab und wuschen sich, wie es angemessen war. Hashirama erwehrte sich einer widerspenstigen Strähne, die sich aus seinem Haarknoten gelöst hatte, während er barfüßig zum Wasserbecken tapste.

»Du könntest dir auch einfach die Haare wieder kurz schneiden, weißt du.«

Hashiramas Magen machte eine beachtliche Talfahrt, als mit einem Male Madara neben ihm stand, bekleidet mit nichts weiter als einem kurzen Handtuch um die schmalen Hüften. Grundgütiger, was dachte er sich? Natürlich waren sie nackt, sie besuchten ein Bad! Und doch hatte er diesen Gedanken irgendwie bis jetzt ausgeblendet. Er konnte sich nicht helfen, er musste einfach starren.

»Mein kurzer Haarschnitt hatte dir noch weniger gepasst«, brachte er, oh Wunder über Wunder, doch irgendwie heraus.

»Tse.« Madara machte eine lässige Geste, als er an Hashirama vorbeiging und anscheinend nicht bemerkte, welchen Effekt er auf seinen Freund hatte. »Haare sind so lästig, sich einfach gar nicht darum zu scheren, ist das einfachste.«

Fasziniert beobachtete Hashirama das Spiel starker Muskeln unter blasser Haut. Er erinnerte sich an ihr Duell mit Shun und die fließenden Bewegungen, mit denen Madara gekämpft hatte. Und wahrscheinlich war es seine stille Bewunderung gewesen, die ihm den Sieg gekostet hatte, wisperte eine leise Stimme in seinem Kopf. Sein Blick wanderte tiefer, als Madara achtlos das Handtuch löste und …

Ein Stoß in seine Rippen holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Tobirama stand neben ihm und schüttelte kaum merklich den Kopf. Eine Warnung, diese Gedanken bloß nicht zu Ende zu führen.

Hashirama versuchte eilig, seine Gedanken wieder zu sammeln, und folgte ihnen in das Wasser. Hoffentlich hatte niemand außer Tobirama etwas bemerkt.

Shun hatte ein schwimmendes Bambustablett organisiert, auf dem eine Sakeflasche und vier Schalen standen. Er schenkte ihnen allen ein, dann stupste er das Tablett an und ließ es zu seinen Gästen treiben. Es schwankte ein wenig auf den kleinen Wellen, war aber gut genug ausbalanciert, um nicht zu kippen. Sie nahmen sich alle eine Schale.

»Also, dieses Dorf soll ein Heim für verschiedene Ninja-Clans sein«, fasste Shun zusammen. »Sehe ich das richtig? Und irgendjemand, der noch bestimmt werden muss, soll sie alle führen. Hat dieses Dorf überhaupt schon einen Namen?«

»Zugegeben, nein, das hat es noch nicht«, gestand Hashirama. »Das erschien uns in diesem frühen Status des Aufbaus noch nicht wichtig genug, um darüber zu entscheiden. Und ich bin auch nicht überzeugt davon, ob es wirklich einer Person bedarf, die allen Clans des Dorfes vorsteht. Wie ich bereits sagte, bisher funktionierte es ganz gut, dass wir drei alles zusammen entschieden haben. Viel eher könnte ich mir noch einen Rat aus allen Clanoberhäuptern zusammen vorstellen.«

»Aber es braucht einen Repräsentanten, der das Dorf nach außen hin vertritt«, bestand Shun weiter darauf.

Hashirama sah zu Madara. Dieser hatte ihn anscheinend bisher aus dem Schatten seiner Haare heraus beobachtet, was ein plötzliches Flattern in Hashiramas Magen verursachte. Ihre Blicke trafen sich und Madara besaß nicht einmal den Anstand, hastig die Augen abzuwenden. »Denk nicht einmal dran«, zischte er stattdessen.

Hashirama lachte nervös aus. Natürlich war es sein erster Gedanke gewesen, dass Madara für so einen Posten hervorragend geeignet wäre, und natürlich hatte Madara ihn sofort durchschaut. »So etwas besprechen wir besser in Ruhe.«

Tobirama schlürfte hörbar seinen Sake, während er zwischen seinem Bruder und Madara hin und her blickte. Demonstrativ schenkte er sich nach.

»Eine Sache gibt es noch, die mich beschäftigt«, fuhr Shun fort. »Was motiviert ausgerechnet Shinobi dazu, sich zusammenzutun und Frieden anzustreben? Bündnisse für mehr Macht leuchten ein, aber Frieden …«

»Ich dachte, niemals mehr Kinder abschlachten zu müssen, wäre Argument genug«, sagte Madara eisig.

Hashirama sah zu seinem Bruder. Die Erinnerungen an Kawaramas Begräbnis blitzen in seinen Erinnerungen aus, wie traurig und verloren seine kleinen Brüder ihn angesehen hatten. Damals hatte er sich etwas geschworen, das er seitdem zu erreichen versuchte. »Ich beschütze jene, die sich nicht selbst beschützen können.«

Shun sah ihn an. Dann nickte er. »Ein nobles Ziel.«

Den Rest ihres Besuches im onsen verbrachten sie mit belanglosem Geschwätz. Hashirama warf immer wieder verstohlene Blicke in Madaras Richtung und bewunderte heimlich, wie Wassertropfen über seine Wangen und seine Kehle rannen, wie er gelassen die Augen aufschlug oder seinen Kopf auf diese ganz bestimmte Weise neigte, als würde ihn das alles hier furchtbar langweilen. Er tat so, als würde er nicht bemerken, wie Madara seine Blicke erwiderte, weil er nicht wollte, dass sein Freund aufhörte, ihn auf diese Weise zu betrachten, wenn er aufflog. Er ignorierte außerdem ganz bestimmt die Warnung, die in Tobiramas Augen stand.

Am nächsten Tag ließ der daimyō sie endlich zu sich rufen. Sie knieten und verbeugten sich tief vor ihrem Fürsten und verweilten in dieser Position, bis man sie zu Andersweitigem aufforderte. Hashirama hörte Stoff rascheln und sah aus dem Augenwinkel, dass sich einer der Minister auf ein Zeichen des daimyō hin ihnen auf Knien näherte. Der Mann legte eine Schriftrolle vor ihnen ab und kehrte dann zu seinem Platz zurück. Sie richteten sich wieder auf, hielten aber den Blick gesenkt; es wäre unverzeihlich, den daimyō auf eine unangemessene Weise anzusehen.

»Daimyō-sama ist sehr angetan von diesem Shinobi-Dorf«, sagte der Minister. Er hatte eine unangenehm hohe Stimme, die es schwer machte, ihm zu folgen. »Jedoch gibt es einige Dinge, die einer Richtigstellung bedürfen. Die Bedingungen, unter denen daimyō-sama die Entwicklung weiterhin duldet, sind in diesem Schriftstück festgehalten.«

Madara warf Hashirama einen vielsagenden Blick zu. Dann griff er zur Schriftrolle und öffnete sie. Hashirama rückte ein wenig näher auf, um ebenfalls einen Blick hinein werfen zu können. Tobirama linste über ihre Schultern.

Das erste, was ihnen ins Auge fiel, war die horrende Summe, die sie zahlen sollten, um das Land, auf dem ihr Dorf entstehen sollte, vom daimyō zu kaufen. Des weiteren forderte er fünf Prozent von jedwedem Einkommen, dass das Dorf generierte, sowie ein Mitspracherecht in der Wahl eines Dorfoberhauptes sowie allen Entscheidungen, die sich nicht nur auf das Dorf sondern auch das ganze Land ausweiteten. Im Gegenzug bot er Ressourcen in einem gewissen Rahmen an, Ressourcen, die sie dringend benötigten.

»Das ist ganz schön viel Geld für ein Stückchen Wald, das bis jetzt niemanden interessiert hat«, versuchte es Hashirama vorsichtig.

»Diese Bedingungen stehen nicht zur Debatte«, sagte der Minister. »Entweder, Ihr akzeptiert sie, oder alles bleibt, wie es bisher immer war.«

Tobirama knurrte tief in der Kehle. Madaras Sharingan leuchtete auf, wahrscheinlich als Reaktion auf seinen Zorn, den er nur mühsam zurückhalten konnte.

»Wo sollen wir so viel Geld hernehmen?«, wisperte Hashirama. »Haben wir überhaupt so viel?«

»Die Uzumaki«, erwiderte Tobirama ebenso leise. »Sie sind fast ebenso wohlhabend wie wir.«

Madara ballte die Hände auf seinen Knien zu Fäusten. »Das ist …«, hob er an.

»Akzeptiert«, unterbrach Hashirama ihn eilig. Es blieb ihnen ja doch keine Wahl.

Madara warf ihm einen giftigen Blick zu. Tobirama gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen Schock und Resignation lag. Der Minister lächelte schleimig.

»Wunderbar! Bitte unterzeichnet dieses Schriftstück und dann wären alle Formalien geklärt.«

Hashirama fügte sich schicksalsergeben. Es war nur Geld. Irgendwie würden sie es schon auftreiben können.

Ich hab Tobirama in einen Anzug gesteckt, weill ich's KANN. Zugegebenermaßen existiert dieses Kapitel vor allem der Ästhetik wegen. Außerdem: Naruto run looks stupid, daher Pferde. In diesem Kapitel gibt es ein paar weitere kleine Easter Eggs. Mineko ist nach Iwasaki Mineko benannt, eine von Japans bekanntesten Geisha. Sie wurde von Arthur Golden für seinen Roman Memoirs of a Geisha (Die Geisha auf Deutsch) interviewt und schrieb in Reaktion darauf eine lesenswerte Autobiographie. Sayuri ist die Protagonistin von Memoirs of a Geisha, die Geschichte wurde verfilmt. Frisurentechnisch und in Hinblick auf die Tanzeinlagen passiert in dem Film eine Menge Murks, abgesehen davon ist es aber ein schöner Film. Für die Szenen mit Sayuri sowie Shun habe ich mir auf YouTube ein paar Clips mit Samurai Schwertkämpfen und Maiko Tänzen in Kyoto angesehen und hoffe, das Feeling auch entsprechend rübergebracht zu haben. Es gibt auf YouTube auch Aufzeichnungen von Teezeremonien. Und natürlich wieder Windrunner!Hashirama ^^ Das nächste Kapitel ist wieder einmal eine Rückblende (die werden danach seltener) zurück zu Hashiramas frühester Kindheit und seiner Mutter.
Mutter
CN Kindesmisshandlung (physisch wie psychisch), Tod von Angehörigen

 Vor 20 Jahren

»Mutter, du bist wieder krank. Musst du da nicht im Bett bleiben oder so?« Hashirama warf einen nervösen Blick zur Tür und fürchtete, dass jeden Augenblick sein Vater hineinstürmen könnte. Was dann geschehen würde, konnte er sich nur allzu gut vorstellen, weshalb er Sakuras Händen auszuweichen versuchte, als sie eine Salbe auf seine geschwollene Wange auftragen wollte. Seine Mutter war natürlich geschickter und fing ihn trotzdem ein.

Sakura lachte sanft. »Ich bin nicht krank, sondern schwanger, mein Großer«, sagte sie nicht zu ersten Mal. »Was hast du dieses Mal wieder angestellt, dass dein Vater böse mit dir wurde?«

»Ich hab mit den Pflanzen im Garten geredet«, nuschelte Hashirama. »Seit Wochen ist es so trocken und sie haben Durst. Da habe ich sie getröstet und versprochen, dass bald Regen kommt. Vater sagt, das ist Blödsinn und ich soll mich lieber auf mein Training konzentrieren, statt albernen Träumen nachzujagen. Und dann hat er mich geschlagen und … nun ja … Er meinte auch, ich soll nicht zu dir gehen, weil du viel zu sanft bist und ich endlich lernen muss, erwachsen zu sein.«

»Nur gut, dass ich dich gefunden hab«, erwiderte Sakura mit einem Augenzwinkern. »Dann kann er sich nicht beschweren. Wir können das ja unser kleines Geheimnis sein lassen, was meinst du? Und ich habe noch eine Idee: Du könntest mit deinen kleinen Brüdern ihr Suiton üben und damit die Pflanzen wässern.«

Hashiramas Augen leuchteten auf. »Mama, du bist super! Dann kann Papa nicht mehr meckern und alle sind glücklich!«

Sakura lächelte und zerzauste ihm die Haare. »Und jetzt halt still, sonst landet die Salbe nicht nur auf deiner Schramme.«

Hashirama hielt es eine ganze halbe Minute aus, in der seine Mutter behutsam Salbe auf seine Wange auftrug. Die kühle Substanz tat gut und beruhigte das unangenehme Brennen unter der Haut. Hashirama war stolz auf sich, dass er vor seinem Vater keine Tränen vergossen hatte, als dieser ihn geohrfeigt hatte. Diese waren erst später gekommen, als er sich in eine Ecke des Hauses verkrochen hatte und Butsuma schon längst wieder fortgegangen war, wahrscheinlich zum Trainingsfeld. So hatte Sakura ihn schließlich gefunden mit ihrem untrüglichen Gespür dafür, wenn ihre Kinder sie brauchten, es aber aus Angst vor ihren Vater nicht wagten, das offen zuzugeben.

»Hat Papa uns lieb?«, fragte er.

»Still halten, habe ich gesagt«, schalt sie ihn sanft.

Er versuchte wirklich sehr, ruhig sitzen zu bleiben. »Ich geb mir wirklich ganz viel Mühe, weißt du«, sagte er nach einer weiteren halben Minute. »Ich nehme mein Training ernst und bin immer respektvoll. Aber irgendwie reicht‘s einfach nicht.«

Sakura schloss die Dose mit der Salbe und wischte sich die Finger an einem Tuch ab. Sie lächelte dieses Lächeln, das sie immer zeigte, wenn Hashirama versuchte, mit ihr über seinen Vater zu reden. Er hatte noch nicht wirklich ergründen können, was es bedeutete. Es wirkte irgendwie … traurig. Aber man lächelte doch, wenn man glücklich war, oder?

»Du musst wissen, dass dein Vater sich wirklich sehr um euch sorgt«, sagte sie. »Das ist sein Weg, um euch seine Liebe zu zeigen. Er bringt euch bei, euch selbst zu schützen und zu verteidigen, weil er nicht immer bei euch sein kann, um das für euch zu übernehmen. Jeder Vater wünscht sich, dass seine Kinder sicher sind. Daher nimmt er das sehr ernst.«

Hashirama hob nachdenklich eine Hand an seine Wange. »Meinst du? Er sagt nie, dass er uns lieb hat. Nicht so wie du.«

»Dein Vater war nie gut mit Worten und besser mit Taten«, sagte Sakura leichthin. »Glaub mir, ich kenne ihn schon etwas länger als du. Aber ganz tief in sich drin, da macht er sich schrecklich große Sorgen um euch. Und weißt du, warum? Weil er euch lieb hat. So wie ich!«

Daraufhin schwieg Hashirama eine ganze Weile und dachte über die Worte seiner Mutter nach. Er sah das unnachgiebige Gesicht seines Vaters vor sich, der streng das Sparring zwischen Hashirama und seinem kleinen Bruder Tobirama beobachtete. Butsuma zeigte nie, wenn er mit etwas zufrieden war und immer fand er etwas, mit dem er nicht zufrieden war. Manchmal war Sakura ebenfalls anwesend. Sie lachte in solchen Momenten nie und all ihre Fröhlichkeit war wie weggeblasen. Hashirama gab sich wirklich Mühe, seinem Vater zu gefallen, er war immerhin der älteste und damit der Erbe. Aber es war schwer, so schwer.

»Oh!«, machte Sakura mit einem Male und legte sich eine Hand auf den Bauch. »Das Kleine tritt schon wieder. Willst du einmal fühlen?«

Neugierig streckte Hashirama eine Hand aus und tatsächlich, er konnte spüren, wie sich etwas in Sakuras Bauch bewegte. Es war beinahe unheimlich. Frauen waren unglaublich, ging es ihm durch den Kopf. Sie konnten einfach so neues Leben schaffen. Er war sich sicher, dass es kein Jutsu gab, das damit vergleichbar war.

Einen Tritt spürte er ganz besonders deutlich. »Tut das nicht weh?«, fragte er besorgt.

Sakura strich ihm über den Kopf. »Nein, das sind doch nur ganz kleine Baby Füßchen. Als deine Brüder ihre ersten Zähnchen bekommen hatten, kauten auf allem herum, das sie zu greifen bekamen. Pass nur auf, wenn das auch mit eurem neuen Geschwisterchen passiert, dass es nicht dein Finger wird, denn das tut wirklich weh.« Sie sagte es in einer leichten Weise, die deutlich machte, dass es nicht wirklich weh tat.

Hashirama machte ein möglichst ernstes Gesicht und legte sein Ohr an den Bauch seiner Mutter. »Du darfst Mama nicht so treten, ja? Das ist gemein. Zu seiner Mama ist man immer besonders lieb.«

Sakura ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten. Er haste diese furchtbare Kurzhaarfrisur, aber sein Vater bestand darauf. Längere Haare seien unpraktisch im Kampf, sagte er immer, und außerdem solle er sich nicht so sehr um sein Aussehen scheren. Wirklich wichtig sei einzig und allein sein Training. Die anderen Kinder machten manchmal gemeine Kommentare wegen seiner Haare, aber Sakura erinnerte ihn immer wieder daran, dass es nicht wirklich auf das Äußere ankam. Als ertrug er es weiterhin tapfer, dass sein Vater ihm die Haare kurz schnitt.

Eine ganze Weile blieben sie so sitzen und Hashirama vergaß seine Furcht, dass Butsuma sie finden könnte. Er genoss es, dem ruhigen Herzschlag seiner Mutter zu lauschen und das Gefühl ihrer sanften Fingerspitzen auf seiner Kopfhaut. Glück roch nach seiner Mutter, da war er sich ganz sicher.

»Mama, was ist Liebe eigentlich?«, fragte er irgendwann.

»Hmm, lass mich überlegen.« Sakura rieb sich nachdenklich das Kinn. »Liebe ist wie eine Salbe, musst du wissen. Manchmal, wenn traurige Dinge passieren, dann tut uns das Herz weh. Wenn wir uns schneiden und bluten, dann tragen wie eine Salbe auf, damit die Wunde wieder heilt. Wenn uns das Herz schmerzt, dann tragen wir Liebe auf. Verstehst du? Es wird immer Menschen in deinem Leben geben, die dich lieben. Ich und deine kleinen Brüder, deine Freunde und ja, auch dein Vater. Trage immer Liebe in deinem Herzen, denn Liebe ist es, die diese Welt heilen wird.«

»Kann Liebe auch schmerzen?«

»Manchmal, ja. So wie auch manche Medizin brennt, wenn sie aufgetragen wird. Aber das ist es wert, diesen Schmerz auszuhalten. Liebe macht das Leben erst lebenswert.«

Hashirama nickte ernst. Er verstand noch nicht wirklich, was seine Mutter ihm damit sagen wollte, aber er nahm sich fest vor, sich ihre Worte zu Herzen zu nehmen.

Momente wie diese waren selten und kostbar. Hashirama hütete sie alle wie einen Schatz. Und irgendwie hatten sie alle auch den Reiz des Verbotenen an sich, denn Butsuma sah es nicht gern, wenn Sakura so sanft und nachsichtig mit ihren Söhnen umging. Er war der Ansicht, dass es sie weich und schwach machen würde. Nicht, dass sich Sakura darum scherte, heimlich förderte sie dennoch die sanfte Seite in ihren Söhnen.

Das alles wurde nur wenige Monate später von ihnen genommen, als Itama in einer bitterkalten Winternacht zur Welt kam. Hashirama bekam nicht viel davon mit, er sah nur, wie über Stunden hinweg Frauen aus dem elterlichen Schlafzimmer huschten und wieder hineineilten. Butsuma stand mit finsterer Mine vor dem Zimmer und mit jedem schmerzvollen Schrei Sakuras und jeder weiteren verstrichenen Stunde verschlechterte sich seine Stimmung zusehends.

Hashirama kauerte mit Tobirama und Kawarama in ihrem eigenen Zimmer. Die Zwillinge klammerten sich aneinander und Hashirama hatte die Arme um sie gelegt. Er war der älteste, er musste seine Brüder beschützen. Auch wenn er nicht wusste wovor. Aber alles fühlte sich so falsch an, etwas war nicht richtig.

 

Fast einen ganzen Tag kämpfte Sakura, und selbst, als Itama endlich auf der Welt war, ein schreiendes rosa Ding, wurde es lange nicht besser. Die Frauen tuschelten bereits besorgt, dass Sakura vielleicht im Wöchnerinnenbett sterben würde, als sie sich schließlich doch langsam zurückkämpfte. Gut zwei Wochen nach Geburt des Babys hatte sie endlich wieder Farbe auf den Wangen.

Und dann, mit einem Mal, wurde alles rapide schlechter. Innerhalb weniger Stunden erbrach sie sich mehrere Male und Lähmungserscheinungen traten auf, die ihr auch das Atmen erschwerten. Zunächst wusste niemand, warum es ihr auf einmal so viel schlechter ging, doch als einfach keine Besserung in Sicht war, wurde ihnen allen eines klar: Sakura war vergiftet worden.

Butsuma stürmte tobend aus dem Haus und verlangte nach Rache an den Uchiha, während die Heiler verzweifelt versuchten, Sakura zu retten. Denn wer sonst könnte die Skrupellosigkeit besitzen, die Frau des Clanoberhaupts im Wöchnerinnenbett zu ermorden.

Hashirama und Tobirama verstanden die Welt nicht mehr, während sie gleichzeitig vergebens versuchten, ihre weinenden Brüder zu beruhigen. Was geschah hier? Warum tat man das ihrer Mutter an? Wieso musste sie so leiden?

Irgendwann kam eine der Frauen zu ihnen, die sie in den letzten Wochen so oft an Sakuras Seite gesehen hatten. Sie verbarg nur schlecht die Spuren der Tränen auf ihren Wagen, als sie sich vor die Kinder kniete. »Eure Mutter schickt mich. Sie möchte euch noch einmal sehen.«

»Wie geht es Mama?«, fragte Hashirama sogleich und wollte die Antwort eigentlich gar nicht wissen. Er hatte Angst davor.

Alt Antwort lächelte die Frau nur, während ihr gleichzeitig Tränen in die Augen traten. »Kommt, tut euer Mutter diesen Gefallen.«

Sie nahm Itama auf den Arm, weil Hashirama Kawarama noch immer beschützend an sich drückte und einfach nicht loslassen wollte. Tobirama tastete Halt suchend nach der Hand seines großen Bruders und seines Zwillings. So folgten sie der Frau zu ihrer Mutter.

Sakura war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Der ganze Raum roch nach Blut, Schweiß und Erbrochenem, und der Versuch, es mit Räucherwerk zu überdecken, machte alles nur noch schlimmer. Sakura rang nach Luft, regungslos lag sie auf dem Bett. Als sie eintraten, bewegte sie gerade einmal die Augen in Richtung der Tür. Hashirama wischte sich eilig die Tränen aus den Augen, um nicht schwach zu wirken, doch es kamen sofort neue nach.

Die Frau trat an das Bett und legte Itama neben seine Mutter. Aus irgendeinem Grund hörte das Baby auf zu schreien. Mühsam wendete Sakura den Kopf und erkämpfte sich ein Lächeln. Hashirama zitterte am ganzen Körper, als er sich zögerlich näherte. Tobirama klammerte sich an ihn und kämpfte vergebens gegen seine Tränen an. Kawarama versuchte es gar nicht erst.

»Meine Söhne«, krächzte Sakura mit rauer Stimme. Ihr Haar war verfilzt und ungepflegt und ihr Gesicht abgehärmt, aber sie war noch immer so schön, wie nur eine Mutter es sein konnte. Schweiß stand ihr auf dem Gesicht, doch in ihren Augen stand noch immer ein letzter Rest des Lichts, das dort immer geschienen hatte.

Hashirama und seine Brüder kletterten auf das Bett, um ihr möglichst nahe zu sein. Sie regte sich schwach, während sie vergebens um Luft rang. Sie konnte ihre Hände nicht mehr heben, um ihre Söhne zu umarmen, also schmiegten sie sich fest an ihre Mutter.

»Meine Söhne«, wiederholte sie mit immer leiser werdender Stimme. »Lasst die Finsternis eures Vaters nicht in eure Herzen, hört ihr? Versprecht ihr mit das?«

Hashirama schniefte und nickte. Er brachte kein Wort heraus.

Sakura gab einen scheußlichen Laut von sich, wie als würde irgendetwas ihr die Kehle zuschnüren. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, als sie mit aller Macht um ihre letzten Atemzüge kämpfte. »Tragt immer Liebe in euren Herzen. Und vergesst niemals: Ich liebe euch.«

Dann lag sie still. 

Ich hatte zu Beginn erwähnt, dass der Titel des Textes eine Anspielung auf Roots von In This Moment ist. Die Band hat auch einen Song namens The In-Between und ich hatte überlegt, den Text so zu nennen. Der Grund dafür ist der Inhalt dieses Kapitels. Schlussendlich ist das aber eher Hintergrund, weshalb ich mich dann doch für Roots entschied, da das eher den Ton der Hauptstory wiedergibt.
Im nächsten Kapitel treffen wir endlich Mito.
Mehr als nur eine hübsche Puppe
CN sexuelle Inhalte, Gewalt gegen Menschen

»Anija, lass mich eines deutlich machen: Du hast immer meine volle Unterstützung, in allem. Und dass dir das Geschlecht deiner Partner egal ist, ist mir egal. Nun, nicht egal im Sinne von gleichgültig, sondern … Ach, du weißt schon. Aber lass mich auch eines in aller Klarheit sagen: Nicht Madara. Jeder, nur nicht Madara.«

Hashirama hatte mit wachsendem Unmut der energischen Rede seines Bruders gelauscht und konnte ein verdrießliches Schnauben nicht zurückhalten. »Grundgütiger, wovon redest du da? Er ist mein Freund! Nicht mehr und nicht weniger. Beruhige dich wieder.«

»Nur dein Freund?«, echote Tobirama. »Dafür hast du ihm aber ziemlich offensichtlich auf den Hintern geglotzt! Nimm dich vor diesem Kerl in Acht, ich hab‘s dir schon einmal gesagt.«

»Tobirama«, sagte Hashirama warnend. »Ich will keinen Streit mit dir, nicht deswegen. Aber ich dulde auch nicht, dass du schlecht über Madara redest.«

»Dafür sorgt dieser Kerl schon selbst«, schnappte Tobirama. »Er ist labil und gefährlich und dass er auf unserer Reise in die Stadt niemanden den Kopf eingeschlagen hat, grenzt an ein Wunder.«

»Labil? Grundgütiger, hör dich doch einmal selbst reden! Er hat seine ganze Familie verloren, und obendrauf warst auch noch du es, der Izuna getötet hat. Hab doch wenigstens ein bisschen Mitgefühl und versetz dich in Madaras Lage. Izuna hat die Welt für ihn bedeutet, sein Tod hat ein tiefes Trauma bei ihm hinterlassen. Dass er nicht immer heiter Sonnenschein ist, leuchtet doch ein.«

»Als sie damals geflohen sind, hatte Izuna noch gelebt, so viel konnte selbst ich sagen. Es gibt Gerüchte, dass er seinen Bruder eigenhändig erledigt hat, um ihm die Augen zu stehlen.«

»Pah! Was für ein Blödsinn! Wer so etwas sagt, hat Madara nie kennengelernt. So etwas würde er nicht tun.«

»Derselbe Mann, den du deinen Freund nennst, war aber auch vor wenigen Monaten noch sehr gewillt, dich zu töten. Ich kann und will nicht glauben, dass er auf einmal geläutert sein soll.«

»Genug davon!« Hashirama spürte, wie dieses Gespräch sein Chakra zum Kochen brachte und die Situation zu einem handfesten Streit zu eskalieren drohte.

Tobirama hielt zwar seinem Blick stand, gab dann aber schließlich doch nach. »Na schön. Aber ich werde nicht dulden, dass er dir in irgendeiner Weise wehtut.«

Hashirama hasste es, ausgerechnet mit seinem Bruder in Streit zu geraten. Es war ein scheußliches Gefühl, das er so schnell wie möglich wieder abschütteln wollte. Wie er es immer tat, versuchte er es mit einem Lachen zu überdecken, und legte Tobirama eine Hand auf die Schulter. »Ach komm schon, otōto. Du weißt, dass es nie dazu kommen wird. Komm jetzt, wir wollen die Uzumaki nicht warten lassen.«

Dass er sich selbst an die nächste unangenehme Sache an diesem Tag erinnerte, war ungewöhnlich. Ein Grund mehr, Streits mit seinem Bruder zu meiden, wenn sie so etwas mit ihm anstellen konnten.

Tobirama witterte natürlich den Braten, fügte sich aber. Dass er seinen älteren Bruder so energisch beschützen wollte, war durchaus anrührend, nur manchmal, da übertrieb er es vielleicht etwas.

Sie hatten zwar mit dem Bau des Turms gleich nach ihrer Rückkehr aus der Hauptstadt begonnen, den sie später für offizielle Anlässe wie diesen nutzen wollten, aber da er noch lange nicht fertig war, musste fürs erste erneut die Zeremonienhütte im Wald herhalten. Auch wenn der daimyō darauf bestand, dass sie früher oder später einen Stellvertreter des Dorfes ernannten, hielten sie vorerst an ihrer Idee eines Rats aus Stellvertretern aller Clans fest. Dies bedeutete auch, dass das nicht nur eine Angelegenheit zwischen Hashirama und Uzumaki Ashina werden würde, sondern auch Tobirama, Madara, Yamanaka Inori und leider auch die beiden Uchiha Ältesten Naoki und Kimora involvierte. Eine Heirat, nein, ein politisches Bündnis, wie er sich selbst korrigierte, zwischen Senju und Uzumaki betraf sie alle, immerhin waren sie jetzt mehr denn je auf die Ressourcen angewiesen, die die Uzumaki ihnen bieten konnten.

Alte Leute, so schien es, hatten leider viel zu viel Zeit, denn Naoki und Kimora waren bereits anwesend. Auch wenn Hashirama Madaras Abneigung gegenüber den beiden verstand, hatte er nichts persönlich gegen sie, fand ihre forsche, fast schon grobe Art jedoch irgendwie schwer zu handhaben. Als die Brüder eintraten, waren die beiden Alten in ein shōgi-Spiel vertieft und besaßen nicht einmal den Anstand aufzublicken, als die Senju sich vor ihnen verneigten. Hashirama beschloss wieder einmal, darüber hinweg zu sehen, und kniete sich zu ihnen an den Tisch.

»Die einzig wichtige Frage hier ist doch: Ist sie hübsch?«, eröffnete Kimora ohne den Blick von ihren Spielsteinen zu heben. »Und wenn nicht, schwängert sie und nehmt Euch dann eine Konkubine und die Sache ist erledigt.«

Man musste ihnen zugute halten, dass es eine bemerkenswerte Leistung war, selbst ihn so schnell aus der Bahn zu werfen, wo er sich doch sonst immer als eher gefasste Person betrachtete. Solche Dinge wollte er aber ganz bestimmt nicht mit einer verschrumpelten alten Frau diskutieren.

»Und da dachte ich, die Uchiha halten so große Stücke auf die Liebe«, warf Tobirama schnippisch ein.

»In der Politik geht‘s selten um Gefühle, sondern meistens um Geld, Junge«, sagte Naoki, während er seinen Zug machte. Dann warf er seiner Frau einen besonders schadenfrohen Blick zu.

»Ich koche dir heute Abend ganz bestimmt nicht dein Essen, wenn du nicht endlich ernsthaft zu spielen beginnst!«, zeterte sie. »Was soll das für ein bescheuerter Zug sein!«

Hashirama wurde von den Beiden erlöst, als Inori und kurz nach ihm auch Madara eintrafen. Sowohl Inori als auch die beiden Alten waren über das Ergebnis ihres Besuchs in der Hauptstadt unterrichtet worden, und so wussten sie um die Bedingungen, die der daimyō ihnen gestellt hatte, damit er ihnen weiterhin erlaubte, das Dorf zu errichten.

Danach hatten sie tagelang damit zugebracht, Zahlen hin und her zu wälzen und endlose Rechnungen zu erstellen, wie sie all das Geld aufbringen sollten, um das Land zu kaufen. Madara war fuchsteufelswild geworden ob der Dreistigkeit, aus einem Stück Land, für das sich bis jetzt niemand interessiert hatte, noch so viel herauspressen zu wollen. Kurz darauf war das Antwortschreiben der Uzumaki eingetroffen, dass Ashina mit Freuden seine Tochter Mito persönlich Hashirama vorstellen würde. Jeder hatte betont, dass die finanziellen Mittel der Uzumaki die Lösung für ihr Problem sein würden, allein Hashirama sträubte sich noch immer dagegen. Er sah die Logik dahinter, er erkannte ihnen Bedarf an weiteren finanziellen Mitteln, weil sonst alles auf dem Spiel stand, für das sie so hart gearbeitet hatten. Und doch … Und doch drehte es ihm den Magen um, wenn er auch nur daran dachte, eine fremde Person zu heiraten.

Er hoffte darauf, dass es irgendeine andere Lösung gab, die ihnen das Geld beschaffte, das sie brauchten. Es musste eine geben! Und wenn nicht? Dann blieb ihm wohl nichts anderes übrig, ging es ihm auf. Dann konnte er nur hoffen, dass diese Mito ihn nicht allzu scheußlich fand.

Erst der Streit mit seinem Bruder und jetzt das! Als es auch noch zu regnen begann, musste er an sich halten, um nicht sarkastisch aufzulachen. Selbst der Himmel machte deutlich, was er von all dem hielt.

Als die Regentropfen stärker zu fallen begannen, hörten sie Schritte von draußen. Hikaku und Tōka waren damit beauftragt worden, ihre Gäste zu empfangen und zur Hütte zu führen. Hoffentlich hatten sie an Regenschirme gedacht. Die shoji-Tür wurde zur Seite geschoben und herein traten ein älterer Mann und eine junge Frau, die sich, nachdem sie sich verbeugt hatten, zu ihnen an den Tisch begaben und sich ihnen gegenüber hinknieten.

Der Mann war alt genug, um beinahe schon als Hashiramas Großvater durchgehen zu können. Sein Haar und Bart waren schneeweiß und Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben. Dennoch machte er noch immer eine starke Erscheinung. Hashirama konnte einfach nicht glauben, dass der alte Mann wirklich Ashina sein sollte.

Die Frau an seiner Seite war unverkennbar eine Uzumaki mit ihrem strahlend roten Haar, das sie zu zwei Knoten hochgebunden hatte, von denen jeweils ein Siegelpapier herabhing. Ihr Kimono war weiß und ließ auf den ersten Blick den exquisiten Stoff erkennen, aus dem er gefertigt worden war.

Das war also Uzumaki Mito. Selbst, als sie sich an der Seite ihres Vaters verbeugte, wirkte sie sehr gefasst, beinahe schon distanziert. Nun, irgendwie konnte er es ihr nicht verdenken, sie wurde hier verschachert wie Vieh auf dem Markt. Dennoch ließ ihr regungsloses Gesicht keine Emotion erkennen.

»Ich freue mich, in dieser Angelegenheit endlich den nächsten Schritt gehen zu können, Senju-sama«, begann Ashina. »Bereits Euer Vater strebte engere Bande zwischen unseren beiden Clans an. Aber leider kamen die Dinge dann anders, wie es oftmals ist im Krieg.«

»Seit jeher halten wir Senju die Verbindung zu unseren entfernten Verwandten, den Uzumaki, in Ehren«, erwiderte Hashirama das höfliche Palaver. »Ich freue mich daher, Euch auch jetzt an unserer Seite zu wissen und in unserem Dorf willkommen zu heißen, Uzumaki-sama.«

Ashinas Blick wanderte zu Madara, der sich kühl wie eh und je gab. »Zugegeben, es ist ungewöhnlich, zwei Erzfeinde Seite an Seite zu sehen. Aber nun gut, neue Zeiten sind angebrochen. Was gäbe es da schöneres, als dies mit einer Hochzeit zu feiern?«

Das war ein recht forscher Vorstoß. Hashirama sah das winzige Zucken um Madaras Mundwinkel, das seinen mühsam zurückgehaltenen Spot verriet.

»Nun, wir wollen doch nicht gleich fünf Schritte mit einmal nehmen«, versuchte sich Hashirama immer noch herauszuwinden. »Wie ich in meinem Schreiben bereits sagte, wäre es doch sicher in beiderseitigem Interesse, wenn wir uns erst einmal persönlich kennenlernen.«

Mito schoss einen durchbohrenden Blick in seine Richtung. Er fragte sich warum. Das würde doch auch sicher ihr entgegen kommen, oder? Er jedenfalls würde es furchtbar finden, wenn er einfach so in einen fremden Clan verheiratet werden würde und dafür auch noch seine Heimat verlassen musste. Allein, umgeben von Fremden und an eine Person gebunden, die er kaum kannte … Nein, wahrlich keine schöne Vorstellung.

»Das Dorf befindet sich noch immer im Aufbau«, fügte Hashirama an und legte sein bestes Lächeln auf. »Aber wir werden dennoch unser bestes tun, um Euren Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu gestalten.«

»Ich bin neugierig auf dieses Dorf«, gestand Ashina. »Das ist ein ausgesprochen starkes Bündnis mit viel Potenzial. Uchiha und Senju Seite an Seite. Und auch Yamanaka, wie ich sehe.«

Hashirama tat es ein wenig leid für Inori, dass er stets in Madaras und seinem Schatten stand. Noch ein weiterer Grund, warum er gewollt hatte, dass sie in dieser Runde zusammen kamen: Dass endlich mehr Menschen sehen würden, dass sie alle gemeinsam in diese Sache involviert waren.

»Mit Freuden werden wir Euch in den kommenden Tagen alles zeigen«, sagte Hashirama. »In so einem frühen Stadium des Aufbaus sind wir noch nicht gut auf Besucher eingerichtet, fürchte ich. Aber ich hoffe, dass es kein Problem ist, wenn Ihr mit Mito-san das Gästezimmer bei uns zu Hause bezieht.«

Ashina und Mito verbeugten sich. »Wir danken für diese Gastfreundschaft, Senju-sama«, sagte Ashina.

Die Runde löste sich auf und Tobirama nahm sich der Aufgabe an, ihre Gäste nach Hause zu führen. Wahrscheinlich rieb er sich innerlich die Hände, weil er seinen Bruder dazu überredet hatte, das Haus auszubauen, und die Ergänzung eines Gästezimmers sich nun auszahlte. Als Kimora an Hashirama vorbei humpelte, wackelte sie vielsagend mit den Augenbrauen. Er fuhr zurück. Nein, definitiv kein Thema, dass er jemals wieder im Beisein dieser Alten ansprechen wollte.

Als letzter blieb nur noch Madara zurück. »Und? Sie ist hübsch, oder?«, sagte er in einem Ton, den Hashirama noch nie bei ihm gehört hatte.

»Ja.«

»Das heißt also, du wirst sie heiraten?«

Hashirama trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Na ja …«

»Wie na ja? Hast du sie dir mal angesehen? Da bekommt doch jeder Mann feuchte Träume.«

»Madara!« Hashirama spürte, wie ihm die Ohren brannte. »Dann heirate du sie doch, wenn du unbedingt willst«, schmollte er.

»Ich sage nur, dass du vielleicht mehr schätzen solltest, was dir Leute alles freiwillig in deinen feinen Senju-Hintern schieben. Von der ganzen Sache mit ihrer dringend benötigten Mitgift rede ich da noch nicht mal.« Mit diesen Worten wandte sich Madara ab und ging davon.

Perplex sah Hashirama ihm nach. Was war das denn gerade gewesen?

Da starren leider keine Antworten brachte, ließ er sich einen Holzschirm wachsen und ging ebenfalls zurück nach Hause. Er hatte Gäste zu bewirten. Die Gespräche mit Ashina erwiesen sich als delikater Eiertanz. Es gab eine Menge, das unausgesprochen zwischen ihnen stand und keiner wusste so wirklich, wie er das ansprechen sollte. Also blieb es bei höflichen, aber oberflächlichen Gesprächen. Als sie ein wenig zur Ruhe gekommen waren, bat Mito darum, allein mit Hashirama eine Runde durch das Dorf spazieren zu gehen, und ließ sich auch nicht von dem Einwand abbringen, dass es noch immer regnete. Hashirama besaß natürlich Manieren und hielt ihr ihren Lackschirm, damit sie die Hände frei hatte, um den Saum ihres kostbaren Kimono zu raffen, damit er nicht im Schlamm besudelt wurde.

Als sie sich einige Häuser weit entfernt hatten, begann sie endlich: »Bin ich Euch also nicht gut genug, Senju-sama?«

Ihre Direktheit nahm ihm die Sprache. Es war überhaupt das erste Mal, dass sie das Wort an ihn richtete, und dann war es ausgerechnet so etwas. »Warum sollten Sie nicht gut genug für mich sein, Mito-san?«, stammelte er wenig geistreich.

»Warum redet Ihr dann die ganze Zeit um den heißen Brei herum und sagt nicht gerade heraus ja oder nein zu der Verlobung?«, stellte sie die Gegenfrage.

»Nun, ich dachte halt, dass es doch auch sicher in Ihrem Interesse wäre, wenn Sie nicht gezwungen sein müssten, eine Ihnen völlig fremde Person zu heiraten«, versuchte er zu erklären. »Ich jedenfalls wünsche nicht, Sie zu irgendetwas zu zwingen, das Sie nicht wollen.«

Sie reckte das Kinn. »Dann lasst mich eines klarstellen: Ich bin mehr als nur eine hübsche Puppe, die man bei sich trägt wie ein nettes Accessoire. Ich kann sehr wohl für mich selbst entscheiden, was ich will und was nicht. Ich mag die jüngste in meiner Familie sein und dazu auch noch Vaters einzige Tochter, aber ich weiß dennoch um die Rolle, die mir in dieser Welt zugeschrieben worden ist.«

»Und welche Rolle mag das sein?«, erkundigte sich Hashirama.

»Ihr braucht Geld, das wir haben, und wir brauchen Schutz, den Ihr bieten könnt«, eröffnete Mito. »Vater würde es niemals offen zugeben, aber wir Uzumaki haben aufgrund der Geheimnisse unseres Clans viele Feinde, die uns gefährlich werden können. Wenn es meinen Clan schützt, wenn Vater mich an Euch verkauft, dann werde ich dem mit Freuden entgegen sehen.«

Hashirama war durchaus sehr beeindruckt von dieser selbstbewussten, jungen Frau. Und doch … »Wenn Sie Schutz suchen, dann ist der Uzumaki-Clan hier jederzeit willkommen. Dieses Dorf war von Anfang an als Ort gedacht, an dem alle Clans in Frieden zusammenfinden können. Dafür bedarf es keiner Gegenleistung.«

Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Ihr seid wirklich im Grunde Eures Herzens ein guter Mensch, Senju-sama. Ich weiß diese Geste zu schätzen, aber es wird nicht genügen. Es wird nicht genügen, wenn Ihr vielleicht uns zur Hilfe kommt, weil Ihr das irgendwann einmal gesagt habt. Es wird jedoch hoffentlich genügen, wenn ihr uns auf jeden Fall zur Hilfe kommen werdet, weil der Clan Eurer Frau bedroht wird. Versteht Ihr?«

Er nickte. Ja, er verstand sehr wohl. Sie lebten eben noch immer in einer Welt, in der Taten mehr zählten als Worte. Er war aber auch ein hoffnungsloser Idealist und Tobirama würde ihn köpfen, wenn er jemals von diesem Gespräch erfahren würde. »Dennoch bleibe ich dabei, dass ich Sie zu nichts zwingen werde, das Sie nicht wollen, Mito-san.«

Sie lächelte. »Ich würde das gern so zurückgegeben können, aber leider ist unsere Lage ernst. Der Hagoromo-Clan hat sich mit den Nara und Akimichi zusammengetan und bedrängt uns an unseren Grenzen. Ich möchte nicht undankbar erscheinen, aber wir benötigen rasch ein starkes Bündnis.«

Das waren ernste Neuigkeiten. »Ihr Vater hätte damit schon eher zu mir kommen sollen.«

»Wie ich bereits sagte, würde Vater nie zugeben, dass wir in einer bittstellenden Position sind. Aber wie sich herausstellte, haben wir etwas, das Ihr dringend benötigt und damit können beide Seiten einen Vorteil daraus ziehen.«

»Aber warum sollten die Hagoromo Ihren Clan gezielt angreifen und dann auch noch zusammen mit den Nara und Akimichi?«

»Sie haben wohl spitz bekommen, dass wir schon länger den Gedanken unterhalten, die Bande zwischen unseren beiden Clans zu stärken. Und dann habt Ihr die Uchiha annektiert und jetzt fürchten sie wohl, dass die Machtverhältnisse ins Ungleichgewicht geraten, wenn sich Euch noch mehr Clans anschließen. So erkläre ich es mir jedenfalls, warum das ausgerechnet jetzt geschieht.«

Er hob abwehrend die freie Hand, die nicht den Schirm hielt. »Nur damit wir uns nicht missverstehen: Ich habe niemanden annektiert. Irgendwie scheint das jeder zu denken, aber Madara und ich haben einvernehmlich Frieden miteinander geschlossen. Und in Bezug auf den Hagoromo-Clan werde ich tun, was in meiner Macht steht, ganz egal, ob am Ende nun eine Verlobung steht oder nicht.«

Sie verneigte sich leicht. »Ich danke Euch, Senju-sama. Aber jetzt bin ich trotzdem neugierig auf dieses Dorf, Regen hin oder her. Zeigt Ihr es mir?«

»Natürlich.«

Den Rest ihres Spaziergangs verbrachten sie mit unverfänglichen Themen. Mito stellte sich als geistreiche Gesprächspartnerin heraus, und Hashirama war sich sicher, dass sie sich hervorragend mit seinem Bruder verstehen würde. Sie verstand eine Menge von Siegeln und dabei sprach sie nur über Dinge, die ihr Clan nicht geheim hielt.

Hashirama führte sie durch die Straßen und das, was später einmal Straßen werden würden. Er erzählte ihr von all den Ideen, die sie hatten für das Dorf, und was sie davon bereits alles umgesetzt hatten. Mito hörte mit großem Interesse zu und war sehr angetan von allem.

Als sie bereits wieder auf dem Rückweg waren, legten sie auch einen Halt bei Ino ein. Korrekter wäre es wohl zu sagen, dass die alte Frau darauf bestand, dass sie zu ihr unter den Stand und raus aus dem Regen kamen, sobald sie sie auf der Straße vorbeikommen sah.

»Ach, Sie armes Ding, was machen Sie denn hier draußen im Regen?«, gurrte sie und flatterte um Mito herum. »Und der schöne Kimono! Nicht dass der noch dreckig wird! Kommen Sie doch herein in den Laden, dann mache ich Ihnen fix einen Tee, damit Sie sich aufwärmen können.«

»Nein, nein, das ist schon gut. Wir waren ohnehin schon wieder auf dem Rückweg.« Aber Mito kämpfte auf verlorenem Posten.

»Ich bestehe darauf!« Und mit diesen Worten scheuchte Ino sie hinein in den Laden. Der kleine Raum quoll über vor Blumen in Vasen, Töpfen und Gestecken. Auch von der Decke hingen unzählige Pflanzen, dass man beinahe meinen konnte, sich in einem Urwald zu befinden. Hashirama war froh zu sehen, dass Ino endlich einen vernünftigen Laden hatte, wo sie alle mit ihren schönen Blumen beglücken konnte.

Sie eilte in den hinteren Bereich des Ladens und rumpelte einen Moment herum. Dann kam sie wieder nach vorn, ein Tablett mit mehreren Bechern Tee und Dango-Spießen in der Hand. »Hab gehört, Ihr mögt Dango, Senju-sama«, sagte sie mit einem Augenzwinkern, als sie ihren beiden Gästen je einen Becher mit dampfendem Sencha in die Hand drückte. »Aber jetzt sagt, wer ist die reizende junge Dame an Eurer Seite?«

Also machte er die beiden Frauen miteinander bekannt. Mito zeigte sich sehr gerührt von Inos kleiner Geste und bedankte sich ausschweifend. Sie plauderten miteinander und Mito bewies, dass sie sogar etwas von ikebana verstand. Ino war hin und weg und musste ihr natürlich ein Geschenk machen.

»Das ist eine Magnolie, wie Sie sicher wissen, Mito-san«, sagte sie, als sie ihr besagte Blüte überreichte. »Hanakotoba sagt, dass die Magnolie für Natürlichkeit steht, und ich finde, dass sie einfach wunderbar zu Ihnen passt. So eine natürliche Schönheit wie Sie sieht man selten.«

Mito verneigte sich. »Ich danke Ihnen für diese Geste, Ino-san. Das ist wirklich sehr reizend von Ihnen.«

Sie verabschiedeten sich wieder, als sie ihren Tee getrunken und die Dango gegessen hatten. Als sie gingen, zwinkerte Ino Hashirama zu, was dessen Ohren nur wieder zum Brennen brachte. Er sollte in den kommenden Tagen schleunigst einige Dinge richtigstellen. Alte Frauen neigten zu Geschwätzigkeit …

Tobirama und er gaben sich Mühe, ihre Gäste angemessen zu bewirten. Dass Mito im Gegensatz zu ihrem Vater so offen mit Hashirama gesprochen hatte, hatte einiges zwischen ihnen entspannt. Das änderte jedoch nichts daran, dass Hashirama dem Thema dennoch auswich. Das sei keine Sache, die man nebenbei beim Abendessen entschied, redete er sich heraus. Die leise Stimme, die ihm zuwisperte, dass er mehr als zehn Jahre Zeit für diese Entscheidung gehabt hatte, ignorierte er.

Schlussendlich war er froh, als sie alle zu Bett gingen, und er endlich seine Ruhe hatte. An diesem Tag war zu viel geschehen. Seine Gedanken wanderten.

Immer wieder hatte er betont, dass er Mito zu nichts zwingen wollte, bei dem sie nicht einwilligte. Nun hatte sie aber sehr deutlich gemacht, dass sie einer theoretischen Heirat nichts entgegenzusetzen hatte, es gar befürworten würde. Damit war sein Argument hinfällig, das einzige, was jemals gegen diese Heirat gesprochen hätte.

Es stimmte, es wäre das Vernünftigste, was er tun konnte. Diese Heirat benötigte seinen Namen, nicht den Madaras oder irgendeines anderen Mannes. Ashina hatte sich an ihn gewandt, weil er derjenige war, der ihn am effektivsten vor seinen Feinden beschützen konnte. Niemand war stärker als er. Und zufälligerweise hatte Ashina auch noch Geld, das dieses Dorf dringend benötigte, damit es weiterexistieren konnte.

Nun, theoretisch könnten er und Madara gegen den daimyō rebellieren, aber das war nicht wirklich eine Option. Er verwarf den Gedanken so schnell, wie er wieder gekommen war.

Madara … Die ganzen Tage zuvor hatte er die Idee unterstützt, Hashirama und Mito zu verheiraten, damit sie an das benötigte Geld kommen konnten, doch als er heute Mito gesehen hatte, hatte er so sonderbar reagiert. Wenn Hashirama es nicht besser wüsste, würde er meinen, sein Freund sei eifersüchtig. Aber warum? Wenn Madara nur wollte, würde er sicher auch eine schöne Frau finden, mit Sicherheit eine Uchiha.

Irgendetwas an diesem Gedanken bereitete Hashirama Unbehagen, auch wenn er nicht wirklich den Finger darauf legen konnte. Ohne dass er etwas dagegen tun konnte, erschien vor seinem inneren Auge, wie Madara in den Armen einer Frau lag, wie sie ihn küsste und sich lasziv auf ihm räkelte und …

»Scheiße«, fluchte er in die Stille seines Zimmers. Er hatte nicht wirklich eine dreckige Fantasie mit seinem Freund, oder? Aber dann dachte er daran, wie Tobirama ihn heute morgen gerügt hatte, Madara auf den Hintern gestarrt zu haben, und dann wanderten seine Gedanken unaufhaltsam zurück zu dem Moment, als er es tatsächlich getan hatte. Und ja, er wollte jetzt definitiv daran denken.

Er presste das Gesicht ins Kissen, um keine verräterischen Geräusche von sich zu geben, und rief sich jedes noch so exquisite Detail von Madaras Körper ins Gedächtnis. Wie er sich bewegte, wie ein Tiger auf der Pirsch. Seine Blicke, in denen ein geheimes Feuer brannte. Die Art, wie er stolz den Kopf hob und sich eine sanfte Brise in seiner wilden Mähne fing.

Er kam, als er sich ausmalte, wie es sich anfühlte, Madara um sich zu spüren und nicht bloß seine eigene Hand. Er biss ins Kissen, stöhnte und fühlte sich mit einem Male sehr leer, als die Wirklichkeit ihn schneller einholte, als ihm lieb war. Einen Moment lang hörte er nichts als das Rauschen seines eigenes Bluts in den Ohren.

Dann hörte er, wie die Tür zu Tobiramas Schlafzimmer aufgeschoben wurde und sein Bruder über den Flur tapste. Prompt klopfte er energisch an den Türrahmen zu Hashiramas Zimmer. »Halt dein Chakra unter Kontrolle. Hier gibt es Leute, die schlafen wollen.« Mit einem hörbaren Klacken schob Tobirama die Tür hinter sich zu, als er in sein Zimmer zurückkehrte.

Hashirama ächzte. Schlimm genug, dass er die Bettlaken wechseln musste. Und dann auch noch das! Nun, alles Jammern half ja doch nichts. Er stand auf, richtete seinen yukata und machte sich daran, die besudelten Laken in die Wäsche zu tun. Dann kehrte er auf sein Zimmer zurück. Gerade, als er neue Bettwäsche aus dem Schrank nehmen wollte, hielt er jedoch inne. Die feinen Härchen in seinem Nacken richteten sich auf und mit einem Male waren alle seine Sinne aufs Äußerste geschärft.

Plötzlich erschien Tobirama mit einem Hiraishin neben ihm, ein Kunai in der Hand und ebenfalls nur mit einem einfachen yukata bekleidet. Schon vor Wochen hatte er damit begonnen, wichtige Plätze im Dorf für sein Jutsu zu markieren. Das Schlafzimmer seines Bruders gehörte dazu, eben genau für Fälle wie diesen.

»Jemand ist hier«, sprach Tobirama aus, was sich auch Hashirama bereits gedacht hatte.

»Ja.« Hashirama machte sich kampfbereit. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand ein Attentat auf ihn verübte.

Federleichte Füße huschten über das Dach über ihnen. Dann brach eine zierliche Gestalt durch das Fenster, die Klinge eines Kunai blitzte auf. Metall schlug auf Metall, als Tobirama die Waffe abwehrte. Rote Augen glommen im Dunkeln auf.

»Uchiha!«, zischte Tobirama und ging sogleich zum Gegenangriff über.

Hashirama ließ Mokuton-Holz aus dem Boden sprießen, aber auf so engem Raum und mit seinem Bruder im Weg war es schwer, es gezielt einzusetzen. Tobirama sprang mit vorgestreckter Klinge auf den Attentäter zu, doch dieser wich so geschickt aus, wie es nur einer vermochte, der das Sharingan benutzte. Wenn Tobirama aber eines war, dann schnell und kampferfahren, und Hashirama unterstützte ihn, als er aus seinem Holz Ranken hervorsprießen ließen, die dem Angreifer hinterher setzten. Dieser verlor rasch die Oberhand und brach durch die Wand nach draußen auf das Vordach.

Dies war sein letzter Fehler, denn nun hatte Hashirama freie Hand, als er und sein Bruder dem Attentäter nach draußen folgten. Mit einem zornigen Aufflammen seines Chakra ließ Hashirama noch mehr Holz aus dem Boden sprießen, sodass der Bereich vor ihrer Haustür sich in einen wilden, sich windenden Urwald verwandelte. Mit einigen gewagten Sprüngen versuchte der Attentäter zu entkommen, doch früher oder später erwischte ihn eine Ranke am Knöchel. Sie riss ihn zu Boden, er krallte die Finger in den Dreck und wurde doch unaufhaltsam von Holz umschlungen.

Im Bruchteil einer Sekunde bemerkte Hashirama das Aufflammen eines mächtigen Chakras. Das konnte nur eines bedeuten! Er formte eine rasche Folge von Zeichen.

»Mokuton: Mokuryū no Jutsu!«

Ein hölzerner Drache spross aus dem Boden und wand sich im selben Moment um den Attentäter, wie dieser sein Susanoo herbeirief. Nicht mehr als der Brustkorb und eine knöcherne Hand, aber genug. Hashirama formte eine hölzerne Muschel, als die Hand des Susanoo nach ihm und seinem Bruder schlug. Das Holz stöhnte und ächzte, aber es hielt. Der Holzdrache wand sich fester um den Attentäter und saugte ihm das Chakra aus. Und schließlich spürte Hashirama, wie Susanoo sich auflöste. Er ließ die Holzmuschel verschwinden und besah sich das Bild, das sich ihnen bot.

Die Front ihres Hauses war stark beschädigt und die ganze Straße war angefüllt mit seinem Holz. Er ließ es sich zurückbilden und musste dabei auch feststellen, dass auch die umliegenden Häuser Schaden abbekommen hatten. Zum Glück hielt es sich im Rahmen. Den Holzdrachen behielt er aber weiterhin, um das Chakra des Attentäters zu unterbinden.

Ebenjener stellte sich als junge Frau heraus. Sie wand sich in den Fängen des Drachen, kam jedoch nicht frei. Tobirama trat zu ihr und hielt ihr das Kunai an die Kehle. »Ganz schön dumm von dir, das zu versuchen. Wer hat dich geschickt?«

Als Antwort schnappte sie nach seiner Hand, die er aber rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.

Der Lärm des Kampfes hatte die Anwohner der umliegenden Häuser aufgeschreckt und sie traten aus ihren Häusern, um zu sehen, was hier vor sich ging. Schnell wurde klar, was hier geschehen war, und Getuschel erhob sich. Hashirama sah aus dem Augenwinkel, wie Mito an der Seite ihres Vaters auf die Straße trat. Als sie den Holzdrachen und dessen Gefangene sah, zauberte sie von irgendwoher ein Siegel und heftete es der Attentäterin auf die Stirn. Die junge Frau schlief sofort ein.

Hashirama scheuchte die umstehenden Menschen davon. »Alles ist unter Kontrolle, keine Sorge. Wir klären das.«

Tōka hatte den Weg über die Dächer gewählt und landete nun neben ihm. »Nichts ist unter Kontrolle!«, rief sie furios. »Wer hat die da geschickt und sind noch mehr in der Nähe? Ich werde sie in Stücke reißen!« Demonstrativ hob sie ihr Katana.

Dafür, dass sie es gewesen war, die mit Hashirama Schluss gemacht hatte, war sie jetzt äußerst energisch dabei, ihn zu beschützen.

Tobiramas Chakra flammte auf, als er die Umgebung absuchte. Mit einigem Interesse bemerkte Hashirama, dass auch Mito sich daran beteiligte. Er hatte ja nicht gewusst, dass sie auch derlei Fähigkeiten besaß.

»Niemand mehr in der Nähe«, sagte Mito. »Diese Frau dort ist allein gekommen.«

»Bestätigt«, fügte Tobirama an, wahrscheinlich nur, um seinen Stolz zu retten.

Hashirama seufzte auf. »Prima. Können wir dann jetzt bitte alle wieder schlafen gehen?« Dann erinnerte er sich daran, dass sein Schlafzimmer zerstört worden war, und er stöhnte genervt auf. Na toll. Das passende Ende für einen miserablen Tag.

»Erst müssen wir klären, was wir mir der hier machen«, sagte Tōka. Sie hing bereits über der Gefangenen wie ein Habicht über seiner Beute. »Sie ist eine Uchiha und hat ein Attentat auf dich verübt. Das können wir nicht einfach so ignorieren!«

»Sie hat Recht«, stimmte Tobirama zu. »Ich hole Madara.«

»Nein, halt! Warte!« Hashirama wollte ihn noch aufhalten, aber da hatte Tobirama schon einen Schattendoppelgänger erstellt und ihn losgeschickt. Na toll, Madara würde ihn köpfen, dass nun er auch noch um seinen Schlaf gebracht wurde.

Es dauerte nicht lang, da spürte selbst Hashirama das zornige Aufflammen von Madaras Chakra. Dessen Haus war mittlerweile ebenfalls fertiggestellt und nicht allzu weit entfernt und so war er in Windeseile bei ihnen.

»Was hat das zu bedeuten!«, brüllte er, das Mangekyō schien aus seinen Augen. Er sprang zu der Attentäterin und packte die bewusstlose Frau bei der Kehle. »Was hat sie angerichtet!«

»Hm, sonderbar, dasselbe wollte ich dich gerade fragen«, sagte Tobirama schnippisch.

Hatte Tobirama etwa einen Todeswunsch? Selbst er musste doch wissen, dass man besser nicht so mit Madara sprach, wenn er in dieser Stimmung war! Hashirama trat eilig zwischen die beiden. Madara warf Tobirama einen giftigen Blick zu und wollte sich schon auf ihn stürzen, wurde aber von Hashirama zurückgehalten.

»Lass mich los, du Holzkopf!«, zeterte er.

»Muss ich euch wieder mit meinem Holz fesseln?«, rief Hashirama aus. »Jetzt beruhigt euch wieder, dafür gibt es sicher eine vernünftige Erklärung.«

»Ja. Ich hab nichts damit zu tun, und wenn ich auch nur noch einmal eine derartige Anspielung aus dem Mund deines elenden Bruders höre, war‘s das mit ihm!«

»Aber sie ist eine Uchiha!«, schoss Tobirama zurück.

Mit einem Schrei stürzte sich Madara auf ihn. Hashirama seufzte und fesselte die beiden einmal mehr mit seinem Mokuton.

»Können wir jetzt vernünftig reden?«, wollte er wissen.

Tobirama und Madara erdolchten sich immer noch mit ihren Blicken, aber anhand ihres Chakra konnte Hashirama doch erkennen, dass sie sich langsam wieder beruhigten. Hashirama beschloss, dass nun ein guter Zeitpunkt gekommen war, um Madara auf den Stand der Dinge zu bringen. Erstaunlicherweise hörte er ihm zu.

»Also, noch einmal: Nur weil sie eine Uchiha ist, heißt das noch lange nicht, dass ich was damit zu tun habe«, wiederholte er, als Hashirama geendet hatte. Dankenswerterweise nun wieder in einer normalen Lautstärke. »Ich hab keine Ahnung, was das soll oder warum Makani dich umbringen wollte. Aber ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass das nicht ungestraft bleibt.«

Hashirama wandte sich an seinen Bruder. »Jetzt zufrieden?«

Seine Antwort bestand aus einem unbestimmten Brummen. Hashirama beschloss, dass er das Risiko eingehen und die beiden wieder freigeben konnte. Zumindest gingen sie sich nicht sofort wieder an die Kehlen. Na immerhin.

»Können wir das bitte morgen fortsetzen?«, bat Hashirama so ruhig, wie er es in dieser Situation eben vermochte. »Ich habe Hausschäden zu reparieren, inklusive meines eigenen Schlafzimmers, und würde gern in dieser Nacht noch ein bisschen Schlaf bekommen. Alles andere kann warten.«

»Ich nehme Makani in Gewahrsam«, verkündete Madara. »Es kann doch nicht sein, dass sie meinen eigenen Clan so in Verruf bringt.«

»Kommt gar nicht in Frage!«, hielt Tobirama dagegen.

Bevor die beiden sich wieder in den Haaren hatten, sagte Hashirama bestimmt: »Sie bleibt genau hier. Aus meinem Holzdrachen kann sie sich ohnehin nicht befreien. Meinethalben könnt ihr gern ebenfalls hier stehen bleiben, und sie bewachen, wenn euch das glücklich macht. Und jetzt entschuldigt mich bitte.«

Keine weiteren Widerworte duldend wandte sich Hashirama ab und machte sich daran, die schlimmsten Schäden an den umliegenden Häusern zu reparieren. Wie zu erwarten hatte es sein eigenes Heim am schlimmsten getroffen. Er reparierte, was auf die Schnelle repariert werden musste, und schaffte sich dann in den Trümmern seines Schlafzimmers irgendwie Platz. Mit einem Seufzen ließ er sich auf das futon sinken. Diesen Tag vergaß er besser ganz schnell wieder.

Im nächsten Kapitel wird das Urteil über Makani gefällt.
Das Urteil
CN Suizid durch seppuki

Der Holzdrache brachte seine Gefangene zu einem großen freien Platz, der später einmal das Dorfzentrum werden sollte. Madara und Tobirama, die in der Tat die ganze Nacht über Makani bewacht hatten, flankierten ihn, als er sich seinen Weg auf den Platz bahnte, Makani dabei noch immer fest in einer Klaue haltend. Mitos Siegel hatte nicht ewig gehalten, weshalb man ihr zusätzlich eine Augenbinde umgebunden hatte; sicher war sicher, auch wenn der Drache mittlerweile all ihr Chakra aufgenommen hatte.

Hashirama ging ihnen voran. Sie wurden bereits von Inori und den beiden Uchiha Ältesten erwartet sowie von einer rasch größer werdenden Menschenmenge, unter die sich auch Ashina und Mito gemischt hatten. Das war zu erwarten gewesen, dies war immerhin eine offizielle Angelegenheit. Hashirama hoffte dennoch, dass sich das alles schnell regeln ließ, wusste es aber eigentlich besser. Eine Uchiha hatte ein Attentat auf ihn, den Clanführer der Senju, verübt und eigentlich war es doch nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Spannungen zwischen den Clans wieder aufkochten.

»Letzte Nacht versuchte Uchiha Makani, mir nach dem Leben zu trachten«, sagte Hashirama an die versammelten Menschen gewandt und bestätigte damit wahrscheinlich eh nur, was ohnehin alle bereits wussten. »Dies ist offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen und bis auf einige beschädigte Häuser ist kein weiterer Schaden entstanden. Aufgabe dieser Versammlung wird es sein, die Hintergründe dieser Tat in Erfahrung zu bringen und dann zu entscheiden, wie wir in diesem Präzedenzfall fortfahren.«

Der Drache rollte sich im Zentrum des Platzes zusammen und senkte seine Pranke, sodass Hashirama auf Augenhöhe mit der Gefangenen reden konnte. Er war natürlich nicht so närrisch, ihr die Augenbinde abzunehmen, da er wusste, wie gefährlich das Sharingan war, und kein Risiko eingehen wollte, trotz Madara an seiner Seite. Tobirama würde ihn einen Narren schimpfen, in dieser Sache auf seinen Freund zu vertrauen, aber es konnte doch nicht ernsthaft jemand annehmen, Madara würde hinter der ganzen Sache stehen? Welche Motive hätte er auch? Daher blieb für ihn nur eine Frage offen.

»Warum hast du das getan?«, verlangte er zu wissen. »Du hättest doch wissen müssen, dass du allein niemals Erfolg haben könntest.«

Zugegeben, er hatte wirklich schon bessere Versuche gesehen, ihm nach dem Leben zu trachten. Aber er ersparte Makani die Erniedrigung, das noch deutlicher hervorzuheben.

»Als ob das jetzt noch eine Rolle spielt!«, schnappte Makani. »Fällt Euer Urteil und macht dem ein Ende!«

»In Anbetracht dessen, wie absolut undurchdacht dein Plan gewesen war, spiele ich beinahe mit dem Gedanken, dass das ein Alleingang war«, sagte Tobirama gnadenlos direkt. Immerhin hatte ihm die Nacht Zeit zum Nachdenken gegeben, sodass er nun hoffentlich nicht mehr Madara verdächtigte. »Ich frage dennoch: Warst du allein?«

Madara stand mit geballten Fäusten neben ihnen, sein Gesicht war eine Maske des Zorns. Die Nacht hatte bei ihm also nicht dazu beigetragen, sein Gemüt abzukühlen. Noch immer wirkte er, als würde er seiner eigenen Clanangehörigen am liebsten die Kehle herausreißen. War es etwa wirklich, weil er sich Sorgen um Hashiramas Wohlbefinden machte? Er von allen musste doch am besten wissen, dass Hashirama sich nicht so leicht besiegen ließ.

Und doch war da dieses warme, angenehme Gefühl in seiner Brust, als er seinen Freund betrachtete.

Statt Tobiramas Frage zu beantworten, versuchte Makani wieder einmal, sich aus dem Griff des Drachen zu befreien. Dieser verstärkte den Druck seiner Klauen. Die junge Frau keuchte, als ihr der Brustkorb zusammengedrückt wurde. Trotz allem kämpfte sie noch, das musste man ihr lassen.

»Gebt mir wenigstens einen ehrenvollen Tod!«, verlangte sie. »Keine Ahnung, wie Senju das regeln, aber bei uns Uchiha läuft das so!«

Inori trat vor. »Darf ich die Technik meines Clans anbieten?«, schlug er vor. »Sie wurde speziell dazu entwickelt, um Informationen zu erhalten, die auf keinem anderen Weg zu erlangen sind. Damit kann ich alles, was wir wissen müssen, direkt aus ihrem Geist herausholen.«

Hashirama hatte vom Shintenshin no Jutsu gehört, aber es noch nie in Aktion erlebt. Wenn es ihnen half, diese Sache schnell zu lösen, dann war er ausgesprochen gern bereit, dieses Angebot anzunehmen. Er nickte.

Inori trat vor und formte ein spezielles Handzeichen. Plötzlich fielen seine Augen zu und er sackte zur Seite. Hashirama konnte ihn gerade noch so auffangen. Im selben Augenblick hörte auch Makani auf sich zu wehren.

»Oh, keine Sorge!«, rief irgendwo aus der Menge Ino. »Der Junge hätte Euch vorwarnen sollen. Das ist normal, wenn das Jutsu Erfolg hat.«

Gut zu wissen. Dann blieb ihnen vorerst nichts anderes übrig, als zu warten.

»Madara-kun«, wandte sich Hashirama mit leiser Stimme an seinen Freund, während er noch immer am Boden kniete und Inori hielt, damit dieser nicht im Dreck liegen musste. »Wie handhabt euer Clan Verräter? Ich hätte gehofft, dass wir uns besser später als früher mit dieser Frage beschäftigen müssen, aber die Dinge sind leider anders gekommen.«

»Exekution«, sagte Madara eisig. »Das Sharingan ist zu wertvoll, um die Träger in die Verbannung zu schicken, und Gefangene nehmen nur Ressourcen weg, die wir anderweitig benötigen.«

Ein recht direkter Weg, aber wohl typisch für die Uchiha. Die Senju hatten unter Hashiramas Führung die Todesstrafe für ihre eigenen Clanangehörigen abgeschafft und Attentäter anderer Clans hatten in der Vergangenheit nur selten die Gelegenheit gehabt, Hashirama lebend zu entkommen. Dieser Fall war in jeder Hinsicht einmalig.

Das erinnerte Hashirama daran, dass er theoretisch noch immer Uchiha-Überläufer unter seinen Leuten hatte. In den letzten Monaten hatten alle großzügig darüber hinweg geblickt und diesen Umstand einfach ignoriert. Aber das missglückte Attentat würde sicher auch andere auf diesen Gedanken bringen. Dann würde auch für diese Leute die Frage bestehen, wie mit ihnen zu verfahren sei. Hashirama hatte sie aufgenommen und versprochen, sie zu beschützen. Nach seinen eigenen Clanregeln wäre Madara jedoch gezwungen, sie ebenfalls hinzurichten. Weder wollte Hashirama sein Wort brechen noch Madara dazu zwingen, seine eigenen Gesetze zu ignorieren. Wie sie hier und heute entschieden, würde weitreichende Folgen haben.

Inori nahm einen tiefen Atemzug und schlug die Augen auf. Dann richtete er sich wieder auf. Auch Makani regte sich, blieb jedoch still.

»Dies ist, was ich erfahren habe«, sagte Inori. »Sie handelte in der Tat auf eigene Faust, niemand steht hinter ihr und niemand hat sie in ihrer Tat unterstützt. Was ihre Motive betrifft, so wollte sie verhindern, dass die Senju weiter an Macht gewinnen, und damit auch die Annektierung ihres Clans rückgängig machen.«

»Was wirst du jetzt tun, Madara?«, fragte Naoki. »Nach unseren eigenen Gesetzen ist der Fall klar. Wenn du nett bist, lässt du sie seppuku begehen. Und wenn nicht, na ja, dann wird‘s dreckig. Aber soweit ich weiß, handhaben die Senju das anders, und so wie die Dinge stehen, stecken beide Clans da nun zusammen drin.«

»Und ihr glaubt einem Außenstehenden, was er über mich behauptet?«, versuchte Makani zu retten, was zu retten war. »Ist Uchiha-sama jetzt schon so tief gesunken, dass er nach der Pfeife der Yamanaka tanzt und sich nicht mehr nur den Senju unterwirft?«

»Vorsicht oder ich vergesse jeden Sinn von Diplomatie und verwandte dich auf der Stelle in ein Häufchen Asche«, zischte Madara. »Oh nein, halt. Das wäre zu schnell. Ich schneide dich Stück für Stück in kleine Portionen und verfüttere dich an meine Adler. Und du schaust dabei zu.«

Hashirama versuchte, sich nicht von Madaras brodelndem Zorn ablenken zu lassen und überlegte. Was sollte er tun? Madara und er waren ein Bündnis eingegangen, sie beide waren damit nicht mehr nur die Oberhäupter ihrer jeweiligen Clans, sondern teilten sich auch die Führung des ganzen Dorfes. Egal, aus welchem Clan Makani stammte, sie hatte ein Oberhaupt des Dorfes angegriffen, und einen solch weitreichenden Verrat hatten auch Senju nie auf die leichte Schulter genommen.

Dass eine aus dem Uchiha-Clan versucht hatte, ihn zu ermorden, drohte einen tiefen Spalt zwischen die beiden Clans zu treiben, wenn sie die Sache nicht mit angemessener Vorsicht handhabten. Es war zumindest eine gute Sache, dass jeder klar und deutlich sehen konnte, dass Madara die Tat definitiv nicht unterstützt und Makani auf eigene Faust und gegen den Willen ihres Clanoberhaupts gehandelt hatte.

Sollte er also nach dem Gesetzen der Senju handeln und sie einsperren oder nach denen der Uchiha und sie hinrichten? Dann erinnerte er sich eines Moment bei der Bündnisfeier. Er dürfe keine Schwäche vor seinen Leuten zeigen, hatte Madara zu ihm gesagt, als er seine Verletzung hatte heilen wollen. Und dann war da noch der Umstand, dass es selbst unter den Uchiha Leute gab, die dachten, Hashirama hätte ihren Clan gewaltsam übernommen, als er Madara im Kampf besiegt hatte. Wenn selbst Uchiha nicht sahen, dass es ein einvernehmliches Bündnis gewesen war, und eine Übermacht der Senju fürchteten, dann gab es eigentlich nur eine Lösung dafür, so schwer es ihm auch fiel.

Madara trat zu ihm, das Mangekyō schien noch immer zornig in seinen Augen. »Lass mich sie umbringen dafür, dass sie alles ruiniert hat, wofür wir so hart gekämpft haben!«, zischte er.

»Tu es«, sagte Hashirama gefasst. »Aber erlaube ihr seppuku.«

Damit hatte Madara anscheinend nicht gerechnet, denn er sah ihn fragend an.

»Wenn sie fürchtet, dass wir Senju zu viel Macht über euch Uchiha erlangen, dann würde es ihren Punkt doch nur unterstreichen, wenn ich eure Gesetze ignoriere und nach unseren urteile«, erklärte Hashirama. »Zumal ich vermute, dass sie nicht die einzige ist, die so denkt. Dieser Fall wiegt schwer, weitaus schwerer als vereinzelte Familien, die verängstigt und hungernd im Schutz der Nacht zum Feind überlaufen und nichts weiter wollen, als in Frieden gelassen zu werden. Nein, sie hat versucht, einen Verbündeten zu ermorden. Seppuku soll ihr Mittel sein, um diese Schuld zu begleichen. Stimmst du dem zu, Madara-kun?«

»Ja«, sagte Madara finster.

»Stimmen auch die anderen zu?«, wandte sich Hashirama an die Runde.

Nacheinander nickten sowohl die beiden Ältesten als auch Tobirama. Nur Inori zögerte einen Moment.

»Wenn es mir zusteht, das zu sagen, dann …«, begann er. »Nun, es ist schade, dass diese Idee sich trotz allem doch wieder auf Blut begründet. Aber ich sehe auch die Vernunft hinter diesem Urteil und stimme zu.«

»Gut, dann lautet mein Urteil, dass Uchiha Makani durch seppuku sterben soll«, verkündete Hashirama. »Sie hat nicht nur versucht, mich umzubringen, sondern damit auch das Bündnis zwischen unseren beiden Clans aktiv gefährdet. Dies ist nicht nur ein Akt der Gewalt gegen die Senju, sondern auch gegen jeden in diesem Dorf.«

Der Holzdrache setzte Makani ab, welche das Urteil erstaunlich gefasst hinnahm. Keine Tränen, kein Schreien, Betteln oder Flehen. Zumindest ging sie mit Würde.

»Irgendwelche letzten Wünsche?«, fragte Hashirama. »Möchtest du ein Todesgedicht verfassen, bevor das Urteil vollstreckt wird?«

Makani hatte sich bereits in seiza hingekniet. »Nein. Ich bin doch ohnehin nur ein Niemand. Lasst es uns einfach hinter uns bringen.«

»Hikaku, bring alles her!«, befahl Madara.

Irgendwo hinter ihnen eilte Hikaku davon.

»Führe du den Schlag aus«, bat Hashirama Madara leise.

»Aber du bist präziser«, erwiderte Madara.

»Ich weiß. Trotzdem …«

Dankenswerterweise gab Madara keine weiteren Widerworte.

Kurz darauf kehrte Hikaku wider und überreichte die Utensilien, die für das Kommende benötigt wurden. Hashirama nahm Makani die Augenbinde ab, dann überließ er Madara das Feld. Dieser zog sein eigenes Katana und positionierte sich mit zum Schlag bereiter Klinge hinter Makani und außerhalb ihres Gesichtsfeldes. Sie griff nach dem mit Papier umwickelten tantō und setzte es an ihrem Bauch an. Sie zögerte nur einen winzigen Moment, dann stieß sie zu. Noch immer zeigte ihr Gesicht keinerlei Regung, auch dann nicht, als sie begann, sich den Bauch aufzuschlitzen.

Als sie leicht den Kopf neigte, war dies Madaras Zeichen. Seine Klinge fiel herab und durchtrennte mit einem einzigen sauberen Schnitt ihre Halswirbelsäule. Sie war auf der Stelle tot.

Die Stille, die darauf folgte, wurde von einem einzigen Schrei einer Frau irgendwo in der Menge zerrissen.

Hashirama fühlte, wie Bedauern schwer auf seinen Schultern lastete, während er auf die Leiche der jungen Frau hinabblickte. Es war wirklich eine Schande, dass es so beginnen musste.

Für das nächste Kapitel genau ein Wort: "Dracarys" ^^
Feuer und Blut
CN Gewalt gegen Menschen, Tod

Ein Raunen erhob sich und Unruhe kam unter die Menge der umstehenden Menschen. Hashirama blickte auf und versuchte auszumachen, was dort vor sich ging. Die Menge teilte sich und gab den Blick frei auf zwei Shinobi. Sie schienen verwundet zu sein, denn sie lehnten sich schwer aufeinander und schleppten sich Schritt für Schritt voran. Hashirama eilte zu ihnen.

Bei den beiden handelte es sich um einen Uchiha und eine Senju, eines der Zweierteams, die Tōka und Hikaku gebildet hatten, um die Grenzen zu patrouillieren. Dass sie verletzt worden waren, konnte nur eines bedeuten.

»Wir sind angegriffen worden«, brachte die Frau schwach heraus, als sie ihren Kameraden so vorsichtig zu Boden sinken ließ, wie sie in ihrem momentanen Zustand vermochte.

Hashirama hatte sich sofort daran gemacht, die Wunden des Uchiha zu heilen, der stöhnend zu seinen Füßen lag. Er sah übel zugerichtet aus, aber das schlimmste war sein Gesicht. Man hatte dem Mann seine Augen ausgekratzt. Die anderen Wunden konnte er heilen, aber die Augen konnte er nicht wiederherstellen.

Madara und Tobirama waren ihm gefolgt. »Wer war das?«, verlangte Madara zu wissen. »Was hat man ihm angetan?«

»Hagoromo«, berichtete die Frau. »Sie haben uns aufgelauert und ihm die Augen genommen. Dann haben sie uns gehen lassen, um eine Botschaft zu überbringen.«

»Scheiße!«, fluchte Madara aus vollem Herzen.

»Wie lautet diese Botschaft?«, fragte Tobirama.

Die Frau warf einen nervösen Blick zu Madara, und zugegeben, er bot einen furchteinflößenden Anblick. Erst war er gezwungen, Makani hinzurichten, und jetzt hatte es jemand gewagt, das Sharingan der Uchiha zu stehlen und das Dorf anzugreifen. Madara schäumte und war drauf und dran, irgendjemanden zu strangulieren.

Die Shinobi positionierte sich unauffällig so, dass Hashirama zwischen ihr und Madara war, dann sagte sie: »Hagoromo Daisuke duldet nicht länger den Machtzuwachs der Senju durch die, wie er sagte, Annektierung der Uchiha und der Niederwerfung der Yamanaka. Letztere wären seine Beute gewesen, die er nun zu befreien gedenkt, lässt er ausrichten. Als Entschädigung habe er das Sharingan an sich gebracht und wird auch das Bündnis mit den Uzumaki zu verhindern wissen.«

»Und wie genau will er das anstellen?«, fragte Tobirama nach, obwohl er sich sicher die Antwort denken konnte.

»Er hat eine Armee aufgestellt, ein Bündnis zusammen mit den Nara und Akimichi«, berichtete die Frau. »Und er ist bereits auf dem Weg hierher.«

Das waren schreckliche Neuigkeiten.

»Na wunderbar«, knurrte Madara. »Endlich jemand, dem ich ordentlich den Kopf einschlagen kann.«

»Madara!«, rügte Hashirama ihn. »Lass dein Temperament nicht mit dir durchgehen. Das ist doch genau das, was Hagoromo will. Willst du ihm den Krieg geben, den er sucht?«

Madaras Mangekyō bohrte sich direkt in seinen Schädel, Blutdurst sprach aus diesem Blick. Hashirama erschauderte. Oh, das war weitaus übler als das Attentat und jetzt die Neuigkeit von Angriff der Hagoromo.

Weil der verwundete Uchiha nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte, erhob sich Hashirama und trat zu Madara. »Wir werden uns Hagoromo stellen, aber nicht mit der Absicht, einen Krieg mit ihm vom Zaun zu brechen, wie wir es früher vielleicht getan hätten.«

»Bist du wirklich so naiv oder willst du es einfach nur nicht verstehen?«, zischte Madara. Zumindest leise genug, dass nur Hashirama ihn verstand. »Hagoromo hat das Sharingan gestohlen und das kann ich unter keinen Umständen dulden!«

»Und zufälligerweise bist du gerade in der Laune, ein paar Leute umzubringen«, fügte Hashirama ebenso leise an. Es kam schärfer heraus, als er beabsichtigt hatte.

»Ja. Das auch.«

»Anija, du kannst nicht wirklich überlegen, mit Hagoromo argumentieren zu wollen«, drängte Tobirama. »Hagoromo will Krieg, und den wird er auch bekommen, ob es dir gefällt oder nicht. Wir müssen entsprechend darauf reagieren, ansonsten bedroht er alles, was wir bisher erreicht haben.«

Hashirama sah zwischen seinem Bruder und Madara hin und her. Der Moment, über den sie schon vor Wochen gesprochen hatten, war nun also gekommen, der Moment, in dem die anderen Clans beschlossen hatten, gegen die Macht vorzugehen, die sie nun darstellten. Und Hagoromo war stark genug, um eine ernsthafte Bedrohung darzustellen. Wenn Hashirama sich jedoch dennoch gegen einen offenen Kampf entschieden würde, so konnte er aber auch sicher sein, dass Madara dann ohne ihn ausziehen würde, um die gestohlenen Augen zurückzuholen. Und das würde in jedem Fall in einem blutigen Gemetzel enden.

»Na gut«, sagte er widerwillig. »Dann werden wir ihm im offenen Feld begegnen.«

Auch wenn Tobirama dieser Gedanke auch nicht zu behagen schien, schien er doch auch erleichtert, dass sein Bruder die Vernunft sah. Madara hingegen … Noch immer mit einem furchterregenden Ausdruck auf dem Gesicht wandte er sich ab und eilte mit langen Schritten davon. Damit blieb es an Hashirama, das Chaos dieses Tages aufzuräumen.

Er ordnete ein angemessenes Begräbnis für Makani an und rief dann Medizin-Ninja herbei, die sich um die beiden Verwundeten kümmern sollten. Tobirama wollte sie bereits ausfragen, was sie über die Truppenstärke des Hagoromo-Clans wussten, aber Hashirama hielt ihn zurück, um den beiden zumindest einen Moment Ruhe zu gönnen. Das konnte sicher noch ein paar Stunden warten.

Krieg. Wieder einmal. Er hatte wirklich gehofft, dass es nicht so weit kommen würde. Und doch rüsteten sie sich schon am nächsten Tag zum Kampf.

Sie brachten alles in Erfahrung, was sie konnten. Dass die Uchiha in der Vergangenheit hin und wieder mit den Hagoromo zu schaffen hatten, erwies sich dabei als ausgesprochen nützlich, weil Madara daher recht gut wusste, was für ein Typ Mann Hagoromo Daisuke war und was sie erwarten würde. Die beiden verwundeten Shinobi wurden ebenfalls gründlich verhört, wenn auch unter der Aufsicht Hashiramas, der darauf achtete, dass sie nicht zu sehr strapaziert wurden.

Ein wenig verwunderte es sie, dass die Nara und Akimichi Hagoromo gefolgt waren und nun gegen die Yamanaka ins Feld zogen. Aber wie sich herausstellte, hatte Daisuke ihnen glaubhaft machen können, Hashirama hätte sie als Geiseln genommen, um sie dazu zu bewegen, mit ihm zu kämpfen.

»So eine falsche Schlange!«, fluchte Inori, als er das hörte. »Unsere drei Clans waren schon immer eng miteinander verbunden und jetzt hetzt er uns mit Lügen gegeneinander auf!«

»Sie werden sicher schnell sehen, dass sie getäuscht worden sind«, war sich Hashirama sicher.

Tobirama warf ihm diesen ganz speziellen Blick zu, der deutlich davon sprach, dass er darüber anders dachte.

Es war ihr Vorteil, dass sie auf vertrautem Gebiet kämpfen würden. Gerade den Senju war der Wald vertraut, unter den Bäumen bewegten sie sich am sichersten. Und dieses Mal wäre Hashirama auch nicht damit beschäftigt, einen ihm ebenbürtigen Gegner in Schach zu halten, ganz im Gegenteil. Dieses Mal würde er Seite an Seite mit Madara kämpfen.

»Hagoromo Daisuke wird das bewusst sein und sich entsprechend darauf vorbereiten«, hielt Tobirama dagegen, als Hashirama das selbstbewusst hervorhob. »Schlussendlich seid ihr doch bloß Menschen und könnt getötet werden. Hagoromo muss irgendetwas in der Hand haben, um euch zu begegnen, und das bereitet mir Sorgen.«

»Nicht dass ich vorhätte, es ihm leicht zu machen«, betonte Madara. »Feuer und Blut waren schon immer die Antwort der Uchiha auf Narren, die sich uns in den Weg stellen.«

»Ja, und das bereitet mir ebenfalls Sorgen«, murmelte Tobirama.

Uzumaki Ashina hatte sogleich gebeten, Nachricht in seine Heimat zu schicken, als er hörte, dass die Hagoromo in den Kampf ziehen wollten. Er wusste, dass die Uzumaki niemals rechtzeitig würden eintreffen können, um Hashiramas und Madaras Kampfkraft zu verstärken, aber er wollte seine Leute warnen. Es bestand die Gefahr, dass Hagoromo einen Ausfall plante, der gegen die Uzumaki zielte, auch wenn sein wahrscheinlicheres Ziel Ashina und Mito selbst waren. Es bot sich an, all seine Feinde waren hier versammelt. Wenn er einen gezielten Schlag gegen sie führte, würde er sie alle mit einem Mal auslöschen können. Ohne Führung wären die Uzumaki leichte Beute und ihr Fūinjutsu ein reicher Lohn.

Hashirama ging viele Kompromisse ein bei ihrer Planung für den kommenden Kampf, aber in einem blieb er eisern. Er würde nicht zulassen, dass Tobirama mit ihnen in die Schlacht zog. Stattdessen bestand er darauf, dass sein kleiner Bruder hier im Dorf blieb und für die Sicherheit derer sorgte, die sie zurücklassen würden. Erwartungsgemäß schmeckte Tobirama das ganz und gar nicht, ließ sich dann aber doch vom Argument überzeugen, dass er der zweitbeste unter ihnen war und damit ein hervorragender Schutz für das Dorf.

Tōka und Hikaku würden sie hingegen begleiten, womit auch gleich das Training, das sie den Shinobi der Clans auferlegt hatten, getestet werden würde. Bei aller Abneigung eines weiteren Krieges gegenüber konnte Hashirama doch nicht verhindern, dass er ganz tief in sich drin ein wenig aufgeregt war, das erste Mal Seite an Seite mit Madara zu kämpfen. Seit ihres Friedensschlusses hatten sie sich zwar immer mal wieder freundschaftlich duelliert, aber mit einem echten Kampf war das nicht zu vergleichen.

So zogen sie also aus, Senju und Uchiha Seite an Seite, begleitet von einem kleinen Trupp Yamanaka. Inori ließ es sich nicht nehmen, sich ebenfalls am Kampf zu beteiligen, auch wenn er nur zehn Shinobi stellen konnte. Aber jedes bisschen zählte, versicherte Hashirama ihm.

Hagoromo wählte einen sonnigen Spätsommertag für seinen Kampf. Einige Wolken standen am Himmel und warfen fleckige Schatten über die Landschaft. Madara hatte Hashirama davon überzeugen können, eine offene Fläche zum Kampfgebiet zu machen, da die Schatten der Bäume den Nara zu sehr in die Hände spielen würden. Zwar mochten die Senju am erfahrensten im Waldkampf sein, aber Madara war der Ansicht, dass die Schattenfessel der Nara ein größeres Hindernis darstellen würde, sodass sie den Verlust von vertrautem Gebiet hinnehmen sollten. Hagoromo im Dunkel der Nacht anzugreifen, wie es ihr eigentlicher Plan gewesen war, hatte leider nicht funktioniert, und so hatten sie sich für Plan B entschieden, auch wenn die offene Fläche wiederum den Akimichi zum Vorteil gereichen würde.

Seite an Seite standen Madara und Hashirama auf einem Hügel und beobachteten, wie Hagoromo Daisuke seine Truppen heranführte. Hinter ihnen versammelten sich die Mitglieder ihres Clans. Inori trat zu ihnen. Seine Augen suchten die feindlichen Truppen ab und blieben schließlich an den Bannern der Nara und Akimichi hängen. Sein Blick verfinsterte sich; vielleicht hatte er ja bis zum Schluss gehofft, dass es nur ein böser Traum war.

Daisuke trat vor, als seine Shinobi Aufstellung genommen hatten. »He, Uchiha, schau mal, was ich hier habe!«, rief er ihnen zu und deutete auf sein Gesicht. Er hatte sich das gestohlene Sharingan implantieren lassen. »Hübsche Augen sind das. Ich denke, sie werden mir heute noch sehr nützlich sein.«

»Bakayarō!«, presste Madara zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Madara …«, warnte Hashirama. »Lass dich nicht von ihm reizen, das ist es doch, was er will.« Dann trat er vor und wandte sich an Daisuke: »Hagoromo-sama, das hier muss nicht blutig enden. Ich bitte Euch, zur Vernunft zu kommen. Gebt zurück, was Ihr gestohlen habt, und wir können alle wieder unserer Wege gehen.«

Daisuke blinzelte, wie um seine Sehschärfe zu testen. »Hm. Nein, ich denke nicht. Dafür gefallen mir diese Augen zu sehr. Ihr hungert nach Macht, Senju, und das werde ich nicht länger dulden. Ihr gefährdet alles, was die Shinobi ausmacht. Und obendrauf habt Ihr meinen Verbündeten ihre Freunde genommen und das hat ihnen ganz und gar nicht gefallen. In gewisser Weise habt auch Ihr etwas gestohlen.«

Wie konnte irgendwer nur diese platte Lüge glauben?

»Pah! Ihr wart es doch, die uns angriffen und von unserem eigenen Land vertrieben!«, rief Inori. »Shika, Chōkei, ihr könnt das doch nicht wirklich glauben! Wir Yamanaka sind hier aus unserem eigenen freien Willen heraus und weil Senju-sama und Uchiha-sama meinen Leute die Güte erwiesen haben, ihren Schutz zu gewähren.«

»Und wer sagt, dass du nicht unter einem Genjutsu stehst, Inori?«, rief jemand von Nara-Clan zu ihnen herüber. »Jeder weiß, dass das Genjutsu der Uchiha das stärkste ist.«

»Du bist klüger als das, Shika!« Inori flehte nun beinahe.

»Genug mit dem Gerede! Das war doch von Anfang an sinnlos. Jetzt tanzen wir!«, unterbrach Madara und streckte seine Sichel. »Ich werde mir zurückholen, was mein ist, mit Feuer und Blut. Daisuke ist mein. Mit dem Rest kannst du anstellen, was du willst, Hashirama.«

Hashirama warf Tōka einen Blick zu, um sie daran zu erinnern, ihm aus dem Weg zu bleiben. Er hatte nicht vor, diesen Tag mit allzu viel vergossenem Blut zu beenden, und wenn Madara sich wirklich nur mit Daisuke begnügte, konnte ihm das vielleicht sogar gelingen.

Madara stürmte voran und sandte einen gewaltigen Feuerball in Richtung Daisuke. Doch dieser wich nicht zurück und als die Flammen wichen, konnte Hashirama erkennen, dass er mit dem gestohlenen Sharingan Susanoo herbeigerufen hatte. Doch keine Zeit dafür, er hatte seinen eigenen Kampf zu kämpfen! Er formte ein Handzeichen.

»Mokuton: Kajukai Kōrin!«

Das Schlachtfeld verwandelte sich in einen Urwald. Überall aus dem Boden sprossen gewaltige Bäume, deren Blüten giftige Pollen absonderten. Er hatte nicht die Absicht, seine Feinde zu töten, sondern sie zu betäuben. Der Urwald war groß genug, um die gesamten feindlichen Truppen darin einzuhüllen. Mit ein wenig Glück …

Leider war ihm kein Glück vergönnt, als mehrere große Sichelwiesel begannen, das Holz zu zerschneiden und die Pollen zu zerstreuen. So wie der Senju-Clan war auch der Hagoromo-Clan dafür bekannt, eine große Menge an Jutsus zu beherrschen, auch wenn sie kein kekkei genkai in ihren Reihen hatten. Auch einige der Akimichi waren in der Lage gewesen, sich gegen die Wirkung der Pollen zu wehren und setzten ihr Entfaltungsjutsu ein, um ebenfalls die Bäume niederzureißen.

Schade, beinahe hätte er Hoffnung gehabt, das hier doch noch zu einem friedlichen Ende zu führen. Hashirama gab Tōka das Zeichen zum Angriff. Sie wusste, wie sie von hier an fortfahren musste. Sie würden die Feinde, die den Pollen nicht erlegen waren, nach draußen locken und dort bekämpfen, während sich Hashirama derer annahm, die im Wald zurückgeblieben waren. Er hoffte darauf, dass dies alle der Nara und Akimichi beinhaltete, damit er sie beschäftigt und vom Hauptteil ihrer Streitkräfte fernhalten konnte. Dann formte er weitere Handzeichen.

»Mokuton: Mokujin no Jutsu!«

Ein riesiger Holzgolem erschien auf dem Schlachtfeld, neben dem selbst die Riesen der Akimichi klein erschienen. Er trug Hashirama auf seiner Stirn, als er sich in Bewegung setzte, in den Wald stürmte und die Faust zum Schlag erhob. Einer der Akimichi wandte sich ihm zu und versuchte den Schlag des Golems mit seinen Unterarmen abzublocken. Es gelang ihm, wenn auch nur mit großer Kraftanstrengung.

Der Golem holte zu einem weiteren Schlag aus, doch dann hielt er plötzlich mitten in der Bewegung inne. Hashirama runzelte die Stirn und sah nach unten, um die Ursache dessen auszumachen. Mit einem grimmigen Lächeln musste er feststellen, dass die Nara, die seinem Urwald hatten entkommen können, ihre Schatten verbunden hatten und damit doch tatsächlich seinen Golem hatten fesseln können. Sie versuchten gar, die Schatten zu erweitern und ihn selbst damit zu binden.

Gut, aber nicht gut genug. Sie hatten vergessen, dass der Wald sein Element war.

Das Holz erwachte zum Leben. Wie Schlangen wand es sich und schoss auf die Nara zu. Der Akimichi-Riese versuchte das Holz mit Tritten aufzuhalten, aber es war überall, egal wie viel er davon zu Spänen verarbeitete. Die Störung war genug, dass sich Hashiramas Golem aus der Schattenfessel befreien und dem Akimichi nachsetzen konnte.

Hashirama wusste um die überragende körperliche Stärke der Akimichi, dennoch versuchte er es mit einem Holzdrachen. Der Drache schlang sich um den Riesen und begann, ihm das Chakra zu rauben. Für einen Moment sah es gut aus, doch dann konnte der Riese den Drachen sprengen. Splitter flogen überall umher, doch der Golem ließ sich davon nicht beeindrucken. Er nutzte diesen winzigen Moment und griff den Riesen erneut an. Es gelang ihm, seinen Gegner bei der Kehle zu packen.

»Vergib mir, Mutter, aber gänzlich entkomme ich der Finsternis meines Vaters doch nicht«, murmelte Hashirama.

Dann brach sein Golem dem Mann das Genick.

Respektvoll legte er die Leiche, welche nun wieder eine normale menschliche Größe hatte, zu Boden. Zwei weitere Akimichi-Riesen nutzten dies, um einen gemeinsamen Angriff auf ihn zu starken. Auch die Nara versuchten es erneut mit ihren Schattenfesseln und nutzten den Wald, den Hashirama erschaffen hatte, um ihre Schatten zu stärken.

»Ha! Muss ich doch die großen Geschütze auffahren!«, rief Hashirama aus und schlug seine Hände zusammen. »Mokuton: Hotei no Jutsu!«

Mehrere riesige Hände schossen aus dem Boden und packten die Riesen, die ihn angreifen wollten, um sie dann zu Boden zu drücken. Gleichzeitig attackierte der Golem die Nara und zwang sie damit dazu, sich zurückzuziehen und ihre Schattenfesseln abzubrechen.

Dies gab Hashirama endlich einen Moment, um über das Schlachtfeld zu blicken. Diejenigen seiner Feinde, die den Pollen seines Urwaldes entkommen waren, befanden sich mittlerweile im offenen Gefecht mit Tōkas und Hikakus Leuten. Dies waren überwiegend Hagoromo, da, wie es schien, die meisten der Nara und Akimichi mit ihm beschäftigt gewesen waren, wie es sein Plan gewesen war. Er hoffte, dass er sie genügend unterhalten hatte. Damit standen die Hagoromo jedoch allein gegen zwei Clans und mussten sich zudem der gezielten Vorstöße der Yamanaka erwehren, die es geschickt schafften, sich einzelne, starke Kämpfer herauszupicken und mit ihrem Shintenshin zu übernehmen.

Irgendwo abseits des eigentlichen Schlachtfelds trafen zwei Susanoo aufeinander. Daisuke hielt sich gut in Anbetracht dessen, dass er anscheinend nicht in der Lage war, sein Susanoo voll auszubilden. Hashirama musste sich also keine Sorgen um Madara machen. Dennoch verweilte er für einen Moment und bewunderte das Schauspiel von absoluter Macht, das Madara bot.

Hashirama hatte erst einmal Madaras vollständiges Susanoo erlebt und das war in ihrem letzten Kampf gewesen. Es war wirklich eng geworden für ihn, weil er den Fehler gemacht hatte, Susanoo in seiner vollen Entfaltung zu unterschätzen. Aber auch wenn dieses Jutsu als absolute Verteidigung galt, hatte es doch eine Schwachstelle. Und sein Mokuton war in der Lage, diese Verteidigung zu durchbrechen. Vielleicht war es ja an der Zeit, sich dem Tanz anzuschließen.

Der Golem setzte sich in Bewegung und verfiel alsbald in einen Sprint, der die Erde erbeben ließ. Er holte aus, sprang und legte all seine Kraft in den Schlag. Der Schlag schaffte es zwar nicht, Susanoo zu durchdringen, aber er lenkte Daisuke ab. Und das war genug, dass Hashiramas Ranken direkt unter seinen Füßen hervorbrechen, ihn packen und ihn dann aus seinem Susanoo herauszerrten konnten.

Mit einem triumphierenden Schrei sprang Madara herab, die Sichel wie eine Axt zum Schlag erhoben. Er stieß herab wie ein Falke auf seine Beute, rammte die Sichel in Daisukes Schulter und nagelte ihn damit am Boden fest. »Jetzt bist du mein, du mieses Stück Scheiße!«

Hashirama sprang auf die Hand seines Golems, welcher ihn daraufhin auf dem Boden absetzte. Dann trat er zu Madara. Dieser hatte bereits sein tantō gezückt und mit einem wilden Grinsen die Spitze an eines von Daisukes gestohlenen Augen angesetzt. Hashirama wandte sich ab. Nein, das wollte er nicht sehen. Daisukes schrille Schreie waren schlimm genug.

Mit einem Mal legte sich Stille über alles. Wo vorher noch das Klirren von Waffen und die Schreie der Kämpfenden zu vernehmen waren, wehte nun nur noch ein leichter Wind über die Ebene.

»Hashirama.«

Er wandte sich zu Madara um. Alle Wildheit war aus seinem Blick verschwunden, selbst das Sharingan war dem vertrauten Schwarz seiner Augen gewichen. In seinen blutigen Händen hielt er die zurückeroberten Augen.

»Kannst du sie ihrem ursprünglichen Besitzer zurückgeben?«, wollte Madara wissen. Besorgnis sprach aus seiner Stimme.

Hashirama besah sich die beiden Organe. Dann nickte er. »Wenn du sie nicht weiter beschädigst, dann sollte das kein Problem sein. Der Sehnerv ist empfindlich, also pass auf.«

Madara lächelte. Dann sah er auf die Leiche Daisukes. Er hatte ihm die Kehle durchgeschnitten, nachdem er ihm die Augen genommen hatte. Mit einer simplen Geste ließ er den Körper in Flammen aufgehen. Er wandte den Blick zu ihren Truppen, denen sich in diesem Moment ihr Feind ergab.

»Jetzt sieh dir an, was wir alles erreichen können, wenn wir nur zusammen arbeiten«, stellte er fest.

Hashirama nickte. Dann löste er seine Jutsus und sie begaben sich zurück zu ihren Leuten. »Daisuke hat uns unterschätzt«, sagte er auf dem Weg. »Ich denke, sein Plan war gewesen, dass die Akimichi mich beschäftigt halten, bis die Nara mich mit ihren Schatten fesseln können, während er dich bekämpft. Danach hätten die Akimichi den Hagoromo im Kampf beistehen können, was unsere Leute in Bedrängnis gebracht hätte. So aber standen sie allein gegen uns.«

»Weißt du eigentlich, dass du ein furchtbarer Angeber bist?«, bemerkte Madara. »Du sagst mir, dass du allein gegen zwei Clans bestanden hast, als wäre nichts dabei.«

Hashirama lachte verlegen auf. »Na ja, sie sind kleine Clans, wie die Yamanaka. Das waren vielleicht dreißig Leute. Das hättest du auch geschafft.«

»Halt die Klappe, baka.«

Wäre es nicht Madara, man hätte es vielleicht niedlich nennen können, wie er die Unterlippe vorschob und schmollte.

Zurück bei ihren Leuten sahen sie, wie die Truppenführer der Hagoromo, Akimichi und Nara mit erhobenen Händen und entwaffnet vor Inori, Tōka und Hikaku knieten. Inori redete energisch auf sie ein.

»Shika, Chōkei, ich hoffe wirklich, dass ihr jetzt endlich zur Vernunft gekommen seid«, sagte er in diesem Moment. »Unsere Familien traten schon immer als Dreierformation auf, es kann nichts Gutes daraus erwachsen, wenn das auseinandergerissen wird. Das habt ihr hoffentlich heute gesehen. Hagoromo Daisuke hat euch getäuscht, um diesen Kampf vom Zaun zu brechen.«

»Ihr könntet euch uns anschließen«, schlug Hashirama vor. »Und selbstredend kann ich auch die Verwundeten heilen. Daisuke ist tot, es gibt keinen Grund mehr für Feindseligkeiten.«

Nara Shika sah ihn erstaunt an. »Das könntet Ihr? Auch nach all diesen Jutsus?«

»Natürlich.« Hashirama hatte gerade erst begonnen, seine Chakrareserven zu leeren, da war noch lange kein Ende in Sicht.

»Angeber«, wisperte Madara ihm ins Ohr und grinste.

Akimichi Chōkei lachte auf. Es war ein volles und irgendwie einnehmendes Lachen. »Dann haben wir Euch ja ordentlich unterschätzt. Ich schätze, diese Tracht Prügel haben wir verdient. So viel zu deiner hoch gelobten Intelligenz, Shika.«

Am Ende war alles doch noch irgendwie gut ausgegangen, und Hashirama war froh darum. Die Nara und Akimichi nahmen dankend das Angebot an, sich ihnen anzuschließen, und das, was von den Hagoromo übrig war, akzeptierte die Niederlage, die sie an diesem Tag hatten davontragen müssen. Hashirama bot auch ihnen an, sich ihnen anzuschließen, doch sie lehnten ab. Nachdem er geholfen hatte, die schlimmsten Wunden zu heilen, ließ er sie ziehen.

Es war Zeit, wieder ins Dorf zurückzukehren.

"I will take what is mine with Fire and Blood." Ja, ich hab's getan, da ist die GoT Referenz! Dany wäre stolz. Ich meine, Katon, Dracarys, wo ist da der Unterschied? (Der Unterschied liegt darin, dass Madara keine drei supercoolen Drachen hat. Sorry, pal, you loose.) Im nächsten Kapitel haben Hashirama und Madara ein recht eindeutig zweideutiges Gespräch, das jedoch nicht ganz so verläuft, wie erhofft. Da ich die Wochenenden jetzt erst mal nicht zu Hause sein werde, gibt's die nächsten Updates immer donnerstags. Freut euch, der erste Kuss des Textes ein paar Tage früher ^^
Gardenien
CN Alkohol, am Ende gibt's einen kurzen Moment, in dem Konsent nicht wirklich gegeben ist, was in einer Panikreaktion resultiert

Natürlich wurde dieser Sieg ordentlich gefeiert. Es war der erste wirklich große Test ihres Bündnisses und sie hatten ihn mit Bravour bestanden. Den Leuten etwas zu feiern zu geben, war das Mindeste. Für Hashirama hatte es dennoch einen schalen Beigeschmack. Die ganzen Ereignisse ließen ihm keine Ruhe. Erst der Besuch der Uzumaki, dann das Attentat und der Kampf gegen den Hagoromo-Clan und die ganze Zeit kreisten seine Gedanken um Madara. Er glaubte, ihm würde bald der Kopf explodieren, so voll war er.

Er nahm die Hochrufe der Shinobi ihres Dorfes mit seinem üblichen Lachen entgegen und nahm sich vor, das Fest auch entsprechend zu genießen. Selbst Tobirama gratulierte ihm und das wollte etwas heißen aus dem Mund seines kleinen Bruders. Es sei gut gewesen, dass er Madaras Hunger nach einem richtigen Kampf begegnet sei, indem er den Konflikt möglichst unblutig zu lösen versucht hatte. Und zum Großteil hatte es ja auch funktioniert, sie hatten nicht einmal ein Dutzend Tote zu beklagen.

Madara begegnete den Hochrufen weitaus stoischer. Seine Launen schienen sich noch immer nicht wirklich gebessert zu haben, und seine unterkühlte Art grenzte beinahe schon an Unhöflichkeit.

Die Nara und Akimichi wurden freundlich empfangen und die meisten schienen zu akzeptieren, dass sie in der Tat von Daisukes Lügen getäuscht worden waren. Inori kam aus dem Verbeugen kaum noch heraus, so dankbar war er dafür, dass Hashirama seine Freunde ebenfalls im Dorf leben ließ. Allzu bereitwillig erzählte er von der Dreierformation, die die Yamanaka mit den Nara und Akimichi im Kampf bildeten. Es war eine beeindruckende Kampftechnik, von der Hashirama noch eine Menge lernen konnte. Jeder der drei Clans war für sich genommen vielleicht nicht wirklich stark und beherrschte nur wenige Jutsus, aber zusammen addierten sich ihre Stärken signifikant.

»Wer weiß, vielleicht hätten alle drei Clans zusammen mich sogar besiegen können«, sinnierte Hashirama. »Jetzt bin ich neugierig, wir sollten das einmal in einem Duell ausprobieren.«

Shika rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich glaube, selbst dann hätten wir es schwer gehabt«, sinnierte er. »Unsere Schattenfessel hätte den Golem bewegungsunfähig machen müssen und doch konnte er sich befreien und Ihr habt das sogar in einen Gegenangriff verwandelt. Aber jetzt ist es ohnehin müßig, darüber nachzudenken.«

»Ich bin nur froh, dass Hagoromo Daisuke sich Uchiha-sama gestellt hat. Er hätte uns nicht so sanft angefasst wie Ihr!«, warf Chōkei zwischen zwei Bissen ein.

Sanft anfassen hätte Hashirama das ja nun nicht gerade genannt. Er hatte sich bereits für die Tode entschuldigt, die er verursacht hatte, aber sowohl Chōkei, dessen Vetter er getötet hatte, als auch Shika hatten es erstaunlich gefasst genommen. Es sei ihre Schuld gewesen, dass sie sich hatten täuschen lassen, sagten sie.

Die Erwähnung Madaras rief Hashirama jedoch auch wieder ins Bewusstsein, dass er seinen Freund schon länger nicht mehr unter den Feiernden gesehen hatte. Er ließ den Blick über die Menschenmenge schweifen, aber nirgendwo konnte er die wilde Haarmähne Madaras ausmachen. Kurz entschlossen empfahl er sich und machte sich auf die Suche nach seinem Freund.

Während er sich vorsichtig durch die Feiernden schob, klopften ihm immer wieder Menschen auf die Schulter, und selbst Uchiha gratulierten ihm überschwänglich zu dem Sieg, den sie errungen hatten. Uchiha, die ihn vor einem halben Jahr noch als ihren Todfeind angesehen hatten. Wie sich die Dinge doch ändern konnten, dachte er mit einem Lächeln bei sich.

Als er einige Straßenzüge passiert hatte, dünnten sich die Gruppen allmählich aus und er kam leichter voran. Da bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung in einer abgelegenen Gasse. Er blieb stehen.

Dort stand Tōka und hatte Hikaku gegen eine Hauswand gepinnt. Dann beugte sie sich vor, um ihn wild zu küssen. Mit einem verlegenen Lächeln wandte sich Hashirama rasch ab und ging weiter, um die beiden nicht zu stören.

Er hielt erneut inne, als er nur noch wenige Häuser von Madaras Heim entfernt war. Irgendetwas fühlte sich einfach nicht richtig an, wie als würde er nicht hier sein sollen. Madara hatte die ganze Zeit schon diese üble Laune und mehr als nur einmal deutlich gemacht, dass Hashiramas fröhliche Art nicht dazu beitrug, es zu bessern. Da würde er ihn jetzt bestimmt nicht sehen wollen. Und überhaupt, was machte er hier eigentlich? Madara nur wieder auf die Nerven gehen? Besser nicht.

Mit einem Seufzen machte er auf dem Absatz kehrt und ging nach Hause zurück. In dieser Nacht fand er lange keinen Schlaf.

Zu seinem Verdruss wachte er am nächsten Morgen selbst für seine Verhältnisse früh auf nach einer unruhigen und wenig erholsamen Nacht. Er schob es auf den Stress und beschloss, dass ein Morgenspaziergang nicht schaden konnte. Aus leisen Sohlen schlich er aus dem Haus, um seinen Bruder und ihre beiden Gäste nicht zu wecken, die um diese Zeit sicher noch schliefen. Als er an der Küche vorbei kam, fiel sein Blick auf das Weinregal. Eine Idee kam ihm.

Kurz darauf spazierte er mit einer Flasche Honigwein durch die frühmorgendlichen Straßen. Es war frisch, ein klares Zeichen dafür, dass der Herbst unmittelbar bevorstand, und Nebel hing über den Dächern und waberte über die breiteren Straßen. Die ersten Vögel sangen bereits ihre Lieder und vereinzelt sah er Menschen, die ihren Tag begannen.

Unter ihnen war freilich auch Yamanaka Ino. Wie er war auch sie ein Morgenmensch und begann bereits, ihren Stand mit ihren Blumen zu schmücken. Als sie ihn vorbeigehen sah, winkte sie ihn zu sich.

»Guten Morgen, Senju-sama«, begrüßte sie ihn. »Das war eine schöne Feier gestern für einen wohlverdienten Sieg. Ich bin froh, dass unsere Freunde, die Nara und Akimichi, jetzt zu uns gestoßen sind. Ich habe meine shōgi-Runden mit Shikamaru vermisst. Aber was rede ich hier. Lust auf einen morgendlichen Tee?«

Dankend nahm Hashirama an und folgte Ino nach drinnen. Wie sich herausstellte, hatte sie bereits einen Tee vorbereitet und packte auch noch einen dango-Spieß obendrauf. Hashirama drängte sich der Verdacht auf, dass seine Morgenrunde vorhersehbar wurden, wenn Ino sich bereits darauf vorbereitete, ihn mit Süßigkeiten abzufüllen.

Er fragte sie, wie ihr Geschäft lief, und erhielt einen ausführlichen Vortrag über all die Pflanzen, die Ino mittlerweile in der Umgebung gefunden hatte. Als er seine Sorge anklingen ließ, dass ihr bei ihren Spaziergängen durch den Wald etwas geschehen könne, winkte sie ab. »Inori ist ein guter Junge, er kommt immer mit. Aber sagt mal, der Wein da, sehen das meine alterstrüben Augen richtig?«

Er drehte das Etikett so, dass sie es besser sehen konnte. Sie gab einen entzückten Laut von sich.

»Oh, Tatsache!«, rief sie aus. »Der Honigwein der Senju, der so gut sein soll!«

Er lächelte verschmitzt. »Eigentlich wollte ich ihm einem Freund vorbei bringen, aber wenn Sie wollen, können wir ihn gern schon einmal probieren, Ino-san.«

Sie legte ihre runzligen Hände über seine. »Nein, so einen guten Tropfen könnt Ihr nicht an mich verschwenden. Wenn hinterher noch etwas übrig ist, gern. Aber die ersten Schlucke sind die besten, und die solltet Ihr mit Eurem Freund teilen. Traut der Erfahrung einer alten Frau!«

»Also kennen Sie sich nicht nur mit Blumen aus, sondern auch Alkohol?«

»Anders waren Shikamaru und Chōji in unserer Jugend doch nicht zu ertragen!« Sie lachte verschwörerisch. »Aber sagt, wer ist eigentlich die hübsche junge Frau, die man in letzter Zeit des Öfteren an Eurer Seite sah?«

Er räusperte sich verlegen. »Uzumaki Mito, die Tochter von Uzumaki Ashina, mit welchem wir derzeit ein Bündnis aushandeln.«

Ino war pfiffig, sie zählte rasch eins und eins zusammen. »Also eine politische Hochzeit. Na ich hoffe, da steht mehr als nur dröge Politik dahinter. So ein hübsches Ding, wie sie ist, verdient Liebe.«

»Ja. Durchaus«, stammelte er wenig geistreich. »Aber so weit sind wir mit den Verhandlungen noch lange nicht. Und das mit der Hochzeit ist auch nur so eine grobe Idee.«

»Na, da wärt Ihr aber nicht gerade schlau, Euch so eine hübsche Frau entgehen zu lassen. Sie hat sicher viele Verehrer! Und wer würde sie nicht lieben? Hm, ich habe da vielleicht etwas passendes.«

Sie erhob sich und ging zu einem der vielen Töpfe voller frisch geschnittener Blumen. Gezielt nahm sie sich eine weiße Blüte heraus und reichte sie Hashirama. Die schneeweißen Blütenblätter formten einen hübschen Wirbel, der ein bisschen an das Wappen der Uzumaki erinnerte.

»Das ist eine Gardenie. Sie steht für geheime Liebe«, erklärte Ino mit einem schelmischen Zwinkern in den Augen.

Er spürte, wie ihm wieder einmal die Ohren brannten. »Also … Das … Ich bin wirklich nicht …«

Sie lachte. »Gardenien sind jedoch auch schlicht hübsche Blumen zum Verschenken.«

»Das auch.« Etwas irritiert sah er auf die Blüte in seinen Händen. Wie peinlich. Warum musste es ihm immer wieder passieren, dass er mit alten Frauen ausgerechnet dieses Thema besprechen musste? Egal, wie nett Ino im Vergleich zu Kimora auch war.

Er verabschiedete sich und überließ Ino ihrem Tagesgeschäft, während er selbst seinen Spaziergang fortsetzte. Schließlich kam er bei Madaras Haus an. Er betätigte die kleine Glocke neben der Tür, doch nichts regte sich. Da hörte er aus dem Garten hinter dem Haus die Rufe verschiedener Greifvögel. Also war Madara wahrscheinlich dort. Er hoffte, dass es ihm sein Freund nicht allzu übel nahm, wenn er einfach eintrat.

Er folgte dem engawa um das Haus und in den Garten. Der Garten selbst war noch recht leer, da er erst in diesem Sommer angelegt worden war und Madara es wieder einmal abgelehnt hatte, dass Hashirama ihm dabei half. Aber ein hübscher Koi-Teich sowie fein säuberlich geharkte Kieselflächen machten das wieder wett. Weiter hinten befand sich ein Bereich für mehrere große Volieren, und in der Tat war hier Madara.

Er hielt einen beängstigend großen Adler auf der Faust und fütterte ihn gerade mit kleinen Fischstücken. Hashirama hielt inne und beobachtete seinen Freund. Madara hatte sich zwar einen Falknerhandschuh aus dickem Leder übergezogen, aber dennoch würde sich nicht jeder einfach so in Reichweite dieses Schnabels und der muskulösen Krallen des Vogels begeben. Madara schien ihn noch nicht bemerkt zu haben, denn er wirkte entspannt und redete leise auf sein Tier ein. Es ließ sogar zu, dass er einen Finger durch sein Gefieder streichen ließ.

Madara wirkte wie ausgewechselt, so glücklich und … friedlich. Hashirama wusste nicht, ob er seinen Freund jemals so erlebt hatte. Vielleicht damals, als sie noch Kinder gewesen waren und auf der Klippe gesessen und von ihrem Dorf geträumt hatten. Aber seitdem niemals wieder.

Als er von dem engawa trat und näher kommen wollte, stieß der Adler einen Schrei aus und breitete seine riesigen Flügel aus. Deren Spannweite betrug mit Sicherheit weit über zwei Meter. Beeindruckend.

»Hashirama, du bist‘s«, stellte Madara fest, ohne sich umzudrehen. Er trat auf eine der Volieren zu und setzte den Adler hinein, dann schloss er die Tür, nachdem er ihm noch den Fisch hinterher geworfen hatte. Der Vogel hüpfte über den Boden und dann auf einen dicken Ast und schrie noch immer protestierend.

»Guten Morgen«, wünschte Hashirama ihm. »Was hat mich verraten?«

Erst jetzt wandte sich Madara zu ihm um und deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Er hier. Ich habe meine Vögel jahrelang darauf trainiert, auf Senju-Chakra zu reagieren. Das lässt sich ihnen nicht so schnell wieder austreiben. Besser du näherst dich ihnen nicht noch einmal unangekündigt. Es sei denn natürlich, du willst auch so eine hübsche Narbe wie dein Bruder.«

Hashirama lachte auf. »Nein, danke. Ich verzichte.«

Madara trat auf ihn zu. Im Vorbeigehen streifte er den schweren Lederhandschuh ab und legte ihn auf einen großen Stein. »Was willst du eigentlich hier?«

Hashirama zückte die Weinflasche. »Wonach sieht‘s denn aus? Einen Freund besuchen natürlich.«

Madara besah sich das Etikett auf der Flasche. Dann leuchteten seine Augen auf. »Oh.«

»Und es kommt noch besser«, sagte Hashirama triumphierend. »Der ist aus dem persönlichen Bestand meines Vaters. Noch von dessen Großvater gekeltert. Vater würde im Grab rotieren, wenn er wüsste, dass ich das mit dir teile.«

Madara grinste schelmisch. »Geschieht ihm recht. Nach allem, was ich gehört habe, war er noch schlimmer als mein Vater. Und das will was heißen.«

Er führte ihn nach drinnen. Madara besaß kaum persönliche Gegenstände und entsprechend leer wirkte auch sein Haus. Hashirama hatte nie nachgefragt, warum dies so war, und sich nur im Stillen über die karge Einrichtung gewundert. Wenn Madara meinte, dies sei wohnlich, dann war es eben so. Selbst die tokonoma, die für Schriftrollen, Blumengestecke oder andere dekorative Gegenstände reserviert war, blieb bei Madara oft einfach leer.

Madara schob die Wände zur Seite, um möglichst viel von der angenehmen Morgenfrische und dem Licht in das Zimmer zu lassen und den Blick auf den Garten freizugeben. Dann griff er nach zwei Kissen, die er an den niedrigen Tisch legte, der im Zentrum des Raumes stand. Eine Teeschale stand hier noch, die er anscheinend noch nicht weggeräumt hatte und sich auch jetzt noch nicht darum scherte, als er einfach zwei Sakeschalen dazu stellte. Sie ließen sich nieder.

»Na los, mach schon auf«, forderte Madara seinen Freund auf.

Hashirama kämpfte ein wenig mit dem Korken; über die Jahre schien er mit dem Flaschenhals verwachsen zu sein. Mit einem Ploppen gab er schließlich nach und sogleich verströmte ein charismatischer Duft. Ihre Augen leuchteten verschwörerisch auf, als sie den Alkohol wahrnahmen. Beinahe war es, als seien sie wieder zwei Jungen, die insgeheim verbotene Dinge unter der Nase ihrer Eltern taten.

»Ohh, das riecht ja noch besser als erwartet!«, rief Hashirama begeistert und kicherte spitzbübisch. Wenn sein Vater wüsste, dass er seinen besten Wein mit einem Uchiha teilte, er würde ihn wahrscheinlich noch aus dem Grab heraus vierteilen.

»Dabei betest du doch an eurem Familienschrein sogar für deinen Vater«, stellte Madara fest.

Hashirama zuckte mit den Schultern. »Ich werde ihm einfach eine weitere Reisschüssel hinstellen. Aber das ist es allemal wert. Wir haben doch alle gegen unsere Väter rebelliert, nicht wahr?«

Er schenkte ihnen voll ein, dann hoben sie die Schalen. »Kanpai!«, riefen sie aus und stürzten den Wein.

Das war ein Fehler, denn er brannte wie Feuer in der Kehle. Hashirama schnaubte und prustete und hustete und versuchte irgendwie, dieses Brennen wieder loszuwerden. Mit quälender Langsamkeit konnte er den Weg des Weins von seinem Mund bis in den Magen mitverfolgen.

»Hilfe, so muss sich dein Katon anfühlen!«, keuchte er.

Madara wedelte mit der Hand vor dem Gesicht und wischte sich Tränen aus dem Augen. »Das ist harmlos gegen dieses Gesöff. Das ist doch schon lange kein Wein mehr!«

Hashirama blinzelte und besah sich das Etikett noch einmal genauer. Vielleicht hatte er sich ja im Jahrzehnt vertan und diese Flasche hier war doch schon länger im Familienbesitz als gedacht.

Madara streckte einen Finger in seine Richtung aus. »Du hast es ja noch gut. Alkohol hat keine Wirkung auf dich und du kannst so viel trinken, wie du willst. Aber mich haut das hier sehr schnell aus den Schuhen.«

»Aber gerade das ist doch das blöde an der Sache!«, klage Hashirama sein Leid. »So macht es doch gar keinen Spaß, sich zu besaufen. Ich muss meine Zellenregeneration bewusst unterdrücken, um auch etwas davon zu haben. Man trinkt doch nicht nur des Geschmacks wegen.«

»Aha! Und warum hattest du dann damals geschummelt?«

»Weil du mir nicht ordentlich zugehört hattest, darum. Ich hatte es dir doch schon gesagt!«

Madara schenkte ihnen nach. »Revanche? Und dieses Mal wird nicht mit faulen Tricks gespielt, ich warne dich!«

Hashiramas Augen strahlten. »Gern doch!«

Schon nach der dritten Schale bemerkten sie, wie ihnen der Kopf leichter wurde. Oha, der Wein wirkte in der Tat schnell. Madaras Laune schien auch bedeutend besser zu werden, also wagte es Hashirama, nun endlich den eigentlichen Grund für seinen Besuch anzusprechen. »Sag mal, du warst gestern so schnell wieder verschwunden. War irgendetwas nicht in Ordnung?«

Nun, nicht der eigentliche Grund. Aber besser, wenn er sich vorsichtig vorantastete.

»Ach, so viel Trubel ist mir einfach nichts«, sagte Madara lässig.

Hashirama kannte ihn zu gut, um das nicht zu durchschauen. »Wir haben kaum drei Worte miteinander gewechselt während des Fests. Dabei war das unser Sieg.«

Madara stützte die Wange auf eine Hand. »Du meinst, dein Sieg. Wenn wir ehrlich sind, habe ich kaum etwas dazu beigetragen. Alle gratulieren dir und jubeln dir zu, während ich ein paar höfliche Worte bekomme und ansonsten alle froh sind, mir aus dem Weg zu gehen.«

Oh, das war es also. »Das stimmt nicht, Madara-kun, und das weißt du auch. Wo wären wir denn heute ohne dich? Nichts von alledem wäre ohne dich möglich. Nur zusammen haben wir das geschafft.«

»Wir wissen beide, wie stark du bist und dass du sehr gut allein in der Lage bist, jeder Gefahr zu begegnen.«

»Stärke ist nicht alles im Leben. Ohne dich – oder Tobirama – hätte ich das alles schon längst in den Sand gesetzt. Ihr seid es, die meinen Enthusiasmus bremsen und in realistische Bahnen lenken.«

»Ja, dein Bruder ist ziemlich gut darin …«, sagte Madara nachdenklich, führte aber nicht weiter aus, was er damit meinte. »Aber sag, was ist das jetzt mit Mito?«

Hashirama runzelte ob dieses Themenwechsels die Stirn. »Was soll mit ihr sein?«

»Schließt du jetzt das Bündnis mit ihrem Vater oder nicht? Du weißt, dass wir sein Geld brauchen.«

»Nun …« Aber eigentlich schindete er hier nur Zeit. »Am Tag ihrer Ankunft unterhielten Mito und ich uns privat und sie machte deutlich, dass auch im Umkehrschluss die Uzumaki auf dieses Bündnis angewiesen wären. Sie meinte außerdem, dass sie mit Freuden eine ihr völlig fremde Person heiraten würde, wenn dies bedeutet, ihren Clan zu schützen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich … Nun, ich dachte, oder nein, ich hoffte, dass sie das nicht sagen würde, weil das bedeuten würde, dass ich sie zu nichts zwingen muss, das sie nicht will. Aber eigentlich … will ich diese Heirat nicht.«

Madara hatte seinem Gestammel mit schief gelegtem Kopf gelauscht. »Als Erbe deines Vaters hätte es dir doch bewusst sein müssen, dass du sehr wahrscheinlich eine politische Ehe eingehen würdest.«

»Ja. Aber …« Aber das war, bevor ich dich wiedergefunden hatte. Hashirama hütete sich, diesen Gedanken auszusprechen. Ihn auch nur gedanklich auszuformulieren, war schon mit zu vielen Gefahren verbunden.

Er versuchte, diesen Gedanken zu verscheuchen, indem er noch eine Schale Alkohol stürzte. Mittlerweile hatte sich seine Kehle an das Brennen gewöhnt und sein Kopf fühlte sich angenehm leicht an. Madara schien es nicht besser zu ergehen, gemessen daran, dass sein Blick nicht mehr gänzlich fokussiert war und seine Mimik lebhafter wurde. Alkohol schien ihm die Maske der kühlen Gelassenheit zu nehmen, die er sonst so gern trug.

»Sag mal, Madara-chan.« Oh je, seine Zunge fühlte sich so schwer an. »Nur so ganz theoretisch. Nicht dass das irgendeinen Hintergedanken hätte oder so. Aber mal ganz hypothetisch angenommen, jemand, der nicht du oder ich ist, findet sich in der Situation wieder, aus politischen Gründen den Rest seines Lebens mit einer Person verbringen zu müssen, für die er vielleicht Freundschaft, aber keine Liebe empfindet. Dieser Jemand hat aber jemanden, den er sehr wohl liebt, den er aber nie wird haben können. Einen furchtbar tragische Geschichte, schrecklich, nicht wahr? Wie aus einer billigen Schmierenkomödie. Aber sag, was würdest du dieser Person raten?«

Madara sah ihn ganz seltsam an. Hashirama glaubte, ihm würde gleich das Herz aus der Brust springen, so heftig schlug es. Hatte er es übertrieben? Grundgütiger, er hatte es übertrieben.

»Beinhalten diese … politischen Gründe zufällig eine Menge Geld für eine Dorfgründung?«, fragte Madara betont langsam. »Natürlich nur ganz hypothetisch.«

»Vielleicht«, erwiderte Hashirama ausweichend. »Aber das muss es nicht. Denk dir irgendwas aus. Gab genug andere Fälle in der Geschichte, in denen so etwas vorkam.«

»Warum fragst du das nicht deinen Bruder? Ich bin denkbar ungeeignet für so etwas.«

»Weil ich weiß, was Tobirama sagen würde.«

»Und bei mir kannst du es dir nicht denken?«

»Nun ja …« Eigentlich schon. Dass er Mito heiraten sollte, weil sie das Geld brauchten, war wohl so ziemlich die einzige Sache, in der Madara und Tobirama jemals so konstant einer Meinung gewesen waren.

Madara drehte seine Schale in seinen Händen hin und her. Dann leerte er sie und goss sich prompt nach. »Also, wenn du darauf bestehst, dass ich das beantworte«, sagte er, während er gleichzeitig die klare Flüssigkeit in der Schale eingehend musterte. »Ich würde wohl sagen, dass wir Shinobi sind, und das bedeutet, dass wir nicht immer den leichten Weg gehen können. Am Ende dieses Weges steht ein großes Ziel, das wir immer im Auge behalten müssen. Und das bedeutet auch, dass wir Opfer auf dem Weg zu unserem Ziel bringen müssen, große wie kleine.«

»Das Opfer in meiner Geschichte«, sagte Hashirama langsam und mit Bedacht, »wäre dann wohl diese dritte Person. Aber würde sie sich auch als Opfer sehen?«

»Wenn sie ein guter Shinobi ist – oder Kunoichi –, dann hoffentlich nicht. Dann würde diese Person wissen, dass sie persönliches Glück für ein höheres Gut opfern würde. Persönliche Gefühle sind für unsereins doch ohnehin hinderlich, nicht wahr?«

Madara klang ganz untypisch niedergeschlagen, als er das sagte, und auch Hashirama fühlte, wie seine Laune in den Keller ging. Irgendwie war das nicht das, wofür er hergekommen war. Er hatte Madara doch aufheitern wollen. Besser, er ließ dieses Thema fallen.

»Hey, Madara-chan, ich hab da noch was für dich«, sagte er daher.

»Hör auf, mich so zu nennen.« Madara kniff drohend die Augen zusammen und gab sich ganz besonders viel Mühe, bedrohlich und finster zu wirken. Da sie beide schon lange nicht mehr nüchtern waren, erzielte er damit bei weitem nicht die erhoffte Wirkung.

Hashirama zückte grinsend die Gardenie. »Schau mal, was Ino-san mir heute gegeben hat. Oh, sie wollte ja auch etwas von dem Wein haben, aber …« Er griff nach der Flasche und schüttelte sie. Es plätscherte leise in der beinahe leeren Flasche. »Ups. Viel ist ja nicht mehr da. Egal. Weiß du, was das für eine Blume ist?«

»Erspar mir deinen Vortrag. Ich will nicht ihren ganzen Lebensweg wissen.«

Hashirama ersparte es ihm natürlich nicht. »Eine Gardenie! Und sie hat auch noch eine ganz entzückende Bedeutung, wie Ino-san mir vorhin mitteile, denn sie steht für eine geheime Liebe. Total romantisch, oder?«

Hashirama beugte sich vor, um die Blume in Madaras Haare zu stecken. Sein Freund wehrte sich halbherzig, aber in ihrem angetrunkenen Zustand gelang es ihm nicht wirklich. Hashirama betrachtete stolz sein Werk, während er neben Madara kniete und keinerlei Anstalten machte, zu seinem Platz zurückzukehren.

»Hübsch sieht sie an dir aus«, stellte er fest.

Madara hatte gewisse Ähnlichkeiten mit einer mies gelaunten Katze. »Du kannst so einen Kram mit Mito abziehen, aber doch nicht mit mir!«, knurrte er. »Gib das ihr. Hab gehört, dass Frauen auf so einen Kitsch stehen.«

»Ich will aber dir die Blume geben«, hielt Hashirama stur dagegen. »Ino-san sagte auch, dass Gardenien auch ganz unabhängig von ihrer Bedeutung immer ein nettes Geschenk sind. Und das sind sie doch, oder?«

Dass Madara die Blume noch nicht wieder aus seinen Haaren gerissen und Hashirama ins Gesicht gepfeffert hatte, sprach Bände.

Eine Idee überkam Hashirama. Im nüchternen Zustand würde selbst er es für eine ganz schreckliche Idee halten, aber er war nicht nüchtern. Er hatte deutlich einen über den Durst getrunken und vielleicht tat auch seine Nähe zu Madara ihr übriges, als er sich vorbeugte.

»Madara-chan, da gibt es noch etwas, das ich seit einer Weile tun will«, raunte Hashirama. Dann küsste er Madara.

Es war ein einseitiger Kuss, weil Madara viel zu überrumpelt von diesem Überfall war, um angemessen darauf zu reagieren. Stattdessen kniete er stocksteif da und ließ es über sich ergehen. Und Hashirama … Er schmolz dahin und wusste nicht mehr, wo oben und wo unten war. Irgendwo ganz tief in seinem Unterbewusstsein warnte die leise Stimme der Vernunft ihn, dass er das nicht hatte tun sollen, dass er Madara nicht so direkt damit hätte konfrontieren und seine Grenzen so brüsk überschreiten sollen, aber er brachte sie rasch zum Schweigen. Er küsste Madara und wollte jedes Bisschen davon so lange auskosten, wie es ihm vergönnt war.

Er wurde sehr bald schon wieder in die Wirklichkeit zurück gerissen, als Madara ihn mit aller Kraft in die Lippe biss, bis er blutete, und ihn von sich stieß. »Was denkst du, was du da machst?«, zischte er. Er bleckte die Zähne, rot von Hashiramas Blut.

Hashirama schnappte nach Luft und starrte Madara an, während ihm das Blut über das Kinn lief. Madara starrte mit weit aufgerissenen Augen zurück. Sein Atem ging hektisch und in viel zu kurzen Stößen, während sein Blick unfokussiert umher huschte und seine Finger sich in seine Kleidung krallten, so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er hatte die Zähne fest aufeinander gepresst und seine ganze angespannte Körperhaltung sprach von Flucht.

In einem Moment von kristallklarer Erkenntnis ging Hashirama auf, dass Madara gerade einen Panikanfall erlitt. Dabei wusste er doch, wie körperliche Berührungen Madara Unbehagen bereiteten! Er hätte es besser wissen müssen, er hätte das nicht tun dürfen. Jetzt hatte er alles ruiniert.

»E-es tut mir leid«, stammelte er hilflos und wünschte sich, alles einfach ungeschehen machen zu können. »Ich bin wirklich ein Vollidiot. Ich hätte das nicht tun dürfen. Niemals. Und schon gar nicht so. Das war einfach unverzeihlich.« In einem schwachen Versuch, wenigstens ein bisschen Wiedergutmachung zu leisten, drückte er die Stirn auf die tatami.

»Warum hast du das getan?«, fragte Madara leise.

»Nur eine dumme Idee. Es überkam mich einfach so. Ich wollte es tun, aber ich habe nicht nachgedacht. Ich wollte dir nichts böses, wirklich.«

»Hör mit dem Gestammel auf. Du bist betrunken.«

Leider stimmte das nicht mehr. Diese Aktion hatte Hashirama mit einem Schlag ausgenüchtert. Und leider wollte er Madara immer noch küssen.

»Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte Madara eisig.

Hashirama schlich wie ein getretener Hund davon.

Funfact: Als ich den Kuss schrieb, lief in meiner Playlist gerade zufällig The Rains of Castamere und das war schon ein bisschen bitter, gnihihihi. Und dann beim Bearbeiten Beethovens 5. ... Aber nach 40K endlich der erste Kuss, an diesem Punkt schrie ich bereits verzweifelt meinen Bildschirm an, weil das nie so hatte ausufern sollen. Im nächsten Kapitel geht's wieder einmal weit zurück in die Vergangenheit und wir erfahren, wo Madaras Phobie ihren Ursprung hat.
Berührt
CN Kindersoldaten, Erwähnung von physischem Missbrauch, Verlust von Angehörigen, Kindsmord, Blut, Tod

Vor 20 Jahren

Madara hielt an sich, um nicht zusammenzuzucken, während Kou ihm die Hand verband, die er sich bei ihrem Duell verletzt hatte. Ein dämlicher Fehler, der nicht hätte passieren dürfen. Madara war schon sechs Jahre alt und hätte es eigentlich besser wissen müssen. Er grübelte vor sich hin, während sein älterer Bruder die mit Salbe getränkten Binden um seine Hand wickelte.

»Hey, Großer, was geht dir durch den Kopf?«, fragte Kou, der natürlich immer wusste, wie es um seine kleinen Brüder stand. Er war mit einigem Abstand der älteste von ihnen, beinahe doppelt so alt wie Madara.

»Warum bestimmen wir Uchiha unseren Anführer eigentlich anhand dessen, wer der stärkere ist?«, wunderte sich Madara. »Andere Clans gehen danach, wer älter ist.«

»Das ist nun mal unser Weg«, sagte Kou ruhig. »Wir haben viele Feinde, die an unser Sharingan wollen, und so stellen wir sicher, dass wir immer bestens geschützt sind. Wir dürfen uns keine Schwäche erlauben.«

Madara blies die Backen auf. Er hatte das schon so oft gehört und es wollte ihm einfach nicht den den Kopf. Alle priesen Kou als Wunderkind, der bereits in so jungen Jahren sein Sharingan erweckt hatte. »Und warum lässt uns Vater dann trotzdem ständig gegeneinander kämpfen? Du bist besser als ich, alle sagen das.«

»Nur im Kenjutsu. Dein Katon ist stärker als meins. Und wenn du weiter fleißig trainierst, wirst du mich sicher auch bald schon mit dem Schwert übertreffen, da bin ich sicher.« Kou zerwühlte ihm die Haare und lächelte.

»Und was ist mit dem Sharingan? Vater fragt mich ständig danach.«

»Ich war neun, als ich es erhielt«, vertröstete Kou ihn. »Du hast noch Zeit.«

»Aber Papa erwartet, dass ich besser bin als du«, protestierte Madara. »Ständig hab ich das Gefühl, dass er hinter mir steht und alles überwacht, was ich mache. Und wenn es ihm nicht gefällt, dann … na ja …«

Es war durchaus schon vorgekommen, dass er seine Söhne mit dem Lederriemen geschlagen hatte, wenn sie etwas taten, das sie seiner Meinung nach nicht tun sollten. Üblicherweise bekam Kou die Schläge ab, weil er den Zorn ihres Vaters auf sich zog, um seine jüngeren Brüder vor Tajima zu schützen. Madara wollte nicht, dass Kou das tun musste.

»Madara! Kou!«, quäkte auf einmal eine helle Kinderstimme und der kleine Izuna stürmte durch den Garten auf sie zu. Er fuchtelte wild mit einem Holzschwert herum, das beinahe so groß war wie er selbst. »Guckt mal, was ich kann!«

Schlitternd kam er vor ihnen zum Stehen und nahm eine Grundkampfhaltung ein. Dann hob er sein Schwert und präsentierte ihnen die schrecklichste kata, die Madara jemals gesehen hatte. Das Gesicht, das er dabei machte, war zum Schreien komisch und Madara musste an sich halten, um nicht laut loszulachen. Kou stieß ihm den Ellbogen in die Seite und schüttelte den Kopf.

»Toll machst du das«, lobte Kou Izuna.

Seit neuestem durfte auch Izuna sich am Training beteiligen, weil er mit vier Jahren alt genug dafür sei, sagte Tajima. Er ließ ihn oft gegen Madara antreten, was diesem überhaupt nicht schmeckte. Er wollte nicht mit seinen Brüdern wetteifern müssen, um Vater zu gefallen.

»Eines Tages werde ich auch so ein großartiger Shinobi wie ihr!«, rief Izuna im Brustton der Überzeugung aus.

»Du bist eine halbe Portion, aus dir wird gar nichts«, frotzelte Madara. »Du bist ein kleines Wiesel, das zu nichts weiter nütze ist, als meine Süßigkeiten zu klauen.«

Izuna streckte ihm die Zunge raus.

Wenn Madara ganz ehrlich zu sich war, dann wünschte er sich, dass Izuna nicht zum Shinobi taugen würde. Das würde bedeuten, dass er nicht würde kämpfen müssen und sein Leben nicht aufs Spiel setzen würde. Noch hatte Izuna leicht Reden, anders als seine beiden älteren Brüder hatte er noch keinen richtigen Kampf auf Leben und Tod erfahren müssen. Madara wünschte, es würde dabei bleiben. Leider zeigte auch Izuna in jungen Jahren schon großes Talent als Shinobi.

»Da steckt ihr ja alle.«

Als Madara sich umwandte, sah er seine Mutter auf sie zukommen sah. An ihrer Hand liefen Kuro und Togakushi, Zwillinge und die jüngsten der Brüder. Kou stand auf und trat ihnen entgegen.

»Willst du schon los, Mutter?«, fragte er.

Mikoto nickte. »Heute ist so ein schöner sonniger Tag, da wollte ich möglichst viel davon nutzen, um Kräuter zu sammeln. Kommst du, Kou-chan?«

»Geht klar!« Kou ging zu Madara und Izuna und drückte jeden von ihnen zum Abschied. Dann ging er mit Mikoto und den Zwillingen.

»Big Bro ist so klasse!«, staunte Izuna. »Papa erlaubt es ihm, auf Mama aufzupassen, wenn sie das Dorf verlässt.«

»Er darf wohl eher Babysitter spielen«, dämpfte Madara seinen Enthusiasmus. Mutter würde wie immer nicht weit gehen, also eine gute und sichere Gelegenheit für Kou, seine Fähigkeiten als Eskorte zu trainieren. Madara beneidete ihn darum und gleichzeitig auch wieder nicht. Kuro und Togakushi waren so nervig und anstrengend. Ständig wuselten sie durcheinander und rannten davon und es glich eher einer Strafe als Ehre, auf sie aufzupassen. Andererseits durfte Madara so gut wie nie das Dorf verlassen. Tajima hielt ihn regelrecht unter Verschluss und erlaubte ihm selten, seine Fähigkeiten außerhalb des Trainingsfeldes zu erproben.

»So, und was machen wir jetzt?«, fragte Izuna hoffnungsvoll. »Ich weiß was!« Er zückte erneut sein Holzschwert. »Ich fordere dich zum Duell heraus!«

Madara maulte. »Ich will aber nicht!«

Jemand räusperte sich hinter ihnen. »In einem echten Kampf kannst du auch nicht einfach so entscheiden, dass du jetzt keine Lust mehr hast.«

Madara musste an sich halten, um nicht zusammenzuzucken. Natürlich musste sein Vater genau jetzt auftauchen. Das konnte nur eines bedeuten.

»Sitz hier nicht so faul herum und lass dich von Kou verwöhnen«, rügte Tajima ihn. »Du hattest deine Pause, jetzt ist es Zeit für Izunas Training.«

Izuna streckte die Zunge heraus und als Antwort darauf schnitt Madara eine Grimasse. Es war nie gut, wenn Izuna seinen Willen bekam. Sein Protest, dass es auch andere Lehrer für Izuna gab, erstarb ihm auf der Zunge. Er wusste, was Tajima darauf antworten würde. Nur die Stärksten konnten voneinander lernen und aneinander wachsen.

Ohne weiteren Protest erhob er sich von dem engawa ihres Anwesens, auf dem er bis jetzt mit Kou gesessen hatte und griff nach seinem Wakizashi. Niemals ohne Waffe zu sein, war eine Lektion, die Tajima seinen Söhnen sehr früh eindrillte.

Tajima führte die Kinder zurück zu Trainingsfeld. Andere Shinobi waren ebenfalls anwesend und in Duelle verschiedenster Art verwickelt. Das Klirren von Stahl auf Stahl war zu hören, vermischt mit Rufen und Schreien und dem einen oder anderen Aufstöhnen, wenn ein Schlag sein Ziel traf. Prellungen und hin und wieder auch Knochenbrüche waren nicht ungewöhnlich.

Als sie das Feld betraten, machte man ihnen respektvoll Platz, aber ansonsten ging das Training ungestört weiter. Nur manchmal, da würden neugierige Blicke in ihre Richtung geworden werden, wenn der Kampf besonders intensiv wurde. Madara wusste, dass er bald schon gut genug sein würde, um es mit den Erwachsenen aufzunehmen, ganz wie sein großer Bruder. In den Blicken der anderen Clanangehörigen lag Erwartung, wie als würden sie gespannt dem Tag entgegen sehen, wenn dies schließlich der Fall sein würde. Manchmal fragte sich Madara, was dann passieren würde. Würde ein Blitzschlag vom Himmel niedergehen und Donner wie eine Fanfare grollen? Die Leute reagierten immer so in Anwesenheit seiner Familie, als würde genau das passieren.

»Kenjutsu. Scharfe Klingen«, bestimmte Tajima.

»Aber otōsan!«, protestierte Madara. »Izuna ist noch nicht sicher genug mit seinen kata. Er könnte sich verletzen.«

»Umso schneller wird er es lernen.« Tajima sah unnachgiebig auf sie herab.

Eigentlich hatte Madara vorgehabt, Izuna ordentlich zu verprügeln, dafür dass das kleine Wiesel seinen Willen bekommen hatte. Aber jetzt war ihm der Appetit auf seine kleine Rache vergangen. Er würde vorsichtig sein müssen, er wollte Izuna nicht wehtun.

Izuna hatte noch keine eigene Waffe, die würde er sich erst verdienen müssen, wenn er seinen ersten Kampf bestritten hatte. Lange würde es nicht mehr dauern, vielleicht noch ein Jahr. Wenn er Glück hatte, dann zwei.

Madara hatte das Schlachtfeld bereits gesehen. Es war die Aufgabe der der kleinen und wendigen Kinder, zwischen den Kämpfenden entlang zu huschen, Verwundete aus ihren eigenen Reihen zu bergen und verletzte Gegner zu erledigen, aber auch um Kämpfe Mann gegen Mann zu stören und zu ihren Gunsten zu entscheiden, wo auch immer sie dazu in der Lage waren. Kinder stellten sich selten Erwachsenen im direkten Kampf, aber sie konnten in Deckung bleiben, Pfeile verschießen und Bomben zur Ablenkung werfen.

Es war ein entsetzlicher Anblick. Kinder mochten flink sein, aber im Chaos der Schlacht verfehlten viel zu oft Jutsus ihr Ziel und Gegner rotteten sich zusammen, um kleine, leichtere Beute zu finden als die erwachsenen Uchiha mit ihren mächtigen Katon und tödlichen Sharingan.

Madara wollte sich nicht mit seinen Brüdern messen müssen. Er wollte sie aber auch beschützen, und das konnte er nur, wenn sie alle stärker wurden. Er hob seine Klinge.

Izuna hatte sich eines der kurzen Übungsschwerter genommen. Er war so klein und schmächtig, dass es in seinen zierlichen Händen wie ein echtes Schwert wirkte. Entschlossen nahm er eine Grundposition ein, die ihm möglichst viel Bewegungsraum bot. Das hatte er also schon gelernt. Madara war größer und schwerer als er, also würde Izuna sich auf seine Schnelligkeit verlassen müssen.

Madara ließ ihn auf sich zukommen und konzentrierte sich auf seine Verteidigung. Izuna machte seinem Namen alle Ehre und sprang umher wie ein Wiesel, als er versuchte, Madaras Deckung zu durchbrechen. Noch war er jedoch zu sehr darauf fokussiert, sich richtig zu bewegen und nicht über seine eigenen Füße zu stolpern, dass er nicht sah, wie Madara seine Seite bewusst ungeschützt ließ.

»Izuna«, unterbrach Tajima sie. Bis jetzt hatte er am Rand des Feldes gestanden und mit seiner üblichen strengen Mine und vor der Brust verschränkten Armen zugesehen. »Du sollst nicht herumflattern wie ein Schmetterling, sondern zuschlagen wie eine Schlange. Hast du vergessen, was ich dir erst gestern gesagt habe?«

Izuna schob die Unterlippe vor. »Der Kampf ist ein Tanz«, wiederholte er Vaters liebste Lektion. »Wir haken nicht wild drauf los wie ein Schlachter, sondern winden uns und wirbeln herum und verwirren damit den Gegner, bis er nicht mehr weiß, wie er seine Deckung aufrecht erhalten soll, um unseren Schlägen zu begegnen.«

»Dafür musst du aber auch in der Lage sein, Schwachstellen in der Deckung zu erkennen«, sagte Tajima. »Hast du nicht gesehen, wie Madara dich förmlich dazu einlud? Und du hast kein einiges Mal diese offensichtliche Schwachstelle gesehen.«

»Aber das alles ist so schwer, otōsan!«, protestierte Izuna. »Mir wird immer schwindlig, wenn ich das mache.«

Tajimas Antwort bestand aus seinem typisch unnachgiebigen Blick. »Und du, Madara, hör auf, mit deinem Bruder zu spielen und kämpfe richtig. Sonst lernt er es nie. Zeig ihm, wie es geht.«

»Ja«, presste Madara hervor.

Sie nahmen erneut Aufstellung. Madara kämpfte gegen das flaue Gefühl in seinem Magen, mit einer scharfen Klinge auf seinen kleinen Bruder losgehen zu müssen. Dann tat er es dennoch.

Dieses Mal war es Izuna, der schnell in die Defensive gedrängt wurde. Madara legte seinen besten Tanz an den Tag und tat, was sein Vater von ihm verlangte. Dennoch achtete er darauf, Izuna nicht allzu fest oder schnell zu schlagen, um ihm immer noch die Möglichkeit zu geben, seine Klinge abzuwehren. Izuna hatte Schwierigkeiten, mit ihm mitzuhalten, aber sein kleines Gesicht war verbissen und zeigte feste Entschlossenheit, mit Madara mitzuhalten. Und tatsächlich, er schaffte es.

Izuna ließ sie sich noch lange duellieren, bis die Nachmittagssonne heiß und unnachgiebig herab brannte und beide Kinder kaum noch einen Finger heben konnten. Madara hatte nicht all seine Schläge sicher führen können und Izuna hatte nicht alle davon abwehren können und so war es unvermeidbar gewesen, dass Izuna doch einige Schnitte davontragen musste. Keiner von ihnen war besonders tief, aber sicher brannten sie. Izuna war tapfer und hielt die Tränen zurück. Zumindest vor Tajima. Madara wusste, dass sein kleiner Bruder heute Nacht wieder zu ihm kommen und sich an ihn kuscheln würde, weil er wusste, dass Madara ihn nicht dafür schelten würde, Schwäche zu zeigen.

Mit dem Ende des Trainings wandte sich Tajima ab und widmete sich anderen wichtigen Dingen. Erschöpft ließen sich Madara und Izuna im Schatten eines Baumes nieder. Madara hatte ihnen zwei Bambusbecher mit frischem Brunnenwasser mitgebracht, damit sie sich erfrischen konnten.

»Du bist so viel besser als ich, Big Bro«, schmollte Izuna. »Ich dachte, ich hab‘s endlich raus, aber du bist immer noch besser.«

»Wenn du noch Kraft zum Beschweren hast, dann kann‘s ja nicht so schlimm sein«, konterte Madara. »Tun die Schnitte sehr weh?«

»Nee, geht klar«, log Izuna.

Wahrscheinlich mochte das sogar stimmen, für den Moment jedenfalls. Ihre Schwerter schnitten scharf und sauber, Verletzungen machten sich oft nicht sofort bemerkbar. Aber sobald das Adrenalin nachließ und die Erschöpfung hervorkam, würden die Wunden brennen.

»Gib her«, forderte Madara und wartete gar nicht erst auf eine Antwort seines kleinen Bruders, als er nach dessen Arm griff und den Schnitt, den er dort fand, mit Wasser ausspülte. Izuna zuckte zusammen und setzte sofort ein möglichst ernstes Gesicht auf, um es zu überspielen.

»Ich bin kein Baby mehr!«

Sein Protest wurde überhört. Wenn Kou mit Mutter und den Zwillingen zurückkam, würde Madara ihm um etwas von seiner Salbe bitten, mit der er immer die Verletzungen seiner kleinen Brüder behandelte. Izuna würde wie immer den tapferen kleinen Mann spielen und sich dennoch zu Madara kuscheln, wenn Schlafenszeit wäre; er war schon immer sehr bedürftig nach körperlichem Kontakt gewesen.

Dazu sollte es nie kommen, als mit einem Mal laute Rufe durch die Siedlung hallten und Menschen hastig hin und her eilten. Sie hoben die Köpfe, um zu sehen, was dort vor sich ging. Geschäftiges Treiben war um ihr Haus ausgebrochen und Menschen eilten hinein und wieder hinaus. Sie hörten ihren Vater etwas rufen, konnten seine Worte aber nicht verstehen.

Madara beschlich ein ungutes Gefühl.

Izuna war schon wieder auf den Beinen, das anstrengende Training anscheinend bereits vergessen. »Los, komm! Lass uns nachsehen, was da los ist.«

Er nahm Madara bei der Hand und zog ihn mit sich. Dieses kleine Wiesel hatte viel zu viel Energie!

Zunächst nahm niemand Notiz von den Kindern. Die Erwachsenen waren viel zu beschäftigt mit was auch immer vorgefallen war. Sie wirkten besorgt. Madara entgingen auch nicht die bewaffneten Shinobi, die Stellung um das Haus bezogen hatten. Warum waren sie hier? Was musste bewacht werden? Es drohte doch keine Gefahr.

Izuna war äußerst geschickt darin, sich zwischen Erwachsenen hindurch zu winden, und zog seinen Bruder mit sich. Sie fanden die Ursache des Aufruhrs schließlich in einem der Zimmer ihres Heims.

Drei viel zu kleine Gestalten lagen regungslos am Boden, zugedeckt mit blutigen Lacken. Eine vierte Gestalt lag hier ebenfalls, an ihrer Seite knieten Medizinninjas. Tajima stand nahebei und redete aufgebracht mit einem Shinobi. Madara hatte kein Ohr für die Worte seines Vaters, denn er starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Gestalt am Boden.

Mutter? Nein. Nicht Mutter. Das da konnte nie und nimmer Mikoto sein. Diese zerrissene Form, über und über mit Blut besudelt, war nicht mehr Mikoto.

Jemand lief in Madara hinein und hätte ihn beinahe umgerissen. Die Frau fluchte unterdrückt, sah dann jedoch, wer ihr schockstarr im Weg gestanden hatte. Sogleich stellte sie sich zwischen die beiden Jungen und dem Bild, das sich ihnen bot.

»Husch, husch, raus mit euch!«, drängte sie. »Das ist kein Ort für euch.«

Sie wollte sie wieder hinausschieben, doch Izuna wehre sich nach Leibeskräften. Das war es nun auch, das die Aufmerksamkeit der anderen Erwachsenen auf sie lenkte. Tajima wandte sich ihnen zu. Die Röte in seinen Augen rührte nicht von seinem Sharingan her.

»Madara, bring deinen Bruder nach draußen. Ihr steht ihm Weg«, sagte er. Seine Stimme klang rau.

Madara konnte sich noch immer nicht rühren.

Izuna wehrte sich gegen die Hände, die nach ihm griffen, und konnte sich schließlich befreien. Er rannte zu Mikoto und kniete sich neben sie. Er rief nach seiner Mutter und als sie nicht antwortete, wurden seine Rufe immer verzweifelter.

Tajima sagte nichts. Er sah … müde aus.

Madara starrte noch immer leer in die Luft. Sein Kopf war wie leergefegt und diese Leere toste so enorm, dass sie alles andere überdeckte. Sie hatte eine Mauer um ihn herum gebildet, durch die nichts hindurchdrang.

Irgendwie fand er sich an Izunas Seite wieder. Wann hatte er Mikotos Hand ergriffen? Er wusste es nicht. Ihre Lippen bewegten sich, doch ihre Worte erreichten seine Ohren nicht. All seine Sinneswahrnehmungen waren gekappt. Er spürte allein Mikotos Hand in seiner, spürte ihre weiche Haut, die Wärme ihres Körpers.

Ihre Hand sank herab. Er hielt sie noch immer. Die Wärme verließ ihre Haut. Er hielt ihre Hand noch immer.

Stunden später saß er noch immer neben den Leichen seiner Mutter und seiner drei Brüder und regte sich nicht. Izuna hatte sich an ihn geklammert und weigerte sich loszulassen. Irgendwann hatten die Erwachsenen es aufgegeben, ihn von seinem Bruder zu trennen.

Madara hielt noch immer die Hand seiner Mutter. Die Wärme hatte ihren Körper längst verlassen. In diesem Momenten bestand seine ganze Welt allein aus dem Gefühl kalter, toter Haut. Alles andere hatte er ausgeschlossen.

»Was ist los mit dem Jungen?«, wisperte jemand vor der Tür. »Er hat keinen Ton von sich gegeben und sich auch nicht bewegt.«

»Die armen Kinder, ihre Mutter und ihre Brüder auf diese Weise zu verlieren«, sagte jemand anderes. »Wir sollten die beiden da nicht allein drin lassen.«

»Haben sie wenigstens ihr Sharingan erweckt?« Das war nun Tajima.

»Nein. Aber sie sind doch noch so jung.«

»Es wäre nicht das erste Mal«, erwiderte Tajima grimmig. »Die Senju werden dafür büßen! Dass es Butsuma wagt, so nah heranzukommen und meine Familie zu ermorden!« Er schwieg für einen Moment. »Nicht einmal das Sharingan erweckt …«

Schritte entfernten sich.

Madara regte sich immer noch nicht. Izuna klammerte sich weiterhin an ihn. Madara hielt die Hand ihrer Mutter. Das Gefühl kalter Haut brannte sich auch ohne das Sharingan in sein Hirn ein.

Kishimoto hat's nicht so mit Konsistenz, wie mir scheint, und sowohl die ganze Timeline von Naruto als auch ganz spezifisch Madaras Sharingan sind Beispiele dafür. Mir ist eines aufgefallen: An einer Stelle in dem, was Hashirama Sasuke erzählt, impliziert Madara, dass er das Sharingan bereits hat, unterbricht sich aber, bevor er sich verplappert. Nun könnte man interpretieren, dass er allgemein die Veranlagung dazu meint, oder es zum Beispiel so lesen, wie ich es im Prolog dieses Textes tat. In der canon-Erzählung der Geschichte scheint Tajima zu denken, Madara hätte sein Sharingan erst an der Flussszene erweckt, als er Izuna vor den Senju beschützen wollte. Nun hat aber nicht zuletzt auch Tobirama immer wieder betont, dass das Sharingan durch starke Emotionen erweckt wird, in der Regel ein Trauma aufgrund eines Verlustes (aber nicht nur). Als Madara und Hashirama sich das erste Mal treffen, hatte Madara bereits all seine Brüder bis auf Izuna verloren. In Anbetracht dessen, wie wichtig ihm seine Brüder sind, könnte man doch meinen, das wäre so ein Trauma, aber anscheinend ist das nicht der Fall. Ich habe mich also wieder einmal gefragt: "Warum?" Meine Antwort ist folgende: In der Psychologie gibt es ein Phänomen, das üblicherweise als Traumareaktion auftritt (aber nicht nur) und sich Dissoziation nennt. Das ist ein Schutzmechanismus des Körpers, um auf besonders belastende Situationen reagieren zu können und um von ihnen nicht vollkommen überwältigt zu werden. Dabei tritt man sozusagen neben sich und agiert losgelöst von den eigenen Emotionen, um eine Form davon grob zusammenzufassen. Das ist genau das, was hier auch passiert und damit mit der Erweckung des Sharingan interferiert. Es war halt einfach zu viel des Ganzen.
Bezüglich Madaras anderen Brüdern gibt es eine Theorie, die eine Bergformation in Japan beinhaltet. Die Namen der Brüder basieren darauf.
In den nächsten zwei Kapiteln gibt es endlich Mitos POV! Freue mich die ganze Zeit schon drauf, weil sie so ein bisschen der heimliche Star des Textes ist (was eine Lüge ist, das ist Oma Ino). Im nächsten Kapitel lässt sie sich von Hashirama zum Ramen essen ausführen und macht einige Beobachtungen.
Ramen und andere essenzielle Dinge des Lebens

Mito kostete jeden Moment genüsslich aus, als sie ihren Zug machte. Triumphierend lehnte sie sich zurück, als sie ihren Stein klackend setzte. Sie war gespannt, wie Hashirama dem begegnen würde.

Ebenjener schien nun endlich zu realisieren, dass er auf verlorenem Posten kämpfte. Angestrengt starrte er auf das Spielbrett, als könne er allein mit der Kraft seiner Gedanken den Sieg erringen. Es war die fünfte Runde shōgi, die sie gegeneinander spielten und alle vier bisherigen hatte Mito gewonnen.

Tobirama stand gegen den Türrahmen gelehnt da und hatte die Arme vor der Brust verschreckt, während er das Spiel verfolgte. Er war ein weitaus interessanterer Gegner im shōgi, wenn auch nichts im Vergleich zu Tōka, wie Mito in den letzten Wochen festgestellt hatte. Hashirama hingegen … Nun, es würde wohl noch eine Weile brauchen, bis er auch nur die simpelsten Taktiken dieses Spiels durchschaut hatte.

»Ich glaube, ich weiß, wer mir heute eine Portion Ramen in dieser neuen Bar ausgeben wird«, sagte Mito siegessicher. Hashirama hatte gegen sie gewettet, und da sein zweifelhaftes Wettglück ein offenes Geheimnis war, hatte sie angenommen. Jemanden zu haben, der ihr Ramen spendierte, war immer eine gute Sache. Sie hätte nicht damit gerechnet, ihn so einfach besiegen zu können. Gut für sie, denn das bedeutete mehr Ramen. Vater würde sie dafür rügen, aber Vater war gerade nicht hier.

Während Mito im perfekten seiza am Tisch kniete, hatte sich Hashirama mit überkreuzten Beinen hingesetzt. Er beugte sich vor und eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augen, als er Löcher in das Brett starrte. Langsam streckte er eine Hand nach einer seiner Spielfiguren aus.

Tobirama schnalzte mit der Zunge.

Hashirama warf seinem Bruder einen dieser unschuldigen Blicke zu, die Mito insgeheim so niedlich fand. Dann tippte er auf einen anderen Stein. Tobiramas Antwort bestand aus einem undefinierten Brummen, das wohl so etwas wie eine Verneinung war. Hashirama tippte auf einen dritten Stein. Es war pures Raten.

Tobirama verdrehte die Augen. »Grundgütiger, nein! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Dann besiegt Mito-san dich schon im nächsten Zug und nicht erst im übernächsten!« Er trat zu ihnen und machte den einzig vernünftigen Zug, der Hashirama jetzt noch blieb. Es war keine der drei Optionen, die seinem Bruder eingefallen waren.

Hashirama ließ betrübt den Kopf hängen. Seine Stimmungsschwankungen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt waren definitiv etwas, an das sich Mito erst hatte gewöhnen müssen. Tobirama hatte ihr versichert, dass das in der Regel nichts zu bedeuten hatte und sein Bruder im Allgemeinen eine Frohnatur war.

»Ich hab doch ohnehin schon verloren«, klagte Hashirama.

Mito machte ihren nächsten Zug. »Noch nicht ganz.«

»Das ist definitiv kein Spiel für mich.« Alles Trübsal war bereits vergessen und Hashirama strahlte wieder wie eh und je. Mito hoffte, ihre Schminke dick genug aufgetragen zu haben, dass keiner der beiden Männer die Röte auf ihren Wangen bemerkte.

»Da kann ich nur zustimmen«, sagte Tobirama unerbittlich. »Du hattest noch nie einen Sinn für Taktik, anija.«

»Das stimmt so nicht!«, protestierte Hashirama. »Ich habe den Clan durch zehn Jahre Krieg geführt und wir existieren noch. Ich will behaupten, dass das für sich spricht.«

»Aber auch nur, weil du mit deiner Stärke jedes Schlachtfeld dominiert hast. Feingefühl hattest du dabei nie erwiesen, das blieb an Tōka und mir hängen.«

»Und darum trage ich diese Niederlage mit Würde und werde mit Freuden Mito-san Ramen spendieren.« Hashirama machte eine theatralische Geste, als er seinen letzten Zug machte.

Mito setzte ihren Stein, gewann damit das Spiel und konnte es gar nicht mehr erwarten, sich den Bauch mit Ramen vollzuschlagen. »Beim shōgi funktioniert es eben nicht, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen«, sagte sie und präsentierte ihr unschuldigstes Lächeln. »Wer hat Lust auf Ramen?«

Tobirama murmelte etwas, das nach »Immer alle Verantwortung auf mich abwälzen« klang, dann überließ er seinen Bruder seinem Schicksal. Mito ließ es sich nicht nehmen, sich wie eine feine Dame ausführen zu lassen, auch wenn Hashirama schnell gelernt hatte, dass ihre kühle, distanzierte Art nur eine Fassade war, die ihr Vater von ihr erwartete, um sich angemessen als Frau zu präsentieren. Ashina würde aus allen Wolken fallen, wenn er erfuhr, dass Mito gegen Hashirama gewettet hatte und sich von ihm ausgerechnet in eine simple Ramen Bar führen ließ. Tobirama war daher damit beauftragt worden, ihm wage mitzuteilen, sie seien gemeinsam essen. Das würde Ashina genug geben, um ihnen nicht hinterher zu schnüffeln, und war schließlich auch nicht wirklich falsch.

Mito war sich natürlich bewusst, was ihr Vater von ihr erwartete, nämlich Hashirama endlich dazu zu bewegen, der Vermählung zuzusagen. Sich von ihm zum Essen ausführen zu lassen und dabei vielsagend mit den Wimpern zu klimpern, wäre sicher ein Plan, dem Ashina zustimmen würde. Mito war eine Kunoichi, aber sie war auch eine Frau und Ashinas einzige Tochter. Als solche wusste sie ihre Waffen einzusetzen, um von Männern das zu bekommen, was sie wollte und Ashina erwartete.

Sie hatte nicht erwartet, dass es bei Hashirama keine Wirkung zeigte.

Auch wenn die Hagoromo besiegt waren, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Feind auftauchte und ihnen gewaltsam die Geheimnisse ihres Clans entreißen wollte. Das machte es unabdingbar, dass sie dieses Bündnis mit den Senju eingingen. Wenn jemand Zugang zu ihren Siegeln bekommen sollte, dann wenigstens sie und kein anderer. Aber alles stand und fiel mit Hashirama.

Sie hatten sich in den letzten Wochen etwas kennenlernen können, und Mito hatte festgestellt, dass er rasch darin war, Freundschaften zu schließen, und ein wahrlich herzensguter Mensch war. Überall hörte man Geschichten von seinen Kämpfen mit Uchiha Madara, die angeblich so gewaltig waren, dass sie das Land selbst aufreißen konnten. Ursprünglich hatte Mito das alles für völlig übertriebenen Blödsinn gehalten, aber nachdem sie ihnen einige Male bei Übungskämpfen zugesehen hatte, glaubte sie, dass wohl doch etwas daran war. Man nannte Hashirama nicht umsonst shinobi no kami, aber er schien sich nicht viel daraus zu machen.

Hashirama war ein guter Freund und mehr schien er in ihr auch nicht zu sehen. Das war ein Problem, und das nicht nur, weil die Uzumaki auf ein starkes Bündnis mit ihm angewiesen waren. Mito hatte sich in ihn verliebt.

Die Ramen Bar, der bald schon Hashiramas Geldbörse zum Opfer fallen würde, befand sich in einer kleinen Seitenstraße. Normalerweise war das kein Etablissement, das ihnen beiden angemessen schien, eher etwas für die einfachen Leute, die nach getaner Arbeit hier einen Halt einlegten und einen billigen Snack erhielten. Aber es war Ramen, und das war Grund genug für Mito, jeden Sinn für Anstand im hohen Bogen über die Klippe zu werfen.

Der Besitzer der Bar, Teuchi mit Namen, staunte nicht schlecht, als Hashirama mit Mito an seiner Seite seine bescheidene Bar besuchte und sie sich an den Tresen setzten. Mito lief bereits das Wasser im Mund zusammen, als sie den Geruch einer kräftigen Brühe wahrnahm und die Speisekarte las, die an der Wand hing.

Teuchi hatte sich schnell wieder gefasst. »Was darf‘s sein?«

»Was auch immer die Dame hier wünscht. Und ich nehme dasselbe«, sagte Hashirama. Es klang noch viel zu selbstsicher für Mitos Geschmack.

»Chashu Ramen mit Extra Schweinebauch«, bestellte Mito. »Und als Beilage hätte ich gern die Gyōza.«

Es war das erste Gericht auf der Liste. Mito hatte vor, diese Liste an diesem Tag komplett abzuarbeiten. Ihre Brüder zogen sie immer damit auf, dass sie, in ihren Worten, »fressen konnte wie ein Scheunentor«, und Vater rügte sie regelmäßig dafür, da es unweiblich sei, so viel zu essen, wie er behauptete. Aber er war immer noch nicht hier und außerdem wusste er gutes Essen ohnehin nicht zu schätzen.

»Kommt sofort«, bestätigte Teuchi und machte sich sogleich an die Arbeit.

»Hat es einen Grund, warum du ausgerechnet hierher wolltest?«, fragte Hashirama.

»Das ist bisher der einzige Ort, wo es hier Ramen gibt«, stellte Mito klar. »Und mit Verlaub, aber Tobirama kann nicht kochen, und ich will nicht schon wieder Sushi essen.«

Hashirama lachte auf. »Ja, das ist in der Tat das einzige, was er kochen kann. Wobei seine Reissuppe mit Pilzen auch nicht schlecht ist.«

Mito war da anderer Meinung, zumal Hashirama bei diesem Thema etwas voreingenommen schien. Er schien nach dieser Suppe genauso verrückt zu sein wie sie nach Ramen.

Teuchi schwang seine Messer wie ein wahrer Küchenmeister und zerteilte die Zutaten mit beeindruckender Schnelligkeit und Präzision. Seine Gehilfin, die sich als seine Tochter Ayame herausstellte, bereitete derweil die Teigtaschen zu.

»Ramen ist seit mehreren Generationen Tradition in unserer Familie«, plapperte sie fröhlich. »Bisher hatten wir eine einfache Abstiege entlang der Straße unterhalten, um Reisende zu bewirten. Aber dieses Dorf bietet so viele neue Möglichkeiten! Wenn ich eines weiß, dann dass Shinobis furchtbar hungrig sind nach einem langen Tag voller Arbeit. Und was gibt es da besseres als Ramen?«

»Gibt es jemals etwas besseres als Ramen?«, erwiderte Mito und spürte sofort eine Verbindung zwischen sich und Ayame.

»Stimmt auch wieder!«, stimmte Ayame ihr zu. »Wenn so viele Reisende durchkommen, ist es schwer, sich eine Stammkundschaft aufzubauen. Aber das wird sich jetzt ändern, und mit so namhaften Gästen kann uns das nur gelingen! Otōchan, wir sollten damit Werbung machen und ein Schild aufhängen.«

»Nun lobe ja nicht den Tag vor dem Abend«, dämpfte Teuchi ihren Enthusiasmus. »Erst einmal musst unser Ramen unseren Gästen auch schmecken. Allerdings«, und mit diesen Worten lehnte er sich über den Tresen und sah Hashirama herausfordernd an, »bin ich sicher, dass das der Fall sein wird. Bis jetzt hat sich noch nie jemand beschwert.«

Hashirama wich vor der Intensität von Teuchis Blick zurück und grinste nervös. »Ganz bestimmt wird es so sein. Das riecht sehr lecker.«

Die Drohung, ihn zu vierteilen, wenn er etwas anderes behauptete, hing unausgesprochen in der Luft. Mito zweifelte keine Sekunde lang daran, dass Teuchi es auch würde wahrmachen können.

Ayames Hände flogen, als sie die Gyōza zubereitete, und sprachen von jahrelanger Übung. Schnell waren die Teigtaschen gefüllt, gefaltet und dann gedämpft, um schließlich mit Sojasoße serviert zu werden. Ebenso schnell hatte Mito sie aufgegessen.

»Noch eine Portion bitte«, bat sie und reichte den leeren Teller über den Tresen.

»Aber natürlich!«, versicherte Ayame überschwänglich, offensichtlich sehr begeistert davon, dass es Mito so gut geschmeckt hatte.

Mito tropfte der Zahn, als sie Teuchi und Ayame bei der Arbeit zusah. Wie viele Wochen war es nun her, seit sie das letzte Mal Ramen gegessen hatte? Definitiv zu viele! Ob Ino vielleicht auch ein Rezept hatte, überlegte sie. Die alte Frau kam hin und wieder vorbei und brachte Hashirama und seinem Bruder etwas zu essen, neuerdings aber auch für Mito. Mito war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass Ino die beiden Brüder als ihre Enkel ansah, anders war es sonst nicht zu erklären, wieso bei den Portionen immer so viele Dango dabei waren. Das war es doch, was alte Damen taten, oder? Ihre Enkel mit Süßigkeiten zu verwöhnen, war etwas, das Mito zumindest von ihrer eigenen Großmutter kannte. Wenn Ino ein Rezept für Ramen kannte, dann war es mit Sicherheit köstlich.

Stolz präsentierte Teuchi ihnen zwei große Schalen voll mit köstlich duftenden Ramen und platzierte sie vor seinen Gästen. Ayames zweite Fuhre Gyōza folgte sogleich. Mitos Augen leuchteten auf. Oh, wie köstlich das duftete!

»Itadakimasu!«, sagten Mito und Hashirama zugleich und mit gefalteten Händen. Dann gab es für Mito kein Halten mehr. Begierig stürzte sie sich auf ihr Ramen und schlürfte die Nudeln weg. Der Schweinebauch und die anderen Beilagen waren fast ebenso schnell inhaliert. Der kräftige Geschmack der Fleischbrühe trug sie in den kulinarischen Himmel hinauf. Teuchi sollte in den Rang eines Gottes erhoben werden, beschloss sie.

»Einen Nachschlag bitte!«, verkündete Mito, als schließlich auch der letzte Rest Brühe geleert war.

»Kommt sofort!«, versicherte Teuchi sogleich. »Ich mache am besten gleich mehr als nur eine Portion.«

»Ganz recht!«, stimmte Mito dem zu. Als ob eine Portion sie jemals hätte sättigen können!

Hashirama hatte beim Essen inne gehalten und warf ihr einen langen Seitenblick zu.

»Was?«, wollte sie wissen. »Es war eben lecker.«

Er räusperte sich. »Ich hätte nur nicht erwartet, dass du so schnell mit dem Essen bist. Das erscheint mir …«

»Nicht damenhaft?«, half sie ihm auf die Sprünge. »Das ist Blödsinn, den Leute wie mein Vater behaupten. Ramen ist lecker und Ramen will genossen werden, so will es das Gesetz der Natur.«

Hinter dem Tresen lachte Teuchi auf. »Ha! Eine Frau ganz nach meinem Geschmack. Wir sollten das als unseren Wahlspruch nehmen. Findest du nicht auch, Ayame-chan?«

Da sich Hashirama bisher noch nicht zu dem Thema geäußert hatte und zudem seine Nudeln in einer normalen Geschwindigkeit aß, wandte sich erneut Teuchis finsterer Blick ihm zu. Er zuckte zusammen. »Das ist wirklich vorzügliches Ramen!«, beeilte er sich zu sagen. »Ich habe selten etwas so köstliches essen dürfen.«

Teuchi schien zufriedengestellt zu sein und widmete sich der Zubereitung von Mitos ersten Nachschlag.

»Tōka und Hikaku wollen demnächst heiraten«, ließ Hashirama schließlich die Bombe platzen. »Das haben sie neulich verkündet.«

»Ach!«, rief Mito aus. »Das sind ja wunderbare Neuigkeiten!«

Hashirama strahlte über das ganze Gesicht, was einen Sturm an Schmetterlingen in Mitos Bauch verursachte. »Wunderbar ist gar kein Ausdruck. Wir sind so weit gekommen in diesem Jahr, dass ich es selbst kaum fassen kann. Vor einem Jahr noch bekämpften sich Senju und Uchiha bis aufs Blut und nun dürfen wir bald die erste Hochzeit zwischen beiden Clans feiern.«

»Wissen wir denn schon, wie die Hochzeit ablaufen wird?«, fragte Mito. »Ich weiß, dass die Hochzeitsriten der Senju und Uzumaki recht ähnlich sind, aber über die der Uchiha weiß ich nichts.«

Hashirama hob die Hände. »Keine Ahnung. Vielleicht sollte ich Madara fragen. Wobei … besser nicht.«

Bei diesen Worten ging eine bemerkenswerte Veränderung in seinem Gesicht vor sich. Mito war bereits aufgefallen, dass Hashirama jedes Mal förmlich erstrahlte, wenn sein Freund erwähnt wurde – so seltsam es auch war, von Madara als irgendjemandes Freund zu sprechen; Mito hatte ihn stets nur kühl und abweisend erlebt, dass es fast schon als unhöflich gelten musste. Hashirama schien sich davon nicht stören zu lassen und erblühte in der Gegenwart Madaras. Sein Blick wurde weich und … Mito fehlten die Worte, um es angemessen zu beschreiben, aber beinahe hätte sie es zärtlich und liebevoll genannt.

Dieses Mal jedoch passierte nichts davon. Hashirama ließ die Schultern sinken und senkte den Blick auf sein Essen. Das war keine seiner üblichen Stimmungsschwankungen, sondern etwas schien ihn in der Tat zu bedrücken.

»Wieso denn nicht?«, erkundigte sich Mito unschuldig.

»Ach, Madara ist nicht so der Typ für romantischen Firlefanz, wie er es nennen würde«, wiegelte Hashirama sie ab und schenkte ihr eines seiner reizenden Lächeln. Mito musste an sich halten, um nicht mädchenhaft aufzuseufzen, witterte aber gleichzeitig, dass hier etwas im Busch war. Sie wäre nicht sie, wenn das nicht ihre Neugierde erst recht anheizen würde.

In diesem Moment präsentierte Teuchi ihr ihre zweite Portion. »Gebräuche hin oder her«, sagte er, »in einem gleichen sich alle Clans: Auf einer Hochzeit muss ordentlich gegessen werden!«

»Stimmt. Also ich weiß auf jeden Fall, wen ich als Koch auf meiner Hochzeit engagieren werde.« Bei diesen Worten warf Mito Hashirama einen vielsagenden Seitenblick zu.

Wie üblich wich er dem Thema aus. »Vielleicht sollten wir Tōka und Hikaku vorschlagen, dass Ramen Ichiraku die Bewirtung der Gäste übernimmt.«

Mito hätte ihm an die Kehle gehen können für seine Ignoranz. Es war nicht nur, dass sie sich wie ein junges Mädchen Hals über Kopf in ihn verliebt hatte, sondern auch all das, was für ihren Clan auf dem Spiel stand. Er wusste das, sie hatte es ihm gerade heraus ins Gesicht gesagt. Und doch ignorierte er es. Sie musste den Grund dafür herausfinden und irgendetwas sagte ihr, dass es mit diesem Uchiha zu tun hatte, auf den er so große Stücke hielt.

»Eine persönliche Empfehlung würde unserer Bekanntheit enorm entgegen kommen«, warf Teuchi ein. Da Hashirama mittlerweile aufgegessen hatte, warf er ihm erneut vernichtende Blicke zu, bis Hashirama ihm kleinlaut die leere Schale aushändigte, damit Teuchi sie nachfüllen konnte.

»Ich schließe also, dass du Ramen sehr magst«, rettete sich Hashirama auf ungefährlicheres Terrain.

»Absolut«, nuschelte Mito mit vollem Mund. Auch ihre zweite Portion wurde bereits in Rekordschnelle vernichtet. »Ich würde jetzt nicht gleich sagen, ich könnte darin baden, aber ich fürchte, bestechlich bin ich durchaus, wenn es Ramen beinhaltet.«

»Chashu Ramen ist deine liebste Geschmacksrichtung?«

»Chashu, Ebi, Inari, Dango. Egal was. Hauptsache Ramen. Und ich habe heute vor, diese Karte dort komplett durchzuprobieren.«

Hashirama wurde ein wenig blass um die Nase, als er die Karte betrachtete und wahrscheinlich im Kopf durchrechnete, wie viel ihn das kosten würde. »Wirklich?«, fragte er, Stimme eine Oktave höher als sonst.

»Natürlich. Oder willst du wetten, dass ich das nicht schaffe?« Eine unterschwellige Herausforderung lag in ihrer Stimme.

Hashirama warf noch einen flüchtigen Blick auf die Karte und dann wieder zurück auf ihre zweite Portion. »Besser nicht.«

»Bei diesem Tempo könnte die Dame sicher unsere Karte zweimal probieren«, warf Teuchi unschuldig ein.

Hashirama starb innerlich.

»Ich würde es gern auf einen Versuch ankommen lassen«, sagte Mito und genoss es, wie ihm die Gesichtszüge entglitten. »Aber heute will ich einmal Gnade walten lassen. Sag mir lieber, was es mit deinen Bonsai auf sich hat.«

Das war noch eines der Themen, die ihn große Freude zu bereiten schien und sie wollte ihn nicht noch mehr foltern, als ohnehin schon.

Es hatte die erwartete Wirkung, als er wieder über das ganze Gesicht strahlte. »Bonsai haben schon immer zu mir gesprochen. Tobirama sagt, das sei Blödsinn, weil Pflanzen keine Stimmen haben, aber nicht einmal Tobirama versteht das Mokuton voll. Von daher kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass er dieses eine Mal keine Ahnung hat.«

»Haben Pflanzen denn eine Stimme?«

»Natürlich, wenn man nur weiß, worauf man lauschen muss. Ich hatte von frühester Kindheit an eine Verbindung zur Natur um mich herum. Vater sah das nicht gern und wollte es mir austreiben, bis er irgendwann bemerkte, dass sich das doch für den Kampf nutzen ließ; das war das einzige, wofür er sich interessierte. Ich habe festgestellt, dass Bonsai mir dabei helfen, Mokuton besser zu verstehen, weil sie es mir erleichtern, Natur nach meinem Willen zu formen. Nichts geht über einen natürlich gewachsenen Wald, kein Mensch wird dem jemals gerecht werden können. Aber zu verstehen, wovon Pflanzen träumen und was sie sich wünschen, hilft mir, sie um Hilfe zu bitten, wenn ich ihrer bedarf. Und außerdem kann ich das.«

Er streckte eine Hand aus und ließ eine Blume aus seiner Hand wachsen. Fasziniert beobachtete Mito, wie er einen einzelnen Pfingstrosenzweig erschuf, die Blüte aufplatzte und einen wunderschönen Ball formte. Er reichte ihr die Blume. Ihr Herz machte einen Satz.

»Pfingstrosen stehen für Tapferkeit, wie ich von Ino gelernt habe«, erklärte er ihr. »Nicht, dass ich irgendeine Ahnung von hanakotoba oder ikebana hätte, da verzweifelte schon meine Mutter an mir, mir das beizubringen.«

Mito roch an der Blüte, war jedoch ein wenig überrascht nichts wahrzunehmen. Das brachte ihren logischen Verstand jedoch auf eine Idee und der verliebte Teil in ihr verstummte rasch. »Kannst du auch Reis oder andere Nahrungsmittel wachsen lassen?« Die Möglichkeiten dessen waren unfassbar! Sofort fielen ihr dutzende Szenarios ein, in denen solch eine Fähigkeit von unschätzbaren Wert für einen ganzen Clan wären.

»Natürlich hatten wir schon früh diesen Gedanken, als meiner Familie bewusst wurde, welche Fähigkeiten ich besitze. Leider habe ich bis heute nicht herausgefunden, ob es wirklich möglich ist. Ich kann einen Apfelbaum wachsen lassen, aber seine Früchte sind geschmacklos und ohne jeden Nährwert. Genauso gut könnte man auch Papier essen. Aber ich habe das Gefühl, dass es möglich sein muss und ich nur noch nicht herausgefunden habe, wie.«

Mitos wissenschaftliches Interesse war geweckt. »Ich wette, dein Bruder hat deine Fähigkeiten erforscht. Er scheint mir die Art Person zu sein, die so etwas tun würde.«

»Natürlich. Tobirama beschwert sich ständig darüber, dass ich mich dem nicht angemessen widme, weil ich nicht so strukturiert bin wie er. Er ist wirklich furchtbar.«

»Du hast doch sicher nichts dagegen, wenn ich mich seinen Forschungen anschließe.«

»Da musst du nicht mich fragen. Aber sei gewarnt, Tobirama ist eigen, was das angeht. Meist lässt er nicht mal mich an seinen neuesten Ideen teilhaben. Eines Tages standen plötzlich zwei von ihm vor mir und das war einfach schrecklich, weil er ein kleines zwölfjähriges Monster war, das vor allen mit seinem Intellekt angeben musste.«

Mito war begeistert. Es war beinahe, als sei sie auf eine Goldgrube gestoßen, und für einen kostbaren Augenblick waren all ihre Sorgen vergessen. Hashirama hatte ihrem Verstand etwas abseits von Heirat und Bündnissen und Clanpolitik gegeben, und mit Freuden stürzte sie sich darauf. Sie konnte es kaum noch abwarten, sich auf ein neues Forschungsprojekt zu stürzen.

Teuchi ist natürlich eine Referenz auf DEN Teuchi. Ichiraku's gibt's wohl erst seit etwa dreißig Jahren, aber ich habe mir die Freiheit genommen, dessen Gründung etwas vorzuverlegen und das zu einem Familienbetrieb in dritter Generation zu machen. Ich hab mir den Spaß gemacht, die Ramen anhand des Menüs meiner liebsten Ramen Bar auszuwählen. (Das Kapitel existiert vor allem deswegen, weil ich SEHR hungrig beim Schreiben gewesen war. Am nächsten Tag gab's dann Ramen ...) Im nächsten Kapitel geht Mito ihren Entdeckungen weiter auf den Grund.
Des Pudels Kern

Mito war sich ihrer Rolle in dieser Gesellschaft bewusst und sie war stolz darauf, ihren Teil dazu beitragen zu können, selbst wenn es hieß, persönliche Opfer bringen zu müssen. Sie tat es gern, wenn es für ein größeres Gut war. Nur manchmal, da fiel es ihr doch schwer. Und leider war es Hashirama, der es ihr schwer machte.

Dieser Mann war ihr ein Mysterium. Er war so einfach zu lesen wie ein offenes Buch und schien jedes Wort auch so zu meinen, wie er es sagte. Sie hatten sich noch lange unterhalten, während Mito sich in der Tat einmal quer durch die Karte probierte, und dabei hatten sie festgestellt, dass sie viele Ideale miteinander teilten. Mito hatte sich nicht nur in ihn verliebt, sondern auch in seine Idee dieses Dorfes, das er hier errichtete. Er hatte lang und breit darüber geschwärmt, was er noch alles im Sinn hatte für die Zukunft seines Projekts und sie hatte etliche Anregungen beigesteuert.

Und doch verweigerte er sich dem Offensichtlichen. Warum er es tat, war ihr ein Rätsel. Eines, das sie lösen musste.

Der daimyō hatte ihnen eine Frist bis zum Ende des Jahres gegeben, um das Geld aufzutreiben, das sie benötigten, um das Land von ihm zu kaufen. Schon längst ging es Mito nicht mehr nur darum, ihren Clan zu schützen, sondern auch dem Dorf eine Zukunft zu geben. Natürlich hatte sie mit ihrem Vater geredet, ob er eine andere Möglichkeit als die Verlobung sah, aber er hatte verneint. Sie hatte argumentiert, dass es ihren Clan genauso schützen würde, würden sie sich dem Dorf anschließen, aber das war bei Ashina auf taube Ohren gestoßen. Während er zwar ein Bündnis mit den Senju wünschte, wollte er sich auch gleichzeitig seine eigene Unabhängigkeit bewahren.

»Wir sind Uzumaki, keine Senju. Vergiss das nicht«, hatte er betont.

Das brachte sie zurück zu der Frage, warum Hashirama ihr keine klare Antwort geben wollte. Wenn er es noch länger hinauszögern würde, würde Ashina sicher bald die Geduld verlieren und sich anderswo nach einer geeigneten Partie für sie umsehen. Möglichkeiten gäbe es, auch wenn sie nicht so aussichtsvoll waren wie eine Heirat zwischen Senju und Uzumaki.

Darum fand sich Mito am nächsten Tag auf dem Übungsfeld ein, wo sie Tōka anzutreffen hoffte. Für das, was sie mit Tōka besprechen wollte, wäre vielleicht Tobirama die naheliegendere Option gewesen, weil er seinen Bruder noch immer am besten kannte. Aber das war wirklich nichts, das Mito mit ihrem hoffentlich zukünftigen Schwager bereden wollte. Da sie herausgefunden hatte, dass Tōka in der Vergangenheit eine intimere Beziehung mit Hashirama geführt hatte, hoffte sie auf die Generalin, ihr die Antwort geben zu können, die sie suchte.

Wie üblich blaffte Tōka ihren Shinobi Befehle zu und jagte sie in Zweiergruppen über das Übungsfeld, während Hikaku durch die Reihen ging und Fehler korrigierte. Die beiden bildeten ein effektives Team und Hashirama und Madara waren in der Tat gut beraten gewesen, sie zusammenarbeiten zu lassen, um Uchiha und Senju zu besserer Kooperation zu bewegen.

Tatsächlich waren an diesem Tag auch Hashirama und Madara anwesend, die sich am anderen Ende des Feld mit Angehörigen der Yamanaka, Nara und Akimichi zusammengefunden hatten. Irgendetwas, das Hashirama ausprobieren wollte, so viel hatte Mito mitbekommen, auch wenn sie nicht wusste, um was es sich dabei handelte. Tōka jedenfalls schien davon nicht allzu überzeugt zu sein den misstrauischen Blicken nach zu urteilen, die sie in die Richtung der kleine Gruppe warf.

Sie schüttelte missbilligend den Kopf. »Die beiden lernen es auch nie, dass sie mindestens eine Meile zwischen uns und sich bringen sollen, damit der Rest von uns Ruhe vor ihnen hat«, schimpfte sie, als Mito sich ihr näherte. »Ich führe hier ihren eigenen Befehl aus, die Truppen auszubilden, aber so wird das nie etwas.«

»Dafür sieht es doch schon recht gut aus«, bemerkte Mito. »Hast du eine Ahnung, was das da werden soll?«

Tōka bedeutete Hikaku, dass er für den Moment übernehmen sollte, dann wandte sie sich Mito zu. »Die Formation Ino-Shika-Chō, so wie ich das mitbekommen habe. Sie wollen ihre Möglichkeiten ausprobieren. Im Kampf gegen die Hagoromo hatte sich Hashirama allein gegen die Nara und Akimichi behaupten können, und ich muss zugeben, dass es mich auch interessieren würde, wie das wohl ausgegangen wäre, wäre die Formation vollständig gewesen. Aber nicht hier, wenn auch andere trainieren wollen!«

Die Besprechungen für diesen Versuch schienen abgeschlossen zu sein, denn Chōkei griff ein letztes Mal in eine Box voller Snacks, die er bei sich getragen hatte, und nahm sich eine Handvoll. Noch immer kauend trat er vor und formte ein Handzeichen. Mito blinzelte überrascht, als sich sein Körper zu einer Kugel formte, die sich mit überraschender Schnelligkeit drehte. Damit griff er Hashirama an.

Wie zu erwarten gewesen war, versuchte Hashirama den Angriff mit seinem Holz abzuwehren. Wurzeln schossen aus dem Erdreich und streckten sich dem Angreifer entgegen, um ihn aufzuhalten. Auch Chōkei hatte das vorhergesehen und ließ die menschliche Kugel, zu der er geworden war, in die Luft springen. Die Ranken versuchten ihm zu folgen, aber sein Angriff erfolgte mit so hoher Geschwindigkeit, dass Hashirama schließlich doch nichts anderes übrig blieb als auszuweichen.

Dies war anscheinend der Moment, auf den Shika gewartet hatte, denn er hatte bereits seine Schattenfessel vorbereitet. Wie Schlangen wandten sich seine Schatten über den Boden und setzten Hashirama nach. Auch Chōkei änderte die Richtung seines Angriffes, auch wenn der Schwung ihm seine Wendigkeit nahm. Dennoch gelang es ihm, Hashirama eine Rückzugsmöglichkeit abzuschneiden, als er blitzschnell die Form seines Körpers erneut änderte und nun seine Arme vergrößerte. Die Schattenfessel fand ihr Ziel, wand sich innerhalb nur eines Augenblickes um Hashirama und machte ihn bewegungsunfähig.

Irgendetwas sagte Mito, dass Hashirama selbst dem ohne den Einsatz eines weiteren Jutsu hätte entkommen können.

Dies war nun Inoris Einsatz. Er formte das Siegel für sein Shintenshin und anhand dessen, dass er die Kontrolle über seinen Körper verlor, nahm Mito an, dass es Erfolg hatte. Sie sah zu Hashirama. Ein konzentrierter Ausdruck hatte sich auf sein Gesicht gelegt. Und dann, mit einem Mal keuchte Inori auf und selbst Shikas Schattenfessel geriet ins Wanken. Shika verstärkte sein Jutsu und schien mit einem Mal ein Ringen mit Hashiramas Kraft auszutragen.

»Mich hat noch niemand innerhalb von Sekunden wieder aus seinem Geist geworfen!«, rief Inori erstaunt aus.

»Das geht?«, fragte Chōkei erstaunt. »Ich dachte, die eigentliche Herausforderung dabei wäre, dass du triffst.«

Indes ging Shika sichtbar an seine Grenzen, während er noch immer versuchte, Hashirama gefesselt zu halten. Mito bemühte ihre Sensor Fähigkeiten und sah mit Erstaunen die Menge an Chakra, die Shika in sein Jutsu stecken musste, um es aufrecht zu erhalten, während Hashirama sich nicht einmal sichtbar Mühen geben musste.

Schließlich löste Shika sein Jutsu auf. »An diesem Punkt wären wir wohl längst besiegt worden, wäre das ein echter Kampf. Kein Grund mehr für mich, mich weiter zu bemühen.«

Hashirama streckte die Finger. »Das ist ein wirklich seltsames Gefühl, von Schatten gefesselt zu sein.«

»Was haltet ihr davon, wenn wir Formation E ausprobieren?«, schlug Inori vor.

»Gegen nur einen Gegner?«, sagte Chōkei. »Haben wir das überhaupt jemals in so einer Situation versucht?«

»Was sich auch immer hinter Formation E verbirgt, ich will es herausfinden. Weiterhin dieselben Regeln für mich?«, ließ Hashirama verlautbaren. Er schien eine Menge Spaß daran zu haben, auch wenn Mito längst klar war, dass Shika, Chōkei und Inori auch zusammen keine Gegner für ihn waren. Sie würden es wahrscheinlich wirklich mit ihren gesamten Clans versuchen müssen, dann wären die Chancen ausgeglichener. So lange spielte er mit seinen Gegnern wie eine Katze mit einer Maus.

»Nun denn. Chōkei, Inori, Formation E!«, befahl Shika seinen Teamkameraden.

Inori trat hinter ihn und wendete eine Sensor Technik an. Wie es aussah, war er damit in der Lage an Shika zu übertragen, was er wahrnahm. Chōkei vergrößerte seinen Körper um ein Vielfaches während Shika gleichzeitig ihre beiden Schatten miteinander verband. Der Schatten wirkte dieses Mal wie ein Lasso, dass es ihm ermöglichte, Chōkeis enormen Körper zu bewegen. Als sie so angriffen, schwang Shika den Körper wie eine gigantische Keule.

Hashirama gelang es, dem spielend auszuweichen. »Sieh doch einmal, Madara-kun!«, rief er begeistert. »Ein menschliches Yo-Yo! So etwas habe ich noch nie gesehen!«

Wenn er noch immer Ressourcen hatte, um fröhlich zu quasseln, während Shika, Chōkei und Inori ihm nachsetzten, dann würde nicht einmal eine so beeindruckende Technik ihm in diesem Maßstab ernsthaft zusetzen können. Mito war beeindruckt von dem hohen Maß an Koordination, das Shika, Chōkei und Inori an den Tag legten, und den Techniken, die die drei Männer daraus ableiten konnten. Für die meisten anderen Shinobi wären sie eine große Herausforderung. Hashirama hingegen musste nicht einmal eines seiner stärkeren Jutsus anwenden, um die Formation Ino-Shika-Chō zu kontern.

Mito verstand, warum ihr Vater ein Bündnis mit diesem Mann wollte. Sie verstand es wirklich.

Madara hatte sich das Schauspiel bisher mit seiner üblichen gelangweilten Attitüde angesehen. Vielleicht war es ja auch Arroganz, Mito war sich da mittlerweile nicht mehr so sicher.

»Vielleicht sollten wir langsam für etwas realistischere Verhältnisse sorgen«, sagte Madara und griff nach seinem Gunbai.

»Oh nein«, grummelte Tōka genervt und verdrehte die Augen.

Madara holte mit dem Fächer aus. Inori übertrug dies an Shika und dieser schwang Chōkei sofort herum, um auf den neuen Gegner zu reagieren. Madara schlug mit dem Fächer zu.

Eine enorme Windböe fegte über den Platz und konterte Formation E effektiv. Der Sturm wirbelte Staub und Steine auf, riss Shika, Chōkei und Inori von den Füßen und brachte selbst die am weitesten entferntesten Shinobi, die auf dem Platz bis jetzt trainiert hatten, noch ins Straucheln. Mito hob schützend einen Arm vor das Gesicht und hoffte, dass ihre Frisur nicht vollends ruiniert worden war. Eine Strähne hing verräterisch in ihr Gesicht.

»Und wieder besiegt«, schloss Shika, als er sich aufgerappelt und den Staub von den Kleidern geklopft hatte.

»Wir hatten Regeln aufgestellt!«, zeterte Tōka, als sie auf Madara zustürmte. »Und diese Regeln besagen, hier nicht alles in Schutt und Asche zu legen! Der Wald ist groß genug dafür!«

»Tse, dabei habe ich noch nicht einmal sonderlich viel Chakra benutzt«, winkte Madara lässig ab.

Eindeutig Arroganz, beschloss Mito.

Hashirama zupfte Madara begeistert am Ärmel. »Los, lass uns in den Wald gehen und das im großen Stil ausprobieren! Es hat gerade begonnen Spaß zu machen!«

Tōka stöhnte hörbar auf und stapfte wieder zurück zu Mito. »Warum ist Tobirama nicht der ältere? Sein Enthusiasmus kann so anstrengend sein.« Sie warf Madara einen finsteren Blick zu. »Soll der sich darum scheren.«

Mito ließ den Männern ihren Spaß und wandte sich Tōka zu. »Das war eine interessante Vorstellung, aber eigentlich bin ich wegen etwas anderem gekommen.«

»Ich hatte mich schon gewundert. Du bist sicher nicht hier, um Männern beim Spielen zuzusehen.«

»Ganz Recht. Zum einen wollte ich dir zur Verlobung gratulieren.«

Etwas von Tōkas harter Schale bröckelte und sie lächelte verlegen. »Oh, dann hast du davon auch schon gehört? Irgendwie machen alle so eine große Sache daraus.«

»Aber es ist doch auch eine große Sache!«, versicherte Mito ihr. »Außerdem weißt du, dass du mir in den Monaten, in denen ich jetzt hier bin, eine gute Freundin geworden bist. Und als Freundin freue ich mich für dich.«

»Also willst du dich jetzt mit mir über Frauenkram unterhalten?«, schloss Tōka ein wenig verwundert. »Welchen Kimono ich tragen soll und wie ich mir die Haare machen soll und so, wenn wir dann heiraten?«

»Ich würde gern, aber leider muss ich eine schlechte Freundin sein«, eröffnete Mito. »Denn ich habe ein Problem, und ich hoffe, dass du mir dabei helfen kannst.«

Tōka hob eine Augenbraue. »Ich bin in genau einer Sache gut und die beinhaltet, Truppen um zwei Shinobi herum zu manövrieren, die mit gottgleichen Kräften aufeinander einprügeln. Aber irgendwie bezweifle ich, dass es dir darum geht.«

»Es betrifft tatsächlich Hashirama.«

Tōka sah sie einen Moment schweigend an. »Hat er dir und deinem Vater immer noch keine klare Antwort gegeben?«

»Ja, und ich weiß einfach nicht warum. Ich habe gehört, dass ihr euch einmal nahe gestanden hattet, und daher hatte ich gehofft, dass du mir vielleicht sagen kannst, warum er eine Entscheidung vermeidet.«

Tōka bedeutete Mito, ihr zu folgen. Sie entfernten sich ein Stück vom Übungsgelände, bis sie die letzten Gebäude hinter sich gelassen und zwischen die Bäume getreten waren. Die Geräusche der trainierenden Shinobi waren hier nur noch schwach zu vernehmen. Irgendwo in der Ferne wurde gerade ein beachtliches Stück Wald vernichtet, als Hashirama seinen Versuch im großen Maßstab fortsetzte.

»Es stimmt, wir hatten eine Affäre miteinander, aber das ist schon eine Weile her und außerdem hatte ich es beendet«, begann Tōka. »Du musst wissen, wir Senju werden als Clan der Liebe bezeichnet, weil wir der Liebe einen hohen Stellenwert beimessen. Wie das genau aussieht, wurde in der Vergangenheit allerdings unterschiedlich ausgelegt. Ich glaube, weil Hashirama schlechte Erfahrungen mit dem gemacht hatte, was sein Vater darunter verstand, nennt er es lieber den Willen des Feuers. Es gibt Menschen in seinem Leben, die ihm sehr viel bedeuten, und dazu gehören Tobirama und Madara – auch wenn ich mir ums Verrecken nicht erklären kann, warum er so einen Narren an diesem Ekelbolzen gefressen hat. Aber es gibt noch einen Wert, nach dem er lebt, und der besagt, seinen Clan um jeden Preis zu schützen, selbst wenn er dafür große Opfer bringen muss. Das beschränkt sich schon längst nicht mehr nur auf unseren Clan, sondern auf alle hier in diesem Dorf.«

»Aber wenn er die Bedingungen, die ihm der daimyō auferlegt hat, nicht erfüllen kann, ist alles null und nichtig. Ich verstehe nicht, warum er das riskiert, indem er seine Entscheidung so hinauszögert«, wunderte sich Mito.

»Tja, das erstaunt mich auch«, stimmte Tōka zu. »Das sieht ihm ganz und gar nicht ähnlich. Bisher hatte er nie gezögert, das zu tun, was er tun musste, um das Überleben des Clans zu sichern. Er hatte schon lange diesen Traum von Frieden, auch wenn, als wir noch Kinder waren, niemand jemals gewagt hätte, offen darüber zu reden. Schon gar nicht in Butsumas Gegenwart. Als er nach Butsumas Tod gezwungen gewesen war, im Gegenzug Tajima, Madaras Vater, zu töten, hatte er auch das getan, auch wenn er damit effektiv diesen Traum zu Grabe getragen hatte. Aber er war dennoch so weit gegangen, weil es das war, was das Überleben des Clans gesichert hatte.«

»Er ist jedoch ein Sturkopf und hat dennoch weiter daran festgehalten. Und jetzt stehen wir hier.« Mito konnte nicht verhindern, dass ihre Bewunderung aus ihrer Stimme klang.

Tōka schmunzelte. »Ich sehe. Charme hat er ja, das muss man ihm lassen. Aber du musst dir bewusst sein, dass er schwierig zu lieben ist. Für mich war das auch der Grund, die Sache zwischen uns zu beenden. Du wirst nie seine alleinige Liebe haben, da wird es immer andere Dinge und Personen geben, die ihm genauso viel, wenn nicht gar mehr bedeuten. Dieses Dorf ist definitiv eines dieser Dinge.«

»Wenn ich überhaupt jemals auch nur einen Teil seiner Liebe habe. Versteh mich nicht falsch, ich weiß, was ich von einer arrangierten Hochzeit zu erwarten habe und Liebe ist es definitiv nicht. Aber wenn es doch wenigstens genug wäre, dass er dem endlich zusagt! Wenn nicht um meinetwillen, dann doch wenigstens für das Dorf. Aber ich habe das Gefühl, dass dem irgendetwas im Weg steht. Nun, ich sollte besser sagen irgendwer. Du sprichst von Affäre und das lässt in mir die Frage aufkommen, ob er dich überhaupt geliebt hatte. Ob er generell in dieser Weise an Frauen interessiert ist.«

»Oh, ich sehe, wohin das geht und worauf du hinaus willst. Mito-kun, du siehst viel, dich sollte man wirklich nicht unterschätzen«, sagte Tōka anerkennend. »Also was das angeht, brauchst du dir keine Sorgen machen. Er findet durchaus Gefallen an Frauen. Aber eben nicht nur Frauen.«

Und plötzlich fügten sich die Puzzleteile zusammen und alles ergab mit einem Mal Sinn. Hashirama zögerte die Entscheidung über die Hochzeit hinaus, weil er in jemanden verliebt war. Mito war sich ziemlich sicher, dass dieser Jemand ein gewisser Uchiha war, den Tōka so treffend als Ekelbolzen bezeichnet hatte.

»Ich danke dir, Tōka-kun«, sagte sie. »Du hast mir enorm weitergeholfen.«

»Na immerhin etwas, das ich an diesem Tag erreichen konnte«, sagte Tōka mit einem zufriedenen Lächeln. »Und wenn du Tipps für Bettsport brauchst, dann kannst du gern du mir kommen.« Das sagte sie mit einem anzüglichen Grinsen.

»Ach, du!« Mito drohte spielend mit ihrem Fächer.

Sie verabschiedeten sich voneinander und Mit überließ Tōka wieder ihrer Arbeit. Mito hatte eine Menge, worüber sie nachdenken wollte. Jetzt musste sie entscheiden, was sie mit den Informationen machte, die sie erhalten hatte.

In den kommenden Wochen war die bevorstehende Hochzeit das Gesprächsthema schlechthin unter den Dorfbewohnern. Wenn Tōka und Hikaku gehofft hatten, es klein zu halten, so waren sie effektiv gescheitert. Das Dorf summte vor Geschäftigkeit und jeder schien seinen Teil zu der Hochzeit beitragen zu wollen. Es wurden hitzige Debatten geführt, wie die Hochzeit zu führen sei, und jeder hatte seine ganz eigene Meinung. Das schien die Gemüter für eine kurze Zeit sehr zu erhitzen, bis Madara dem energisch ein Ende setzte.

»Das hat allein das Brautpaar zu entscheiden, verstanden?!«, brüllte er durch das halbe Dorf. Da er wirkte, als würde er die erstbeste Person, die ihm über den Weg lief, eigenhändig erwürgen, war dieses Thema damit effektiv abgeschlossen.

Die Hochzeit rief leider auch Ashina wieder auf den Plan. Fast täglich drängte er seine Tochter, endlich ein Ergebnis vorzuweisen. Sie musste an sich halten, ihrem Unmut nicht nachzugeben, und versicherte ihm, noch immer an der Sache zu arbeiten.

»Ich werde bald wieder aufbrechen und zu unserem eigenen Clan zurückkehren«, informierte Ashina sie. »Der Herbst hat begonnen und wir müssen uns auf den Winter vorbereiten. Ich erwarte von dir, dass du bis zum Ende des Jahrs ein Ergebnis vorzuweisen hast.«

»Ja, otōsan«, versicherte Mito ihm mit einer leichten Verbeugung.

»Wenn nicht, werde ich mich nach einer anderen Partie für dich umsehen. Mir gefällt diese Idee mit dem Dorf, aber dass Hashirama-sama uns so lange hinhält, wird allmählich unhöflich und ich werde das nicht mehr lange tolerieren.«

Mito wollte um keinen Preis, dass das Dorf zum Scheitern verdammt war, aber sie sah einfach keinen anderen Weg. Sie hatte ein Problem und sie hatte eine Vermutung, wo die Wurzel dieses Problems lag. Sie hielt die Augen offen.

Tōka hatte Recht, Mito war in der Tat eine sehr gute Beobachterin. Die Rolle, die ihr Vater für sie im Leben vorgesehen hatte, hatte stets beinhaltet, dass sie eine schweigsame Frau an der Seite ihres Gemahls werden würde. Sie hatte hübsch auszusehen, feines Benehmen an den Tag zu legen und sich elegant zu bewegen. Aber wie sie Hashirama schon gesagt hatte: Sie war mehr als nur eine hübsche Puppe. Sie war auch eine Kunoichi und als solche hatte sie gelernt, mehr als nur ihre Rolle zu erfüllen. Wenn alle in ihr nur ein hübsches Ding zum Betrachten sahen, ließ ihr das genügend Freiräume, um aus dem Stillen heraus zu beobachten. Sie sah Dinge, die anderen entgehen würden und von denen nur wenige erwarten würden, dass sie sie überhaupt bemerkte.

Und manchmal bemerkte sie Dinge, denen sich nicht einmal die Person, die es betraf, bewusst war.

Über die kommenden Wochen hinweg beobachtete sie Hashirama und Madara genau. Sie verwickelte Hashirama in scheinbar harmlose Gespräche und fragte ihn, wie es gekommen war, dass er ausgerechnet mit Madara hatte Frieden schließen wollen. Sie hätte erwartet, dass er pragmatisch antworten würde, dass es das naheliegendste wäre, mit seinem Erzfeind einen Waffenstillstand auszuhandeln, um allen zu beweisen, dass es möglich wäre. Sie hätte nicht erwartet, eine Geschichte über eine vom Anfang an zum Scheitern verurteilte Freundschaft zu hören.

Und definitiv hätte sie nicht erwartet, dass ausgerechnet Madara denselben Traum hegte wie Hashirama, es gar er war, der Hashirama dazu gebracht hatte, diesen Traum ernsthaft weiter zu verfolgen. Wäre Madara nicht gewesen, Hashirama hätte vielleicht nie den Mut aufgebracht, diesen Weg einzuschlagen.

Mito hörte zu und beobachtete und immer mehr Puzzleteile fügten sich zusammen. Die Art, wie Hashirama von seinem Freund redete, sprach Bände. Die Blicke, die er ihm hinterher warf, wenn er dachte, keiner würde es bemerkten, sprachen Bände. Beinahe fragte sich Mito, wieso ihr das nicht schon viel früher aufgefallen war und sie Tōkas Hinweis dafür benötigt hatte.

Hashirama schien sich auch nicht bewusst zu sein, dass seine Gefühle für Madara weit über Freundschaft hinaus gingen. Oder vielleicht war er es sich doch und irgendetwas anderes hielt ihn zurück, aber bei diesem Punkt war sich Mito nicht so sicher. Zuletzt schien die Beziehung der beiden etwas unterkühlt und angespannt, und sie hatte den Grund dafür noch nicht herausfinden können. Etwas war vorgefallen, dass dafür sorgte, dass sich Madara selbst Hashirama gegenüber besonders arrogant und abweisend gab. Beinahe, als wolle er ihn auf Abstand halten.

Dabei hatte Mito sehr wohl bemerkt, dass auch er Hashirama auf dieselbe Art und Weise hinterher starrte, wenn er dachte, keiner würde es merken. Die beiden schmachteten einander hinterher, ohne es zu bemerken, und wäre Mito nicht in der Situation, in der sie nun einmal war, sie hätte sicher einige Freude daran gefunden, die beiden miteinander zu verkuppeln.

Aber leider standen die Dinge nun einmal anders und sie befanden sich auch nicht in einer Liebeskomödie. Dies war das echte Leben und das war oftmals weitaus unromantischer. Zu viel stand auf dem Spiel, und sie würde nicht zulassen, dass irgendwer das Dorf für ein paar Gefühlsdusseleien riskierte. Sie musste mit Hashirama reden.

Es ist echt nicht nett von Tōka, ihren Ex zu outen. Macht man nicht. Im nächsten Kapitel gibt's eine Hochzeit und ein dringend benötigtes Gespräch zwischen Hashirama und Madara.
Am Rand der Klippe
CN Beschreibung von SVV und entsprechender Wunden, Erwähnung ermordeter Familienmitglieder, Kindsmord (erwähnt), Trauma

Seit Wochen schon fieberte Hashirama der Hochzeit entgegen. Tōka hatte den Termin dafür auf den Herbstanfang festgelegt, und er konnte das nur begrüßen. Eine so wichtige Feier konnte nur umso schöner werden, wenn der Wald selbst sich in seinen prächtigsten Kleidern zeigte. Das einzige, was seine Vorfreude signifikant dämpfte, war der Umstand, dass er permanent daran erinnert wurde, dass er selbst eine gewisse Sache mit Mito zu klären hatte.

Sie brachte es immer wieder zur Sprache, aber bisher hatte er dem immer ausweichen können. Er wusste, dass diese Taktik nicht mehr lange würde funktionieren können und bei Tobirama hatte sie längst aufgehört zu funktionieren. Sein Bruder war wesentlich geradliniger, was seine Versuche anging, Hashirama endlich zu einer klaren Antwort zu bewegen. Er zögerte außerdem nicht, seinem Unmut Luft zu machen.

»Du verscherzt es dir mit Ashina, wenn das so weiter geht und setzt alles aufs Spiel, was wir bisher erreicht haben, und ich weiß einfach nicht wieso!«, rügte ihn Tobirama nicht zum ersten Mal.

»Ich weiß doch!«, klagte Hashirama. »Du musst mir nicht jedes Mal aufs Neue das Offensichtliche unter die Nase reiben.«

»Warum sagst du dann nicht einfach zu?«

»Weil …«

Dies war der Punkt, an dem ihre Gespräche üblicherweise im Sand verliefen. Hashirama wusste einfach nicht mehr, was er darauf antworten sollte. Er wollte antworten, dass Madara der Grund war, dass er Mito nicht heiraten wollte, wenn er doch eigentlich nichts weiter wollte, als Madara nahe zu sein. Aber Madara wollte ihn nicht, und nun Mito als zweite Wahl zu nehmen, fühlte sich falsch an. Dabei hätte Mito von Anfang an nicht nur die zweite Wahl sein dürfen. Alles war so verzwickt geworden.

Eine ganze Weile schwiegen sie sich an und es war eine unangenehme Stille. So viele ungesagte Worte hingen zwischen ihnen und Hashirama wusste einfach nicht, wie er sie aussprechen sollte. Schließlich entschied er sich doch wieder für unbefangenes Geplauder. »Wie laufen deine Experimente mit Mito?«

»Du weichst dem Thema aus«, stellte Tobirama zutreffend fest, gab dann aber doch Antwort. Er gab immer Antwort, wenn irgendwer ihn nach seinen Forschungen fragte.

Mito hatte großes wissenschaftliches Interesse am Mokuton gezeigt und es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht herauszufinden, ob er damit essbare Nahrung wachsen lassen könnte. Anders als Tobirama nahm sie es ernst, wenn er über die philosophischeren Aspekten seiner Fähigkeiten sprach.

Es stimmte, die Natur hatte ihren eigenen Rhythmus, und er konnte ihn hören. Tobirama hatte das immer als blumige Metapher abgetan, aber die Wahrheit war, dass Hashirama die Pflanzen wispern hörte. Es war keine Sprache in dem Sinne, was Menschen darunter verstanden, mit Worten und Sätzen, sondern viel mehr ein Lied, ein stetes Pulsieren, das alles durchdrang, Luft, Wasser, Erde und alles, was seine Wurzeln darin vergrub. Seit er das verstanden hatte, war er in der Lage gewesen, noch weitaus mächtigere Jutsus anzuwenden.

Mito hatte verschiedene Theorien aufgestellt. Eine beinhaltete, dass er sich auf den Klang der Natur einstimmte. »Wie eine Stimmgabel«, hatte sie ihm erklärt. Wie das funktionieren sollte, hatte sie ihm allerdings nicht sagen können. Ihre zweite Theorie war, nach der Essenz der Dinge zu greifen und sie zu mehr zu überreden, als nur Holzformen zu bilden.

Bisher waren sie nicht weit gekommen, aber Tobirama schien gewillt zu sein, dem eine Chance zu geben. Viel hatten sie nicht experimentieren können, denn noch immer gab es vieles, um das sie sich kümmern mussten im stetig wachsenden Dorf. Noch immer wurde gebaut und gehämmert und die Vorbereitungen für den Winter wollten auch getroffen werden. Zudem hatten sie mit den Bauarbeiten an der Akademie begonnen und hofften, sie zum nächsten Frühling hin eröffnen zu können. Auch der Grundstein für das Krankenhaus war gelegt worden sowie für das Verwaltungsgebäude, dass sie mittlerweile dringend brauchten; die Küche der beiden Senju-Brüder war schon längst nicht mehr dafür geeignet.

Und dann war da ja noch diese Sache mit Madara. Immer wieder hatte Hashirama versucht, die Kluft zwischen ihnen zu überbrücken, die sein unbedachtes Handeln geschlagen hatte, aber Madara hatte ihn stets auf Abstand gehalten. Er fand immer etwas, mit dem er Hashirama abwimmeln konnte, um so zu verhindern, dass sie auch nur kurz unter vier Augen miteinander sprechen konnten. Es war eindeutig, dass er Hashirama aus dem Weg ging.

Es schmerzte, umso mehr, da das Verlangen nach Madaras Nähe heiß brannte in Hashirama. Und er konnte nichts tun, als zu hoffen, dass er ihre Freundschaft nicht vollends ruiniert hatte.

Die Hochzeit rückte immer näher und Tōka und Hikaku hatten es längst aufgegeben, die ganze Sache in irgendeiner Weise klein zu halten. Früher oder später war jeder einmal bei ihnen vorbei gekommen, um Glückwünsche und vielleicht auch ein kleines Geschenk zu überbringen. Als Tōka deswegen irgendwann die Hutschnur geplatzt war, hatte Hashirama vorgeschlagen, die Feier zu einem Festtag für das ganze Dorf auszuweiten. Die eigentliche Zeremonie würde noch immer im kleinen Kreise stattfinden. Aber allen etwas zu feiern zu geben, war immer eine gute Sache.

»Na ich hoffe nur, dass wir das in Zukunft nicht mit allen Hochzeiten so halten«, antwortete Tōka grummelnd. »Dann kommen wir aus dem Feiern gar nicht mehr heraus.«

»Aber du musst schon zugeben, dass eure Hochzeit etwas Besonderes ist«, hielt Hashirama dagegen.

Tōka durchbohrte ihn mit einem unangenehm wissenden Blick. »Am besten, du kümmerst dich um deinen eigenen Kram und überlässt Leuten wie deinem Bruder oder mir die Organisation. Darin waren wir schon immer besser.«

Damit hatte sie durchaus Recht und er räumte das Feld. Er hatte noch genug andere Dinge zu erledigen und sein Teil als Anführer des Clans war bei einer Hochzeit dankenswerterweise nur auf ein paar Floskeln beschränkt. Den Rest übernahmen Mönche.

Am großen Tag putzte sich Hashirama heraus und wählte seinen besten Kimono. Tobirama zeigte sich wie schon Monate zuvor bei ihrem Besuch beim daimyō wenig einsichtig und verweigerte weiterhin traditionelle Kleidung. Langsam glaubte Hashirama, dass sein kleiner Bruder das aus purem Trotz ihm gegenüber tat als kleine Rache dafür, dass so oft Organisatorisches an ihm hängen blieb.

Die Zeremonie wurde im Naka Schrein der Uchiha abgehalten, den sie mittlerweile errichtet hatten. Bei dem Gebäude handelte es sich um einen Nachbau des Schreins, den sie viele Generationen lang in ihrer alten Siedlung unterhalten hatten. Ebenjene war wie die der Senju mittlerweile längst verlassen und die meisten Besitztümer der Einwohner in das neue Dorf gebracht worden. In vielerlei Hinsicht war diese Hochzeit der finale Schritt, mit dem sie sich vollends von ihrer Vergangenheit lösten und sich der Zukunft zuwandten.

Während der Zeremonie konnte Hashirama nicht verhindern, dass seine Gedanken immer wieder zu Madara wanderten. Auch wenn er neben ihm kniete, schienen sie so weit voneinander entfernt zu sein wie schon lange nicht mehr. Hashirama bemühte sich, der Zeremonie mit angemessener Aufmerksamkeit zu folgen, aber dennoch warf er den einen oder anderen verstohlenen Blick in Richtung Madara. Er wollte die Hand nach ihm ausstrecken und ihm sagen, wie sehr es ihm Leid tat, was er getan hatte, aber er tat es nicht. Jetzt war definitiv nicht der Moment dafür.

Hinterher, als der zeremonielle Teil abgeschlossen war, trat die kleine Gruppe ausgewählter Gäste vor den Schrein und wurde von der Menge erwartungsvoller Dorfbewohner empfangen. Sie alle jubelten dem Brautpaar zu und ließen es hochleben. Tōka und Hikaku strahlten.

Mito nutzte die Gelegenheit, um Tōka persönlich zu gratulieren. »Du siehst wundervoll aus, Tōka-kun! Ich bin wirklich froh, dass dir mein Rat für deinen Kimono zusagte und er dir auch noch so gut steht.«

Tōka drehte sich ein wenig und präsentierte die Ärmel ihres prachtvollen Kimono, welche aufsteigende Kraniche vor der Morgenröte zeigten. »Es ist immer noch seltsam, keine Uniform zu tragen. Ich fühle mich wie ein Ausstellungsstück.«

»Ach was, du bist einfach prächtig!«, versicherte Mito ihr. »Aber sagt, jetzt wo ihr endlich verheiratet seid, habt ihr euch schon Gedanken über Kinder gemacht? Wie wollt ihr sie nennen?«

Hikaku verschluckte sich beinahe und wurde verräterisch rot im Gesicht. »Bitte was?«

Falls Tōka unter ihrer Schminke ebenfalls errötete, sah man es nicht. »Kagami«, sagte sie mit ernster Mine. »Falls es ein Junge wird, wollen wir ihn Kagami nennen.«

Mitos Augen wurden groß. »Ach, sag bloß!« Hastig verbarg sie ihr Gesicht hinter ihrem Fächer, als sie sich vorbeugte, um wispernd zu fragen: »Im wie vielten Monat bist du schwanger?«

»Seid leise, die Leute gucken schon«, versuchte Hikaku zu retten, was zu retten war.

»Elfte Woche, höchstens«, wisperte Tōka zurück.

»Puh, ich habe noch nicht zu viel verpasst.«

Kichernd und tuschelnd zogen die Frauen davon, während Hikaku noch immer zunehmend verzweifelter versuchte, sie zum Schweigen zu bringen. Madara warf Hashirama einen fragenden Blick zu. Dieser hob die Hände.

»Davon wusste ich auch nichts.«

Madara zuckte mit den Schultern. »Eigentlich kann‘s mir auch egal sein. Das ist Weiberkram. Lass uns dieses Fest hinter uns bringen und dann findet dieser Zirkus endlich ein Ende.«

Hashirama verdrehte die Augen und folgte ihm zum Festplatz. Von ihnen wurde erwartet, dass sie eine gewisse Präsenz zeigten, auch wenn an diesem Tag zweifelsohne Tōka und Hikaku im Mittelpunkt stehen sollten. Madara tat das absolute Minimum, wechselte ein paar steife Worte mit Hikaku und hielt sich ansonsten im Hintergrund. Hashirama versuchte es wieder wett zu machen, indem er das Brautpaar mit Glückwünschen überschüttete.

Es war für ein reiches Buffet gesorgt worden und auch Ramen Ichiraku hatte sich daran beteiligt. Alkohol floss reichlich und die Stimmung war ausgelassen. Unweigerlich musste Hashirama an die Friedenszeremonie im Frühling zurückdenken, als die Clans gerade erst begonnen hatten, sich vorsichtig einander anzunähern. Dazwischen lag ein Unterschied von Tag und Nacht. Niemand sah mehr Angehörige der anderen Clans misstrauisch an und Uchiha und Senju tranken gemeinsam auf Freundschaft. Kinder wuselten ausgelassen zwischen den Erwachsenen umher und scherten sich schon lange nicht mehr um Clanangehörigkeit.

Hashirama bemerkte auch, wie sich Madara bei der erstbesten Gelegenheit davonstahl. Niemand schien dem wirklich Beachtung zu schenken, und Hashirama ermahnte sich, nicht sofort dem Drang nachzugeben, seinem Freund hinterher zu gehen. Sicher suchte er Ruhe von all dem Trubel, versuchte er sich einzureden.

Und doch ließ es ihn selbst nicht in Ruhe. Als er sah, dass Tobirama mit Mito in eine ihrer wissenschaftlichen Diskussionen vertieft war, nutzte er die Gunst der Stunde und schlich davon.

Er ahnte, wo er Madara finden würde, und wenn er Recht behielt, hieß dies, dass Madara von ihm gefunden werden wollte. Es dämmerte bereits, als er das Plateau über dem Kliff erreichte und hier tatsächlich Madara antraf. Er saß am Rand der Klippe und blickte über das Dorf hinweg, wie sie es so oft als Kinder getan hatten. Hashirama setzte sich zu ihm. Eine ganze Weile schwiegen sie einvernehmlich. So weit oben war nur noch das sanfte Rauschen des Windes zu vernehmen, das sich mit den kaum noch wahrnehmbaren Geräuschen der Feier vermischte.

»Wir haben es geschafft«, brach Madara schließlich die Stille. »Der Traum zweier dummer Jungen ist Wirklichkeit geworden.«

»Ja, das ist er.« Hashirama lächelte warm, als er auf ihr Dorf hinabblickte. »Vor langer Zeit pflanzten wir eine Idee und nährten sie mit unseren Wünschen, Träumen und Hoffnungen. Jetzt endlich hat sie Wurzeln fassen können und wächst immer höher hinaus.«

»Tse, du mit deinen albernen Pflanzen-Metaphern immer«, sagte Madara. Sein neckender Ton gab Hashirama Hoffnungen, dass seine Laune endlich etwas besser geworden war und er sich jetzt endlich entschuldigen konnte. Es brannte ihm auf der Seele, die Dinge wieder gerade zu rücken.

Doch Madara zog die Beine an die Brust und schlang die Arme um die Knie. »Ich wünschte, Izuna könnte das alles sehen. Für ihn kam all das zu spät. Das einzige, was mir von ihm geblieben ist, sind Erinnerungen und seine Augen. Ansonsten nichts. Nichts als Asche.«

Hashirama sah zu seinem Freund, doch dieser blickte noch immer auf das Dorf hinab. Das Sharingan schien aus seinen Augen. Aber nein, eigentlich waren es ja Izunas Augen. Was nur hatte es damit auf sich?

»Ich hatte mir geschworen, Izuna zu schützen, um jeden Preis«, fuhr Madara fort. Er schien mehr mit sich selbst zu reden statt mit Hashirama. »Es war sein letzter Wunsch, dass ich seine Augen nehme, um unseren Clan schützen zu können. Ich habe meinen Eid gebrochen, ihn zu schützen, und jetzt weiß ich nicht einmal, ob ich seinen letzten Willen erfüllen kann.«

»Madara …«, setzte Hashirama an, wusste aber nicht wirklich, was er eigentlich sagen wollte.

Madara hob den Kopf und durchbohrte ihn mit seinem Blick. »Hashirama, sag mir eines. Sag mir, warum du dir so sicher sein kannst, dass das hier alles«, er machte eine Geste, die das ganze Dorf umfasste, »funktionieren kann. Was macht dich so sicher? Sag es mir, denn ich kann es nicht sehen.«

Seit wann hegte Madara diese Zweifel? Woher kamen sie? Es bereitete Hashirama Sorgen, solche Worte von seinem Freund hören zu müssen. Er gab sich Mühe, möglichst selbstsicher zu klingen, als er antwortete: »Es ist nicht einfach, etwas zu sehen, dass es vorher noch nie gegeben hat. Eine gute Welt.«

»Woher weißt du es? Woher weißt du, dass sie gut wird?«

»Weil ich weiß, was gut ist. Und auch du weißt es. War es nicht das, wovon wir all die Jahre träumten? Die Welt, wie wir sie kannten, war ein ewiges Rad aus Krieg und immer nur noch mehr Krieg. Schon lange weiß niemand mehr, wo die Wurzeln unseres Konflikts lagen. Aber wir, zusammen brechen wir das Rad. Wir werden es nicht heute schaffen und auch nicht morgen und vielleicht werden wir diese Aufgabe sogar an die nächste Generation weitergeben müssen. Aber wir werden es schaffen. Habe nur Vertrauen, in dich, in mich und in uns.«

»Aber was ist es, was diese Welt es wert macht, sie zu retten? Du hast ja wenigstens noch deinen Bruder, aber mir ist nichts mehr geblieben und selbst mein eigener Clan kehrt mir den Rücken zu. Wie soll ich sie schützen, wenn sie mich nicht wollen? Es war Izunas letzter Wille …«

Hashirama musterte Madara, doch dieser sah wieder auf das Dorf hinab. »Diese Welt ist nicht perfekt, bei weitem nicht. Krieg und Leid existieren noch immer und werden auch noch lange weiter existieren. Aber noch immer gibt es etwas Gutes in dieser Welt, und dafür lohnt es sich zu kämpfen. Das war es, woran wir als Kinder glaubten. Auf jede Nacht folgt unweigerlich der Tag und der Schatten weicht dem Licht.

Zu Liebe gehört auch Verlust, denn nichts in dieser Welt währt ewig. Eines Tages zerfällt alles zu Staub, so ist der Lauf der Dinge. Aber was ist die Welt ohne Liebe? Sie macht das Leben doch erst lebenswert, und das ist jeden Schmerz wert. Es ist eine Tragödie, dass Izuna nur so wenig Zeit in dieser Welt vergönnt war, er hätte so viel mehr verdient. Aber hättest du ihn nicht geliebt, du würdest ihn jetzt nicht so schmerzlich vermissen. Izuna starb in dem Wissen, dass du ihn liebst, und so lange du dich seiner erinnerst, wird er nie wirklich gestorben sein. Du bewahrst jetzt seine Erinnerung, das ist deine Aufgabe, und so lange du sie erfüllst, wird Izuna nie wirklich von dir gegangen sein.«

Daraufhin sagte Madara lange nichts. Sein Schweigen hüllte ihn ein wie ein schützender Mantel.

»Hör mal, jetzt wo der Grundstein gelegt wurde, habe ich mir Gedanken gemacht über die anderen Dinge, die der daimyō von uns forderte«, wechselte Hashirama das Thema. »Also nicht das Geld, darüber reden wir seit Wochen, sondern wie wir unser Dorf nach außen hin vertreten lassen. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass das Rätesystem, das wir bisher hatten, gut funktioniert und wir es beibehalten sollten. Aber jemand sollte dem vorstehen, ein Anführer, der nicht nur das Dorf, sondern das ganze Land des Feuers aus den Schatten heraus beschützt. Der Hokage.«

»Der … was?« Madara wandte ihm den Blick zu. »Du machst Scherze, oder?«

»Nein, überhaupt nicht!«, verteidigte sich Hashirama. »Ich halte das für eine hervorragende Metapher. Also, der Hokage, eine Person, die das Dorf nach außen hin vertritt. Aber nicht nur. Wenn der Rat sich nicht einig werden kann, dann sollte der Hokage das letzte Wort haben. Außerdem wird es seine Aufgabe sein, das Dorf zu verteidigen, sollte es einmal notwendig sein. Ich kann mir keine geeignetere Person für diesen Posten vorstellen als dich.«

»M-mich?!« Es war ein ausgesprochen rarer Anblick, Madara sprachlos zu erleben. »Hashirama, hör auf damit.«

»Aber wieso denn? Gefällt dir diese Idee nicht?«, wunderte sich Hashirama. In seinem Kopf hatte es hervorragend geklungen. »Du hast keine Brüder mehr in dieser Welt, keine Familie. Daher möchte ich, dass du von diesem ganzen Dorf als deiner Familie denkst. Niemand ist besser geeignet sie zu schützen als du, davon bin ich überzeugt.«

Madara sah ihn für einen Moment schweigend an, dann wandte er den Blick wieder zum Dorf, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. »Ich, der nicht einmal seine eigenen Brüder hatte schützen können …«

Er lehnte diese Idee nicht sofort ab, was für Hashirama Zeichen genug war, dass Madara dem nicht völlig abgeneigt war. Das war gut. Ihm eine Aufgabe zu geben, ein Ziel im Leben, würde ihm sicher helfen, seine Trauer zu bewältigen.

»Sag mir eines, Hashirama«, fuhr Madara fort. »Wie machst du das? Wie schaffst du es, all das Elend hinter dir zu lassen und mit so viel Elan voranzugehen?«

»Weil ich nicht bereue«, sagte Hashirama sogleich. »Ich vergesse nicht, was war, aber ich blicke auch nicht zurück. Was geschehen ist, ist geschehen und kann nicht wieder ungeschehen gemacht werden. Aber im Hier und Jetzt habe ich Einfluss auf das, was morgen vielleicht ist, und das will ich nutzen. Oh, sicher, manchmal fällt auch mir das schwer, immer dann, wenn ich an Kawarama und Itama denken muss. Aber noch immer gibt es Menschen in meinem Leben, die mir am Herzen liegen und die an meiner Seite stehen. Und auch du, Madara-kun, bist nicht alleine.

Es gibt eine gute Sache an der Vergangenheit und das ist der Fakt, dass sie vergangen ist. Nichts, was einmal passiert ist, hat jetzt noch Einfluss auf die Gegenwart. Dinge, die uns in der Vergangenheit passiert sind, können uns im Hier und Jetzt nicht mehr schaden. Und das lässt nur eine logische Konsequenz zu: immer weiter zu gehen. Zeit ist wie ein Fluss, der immer nur nach vorn fließt, und wir müssen ihm folgen. Der wichtigste Schritt, den man gehen kann, ist nicht der erste und auch nicht der letzte, sondern immer der nächste.«

»Was also ist unser nächster Schritt?«

Hashirama machte eine Geste, die sowohl sie beide als auch das ganze Dorf umfasste. »Wir lassen unsere Idee weiter wachsen. Ihre Wurzeln sind noch zart und bedürfen der Pflege, aber ich bin zuversichtlich, dass sie bald schon tief reichen werden. Unser Dorf wird gedeihen. Vor wenigen Tagen erst habe ich sowohl von den Sarutobi als auch Shimura Nachricht erhalten, dass sie überlegen, sich uns anzuschließen.«

Madara sah ihn überrascht an. »Tatsächlich? Und du machst wirklich keine Scherze?«

»Und wenn ich es dir doch sage! Ich bin sicher, dass es ab diesem Punkt auch nicht mehr nur dabei bleibt. Das wird alles größer als wir jemals zu hoffen gewagt hatten, ist das nicht toll? Das Dorf braucht langsam wirklich einen Namen. Hast du eine Idee?«

Ein leichter Windstoß wehte einige Blätter vorbei. Madara fischte eines davon aus der Luft und betrachtete es nachdenklich. »Konohagakure. Wie klingt das?«

Das traf Hashirama wie einen Schlag. Er lief den Kopf hängen. »So einfallslos«, klagte er. »Keinerlei Prestige oder auch nur ein bisschen Einfallsreichtum. Du hast einfach das erstbeste genommen, was dir in den Sinn kam.«

»Also ob dein Hokage-Ding besser wäre!«, zeterte Madara. »Du hast überhaupt kein Recht, dich zu beschweren, wenn das das beste ist, was dir einfällt.«

»Das beste daran ist doch ohnehin, dass du Hokage wirst«, stellte Hashirama richtig. »Wir sollten dein Gesicht in den Felsen meißeln lassen, gleich hier unter uns als Zeichen, dass du über das Dorf wachst.«

»Hashirama!« Falls es möglich war, wurde Madara noch blasser. »Deine Ideen werden immer beschissener.«

Hashirama tat, als habe er das nicht gehört. »Wobei wir dem Künstler besser einige Freiheiten geben sollten«, sinnierte er. »Du hast ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben könnte.«

»Und du schmollst immer noch wie ein kleines Kind!«, konterte Madara.

Hashirama lachte und alsbald stimmte auch Madara mit ein. Es tat so gut, wieder gemeinsam mit ihm zu lachen.

Aber damit war auch die Zeit gekommen, nun endlich eine bestimmte Sache wieder geradezurücken. Er atmete tief durch, dann holte er ein kleines Windröschen hervor, das er bis jetzt bei sich getragen hatte. Er hatte extra Ino gefragt und sie hatte gemeint, das sei die beste Blume für sein Vorhaben. Er klammerte sich an das kleine Pflänzchen, als sei es sein einziger Strohhalm, der ihm Halt gab.

»Madara«, begann er mit einem ernsten Tonfall. »Ich möchte dir etwas sagen und ich möchte betonen, dass es mir sehr am Herzen liegt. Das ist eine Windrose, und da sie für Aufrichtigkeit steht, möchte ich sie dir geben. Damit du siehst, wie wichtig es mir ist. Darf ich?«

Madara sah erst ihn und dann die Blume in seinen Händen an. Doch dann nickte er und ließ zu, dass Hashirama ihm die Blume in die Haare steckte.

»Ich möchte mich entschuldigen für das, was ich tat«, fuhr Hashirama fort. »Es war nicht richtig und ich hätte dich fragen sollen. Stattdessen habe ich nur an mich gedacht und nicht bedacht, was das mit dir machen würde. Das war falsch.«

Madara sagte zunächst nichts und Hashirama befürchtete schon, dass er seine letzte Chance vertan hatte. Madara sah ihn eine ganze Weile schweigend an. »Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, dir zu sagen, warum ich immer Handschuhe trage«, sagte er schließlich doch.

Hashirama verstand zwar noch nicht ganz, was das eine mit dem anderen zu tun hatte, doch er bedeutete Madara fortzufahren.

»Ich war noch ein Kind, gerade einmal sechs Jahre alt, als es passierte«, begann Madara zu erzählen. »Ich wusste bereits, was Krieg war, aber ich wusste noch nicht, was er wirklich bedeutete. Was Verlust war. Es war dein Vater, der mir diese Lektion erteilte. Izuna war gerade erst vier geworden und hatte begonnen, den Schwertkampf zu erlernen. Damals war alles noch ein Spiel für ihn, und er wetteiferte mit seinen älteren Brüdern, Kou und mir, darum, wer der bessere sei. Das kleine Wiesel machte seinem Namen ganze Ehre. Wir hatten noch zwei Brüder, Zwillinge mit Namen Kuro und Togakushi. Sie waren zwei Jahre alt.

Kou war der älteste von uns und Vater hielt große Stücke auf ihn. Deswegen war es auch seine Aufgabe gewesen, Mutter zu begleiten, als sie mit den Zwillingen die Siedlung verließ, um Kräuter zu sammeln, wie sie es so oft an milden Frühlingstagen getan hatte.

Niemand dachte sich etwas dabei. Mutter ging nie weit und für Kou wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, seine Fähigkeiten als Eskorte zu trainieren. Und eben weil wir uns in Sicherheit wiegten, wurde uns all das genommen.«

Eine kalte Hand griff nach Hashiramas Eingeweiden. Er erinnerte sich schwach an diese Zeit, der Frühling des Jahres, als Itama geboren und seine Mutter getötet worden war. Butsuma war ungewöhnlich ausgelassen gewesen und hatte gemeint, dass es etwas Großes zu feiern gab. Hashirama hatte nicht gewusst, was sein Vater hatte feiern wollen. Aber jetzt wurde es ihm klar.

»Butsuma hat sie getötet, deine Mutter und deine Brüder«, hauchte er.

»Ja.«

Hashirama ballte die Hand zur Faust und das Verlangen, sie seinem Vater zwischen die Augen zu schmettern, wallte mit einem Mal übermächtig in ihm auf. »Dieses Schwein!«

»Er hat bekommen, was er verdient hat, und wenn‘s nach mir ginge, hätte Tajima ihn noch viel langsamer krepieren lassen können.«

Der Giftanschlag auf Sakura war im selben Jahr erfolgt. Hashirama ging auf, dass es wohl die Rache für den Anschlag auf Madaras Familie gewesen sein musste. Und Butsuma hatte auch noch die Dreistigkeit besessen, deswegen selbst nach Rache zu verlangen, nachdem er die Rechnung für seine Tat erhalten hatte.

Es war ein sich ewig drehendes Rad aus Gewalt gewesen, die nur immer neue Gewalt geboren hatte.

»Mutter hatte noch gelebt, als man sie zurück brachte«, fuhr Madara mit zitternder Stimme fort. »Kou hingegen … Er war regelrecht zerstückelt worden. Nicht einmal Kuro und Togakushi waren verschont worden. Zwei Jahre, mehr war ihnen nicht vergönnt gewesen. Wehrlose, kleine Babys. Ich kann mich nicht einmal ihrer Gesichter erinnern. Ich habe vergessen, wie meine eigene Mutter aussaht oder wie ihre Stimme klang. Ich erinnere mich nur noch, wie ich stundenlang dasaß und ihre Hand hielt. Das Gefühl, wie die Wärme ihren Körper verließ und ihre Haut immer kälter wurde, hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt.

Jedes Mal, wenn mich irgendwer berührt, erinnert es mich daran, wie ihr Körper langsam erkaltete und das Leben sie endgültig verlassen hatte. Manchmal ist es so schlimm, dass ich mir die eigene Haut vom Fleisch reißen könnte, nur um diese Erinnerung wieder loszuwerden.«

Er rollte einen Ärmel hoch und offenbarte tiefe Kratzspuren auf seinem Unterarm. Einige davon waren frisch und begannen gerade erst zu verschorfen. Hashirama hatte die Narben für Spuren vergangener Kämpfe gehalten, aber jetzt erkannte er den Unterschied. Wie hatte er nur so blind sein können?

Doch da tat Madara etwas Unerwartetes. Er begann, sich den Handschuh von der linken Hand zu zupfen, während er mehrmals tief durchatmete. Als er weitersprach, tat er es mit Bedacht: »Auch ich habe in den letzten Wochen über einige Dinge nachgedacht, über uns und die Dinge, die du gesagt und getan hast. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich … diese Sache mit mir nicht zwischen uns stehen lassen will. Ich will das endlich überwinden. Und darum will ich, dass du mich küsst.«

»Was?«, krächzte Hashirama. Er glaubte sich verhört zu haben.

»Du hast mich schon richtig verstanden. Nun mach schon!« Madara funkelte ihn finster an.

Der Damm brach. Hashirama ermahnte sich, Madara dennoch nicht wieder zu überfallen, auch wenn es ihm schwer fiel, sich zurückzuhalten. Er beugte sich vor und dieses Mal achtete er genau auf die Reaktion seines Freundes, um bei ihm nicht schon wieder einen Panikanfall auszulösen. Jetzt, wo er wusste, welch tiefes Trauma dahinter stand …

Doch Madara packte ihn kurzerhand beim Kragen und zog ihn zu sich heran. Ihre Lippen trafen sich und für einen Moment schien die Welt still zu stehen. Sie vergaßen alles um sich herum. Es war offensichtlich, dass das für Madara keine angenehme Erfahrung war, aber er unterbrach es auch nicht. Er blieb, wo er war, und ließ es zu, dass Hashirama ihn küsste. Irgendwann einmal erwiderte er den Kuss sogar.

Nun, er versuchte es jedenfalls. Er war eine absolute Katastrophe im Küssen. Aber Hashirama war das egal. Madara küsste ihn und das war alles, was zählte. Ihm schwirrte der Kopf und nicht einmal Alkohol stieg ihm so sehr zu Kopfe wie dieser Kuss. Plötzlich überwältigt von seinen Gefühle nahm er Madaras Gesicht zwischen seine Hände und vertiefte den Kuss. Auch das ließ Madara zu, er legte gar seine bloße Hand über Hashiramas.

Irgendwann einmal lösten sie sich doch wieder voneinander, wenn auch gerade genug, dass sie sich nicht mehr unmittelbar berührten. Hashirama sah Madara tief in die Augen.

»Und?«, wollte er wissen. »Wie war das?«

»Ging so«, erwiderte Madara lässig. »Dieses Mal hast du mich nicht vollgesabbert. Ich würde sagen, das war eine Verbesserung zum ersten Mal.«

»Was?« Doch da fiel es ihm wieder ein und Hashirama musste lachen. Es war so lange her, als sie, ebenfalls an einem Herbsttag, schon einmal hier gesessen und sich geküsst hatten. Damals war es nur eine Idee zwei dummer Jungen gewesen. »Stimmt, eine Verbesserung zum ersten Mal war‘s auf jeden Fall. Vier von zehn würde ich sagen.«

»Vier von …? Ach komm schon, das ist unfair!«, beschwerte sich Madara.

Hashirama tat so, als sei er die Unschuld in Person. »Dreizehn Jahre und du bist einfach nicht besser geworden.«

»Wie auch?«, keifte Madara. »Ich hab dir gesagt, dass ich alle Hände voll zu tun hatte, euch Senju einen Kopf kürzer zu machen! Ihr seid eine echte Landplage.«

Die Erkenntnis traf Hashirama mit der Wucht eines großen Felsbrockens. »Warte. Das heißt, du hattest wirklich noch nie etwas mit einer anderen Person? Nicht mal heimliches Rumknutschen als Jugendlicher?«

Madara rückte von ihm ab und ließ sich die Haare ins Gesicht fallen, um seine Verlegenheit zu überspielen. »Und wenn‘s so wäre?«, nuschelte er.

»Das ist doch nicht schlimm!«, beeilte sich Hashirama zu sagen. Ein Gedanke kam ihm, der ihn unweigerlich grinsen ließ. »Das heißt, dass ich mir besonders viel Mühe geben muss.«

»Das will ich dir auch raten! Und spar dir dieses selbstgefällige Grinsen!« Madara starrte ihn herausfordernd an.

Hashirama nahm die Herausforderung an und küsste ihn kurzerhand erneut. Dieses Mal stellte Madara sich schon ein bisschen besser an. Aber eigentlich spielte es auch keine Rolle, wie gut oder schlecht er küsste. Was zählte, war dass sie überhaupt diesen Moment miteinander teilten und endlich alles genau so war, wie es sein sollte.

Hashirama bemerkte aus dem Augenwinkel, wie über dem Dorf, das nun endlich den Namen Konohagakure trug, hunderte kleine Lichter aufzusteigen begannen wie ein Meer aus Sternen, die dem Himmel entgegen strebten. Wann war es Nacht geworden? Saßen sie wirklich schon so lange hier oben? Die Dorfbewohner ließen zahllose kleine Papierlampions fliegen, auf die sie ihre Wünsche geschrieben hatten, auf dass sie ihnen Glück bringen mochten.

Madara löste den Kuss. »Ich glaub, das reicht mir für‘s erste. Das war ziemlich viel auf einmal.«

»Natürlich. Nimm dir alle Zeit, die du benötigst.«

Seite an Seite saßen sie da und beobachteten die Lampions, wie sie dem Himmel entgegen strebten. Sie saßen nahe genug, um die körperliche Nähe des anderen spüren zu können, ohne sich direkt zu berühren. Das Versprechen, dass daraus auch mehr werden konnte, hing in der Luft.

An diesem Abend schlief Hashirama mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

Eine der Stormlight Anspielung in diesem Kapitel ist dieses Mal subtiler und bezieht sich auf einen anderen Orden der Knights Radiant. Ich lass euch mal raten :) Auch "eine gute Welt" ist eine Anspielung, dieses Mal auf Staffel 8 von GoT. Wer das Gespräch zwischen Dany und Jon kennt, weiß auch, wie es endet. Dem schließt sich das canon-Gespräch an, auch wenn ich das ein wenig freier aufgegriffen habe. Außerdem: "There is some good in this world, Mister Frodo, and it's worth fighting for." Im nächsten Kapitel darf sich Mito mit ihrem neuesten Versuchsobjekt austoben.
Im Einklang mit der Natur

Das Verwaltungsgebäude, das sie geplant hatten, war zwar noch lange nicht fertiggestellt, aber doch endlich in einem Zustand, in dem sie es bereits nutzen konnten. Es handelte sich dabei um einen großen runden Turm am Fuße der Steilklippe, in deren Schutz das Dorf errichtet worden war. Eine große Feuerrune war in das Wappen an der Spitze des Turms eingelassen.

Heute war der Tag, an dem der Rat das erste Mal offiziell in seiner angedachten Form zusammenkam. Die Zeiten von Politik am Küchentisch bei einer abendlichen Runde Sake waren damit endgültig vorbei. Der Rat bestand aus den Anführern aller fünf derzeit im Dorf ansässigen Clans sowie Tobirama und die beiden Uchiha Ältesten Naoki und Kimora. Was die beiden Alten in der Runde wollten, wusste niemand so wirklich, aber Madara hatte gemeint, dass es wohl purer Trotz sei, dass sie immer noch an ihrer alten Rolle festhielten.

Hashirama hatte geplant, den Rat von seiner Idee zu unterrichten, Madara zum Hokage zu ernennen, aber Madara hatte es ihm untersagt, das gleich in großer Runde verlautbaren zu lassen. Also blieb es heute nur bei der Verkündung des Namens für das Dorf. Kurz und schmerzlos, wie Hashirama es am liebsten mochte; der ganze organisatorische Aufwand, der damit verbunden war, der Anführer eines Clans zu sein, war ihm schon immer lästig gewesen. Danach war geplant, dass er sich mit Mito und Tobirama zusammensetzte, um weiter an seinem Mokuton zu experimentieren. Darauf freute er sich, umso mehr, da Madara Wind davon bekommen hatte und gemeint hatte, dass er sich das ebenfalls ansehen wollte.

Zu acht setzten sie sich an einen runden Tisch, Madara zu Hashiramas rechten und Tobirama zu seiner linken Seite. Die anderen fünf sahen erwartungsvoll zu ihm, als würden sie auf sein Zeichen warten, dass dieser Rat damit eröffnet sei.

Hashirama legte die Schriftstücke, die er von den Sarutobi und Shimura erhalten hatte, vor sich auf den Tisch. »Ich habe Nachricht von zwei weiteren Clans erhalten, dass sie sich uns anschließen wollen«, sagte er geradeheraus. »Sowohl der Sarutobi- als auch der Shimura-Clan haben eine formale Bitte gestellt, ein Teil unseres Dorfes zu werden.«

»Hervorragend. Noch mehr Mäuler zu stopfen«, grummelte Kimora. »Der Winter steht bevor und wir sollten uns besser auf das konzentrieren, was wir bereits zu bewältigen haben. Was schwer genug ist.«

»Beide Clans mögen nicht zu den größten zählen«, hielt Hashirama dagegen, »aber sie sind alte und angesehene Familien und bringen Ressourcen mit sich. Ressourcen, die wir benötigen, möchte ich betonen.«

»Noch immer stehen die Forderungen des daimyō aus«, erinnerte Naoki. »Ebendieser Grund und Boden, auf dem wir alles aufbauen, gehört noch immer nicht uns. Wir sollten uns zuerst darum kümmern, bevor wir noch mehr Hausierer einlassen.«

Hashiramas Wangen brannten, und er hoffte, dass niemand seine Verlegenheit bemerkte. »Die Gespräche diesbezüglich laufen noch immer«, sagte er ausweichend, aber die Wahrheit war, dass er einer Lösung kaum näher gekommen war.

»Wenn wir zwei neue Clans aufnehmen, dann haben wir zwar in der Tat mehr Menschen zu versorgen, aber auch gleichzeitig mehr Menschen, die diese Aufgabe übernehmen können«, gab Shika zu bedenken. »Soweit ich weiß, sind sowohl die Sarutobi als auch Shimura nicht gerade arm. Wenn sie sich uns anschließen wollen, heißt das auch, dass sie Geld in unsere Kassen spülen werden. Ich lehne ab, dass wir gerade in unserer jetzigen Situation unsere Tore für jeden weit öffnen, der vielleicht mit der Idee spielt, Teil des Dorfes zu werden, sondern schlage vor, dass wir das an Bedingungen knüpfen. Bisher waren wir still davon ausgegangen, dass alle fünf Clan ihren Teil zum Aufbau des Dorfes leisten. Wir sollten das zu einem Grundprinzip machen. Wenn sie sich uns anschließen wollen, dann müssen sie uns im Gegenzug auch etwas bieten, das uns hilf, das Dorf weiter voranzubringen. Ultimativ ist das auch in ihrem Interesse, denn das Dorf bedeutet Schutz in einer eingeschworenen Gemeinschaft.«

Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf Hashiramas Gesicht auf. Das war die Lösung! Warum er selbst nicht früher daran gedacht hatte, wusste er nicht. Er war so sehr darauf fixiert gewesen, dass alle von ihm erwarteten, dass er Mito um ihrer Mitgift wegen heiratete, dass er gar nicht daran gedacht hatte, einfach ihren ganzen Clan einzuladen, sich ihnen anzuschließen. »Ich stimme dafür!«, rief er aus.

Er spürte Tobiramas Blick auf sich ruhen und wusste sofort, dass sie beide später noch ein Gespräch unter vier Augen deswegen führen würden.

»Das ist in der Tat keine schlechte Idee«, stimmte Inori zu und auch Chōkei nickte.

»Der Enthusiasmus der Jugend immer«, dämpfte Naoki ihre Euphorie. »Was Shika-sama sagt, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Aber bevor wir irgendetwas entscheiden, sollten wir uns die nackten Zahlen ansehen. Was genau können neue Clans uns bieten, wenn sie sich uns anschließen wollen. Wie viel Geld bringt es uns und reicht es, um dieses Land vom daimyō zu kaufen? Wenn nicht, bleibt es beim ursprünglichen Plan.«

Mit diesen Worten sah er vielsagend zu Hashirama.

»Fein. Dann antworten wir Sarutobi und Shimura eben und fragen sie doch einfach, was sie uns anbieten können«, ergriff Madara zum ersten Mal das Wort.

»Tse, solche Worte aus deinem Mund, wie unerhört«, konterte Kimora.

Madara warf ihr einen giftigen Blick zu. »Ich bin durchaus zu Diplomatie fähig, ansonsten würde dieses Dorf gar nicht erst stehen.«

Tobirama murmelte etwas. Hashirama verstand nicht alles, meinte aber die Worte zu vernehmen: »Ich durfte dich ja nicht auch noch abstechen.«

»Das letzte Mal, als du dich in Diplomatie versucht hast, endete es damit, dass du Daisuke abgeschlachtet hast«, erinnerte Naoki.

Man musste Madara zugute halten, dass er nicht sofort das ganze Gebäude in Flammen aufgehen ließ, sondern sich nur damit begnügte, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und das Holz damit beinahe zu spalten. »Er war ein Augendieb und hat bekommen, was er verdient hat!«, fauchte er. »Ihr beiden seid nichts weiter als wandelnde Leichen, eigentlich habt ihr überhaupt kein Recht, so mit mir zu sprechen! Ich bin noch immer nach dem Recht des Stärkeren der Clananführer. Vergesst das nicht.«

Gelassen steckte Kimora ihre Hände in die Ärmel ihres Kimono. »Der stärkste Uchiha magst du ja sein, aber auch der mit dem schlimmsten Temperament.«

Bevor Madara doch noch alles in Brand steckte, schritt Hashirama eilig ein. »Genug jetzt!«, befahl er. »Solche kindischen Streitereien sind unserer nicht angemessen. Ich will davon nichts mehr hören.«

Shika, Chōkei und Inori ließen ein kollektives Seufzen der Erleichterung vernehmen, nachdem sie ob Madaras Ausbruch ausgesprochen blass geworden waren.

Sie alle wurden unterbrochen, als sie ein leichtes Pochen gegen die Fensterscheibe vernahmen. Als sie aufsahen, sahen sie einen Habicht am Fenster sitzen, welcher gegen die Scheibe pickte und ihre Aufmerksamkeit zu erlangen versuchte. An seinem Fuß war eine kleine Schriftrolle befestigt. Madara erhob sich und öffnete dem Vogel das Fenster. Als er dem Tier den Arm hinhielt, sprang es darauf und streckte seinen Fuß aus, damit er die Schriftrolle an sich nehmen konnte, während er zu seinem Platz zurückkehrte.

»Halt das Vieh von mir fern!«, rief Tobirama aus.

Madara warf ihm einen finsteren Blick zu. Das Sharingan schien aus seinen Augen, mit dem er den Habicht kontrollierte. »Was denkst du eigentlich, was ich hier tue?«, schoss er zurück. »Ich hab nicht vor, dir noch so eine Narbe zu verpassen. Aber wenn du darauf bestehst, kann ich das gern hier und jetzt ändern.«

Tobiramas Augen verschossen Blitze und er behielt den Greifvogel misstrauisch im Blick.

»Von wem stammt die Nachricht?«, fragte Shika, um die Situation zu entschärfen.

»Das ist einer von meinen Vögeln«, erklärte Madara. »Ich hatte früher Verbündeten immer ein paar meiner Vögel überlassen, um leichter Nachrichten austauschen zu können. Die Hagoromo haben mir noch immer nicht alle zurückgegeben. Scheint so, als ob sie das jetzt ändern wollen.«

Nachdem er seine Nachricht überbracht hatte, hüpfte der Habicht auf den Tisch und begann sich zu putzen. Eifrig schüttelte er sein Gefieder aus. Aus einer Laune heraus streckte Hashirama eine Hand aus, weil er wissen wollte, ob das Gefieder wirklich so weich war, wie es aussah.

»Das mit der Narbe gilt auch für dich, Hashirama«, sagte Madara. »Wenn sie dir einen Finger abhackt, obwohl ich dich gewarnt habe, dann war‘s nicht meine Schuld.«

Eilig zog Hashirama die Hand wieder zurück. Das Habichtweibchen sah ihn mit ihrem unangenehm stechenden Blick an und überlegte sicher, wie er schmeckte. Dann hüpfte sie doch zurück zu Madara und erbettelte sich von ihm einen Leckerbissen, den er von sonst woher zauberte, während er gleichzeitig das Schreiben überflog.

»Scheint so, als ob die Hagoromo den Hals nicht voll genug bekommen«, sagte Madara. »Daisukes Tod war ihnen nicht Lehre genug. Jetzt wollen sie Wiedergutmachung. Entweder wir zahlen die von ihnen geforderte Summe oder geben ihnen die Augen zurück, die sie gestohlen haben.«

»Na wunderbar«, sagte Tobirama sarkastisch. »Ich gehe sicher richtig in der Annahme, dass die Augen keine Option sind.«

»Korrekt«, stimmte Madara zu. »Und daher schlage ich Option drei vor: Hashirama und ich knöpfen uns diese Idioten vor und fegen sie von der Landkarte.«

»Tse, war ja klar«, kommentierte Naoki.

»Was? Auf keinen Fall!«, rief Hashirama aus. »Ich habe dem einmal nachgegeben und seht, wohin es uns führte! Jetzt suchen sie nur wieder den Konflikt und Vergeltung. Das war nicht das, was wir im Sinn hatten, als wir dieses Dorf gründeten. Dieses Mal haben die Hagoromo uns eine Wahl gelassen.« Er schnappte sich das Schreiben aus Madaras Fingern und überflog es eilig. »Und wie es aussieht, ist es eine Summe, die wir zahlen können.«

»Bist du von allen guten Geistern verlassen!«, rügte Tobirama ihn, der ebenfalls die geforderte Summe gesehen hatte. »Du kannst das nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Das letzte Mal, als jemand dir eine Wahl gelassen hatte, wolltest du dich …«

»Endete es im Frieden mit den Uchiha«, unterbrach Hashirama ihn bestimmt. »Wir können die geforderte Summe zahlen. Ein kleiner Preis für den Frieden, wie ich finde. Mit den Uzumaki als Verbündete können wir immer noch genug Geld aufbringen, um den daimyō abzuzahlen.«

»Würdest du da nur endlich einmal eine Antwort geben, anija«, konterte Tobirama.

»Das ist mein letztes Wort in dieser Sache und dieses Mal werde ich nicht nachgeben«, sagte Hashirama streng. »Ich werde nicht zulassen, dass dieses Dorf auf noch mehr Blut begründet wird, als ohnehin schon vergossen wurde.«

Madara seufzte und verdrehte die Augen. »Fein. Hab deinen Willen.«

»Dann ist ja alles geklärt und das auch noch rechtzeitig für meine Mittagsruhe. Auf Wiedersehen«, sagte Naoki und wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern erhob sich und ging davon. Kimora folgte ihm. Da weder Hashirama noch Madara etwas dagegen sagten, gingen schließlich auch Shika, Chōkei und Inori. Damit blieben nur noch Madara, Hashirama und sein Bruder zurück.

»Wir wollten das Dorf Konohagakure nennen«, sagte Hashirama niedergeschlagen. Das war nicht so verlaufen, wie er es erwartet hatte.

»Konohaga … ?«, begann Tobirama, unterbrach sich allerdings selbst. »Ach, ist ja eigentlich auch egal. Ein Name so gut wie jeder andere auch.«

Er stand auf und verließ den Raum. Madara, noch immer mit seinem Habicht auf dem Arm, und Hashirama folgten ihm. Unauffällig tastete Hashirama nach Madaras Hand und verschränkte für einen Moment ihre Finger. Er lächelte ihm zu. Madara ließ es für wenige kostbare Sekunden zu, bevor er ihm seine Hand wieder entzog, als sie vor die Tür traten.

»Keine Ahnung, warum du unbedingt deine Finger im Spiel haben musst«, grummelte Tobirama an Madara gewandt auf ihrem Weg nach Hause. »Aber meinethalben.«

»Ich bin halt neugierig, was ihr Senju euch jetzt wieder ausdenkt«, sagte Madara.

Tobirama musterte den Habicht. »Das Vieh kommt mir nicht ins Haus.«

Demonstrativ strich Madara seinem Habicht über den Kopf. »Insgeheim hege ich die Theorie, dass dir die Narbe gefällt, die mein Adler dir damals verpasst hat. Warum sonst solltest du sie behalten haben, wenn dein Bruder doch so hervorragende Heilfähigkeiten besitzt?«

»Narbengewebe zu heilen, ist nahezu unmöglich«, warf Hashirama ein. »Tobirama war damals auf einer längeren Mission gewesen. Als er heim kam, waren die Wunden schon zu weit abgeheilt, als dass ich die Narbenbildung hätte verhindern können.«

»Wenn dieses Vieh auch nur eine falsche Bewegung macht«, drohte Tobirama und deutete auf den Habicht auf Madaras Arm, »dann gibt es heute Abend Yakitori.«

Schützend hielt Madara seinen Vogel fern von Tobirama. »Das würdest du nicht wagen!«

»Oh doch! Und ich werde keine Sekunde lang zögern!«

Hashirama drängte sich zwischen sie. »Schluss, ihr beiden! Ihr seid ja schlimmer als ein zänkisches Ehepaar.«

»Wage es ja nicht, mich noch einmal mit Naoki zu vergleichen!«, schoss Madara nun in seine Richtung.

Tobirama lachte auf. »Ha! Geschieht dir recht.«

»Das gilt auch für dich, Tobirama!«, rügte Hashirama ihn.

Immerhin unterließen sie danach in der Tat ihr Gezänk. Hashirama betete, dass der Frieden noch ein wenig länger anhalten würde. Als sie ihr Haus erreichten, ließ Madara seinen Habicht fliegen, welcher sich einen Aussichtspunkt in einem von Hashiramas Bäumen im Garten suchte. Technisch war er damit in der Tat nicht im Haus.

Mito wartete bereits auf sie. In den vergangenen Wochen hatte sie sich die Zeit damit vertrieben, Tobiramas Studien zum Mokuton zu durchforsten, und hatte sich auch jetzt wieder in ihre Notizen vertieft, die sie sich dazu angefertigt hatte. Zu viert begaben sie sich in den Garten.

Die Bäume hatten bereits die meisten ihrer Blätter abgeworfen und ein kühler Hauch lag in der Luft, doch die Sonne hatte noch nicht alles von ihrer Kraft verloren, sodass es noch nicht unangenehm wurde, sich für längere Zeit draußen aufzuhalten.

»Sinn und Zweck dieser Aktion ist es, ein paar meiner Theorien auszuprobieren«, fasste Mito zusammen. »Im besten Fall haben wir dann eine Methode, um Nahrung wachsen zu lassen, und müssten uns nie wieder darüber Gedanken machen. Was ein enormer Vorteil wäre, wie sicherlich auf der Hand liegt. Zunächst einmal ein paar grundlegende Versuche.«

Sie griff in eine kleine Tasche an ihrem obi und holte einige Reiskörner hervor, welche sie dann in einen Topf einpflanzte, den sie extra dafür vorbereitet hatte. »Tobirama-kun, sei so lieb und füge Wasser hinzu.«

Tobirama machte sich nicht einmal die Mühe, ein Handzeichen zu formen, als er den Topf unter Wasser setzte. Mito hatte ihn glücklicherweise vorher auf den Boden gesetzt, sodass ihr Kimono nicht ruiniert wurde.

»Und jetzt lass den Reis bitte keimen, Hashirama-kun«, wandte sie sich an ihn.

»Dass ich das Wachstum von Pflanzen beschleunigen kann, wissen wir bereits«, warf dieser ein.

»Ja, ich weiß«, erwiderte sie. »Dennoch, für‘s Protokoll. Und außerdem habe ich das noch nicht mit eigenen Augen gesehen.«

»Meine Aufzeichnungen dazu waren sehr ausführlich«, betonte Tobirama.

Mito verdrehte die Augen. »Wenn ihr alles besser wisst, kann ich ja gehen.«

»Ja ja, ich mach ja schon.« Hashirama tat, worum sie ihn gebeten hatte. Im Nu sprossen kleine Reispflanzen aus dem Topf, die rasch größer wurden und schließlich auch Ähren auszubilden begannen. Mito beobachtete den Vorgang genau und machte sich dann eifrig Notizen in ihrer Schriftrolle.

Fasziniert trat Madara näher und betrachtete die Pflanzen. »Das ist tatsächlich Reis«, stellte er fest, während er die Pflanzen untersuchte.

»Essbar und die Samen sind außerdem auch wieder in der Lage zu keimen«, erklärte Hashirama. »Ganz normale Reispflanzen also. Ich habe ihnen lediglich einen Schubs nach vorn gegeben.«

»Interessant wird es, wenn du Nutzpflanzen ohne entsprechende Grundlage in Form von Saat wachsen lässt«, sagte Mito. »Das hier hat bereits enorme Vorteile, aber nehmen wir einmal an, die Saat eines Jahres verdirbt, weil Fäule in sie gerät oder eine Schädlingsplage über sie herfällt. In so einem Fall würden deine Fähigkeiten eine Hungersnot verhindern können.«

»Nur dass wir bis jetzt nicht herausfinden konnten, wie das funktioniert«, sagte Tobirama. »Die Theorie sagt, dass es möglich sein muss, in der Praxis hatten wir bisher keinen einzigen Erfolg zu verzeichnen.«

»Hashirama-kun, lass einen Apfelbaum wachsen mit Früchten in verschiedenen Stadien der Reife, von der Blüte bis zur Frucht«, sagte Mito.

Dies war bereits eine komplexere Aufgabe, weshalb Hashirama dafür ein Handzeichen formen musste. Ein kleiner Baum spross aus der Erde, der, wie Mito ihn gebeten hatte, sowohl Blütenknospen als auch reife Früchte und alles dazwischen trug. Mito pflückte einen der Äpfel, dann zauberte sie aus ihrem Kimono ein Kunai hervor und schnitt den Apfel in zwei Hälften. Eine davon gab sie Madara, welcher erst an der Frucht roch und dann hinein biss. Er verzog das Gesicht und spuckte den Bissen prompt wieder aus.

»Das ist, als würde man auf Holz kauen«, stellte er fest.

»Du siehst das Problem«, sagte Hashirama. »Rein optisch kann ich einen Apfelbaum täuschend echt nachahmen, aber das bringt absolut gar nichts, wenn die Äpfel ungenießbar sind.«

Mito knabberte ebenfalls an ihrer Hälfte und schien den Geschmack genauestens zu prüfen. Wieder machte sie sich einige Notizen. Dann stocherte sie mit ihrem Kunai im Gehäuse des Apfels herum und pulte einen der Kerne hervor. »Sind die eigentlich keimfähig?«

»Ja und nein. Das haben wir natürlich schon probiert, das Ergebnis ist dasselbe«, erklärte Hashirama. »Die Pflanze sieht aus wie ein Apfelbaum, aber die Früchte sind als Nahrung wertlos.«

»Rein optisch nachahmen …«, wiederholte Mito nachdenklich. Sie trat zu dem Baum und musterte ihn eine Weile, nahm die Blätter zwischen die Finger und fühlte sie und roch an den Blüten.

»Nicht nur optisch«, korrigierte Tobirama. »Meine Theorie besagt, dass Mokuton die Natur bis auf zellularer Ebene kopiert. Bisher haben wir alles auf dieser Grundlage aufgebaut.«

»Das Problem ist nur, dass Eigenschaften wie Geschmack oder Nährgehalt noch tiefer gehen«, sagte Mito. »Diese Dinge entstehen auf molekularer Ebene und sind noch einmal ungleich komplexer.«

»Mir ist bisher nicht gelungen, das in irgendeiner Weise nachzuahmen, nicht einmal mit Senjutsu, was mir normalerweise eine weitaus genauere Kontrolle über mein Mokuton gibt«, sagte Hashirama. »Vielleicht mag die Theorie sagen, dass es möglich sein muss, einen echten Apfel zu erschaffen. Aber ich habe keine Ahnung, wie.«

»Und das ist der Punkt, an dem meine These ansetzt«, sagte Mito und konnte ein gewisses selbstgefälliges Lächeln nicht verhindern. »Theorie Nummer Eins: Klang.«

Tobirama schnaubte. »Das ist unwissenschaftlich.«

»Hast du es ausprobiert? Nein. Es gleich abzutun, das ist unwissenschaftlich«, konterte Mito.

Tobirama antwortete mit einer übertrieben beleidigten Mine.

»Was hat Klang damit zu tun?«, wollte Madara wissen.

»Als wir Ramen essen waren, meinte Hashirama, dass für ihn die Natur einen Rhythmus hat«, erklärte Mito. »Das ließ in mir die Frage aufkommen, was für ein Rhythmus das sein könnte und ob Chakra darauf eingestimmt werden kann. Deswegen nenne ich es meine Stimmgabel-Theorie.«

Madara sah zu Hashirama und hob eine Augenbraue. Dieser zuckte mit den Schultern. Mehr als ausprobieren konnten sie es nicht. Was sollte schon schiefgehen?

Mito zückte eine weitere Schriftrolle und entsiegelte eine Reihe von Stimmgabeln, die sie darin verstaut hatte. Kurzerhand setzte sie sich auf den Boden und bedeutete den Männern, dasselbe zu tun. »Chakra bitte«, sagte sie an Hashirama gewandt und machte mit ausgestreckter Hand vor, was sie von ihm wollte.

Wie sie formte er sein Chakra und sammelte es in seinen Fingerspitzen. Dann hielt er es dort und wartete ab, was Mito nun tun würde.

»Nicht das normale, dein Senjutsu Chakra«, korrigierte sie ihn mit einem strengen Blick.

»Und was soll deiner Meinung nach passieren?«, fragte Tobirama, während sein Bruder sein Senjutsu sammelte.

»Keine Ahnung, wir werden es sehen«, sagte Mito geradeheraus.

»Aber mir wirfst du vor, unwissenschaftlich zu sein«, beschwerte sich Tobirama. »Du musst doch irgendeine Hypothese haben.«

»Ich nehme an, dass nichts explodieren wird«, erwiderte Mito trocken. »Außerdem vermute ich, dass das Senjutsu in irgendeiner Weise reagieren wird, wenn ich den richtigen Ton treffe.«

Tobirama verschränkte die Arme vor der Brust. »Beeindruckend«, spottete er.

Hashirama spürte Madaras Blick auf sich ruhen, was seine Konzentration ein wenig ins Wanken brachte. Mito griff nach der ersten Stimmgabel und schlug sie an dem Topf an, in den sie zuvor Reis gepflanzt hatten. Die Stimmgabel gab einen leisen Ton von sich, doch ansonsten passierte nichts weiter, auch nicht, als sie die Stimmgabel näher an Hashiramas Hand hielt, in der er das Senjutsu Chakra gesammelt hatte.

»Und? Irgendwelche Veränderungen?«, wollte sie wissen.

»Nein. Nichts. Worauf soll ich achten?«

»Keine Ahnung. Du bist in deiner Gesamtheit ein Unikum, selbst dein Senjutsu Chakra ist in seiner Beschaffenheit einmalig. Aber anhand dessen, dass zwei Stimmgabeln mit derselben Frequenz zu schwingen beginnen, wenn man eine von ihnen anschlägt und sie nahe aneinander hält, vermute ich, dass etwas ähnliches passieren wird. Sag mir, wenn du meinst, ich habe den richtigen Ton getroffen.«

Sie legte die erste Stimmgabel zur Seite und griff nach der nächsten. Sie wiederholten das Experiment, doch wieder passierte nichts. Mito probierte nach und nach mehrere Stimmgabeln durch, von den hohen Tönen bis zu den tiefen. Gespannt starrten sie alle vier auf Hashiramas Hand, doch nichts passierte.

»Ich hab ja gesagt, dass das nicht funktionieren wird«, sagte Tobirama.

»Du willst nur nicht, dass ich beweise, dass du im Unrecht bist«, konterte Mito. »Das waren noch lange nicht alle Frequenzen.«

»Wenn ich vom Rhythmus der Natur spreche, meine ich damit einen langsamen, tiefen Rhythmus. Wie ein Pulsschlag. Irgendwie … erdig«, versuchte es Hashirama zu beschreiben.

Mito ging ihre Stimmgabeln durch und suchte nach solchen mit besonders tiefen Frequenzen, doch davon hatten sie bereits alle durchprobiert. Dann schien sie jedoch eine Idee zu haben, denn sie griff erneut nach ihrer Versiegelungsrolle. Sie rollte sie ein Stück ab und entsiegelte mehrere kleine Metallaufsätze, die anscheinend dafür gedacht waren, auf die Stimmgabeln aufgesetzt zu werden. Genau das tat sie auch und schlug die Stimmgabel an, was in einem deutlich tieferen Ton resultierte.

Sie wiederholten das Experiment mit immer tieferen Frequenzen. Für Hashirama war es einfach, weil er einfach nur eine kleine Menge Chakra bereithalten musste. Mito hingegen machte sich die ganze Zeit Notizen, von denen er nur die Hälfte verstand. Bis plötzlich …

»Oh!«, rief er aus. »Ich glaube, das ist es!«

Bei einem ganz bestimmten Ton hatte sein Chakra zu flackern begonnen. Das stete Fließen wurde zu einem Wabern, das sich der Stimmgabel zuneigte und in ihre Richtung strebte. Mito hielt die schwingende Stimmgabel über seine Hand und bewegte sie. Sein Chakra folgte der Bewegung, wie Gas, das in eine bestimmte Richtung gesogen wurde.

Fasziniert beugten alle vier sich über seine Hand und beobachteten das Phänomen.

»Ha!«, rief Mito aus. »Ich hatte Recht.«

Tobirama schmollte.

»Und was machen wir jetzt mit dieser Erkenntnis? Musik spielen mit seinem Chakra?«, fragte Madara.

»Diese Erkenntnis als solche würdigen, das machen wir«, sagte Mito mit einem selbstgefälligen Grinsen. »Das beweist, dass Hashirama Recht hatte und das nicht nur eine hübsche Metapher war. Die Natur hat einen ganz bestimmten Rhythmus und Naturenergie ist darauf abgestimmt.«

Madara nahm Mito die Stimmgabel ab und noch bevor sich Hashirama wehren konnte, schlug er ihm das Gerät gegen den Kopf.

»Au!«, rief Hashirama empört aus. »Wofür war das denn?«

Madara lachte in sich hinein. »Es hatte so verlockt.«

Mito musterte ihr Versuchsobjekt nachdenklich. »Aber es stimmt schon. Was machen wir mit dieser Erkenntnis? Und was würde passieren, wenn du zu der Stimmgabel wirst und diesen Ton in dir aufnimmst?«

Sie nahm die Stimmgabel zurück. Dann schlug sie sie erneut an und hielt sie Hashirama an die Stirn.

Das hatte einen ganz eigenartigen Einfluss auf sein Chakra, etwas, das er noch nie gespürt hatte. Senjutsu hatte normalerweise den Effekt, dass er sich der Natur um sich herum noch näher fühlte. Jetzt jedoch fühlte er sich, als würde er vollkommen mit ihr verschmelzen. Wie ein Wassertropfen, der in einen Ozean fiel und sich vollkommen darin auflöste.

»Ups.«

»Hashirama!«

»Anija!«

Er blinzelte und sah, dass sich Mito, Madara und Tobirama über ihn beugten und besorgt auf ihn herabsahen. Wann war er umgefallen? Er fühlte sich, als hätte er gerade diese eine ganz bestimmte Pilzsorte geraucht, die er als Jugendlicher im Wald gefunden hatte. Ihm schwirrte der Kopf und sein Chakra floss in ganz sonderbaren Wirbeln, bis es sich allmählich wieder beruhigte.

»Ups«, wiederholte Mito. »Das war unerwartet.«

»Was ist passiert? Geht es dir gut?«, fragte Madara.

Die Sorge in seiner Stimme war irgendwie niedlich.

Hashirama rappelte sich wieder auf. »Das fühlt sich an wie ein Drogentrip. Erinnerst du dich noch an die Pilze, Tobirama-kun? Genau so, nur konzentrierter.«

Tobirama verzog das Gesicht. »Erinnere mich nicht daran. Die haben dich außerdem nicht umfallen lassen wie ein gefällter Baum.«

Hashirama rieb sich den Kopf. »Am Feinschliff müssen wir noch arbeiten. Allzu angenehm sind die Nachwirkungen nicht.«

»Hm.« Mito starrte nachdenklich auf ihre Notizen. »Wie zwei Stimmgabeln mit derselben Frequenz … Ich vermute, dass dasselbe zwischen dieser Stimmgabel und deinem Chakra passiert ist. Wir müssen damit weiter experimentieren.«

»Aber das nächste Mal bitte mit Vorwarnung!«, sagte Hashirama sogleich. Auf einen konzentrierten Drogentrip konnte er verzichten. Jedenfalls, wenn er ohne Vorwarnung kam.

»Ich muss darüber noch eine Weile nachdenken, welche Schlussfolgerungen sich aus diesen Erkenntnissen ergeben«, sagte Mito. »Aber ich habe noch eine Theorie, die ich ausprobieren will. Theorie Nummer Zwei: Pflanzenträume.«

Tobirama setzte an, etwas zu sagen, unterbrach sich jedoch rasch wieder. Dass Mito mit ihrer ersten Theorie Recht behalten hatte, hatte ihm anscheinend den Wind aus den Segeln genommen. Es passierte nur selten, dass er an jemanden geriet, der seinen Intellekt herausfordern konnte.

Madara hingegen gab sich gar nicht erst die Mühe, sein Grinsen zu verbergen. »Das klingt nach etwas, das nur von Hashirama kommen kann.«

Hashirama schmollte.

»Bin ich hier die einzige, die das irgendwie ernst nimmt?«, beschwerte sich Mito. »Kein Wunder, dass ihr euch bisher nur Sachen habt einfallen lassen, mit denen ihr aufeinander einprügeln könnt, weil das das einzige ist, das in eure primitiven Schädel geht!«

Alle drei schwiegen sie betreten. Mito hatte Recht … Sie hatten durchaus Tobiramas außergewöhnliche Affinität für Suiton dafür angewandt, um Felder in Zeiten von Dürre zu bewässern, aber Experimente mit dem Mokuton hatten sie selten über längere Zeit hinweg verfolgt, wenn sie keine neue Kampffähigkeit ausprobiert hatten. Das war der Grund, warum er immer noch keine nahrhaften Äpfel wachsen lassen konnte, obwohl selbst Tobirama sagte, dass es theoretisch möglich war.

»Also«, setzte Mito erneut an. »Hashirama sagte zu mir, dass es ihm hilft zu verstehen, wovon Pflanzen träumen und was ihre Wünsche sind. Offen gesagt habe ich keine Ahnung, was ich mir darunter vorstellen kann, aber ich nehme das erst einmal so hin. Und denk gar nicht erst daran, mir widersprechen zu wollen, Tobirama! In meiner ersten Theorie hatte ich auch Recht behalten. Eben weil du das als esoterischen Quatsch abgetan hast, will ich das weiter verfolgen. Also, Hashirama, bitte fang an.«

Er sah sie fragend an. »Mit was?«

»Keine Ahnung«, sagte sie offen heraus. »Meine Stimmgabel-Theorie hatte zumindest noch eine tatsächliche physikalische Grundlage. Aber schlussendlich bist du der einzige, der Mokuton beherrscht. Das gibt dir anscheinend so etwas wie einen sechsten Sinn. Nutze ihn. Frag das Gras, ob es freundlicherweise für uns zu einem Apfelbaum mit essbaren Früchten werden möchte oder mach irgendwas anderes.«

Hashirama sah nachdenklich auf seine Hände. Dann ging er erneut in den Sennin Modus über und schloss die Augen. Er hatte keine Ahnung, was er sich unter Mitos Vorschlag vorstellen konnte und wie er das anstellen sollte, aber er beschloss, wieder einmal einfach seinem Instinkt zu folgen. Das hatte schon in der Vergangenheit funktioniert.

Pflanzen wisperten einander zu, er wusste das schon lange. Tobirama hatte ihm nie glauben wollen, aber dass Mito Hashirama darin sogar unterstützte und ermunterte, war ein wohltuendes Gefühl.

Hashiramas Chakra funktionierte wie ein Sender für seinen Willen. In der Vergangenheit hatte er immer versucht, das, was er mit seinem Mokuton erschaffen wollte, möglichst genau nachzubilden und somit ein möglichst exaktes Bild zu vermitteln. Tobirama hatte theoretisiert, dass Mokuton die Natur bis auf zellularer Ebene nachbildete, was hieß, dass Hashirama ein enorm komplexes Bild erschaffen musste. Je mehr Chakra er in sein Jutsu legte, umso leichter fiel es ihm, auch komplexe Strukturen zu erschaffen, aber alles hatte seine Grenzen. Und Mito hatte Recht, Dinge wie Geruch oder Geschmack geschahen auf noch kleineren und ungemein komplexeren Ebenen. Es war, als würde er jeden Stern im Nachthimmel einzeln und doch alle zugleich erfassen statt das Gesamtbild wahrzunehmen. Es war unmöglich.

Aber was wäre, wenn er der Natur mit seinem Jutsu nicht seinen Willen aufzwang, sondern sie einfach machen ließ? Natur war ein Kunstwerk, das so komplex war wie kein anderes menschliches Konstrukt. Menschen würden niemals an ihre Perfektion heranreichen. Was also würde passieren, wenn er einfach darauf vertraute, dass die Natur all diese Dinge viel besser als er erschaffen konnte? Wenn er sie einfach darum bat und dafür sein Chakra zur Verfügung stellte?

Er ließ sein Chakra in den Boden unter sich sickern und fühlte die Pflanzen, die um ihn herum wuchsen. Ihre Wurzeln tasteten nach seinem Chakra und gaben ihm so einen flüchtigen Einblick in ihre Gedanken.

In seinen Gedanken formte er das Bild eines Apfelbaumes mit wunderschönen, reifen Früchten. Er stellte sich vor, einen der roten Äpfel von seinem Ast zu pflücken und hineinzubeißen, und malte sich dann möglichst genau seinen Geschmack aus.

Aber etwas wollte einfach nicht funktionieren. Es war, als würde er eine andere Sprache sprechen. Die Pflanzen um ihn herum nahmen wahr, dass er etwas von ihnen wollte. Aber sie waren verwirrt und unwillig, mit ihm zu kommunizieren. Noch war er ein zu fremdes Wesen, nicht eines von ihnen.

Er unterbrach die Verbindung und schlug die Augen auf. »Irgendetwas passt einfach noch nicht. Es ist, als würde ich nach Wasser greifen, statt das Wasser zu sein. Mito-kun, bitte mach das mit der Stimmgabel noch mal. Aber dieses Mal halte sie vielleicht etwas weiter weg.«

»Eine größere Entfernung hat vielleicht nicht ganz so umwerfende Auswirkungen«, sinnierte sie.

»Falls das ein beabsichtigtes Wortspiel war, dann war es katastrophal schlecht«, bemerkte Madara.

Sie erdolchte ihn mit ihren Blicken. »Wenigstens bin ich in der Lage, mein Hirn zu etwas Praktischem zu benutzen und mir solche Experimente hier auszudenken. Dein Verdienst bisher ist hingegen fraglich.«

Mito griff erneut nach der Stimmgabel und schlug sie an. Hashirama bereitete sich darauf vor, von den Auswirkungen auf sein Chakra von den Füßen gerissen zu werden, aber wie er gebeten hatte, hielt sie die Stimmgabel dieses Mal weiter von ihm weg. Sein Chakra waberte wie auch schon zuvor, doch dieses Mal verlor er nicht die Kontrolle über sich.

Das Wispern wurde lauter. Jetzt konnte er beinahe schon Worte ausmachen, oder jedenfalls kam es ihm so vor. Wieder versuchte er, den Pflanzen zu vermitteln, was er von ihnen wollte. Dieses Mal wirkten sie beinahe neugierig, als sie seine Absichten spürten, wie als würden sie sich fragen, was dieses komische Ding in ihrem Reich von ihnen wollte und warum es sie so albern nachahmte.

Er ließ mehr von seinem Chakra fließen, um die Verbindung zu stärken und seine Vorstellung klarer zu gestalten. Das Wispern wurde zu einem Raunen und die Bäume um ihn herum begannen zu rascheln. Der kleine Apfelbaum, den er zuvor geschaffen hatte, neigte die Äste in seine Richtung.

Ja. Ja, das wollte er doch. Er verstärkte sein Bitten, seinem Willen zu folgen. Verständnis schien sich zu formen, wie als würde ein verschwommenes Bild langsam an Klarheit gewinnen. Ja, bitte werdet zu einem Apfelbaum.

Etwas passierte, auch wenn er sich nicht sicher war, was dieses Etwas war.

»Das ist … alles nur kein Apfelbaum«, sagte Tobirama verwirrt.

Als Hashirama die Augen öffnete, um sein Werk zu betrachten, sah er sich einem seltsamen Ding gegenüber, das entfernte Ähnlichkeit mit dem ersten Bäumchen hatte. Seine Äste waren verdreht und verknotet und bogen sich in sonderbaren Winkeln. Die Silhouette hatte unangenehme Ähnlichkeiten mit einem Menschen.

»Wenn du noch mehr davon machst, dann hast du auf jeden Fall erfolgreich einen Geisterwald erschaffen«, bemerkte Madara.

»Was hast du gemacht?«, wollte Mito wissen. Er erklärte es ihr und sie machte sich wieder eifrig Notizen. »Zumindest war es kein völliger Reinfall«, schloss sie. »Ich meine, etwas ist passiert.«

Hashirama war nicht zufrieden. »Das war nicht, was ich im Sinn hatte.«

»Aber es ist auch nichts, was vorher schon einmal vorkam, nicht wahr?«, sagte Mito. »Und damit ist es durchaus eine neue Erkenntnis. Ich sage, dass du das weiter verfolgen solltest. Mal sehen, wohin das noch führt. Vielleicht sind wir ja doch auf dem richtigen Weg.«

»Ich würde sagen, für‘s Erste ist das genug«, sagte Tobirama. »Kommst du zur Nachbesprechung, Mito-kun? Es sei denn, du willst unbedingt noch etwas ausprobieren.«

»Nein, das war es für‘s Erste«, sagte sie. »Geh du schon einmal vor, ich will noch etwas mit deinem Bruder besprechen. Allein.« Das letzte fügte sie an Madara gewandt an.

Seine Mine verfinsterte sich. Doch dann erhob er sich. »Kommst du nachher noch vorbei?«, fragte er Hashirama.

Hashirama strahlte über das ganze Gesicht. »Na klar!«

Tobirama grummelte etwas und stellte sicher, dass Madara seinen Habicht mit sich nahm, dann ging er selbst ins Haus. Mito und Hashirama blieben allein im Garten zurück.

»Das ist, als würde ich laufen neu lernen«, sagte Hashirama und deutete auf den unheimlich wirkenden Baum, den er hatte entstehen lassen. Sie sollten vielleicht weitere Experimente in den Wald verlegen, er wollte nicht noch mehr davon in seinem Garten.

»Das kann ich mir vorstellen. Aber das ist es nicht, was ich mit dir besprechen wollte«, sagte sie. »Ich weiß, dass zwischen dir und Madara was läuft.«

Mit einem Mal wurde ihm eiskalt, als er die Katastrophe auf sich zurollen sah und nichts dagegen unternehmen konnte. »Wir sind Freunde«, krächzte er.

Sie sah ihn skeptisch an. »Nur Freunde? Sicher, dass das nicht doch ein bisschen mehr ist als das?«

Unweigerlich musste er an den Kuss auf der Klippe denken. Er wünschte sich eine tiefe Schlucht, in die er springen konnte und aus der er nie wieder auftauchen würde.

»Oh, jetzt schau mich nicht an, als ob ich dich gleich fressen würde!«, rief sie aus. »Ganz im Gegenteil. Ich bin mir sicher, dass das der Grund ist, warum du mir immer noch keine Antwort gegeben hast, aber das muss es nicht. Du brauchst das Geld meines Vaters und das ist der einzige Anlass für diese Hochzeit. Ich habe mit Vater geredet, und wenn du ihn noch länger warten lässt, dann sucht er sich einen anderen Bündnispartner. Sich dem Dorf anschließen will er sich auch nicht, weil er sich seine Unabhängigkeit bewahren will. Das ist also die einzige Option, die du hast, und ich werde nicht zulassen, dass du sie wegen überholter Moralvorstellungen davon wirfst. Dafür ist mir dieses Dorf und die Idee dahinter bereits zu sehr ans Herz gewachsen. Diese Eheschließung wird nur auf dem Papier geschehen, das ist mir klar. Ich meine, es wäre schön, wenn du mich auch so lieben würdest wie ich dich, aber … Oh, scheiße.« Sie schlug die Hand vor den Mund.

Er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Hatte sie wirklich gesagt, was er meinte verstanden zu haben? Er wusste nicht, ob das die Sache einfacher oder komplizierter machte. Für den Moment beschloss er, es einfach hinzunehmen.

Mito recke das Kinn. »Monogamie ist ein gesellschaftliches Konstrukt, das längst seine Daseinsberechtigung verloren hat. Wenn es Menschen gibt, die damit glücklich werden, ist das deren Sache. Aber sollten wir heiraten, nein, wenn wir heiraten werden, dann bin weder ich dein Besitz noch umgedreht und ich erwarte ganz bestimmt nicht, dass du dich den ganzen Rest deines Lebens an eine Person kettest, die du vielleicht nie lieben wirst. Das einzige, was ich erwarte, ist, dass du das umgedreht auch so siehst und wir das zumindest zwischen uns beiden offen kommunizieren.«

Er blinzelte. »Also hast du kein Problem damit, dass Madara und ich …?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, habe ich nicht.«

Diese Erkenntnis brauchte einen Moment, um wirklich einzusinken. Doch dann breitete sich ein strahlendes Lächeln auf seinen Lippen aus und er umarmte sie stürmisch. »Das ist wunderbar! Danke, Mito, danke! Das löst mit einem Mal all meine Probleme.«

Sie seufzte erstaunlich mädchenhaft. »Ich weiß«, nuschelte sie dann in seine Kleidung. »Deswegen sag ich‘s ja.« Sie kämpfte sich aus seiner Umarmung. »Und vergiss einfach den Ich-liebe-dich-Teil, ja?«

»Ein wenig schlecht fühle ich mich trotzdem«, gestand er. »Du bist eine wunderbare Frau, Mito, du verdienst Liebe. Zugegeben war auch das einer der Gründe, warum ich bisher gezögert habe.«

Sie bohrte ihm den Finger in die Brust und sah ihn streng an. »Ich hasse es, wenn Männer meinen, mich bevormunden zu müssen. Lass das. Ich bestimme immer noch für mich selbst, was ich will und was nicht. Und in diesem Moment ist es, diesem Dorf eine Zukunft zu geben.«

Er nickte. »Du hast natürlich Recht. Entschuldige bitte. Wir haben das Dorf übrigens Konohagakure genannt.«

Sie hob eine Augenbraue. »Ernsthaft? Wessen Idee war das?«

»Madaras!«, verkündete er stolz.

Sie schnaubte. »Und da wagt dieser Kerl es, sich über meine Wortwahl lustig zu machen! Pah!«

»Also haben wir damit eine Abmachung?«, fragte er eilig, um sie von ihren mordlüsternen Gedanken abzubringen.

»Die haben wir.«

Manchmal konnten die Dinge doch so einfach sein.

Am I overthinking this? Yes, I am. Das Ergebnis dessen ist, dass Chakra hier ähnlich wie Stormlight funktioniert und Mokuton quasi Soulcasting ist, wenn auch nur mit einer Essenz. Ich hätte wirklich den legendären "I am a stick" Dialog hier reinbringen sollen, oder? Headcanon, dass sie diese Experimente später etwas außerhalb des Dorfes fortsetzen. Dieses Gebiet wird später als Senju-Park bekannt und die ganzen creepy Bäume stehen tief im Inneren des Waldes, was viel später mal Narutos Spielplatz wird, ohne dass er die Geschichte dahinter kennt. Außerdem: Polyam rights! Das nächste Kapitel eskalierte ein bisschen, weil die Autorin eine birb person ist und Madaras Hobby die Falknerei ist. Es war vorherbestimmt zu eskalieren.
Die Stille der Nacht
CN SVV, Erwähnung toter Familienmitglieder, Trauma, Trauer, milder Sexismus

Mit der rosanen Rose in der Hand begab sich Hashirama zu Madaras Heim, wie er es ihm versprochen hatte. Er war bester Laune und sein Schritt federnd. Es war ein befreiendes Gefühl, all seine Sorgen mit einem Schlag gelöst zu haben. Vielleicht sollte er als Dank auch Mito eine Blume geben und nicht nur Madara, überlegte er. Immerhin war es ihre offene und tolerante Art, die alles so einfach gemacht hatte.

Madara schien ihn bereits erwartet zu haben, denn er brauchte nicht einmal zu klingeln, als Madara ihm bereits die Tür öffnete. Hashirama streckte ihm die Rose entgegen.

»Schau, ein Ge …«

Weiter kam er nicht, denn Madara zog ihn kurzerhand in den Hausflur und warf die Tür hinter ihnen zu. Dann presste er ihn gegen die Wand, fixierte seine Handgelenke über seinem Kopf und küsste ihn stürmisch.

Hashirama stöhnte auf und ihm wurden die Knie weich. Es war ein gutes Zeichen, wenn Madara körperliche Nähe initiierte, wie er in den letzten Tagen gelernt hatte. Dann war er bereit dafür und schien sich auch zunehmend daran gewöhnen zu können. Noch immer gab es oft Momente, in denen er davor zurückschreckte und Hashirama von sich wies, aber er wäre auch nicht davon ausgegangen, dass Madara das so schnell würde überwinden können. Dass er sich überhaupt bereits jetzt so auf Hashirama stürzte, überraschte diesen. Nicht dass es ihn stören würde. Wahrscheinlich war es pure Sturheit, die Madara dazu brachte.

Als Madara eine seiner Hände freigab, um seine Finger durch Hashiramas Haare gleiten zu lassen, nutzte Hashirama die Gelegenheit, um ebenjene Hand auf Madaras Hintern zu platzieren und ihn noch fester an sich zu pressen.

»Ich will dich«, raunte er heiser. Erregung pulste durch seine Venen.

Leider hatte das nicht den erhofften Effekt. Madara erstarrte. Dann löste er sich von Hashirama und betrachtete ihn für einen Moment. »Noch nicht jetzt«, sagte er.

Hashirama versuchte, wieder zu Atmen zu kommen und seine Gedanken zu sammeln. Hoffentlich sah Madara ihm seine Enttäuschung nicht allzu sehr an. Um diese etwas unangenehme Situation zu überspielen, hielt er Madara mit einem entschuldigenden Lächeln erneut die Rose entgegen.

Madara warf ihm einen langen Blick zu und verschränkte die Arme vor der Brust. »Echt jetzt? Eine Rose? Du denkst, ich bin an so einem Kitsch interessiert?«

»Nein, keine rote Rose«, stellte Hashirama klar. »Dass du mich hochkant wieder rauswirfst, wenn ich damit ankomme, war mir bewusst. Deswegen hatte ich Ino nach einem Geschenk gefragt für jemanden, der mir sehr, sehr wichtig ist, und sie hatte mir eine rosane Rose vorgeschlagen. Sie sagt, dass sie für Vertrauen, Zufriedenheit und Zuversicht steht.«

Mit diesen Worten steckte er Madara die Rose in die Haare. Zufrieden betrachtete er sein Werk. »Hübsch sieht sie an dir aus.«

Madara funkelte ihn finster an, ließ die Rose jedoch dort, wo sie war. Hashirama wertete das als Erfolg.

»Tee?«, fragte Madara stattdessen. »Oder Sake?«

»Beides?«, schlug Hashirama vor.

Madara brachte ihnen beides. Sie setzten sich in eines der Zimmer, die den Blick freigaben auf die Vogelvolieren in Madara Garten. Er hatte die Wand zur Seite geschoben, sodass sie die Tiere beobachten konnten, während sie die Getränke teilten.

»Du kannst sie mit deinem Sharingan kontrollieren, nicht wahr?«, erkundigte sich Hashirama.

»Ja, deswegen haben sie sich im Krieg ja auch so gut als Spione gemacht. Wenn ein Adler so hoch gestiegen ist, dass wir ihn schon gar nicht mehr sehen können, erkennt er noch immer einen Hasen im Feld. Aber normalerweise bevorzuge ich es, mit ihnen auf herkömmliche Art und Weise Wild zu jagen.«

»Wie funktioniert das eigentlich? Bringst du ihnen Kommandos bei oder so?«

Madara lachte auf. »Denkst du wirklich, ein Greifvogel würde sich zu so etwas herablassen? Nein, diese Tiere dort können hervorragend auf sich allein gestellt in der Wildnis überleben. Der einzige Grund, warum sie zu mir zurückkommen, wenn ich sie fliegen lasse, ist, dass sie wissen, dass sie bei mir wesentlich leichter an Futter kommen, als wenn sie ihre Beute selbst schlagen müssten.«

»Es sind schon sehr faszinierende Tiere.«

»Oh ja. Und stolz.«

Hashirama betrachtete Madara, wie dieser zufrieden seine Vögel beobachtete. Er passte zu ihnen mit seiner herrschaftlichen Art und seinem unbeugsamen Willen. »Du bist wunderschön«, raunte Hashirama und lehnte sich zu Madara.

Madara warf ihn einen kritischen Seitenblick zu.

»Ich meine das ernst!«, beteuerte Hashirama. »Madara, du bist wie ein Geschenk der Götter für mich.«

Madara wandte sich ihm nun vollends zu und brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen. »Halt die Klappe, baka.«

Hashirama lächelte und strich eine Haarsträhne aus Madaras Gesicht, auch wenn es ein Kampf auf verlorenem Posten war. »Aber es stimmt.«

Madara schnaubte und rückte wieder von ihm ab. »Du bist jetzt also so etwas wie Mitos Laborratte«, wechselte er das Thema. »Was wollte sie von dir?«

»Wunderbare Neuigkeiten!«, verkündete Hashirama. »Ich werde Mito heiraten.«

Weiter kam er nicht, denn mit einem zornerfüllten Schrei schmetterte Madara ihm die Rose ins Gesicht und packte ihn dann bei der Kehle. »Wie kannst du es wagen?«, fauchte er, während er über Hashirama hockte und ihm sein Knie in die Eingeweide bohrte. »Wie kannst du es wagen, so etwas als eine gute Sache zu bezeichnen und im selben Atemzug mit mir zu flirten! Ich bring dich um!«

Hashirama versuchte Madaras eisernen Griff um seine Kehle zu lösen, doch dieser presste ihn nur noch fester in die tatami. Das Holz des Bodens ächzte unter ihnen.

»Madara, lass … lass mich erklären«, röchelte Hashirama. Mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet.

Madara lockerte tatsächlich seinen Griff. »Ich gebe dir genau dreißig Sekunden«, drohte er, und Hashirama wusste genau, was passieren würde, wenn Madara seine Antwort nicht gefiel.

»Sie weiß von uns«, sagte er daher. »Keine Ahnung, wie, aber das ist ja auch egal. Jedenfalls weiß sie davon und befürwortet es. Ihr geht es einzig und allein um unser Dorf und das ist der einzige Weg, um genug Geld aufzutreiben, um den daimyō abzubezahlen. Das hast du selbst immer wieder gesagt.«

»Als ob ich die Erlaubnis einer Frau brauche!«, fauchte Madara.

»Nein, natürlich nicht«, beeilte sich Hashirama zu sagen. »Könntest du bitte …?« Er gestikulierte in Richtung des Knies, das sich noch immer schmerzhaft in seinen Bauch bohrte.

»Nein«, knurrte Madara.

Hashirama gab sich geschlagen. Immerhin war seine Kleidung noch nicht in Flammen aufgegangen, was er als Erfolg verbuchte. »Aber das bedeutet auch, dass das nicht zwischen uns stehen muss und wir trotzdem zusammen sein können und unser Dorf gleichzeitig eine Zukunft hat. Das ist die ideale Lösung.«

Madara musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. Dann ließ er doch Hashiramas Kehle los und nahm das Knie aus seinem Magen. Hashirama atmete auf.

»Sind wir denn zusammen?«, verlangte Madara zu wissen. Noch immer starrte er finster auf Hashirama nieder.

»Keine Ahnung. Sag du‘s mir. Ich weiß nur, dass ich nicht mit jedem meiner Freunde Sex haben will. Nur mit dir.«

Stille. Dann: »Wirklich?«

»Ja.«

»Gut. Denn du bist mein, dass wir uns da klar verstehen. Und daran ändert sich auch nichts, wenn du Mito heiratest. Was du nur des Geldes wegen tust.«

»Das war ohnehin von Anfang an die Idee dahinter.« Für den Moment blendete Hashirama aus, dass Mito ihm aus Versehen ihre Gefühle gestanden hatte. Sie hatte selbst gesagt, dass sie mit der Situation, wie sie war, einverstanden war, erinnerte er sich.

»Baka«, grummelte Madara, aber sein Zorn schien verflogen zu sein.

Ihr Gespräch wandte sich unbefangeneren Themen zu und alsbald alberten sie wieder herum. Hashirama war froh, dass das endlich aus der Welt war und erst jetzt, wo diese Last von seinen Schultern genommen worden war, spürte er, wie sehr es ihn niedergedrückt hatte. Aber das war jetzt vorbei, nichts stand ihnen und ihrem Traum entgegen. Er stahl sich einen Kuss von Madara.

Es ging bereits auf den Abend zu und der Tee war dem Sake gewichen. Madara sah zur Sonne, die in der Ferne hinter den Bäumen unterging. Hashirama bewunderte den goldenen Ton, den ihr Licht auf Madaras Haut erzeugte. Als würde er in einem inneren Licht erstrahlen …

Madara bemerkte, wie Hashirama zu ihm sah, und wandte rasch den Blick wieder ab. Hashirama bildete sich ein, eine leichte Röte auf seinen Wangen zu sehen.

»Es ist Fütterungszeit«, sagte Madara ausweichend. »Willst du dabei sein?«

»Gern! Aber … Du hast doch immer gesagt, dass ich mich von deinen Vögeln fern halten soll. Es sei denn, ich bin das Abendessen.«

Madara grinste. »Ein verlockender Vorschlag. Aber ich werde meine Kleinen auf ein andermal vertrösten müssen. Ich pass auf, dass keiner von ihnen dir deine Augen aushackt.«

Er erhob sich und ging in einen angrenzenden Raum. Als er wiederkam, hatte er einen Eimer bei sich, dessen Inhalt sich als tote Küken herausstellte. Seine Vögel stießen aufgeregte Schreie aus, als er sich ihnen damit näherte. Sie wussten anscheinend schon, was das bedeutete.

Hashirama hatte immer noch gehörigen Respekt vor dem Adler, in dessen mächtigem Schnabel eines der Küken im ganzen verschwinden konnte. Das Tier musterte ihn von seinem Sitz auf Madaras Arm aus, doch dann schien es den Inhalt des Eimers doch interessanter zu finden, als es ihn mit einem schrillen Schrei einforderte.

»So einer war‘s, der deinem Bruder seine Narben verpasst hat«, sagte Madara mit einem süffisanten Grinsen, während der Adler das Küken verschlang.

Mit Blick auf die Krallen ging Hashirama auf, dass Tobirama eine gehörige Portion Glück gehabt haben musste.

»Die natürliche Beute von Riesenseeadlern besteht vorwiegend aus Fisch und Aas«, erklärte Madara. »Hin und wieder auch Seevögel und landlebende Säugetiere entsprechender Größe. Auch wenn sie zu den größten Greifvögeln zählen, stehen Menschen nicht auf ihrem Speiseplan. Aber wie gesagt, man kann sie recht einfach mit dem Sharingan kontrollieren, was einige interessante Möglichkeiten eröffnet. Das hat es mir ermöglicht, die Tiere auf das Chakra von euch Senju zu trainieren, um euch durch ihre Augen auszuspähen.«

Hashirama musste unwillkürlich grinsen. »Mit einigem Erfolg, zu unserem Leidwesen.«

»Derzeit arbeite ich daran, es ihnen wieder auszutreiben, was ganz gut funktioniert, wenn so viele von euch ständig herumlaufen.«

»Der da schaut mich aber dennoch an, als ob er lieber mich statt der Küken fressen will.«

»Seine Krallen und sein Schnabel sind allemal kräftig genug, einem Menschen die Kehle aufzureißen, aber wie eigentlich alle Greifvögel sind sie auf leichtere Beute aus, die nicht so wehrhaft ist.«

Weitere Küken verschwanden im Schnabel des Vogels und er schenkte Hashirama keine weitere Beachtung. Als er genug hatte, setzte Madara ihn wieder zurück in seinen Bauer und ging zum nächsten Vogel.

»Taka kennst du bereits«, sagte er, als sich der Habicht auf seinen Arm setzte. »Willst du sie einmal halten?«

Auch wenn ein Habicht bedeutend kleiner war als ein Seeadler, so waren dessen Krallen und sein Schnabel noch immer gefährliche Waffen und Taka wie alle Vögel hier abgerichtet. Weil Madara anscheinend merkte, wie Hashirama zögerte, aktivierte er sein Sharingan.

»Ich pass auf«, versprach er.

Er gab Hashirama einen weiteren seiner Falknerhandschuhe und zeigte ihm, wie er Taka ihren Happen präsentieren musste. Das Habichtweibchen hatte schon längst ihre Beute ausgemacht und hatte anscheinend beschlossen, nicht länger warten zu wollen. Mit ausgebreiteten Flügeln machte sie einen großen Satz, landete auf Hashiramas Hand und begann sogleich, an dem Küken zu piken und es zu zerrupfen. Auf wessen Hand sie dabei saß, schien sie nicht weiter zu interessieren. Sie schüttelte ihren Kopf und verteilte dabei die Daunenfedern des Kükens in alle Richtungen, bevor sie sich daran machte, das Fleisch zu zerreißen. Hashirama entging nicht der erstaunlich große Druck, den ihre krallenbewehrten Füße dabei ausübten.

»Habichte töten mit ihren Krallen, anders als zum Beispiel Falken, welche ihre Beute mit ihrem Schnabel erlegen«, erklärte Madara. »Bei der Beizjagd werden Habichte üblicherweise für Hasen und andere kleine Tiere eingesetzt, aber auch Rabenvögel und vergleichbare Vögel wie Tauben oder Hühner können sie greifen, gelegentlich sogar andere Raubvögel wie Bussarde oder Falken.«

»Sie ist erstaunlich leicht für ein Tier dieser Größe«, stellte Hashirama fest.

»Im Gegenteil, Taka ist mit zwei Kilo ein Dickerchen. Mein Adler dort wiegt fünf Kilo, obwohl er um ein Vielfaches größer ist als ein Habicht. Alle Vögel sind Leichtgewichte, ansonsten könnten sie nicht fliegen.«

»Zeigst du mir bei Gelegenheit, wie du mit deinen Vögeln jagst?«

»Das kann ich machen. Sie müssen ohnehin wieder trainiert werden. Hast du gehört, Taka? Du musst wieder arbeiten für dein Futter. Du wirst faul.«

Taka fraß unbeirrt weiter und schlang soeben ein Beinchen im Ganzen hinunter.

Hashirama sah zu Madara und lächelte ihn über Taka hinweg an. Alles war, wie es sein sollte.

»Bleibst du heute Nacht bei mir?«, fragte Madara leise. Er wirkte dabei ungewöhnlich verletzlich und unsicher.

»Ja. Natürlich«, sagte Hashirama sofort und ohne weiter darüber nachzudenken.

Taka zerstörte die Stimmung effektiv, als sie erneut nach Futter schrie. Madara ließ ihr ihren Willen und gab Hashirama ein weiteres Küken in die Hand, das sie geschickt zerlegte.

Danach machten sie sich daran, auch die restlichen Tiere in Madaras Bestand zu füttern. Als sie fertig wurden, war die Sonne bereits untergegangen und es dämmerte. Sie gingen wieder nach drinnen und Madara bereitete ihnen ein schlichtes Abendessen. Danach saßen sie noch bis weit in die Nacht hinein und plauderten miteinander. Hashirama musste sich eingestehen, dass er nicht wirklich auf das Gespräch achtete, sondern hauptsächlich Madara betrachtete. Er besaß kein Sharingan, aber dennoch wollte er sich jedes noch so kleine Detail seines Gesichts in sein Gedächtnis einbrennen.

Irgendwann griff Madara nach seinen Händen und behielt sie in seinen. Eine Weile betrachtete er sie nachdenklich. »Es fühlt sich … besser an«, sagte er schließlich. »Ich muss mich immer noch dazu überwinden, aber mit jedem Mal fällt es mir leichter. Und ganz ehrlich, du bist heiß und das hilft dabei auch.«

Hashirama stöhnte gekünstelt auf. »Autsch, deine Wortspiele sind eine Katastrophe.«

»Halt die Klappe, baka!« Kurzerhand setzte sich Madara auf seinen Schoß, nahm sein Gesicht zwischen seine bloßen Hände und küsste ihn.

Im Küssen war er auch bedeutend besser geworden und das auf eine Weise, die Hashirama schier um den Verstand brachte. Er wollte nichts lieber, als Madara auf der Stelle die Kleider vom Leib zu reißen und ihn hier und jetzt für sich zu beanspruchen. Aber er hielt sich zurück, wenn auch nur mit Mühe. Dennoch packte er Madaras Hüften in einer vielsagenden Geste.

»Wenn du das noch mal machst«, raunte er, »dann kann ich für nichts garantieren.«

Das grausame Lächeln auf Madaras Lippen sprach Bände. Er mochte vielleicht noch nicht bereit sein für diese Art von Intimität, aber gleichzeitig bereitete es ihm verboten viel Freude, Hashirama zu reizen.

Doch die Stunde war spät und schließlich gingen sie doch zu Bett. Madara war in seinem ohnehin leeren Haus nicht auf Gäste eingerichtet und so überließ er Hashirama kurzerhand einen von seinen Schlafyukata und sein extra Futon.

Sie sagten sich gute Nacht und Hashirama grinste wie ein frisch verliebter Jugendlicher, als er dabei Madaras Hand hielt.

Ihre Nachtruhe wehrte nicht lang. Hashirama wurde von einem Schrei aus seinem Schlaf gerissen. Er hatte zwar Madara versprochen, die Finger von ihm zu lassen, aber er war schon immer ein unruhiger Schläfer gewesen und so hatte er es absehen können, dass er von seiner Seite des Bettes zu Madaras hinüber gewechselt war und sich an ihn gekuschelt hatte. Sich halb auf ihn gelegt, träfe es wohl eher.

So bemerkte er jedoch sogleich, dass Madara sich unruhig in seinem Schlaf regte. Er warf den Kopf hin und her und die Augen unter seinen Lidern zuckten nervös umher. »Izuna, nein! Geh nicht!«, stöhnte er.

Ein Alptraum. Hashirama richtete sich auf und schüttelte Madara bei den Schultern, um ihn zu wecken. Keuchend fuhr Madara auf, ein unterdrückter Schrei entfloh sich seiner Kehle. Besorgt musterte Hashirama ihn.

Tränen stiegen in Madaras Augen auf. »Izuna …«, hauchte er. Dann würgte er, schlug sich die Hand vor den Mund und stolperte aus dem Zimmer.

Hashirama folgte ihm. Madara hing im Bad über einem Eimer und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Er trat zu ihm, hielt ihm die Haare aus dem Nacken und strich ihm beruhigend über den Rücken, bis er am Ende nur noch Galle würgte. Erschöpft sank Madara zu Boden und bot einen jämmerlichen Anblick, während ihm noch immer Tränen über das Gesicht liefen.

»Mach dich frisch, ich kümmere mich darum«, bot Hashirama an und gestikulierte in Richtung des Eimers.

Madara nickte schwach, rührte sich aber dennoch zunächst nicht. Hashirama nahm den Eimer an sich und entsorgte dessen Inhalt, danach spülte er ihn gründlich in der Küchenzeile aus. Als er damit fertig war, sah er, dass Madara sich inzwischen raus auf sein engawa gesetzt hatte und nun die Mondspiegelung in seinem Teich beobachtete. Hashirama holte ihre Decken, legte eine davon Madara um die Schultern, schlang die andere um sich und setzte sich dann zu ihm.

»Jede Nacht«, murmelte Madara. »Jede Nacht sehe ich Izuna in meinen Träumen sterben. Es ist beinahe ein Jahr her und doch lässt es mich nicht los.«

Hashirama bemerkte, wie Madara sich die Finger in den Arm gekrallt hatte und sich die Haut blutig aufriss. Vorsichtig aber bestimmt löste er seine Finger und heilte die Wunden. Mit einem Schluchzen sank Madara in seine Arme. Er zog ihn an sich.

Hashirama dachte an die Zeit zurück, als Itama und Kawarama gestorben waren. Die Trauer hatte ihn niedergedrückt, aber ihm irgendwie auch die Kraft gegeben, aufzustehen und etwas ändern zu wollen. Niemals hatte es ihn so vollständig zerschmettert. Er fragte sich, wie es wohl wäre, wenn Tobirama … Doch dann unterbrach er sich und führte den Gedanken nicht fort. Darüber wollte er nicht nachdenken, und vielleicht war genau das die Antwort auf seine Frage, wie es Madara ergehen musste.

Madara presste sein Gesicht in Hashiramas Kleidung und klammerte sich an ihn. Seine Finger bohrten sich in Hashiramas Schultern, als wolle er mit seiner bloßen Haut verschmelzen. »So warm«, wisperte er. »Bitte werde niemals kalt und leblos. Niemals.«

»Ich verspreche es dir«, erwiderte Hashirama und legte Madara eine Hand auf die Wange, um ihm seine Wärme spüren zu lassen, damit er das Leben in ihm fühlen konnte. Madara klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an ein Stück Holz.

Es dauerte seine Zeit, doch schließlich beruhigte sich Madara wieder. Sein Atem ging ruhiger und seine Finger gruben sich nicht mehr schmerzhaft in Hashiramas Schultern. Wahrscheinlich hatte er einige Blessuren hinterlassen, aber das spielte im Moment keine Rolle. Madara schmiegte sein Gesicht in Hashiramas Halsbeuge und rieb seine Nase an dessen Hals.

»Es fühlt sich nicht nur besser an«, sagte er nun mit deutlich klarerer Stimme. »Ich denke, ich mag es sogar.«

Mit einem zärtlichen Lächeln vergrub Hashirama sein Gesicht in Madaras Haarmähne und atmete tief durch. Madara roch nach Asche und Rauch und etwas, für das Hashirama keine Worte hatte, ihm aber direkt zu Kopfe stieg. Er gab einen wohligen Laut von sich. »Das freut mich sehr, denn ich mag es definitiv.«

Eine Weile saßen sie schweigend da, eng aneinander geschmiegt und die Glieder miteinander verschlungen, als wollten sie miteinander verschmelzen. Hashirama wünschte, dieser Moment würde niemals enden.

»Wovon träumst du in der Nacht?«, fragte Madara irgendwann.

Hashirama betrachtete das silberne Mondlicht im Teich. Die Stille der Nacht umfing sie, absolut und undurchdringlich. Für einen Moment war es, als hätte die Welt den Atem angehalten. Zeit hörte auf zu existieren. Sein Blick richtete sich in den Himmel, ein mitternachtsschwarzes Band, das sich von Horizont zu Horizont erstreckte, gesprenkelt mit Myriaden von winzigen, funkelnden Diamanten.

»Von den Sternen«, sagte er. »Jeder Stern ist eine Sonne und jede Sonne hat ihre eigenen Welten. Wie sie wohl sind? Sind sie so wie unsere Welt? Oder etwas völlig anderes? Gibt es Leben auf ihnen? Sind es gar Paralleluniversen? Ich stelle mir vor, zwischen den Sternen zu reisen mit nichts weiter um mich herum als die unendliche Weite des Raums. All das hier hinter mir zu lassen. Ich stelle mir vor, auf unsere Sonne zu blicken, wie sie nur ein Stern unter unzähligen anderen ist. Das lässt all das hier klein erscheinen, nicht mehr gewaltig und furchteinflößend.«

»Es wäre kalt dort oben.«

»Und still. Zeit würde für mickrige Wesen wie uns Menschen keine Rolle mehr spielen. Für das Universum sind wir nur ein kurzes Aufflackern, kaum von Bedeutung. Kaum leuchten wir auf, verglühen wir auch schon wieder.«

»Aber ist das nicht eigentlich ein schrecklicher Gedanke? Sich vorzustellen, wie alles, was wir erschaffen, nicht von Bedeutung ist und letztendlich hinfällig?«

»Aber es war gut, so lange es währte. Das hast du selbst einmal zu mir gesagt. Manchmal erscheinen die Dinge so gewaltig und unfassbar schrecklich. Es gab Zeiten in der Vergangenheit, da wusste ich nicht, wie ich noch weitermachen konnte. Der Traum, den wir einst geteilt hatten, schien in unfassbar weite Ferne gerückt zu sein, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte. Aber dann blickte ich zu den Sternen auf und sah, dass ich nicht das ganze Universum ändern wollte. Nur einen winzigen Teil davon, so klein, dass er im großen Gesamtbild des Kosmos eigentlich keine Rolle spielte. Aber für mich tat er das, für mich war er wichtig, und das war das einzige, was zählte.«

»Doch alles wird eines Tages sein Ende finden. Irgendwann einmal wird alles zu Staub zerfallen und die Zeit spült alle Spuren hinfort.«

»Das ist die unumstößliche Wahrheit des Universums. Alles stirbt einmal, alle Freude, alle Liebe, alles Leid und schlussendlich die Zeit selbst. Wir sind nur winzige Funken im ewigen Tanz der Neutronen und alles, was uns bleibt, ist zu entscheiden, was wir mit der Zeit, die uns gegeben ist, anfangen.«

»Welche Entscheidung hast du getroffen?«

»Meine kleine Ecke im Universum besser zu machen, denn für mich bedeutet sie die Welt. Und du hast entschieden, dich mir anzuschließen, und dafür bin ich unendlich dankbar.«

Eine Weile schwiegen sie. Eine Wolke schob sich vor den Mond und verdunkelte ihn. Finsternis kroch in den stillen Garten.

»Zeit ist ein Fluss«, wiederholte Madara, was Hashirama zu ihm gesagt hatte. »Aber ich kann mir einfach nicht helfen und muss hinter mich sehen, muss sehen, was ich zurückgelassen habe und wie der Strom der Zeit mich unaufhaltsam davon wegreißt. Das Licht wird schwächer und ich treibe in die finstere Nacht.«

Hashirama nahm sein Gesicht zwischen seine Hände und zwang ihn so, ihn anzusehen. »Geh nicht gelassen in die gute Nacht«, zitierte er. »Verfluch den Tod des Lichts mit aller Macht.«

»Izuna war mein Licht …«, wisperte Madara.

Hashirama sah die Finsternis, die Madara umfangen hielt, und er wusste einfach nicht, was er noch sagen konnte, um ihn davon zu befreien. Wollte Madara überhaupt frei davon sein?

»Izuna war ein aufglimmender Funke, wie wir alle«, sagte Hashirama. »Unsere Zeit auf dieser Welt mag kurz sein, aber sie ist auch ein unschätzbares Geschenk. Denn entgegen aller Widrigkeiten wurde uns diese Zeit gegeben und wir durften leben. Es gibt so unendlich viele Menschen, die niemals das Licht der Welt hatten erblicken dürfen, aber wir sind die wenigen Glücklichen, die die Lotterie des Lebens gewannen und dieses Geschenk entgegen nehmen durften. Wir sterben, wie alles einmal sterben wird, aber gerade das macht uns zu den Gewinnern. Denn alles, was stirbt, hat einmal gelebt, und Leben bedeutet eine unendliche Fülle an Möglichkeiten.«

»Aber welcher Sinn liegt im Leben, wenn schlussendlich alles im Nichts verschwindet?«

»Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt der Sinn im Leben einfach im Sein. Ein Vogel fragt nicht, warum ihm Flügel gegeben wurden. Er fliegt einfach. Vielleicht ist es unser Sinn im Dasein als Menschen, einfach zu sein. Vielleicht ist es mein Sinn im Leben, mit dir Frieden zu schließen, um dir die Möglichkeit zu geben, deine Aufgabe im Leben zu erfüllen. Bewahre dir Izuna im Herzen, dann wird er nie von dir gegangen sein.«

»Und wenn das nicht genug ist?«

Darauf wusste Hashirama jedoch keine Antwort mehr. Ja, was wenn selbst das nicht genug war? Wenn es einzig und allein half, die Zeit zurückzudrehen und Madara seinen kleinen Bruder wiederzugeben? Aber das war unmöglich.

War es das?

Ich bin eine birb person und Madaras Hobby ist Falknerei. Das war dazu bestimmt zu eskalieren. Das Zitat stammt aus dem Gedicht Do Not Go Gentle Into That Good Night von Dylan Thomas in der Übersetzung von Johanna Schall. Das originale Zitat, was Gandalf zu Frodo sagt, lautet: "Entscheiden können wir nur, was wir mit der Zeit, die uns gegeben ist, anfangen." (Krege-Übersetzung) Die Lotterie des Lebens refferiert auf Richard Dawkins' "Unweaving the Rainbow", was ich zugegebenermaßen nie gelesen habe, da ich es nur aus dem Nightwish-Song "The Greatest Show on Earth" kenne. Der Tanz der Neutronen ist eine klitzekleine Anspielung auf Karats "Der blaue Planet", auch wenn es da das Spiel der Neutronen ist. Alternativer Titel dieses Kapitels. Talk no Jutsu. Hashirama setzt Talk no Jutsu ein! Es ist nicht sehr effektiv! Die nächsten beiden Kapitel sind POV Tobirama. Im nächsten denkt er eine Menge über das Sharingan nach und sieht sich einer schwierigen Frage gegenüber.
Ein Gespräch am Fluss
CN Tötung von Tieren, Erwähnung toter Tier

Der Schwimmer fiel mit einem leisen Ploppen ins Wasser, als Tobirama die Angel auswarf. Der kleine Korken trieb ein wenig flussabwärts, während sich die Angelschnur ein Stück weit abrollte. Tobirama behielt die Position im Auge, bis der Haken an der Stelle war, an der er ihn haben wollte. Er hatte hier früher schon Aale entdeckt und eine gute kräftige Aalsuppe war momentan genau das, wonach ihm der Sinn stand. Die Götter wussten, dass er es gebrauchen konnte.

Hashirama war am Vorabend nicht nach Hause gekommen, und Tobirama wäre nicht er, wenn er seinem Bruder nicht hinterher geschnüffelt hätte, um sicher zu gehen, dass er sich nicht wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte. Als er sein Chakra im Haus des Uchiha-Bastard gefunden hatte, war er sich sicher, dass das definitiv als Schwierigkeit galt. Warum er nicht sofort das ganze Haus niedergerissen hatte, um seinen Bruder da herauszuholen, wusste er allerdings nicht. Vielleicht fürchtete er sich ja vor dem, was er vorfinden würde.

Stattdessen fischte er Aale und versuchte irgendwie, Ordnung in das Chaos in seinem Kopf zu bringen. Er hasste Chaos.

Ein zweiter Schwimmer gesellte sich zu seinem. Tobirama musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass es Hikaku war, der sich zu ihm gesellt hatte. Der einzige Uchiha, der etwas taugte. Wortlos setzte sich Hikaku neben ihn auf den Felsen, den er sich als Angelplatz auserkoren hatte.

»Worauf bist du aus?«, fragte Hikaku.

»Aal«, antwortete Tobirama knapp.

»Hm«, machte Hikaku und schwieg dann.

Das war es, was Tobirama an ihm so schätzte: Hikaku konnte auch einfach mal den Mund halten.

Der Fluss floss gemächlich an ihnen vorbei. Weiter stromabwärts schnitt er durch eine tiefe Schlucht, doch hier war er noch ein seichtes Gewässer mit flachen, kieselbedeckten Ufern. Ein ideales Fischgebiet, zumal der Fluss nicht direkt durch das Dorf floss und trotz der Nähe zu Konoha anscheinend nur wenige hierher kamen. Die Ruhe wurde nicht gestört.

»So, du hast jetzt also geheiratet.«

»Jap.«

»Und du wirst Vater.«

»Hm.«

»Glückwunsch.«

»Wie man‘s nimmt.«

Tobirama warf Hikaku einen Blick zu, dann beobachtete er weiter den Schwimmer. »Stimmt auch wieder.«

Er meinte, eine Bewegung in der Nähe seines Schwimmers ausgemacht zu haben, aber das stellte sich lediglich als Lichtreflexion auf dem Wasser heraus. Über ihnen flog ein Graureiher vorbei, wahrscheinlich ebenfalls auf Fischfang.

Ein Gedanke kam Tobirama. »Wird dein Kind auch das Sharingan besitzen?«

»Anzunehmen«, sagte Hikaku. »Was die Vererbung angeht, funktioniert es wie alle kekkei genkai und wird genetisch weitergegeben. Auch wenn Ehen mit Leuten außerhalb des Clans selten sind. Hm …« Er überlegte einen Moment. »Spontan fällt mir nicht einmal ein anderes Beispiel ein.«

Inzucht über Generationen hinweg hatte wahrscheinlich zu solchen minderbemittelten Trotteln wie Madara geführt, dachte Tobirama gehässig, sprach diesen Gedanken aber nicht aus. Er würde gern, aber anders als so manch anderer hatte er sich noch einen Funken Verstand bewahrt. Das musste er auch, sonst würde hier alles in Chaos versinken. Madara war ein zündelnder Irrer und Hashirama ging mit der Naivität eines Kindes durchs Leben. Manchmal hatte Tobirama das Gefühl, der einzige zu sein, der auch nur eine Sekunde nachdachte, bevor er etwas tat.

»Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege«, fuhr Tobirama fort, »aber nur weil ein Uchiha die genetische Veranlagung des Sharingan besitzt, heißt das nicht, dass er es zwangsläufig erwecken wird. Richtig?«

»Korrekt«, bestätigte Hikaku. »Warum fragst du?«

»Ich habe in letzter Zeit über einige Dinge nachgedacht, deswegen.«

Am Schwimmer hatte sich immer noch nichts getan. Tobirama holte die Schnur ein und warf sie neu aus. Vielleicht half eine etwas andere Position, um das Interesse seines Abendessens zu wecken.

»Wenn du Fragen hast, dann raus damit«, sagte Hikaku. »Auch … wenn ich dir vielleicht nicht alles beantworten kann ohne die Erlaubnis Madaras.«

»Was genau geschieht, wenn das Sharingan erweckt wird?«, fragte Tobirama geradeheraus. Er hatte Theorien, sicher. Aber in der Vergangenheit war er zu beschäftigt gewesen, Uchiha zu töten, statt sie auszuhorchen, und erst Hikaku hatte sich als vertrauenswürdig genug erwiesen, um so etwas zu fragen.

»Chakra geschieht, schlicht und ergreifend«, lautete Hikakus Antwort. »Kombiniert mit dem Fakt, dass niemand in dieser gottverdammten Shinobi-Welt uns beibringt, mit starken Gefühlen umzugehen. Oft genug kommt es auch in anderen Clans vor, dass starke Gefühle resultierend aus Verlust und Schmerz die Menschen zu scheinbar irrationalen Taten treiben, was sich in Gewalt gegen sich selbst oder gegen andere auswirken kann. Dir ist das bestimmt nicht fremd.«

Tobirama dachte an den letzten Kampf zwischen seinem Bruder und Madara zurück. Er dachte an den Wahn in Madaras unheimlichen Augen und an das Gefühl, dass es das jetzt endgültig für sie war. Der Schrecken der Erkenntnis, dass Madara dieses Mal ernst machte und zum ersten Mal tatsächlich aufs Töten aus gewesen war.

»Gefühle sind schlussendlich nichts weiter als chemische Reaktionen im Gehirn«, fuhr Hikaku fort. »Wenn jemand, der das kekkei genkai des Sharingan besitzt, besonders starke Emotionen empfindet, sorgt das für eine spezielle Reaktion mit dem Chakra und das Sharingan erwacht. Daher auch der Name. Es ist wie ein Spiegel zur Seele seines Trägers.«

»Klingt eher wie ein Fluch«, stellte Tobirama fest.

»So könnte man es auch sehen«, stimmte Hikaku zu. Er zupfte ein wenig an seiner Angelschnur, aber an seinem Haken hatte sich auch noch nichts getan. »Manche nennen es tatsächlich den Fluch des Hasses«, fuhr er fort.

»Je stärker der Hass, umso stärker das Sharingan?«, schloss Tobirama.

Hikaku zögerte einen Moment. »So könnte man es sagen«, sagte er dann.

Das erklärte eine Menge.

»Und Madara?«, wollte Tobirama wissen. »Etwas an seinen Augen ist anders. Er muss förmlich vor Hass zerfressen sein.«

Hikaku lachte in sich hinein. »Dass er dir noch nicht den Kopf abgerissen hat, spricht eher dagegen, findest du nicht?« Aber dann wurde er wieder ernst. »Aber du hast Recht. Es gibt Gerüchte … Legenden, möchte ich eher sagen, dass jenseits des Sharingan noch etwas liegt. Eine größere Macht. Sowohl er als auch Izuna hatten es als erste geschafft, diese Macht zu erlangen. Das Mangekyō Sharingan. Angeblich muss man dafür eigenhändig eine Person töten, die man liebt, weshalb manche munkeln, sie hatten Tajima aus dem Weg geräumt, um die Herrschaft über den Clan an sich zu reißen.«

»Damit kann sich keiner von ihnen rühmen«, widersprach Tobirama. »Das war Hashirama, und auch wenn ich damals nicht mit eigenen Augen sah, was passierte, so glaube ich ihm doch.«

»Tja, dann keine Ahnung. Wenn Madara nicht mit deinem Bruder darüber geredet hat, dann hat er es niemandem gesagt, was wirklich an der Sache dran ist.«

Tobirama sah Hikaku fragend an. »Was hat Hashirama damit zu tun?«

Hikaku erwiderte den Blick anklagend. »Weil dein Bruder der einzige ist, mit dem er es länger als drei Minuten aushält, ohne ihm an die Kehle zu gehen. Das solltest gerade du am besten wissen.«

Das stimmte. Tobirama verdrängte nur gern die Implikation, die damit einher ging. Er war bei weitem nicht blind und hatte schon längst eins und eins zusammengezählt. Er wollte es nur einfach nicht wahrhaben. Das würde es noch schwerer machen, Hashirama Vernunft einzubläuen.

»Madara ist gefährlich«, sagte er stattdessen.

»Früher hätte ich dir zugestimmt«, sagte Hikaku. »Aber jetzt … Ich glaube, dein Bruder hat einen guten Einfluss auf ihn. Ich weiß, dir schmeckt das nicht sonderlich, aber im Vergleich zu der Zeit, als Izuna gestorben war, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht.«

Tobirama gab einen unwilligen Laut von sich. »Was ist damals passiert, als Madara floh? Stimmt es, dass er Izuna die Augen geraubt hat?«

Hikaku zögerte sichtlich. »Ich weiß es nicht«, sagte er dann. »Niemand weiß es genau. In Izunas letzten Stunden war Madara allein mit ihm. Ich weiß nur, dass die Augenkraft beider in den letzten Jahren stark nachgelassen hatte, ein Effekt, der beim übermäßigen Gebrauch des Mangekyō auftritt. Ich glaube, am Ende war Madara sogar völlig erblindet. In dem Moment, in dem Izuna starb, ist etwas passiert. Ob Madara ihm die Augen gewaltsam genommen hat oder Izuna sie ihm freiwillig gab, weiß keiner. Aber dadurch hat Madara das Ewige Mangekyō erlangt und mit ihm eine unvergleichliche Macht. Er war nur noch von einem Gedanken getrieben: Rache. Und er hätte auch nicht gezögert, sich gegen seinen eigenen Clan zu wenden, wenn sich ihm irgendwer in den Weg gestellt hätte. Uns allen war klar, dass wir am Ende waren, aber wir hatten die Wahl zwischen euren Schwertern und Madaras Susanoo. Das eine bedeutete eventuellen Tod und das andere garantierten Tod.«

Tobirama dachte schweigend über das Gehörte nach. Madara war gefährlich, vielleicht mehr, als er ermessen konnte. Hikakus Erzählung bestätigte ihm das. Derzeit schien Madara beinahe zahm zu sein, aber stille Wasser waren tief. Ein Mensch änderte sich nicht von heute auf morgen.

»Hashirama hat einen guten Einfluss auf ihn«, wiederholte Hikaku, dieses Mal mit einem warnenden Ton. »Geh da nicht dazwischen.«

Tobirama schnaubte. »Hashirama ist naiv, und wenn ich nicht auf ihn aufpasse, wird Madara das ausnutzen.«

»Vielleicht«, sagte Hikaku. »Ich schließe die Möglichkeit nicht aus. Und trotzdem hat dein Bruder es irgendwie geschafft, Madara wieder zu Vernunft kommen zu lassen. Dieses Dorf, diese verrückte Idee der beiden, funktioniert, aber es ist ein fragiles Gleichgewicht.«

Und trotzdem konnte Tobirama den Gedanken nicht ertragen, dass Madara seinen Bruder etwas antun könnte. Es war kein Kampf mit Klingen auf dem Schlachtfeld. Es war ein unsichtbares Kräftemessen mit Waffen, mit denen Tobirama keine Erfahrung hatte. Das war nichts, das er aufschneiden und untersuchen konnte und es machte ihn rasend. Hashirama war doch das einzige, was ihm geblieben war. Er glaubte an den Traum seines Bruders und stand mit ganzem Herzen dahinter. Und deswegen konnte er nicht zulassen, dass irgendetwas seinem Bruder gefährlich werden würde.

Ein Zupfen an der Angelschnur riss ihn aus seinen Gedanken.

»Ha! Abendessen!«, rief Hikaku aus.

Tobirama holte die Angelschur ein und Hikaku half ihm mit einem Netz, den Fisch an Land zu ziehen. Es war in der Tat ein großer Aal. Rasch landete er in einem Eimer voll Wasser, um ihn bis zum Abend frisch zu halten.

Im Laufe der nächsten Stunden folgten noch eine Handvoll weiterer Aale, die sie unter sich aufteilten. Einen Teil der Beute wollte Tobirama zum Abendessen zu Suppe verarbeiten, der Rest würde geräuchert werden. Hikaku und er sprachen nur wenig, während sie sich ihr Essen fingen. Es bedurfte nicht immer endloser Gespräche.

Am Nachmittag verabschiedeten sie sich voneinander und Tobirama begab sich auf den Weg nach Hause. Er nahm den schnellen Weg, was hieß, dass er sich direkt zur Markierung im Hausflur teleportierte. Gedankenverloren stellte er seine Schuhe im Eingangsbereich ab und ging in die Küche, um mit den Vorbereitungen für sein Abendessen zu beginnen.

Er erlebte eine unangenehme Überraschung, als er den Uchiha-Bastard auf der Anrichte sitzen sah und dieser noch nicht einmal den Anstand besaß, überrascht zu wirken. Anders als Hashirama, der eilig einen Schritt zurücktrat und versuchte, die Situation nicht nach dem aussehen zu lassen, was sie war. Sein wirres Haar machte jeden diesbezüglichen Versuch zunichte.

Tobirama hatte das plötzliche Bedürfnis, die ganze Küche unter Wasser zu setzen und alles gründlich zu schrubben. Besonders den Fleck, auf den Madara seinen Hintern platziert hatte.

»Du bist ja schon wieder zurück, otōto!«, rief Hashirama leichthin aus, als sei nichts gewesen. »Ich hätte nicht so früh mit dir gerechnet. Wie lief dein Angelausflug?«

Wortlos hob Tobirama den Eimer und platzierte ihn auf dem Küchentisch. Die Anrichte kam leider nicht mehr in Frage für die Essenszubereitung … Madara warf einen Blick in den Eimer und rümpfte die Nase, als er die sich windenden Aale sah.

»So etwas zu essen, halte ich ja für fragwürdig. Aber jedem das Seine.« Er glitt von der Anrichte und wandte sich zum Gehen. »Bis morgen, Hashirama.«

Als er ging, sah Hashirama ihm hinterher wie der liebestrunkene Vollidiot, der er war. Tobirama überlegte, Madara einen der Aale hinterher zu werfen, um sicher zu gehen, dass er nie wiederkommen würde. Dieser Kerl hatte gefälligst die Finger von seinem Bruder zu lassen!

Als er hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel, atmete er auf und machte sich sogleich daran, die Anrichte gründlichst zu reinigen. Hashirama übernahm die Aale und schlachtete sie, da seine medizinischen Fähigkeiten hervorragend dazu geeignet waren, schnell und schmerzlos zu töten.

»Wenn du so weiter machst, haben wir bald ein Loch in der Anrichte«, bemerkte er leichthin.

»Tse«, machte Tobirama, um zu überspielen, dass er kurz davor gewesen war, die ganze Holzplatte abzuschleifen. »Gib den Aal her.«

Hashirama reichte ihm das erste Tier und nahm sich eines weiteren an. Gemeinsam nahmen sie die Fische aus.

»So, du und Madara, ihr vertragt euch also wieder?«, wollte Tobirama um einen lockeren Ton bemüht wissen, während er gleichzeitig jeden Gedanken daran verscheuchte, dass Madara die Dreistigkeit besessen hatte, Tobiramas eigenen Bruder in Tobiramas eigener Küche zu küssen.

»Hmhm, alles bestens.« Hashirama summte zufrieden vor sich hin und strahlte über das ganze Gesicht.

Er wirkte so glücklich, wie schon viel zu lange nicht mehr. Wäre es nur nicht Madara … Tobirama grummelte etwas Unverständliches.

»Ich habe dir ein paar Dinge zu sagen, und ich glaube, sie werden dir gefallen«, eröffnete Hashirama. »Zum einen werde ich Mito heiraten.«

»Halleluja!«, rief Tobirama sogleich aus. Und mit einem Male hatten sich alle Probleme in Luft aufgelöst. Er hatte sich um sonst Sorgen gemacht. Hashirama war doch zur Vernunft gekommen, es geschahen noch Zeichen und Wunder.

»Und zum anderen habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie wir Konoha nach außen hin vertreten lassen können«, fuhr Hashirama fort. »Jemand muss eine führende Position einnehmen, um sowohl das Dorf als auch das ganze Land zu beschützen. Diesen Titel möchte ich Hokage nennen und ihn Madara geben.«

Tobirama rutschte beinahe das Messer aus. Zu früh gefreut. »Auf keinen Fall!«, protestierte er.

Hashirama sah tödlich gekränkt aus. »Aber warum denn nicht? Er wäre hervorragend dafür geeignet.«

Es gab keine Welt, in der Tobirama sich vorstellen konnte, diesem Uchiha-Bastard zu folgen. Eher würde er sich noch an seinen eigenen Gedärmen erhängen. »Du kannst nicht einfach immer voranstürmen und Dinge in Eigenregie entscheiden, anija«, hielt er dagegen. »Bisher haben wir mit dem Rat immer alles demokratisch beschlossen und ich sehe keinen Grund, plötzlich alle Entscheidungsgewalt in die Hand einer Person zu legen.«

Hashirama sah ihn mit seinem »Ich bin immer noch dein großer Bruder«-Blick an, den Tobirama so hasste. »Ist es, weil ich Madara dafür vorgeschlagen habe?«

Ja. »Nein. Aber die Zeiten, dass du alles im Alleingang machst, sind vorbei. Das verkennt den Sinn des Dorfes. Dann können wir auch gleich wieder alles so machen wie Butsuma. Du sagtest schon ganz recht: Du kannst Madara dafür vorschlagen, aber solche Entscheidungen sollten demokratisch getroffen werden. Es ist nicht mehr nur an dir allein.«

»Aber …«

»Und sieh der Tatsache ins Gesicht: Niemand würde Madara wählen. Du bist der eigentliche Anführer des Dorfes, selbst die Uchiha erkennen das an. Außerdem wäre ein Uchiha, schon gar nicht Madara, niemals dafür geeignet. Sie sind viel zu labil dafür. Es heißt, dass die Kraft ihrer Augen mit der Stärke des Hasses wächst, den sie empfinden. Du weißt, wie stark …«

»Tobirama, genug«, unterbrach Hashirama ihn und sah ihn streng an. »Mir gefällt dein Ton nicht.«

Oh, wie Tobirama diesen Blick hasste! Hashirama schaffte es damit noch immer, ihn an seinen Platz zu verweisen. Er war und blieb der jüngere von ihnen beiden und würde damit immer hinter ihm stehen. Er mochte seinen Bruder vielleicht vor Gefahren aus dem Verborgenen heraus beschützen können, aber niemals vor denen, die direkt vor ihm lauerten und die Hashirama bewusst übersah.

Mit einem Mal horchte Hashirama auf. Er trat zum Fenster und öffnete es. »Hm, mir war, als wäre jemand hier gewesen«, murmelte er. »Tobirama, hast du etwas bemerkt?«

»Nein, hab mein Chakra nicht bemüht. Und du lenkst vom Thema ab.«

Hashirama schien dennoch etwas vor dem Fenster entdeckt zu haben. Tobirama sah nicht, was es war, aber eigentlich spielte es auch keine Rolle.

»Die Dinge laufen von nun an demokratisch«, fuhr Tobirama fort. »Irgendwelche weiteren Einwände?«

Hashirama antwortete nicht sogleich. »Nein. Das ist für mich in Ordnung«, sagte er schließlich leise.

»Fein. Dann lass uns weiter das Essen kochen.«

Sie fuhren fort, die Aale auszunehmen und dann die zu zerteilen, die für die Suppe gedacht waren. Tobirama füllte einen Topf mit Wasser und machte sich daran, Schweineknochen für die Brühe auszukochen. Er dachte über ihr Gespräch nach. Hashirama hatte also endlich Vernunft angenommen und dem Bündnis mit den Uzumaki zugesagt. Und gleichzeitig hatte er eng umschlungen mit Madara geknutscht. Das war vielleicht doch nicht die ideale Lösung, auf die Tobirama gehofft hatte. Dass sein Bruder einen etwas fraglichen Geschmack bei seiner Partnerwahl hatte, wusste er, aber bisher hatte daran nie so viel gehangen wie jetzt.

»So, du hast dem mit Mito endlich zugesagt«, begann er daher.

»Ja. Aber irgendwie hätte ich mehr Enthusiasmus von dir erwartet.«

Tobirama musste dringend an seiner reservierten Art arbeiten, wenn Hashirama Freudensprünge von ihm erwartete. »Ist ja nicht so, als hättest du trotzdem mit Madara in meiner eigenen Küche rumgemacht.«

»Das ist auch meine Küche, weißt du. Und außerdem ist das mit Mito abgeklärt, für sie ist das in Ordnung.«

Tobirama war skeptisch, dass diese Sache wirklich so einfach war, wie es Hashirama ihm weismachen wollte. Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Uchiha-Bastard zum Problem werden würde.

»Otōto, ich habe eine Frage«, begann Hashirama nach einigen Augenblicken des Schweigens.

»Hm.«

»Ist der Tod wirklich unumkehrbar?«

Tobirama hielt mitten in der Bewegung inne und sah zu seinem Bruder. Woher wusste er …? Nicht einmal Hashirama erzählte er alles, woran er forschte, weil er genau wusste, dass seine etwas laschen Moralvorstellungen mit denen Hashiramas nicht immer kompatibel waren. »Kommt drauf an, was du darunter verstehst«, sagte er ausweichend.

»Ist es möglich, jemanden von den Toten zurückzuholen?«, spezifizierte Hashirama. »Ich weiß, du hast vor langer Zeit einmal zu mir gesagt, dass alles bis auf den Tod umkehrbar sei, aber seitdem ist viel passiert und wenn einer sich darüber Gedanken gemacht hat, dann bestimmt du. Oder vielleicht irgendwie die Zeit zurückdrehen und Ereignisse, die zum Tod einer Person führten, verhindern oder irgendetwas in der Art. Dein Hiraishin ist schließlich auch ein Raum-Zeit-Ninjutsu, und da dachte ich …«

Tobirama hob eine Hand, um den Redeschwall seines Bruders zu unterbrechen. »Du hast Recht, ich habe mir darüber Gedanken gemacht, aber es ist ein bisschen anders, als du dir das vielleicht vorstellst. Zeitreisen sind in der Theorie möglich, praktisch habe ich aber noch keine Möglichkeit gefunden, sie umzusetzen. Zudem gäbe es das Großvater Paradox und andere Hürden, die es zu beachten gäbe, eine extrem komplexe Sache. Was das Wiederbeleben von Toten angeht, hingegen …« Er warf einen Blick in den Topf mit den vor sich hin köchelnden Knochen. Gut. Das konnte eine Weile allein stehen. »Komm, ich zeig dir etwas.«

Er legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter und teleportierte sie beide in sein geheimes Labor, das er sich schon vor einer Weile in den Wäldern um Konoha errichtet hatte. Hashirama wusste davon, auch wenn er die genaue Lage nicht kannte, aber bisher hatte er stillschweigend akzeptiert, Tobirama hier nicht zu stören. Die unterirdische Anlage war mit allen nur denkbaren Schutzsiegeln versehen, die Tobirama kannte und die selbst übermächtigen Shinobi wie Hashirama oder dem Uchiha-Bastard eine harte Zeit geben würden, sie zu knacken. Wenn er hier war, war er unauffindbar.

Tobirama schaltete das Licht an und ging zu einem Safe mit besonderer Sicherheitsvorrichtung. Es war zwar beinahe unmöglich für Unbefugte, das Labor überhaupt zu betreten, aber sicher war sicher und er hatte die sensibleren Teile seiner Forschung vorsichtshalber noch einmal weggeschlossen.

Die Siegel reagierten auf sein Chakra und lösten sich. Er öffnete die Safetür und wählte aus dem kleinen Haufen an Schriftrollen, die er hier verwahrte, eine ganz bestimmte aus. Er legte sie auf einen Tisch und öffnete sie.

Derweil hatte sich Hashirama umgesehen. Ihm war keinesfalls der noch immer in der Luft hängende Blutgeruch und die dunklen Flecken an der Wand entgangen. »Du solltest gründlicher sauber machen.«

»Ein Experiment war … unerwartet verlaufen«, sagte Tobirama ausweichend. Es war eine riesige Sauerei gewesen, als es das Schwein förmlich zerfetzt hatte, aber dieses Detail musste Hashirama nicht wissen. Zumindest dienten die Knochen jetzt als Grundlage für sein Abendessen. »Komm her.«

Hashirama trat zu ihm und besah sich die Schriftrolle. Sein Gesicht wurde ernst, als er die Instruktionen für Tobiramas Jutsu studierte.

»Edo Tensei no Jutsu«, sagte Tobirama. »Damit lassen sich die Seelen der Verstorbenen an ein lebendes Gefäß binden, welches als Opfergabe für das Jutsu dient. Ein Siegel ermöglicht es dem Anwender, den Beschworenen zu kontrollieren und seinen eigenen Willen zu unterbinden, um ihn für die Zwecke des Anwenders zu benutzen. Der einzige Hacken an der Sache ist, dass etwas von der DNS des Verstorbenen benötigt wird.«

Hashirama fuhr auf. Er war verdächtig blass um die Nase. »Der einzige Hacken …?!«

»Ja, dass du Einwände hast, war mir klar«, grummelte Tobirama.

»Ich hoffe, dass du das bisher nur theoretisch erforscht hast«, sagte Hashirama ernst.

Tobirama warf ihm einen vielsagenden Blick zu. »Nein«, gestand er. »Ich habe es ausprobiert. Es funktioniert.« Und zugegeben, er war ziemlich stolz auf seine Erfindung, sein ambitioniertestes Projekt bisher.

Hashirama sah wieder auf die Schriftrolle vor sich und betrachtete sie lange schweigend. Er schien mit sich zu ringen. »Ich hatte gehofft …«, sagte er schließlich leise. Dann wandte er sich wieder an Tobirama. »Was passiert mit dem … Gefäß, wenn das Jutsu aufgelöst wird?«

»Es stirbt.«

Hashirama schloss die Augen. Er atmete tief ein und dann lang wieder aus.

»Warum willst du das alles wissen?«, fragte Tobirama. Es war ungewöhnlich, dass sich Hashirama für etwas moralisch so Fragwürdiges interessierte und dann auch noch Tobirama nicht schon längst zurechtgewiesen hatte.

»Ich hatte gehofft, Madara Izuna wiedergeben zu können«, eröffnete Hashirama. »Er leidet, noch immer, und ich weiß einfach nicht, wie ich ihm noch helfen kann. Aber wenn das hier die einzige Möglichkeit ist, dann …« Er sah zu Tobirama, der Blick seiner sonst so sanften Augen wurde hart. »Du musst das als Kinjutsu deklarieren. Das darf niemals diesen Raum verlassen. Nie. Hast du das verstanden?«

Tobirama nickte. Er verstand die Sorgen seines Bruders und seine moralischen Bedenken. Nur weil die Wissenschaft etwas als möglich erachtete, hieß das noch lange nicht, dass es jemals die Labore verlassen sollte. Tobirama hatte eine Idee gehabt und er hatte sie erforschen wollen. Das Edo Tensei war Realität und er hatte sogar Techniken zur praktischen Anwendung ersonnen. Er hatte nie vorgehabt, es auch tatsächlich außerhalb seines Labors anzuwenden. Edo Tensei gehörte weggeschlossen. Zu erforschen, dass es möglich war, reichte.

Aber dann erinnerte er sich dessen, was Hikaku früher an diesem Tag zu ihm gesagt hatte. Dass der Friede im Dorf von Hashiramas und Madaras fragiler Beziehung zueinander abhing und er das besser nicht störte. Dass Madara anscheinend doch noch genug Menschlichkeit besaß, um seinem Bruder nachzutrauern. Und dass ausgerechnet Hashirama wirklich darüber nachgedacht hatte, Izuna von den Toten zurückzuholen.

Verdammt. Er befand sich in einem Dilemma und wieder einmal konnte er es nicht einfach aufschneiden und untersuchen, um das Chaos zu lösen. Was sollte er tun? Sich über Hashiramas Moralvorstellungen hinwegsetzten und Edo Tensei doch anwenden? Und was würde das erreichen? Würde es irgendwem helfen, wenn ausgerechnet er Izuna wiederbelebte, nachdem er ihn überhaupt erst getötet hatte? Oder würde es am Ende gar mehr Schaden anrichten als helfen?

Er musste die Situation weiter genauestens im Auge behalten. Mehr konnte er im Moment ohnehin nicht machen.

»Komm, anija. Lass uns zurückgehen«, sagte er stattdessen. »Ich hab Hunger.«

Falls es nicht ganz klar ist: Tobirama ist nicht queerfeindlich. Er denkt einfach nur, dass sich Hashirama immer in Volltrottel verliebt. Und er kann Madara nicht ausstehen. Also ist er maximal Madara-feindlich. Ich hatte übrigens nach Aalrezepten in Japan gesucht, aber das einzige, was ich fand, war Hamburger Aalsuppe und nun ja, jetzt gibt's bei denen eben das zum Abendessen. Am nächsten Tag wird sich dann mit "Moin, moin!" begrüßt ...
Im nächsten Kapitel gehts zurück in Tobiramas wilde Jugendjahre, kurz nachdem Hashirama Tajima getötet hatte.
Augendieb
CN Entmenschlichung, Entführung, Sezierung von Leichen, Gewalt an Menschen, Andeutung von Folter

Vor 9 Jahren

Holz brannte auf dem Schlachtfeld, und das war nie ein gutes Zeichen. Der Rauch brannte in Tobiramas Augen, und er blinzelte, um seine Sicht wieder zu klären, während er sich gleichzeitig seinen Pelz vor die Nase hielt, um den Rauch nicht in die Lunge zu bekommen. Dennoch musste er husten.

»Komm her, weißhaariger Mistkerl!«, hörte er irgendwo im Rauch Izuna rufen. »Ich weiß, dass du da bist, ich kann dich spüren. Renn nicht weg, ich will dir meine neuen Augen zeigen.«

Natürlich wollte er das. Irgendetwas war mit Madaras und Izunas Augen passiert, und jetzt saßen sie so richtig in der Klemme.

Der Boden erbebte, als irgendwo in einiger Entfernung Hashirama erneut versuchte, Madara irgendwie hinzuhalten. Nicht gut, ganz und gar nicht gut.

Tobirama wich einem verirrten Kunai aus, pflückte es noch im Flug aus der Luft und warf es in die Richtung, in der er Izuna wahrnahm. Sein Sehsinn half ihm hier nicht weiter, aber neuartiges Sharingan hin oder her, Tobirama war noch immer der weitaus bessere Sensor.

Natürlich zeigte das Kunai keine Wirkung. Solch ein lächerlicher Angriff würde Izuna niemals gefährlich werden können.

Um Zeit zu schinden, beschwor Tobirama einen Doppelgänger herauf und schickte ihn in Richtung des Uchiha. Tatsächlich funktionierte die Ablenkung, und schenkte Tobirama ein paar kostbare Augenblicke, um nachzudenken.

Mit der Unausweichlichkeit einer naturgegebenen Katastrophe waren Senju und Uchiha wieder einmal aufeinander getroffen, das erste Mal, seit Hashirama Tajima getötet hatte. Sie hatten ihren Sieg nicht lange genießen können, als sie schon sehr früh während des Kampfes hatten erfahren müssen, dass irgendetwas Madaras und Izunas Sharingan um ein vielfaches hatte stärker werden lassen. Der Kampf war verloren, kaum dass er begonnen hatte. Jetzt blieb ihnen nichts anderes übrig, als Schadensbegrenzung zu betreiben, zu retten, was zu retten war, und dann einen geordneten Rückzug anzutreten.

»Katon: Gōryūka no Jutsu!«

Ein gigantischer Feuerdrache schoss aus dem Rauch hervor und zielte genau auf Tobirama, alles in seinem Weg verbrennend, was ihm nicht ausweichen konnte. Die Flammen fauchten, Asche wirbelte auf.

»Suiton: Suiryūdan no Jutsu!«

Tobiramas Wasserdrache kollidierte mit Izunas Angriff. Für einen Augenblick wanden sich beide Drachen umeinander wie zwei Liebende in einem tödlichen Tanz. Feuer fauchte und dann hüllte heißer Wasserdampf die Szenerie ein, als sich beide Jutsus schließlich doch gegenseitig auslöschten. Die Gestalten der Drachen zerbarsten. Die Hitze und Feuchte der Luft machte das Atmen schwer.

Madara hätte diesen Kampf schon längst beenden können, zu dem Schluss war Tobirama mittlerweile gekommen. Er hatte Hashirama mit seiner neuen Stärke überrascht, und doch hielt er an diesem seltsamen Eiertanz fest, den die beiden schon immer in all den Kämpfen ihrer Clans aufgeführt hatten. Tobirama wusste nicht, wieso, aber im Moment war das nebensächlich. Im Moment sollte es ihm sogar ganz recht sein. Dann würden sie das hier vielleicht sogar überleben.

Anders so Izuna. Der Mistkerl war wie immer aufs Töten aus und wie immer hatte er es auf Tobirama abgesehen.

Ein weiterer Schattendoppelgänger genau im richtigen Moment verschaffte Tobirama noch einmal kostbare Zeit. Lange würde dieser Trick allerdings nicht mehr funktionieren. Ihm gingen die Optionen aus.

»Rückzug!«, befahl Tōka irgendwo im Rauch. Gut. Viel länger hätten sie die Stellung nicht mehr halten können.

Ein verwirrter Pfeil verfehlte Tobirama nur knapp. Er sah zu, dass auch er Fersengeld gab. Ein mächtiges Katon wälzte sich durch den Rauch, das in seiner Stärke nur auf Izuna hindeuten konnte. Der Kerl nahm definitiv keine Rücksicht auf seine eigenen Leute, die seinem Feuer genauso gut hätte in den Weg kommen können.

Tobirama erwehrte sich des Angriffes mit einem ebenso mächtigen Suiton und legte alles an Kraft hinein, was er noch aufbringen konnte. Die Flutwelle rollte über das Schlachtfeld hinweg, riss Blut, Leichen und Schlamm mit sich und hinterließ ein noch größeres Chaos als ohnehin schon. Izunas Feuer löste sich in Wasserdampf auf, und dieser letzte Angriff trieb ihn endlich zurück. Ohne auch nur einen einzigen Augenblick zu verlieren, teleportierte Tobirama sich zu der Hiraishin-Markierung, die er vorhin noch am Rand des Schlachtfeldes angebracht hatte, und dann rannte er, so schnell ihn seine Beine nur trugen. Bloß weg hier, ihm lag noch etwas daran, den nächsten Tag zu erleben.

Er sah sich nach seinem Bruder um, und dann fluchte er saftig, als er bemerkte, dass Hashirama seinem Clan noch immer nicht gefolgt war. Noch immer war er in seinen Kampf mit Madara verstrickt.

Tobirama kratzte das letzte bisschen an Chakra zusammen, das er noch hatte, und teleportierte dann zu Hashirama, mitten hinein ins Herz des Infernos. Wahrscheinlich würde Hashirama nicht glücklich sein, wenn er erfuhr, dass Tobirama heimlich seine Rüstung mit einem Hiraishin-Siegel versehen hatte, aber just in diesem Augenblick rettete es ihm wahrscheinlich das Leben.

Für einen winzigen Moment sah er sich todbringenden Augen gegenüber, die ihn überrascht ansahen. Dann packte er Hashiramas Arm und brachte sie beide hier heraus. Hashirama stolperte, als sie am Rand des Schlachtfeldes landeten, und brauchte einen winzigen Augenblick, um sich von seiner ersten Hiraishin-Erfahrung zu holen. Tobirama wusste, wie sehr das einem auf den Magen schlagen konnte. Doch dafür hatten sie keine Zeit. Er zerrte seinen Bruder mit sich.

»Sind alle in Sicherheit?«, fragte Hashirama. Er atmete schwer, ein Zeichen dafür, wie hart dieser Kampf auch für ihn gewesen war. Wie wahrscheinlich auch Tobirama war er über und über mit Ruß bedeckt, aber in der Eile konnte Tobirama zumindest keine offensichtlichen Wunden erkennen. Gut. Entweder hatte er keine erlitten oder er hatte noch genug Chakra, um sie zu heilen.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Tobirama ehrlich. »Hatte genug damit zu tun, unsere eigene Haut zu retten.«

Hashirama war drauf und dran, wieder zurückzueilen, doch Tobirama hielt ihn auf. Dieser Sturkopf, der nie auch nur einen Moment an sich dachte!

In einiger Entfernung konnte Tobirama Tōka ausmachen, die den Rückzug organisierte. Die Senju flohen in den Wald, und zumindest für diesen Tag ließen ihre Feinde sie ziehen. Sie hatten mehr Glück als Verstand.

Tobiramas Lungen brannten, als sie bei Tōka ankamen, und er musste husten. Ihm schmerzte die Kehle. Sofort war Hashirama an seiner Seite und legte ihm eine Hand auf die Brust. Besorgt musterte er seinen kleinen Bruder, während er heilendes Chakra in seine Lungen fließen ließ und auch die Brandwunden an seinem Arm heilte. Tobirama hatte sie im Rausch des Kampfes gar nicht bemerkt, aber sicher hätten sie bald zu schmerzen begonnen.

»Na los, wir müssen weiter, bevor die Bastarde noch auf die Idee kommen, uns zu folgen!«, drängte Tōka.

»Tobirama braucht Ruhe«, hielt Hashirama dagegen.

»Ich brauche vor allem möglichst viel Abstand zwischen uns und denen«, knurrte Tobirama und schüttelte Hashiramas Hand ab. Er streckte die Schultern.

Hashirama musterte ihn besorgt, sah dann in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und nickte dann doch.

Wieder einmal hatten sie Tote zu beklagen, doch in Anbetracht ihrer Situation waren es erstaunlich wenige. Tobirama hätte mit mehr gerechnet. Dennoch waren sie geschlagen und verwundet und rannten wie ein waidwundes Tier davon. Was blieb ihnen auch anderes übrig?

Tōka bewies wieder einmal ihre hervorragenden Fähigkeiten als Feldherrin, als sie ihre Truppen auf der Flucht zusammenhielt und dafür sorgte, dass möglichst niemand zurückblieb. Tobirama sah es seinem Bruder an, wie es ihn innerlich zerriss, ihren Leuten nicht mehr helfen zu können. Er wollte ihre Verletzten heilen, doch konnten sie jetzt noch nicht anhalten und riskieren, dass ihnen die Uchiha sofort wieder auf den Fersen waren.

Jetzt, wo er nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr war, hatte Tobirama Zeit zum Nachdenken. Diese Sache mit Madaras und Izunas Augen bereitete ihm Sorgen. All die Jahre nun hatten die Senju die Uchiha bekriegt und über Generationen hinweg Erfahrungen gesammelt, wie man ein Sharingan am effektivsten bekämpfte. Sie wussten so ungefähr, was zur Erweckung des kekkei genkai ihrer Erzfeinde führte, dass es etwas mit starken Gefühlen zu tun hatte, aber mehr auch nicht. Erstaunlich wenig also. Das hatte Tobirama schon seit Jahren beschäftigt, aber eigentlich hatte er es für sicher angenommen, dass sie die finale Form eines Sharingan kannten. Ihm war gar nicht in den Sinn gekommen, dass sie da vielleicht falsch liegen könnten. Er musste dem auf den Grund gehen!

»Anija, ich schließe mich der Nachhut an«, verkündete er.

Hashirama wollte ihm erst widersprechen, nickte dann aber doch. »Gib auf dich Acht.«

Tobirama sagte nichts darauf und ließ sich stattdessen zurückfallen. Es wurde Zeit, dass er sich einen Uchiha fing. Einer von den schwachen, der sein Sharingan noch nicht voll ausgebildet hatte. Das sollte für den Moment reichen. Tatsächlich hatte Tobirama das insgeheim schon seit einiger Zeit geplant. Zeit, seinen Plan auch in die Tat umzusetzen. Die Zeit drängte.

Hashirama sagte er lieber nichts von seinem Vorhaben. Dann sorgte er mit einem Siegel dafür, dass sein Chakra unauffindbar wurde und verschwand im Wald.

Erstaunt stellte er fest, dass die Uchiha sie nicht verfolgten und ihre Feinde ziehen ließen. Dabei hätten sie sicher ihren Sieg noch ausweiten können. An diesem Tag waren sie eindeutig überlegen gewesen. Tobirama gab sich einen Moment der Ruhe und nutzte ihn, um die Situation zu erfassen.

Sein eigener Clan war geschlagen, war aber schlussendlich mit einem blauen Auge davon gekommen. Warum, das wusste er nicht, war ihm im Moment jedoch auch nicht wichtig. Die Uchiha waren zurückgeblieben, um ihre eigenen Verwundeten und Toten zu bergen und die Leichen ihrer Feinde zu verbrennen. Erstaunlich, dass sie sie nicht einfach den Krähen überließen, die schon seit Stunden am Himmel kreisten, seit sich der Kampf abzuzeichnen begonnen hatte. Krähen witterten immer als erstes, wenn ihnen reiche Beute bevorstand.

Madara hatte eine Handvoll seiner Leute abbestellt, um den Rand des Schlachtfeldes zu überwachen für den Fall, dass irgendein Senju so verrückt wie Tobirama war, um zurückzukehren. Tobirama war sich bewusst, was für ein großes Risiko er hier einging. Hashirama würde ihm eine ordentliche Tirade halten, sollte er jemals davon erfahren, aber in Tobiramas Augen war das ein notwendiges Risiko. Er musste so schnell wie möglich herausfinden, was er gegen dieses neue Sharingan ausrichten konnte.

Behutsam hielt er sich im Schutz des Waldes auf und beobachtete. Das Schlachtfeld war noch immer in Rauch gehüllt, einstmals ein Stück Wald, nun mehr nur noch eine vor sich hin schmorende Schlammwüste. Der Boden war aufgewühlt und in einem weiten Umkreist hatte es alle Bäume entweder entwurzelt oder sie waren niedergebrannt worden. Noch immer waren einige von Hashiramas Wurzeln zu sehen, die er heraufbeschworen hatte, doch selbst sie waren größtenteils niedergebrannt.

Da! Tobirama hatte ein vielversprechendes Opfer ausgemacht. Eine der Wachen hatte sich etwas vom Rest gelöst und war ein Stück in den Wald hinein gegangen. Der Mann trug eine blutige Binde um den Kopf, die eines seiner Augen bedeckte, und sein Chakra machte im Allgemeinen keinen allzu starken Eindruck.

Tobirama prüfte seine Chakrareserven. Viel war nicht mehr übrig, aber dafür sollte es noch reichen. Er schlich sich näher.

Ein kräftiger Schlag mit dem Knauf eines Kunai auf den Hinterkopf und der Mann sank bewusstlos zu Boden. Tobirama fing ihn möglichst lautlos auf, dann aktivierte er sofort eines seiner Langstreckensiegel. Im nächsten Augenblick fand er sich in einem seiner Geheimverstecke wieder.

Er stolperte, als ihm die Knie unter dem Körper nachgaben, und musste sich an einem Tisch festhalten, auch wenn ihm dabei sein Gefangener aus den Armen rutschte. Der Mann fiel zu Boden wie eine Puppe, deren Fäden man durchgeschnitten hatte. Es wäre kein Verlust, wenn er ein paar Prellungen mehr davontrug.

Tobirama brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen. Die Anstrengungen des Tages waren vielleicht doch etwas mehr, als er geschätzt hätte. Er atmete schwer. Seine Lungen brannten wieder. Verdammter Rauch. Verdammte Uchiha.

Der Gefangene begann sich träge zu regen. Tobirama riss sich zusammen und zerrte den Mann auf einen Stuhl, wo er ihm die Hände fesselte und ihm dann die Augen mit einem Stück Tuch verband. In den Stoff waren Siegel eingearbeitet, die den Mann daran hindern würden, seine verfluchten Augen zu benutzen.

Erschöpft lehnte sich Tobirama gegen den Tisch. Er bemerkte, wie seine Hände zitterten. Sein Atmen rasselte ihm in den Ohren und der Boden drehte sich. Verdammte Uchiha.

Der Gefangene erwachte nun vollends und schien seine Lage zu realisieren. Er zerrte an den Fesseln. »So eine Scheiße!«

»Halt die Klappe oder ich sorg dafür, dass du still bist!«, fauchte Tobirama ihn an.

»Einen Scheiß werd ich!«

Tobirama rammte ihm seine Faust in den Magen, aber der Schlag fiel bedeutend schwächer aus, als ihm lieb war.

Der Gefangene lachte keuchend auf. »Ein Kätzchen schlägt härter zu.«

»Ich kann dir deine Augen auch auskratzen, während du noch lebst.«

»Dann werden sie dir aber nichts mehr nützen.«

Die Schwäche in seinen Beinen wurde stärker und das Atmen fiel ihm zunehmend schwerer. Vielleicht brauchte er ja wirklich Ruhe. Definitiv brauche er keinen gefangenen Uchiha, der ihn zu provozieren zu versuchte. Kurzerhand pappte er dem Kerl noch ein Siegel an die Stirn, das diesen zum Verstummen brachte. Dann schleppte sich Tobirama selbst zu einem Stuhl, lies sich darauf sinken, schloss die Augen und wusste von nichts mehr.

 

Als er erwachte, war der metallische Geruch von Blut das Erste, was er wahrnahm. Er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und fluchte sogleich.

Dem Gefangenen war eine große Menge Blut über das Kinn und auf die Brust geflossen. Noch immer glänzte es feucht, doch es floss nichts mehr nach, und der Mann regte sich auch nicht mehr. Er hatte sich die Zunge durchgebissen, war verblutet oder vielleicht vorher schon an seinem eigenen Blut ertrunken. Jetzt spielte es auch keine Rolle mehr. Der Kerl hatte sogar im Tod noch ein arrogantes Lächeln auf den Lippen.

Tobirama gab einen frustrierten Schrei von sich. Verdammtes Arschloch! Verdammte Uchiha! Verdammter Krieg!

Aber alles Fluchen nützte doch nichts. Dieser Versuch war also gescheitert, kaum dass er hatte beginnen können. Noch hatte er die Augen und den Körper, wenn auch kein lebendes Testobjekt mehr. Immerhin besser als gar nichts, vielleicht konnte er ja daraus noch ein paar Informationen holen.

Doch nicht jetzt. Noch immer fühlte er sich schwach, wenn auch nicht mehr völlig ausgelaugt. Er hatte es vielleicht wirklich etwas übertrieben. Außerdem wusste er nicht, wie lange er geschlafen hatte, Hashirama würde sich sicher Sorgen um ihn machen.

Tobirama verstaute die Leiche in einer Siegelrolle. Dann prüfte er, ob die Sicherheitsmaßnahmen seines Versteckes noch alle in Takt waren, bevor er ein weiteres seiner Langstreckensiegel aktivierte. Dieses brachte ihn dieses Mal direkt nach Hause.

Er begab sich auf direktem Weg zum Lazarett, weil er sich bereits denken konnte, seinen Bruder hier zu finden. In der Siedlung herrschte jene ganz spezifische, gedrückte Stimmung, die immer nach einem verlorenen Kampf zu spüren war. Normalerweise fielen Scharmützel nur kurz aus, in der Regel waren sie nichts weiter als ein gegenseitiges Abtasten, wie stark der Gegner an diesem Tag war. Sobald eine Seite merkte, dass sie unterlegen war, zog sie sich zurück. Zuletzt Butsumas Tod hatte ihnen einen herben Schlag versetzt und jetzt das hier. Nicht dass Tobirama seinem Vater auch nur eine Träne nachweinte, der Bastard hatte bekommen, was er verdient hatte. Er wünschte nur, dass es den Clan nicht so sehr geschwächt hätte, einen seiner stärksten Kämpfer zu verlieren. Nachdem es Hashirama gelungen war, auch Tajima zu töten, hatte Tobirama gedacht, dass sich die Kräfte wieder ausgeglichen hatten. Offensichtlich hatte er sich darin getäuscht. Jetzt war alles nur noch schlimmer.

»Otōto!«

Hashiramas Ruf riss ihn aus seinen Gedanken. Sein Bruder scherte sich nicht darum, dass seine Arme bis zu den Ellbogen mit Blut besudelt waren, als er Tobirama entgegen stürmte und ihm um den Hals fiel. Wie Tobirama vermutet hatte, war Hashirama im Lazarett, wo er wahrscheinlich seit seiner Rückkehr die Verwundeten versorgt hatte.

»Otōto!«, wiederholte Hashirama und vergrub seine Hände in Tobiramas Pelz. Es würde Ewigkeiten dauern, den Rauchgeruch da wieder herauszubekommen … »Wo warst du nur gewesen? Ich hatte dich schon vor Stunden zurück erwartet! Ich hatte mir ja solche Sorgen gemacht.«

Tobirama versuchte sich aus Hashiramas Umarmung zu kämpfen, aber es war wieder einmal ein Kampf auf verlorenem Posten. Also ließ er es zu. Und insgeheim war er auch froh darum, gehalten zu werden; seine Erschöpfung war noch lange nicht abgeklungen.

Hashirama bemerkte es sofort. »Komm, setz dich.«

Er führte Tobirama ein wenig zur Seite und zwang ihm mit sanftem Druck, sich auf die Matte niederzulassen. Er kniete sich neben ihn und begann sogleich, ihn nach Verletzungen abzusuchen. Tobirama vermutete, dass er keinen allzu gesunden Eindruck machte. Noch immer trug er seine verdreckte Rüstung, die über und über von Ruß und dem Schlamm des Schlachtfeldes bedeckt war, eine unappetitliche Mischung aus Blut und Dreck. Nur sein Pelz war bis auf den Rauchgeruch unbeschadet davon gekommen, den Siegeln sei Dank.

»Also, wo warst du gewesen?«, wiederholte Hashirama seine Frage.

Tobirama atmete unter dem kühlenden Chakra auf, das seine schmerzenden Lungen beruhigte. Endlich tat nicht mehr jeder Atemzug weh. »Ich hatte etwas zu erledigen.« Und so ganz falsch war das ja auch nicht.

Hashirama schaffte es irgendwie, ihn zugleich streng und besorgt anzusehen. »Du weißt, dass wir keine Alleingänge machen, jedenfalls dann nicht, wenn es so nah an Feindgebiet herangeht. Ich hätte dir nicht helfen können, weil ich ja nicht einmal wusste, wo du gewesen bist!«

»Ich komm schon klar«, brummte Tobirama und dachte an die Leiche. So ein Mist.

Hashirama sagte nichts mehr dazu, weil er wahrscheinlich wusste, dass er Tobirama doch nicht würde umstimmen können. Stattdessen milderte er weiter die Folgen der Rauchvergiftung ab. Endlich drehte sich nicht mehr alles und das Zittern seiner Glieder ließ nach. Ihm fielen schon wieder die Augen zu.

Tobirama schreckte auf. Er musste kurz weggenickt sein, doch Hashirama kniete noch immer neben ihm. Also war es vielleicht nur ein Moment gewesen.

»Du hast dich überanstrengt«, schollt Hashirama ihn. »In den nächsten Tagen kein Hiraishin mehr. Am besten, du wendest überhaupt kein Jutsu an.«

Tobirama kniff missmutig die Augen zusammen. »Ich bin kein Kind mehr.«

»Aber immer noch mein kleiner Bruder.«

Daraufhin sagte wiederum Tobirama nichts mehr. Hashirama konnte genauso stur sein.

Schließlich war Hashirama mit seiner Behandlung fertig. Weil er es einfach nicht lassen konnte, verdonnerte er Tobirama zur Bettruhe, obwohl er wahrscheinlich selbst wusste, dass das ein Kampf auf verlorenem Posten war, und überließ ihn dann wieder sich selbst. Es gab noch immer einige Verletzte, die seiner Hilfe dringender bedurften als Tobirama.

Tobirama begab sich zurück zu ihrem Haus und weil er Hashirama nicht noch mehr Gründe zur Sorge geben wollte, zeigte er sich vernünftig und lief wie jeder andere auch. Dabei wich er großzügig anderen des Clans aus; er wollte, nein, brauchte jetzt seine Ruhe und vor allem viel Zeit zum Nachdenken.

Er setzte sich in den Garten, der schon längst zu Hashiramas Garten geworden war, und obwohl noch immer Winter war, fühlte es sich an, als würde hier die Natur nicht gänzlich ruhen. Hashiramas Mokuton machte seltsame Dinge mit den Pflanzen um ihn herum und hier, in ihrem Heim, war es besonders deutlich zu spüren. Es verwunderte Tobirama daher nicht, einige zarte Frühblüher im Schnee auszumachen, die sich wagemutig der kalten Wintersonne entgegen reckten.

Vielleicht hatte er überstürzt gehandelt, überlegte Tobirama. Vielleicht hatte er das alles nicht bis zu Ende durchdacht. Wenn er nicht so erschöpft gewesen wäre, hätte er den Freitod seines Gefangenen vielleicht verhindern können. Auch die Leiche eines Shinobi barg viele wertvolle Geheimnisse, aber ein lebendes Testobjekt war immer besser.

Alles ließ sich rückgängig machen bis auf den Tod. Das hatte er Hashirama gesagt und das war der Grundsatz, nach dem er bisher immer gehandelt hatte. Deswegen hatte er darauf bestanden, dass Tajima sterben musste. Wer hätte ahnen können, dass es ihnen so auf die Füße fallen würde?

Aber war es nicht auch das Bestreben der Wissenschaft, die Grenzen des Möglichen auszuloten? War der Tod da wirklich unumkehrbar? Nun, jetzt hatte er ja eine Leiche, an der er experimentieren konnte. Irgendwie musste es doch herauszufinden sein, was es mit diesen neuen Augen auf sich hatte! Denn wenn nicht …

Darüber dachte er lieber nicht nach.

Er musste schon wieder kurz eingeschlafen sein, denn eine leichte Berührung an der Schulter ließ ihn aufschrecken. Als er aufsah, sah er seinen Bruder neben sich.

»Geh ins Bett, Tobi-chan, das ist allemal bequemer als ein paar kalte Holzbretter im Winter«, sagte Hashirama mit einem milden Lächeln.

Selbst Hashirama wirkte erschöpft und das wollte etwas heißen. Sonst hatte kaum jemals etwas Hashiramas schier unendlich erscheinende Chakrareserven auch nur ansatzweise leeren können.

»Du solltest dich an deinen eigenen Rat halten«, sagte Tobirama daher.

Hashirama lachte auf. »Punkt für dich. Lass uns nach drinnen gehen und einen Tee trinken. Danach können wir immer noch bis zum Ende aller Tage schlafen.«

Tobirama fühlte sich, als würde er genau das tun, wenn er erst einmal lag. Durch Hashiramas Behandlung konnte er zwar endlich wieder frei atmen, aber jetzt, wo er zur Ruhe gekommen war, fühlte er die Erschöpfung wie eine schwere Decke über sich ausgebreitet.

Hashirama hatte ihnen beiden bereits einen warmen Tee gemacht, an dem sie sich aufwärmen konnten. Sie knieten sich an ihren Küchentisch, und wie immer griff Hashirama sogleich zu seiner Schale und begann vorsichtig zu trinken ohne erst abzuwarten, bis der Tee auch nur ein wenig abgekühlt war. Tobirama wartete noch etwas. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Wieder einmal wurde sich Tobirama überdeutlich der Stille im Haus bewusst. Schon ohne Itama und Kawarama hatte es zu groß und leer gewirkt, aber jetzt war die Stille regelrecht gespenstisch. Eigentlich wusste er Ruhe zu schätzen, aber dieses Schweigen schmerzte auch jetzt noch.

»Du hast in nicht einmal einem Monat Geburtstag«, sagte Hashirama irgendwann. Vielleicht hatte auch er nicht mehr die Stille ertragen können.

»Ja, und?«, erwiderte Tobirama.

»Du wirst fünfzehn!« Hashirama strahlte ihn begeistert an.

Tobirama zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, warum sich dann groß was ändern soll.«

»Wieder ein Jahr älter! Ich finde, das ist durchaus eine kleine Feier wert.«

»Untersteh dich. Dafür habe ich keinen Nerv.«

»Komm schon. Wenigstens wir beide können doch anstoßen. Ich hab im Lager guten sake gefunden.«

Tobirama seufzte genervt. »Meinethalben. Wenn du dann Frieden gibst.«

Hashirama strahlte ihn über seine Teeschale hinweg breit an.

Wieder Stille.

»Warum hat Madara uns nicht alle getötet?«, fragte Tobirama in die Stille hinein.

Hashirama regte sich unruhig auf seinem Platz. »Weil er nicht wollte, nehme ich an.«

»Er wäre dazu in der Lage gewesen.« Da. Jetzt war es ausgesprochen. Er hatte ausgesprochen, was er bis dahin für unmöglich gehalten hatte. Dass es doch jemanden gab, der im Alleingang seinen Bruder besiegen konnte und dazu es auch noch mit dem Rest des Clans aufnahm. Die Worte zu sprechen, machten sie jedoch nicht wirklich realer. Es war beängstigend.

»Aber er wollte nicht«, wiederholte Hashirama fast schon trotzig.

Izuna hatte es gewollt, und an einem Mangel an Versuchen war es definitiv nicht gescheitert. Dieser Verrückte setzte alles daran, jeden Senju zu töten, der ihm vor die Klinge kam, und auf Tobirama hatte er es ganz besonders abgesehen.

»Aber warum?«

»Woher dein plötzliches Interesse?«

»Kenne deinen Feind.«

Daraufhin schwieg Hashirama für einen Moment. »Das pflegte unser Vater immer zu sagen, und ich schätze mal, das war eines der wenigen Dinge, in denen er Recht hatte.«

»Wir müssen alles über dieses neue Sharingan in Erfahrung bringen«, sagte Tobirama. »Ansonsten existieren wir nur noch so lang, bis diesen zwei Irren dann doch einmal der Sinn danach steht, es zu beenden. Also müssen wir alles zusammentragen, was wir an Information erhalten können.«

Hashirama schien ob Tobiramas Wortwahl zunächst etwas sagen zu wollen, unterließ es dann aber doch. »Bis auf den allerersten Angriff hat er es nicht eingesetzt«, sagte er stattdessen.

»Was?« Tobirama sah ihn irritiert an.

Diese zwei Wahnsinnigen, die jetzt die Uchiha anführten, hatten irgendetwas gemacht, das etlichen Shinobi auf Seiten der Senju das Hirn aus den Ohren hatte quellen lassen und dann war die Hölle losgebrochen. Aber jetzt, wo Tobirama darüber nachdachte, ging auch ihm auf, dass er während des restlichen Kampfes nur mit dem normalen Sharingan zu tun hatte. Und der erste Angriff hatte zwar viele der Shinobi um sie herum getroffen, ihn und seinen Bruder aber völlig unberührt gelassen. Sonderbar.

Hashirama zuckte mit den Schultern. »Der Kampf war wie jeder unserer anderen Kämpfe auch.«

»Dafür muss es doch einen Grund geben. Außer, dass Madara gerade keine Lust hatte, uns von der Landkarte zu fegen. Sein Chakra wirkt so viel stärker jetzt … Sag, anija. Sollte dieser Kerl doch beschließen, ernst zu machen, wirst du dem etwas entgegensetzen können?«

Wahrscheinlich klang etwas von seinen Sorgen in seinen Worten mit, denn Hashirama lächelte ihm beruhigend zu. »Das wird er nicht tun.«

Tobirama war sich da bei weitem nicht so sicher. »Das ist nicht in Stein gemeißelt.«

Hashiramas Lächeln wurde traurig. »Wir waren einmal Freunde gewesen …«

Oh, dieses Thema schon wieder. »Vergiss es. Das ist Geschichte.«

»Ich weiß doch!«, begehrte Hashirama auf. »Aber ich kann den Traum, den wir einst hatten, nicht einfach so zu Grabe tragen. Und ich glaube, Madara ergeht es ebenso, ansonsten würden wir jetzt nicht mehr leben. Ich hab es in seinen Augen gesehen.«

Tobirama glaube, sich verhört zu haben. »In seinen Augen?!« Jeder wusste, dass das reinster Selbstmord war!

Aber Hashirama schien ihn nicht gehört zu haben. »Manchmal frage ich mich, was wohl wäre, wenn wir irgendwie unseren Traum verwirklichen könnten. Vielleicht könntest du dich dann sogar mit Izuna anfreunden.«

Tobirama schnaubte. So weit kam‘s noch! Das einzige, was dieser Pyromane jemals von ihm erhalten würde, wäre eine Klinge in seinen Eingeweiden.

Betrübt senkte Hashirama den Blick und musterte den Teesatz in seiner Schale. »Aber man kann ja träumen.« Dann sah er wieder auf. »Komm, wir sollten uns ausruhen.«

 

Tobirama schlief wie ein Toter bis weit in den nächsten Tag hinein. Noch immer fühlten sich seine Glieder steif an und er hielt sich an Hashiramas Rat, kein Jutsu anzuwenden. Er hatte es wirklich übertrieben.

Es gab dennoch genug zu tun. Dieser Kampf war verloren, doch es mochte weder der erste noch der letzte gewesen sein. Die Tage nach einem Kampf waren Routine und jeder hatte seine eigenen kleinen Mittelchen, damit umzugehen. Tobirama vertiefte sich in seine Schriftrollen. Die sensibelsten Informationen hatte er zwar sicher weggeschlossen in seinem Versteck, aber auch daheim hatte er genug, um tagelang darin zu versinken und nicht wieder aufzutauchen. Gelegentlich brachte Hashirama ihm sein Essen vorbei, sah nach, ob er noch lebte, und ließ ihn ansonsten in Ruhe.

Sein erster Versuch mochte gescheitert sein, aber Tobirama gab nicht auf. Besonders jetzt nicht, wo so viel daran hing. An der ganzen Sache mit diesen neuen Augen war so einiges seltsam, und er wollte nicht herausfinden, was, bis es zu spät war. Einmal nur mit mehr Glück als Verstand davon gekommen zu sein, reichte ihm.

Während er sich also in das bisschen, was sein Clan über das Sharingan wusste, vertiefte, arbeitete er gleichzeitig daran, einen neuen Versuch zu wagen. Uchiha zu fangen, war eine knifflige Angelegenheit, und freiwillig würden sie ihm sicher niemals etwas über ihre Augen erzählen.

Parallel dazu verfolgte er weiter seine spontane Idee, den Tod umkehrbar zu machen. Er richtete nicht seinen vollen Fokus darauf, behielt diese Option jedoch als Alternative in der Hinterhand. Immerhin hatte er eine Leiche, an der er experimentieren konnte.

So gingen die Wochen ins Land. Als der Frühling kam, gab es vermehrt Scharmützel mit den Uchiha, aus denen sich Madara und Izuna jedoch heraushielten. Tobirama war sich bewusst, dass er die beiden wahrscheinlich niemals zu fassen kriegen würde, jedenfalls dann nicht, wenn er lebend wieder aus der Sache herauskommen wollte. Also blieben ihm vorerst nur schwächere Uchiha.

Versiegelungsrollen konservierten zwar für eine gewisse Zeit, was in ihnen verstaut wurde, jedoch auch nicht für immer. Das hieß also, dass Tobirama sich alsbald daran machte, an der Leiche zu experimentieren, die er schon hatte. Besonders die Augen wollte er um jeden Preis erhalten.

Hashirama war derjenige mit der Erfahrung im Aufschneiden von Menschen. Tobirama hatte sonst vor allem mit Siegeln und Schriftrollen zu tun. Umso stolzer war er, als er die beiden galerten Kugeln betrachtete, die in dem klaren Alkohol schwammen. Der Sehnerv hing noch an ihnen und die Pupillen waren ganz schwarz. Tobirama hatte noch nie in seinem Leben die Augen eines Uchiha so genau betrachtet.

»Welch kuriose Sache, dass wir so große Furcht vor etwas so kleinem haben«, sagte er leise zu sich selbst. Dann machte er sich daran, das Hirn zu sezieren.

Es stellte sich heraus, dass es völlig normal war. Lediglich im Okzipitallappen, dem Sehzentrum des Hirns, stellte er eine ungewöhnlich hohe Dichte an Chakrabahnen fest. Naheliegend, dass es mit dem Sharingan in Verbindung stand, doch er brauchte weiteres Material, um seine Theorien weiter mit Belegen zu untermauern. Am besten lebend.

Hashirama sagte er, dass er an die Grenzen ging, und in gewisser Weise stimmte das auch. Nur dass er zusätzlich zu dem, was er hier offiziell machen wollte, auch weiteres Recherchematerial suchte.

Hier war es auch, als er das erste Mal den Adler am Himmel bemerkte.

Zunächst machte er sich nichts daraus, als er auf Uchiha-Jagd ging. Was interessierte ihn ein bloßes Tier. Doch als er ein und denselben Vogel immer und immer wieder am Himmel kreisen sah, wurde er doch stutzig. Zumindest glaubte er, dass es dasselbe Tier war. Er behielt es im Auge.

Hin und wieder gelang ihm ein guter Fang, auch wenn er zu seinem Leidwesen feststellen musste, dass Experimente am lebenden Subjekt kaum zu neuen Erkenntnissen führten. Es war zu gefährlich, die Kraft ihrer Augen unversiegelt zu lassen, und freiwillig kooperierten sie natürlich auch nicht. Tobirama wollte auch niemanden seines Clans einweihen, weil er genau wusste, dass kaum jemand seinen Methoden zustimmen würde. Nicht einmal Tōka, und sie war doch sonst so interessiert an Genjutsu. Also blieb ihm nur, mit dem zu arbeiten, was er hatte, und das waren vor allem tote Körper.

Was ihn zu seiner Frage zurückführte, ob er die Toten irgendwie wiederbeleben konnte.

Er führte seine Versuche zunächst an Ratten durch, obwohl er sich nicht einmal wirklich sicher war, ob es überhaupt funktionieren würde. Aber natürlich hatte er so seine Theorien. Von dem Regal über dem kleinen Tresen sahen ihn mittlerweile fünf Paar Augen anklagend aus ihren Gläsern an.

Noch immer keine bahnbrechenden Erkenntnisse. Langsam wurde er frustriert. Das passierte ihm normalerweise nicht so schnell, aber dieses Mal hing so viel von seinen Erkenntnissen ab. Er brauchte eine Pause. Nichts ahnend trat er vor die Tür seines kleinen Verstecks in den Wäldern.

Ein hoher Schrei war das einzige, was ihn warnte. Dann sah er nur noch einen riesigen gefiederten Schatten, der mit weit ausgebreiteten Schwingen und ausgestreckten Krallen direkt auf ihn zuflog. Er konnte gerade noch den Arm heben, und das rettete ihm wahrscheinlich das Augenlicht, denn schon im nächsten Augenblick fühlte er, wie sich Krallen wie Dolche in sein Gesicht bohrten und es aufrissen.

Der Adler schrie erneut und flatterte mit den gigantischen Schwingen. Tobirama schrie ebenfalls, fuchtelte mit den Armen und stolperte nach hinten. Blind fiel er durch die Tür in die kleine Hütte. Etwas fiel klirrend zu Boden. Die Krallen des Adlers rissen ihm die Arme auf, das Tier bekam mit einer Pranke seine Hand zu fassen, und dann schrie Tobirama erneut auf, als er spürte, wie die Knochen in seiner Hand pulverisiert wurden. Blind vor Schmerz versuchte er nach dem Tier zu schlagen. Der Adler schrie, hackte zur Verteidigung mit dem Schnabel nach ihm und ließ dann tatsächlich von ihm ab. In einem Wirbel aus Federn stob er davon.

Für einen winzigen Moment meinte Tobirama einen verräterischen Schimmer von Rot in den Augen des Adlers gesehen zu haben.

Schwer atmend starrte er dem Tier hinterher, während ihm das Blut über das Gesicht lief und die Arme hinabrann. Die Wunden brannten und in seinem rechten Arm fehlte sogar ein Stück Fleisch. Als er vorsichtig mit seiner gesunden Hand an sein Gesicht fasste, fühlte er die Hautfetzen, die herabhingen. Mehr Glück als Verstand … Seine andere Hand, die rechte, war nach einer kurzen Inspektion doch nicht so stark zerstört, wie es sich zunächst angefühlt hatte. Die Klauen hatten dennoch seine Hand durchbohrt und gequetscht und er würde sie in den nächsten Wochen nicht benutzen können. Wie unpraktisch, denn er war Rechtshänder.

Dann nahm er den Brandgeruch wahr.

Fluchend rappelte er sich auf und presste seine verletzte Hand an die Brust. Bei seinem Sturz hatte er die kleine Öllampe umgestoßen, die immer auf dem Tisch neben der Tür stand, und nun breiteten sich die Flammen rasch aus. Das vergossene Öl war ein hervorragender Brandbeschleuniger. Bereits schlugen die Flammen hoch auf.

Mit seiner gesunden Hand formte er ein Handzeichen und versuchte mit einem Suiton das Feuer zu löschen. Es bedurfte einer großen Menge Wasser und hinterher war sein ganzes Versteck geflutet worden. Noch immer blutend und mit Schmerzen im Gesicht, in den Armen und vor allem seiner rechten Hand stand Tobirama inmitten der triefnassen Ruinen dessen, was einmal seine sensibelste Forschung gewesen war.

Er seufzte schwer. Alles Klagen und Fluchen half ja doch nicht. Er suchte sich einige Bandagen zusammen und verband dann seine Wunden. Dann machte er sich daran zu sichten, was von seiner Arbeit überlebt hatte. Währenddessen hatte er genügend Zeit, gründlich nachzudenken.

Was sollte er Hashirama erzählen? Er wollte nicht, dass sein Bruder Wind von dem bekam, was er hier tat, weil er sich dessen Reaktion nur allzu bildlich ausmalen konnte. Wahrscheinlich ging es Hashirama da nicht anders, denn er hatte auch nie im Detail nachgefragt, womit sich Tobirama in seinen Forschungen befasste. Zu sagen, dass ein Adler ihn angefallen hatte, würde allerdings nicht allzu viele Fragen aufwerfen.

Allerdings fragte er sich, ob er sich das Sharingan in den Augen des Tieres nur eingebildet hatte.

Er wusste, dass es möglich war, mit einem Sharingan Tiere zu kontrollieren. Das würde jedoch auch bedeuten, dass die Uchiha ihm auf die Schliche gekommen waren oder es bald würden.

»Scheiße«, sagte er in die Stille seines kleinen Verstecks hinein.

Er hätte es sich ja denken können, nein, müssen. Wie alle Clans mit einem dōjutsu achteten die Uchiha sehr darauf, was mit ihren Toten geschah. Selbst wenn in der Vergangenheit die Senju in Kämpfen die Überhand gewonnen hatten, hatten ihre Feinde bei ihrem Rückzug immer größte Anstrengungen unternommen, ihre Toten mitzunehmen. Dass Tobirama überhaupt fünf Versuchsobjekte hatte fangen können, war eine durchaus bemerkenswerte Leistung. Eine, die sicher von ihren Feinden bemerkt worden war.

»Scheiße«, wiederholte er.

Was also tun? Das Auftauchen des Adlers lies die Vermutung zu, dass er aufgeflogen war oder es bald sein würde. Diese Forschungen waren von äußerster Wichtigkeit für die Senju, davon war Tobirama überzeugt. Er konnte jedoch auch nicht riskieren, dass die Uchiha die Details erfuhren, denn dann wäre er vogelfrei.

Weitere Versuchsobjekte wären also vorerst keine Option mehr. Er rettete, was von seinen Unterlagen zu retten war und setzte sich dann vor die kleine Hütte. Die Bandagen um sein Gesicht und an seinen Armen bluteten bereits durch und der Schmerz wurde zu einem dumpfen Pochen. Das Auftauchen dieses Vogels hatte die Arbeit von Monaten zunichte gemacht.

Es blieb, das beste aus dem zu machen, was ihm geblieben war. Viele seiner Notizen mochten dahin sein, aber etliches davon hatte er noch im Kopf. Das Beste war nun, sich neu zu ordnen und dann von vorn zu beginnen. Im Moment brauchte er vor allem ein neues Versteck. Die Ruinen des alten brannte er am besten nieder, um keine Hinweise zurückzulassen.

Dann konnte er darin fortfahren, an der Wiedererweckung der Toten zu arbeiten. Edo Tensei wollte er das Jutsu nennen.

Nur für's Protokoll: Ich hasse dieses Kapitel! Zwischenzeitlich hatte ich sogar überlegt, es ersatzlos zu streichen, obwohl es fest eingeplant war. Aber dann hatte ich bereits knapp 5k geschrieben und es doch behalten. Das nächste Kapitel ist Hashiramas Geburtstag und Madara hat ein ganz besonderes Geschenk für ihn *Augenbrauenwackeln*
Moos, Gras und Blumen
Das ist das versprochene (angedrohte?) explizite Kapitel. Also CN für explizit sexuelle Handlungen (Smut auf Deutsch! Wer tut sich das an? D: ) Wer das nicht mag, kann die zweite Hälfte des Kapitels auch einfach überspringen.

Die Verhandlungen mit den Sarutobi und Shimura verliefen über die nächsten Wochen hinweg. Sie luden die Clananführer zu sich nach Konoha ein, um ihnen die Vorteile des Dorflebens zu zeigen, aber auch, um die Bedingungen auszuhandeln.

Gleichzeitig ließ Hashirama seine bevorstehende Verlobung mit Mito offiziell verkünden. Ashina zeigte sich ausgesprochen zufrieden damit und ließ sich von Mito sogar dazu überreden, das versprochene Geld für die Mitgift früher bereitzustellen und nicht erst zur eigentlichen Hochzeit. Damit verabschiedete er sich endgültig und machte sich zurück auf den Weg in seine Heimat. Mito blieb, entschied sich aber dafür, zunächst in eine eigene Wohnung einzuziehen und nicht mehr länger auf Hashiramas und Tobiramas Kosten zu leben. Sie sagte, sie sei nun kein Langzeitgast mehr sondern ein Teil von Konoha.

Dass dies auch hieß, dass er bald ein verheirateter Mann war, blendete Hashirama erfolgreich aus. Stattdessen schlich er sich immer öfters zu Madara. Sie hielten das zwischen sich klein und hingen es nicht an die große Glocke – was »das« auch immer war. Er sah Madara noch immer als seinen Freund an, aber es war auch mehr als nur das. Noch hatte er nicht das passende Wort dafür gefunden.

Die Verhandlungen mit den Sarutobi und Shimura verliefen gut und insbesondere Sarutobi Sasuke, der junge, charismatische Anführer des Clans, stellte sich als angenehmer Zeitgenosse heraus. Sie kamen schnell zu einer Einigung und damit wuchs das Dorf erneut.

Das hieß auch, dass sie sowohl den daimyō auszahlen konnten, als auch ihre Schuld bei den Hagoromo begleichen. Madara weigerte sich, es als Schuld zu bezeichnen und wollte eigentlich immer noch die Hagoromo angreifen. Dankenswerterweise sah er davon ab, das weiterhin im Rat verlauten zu lassen und ließ es nur noch anklingen, wenn er mit Hashirama allein war.

Hashiramas Geburtstag fiel noch in die Zeit der Verhandlungen. Das brachte angenehme Abwechslung in die trögen Gespräche, die sich immer nur um Geld und Ressourcen drehten. Er liebte Geburtstage und war außer sich, dieses Jahr endlich vernünftig feiern zu können. Im letzten Jahr hatte Madara ihm einen Attentäter geschickt und das Jahr davor hatten die Senju mit einem extrem verregneten Herbst zu kämpfen und damit einhergehend einem Hochwasser, das ihre alte Siedlung bedroht hatte. Und die Jahre davor sahen auch nicht viel besser aus.

Tobirama hatte ihm eine Torte gebacken und sie mit siebenundzwanzig Kerzen und Unmengen an Zuckerguss verziert. Hashiramas Augen strahlten, als er die Torte sah. Tobirama war bei weitem kein Künstler, aber er hatte sich Mühe gegeben und das war alles, was für Hashirama zählte. Und Torte zum Frühstück war immer etwas gutes.

Noch während sie ihr jeweiliges Stück aßen, klingelte es auch schon an der Tür. Tobirama öffnete und kurz darauf lief ein Baum in die Küche. Der Baum stellte sich als Mito heraus, welche einen ganzen Ginko-Setzling mitgebracht hatte, an dessen Ästen Siegel hingen und den sie nun mitten in der Küche abstellte.

»Alles Gute zum Geburtstag!«, rief sie aus.

»Das war doch nicht nötig!«, erwiderte Hashirama, ließ aber bereits begeistert seine Finger über die Blätter des Baums gleiten. Die Blätter raschelten leise, obwohl kein Wind in dem Zimmer wehte.

»Lass ihn uns nach draußen in den Garten bringen, dann zeige ich dir, was es mit den Siegeln auf sich hat«, sagte Mito.

»Aber erst bekommst du auch ein Stück von der Torte, ich bestehe darauf«, erwiderte Hashirama.

Mito sah auf die Torte und erkannte wohl sofort, dass sie von Tobirama gebacken worden war.

»Keine Sorge, Tobirama hat eine Menge Sake beim Backen benutzt, das macht alles wieder wett.« Hashirama grinste. In Kombination mit dem ganzen Zucker war es wahrscheinlich möglich, vom Essen dieser Torte betrunken zu werden. Er schnitt ein weiteres Stück ab, tat es auf einen Teller und reichte es dann Mito. Sie probierte.

»Stimmt«, sagte sie dann. »Wenn ich nur genug davon esse, bin ich besoffen genug, um zu vergessen, dass das eigentlich eine Torte sein sollte und nicht … was auch immer das hier ist.«

Tobirama grummelte beleidigt.

Als sie aufgegessen hatten, gingen sie mit dem Ginkgo Setzling nach draußen. Das Bäumchen befand sich noch in einem Topf, da es zu jung war, um im Freien zu überwintern. Mito platzierte den Baum auf einer kleine Rasenfläche. »Eigentlich sollten alle Siegel sicher angebracht sein, aber falls doch etwas angesengt wird, halte bitte dein Suiton bereit, Tobirama«, sagte sie. Dann aktivierte sie eines der Siegel.

Das Siegel ließ ein Feuerwerk in Miniaturformat frei. Kleine bunte Funken stoben auf und malten hübsche Kringel in die Luft. Hashirama war begeistert.

»Oh, wie schön!«, rief er aus. »Wenn die anderen Siegel dasselbe machen, dann müssen wir das unbedingt heute Abend wiederholen, wenn es dunkel ist!«

Tobirama atmete einmal tief durch, aber es war der Geburtstag seines Bruders, weshalb er sich zumindest an diesem Tag einen spitzen Kommentar verkniff.

Hashirama hatte dennoch noch immer seine Arbeit zu erledigen und so waren er und Tobirama bald schon wieder hinter dem Schreibtisch zu finden, auch wenn sie immer wieder unterbrochen wurden von Bewohnern Konohas, die vorbei kamen und Hashirama die eine oder andere Kleinigkeit zusammen mit Glückwünschen vorbeibringen wollten. Zumeist handelte es sich dabei um Blumen und bald schon war ihr ganzes Haus angefüllt mit den verschiedensten Gerüchen, dass man beinahe meinen konnte, der Frühling sei angebrochen.

Am Nachmittag kam auch Ino vorbei und brachte eine Kleinigkeit. Die Kleinigkeit bestand aus einem großen Teller, auf dem sich dutzende Dango-Spieße stapelten.

»Ich sterbe an einem Zuckerschock!«, klagte Tobirama aus dem Hintergrund, als er das sah.

Hashirama beugte sich über den Teller wie ein Habicht über seine Beute. »Sehr gut, dann bleibt mehr für mich.«

»Anija!«, rief Tobirama aus. »Komm schon, wenigstens einer!«

Tobirama mochte nicht so eine Naschkatze sein wie Hashirama, doch auch er hatte über die vergangenen Monate hinweg Inos Dango zu schätzen gelernt, weshalb er natürlich trotzdem versuchte, sich einen Spieß zu erbeuten.

Ino beobachtete das brüderliche Gezänke schmunzelnd. »Es sind doch genug für alle da. Ich habe extra mehrere Sorten gemacht. Seht« Geschickt fischte sie zwei Spieße aus dem Stapel und reichte einen Tobirama und einen Hashirama. Sie wusste mittlerweile genau, wer von ihnen was präferierte. »Aber es freut mich, dass die ganzen Blumen ein gutes Heim gefunden haben.« Mit einem Kichern fügte sie an: »Ich habe in den letzten Tagen das Geschäft meines Lebens gemacht.«

»Die Dango sind köstlich!«, nuschelte Hashirama, während er sich den Sirup von den Fingern leckte.

»Zum Abendessen bringe ich Reissuppe mit Pilzen vorbei«, versprach Ino.

Hashirama fühlte sich wieder wie ein kleiner Junge. Er hatte seine Großeltern nie kennen gelernt, aber er war sich sicher, dass es sich so anfühlte, eine Großmutter zu haben. Mittlerweile kam Ino fast täglich vorbei und brachte ihnen Essen, und da sie eine hervorragende Köchin war, sah selbst Tobirama dem begeistert entgegen. Außerdem war es in der Vergangenheit durchaus schon passiert, dass bei solchen Gelegenheiten ihre schmutzige Kleidung verschwand und auf magische Weise am nächsten Tag wieder sauber in einem Korb vor ihrer Haustür stand.

»Oh, beinahe hätte ich es vergessen!« Ino griff in den Korb, den sie an ihrem Arm trug und holte einen kleinen, blühenden Kaktus hervor, den sie Hashirama reichte. »Den soll ich von Uchiha-sama überbringen.«

»Ein Kaktus«, stellte Tobirama wenig beeindruckt fest.

Hashirama starrte auf die kleine Blüte, während sein Hirn auf Hochtouren lief. Bedeutete das etwa …?

»Er bestand darauf«, sagte Ino entschuldigend. »Ich riet ihm zu einem konventionellen Blumenstrauß, aber er sagte, es müsse unbedingt der hier sein.«

Tobirama konnte sich ein gehässiges Lachen nicht verkneifen. »Und dann bringt er das noch nicht einmal persönlich vorbei.«

»Immerhin eine Verbesserung zum letzten Jahr«, sagte Hashirama, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Madara hatte sich bewusst für einen blühenden Kaktus entschieden? Wusste er, was das bedeutete? Ino hatte ihn anscheinend nicht aufgeklärt. Andererseits hatte Ino auch einmal gesagt, dass hanakotoba eigentlich keine Bedeutung mehr in der Floristik hatte. Also interpretierte er wohl ohnehin zu viel hinein.

Der Gedanke ließ ihn trotzdem nicht mehr los für den Rest des Tages. Er versuchte ihn in die hinterste Ecke seines Bewusstseins zu schieben, doch dort summte er nur wie ein lästiges Insekt, das seine Aufmerksamkeit zu erregen versuchte.

Am frühen Abend kam Ino erneut vorbei und brachte dieses Mal einen großen Topf voll dampfender Suppe. Sie blieb nicht lange und tat nur den beiden Brüdern auf, gab Hashirama einen Klaps auf die Wange, als sei er ein kleiner Junge, und ging dann wieder. Auch wenn sie reichlich gekocht hatte, schaffte es Hashirama, mehr als die Hälfte des Topfinhalts an nur diesem einen Abend zu verschlingen.

»Bei aller Liebe zu deinen Kochkünsten, otōto, aber Ino macht die weltbeste Reissuppe.«

»Manchmal frage ich mich, ob dein Magen ein Dimensionsloch ist oder so«, bemerkte Tobirama.

Hashirama senkte verschwörerisch die Stimme. »Du hast nicht erlebt, wie Mito Ramen isst.« Der Schrecken, als er die Rechnung erhalten hatte, saß ihm immer noch in den Knochen. »Los, komm. Es ist dunkel draußen, ich will die anderen Siegel an dem Bäumchen ausprobieren«, sagte er dann.

Tobirama seufzte. »Na gut. Weil heute dein Geburtstag ist. Aber morgen benimmst du dich bitte wieder wie ein Erwachsener.«

»Immer!«

Tobirama war offensichtlich anderer Meinung.

Die Siegel, die Mito erstellt hatte, stellten sich als clevere kleine Dinger heraus. Jedes produzierte ein ganz eigenes winziges Feuerwerk, die zusammen den Baum in hübschen Lichtern erstrahlen ließ. Hashirama war begeistert und überlegte sogleich, ob sich das nicht auch in größerem Stil nutzen ließe.

»Zum Neujahrsfest zum Beispiel«, schlug er vor. »Stell dir einmal vor, wie toll das aussehen muss! Wir hängen ganz viele davon zwischen die Bäume und …«

»Und brennen den ganzen Wald ab, genau«, fiel ihm Tobirama ins Wort. Er hatte sich eines der Siegel genommen und es genauer studiert. Tobirama ließ sich natürlich nichts anmerken, aber Hashirama war sich sicher, dass Mitos Siegel Tobiramas Interesse geweckt hatten. Sein kleiner Bruder war immer noch nicht darüber hinweg, dass Mito in der Lage war, seinen Intellekt herauszufordern, aber gleichzeitig verbrachten die beiden so viel Zeit an ihren gemeinsamen Studien, dass Hashirama zwangsläufig zu dem Schluss kommen musste, dass Tobirama Mitos Arbeit bewunderte. Tobirama war schlicht nicht gut darin, Anerkennung auch in Worte zu fassen.

»Sobald irgendein Funke überschlägt, kannst du ihn doch löschen«, sagte Hashirama.

»Ich bin kein lebender Feuerlöscher!«, knurrte Tobirama und hielt ihm warnend den Finger unter die Nase.

Hashirama hob abwehrend die Hände. »Ja, ja, war ja nur eine Idee.«

Tobirama gab ihm einen strengen Blick. »Gut, dass wir das klären konnten. Können wir jetzt wieder reingehen? Es wird kalt.«

»Geh du schon einmal vor, ich habe noch etwas vor«, erwiderte Hashirama wage.

Tobirama gab ihm noch einen wortlosen und viel zu wissenden Blick. Sie wären keine Brüder, wenn er nicht trotzdem wüsste, was dieses Etwas sein mochte. Es war immerhin Hashiramas Geburtstag und Madara hatte sich noch immer nicht blicken lassen. »Aber vertrödel nicht wieder den ganzen Tag. Du weißt, was morgen ansteht«, sagte Tobirama, weil er es natürlich nicht lassen konnte, der Spielverderber zu sein.

Eigentlich hatte Hashirama nicht vor, die Nacht wieder einmal bei Madara zu verbringen, aber aus den letzten Wochen hatte er gelernt, dass solche Vorsätze schnell über den Haufen geworfen werden konnten. Und wenn er ehrlich zu sich war, wollte er Madara auch nicht allein lassen in seinem großen, leeren Haus, jede Nacht geplagt von Alpträumen. Das war einer der Gründe, warum er momentan viel Zeit mit Madara verbracht hatte, aber nicht nur. Und da war auch noch der blühende Kaktus …

Madara ließ ihn nicht lang warten. Seine Haare warfen tiefe Schatten über sein Gesicht, als er mit dem Flurlicht im Rücken in der Tür stand und Hashirama musterte. »Was machst du hier?«, wollte er wissen. »Hast du nicht einen Geburtstag zu feiern?«

»Ich wollte mich für dein Geschenk bedanken«, erklärte Hashirama. »Und außerdem ist es keine richtige Feier, wenn du nicht dabei bist.«

Madara verdrehte die Augen. »Blödsinn. Du weißt, dass ich so einen Trubel hasse.« Dennoch ließ er Hashirama ein. »Also …«, fuhr er schließlich etwas zögernd fort. »Ino hat dir also gegeben, worum ich sie bat.«

»Ja. Definitiv eine Steigerung zum letzten Jahr«, sagte Hashirama leichthin.

»Lass mich nicht bereuen, dass ich mich dagegen entschieden habe, es zu wiederholen«, drohte Madara.

Als Antwort grinste Hashirama lediglich und überreichte den Teller, den er mitgebracht hatte. »Schau, hier. Die Reste von der Torte und ein paar von Inos Dango. Ich dachte, dass du vielleicht auch etwas davon haben willst. Und ich hatte definitiv genug Zucker für einen Tag.«

Madara nahm den Teller entgegen und musterte seinen Inhalt kritisch. Dann roch er an dem Tortenstück. »Das hat dein Bruder verbrochen, was heißt, dass ich an einer Alkoholvergiftung sterben werde, wenn ich das esse.«

»Probier wenigstens die Dango!«, drängte Hashirama ihn.

Madara machte ihm die Freude und sie knieten sich an seinen Esstisch. Weil ihm der Restalkohol in Tobiramas Torte anscheinend nicht genügte, stellte er ihnen noch eine Sakeflasche auf den Tisch.

»Weißt du, was das ist?«, sagte er mit einem zufriedenen Grinsen, als habe er gerade einen genialen Schachzug vollzogen.

Hashirama besah sich das Etikett auf der Flasche.

»Privatbestand meines Vaters«, eröffnete Madara. »Wir Uchiha sind vielleicht nicht so bekannt für unseren Alkohol, aber der hier ist trotzdem schon ein paar Generationen in meiner Familie. Und Tajima hat‘s verdient, dass ich den ausgerechnet mit dir teile.«

Hashirama konnte sich ein verschlagenes Lächeln nicht verkneifen. »Oh, das ist boshaft. Lass ihn uns vernichten!«

Das ließ sich Madara nicht zweimal sagen. Rasch war die Flasche entkorkt und zwei Schalen Sake wurden gefüllt. Dieses Mal waren sie jedoch weiser und stürzten den Alkohol nicht auf Ex. Wie sich herausstellte eine gute Entscheidung, denn Madaras Sake stand dem Honigwein, den Hashirama mit ihm geteilt hatte, in nichts nach.

»Du hast mir also einen blühenden Kaktus geschenkt«, sagte Hashirama irgendwann.

Mit einem Mal fand Madara die Maserung seines Tisches verdächtig interessant. »Sei froh, dass ich ihn nicht als Wurfgeschoss verwendet hab.« Aber seiner Stimme fehlte die übliche Schärfe.

»Weißt du, wofür das steht?«

Madara lehnte sich halb über den Tisch und bohrte Hashirama einen Finger in die Brust. »Ja, verdammt!«, fauchte er. »Ich hab mich nur wegen dir mit diesem ganzen kitschigen Blumenkram befasst! Jetzt sei gefälligst dankbar!«

Wieder einmal drängte sich Hashirama der Vergleich mit einer wütenden Katze auf.

Dies war außerdem der Moment, in dem Hashiramas Hirn beschloss, seinen Dienst zu quittieren. Kurzerhand packte er Madara beim Kragen und zog ihn zu sich heran, um ihn wild zu küssen. Madara strauchelte ein wenig, als er so brüsk über den Tisch gezogen wurde, und wäre beinahe in Hashiramas Schoß gefallen, doch er konnte sich wieder fangen. Während er den Kuss ebenso leidenschaftlich erwiderte, tastete er hinter sich, um die Sakeflasche in Sicherheit zu bringen, die bei dieser Aktion bereits gefährlich ins Schwanken geraten war.

Madara ließ die Finger seiner Hand durch Hashiramas Haar gleiten, während er sich mit der anderen Hand auf dessen Schulter abstützte. Hashirama hingegen machte sich bereits ungeduldig an Madaras Kleidung zu schaffen.

Dann jedoch hielt er inne, auch wenn es beinahe unmenschlich viel Kraft kostete. »Madara«, raunte er und sah mit halb geöffneten Augen zu ihm auf. »Du musst mir sagen, wenn es dir zu viel wird.«

»Halt die Klappe, baka«, erwiderte Madara und setzte gierig den Kuss fort. Als Strafe für die Unterbrechung biss er Hashirama fest genug in die Lippe, um ihn ein wenig bluten zu lassen. Er leckte das Blut fort, während die Wunde bereits wieder heilte.

Madara suchte sich eine bequemere Position, indem er sich in Hashiramas Schoß setzte und ihm die Beine um die Hüften schlang. Hashirama hatte ihm den Mantel mittlerweile so weit öffnen können, um seine Hände darunter gleiten zu lassen und seine Haut und die vereinzelten Erhebungen der Narben zu fühlen. Sinnlich ließ er seine Hände über Madaras Brustkorb gleiten und genoss das Gefühl von dessen sich beschleunigenden Puls. Als Madara seine Schultern packte, um ihn fester an sich zu ziehen, streifte er ihm den Mantel ab und entblößte seinen Oberkörper.

Es war ein Bild für die Götter, wie Madara da auf ihm saß und über ihm aufragte. Eine leichte Röte zeichnete sich auf seinen Wangen ab. Er hatte den Mund etwas geöffnet und sah mit halb geschlossenen Augen auf Hashirama hinab. Dessen Atem ging mittlerweile merklich schneller, während er Madara mit seinen Blicken verschlang.

»Ein Geschenk der Götter …« Eine Mokuton-Ranke wuchs aus dem Tisch, schlang sich beinahe zärtlich um Madaras Kehle und strich ihm liebevoll über die Wange.

Madara schielte auf die Ranke. »Ernsthaft?«

»Ernsthaft. Ist immerhin mein Geburtstag«, stellte Hashirama klar. »Du wirst staunen, was man damit noch alles anstellen kann.«

Madara hatte jedoch keine weiteren Einwände und die Ranke blieb, wo sie war. Hashirama begann, Madaras Kehle mit sanften Küssen zu bedecken, während sich weitere Ranken bildeten und Madara liebkosten. Dieser schien das zunächst etwas eigenwillig zu finden, doch rasch gab er unter der Berührung von Hashiramas Fingern und seiner Ranken nach und ließ es bereitwillig geschehen.

Hashiramas Lippen wanderten tiefer und bald schon nahm er seine Zunge dazu. Genüsslich ließ Madara den Kopf in den Nacken sinken, als Hashirama seine Brust erreichte, und ließ seine Finger tief in das Haar des Anderen sinken. Als Madara ihm leicht an den Haaren zog, war es an Hashirama, wohlig aufzuseufzen.

Mit sanftem Druck zwang er Madaras Beine auseinander und machte sich an seiner Hose zu schaffen. Er öffnete sie und ließ sogleich eine Hand hinein gleiten.

Madara keuchte auf und atmete heftig ein und aus. Das Sharingan schien aus seinen Augen, als er auf Hashirama hinab blickte.

»Soll ich aufhören?«, fragte dieser besorgt, weil er Madaras Blick nicht so wirklich deuten konnte.

Als Antwort begann Madara, auf seiner Unterlippe zu knabbern, und schob die Hüfte in einer unmissverständlichen Geste vor. Definitiv weitermachen.

Hashirama begann, ihn sanft zu liebkosen, bis er hart war. Die Ranken hatten sich mittlerweile besitzergreifend um Madaras Handgelenke geschlungen und begannen nun auch, seine Füße zu fesseln. Hashirama sah voller Liebe zu ihm auf, während er mit der anderen Hand Madaras Hintern umfasste und seine Finger in das weiche Fleisch grub. Sein, sein, sein.

Madara stöhnte auf und rang nach Atem. »Wir … Bett …«, brachte er mühsam hervor.

Hashirama streckte sich und küsste erneut seine Kehle. Sanft ließ er seine Zunge über das zarte Fleisch gleiten, gefolgt von seinen Zähnen. Madaras Griff in seinen Haaren wurde fester, verlangender.

»Hast du Öl da?«, fragte Hashirama leise.

»Hm?«

»Glaub mir, ist angenehmer damit.« Dass er bei diesem Anblick und mit der Hand noch immer zwischen Madaras Beinen überhaupt noch einen ganzen Satz zustande brachte, erstaunte Hashirama. Vielsagend ließ er seine zweite Hand über Madaras Hintern gleiten und tastete mit dem Finger nach einer ganz bestimmten Stelle.

Madara keuchte auf. »J-ja. Glaub schon«, stammelte er.

Hashiramas Ranken ließen ihn frei und er selbst nahm die Hände aus Madaras Hose. Madara küsste ihn erneut und erhob sich dann, um zu den Küchenschränken zu gehen. Die Hose hing ihm mittlerweile nur noch locker auf den Hüften und sein Mantel lag schon längst vergessen am Boden. Während er eine Schranktür öffnete und nach der Ölflasche suchte, trat Hashirama hinter ihn und schlang die Arme um ihn. Er war selbst unbestreitbar erregt und ließ es Madara auch wissen, als er mit seinem ganzen Körper gegen ihn drängte. Seine Hände liebkosten Madaras entblößte Brust und er nagte sanft an dessen Ohr. Madara atmete scharf ein.

»Hashirama …« Seine Stimme klang rau. »Ich kann so nicht suchen.«

»Ich weiß«, nuschelte Hashirama. »Aber ich kann die Finger nicht von dir lassen.«

Madara knurrte und versuchte, mit dem Ellbogen nach ihm zu schlagen, verfehlte aber. »Fick dich!«, fauchte er stattdessen.

»Fick mich selbst.«

Madara starrte ihn mit offenem Mund an. Hashirama umfasste seine Kehle und küsste ihn erneut gierig. Auf diese Weise würde es zwar noch länger dauern, bis sie das Öl hatten, aber es war ihm egal. Er wollte keinen Moment verschwenden.

Etwas ungeschickt tastete Madara in dem Schrank umher, während er die andere Hand in Hashiramas Kleidung krallte. Es rumpelte und etwas fiel polternd um, aber keiner von ihnen scherte sich darum.

Schließlich zog Madara triumphierend die Ölflasche aus dem Schrank. Sogleich wand sich eine weitere Ranke aus dem Boden und hob Madara hoch, sodass Hashirama ihn leicht auf den Arm nehmen konnte, ohne den Kuss zu unterbrechen, ein Arm unter seinen Schultern und einer unter seinen Beinen. Madara schlang ihm die Arme um den Hals.

»Wehe, du lässt das ganze Grünzeug nicht wieder verschwinden«, drohte er. »Sonst erwürge ich dich.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, biss er Hashirama in den Hals.

Hashirama gab einen wohligen Laut von sich. Ja, daran konnte er sich definitiv gewöhnen.

Während er Madara ins Schlafzimmer trug, bearbeitete dieser seinen Hals und gab sich alle Mühe, unter Einsatz von Zunge und Zähnen deutliche Knutschflecke zu hinterlassen. Hashirama musste aufpassen, wo er hintrat, weil Madaras Küsse seine volle Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Irgendwie schafften sie es aber doch unbeschadet bis zu ihrem Ziel und Hashirama setzte sein wertvolles Päckchen auf dem futon ab. Madara fing seine Lippen zu einem Kuss ein, während er sich gleichzeitig die Hose von der Hüfte riss.

Hashirama nahm sich einen Moment und bewunderte das Bild, das sich ihm bot, wie Madara nackt unter ihm auf dem futon lag und herausfordernd zu ihm aufsah. Noch immer war sein Sharingan aktiviert, was dem ganzen ein gewisses Etwas gab.

»Warum hast du noch alles an und ich nichts mehr?«, verlangte Madara zu wissen.

Hashirama grinste. »Dann ändere es.«

Madara schnaubte. Er richtete sich auf und packte Hashiramas haori, um ihm das Kleidungsstück grob von den Schultern zu zerren und um ihn dann mit fliegenden Fingern auch aus den restlichen Schichten seiner Kleidung zu pellen. Die ganze Zeit küssten sie sich und unterbrachen es nur, wenn es unbedingt sein musste. Hashirama half ihm beim Ablegen seiner Kleidung. Achtlos warfen sie den Stoff zur Seite.

Nun war es an Madara, den Ausblick zu genießen, der sich ihm darbot, und Hashirama musste feststellen, dass es ihm gefiel, von Madara mit seinem Sharingan auf diese Weise angesehen zu werden. Ein gewisser Reiz lag in der Gefährlichkeit, zu sehen, wie der Jäger seine Beute fixierte.

Er legte Madara eine Hand auf die Schulter und drückte ihn in die Matratze, um ihn so zu fixieren. Dann platzierte er seine Knie zu beiden Seiten von Madaras Hüfte und beugte sich zu ihm herab, um erneut seinen Hals zu küssen. Madara streckte die Arme und ließ seine Hände mit gespreizten Fingern über Hashiramas Rücken gleiten, um das Spiel seiner Muskeln unter glatter Haut zu fühlen.

»Das ist unfair«, murmelte Madara.

»Was?«

»Dass du keine Narben von unseren Kämpfen hast.«

»Du redest zu viel«, nuschelte Hashirama. Er fuhr mit der Zunge über Madaras Ohr, was den gewünschten Effekt hatte. Madara drehte den Kopf zur Seite und gab gar liebliche Laute des Wohlgefallens von sich. Hashirama langte zwischen sie und ergriff ihre Penisse. Als er begann, langsam auf und ab zu streichen, warf Madara stöhnend den Kopf nach hinten und reckte ihm lasziv die Hüfte entgegen.

»Verdammt!«, keuchte er.

Hashirama leckte über die ihm dargebotene Kehle und platzierte einen Knutschfleck auf ihr. »Ich hab doch noch gar nicht angefangen«, murmelte er.

»Verdammt!«, wiederholte Madara und bleckte die Zähne.

»Soll ich denn anfangen?«, raunte Hashirama in Madaras Ohr, was diesen sichtlich erschaudern ließ.

»Fick dich!«, knurrte Madara.

»Genau das habe ich vor.«

Als Antwort krallte Madara die Finger in seine Schultern und bohrte ihm die Nägel in die Haut, tief genug, dass es blutete. Mit seiner freien Hand angelte Hashirama nach der Ölflasche und öffnete sie. Mittels einer weiteren Ranke half er sich aus, etwas von dem Öl über seine Finger zu kippen. Madara verfolgte jede seiner Bewegungen genau und sein Blick wurde gierig, als Hashirama sich aufrichtete und hinter sich langte.

Hashirama schloss die Augen und biss sich auf die Unterlippe, als er den ersten Finger in sich einführte. Sein Atem ging heftiger, während er an sich halten musste und sich zur Geduld ermahnte. Er wollte das hier auskosten und nichts überstürzen.

Dem ersten Finger folgte ein zweiter und Madara packte ihn bei den Hüften. »Mach schon!«

Hashirama sah auf Madara hinab und der Anblick hätte beinahe genügt, um ihn zum Höhepunkt zu treiben. Madaras Haar lag wild um seinen Kopf herum verteilt, sein Atem ging rasch und er sah mit gierigem Blick zu Hashirama auf. Wahrlich ein anbetungswürdiger Anblick.

Egal ob er nun vorbereitet genug war oder nicht, er wollte Madara hier und jetzt. Er ließ von ihnen beiden ab und griff erneut nach der Ölflasche. Mit einigen raschen Handgriffen war Madaras Penis eingeölt. Er positionierte sich über ihm. Dann ließ er ihn langsam in sich hinein gleiten.

Madaras Finger bohrten sich in seine Hüften und er stöhnte langgezogen auf. Hashirama keuchte und gab seinem Körper Zeit, sich an die Dehnung zu gewöhnen. Er legte mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken und genoss das wohlige Gefühl und den leichten Schmerz, der damit einherging. Als er Madara schließlich vollständig in sich aufgenommen halte, musste er für einen Moment innehalten, um die Großartigkeit dieses Gefühls auskosten zu können und um nicht völlig davon übermannt zu werden.

Hashirama beugte sich vor, um Madaras Lippen in einem weiteren hungrigen Kuss einzufangen. Madara kam ihm auf halbem Wege entgegen, als er sich auf seinen Unterarmen abstützte. Dann begann er seine Hüften zu bewegen.

Er gab einen langsamen, aber intensiven Rhythmus vor und genoss das Gefühl in vollen Zügen. Lustvolle Schauer rannen durch seinen ganzen Körper, die fluffiges, weiches Moos um das futon herum sprießen ließen. Madara war zu gefangen in ihrem Treiben, als dass er es bemerken würde. Er krallte seine Hände in Hashiramas Hintern und führte jede seiner Bewegungen. Eine Ranke fand ihren Weg zwischen Madaras Beine, liebkoste ihn sanft und drang gar ein klein wenig in ihn ein.

Dies war der Moment, in dem Madara endgültig die Geduld verlor. Mit einem animalischen Knurren warf er Hashirama herum, sodass dieser mit einem Mal auf dem Rücken lag und Madara zwischen seinen Beinen kniete. Er stieß in ihn hinein, härter und schneller nun, da er anscheinend die Samthandschuhe abgelegt hatte.

Ihrer beider Atem ging schwer und sie stöhnten und keuchten. Madara krallte die Hände in die Laken und schien alles um sich herum vergessen zu haben. Sein Rhythmus war hart und schnell und durchaus etwas grob und das war es auch, was ihn nach nur wenigen Stößen über die Kante trieb. Hashirama hatte kaum Gelegenheit, den Anblick über sich zu bewundern, als Madara auch schon mit einem gutturalen Knurren in der Kehle kam. Sein ganzer Körper spannte sich an und er fletschte die Zähne. Hashirama hob die Hüften an, um den Winkel für sie beide so angenehm wie möglich zu machen.

Schwer atmend kniete Madara über Hashirama und neigte den Kopf herab, sodass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Hashirama langte nach oben und strich sein Haar zur Seite, das ihm noch wilder als ohnehin schon ins Gesicht hing, um seine Hand dann sanft auf Madaras Wange zu legen, auf der noch immer eine entzückende Röte lag.

»Ich liebe dich«, hauchte Hashirama. Ja. Ja, das war das passende Wort.

»Halt die Klappe, baka.« Madara brachte ihn wieder einmal mit einem Kuss zum Schweigen.

Aber noch immer war Hashirama nicht zum Zug gekommen, und seine bisher größtenteils ignorierte Erregung machte sich rasch bemerkbar. Er schlang die Beine um Madaras Hüfte, um ihn fest an sich zu ziehen und um jedes Bisschen Reibung zu erhaschen, dessen er habhaft werden konnte. Ein begieriges Wimmern entfloh sich seiner Kehle.

»Was ist jetzt mit dir?«, fragte Madara leise.

Eine Idee überkam Hashirama. Sanft fuhr er mit dem Daumen über Madaras Lippen. »Ich weiß was. Aber nur, wenn es für dich in Ordnung ist.« Tōka hatte es nicht gemocht, auch wenn er das natürlich nicht aussprach. Stattdessen schob er Madara an sich herab, bis diesem klar wurde, was er wollte. Madara zögerte einen Moment.

»Nur wenn du willst«, betonte Hashirama noch einmal.

Als Antwort warf Madara ihm einen herausfordernden Blick zu und packte ihn zwischen die Beine. Dann nahm er Hashirama in den Mund.

Hashirama drückte den Rücken durch und warf den Kopf in den Nacken. Er meinte, beinahe explodieren zu müssen. Es war so intensiv! Warum war es so intensiv? Er hatte es nicht so intensiv in Erinnerung. War es, weil das letzte Mal schon einige Jahre zurücklag? Er stöhnte und grub Fingernägel und Fersen in die Bettlaken.

Madara war zunächst merklich zögernd und wusste nicht so recht, wie er das anstellen sollte. Doch er lernte schnell, und Hashirama bemühte sich, ihm deutlich zu machen, was und wie er es mochte. Hashirama vergrub seine Finger in Madaras Haar, richtete sich in eine halb sitzende Position auf und sah zu ihm hinab. Madara erwiderte den Blick, das Sharingan noch immer aktiviert und mit den Lippen um seinen Penis.

Das war genug. »Ma … aahh!« Weiter kam Hashirama nicht, als sein Orgasmus ihn traf. Lust flutete durch seinen ganzen Körper und noch mehr Moos, Gras und Blumen sprossen im ganzen Zimmer. Erstaunlicherweise ließ Madara nicht von ihm ab und schluckte für sein erstes Mal beeindruckend viel.

Schwer atmend sank Hashirama zurück auf die Matratze. Er fühlte sich federleicht, als würde er schweben. Alles war einfach perfekt. Und dann, mit einem Mal, musste er lachen und weinen zugleich. Er schlug die Hände vors Gesicht.

»Was zum … ? Hashirama!«, rief Madara besorgt auf und war sogleich wieder auf einer Höhe mit Hashirama. »Was ist jetzt wieder bei dir kaputt?«

Sorge sprach aus seiner Stimme, und Hashirama konnte einfach nicht anders, als erneut die Hand nach ihm auszustrecken und seine Finger sanft über Madaras Wange fahren zu lassen. Madaras Augen waren wieder schwarz, Sorge sprach aus ihnen, und in seinem Gesicht stand deutlich geschrieben, was sie soeben getan hatten. Es war das schönste, was Hashirama jemals gesehen hatte.

»Alles gut«, versicherte Hashirama ihm und lachte leise in sich hinein. »Ich bin nur so glücklich, ich könnte platzen, so viele Emotionen hab ich in mir.«

Madara grummelte missmutig. »Jag mir noch einmal so einen Schrecken ein und es war das letzte, was du jemals tust.« Nach einer kurzen Pause fügte er an: »Und in Zukunft kein Mokuton mehr im Bett. Das ist … bizarr.«

Hashirama schmolle. »Meinethalben.« Hoffnungsvoll fügte er an: »Aber Sharingan geht in Ordnung? Bitte?«

Madaras selbstgefälliges Grinsen war Antwort genug.

Hinterher, als sie sich gereinigt hatten, kuschelten sie sich zusammen unter die Bettdecke. Hashirama war erstaunt, dass Madara überhaupt für so viele Zärtlichkeiten zu haben war, aber anscheinend kehrte Sex ganz neue Seiten an ihm heraus, und Hashirama war schlau genug, sich nicht zu beschweren. Mit einem glückseligen Lächeln schmiegte er sich an Madara und lauschte auf dessen Atem. Madara hatte die Nase in seinen Haaren vergraben und die Arme um ihn geschlungen.

Alles, einfach absolut alles, war so, wie es sein sollte.

»Wir sollten den daimyō stürzen«, sagte Madara irgendwann in die Stille ihrer trauten Zweisamkeit hinein.

»Vielleicht sollten wir das tun«, erwiderte Hashirama abwesend, ohne wirklich darauf zu achten, was sie da sagten.

»Zusammen könnten wir es schaffen.«

»Stimmt.«

»Dann müsstest du Mito nicht heiraten und ich hätte dich ganz für mich allein.«

»Korrekt. Aber das wird nicht passieren. Nicht wahr?«

»Ja …«

Hashirama strich Madara über die Wange und küsste sanft einen der vielsagenden Flecke auf seinem Hals. »Schlaf jetzt. Morgen ist ein wichtiger Tag.«

Morgen würden sie den Hokage wählen. Als er sich Madara in den formalen Roben vorstellte, die sie ersonnen hatten, war er beinahe schon wieder bereit für eine zweite Runde. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er ein.

In hanakotoba steht ein blühender Kaktus für sexuelle Lust. Madara hat also sprichwörtlich durch die Blume gesagt: "Let's fuck." Der Blowjob am Ende war ausgewürfelt, wie so ein richtiger PnP Spieler, weil ich mich nicht zwischen mehreren Szenarien entscheiden konnte *gnihihi* Der Smut hat mich gekillt, ey ... Deutsch ist einfach eine durch und durch unerotische Sprache. Und dann auch noch zwei Charaktere, die dieselben Pronomen verwenden *rip me* Im nächsten Kapitel wird gewählt, woohoo! (Oder auch nicht.)
Hokage
CN sexuelle Inhalte

Hashirama summte förmlich vor Energie. Dass er so energetisch war, war für diese Jahreszeit ungewöhnlich; normalerweise waren der Herbst und der Winter die Zeit, zu der er kaum aus dem Bett kam und den ganzen Tag schlafen könnte. Tobirama warf ihm vielsagende Blicke zu und hatte wahrscheinlich eine ungefähre Ahnung, mit was sich sein Bruder am Vorabend die Zeit vertrieben hatte, obwohl Hashirama die verräterischen Flecken auf seinem Hals mit einem Schal zu kaschieren versuchte.

Madara war so reserviert wie eh und je. Er wollte nicht über den gestrigen Abend reden und achtete penibel darauf, in der Öffentlichkeit Hashirama keinerlei offensichtliche Zuneigung zukommen zu lassen. Nicht einmal ein heimliches Berühren ihrer Finger ließ er geschehen. Und dennoch hatte er in dieser Nacht das erste Mal seit Izunas Tod ohne Alpträume schlafen können, und das war Hashirama Zeichen genug. Er hatte Hoffnungen, dass es mit Madara endlich wieder Bergauf ging. Und wenn sie heute Madara zum Hokage wählen würden, dann würde er seinen Schmerz sicher bald endgültig überwinden können. Er wünschte es Madara.

Madara hatte sich recht gelassen gezeigt, nachdem Hashirama ihm kurz nach seinem Gespräch mit Tobirama von der Planänderung erzählt hatte, den Hokage demokratisch zu wählen, statt ihn von einer Person bestimmen zu lassen. Hashirama hätte erwartet, dass er wieder einmal einen seiner Ausbrüche hätte, aber stattdessen hatte er sogar zugestimmt, als er den Grund dafür hörte. Zugegeben eine Überraschung. Aber Hashirama war zuversichtlich, dass auch die anderen Ratsmitglieder für Madara stimmen würden, von daher spielte es ohnehin keine Rolle.

Nun saßen sie wieder einmal am runden Tisch des Rates und Hashirama konnte den großen Moment kaum noch abwarten. Tobirama hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Wahlvorgang zu leiten.

»Sinn und Zweck der heutigen Versammlung ist es, den Hokage zu wählen«, sagte Tobirama kurz und knapp.

»Ich schlage Madara dafür vor«, sagte Hashirama bestimmt.

»Und ich stelle meinen Bruder, Hashirama, zur Wahl«, sagte Tobirama. »Noch irgendwelche Ergänzungen?« Die anderen schüttelten die Köpfe. »Gut. Wer stimmt für Madara?«

Hashirama, Madara und erstaunlicherweise auch Kimora hoben die Hände.

»Das war so nicht abgesprochen!«, keifte Naoki seine Frau an.

Diese grinste ihn an. »Siehst du. Genau so spielst du shōgi. Jetzt siehst du mal, wie das ist.«

Madaras Kiefer mahlten und er presste die Lippen aufeinander, doch er sagte nichts.

Tobirama ging nicht auf die beiden Alten ein. »Und wer stimmt für Hashirama?«, fuhr er fort und hob selbst die Hand. Auch Naoki, Shika, Chōkei und Inori schlossen sich seiner Wahl an. »Drei Stimmen für Madara und fünf für Hashirama, keine Enthaltungen. Das Ergebnis ist damit eindeutig. Anija, du bist jetzt Hokage.«

Kurz und schmerzlos und definitiv nicht das Ergebnis, mit dem Hashirama gerechnet hatte. Er brauchte einen Moment, um das soeben Geschehene zu verarbeiten. Wieso hatten sie nicht für Madara gestimmt? Er war doch die näherliegende Wahl!

Er blickte in die Runde und sah die Zustimmung in den Augen der anderen. Nur Madaras Miene blieb ausdruckslos, als er vor sich auf den Tisch starrte. Er hätte Hokage werden sollen. Aber das Dorf hatte anders entschieden. Nun denn. Dann war es eben so. Schlussendlich zählten nicht die Wünsche einer einzelnen Person, sondern das Wohl aller, darum ging es hier schließlich. Damit war es also an Hashirama, für dieses Wohl zu sorgen.

»Ich danke für dieses Vertrauen und akzeptiere das Ergebnis der Wahl«, sagte er.

Madara sah immer noch nicht zu ihm. Nichts verriet, was er in diesem Moment dachte.

Dankenswerterweise nahm es Tobirama auf sich, ihr weiteres Vorgehen zu organisieren. Die Hokage-Roben, die sie entworfen hatten, wollten geschneidert und die Amtseinführung und Hashiramas Vereidigung mussten geplant werden. Hashirama brachte die Überlegung an, dass er zu Gunsten seines kleinen Bruders als Anführer der Senju zurücktreten sollte, jetzt, wo er der Hokage war, aber Tobirama konnte ihm das erfolgreich wieder ausreden. Er war für seine Verhältnisse ein wenig übereifrig damit, was Hashirama insgeheim und mit einem leichten Schmunzeln vermuten ließ, dass persönliche Gründe dahinter standen und Tobirama sich noch nicht in der Position des Clananführers sehen wollte.

Die kommenden Tage hielten sie alle beschäftigt. Früher war es zu dieser Zeit des Jahres immer ruhig geworden in der Siedlung der Senju. Hashirama war es nicht gewohnt, dass er um seinen Winterschlaf gebracht wurde, aber es war irgendwie auch eine positive Veränderung. Es gab so viel zu tun.

Über die kommenden Abende verteilt arbeite er mit Tobirama an seiner Rede. Er entwarf einen seitenlangen Monolog, während Tobirama für ein paar kurze, aber prägnante Worte plädierte und am Ende trafen sie sich irgendwo in der Mitte. Außerdem erhielt er ein eigenes Büro im Hokage-Turm, was auf Tobirama zurückzuführen war. Hashirama hatte gemeint, dass sein bisheriges Arbeitszimmer bei ihnen zu Hause ebenso gut dafür geeignet wäre, aber Tobirama war von dieser Vorstellung nicht begeistert.

»Du als Hokage bist die zentrale Figur des ganzen Dorfes, nicht nur unseres Clans«, erinnerte Tobirama ihn. »Ich hab die Nase voll, dass ständig unsere Leute bei uns zu Hause aufkreuzen, wenn sie etwas von dir als den Anführer wollen. Da will ich mich nicht noch mit dem ganzen Rest des Dorfes und wem auch immer sonst noch herumschlagen müssen. Nein, dafür gibt es ab sofort eine bessere Anlaufstelle.«

Hashirama war es selbst gewesen, der die Aufgabenbereiche des Hokage definiert hatte. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass es auch tatsächlich seine Aufgabe werden würde, aber er fand sich damit ab, sich unfreiwillig eine Menge Papierarbeit aufgeladen zu haben.

Schon längst hatten sie es geschafft, die Shinobi aller in Konoha lebender Clans zu effektiver Zusammenarbeit zu bringen. Das System zur Klassifikation der Ninja und ihrer Fähigkeiten, das sich Tōka und Hikaku ersonnen hatten und das Tobirama verfeinert hatte, hatte sich etabliert und als bewährt erwiesen, als sie es über die letzten Monate hinweg hatten anwenden können. Nun war es an Hashirama, Missionen zuzuteilen und die Shinobi zu bestimmen, die diese ausführen würden.

»Zugegeben, eigentlich bin ich doch ganz froh, dass ich diesen langweiligen Kram nicht machen muss«, bemerkte Madara leichthin. »Den ganzen Tag hinter einem Schreibtisch zu sitzen, ist nicht mein Ding.«

Die offizielle Amtseinführung stand kurz bevor. Sie hatten sich zusammen mit Mito und Tobirama in Hashiramas neuem Büro eingefunden, das in einem der obersten Zimmer des Turms gelegen war. Eine breite Fensterfront bot einen wunderschönen Ausblick über Konoha. Ein wuchtiger Schreibtisch stand davor, auf dem sich bereits jetzt die Dokumente stapelten.

»Stimmt, du führst lieber deine Tänzchen auf«, bemerkte Mito mit einem leicht spitzen Tonfall.

»Tse, als ob eine Frau das würdigen könnte«, erwiderte Madara und reckte das Kinn.

»Madara«, mahnte Hashirama und warf ihm einen strengen Blick zu.

»Was denn? Sie hat angefangen«, beschwerte sich Madara.

»Und du hast angebissen«, stichelte Tobirama.

Hashirama verdrehte die Augen. »Könntet ihr bitte aufhören damit? Alle drei.«

Während Tobirama und Madara sich eisige Blicke zuwarfen, legte Mito das in shoji eingewickelte Päckchen auf den Tisch, das sie bei sich getragen hatte. Sie öffnete das Band und schlug das Papier zur Seite.

»Das kam gerade vom Schneider« sagte sie und enthüllt einen langen, roten Kimono und einen weißen haori. »Probier es an, Hashirama-kun. Oder muss ich jetzt Hokage-sama sagen?«

Hashirama griff nach dem Kimono und fühlte den Stoff unter den Fingern. Es war eine schlichte, aber feine Arbeit, nicht überladen und auf das Wesentliche fokussiert. Madara schnappte sich den Hut und setzte ihn Hashirama absichtlich schief auf den Kopf, sodass ihm der Stoff ins Gesicht hin. Mit einem Grummeln rückte sich Hashirama den Hut zurecht.

»Das sieht so albern aus!«, lachte Madara.

Auch wenn der Spott gegen ihn gerichtet war, musste Hashirama ebenfalls grinsen. »Nur gut, dass du das nicht tragen musst.«

»Mit dem ganzen Weiß siehst du aus, als würdest du zu einer Beerdigung gehen.«

»Weiß hat man früher getragen, das ist schon lange aus der Mode gekommen.«

»Sagt der Kerl, der so stur an Traditionen festhält und die Klamotten meiner Oma trägt.«

Tobirama gab einen unwilligen Laut von sich. »Könntet ihr bitte damit fertig werden? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit für euer Rumgealber.«

»Ja, ja«, wiegelte Hashirama ihn ab. »Geht schon einmal vor, ich komme gleich nach, wenn ich das hier angezogen hab.«

Mito und Tobirama gingen, doch Madara blieb. Hashirama sah ihn fragend an.

Madara blieb ihm eine Antwort auf die unausgesprochene Frage schuldig. »Na los. Oder willst du deine eigene Amtseinführung vertrödeln?«, sagte er stattdessen.

Statt dem nachzukommen, nahm Hashirama den Hut von seinem Kopf und setzte ihn Madara auf. »Das hätte dir gehören sollen.«

»Aber die Dinge sind nun einmal anders gekommen. Konoha ist nicht mehr nur unser Traum.«

Hashirama betrachtete Madara. Der Hut hielt mehr schlecht als Recht auf dessen wilder Mähne und wollte einfach nicht so wirklich passen. Mit einem Mal fragte sich Hashirama, ob das wirklich Madaras Wunsch gewesen wäre. Hashirama wurde Hokage, weil die Bewohner von Konoha ihm vertrauten. Er hätte gehofft, dass sie dasselbe Vertrauen auch in Madara setzen würden, er hätte es verdient.

Aber wie Madara gesagt hatte: Konoha war nicht mehr nur ihr Traum. Die Zeiten, als er mit seinem Freund allein auf dem Kliff saß und sie gemeinsam vor sich hin fabulierten, waren vorüber. Dieser Traum war Wirklichkeit geworden, jetzt war es an ihm, diese Wirklichkeit auch zu erhalten. Er hoffte, sich dieses Vertrauens als würdig erweisen zu können.

»Bleib an meiner Seite, ja?«, bat er. »Sie mögen dich nicht gewählt haben, aber das heißt nicht, dass ich dich nicht mehr brauche.«

Madara zog die Brauen zusammen. »Du brauchst niemanden, der Händchen mit dir hält.«

»Stimmt. Ich brauche dich. Madara, das ist eine Aufgabe, die zu groß ist für nur eine Person.«

Madara nahm sich den Hut vom Kopf. »Du hast Tobirama.«

»Tobirama ist zu sehr eingenommen von seiner selbstauferlegten Aufgabe als mein kleiner Bruder, mich schützen zu wollen. Du warst immer der Gegenpol dazu. Und daher brauche ich dich, euch alle.«

Madara wich seinem Blick aus, seine Gedanken blieben unergründlich. Hashirama hatte das unbestimmte Gefühl, dass irgendetwas passiert war und er wusste einfach nicht was. Wie ein Beben weit draußen auf dem Meer und nun rollte unaufhaltsam ein Tsunami auf ihn zu, den er erst sehen würde, wenn es zu spät war.

»Zieh das endlich an«, sagte Madara ausweichend.

Hashirama schüttelte das ungute Gefühl ab und kleidete sich das erste Mal in die neuen Roben. Madara stand schweigend daneben und beobachtete ihn.

»Na, wie sehe ich aus?«, wollte Hashirama wissen, als er fertig war.

Madara musterte ihn von oben bis unten.

»Ich wette, dir gefällt das, aber du willst es nur nicht zugeben und überlegst jetzt, für welchen spöttischen Kommentar du dich entscheiden sollst«, neckte Hashirama.

»Ich finde vor allem, dass etwas fehlt«, stellte Madara richtig. Mit diesen Worten sprang er auf Hashirama zu wie ein Tiger auf seine Beute und drängte ihn gegen den Tisch. Er fing seine Lippen in einem wilden Kuss ein und packte ihm gleichzeitig zwischen die Beine. Dann rieb er und selbst durch all die Stofflagen war es genug, um jeden anderen Gedanken wegzufegen. Hashirama stöhnte auf.

»Hier?«, keuchte er. »Jetzt?« Seit der Wahl hatten sie kaum Zeit füreinander gefunden, und schon gar nicht dafür. Jetzt, wo auch diese letzte Hürde überwunden war, konnte Hashirama sich endlich eingestehen, wie sehr er nach dieser Art von Intimität mit Madara gehungert hatte.

»Nein«, sagte Madara unnachgiebig, behielt aber seine Hand, wo sie war. »Durch den ganzen Stoff sehen sie doch eh nicht, wie hart du bist. Wegen mir. Wegen mir allein. Ich hab was anderes im Sinn.«

Er neigte ein wenig den Kopf und presste die Lippen auf Hashiramas Hals. Was als zarte Berührung von Lippen und Zunge begann, ging alsbald in nicht allzu sanfte Bisse über, die definitiv ihre Spuren hinterlassen würden. Hashirama versuchte mit wenig Erfolg, keine allzu verräterischen Geräusche von sich zu geben. Grundgütiger, hoffentlich kam Tobirama nicht zurück, um zu sehen, wo er blieb!

Schließlich ließ Madara doch von ihm ab und betrachtete Hashirama, der schwer atmend gegen den Tisch lehnte. Beinahe entschuldigend ließ Madara die Finger über den Bluterguss an Hashiramas Hals streichen, den er selbst soeben verursacht hatte.

»Du bist mein«, sagte er leise. »Nichts und niemand wird dich mir wegnehmen können.«

Madara hatte eine etwas eigenwillige Art ihm zu sagen, dass er ihn liebte, aber Hashirama hatte schon vor vielen Jahren akzeptiert, dass Madara nicht an normalen Maßstäben gemessen werden konnte. Das war es schließlich, was wiederum er so sehr an Madara liebte. Er richtete sich lächelnd wieder auf und legte eine Hand auf Madaras Wange. »Ich weiß. Und das wird auch nicht geschehen.«

Er zupfte sich den Kragen ein wenig zurecht, damit er die verräterischen Bissspuren überdeckte. Dann verließen sie Seite an Seite das Büro und Hashirama wurde an diesem Tag zum Shodai Hokage ernannt. Das wage Gefühl einer unerkannten Gefahr wurde er dennoch nicht los.

Sein erster Akt als Hokage war es, noch an diesem Tag die Sarutobi und die Shimura nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen im Dorf willkommen zu heißen und so gab es gleich zwei Dinge, die gefeiert werden konnten. Was für ein wildes Jahr es doch gewesen war, ging es Hashirama durch den Kopf. Früher hatte es kaum etwas gegeben, das des Feierns würdig gewesen war. Die meiste Zeit des Jahres hatten sie mit dem einen oder anderen Kampf zugebracht, während sie sich in den Wintermonaten zurückgezogen und ihre Wunden geleckt hatten.

Die Kämpfe, die sie stattdessen dieses Jahr ausgetragen hatten, konnte er an einer Hand abzählen und der Anblick ausgelassen feiernder Leute war keine Seltenheit mehr. Was noch hinzukam, waren die vielen Gesichter von Menschen anderer Clans, die sich alle zusammengefunden hatten, um die Vergangenheit ruhen zu lassen. Konoha gab ihnen den Rahmen, endlich miteinander Frieden zu schließen und alle Differenzen beizulegen.

Wie weit sie doch gekommen waren. Vor einem Jahr war all das noch nicht denkbar gewesen, vor einem Jahr noch ertranken die Clans in Strömen voller Blut. Doch hier war sie, die neue Welt, von der er mit Madara geträumt hatte. Die Vergangenheit war endlich überwunden. In diesem Moment wurde Hashirama klar, dass er das, was er nun in Händen halten durfte, mit allem beschützen würde, was er hatte. Er würde es nie wieder loslassen wollen.

Der Herbst neigte sich allmählich dem Ende entgegen und Hashirama fand sich langsam in das Amt ein, das er selbst erschaffen hatte. Tobirama, Madara und Mito standen ihm dabei helfend zur Seite, denn wie sich herausstellte, war Hashirama noch immer eine Katastrophe, wenn es um ordentliche Papierarbeit ging.

»Vielleicht hätte ich dem Amt mehr Privilegien geben sollen, um meine Vorstellungen der Wirklichkeit ein wenig anzupassen«, scherzte er, um sich sein wachsendes Grauen beim Anblick der Papierberge nicht anmerken zu lassen.

»Also alles wie immer«, grummelte Tobirama, während er ihm noch einen Stapel Dokumente auf den Schreibtisch ablud und einen leider kleineren Stapel an bereits bearbeiteten Dokumenten nahm, um sie in den Aktenschrank einzusortieren.

»Zum Glück habe ich euch!«, rief Hashirama aus. »Hier wäre schon längst alles im Chaos versunken, wenn nicht.«

Madara warf das Papierflugzeug, das er bis jetzt gefaltet hatte. Es traf Hashirama an der Stirn und stürzte ab. Als Hashirama es auseinander faltete, prangte ihm eine künstlerisch fragwürdige Zeichnung zweier Strichmännchen entgegen, die in recht eindeutige und vor allem frivole Aktivitäten verwickelt waren. Hastig knüllte er das Papier wieder zusammen und ließ es unter dem Tisch verschwinden.

Madara saß noch immer auf dem Fensterbrett mit einem Bein angewinkelt und der Wange auf der Hand abgestützt. Er grinste, als er die leichte Röte in Hashiramas Gesicht sah.

Die Momente, in denen Madara vor körperlichen Berührungen zurückschreckte, waren selten geworden, jedenfalls wenn es Hashirama betraf. Jeden anderen Menschen ließ er immer noch nicht nahe genug an sich heran. Was intimere Dinge anbelangte, so erforderten sie noch immer Überwindung, aber Madara war stur und war schon immer mit dem Kopf durch die Wand gerannt. Außerdem zog er diebische Freude daraus, die Morgende danach zu beobachten, wie Hashirama sich ungemütlich wand, weil er auf seinem schmerzenden Hintern kaum sitzen konnte.

Hashirama fand seltener Zeit dafür, als ihm lieb war, und er konnte bei weitem nicht so viele Nächte bei Madara verbringen, wie er gern hätte. Zuletzt hatte sich Madara daher spät abends noch heimlich in Hashiramas Schlafzimmer geschlichen, sehr zu Tobiramas Missfallen. Hashirama hatte da natürlich nichts dagegen einzuwenden. Er war froh, dass Madaras Wunden endlich zu heilen begannen und er ihm dabei helfen konnten.

Und zugegeben, der Sex, den sie hatten, war großartig, selbst ohne den Einsatz von Mokuton.

»Der Hagoromo-Clan ist nach Norden gezogen, ins Land der Erde«, sagte Mito, während sie durch einige Berichte blätterte. »Scheint so, als hätten sie sich der Allianz angeschlossen, die sich dort bildet. Iwagakure nennen sie sich und ihren Anführer, Kamizuru Ishikawa, haben sie Tsuchikage getauft. Deine Idee wird populär, Hashirama-kun.«

»Du meinst unsere«, korrigierte Hashirama. Die Leute vergaßen gern einmal, dass auch Madara einer der Gründer Konohas war, was Hashirama ganz und gar nicht schmeckte.

»Hervorragend«, sagte Madara in einem spottenden Tonfall. »Das heißt, wir werfen das Geld nicht nur einem anderen Clan in den Rachen, sondern gleich einem anderen Land.«

»Ich bleibe trotzdem dabei«, erwiderte Hashirama. »Es ist allemal besser als die Alternative und wir sind mittlerweile in der Lage, diese Option in Betracht zu ziehen.«

»Krieg zwischen zwei Dörfern ist nichts weiter als das, was wir hinter uns lassen wollten. Nur in einem wesentlich größeren Maßstab«, fügte Tobirama an.

»Hmpf. Meinethalben«, grummelte Madara.

»Das Prinzip von einem Ninja-Dorf in jedem Land wird populär«, fuhr Mito fort. »Mein Vater hat die Idee schon längst aufgegriffen und will in unserer Heimat Uzushiogakure etablieren. Und auch andere Nationen scheinen das aufgreifen zu wollen.«

Hashirama strahlte. Das waren wunderbare Neuigkeiten! »Keine Ahnung, wie es dir geht, Madara-chan, aber vor einem Jahr hätte ich nichts von alledem für möglich gehalten und als Kind hätte ich mir niemals träumen lassen, dass unsere Idee so große Wellen schlagen würde. Und jetzt das! Ist das nicht großartig!«

»Es wäre großartiger, wenn du endlich aufhören würdest, mich so zu nennen«, schoss Madara zurück.

»Außerdem wäre jetzt endlich ein guter Zeitpunkt, das Datum für die Verlobung festzulegen«, sagte Mito. Sie sagte es so nüchtern, als würde sie nach einem geschäftlichen Termin fragen. »Wie klingt der erste Dezember? Der daimyō hat euch bis zum Ende des Jahres Zeit gegeben, seine Bedienungen zu erfüllen, da sollte noch genügend Zeit übrig sein. Und dann ist auch endlich das vom Tisch.«

»Du hast die Macht über meinen Terminkalender an dich gerissen, von daher musst du mir sagen, ob an dem Tag nicht schon etwas anderes geplant ist«, erwiderte Hashirama.

»Nein. Und die Hochzeit verlegen wir bitte auf den Frühling. Ich habe keine Lust, mich bei der Zeremonie zu Tode zu frieren«, fügte Mito an.

»Dann machen wir das so.«

Und damit war es also endgültig beschlossene Sache. Hashirama hatte diese Heirat mehr als zehn Jahre vor sich her geschoben. Er hatte erwartet, dass es sich irgendwie anders anfühlen würde. Irgendwie … größer. Stattdessen beschlich ihn nur erneut das Gefühl einer drohenden Gefahr, die sich zusammenbraute wie ein Gewitter in der Ferne. Warum nur war das so?

Tobirama sah zwischen Mito, Hashirama und Madara hin und her, sagte jedoch nichts. Stattdessen griff er in seine Hosentasche und zog ein Stück Stoff hervor. Als er es vor Hashirama auf den Tisch legte, stellte es sich als ein Stirnband mit einer aufgebrachten Metallplatte heraus. In das Metall war ein Symbol eingebracht.

»Was ist das?«, wollte Hashirama wissen.

»Ein Entwurf«, sagte Tobirama. »Stirnbänder werden von vielen Clans schon lange als Zeichen ihrer Zugehörigkeit getragen, aber Konoha ist nicht mehr nur ein Clan. Also habe ich das entworfen als Zeichen aller Shinobi in diesem Dorf für ihre Zugehörigkeit zu Konohagakure.«

»Die Idee gefällt mir«, sagte Hashirama. »Lasst uns das so machen.«

Er lächelte, als er erst zu Mito, dann Tobirama und schließlich Madara blickte. Ein Traum war Wirklichkeit geworden und er war phantastischer, als er es sich jemals hätte ausmalen können. Tobirama und Madara waren an seiner Seite, die zwei Menschen, die ihm am meisten bedeuteten, und auch Mito war ihm eine gute Freundin geworden, die er nicht mehr missen wollte. Konoha erblühte und wuchs und erstreckte seine Wurzeln immer weiter und tiefer. Vielleicht würde die Welt ja in der Tat Frieden finden können.

Vielleicht sind die Dinge ja doch nicht so rosig, wie Hashirama das gern hätte. Die nächsten drei kapitel sind POV Madara.
Bleib
Ihr kennt die herzzereißende Szene in Interstellar, wo Cooper geht und Murph ihn anfleht, zu bleiben? Das ist der Soundtrack für dieses Kapitel.

Wenn es um Sex ging, war Madara sehr besitzergreifend. Ihm bereitete weniger der Akt an sich Lust, sondern viel mehr, seine Spuren auf Hashirama zu hinterlassen. Dem gehässigen Teil in ihm gefiel es außerdem, es in unmittelbarer Nähe zu Tobirama zu tun. Ein gewisser Reiz lag in dem Gedanken zu wissen, dass der weißhaarige Bastard im Nachbarzimmer wachlag und sich bewusst war, dass in diesem Moment ausgerechnet Madara seinen Bruder fickte. Und dass er nichts dagegen unternehmen konnte.

Hinterher betrachtete Madara sein Werk ausgiebig. Die Abdrücke seiner Finger prangten auf Hashiramas Hüften und den Innenseiten seiner Schenkel, ebenso Spuren seiner Zähne und Blutergüsse zierten seinen Hals. Natürlich hatte Madara auch für lange Kratzspuren auf Hashiramas Rücken gesorgt. Hashirama tat ihm den Gefallen, nichts davon auf der Stelle zu heilen, sondern behielt Madaras Spuren meist bis zum nächsten Tag.

Madara wäre es lieber, wenn Hashirama diese Spuren nicht mehr verstecken würde. Alle Welt sollte sehen, wem die Loyalität des Hokage wirklich galt: Uchiha Madara und sonst niemandem. Und schon gar nicht diesem verfluchten Dorf. Sie würden ihm Hashirama nicht wegnehmen.

»Hokage-sama«, raunte er Hashirama ins Ohr.

Hashirama seufzte und sah mit halb geschlossenen Augen zu Madara auf. »So, wie du das sagst, bekomme ich glatt Lust auf eine zweite Runde.«

Es bestand kein Zweifel daran, dass er dazu auch in der Lage wäre. Hashiramas Ausdauer im Bett war beeindruckend. Aber nein, nicht heute.

Madara ließ es zu, dass er als lebendes Kissen herhielt. Hashirama war so unfassbar bedürftig nach körperlicher Nähe, dass es einfach unmöglich war, ihm auf kurz oder lang zu widerstehen. Dass sein Körper so viel Wärme ausstrahlte, half zugegebener Maßen auch dabei, es für Madara erträglicher zu machen. Madara schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest.

Seine Nächte waren nicht mehr ausschließlich erfüllt von den Schrecken seiner Vergangenheit. Er sah nicht mehr jede Nacht Izuna sterben. Manchmal konnte er sogar durchschlafen und fand etwas Erholung. Das war neu und nicht völlig unwillkommen. Den Frieden in der Nacht hatte er stattdessen gegen die stillen Schrecken des Tages getauscht.

Egal, wie sehr er Hashirama festhielt, wie tief er seine Spuren in dessen sonnengebräunte Haut grub, Hashirama entglitt ihm mehr und mehr. Jeden Tag sah er es ein bisschen deutlicher. Er wollte Hashirama für sich allein, aber Hashirama war nicht sein allein. Vielleicht war er es nie gewesen.

Madara lag noch lange wach und fragte sich, wann der Zeitpunkt gewesen war, an dem der Traum, den sie einmal gehegt hatten, gescheitert war. War es in dem Moment, als Mito auf den Plan getreten war? Oder, früher noch, Izunas Tod? Gar der Moment, als Hashirama Tajima getötet hatte?

Er hatte gehofft, dass es würde funktionieren können, aber ein Traum blieb eben ein Traum. Die Wirklichkeit sah anders aus.

Am nächsten Tag stand die Eröffnung der Akademie an. Wie es der Zufall wollte, war es auch Madaras Geburtstag. Er hatte Hashirama unter Androhung von Mord und Totschlag verboten, großes Gewese darum zu machen, aber Hashirama wäre nicht er, wenn er sich davon aufhalten lassen würde. Wenigstens sein eigener Clan wusste es besser und ließ Madara in Ruhe. Ein Tag wie jeder andere auch.

Auch wenn er sich eingestehen musste, dass es ihm gefiel, von einigen aufreizenden Gesten geweckt zu werden. Er stellte sicher, besonders vernehmlich zu stöhnen. Sein Lohn bestand in dem Umstand, dass beim Frühstück Tobirama sehr auffällig seinem Blick auswich. Er grinste und Tobirama blickte schleunigst in eine andere Richtung.

»Heute ist die Eröffnung der Akademie«, sagte Hashirama.

»Hmhm«, machte Madara.

»Und es ist dein Geburtstag.«

»Ein ganz normaler Tag.«

»Du wolltest eigentlich nicht, dass ich dir was schenke, aber …«

»Hashirama …«, warnte Madara.

»Du könntest die Akademie als mein Geschenk an dich ansehen«, sagte Hashirama mit dem besten Unschuldsblick, zu dem er fähig war. Leider war er sehr gut darin. »Und vielleicht hab ich ein paar Sachen zu deinem Haus bringen lassen.«

»Hashirama!«, keifte Madara. »Meine Worte waren eindeutig! Da gab es nichts zu fehlinterpretieren!«

Tobirama leerte seinen Tee und schenkte sich statt des Tees Sake nach.

»Du lebst seit beinahe einem Jahr in einem vollkommen leeren Haus ohne jegliche persönliche Note. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gemütlich ist. Da dachte ich …«

»Du …!«, setzte Madara an, unterbrach sich jedoch. Alles Reden half ja doch nichts bei diesem Holzkopf. Kurzerhand sprang er auf und stürmte zu seinem eigenen Haus. Wie Hashirama angedroht hatte, hatte jemand eine kleine Kiste vor seiner Haustür abgestellt. Und Bonsai. Natürlich Bonsai.

Für einen Moment stand Madara einfach nur da und starrte auf die Kiste und die Pflanzen herab. Er überlegte, alles einfach zu verbrennen, aber dann trug er es doch hinein.

Hashirama hatte Recht, sein Haus war leer, und auch wenn es sein Haus war, so sah er es doch noch nicht einmal als sein Zuhause an. Dafür fehlte etwas. Etwas, das für immer von ihm genommen worden war.

Madara fühlte sich leer, bar jeglicher Emotionen, als er die Kiste auspackte. Hashirama hatte zu jedem Gegenstand einen kleinen Zettel geschrieben, auf dem er erklärte, warum dieses oder jenes ihn an Madara denken ließ. Darunter waren eine flauschige Decke, »weil ich, so gern ich auch würde, nicht den ganzen Tag deine Decke sein kann« und einige Weihrauchstäbchen, »weil sie nach einem Lagerfeuer im tiefen Wald riechen und das das Ergebnis ist, wenn man Feuer und Holz zusammentut« und vielerlei andere kleine Dinge, die vielleicht romantisch wären, hätte Madara einen Sinn für so etwas.

Er sollte Hashiramas Bemühen mehr würdigen, dachte Madara bei sich, und dass er so dachte, verstimmte ihn nur noch mehr. Hashirama hatte kein Recht, sich so in sein Leben hinein zu winden. Und doch hatte er es getan. Und doch hatte es Madara zugelassen.

Die Eröffnung der Akademie stand an, und als Mitbegründer des Dorfes erwarteten die Leute von ihm, dass er zugegen war. Seine reine Anwesenheit hatte zu genügen. Er erhob sich und ging zur Akademie. Dass sie ihre Pläne für die Akademie und auch das Krankenhaus früher hatten verwirklichen können als ursprünglich gedacht, war der Mithilfe der ganzen anderen Clans zu verdanken, die mittlerweile Teil des Dorfes geworden waren.

Hashirama erwartete ihn bereits in seinen Hokage-Roben. Madara hatte sich immer noch nicht entscheiden können, ob er sie attraktiv oder albern fand. War es möglich, dass beides zugleich zutraf? Passten diese beiden Aspekte überhaupt zusammen?

Seine Überlegungen wurden unterbrochen, als er Tobirama und Mito ausmachte. Mito, die mittlerweile Hashiramas Verlobte war, ganz offiziell die Frau an seiner Seite. Während Madara … was eigentlich war? Er war es, dem Hashirama in so manch einer Nacht ins Ohr säuselte, dass er ihn liebte. Aber dennoch dachten die allermeisten im Dorf noch immer, dass sie nur Freunde seien. Wahrscheinlich waren Tobirama und Mito die einzigen, die zumindest einen Teil der Wahrheit kannten.

Madara konnte Hashiramas Aufregung förmlich spüren. Dabei war nicht er es, der Geschenke bekommen hatte. »Danke«, sagte Madara daher leise, als er neben ihn trat. Etwas widerwillig fügte er an: »Die Decke ist flauschig.«

Hashirama strahlte wie ein Leuchtfeuer. »Das freut mich sehr.«

Mittlerweile hatte sich eine erwartungsvolle Menge an Dorfbewohnern versammelt, vor allem Eltern der Kinder, die heute eingeschult werden würden, und deren Angehörige. Insgesamt hatten sie zwei Klassen bilden können, für die jüngeren Kinder und die etwas älteren. Die, die bereits Krieg gesehen hatten …

Die Akademie war vielleicht Hashiramas Idee gewesen, aber die Verwirklichung hatte größtenteils Tobirama in die Wege geleitet. Wenn Madara sich die beiden so ansah, dann erschien es ihm immer noch fraglich, wie sie Brüder sein konnten. Hashirama hatte sich eine hübsche Rede einfallen lassen, und weil er so gern redete, uferte es natürlich aus. Madara hörte ihm nur mit halben Ohr zu und versuchte, die erdrückende Präsenz so vieler Menschen auf einem Haufen irgendwie zu ertragen.

Den Rest der Eröffnung übernahm Tobirama. Immerhin war er es gewesen, der auf der Basis von Tōkas und Hikakus Listen die Shinobi ausgewählt hatte, die er als Lehrer geeignet ansah, und der die ganzen Lehrpläne erstellt hatte. Madara hatte für so etwas keinen Nerv und Hashirama hing wie immer mit dem Kopf in den Wolken. Es war nur recht und billig, solche lästigen Aufgaben auf den weißhaarigen Bastard abzuwälzen.

Die Kinder wurden ihren neuen Lehrern vorgestellt. Madara hatte gehofft, damit endlich erlöst zu sein, aber dem war leider nicht so. Im Anschluss kamen die Kinder zu ihnen und bedankten sich bei ihnen, indem sie erst Hashirama eine Blume überreichten und dann Madara.

»Wenn das deine Idee war, weil zufällig heute auch mein Geburtstag ist, dann …!«, zischte er Hashirama zu. Dieser lächelte jedoch nur unschuldig, während er einem Mädchen den Kopf tätschelte.

Madara gab sich Mühe, nicht allzu düster drein zu blicken, und rang sich sogar ein Lächeln ab. Die Kinder gaben sich ihm gegenüber reservierter und zurückhaltender, als sie es bei Hashirama taten, aber das war er ja gewohnt. Es nagte dennoch an ihm, da unter ihnen auch einige Kinder seines eigenen Clans waren. Die Uchiha-Kinder zeigten sich dafür auch besonders eifrig, als sie vor ihn traten.

»Wir hoffen, dass wir Euch nicht enttäuschen werden, Uchiha-sama!«, sagte ein Junge, als er Madara seine Blume gab. Er war alt genug, um das Schlachtfeld bereits gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatte er sogar getötet und vielleicht waren einige der älteren Kinder anderer Clans, die nun seine Klassenkameraden waren, einst gar seine Feinde gewesen.

»Das werdet ihr nicht«, versicherte Madara ihm. »Vergesst nur nie euren starken Willen und gebt stets euer Bestes. Ihr seid immerhin Uchiha.«

Er bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Hashirama ihn warm anlächelte. Als Antwort gab er ihm einen finsteren Blick. Es war wichtig, dass die Kinder seines Clans bei all den weichgespülten Senju um sie herum nicht vergaßen, wer sie waren!

Als sie beide je einen Arm voll Blumen erhalten hatten, war Madara endlich erlöst. Er wartete einen günstigen Moment ab und verzog sich dann. Endlich wieder atmen können.

Wie so oft zog es ihn in den geheimen Raum des Naka Schreins. Allein hier fand er die Ruhe, die er zum Nachdenken brauchte. Allein hier kam die Kakophonie seiner Gedanken zur Ruhe.

Dieser Tage war es schwer für ihn, noch den Überblick zu behalten. Wer er war, was er wollte … Die Steintafel hielt die Antwort auf diese Fragen und nachdem er sie ein Jahrzehnt lang studiert hatte, hatte er langsam das Gefühl, auch ihre letzten Geheimnisse entschlüsselt zu haben.

Die Dunkelheit der Kammer umfing ihn wie ein samtener Umhang. Er hüllte sich in sie ein, um die grausame Realität auszublenden. Das einzige Licht kam von zwei Feuerschalen, in denen mit leisem Knacken die Flammen tanzten.

Das Sharingan sah viel und Izunas Augen sahen mehr, doch sie sahen nicht alles. Die Tafel sprach von zwei gegensätzlichen Kräften, so viel hatte er in den vergangenen Jahren bereits entziffern können. Yin und Yang, die Kräfte eines Gottes, geteilt, doch zusammen brachten sie Stabilität. Madara war sich mittlerweile sicher, dass dies in zweierlei Weise gemeint werden konnte. Entweder arbeiteten diese Kräfte zusammen oder man vereinte sie wieder zu einem. Das war eine Möglichkeit, so viel wusste er, doch was dann passieren würde, hatte er noch nicht entschlüsseln können. Irgendetwas mit dem Mond …

Er musste der Tafel all ihre Geheimnisse entreißen. Vielleicht mochten ihn die Ältesten zurecht besessen nennen, aber ihm war es egal. Die Rettung der Uchiha hing davon ab. Die beiden Alten besaßen nicht seine Augen, sie konnten das nicht lesen. Aber das spielte auch eigentlich keine Rolle.

Ein Traum blieb immer nur ein Traum. Für eine Weile hatte er sich erlaubt zu träumen, um der schmerzlichen Realität zu entfliehen, in der Izuna nicht mehr bei ihm weilte. Für eine Weile hatte er glauben wollen, dass es funktionieren konnte. Doch Hashirama war zu idealistisch und gleichzeitig fürchtete er sich vor dem, was getan werden musste. Krieg hatte sie geformt, er würde doch nicht ernsthaft glauben, dass sich ihre Vergangenheit ausradieren ließ, indem er die Welt mit Samthandschuhen anfasste und in eine neue Richtung stupste.

Hashirama träumte noch immer von einer Welt, die es nicht geben konnte. Einer Welt, in der der Platz der Uchiha zudem fraglich war. Die Wahl hatte Madara nur bestätigt, was er schon länger vermutet hatte. Niemand wollte ihn. Hashirama, dieser hoffnungslose Optimist, war der einzige, der sich an ihn klammerte. Und was Tobirama betraf, Madara war sich nur allzu bewusst, was der weißhaarige Bastard von den Uchiha dachte. Er sah die Mordlust in dessen roten Augen.

Zugegeben, manchmal erlaubte sich auch Madara noch zu träumen. Davon, wie er Tobirama ein Kunai durchs Herz trieb und ihn denselben Schmerz spüren ließ, den er Madara zugefügt hatte, als er Izuna abgeschlachtet hatte. Es musste ein Kunai sein, kein Schwert oder gar eine Lanze. Er wollte nahe heran, damit das letzte, was Tobirama in seinem Leben sah, Izunas Augen waren. Er sollte begreifen, warum er sterben musste. Ein Leben für ein Leben. Das war der Weg.

In dem Moment, in dem Hashirama zum Hokage gewählt worden war, war sich Madara eines bewusst geworden: Dies bedeutete das Ende seines Clans. Hashirama mochte Madara noch so oft ins Ohr säuseln, dass er ihn liebte, doch am Ende blieb der Fakt bestehen, dass er sich schlussendlich doch auf die Seite seines Bruders stellen würde.

Bis er die Steintafel vollends entschlüsselt hatte, musste er einen anderen Weg finden, seinen Clan zu schützen. Izunas letzter Wille, das war alles, was jetzt noch zählte. Er hatte es versucht, er hatte alles in seiner Macht stehende getan, um gemeinsam mit Hashirama eine Zukunft aufzubauen. Er hatte ihrem Experiment eine Chance gegeben und er hatte es scheitern sehen. Jetzt musste er andere Wege einschlagen, auch wenn das hieß, sich gegen Hashiramas Willen zu stemmen. Aber so war es doch immer gewesen, sie hatten schon immer ihre Kräfte gegeneinander gemessen.

Er erhob sich. Keine neuen Erkenntnisse, doch zumindest endlich wieder eine klare Richtung, die er einschlagen konnte. Und dieses Mal würde ihn sein Weg nach Iwagakure führen. Hashirama würde das nicht schmecken, aber das spielte keine Rolle. Izunas Wille war wichtiger als Madaras kleine Liebelei mit Hashirama.

Er ging freiwillig zu den beiden Alten, denn er hatte etwas Wichtiges mit ihnen zu besprechen. Aber nun gut, dieses eine Mal würde er sich dazu herablassen. Es war wie mit dem Steine springen lassen: Nur mit genügend Entschlossenheit würde er es hinüberschaffen. Da war das nur ein kleines persönliches Opfer.

Zumindest redete er sich das ein, als er mit verbissenem Gesicht an die Tür der Alten klopfte. Naoki öffnete ihm missmutig wie eh und je.

»Was willst du hier?«, fragte er. »Es ist spät, und um die Uhrzeit will ich dein Chakra nicht mehr in meiner Nähe wissen.«

»Ich muss mit euch reden«, sagte Madara geradeheraus.

Naoki musterte ihn. »Ich kenne diesen Blick. Du hast schon wieder den ganzen Tag die Steintafel angestarrt und die Zeit darüber vergessen. Aber stell dir vor, es gibt noch Leute mit Verstand und einem funktionierenden Zeitgefühl. Geh jetzt. Morgen können wir reden.«

Er wollte die Tür wieder schließen, doch Madara hielt ihn auf. Er packte die Tür und weil Naoki erfolgreich seine Geduld bis aufs Äußerste strapaziert hatte, nahm er Chakra zur Hilfe. Die Tür überlebte das nicht und gab splitternd nach.

»Wir reden. Jetzt«, sagte Madara betont ruhig und verlieh seinen Worten mit dem Mangekyō Nachdruck.

Naoki starrte auf die Holzsplitter zu seinen Füßen. »Es ist Winter!«, protestierte er.

»Nicht mein Problem.« Madara schob sich an ihm vorbei in das Haus. Er zog die Nase kraus. Dass alte Menschen immer so müffeln mussten.

»Fein«, grummelte Naoki. »Dann lass es uns schnell hinter uns bringen. Kimora! Wir haben Besuch!«

»Ist ja nicht zu übersehen!«, rief sie aus einer anderen Ecke des Hauses zurück.

Sie ließen sich an einem Tisch nieder, an dem bereits Kimora kniete. Keiner der Alten hatte den Anstand, Madara auch nur Tee anzubieten.

»Ich habe etwas zu erledigen«, begann Madara. »Dafür werde ich bald eine Weile fort sein. Ich will, dass ihr den Clan in der Zwischenzeit in Sicherheit bringt.«

Naoki sah ihn durchdringend an. »Was soll das heißen? Du willst doch nicht etwa einen Kampf provozieren?«

»Nein. Ich will nur eine Sache klarstellen.« Dafür würde er in der Tat einen Kampf provozieren, das stimmte. Aber er hatte keine Lust auf diese Diskussion, also verschwieg Madara dieses Detail. »Dennoch sind die Uchiha hier nicht mehr sicher, der Einfluss der Senju wird zu groß. Und ich muss leider auch sagen, dass ihr mit eurer Wahl dazu beigetragen habt.«

»Du bist doch nicht ernsthaft beleidigt, weil du nicht Hokage geworden bist«, sagte Kimora.

»Solch kindische Eifersüchteleien sind lächerlich«, schoss Madara zurück. »Aber euch ist ebenso wie mir klar, wer Hashiramas Nachfolger wird, und das bin ganz bestimmt nicht ich. Ihr wisst, was der weißhaarige Bastard im Krieg getan hatte.«

Ein Augendieb war Tobirama gewesen. Er hatte gefallenen Uchiha die Augen geraubt, um sie zu untersuchen. Madaras Versuch, ihm dafür seine Augen zu nehmen, hatte damals leider nicht funktioniert. Zumindest ein paar hübsche Narben als Andenken hatte er ihm verpassen können.

»Sonderbar, dass ich immer noch mehr Vertrauen in Senju Tobirama setzen würde als in dich«, bemerkte Naoki.

Zornig schlug Madara auf den Tisch und spaltete ihn. Sein Chakra kochte. Er hätte es besser wissen müssen! Aber Hikaku war mittlerweile mehr ein Senju als ein Uchiha, eine Schande für seinen Clan. An ihn konnte er sich erst recht nicht wenden.

»Schluss damit!«, rief er aus. »Hier geht es nicht um lächerliche Meinungsverschiedenheiten, sondern allein um den Clan. Wir müssen uns von den Senju und am besten noch von dem ganzen Dorf distanzieren. Nur so können wir die Uchiha schützen. Oder seid ihr mittlerweile so fett und bequem geworden, dass euch das egal geworden ist?«

Daraufhin sagten die beiden Alten eine ganze Weile nichts. »Schlussendlich hast du dich kein bisschen verändert«, sagte Kimora irgendwann. »Du redest davon, unseren Clan schützen zu wollen, aber gleichzeitig legst du es darauf an, dich gegen das ganze Dorf zu stellen. Worin soll das enden?«

»Wenn es das ist, was ich tun muss, dann werde ich auch diesen Schritt gehen«, sagte Madara bestimmt. »Aber so weit muss es nicht kommen, wenn ihr tut, was ich sage.«

»Und wenn nicht? Was, wenn wir entscheiden, dass du es bist, von dem wir uns distanzieren müssen, um den Clan zu schützen? Schon einmal hast du das Leben unserer Leute rücksichtslos aufs Spiel gesetzt und am Ende hatte dich Hashirama besiegt.«

»Das wird nicht noch einmal vorkommen«, sagte Madara mit der Ruhe der Gewissheit.

Naoki verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun gut. Keine Ahnung, was du vorhast, aber wir können dich ohnehin nicht aufhalten. Mach, was du nicht lassen kannst.«

»Und ihr tut, was ich euch sage und verliert vor allem kein Wort darüber. Am Ende des Tages bin immer noch ich der Anführer der Uchiha.« Mit diesen Worten erhob er sich und wandte sich zum gehen.

»Und was ist mit dem Tisch? Und der Haustür?«, rief Kimora ihm hinterher.

»Geht bei Hashirama betteln, den mögt ihr doch so«, giftete Madara und machte sich auf den Weg zu seinem Haus.

Wenn man vom Teufel sprach. Madara wollte gerade seine Haustür öffnen, als er hinter sich Schritte im Schnee knirschen hörte. Er wusste sofort, wer es war.

»Nicht heute, Hashirama«, sagte er leise, ohne sich umzudrehen.

Hashirama wäre nicht er, wenn er sich davon aufhalten lassen würde. »Ist etwas geschehen, Madara-chan? Tobirama meinte, er hatte dein Chakra gespürt, daher bin ich gekommen.«

»Die Alten brauchen eine neue Tür, das ist alles. Kümmere dich darum. Ich will jetzt allein sein.«

Statt auf seine Worte zu hören, trat Hashirama zu ihm, sodass Madara gezwungen war, ihn anzusehen. »Es tut dir nicht gut, wenn du allein bist. Besonders in der Nacht. Das weißt du.«

»Hashirama …«

Hashirama legte ihm eine Hand auf die Wange und sah ihn mit seinen sanften, warmen Augen an. Er brauchte kein Sharingan, um Madara mit diesem Blick gefangen zu halten. »Ich will dir helfen. Das weißt du, oder? Bitte lass mich dir helfen.«

Aber was, wenn Madara keine Hilfe wollte? So grausam seine Träume auch sein mochten, sie waren die einzige Möglichkeit, Izuna noch einmal zu sehen. Was wäre, wenn er nicht einmal mehr das hatte? Träume …

»Madara, was ist?«

Er schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. »Nichts, nur eine Idee. Aber das ist nicht wichtig. Komm rein, es ist kalt hier draußen.«

Am Ende bekam Hashirama ja doch immer seinen Willen. Madara ließ es zu, dass Hashirama ihm einen Becher mit Tee in die Hand drückte, ihn in die weiche Decke wickelte, und sich dann zu ihm kuschelte. Gemeinsam beobachteten sie das Feuer im Kamin. Im Haus war es kalt und still und nicht einmal Hashiramas Präsenz änderte etwas daran.

»Ich strebe eine Allianz mit den anderen Ninja-Dörfern an«, sagte Hashirama irgendwann einmal in die Stille hinein. »Ich habe bereits Boten zu ihnen entsandt und warte nun auf ihre Antwort. Den daimyō haben wir ebenfalls ausgezahlt und ebenso die Hagoromo. Dem Frieden steht nichts mehr im Weg.«

»Was macht dich da so sicher?«, fragte Madara. »Was, wenn die anderen Länder nicht an einer Allianz interessiert sind? Was, wenn sich nun statt einzelnen Clans ganze Dörfer bekriegen? Die Folgen wären verheerend.«

»Weil ich Vertrauen habe, Madara. In jedem von uns steckt etwas Gutes, und daran glaube ich. Auch du bist ein herzensguter Mensch, das hast du mir mehr als nur einmal bewiesen.«

»So? Bin ich das?«

Hashirama interpretierte seine Worte anscheinend falsch, denn er zog Madara an sich und umarmte ihn fest. »Natürlich bist du das. Eines Tages werden das auch die letzten erkannt haben. Glaube niemals etwas anderes. Es ist bedauernswert, dass sie nicht genug Vertrauen in dich gesetzt haben, um dich zum Hokage zu wählen, denn ich bin sicher, dass du ihnen dann alle von deinen guten Seiten hättest überzeugen können.«

»Hashirama, lass gut sein«, sagte Madara leise. »Sieh der Wahrheit ins Gesicht. Man gewinnt nicht die Anerkennung aller, weil man Hokage wird, sondern es ist umgekehrt. Man wird Hokage, weil alle ihn anerkennen. Für mich hatte es eben nicht sein sollen.«

»Ich hätte es mir nur für dich gewünscht. Du verdienst Anerkennung für das, was du bist.«

Mit einem Mal war selbst Hashiramas Anwesenheit zu viel. Seine Präsenz drückte ihn nieder, nahm ihm die Luft zum Atmen. Madara schob ihn von sich und befreite sich aus seiner Umarmung. Wenigstens das schien Hashirama zu verstehen und ließ ihn los. Besorgt sah er zu Madara.

Madara fasste einen Entschluss.

»Ich werde für eine Weile fortgehen«, sagte er.

Hashirama sah ihn fragend an. »Aber warum? Wohin?«

»Ich werde fortgehen und ich bitte dich, mir nicht zu folgen. Wenn dir wirklich etwas an mir liegt, dann hör mir wenigstens dieses eine Mal zu und lass mich ziehen.«

Atemlos starrte Hashirama ihn an. Das Feuer warf tanzende Schatten auf sein Gesicht und zeichnete es scharf vor dem ansonsten dunklen Raum ab. Wie damals, als sie sich auf dem Schlachtfeld begegnet waren, als Hashirama noch mit ihm getanzt hatte. Irgendwie war damals alles einfacher gewesen.

»Warum?«, wiederholte Hashirama leise. Er streckte die Hand nach Madara aus, ließ sie dann jedoch wieder sinken.

»Du wirst es sehen. Ich werde wieder kommen, und dann wirst du es sehen.« Und wenn nicht …

Hashirama schien jetzt jedenfalls noch nicht zu verstehen. »Wann wirst du wiederkommen? Madara, bitte. Bleib. Lass mich sehen, was du siehst. Lass mich an dem teilhaben, was du vorhast.«

Madara sah ihn kalt an. »Du bist ein Senju. Du siehst die Welt nicht, wie ich sie sehe. Daher muss ich es dir auf eine Art zeigen, die du verstehen kannst. Ich habe es versucht, wirklich. Das musst du mir glauben, Hashirama. Aber jetzt muss ich gehen.«

Die Trauer in Hashiramas Augen war echt, keine seiner albernen Episoden. Madara hasste es, dass Hashirama es damit doch tatsächlich schaffte, seinen Entschluss zum Wanken zu bringen. Das sollte er nicht! Izunas letzter Wille war wichtiger.

»Nein. Bleib, bitte«, wiederholte Hashirama stur. »Das ist doch unser Dorf, deines und meines. Kehre dem nicht den Rücken zu. Du hast hier ein Zuhause, eine Familie.«

Madara wandte den Blick ab und beobachtete das flackernde Feuer. Izunas letzter Wille war wichtiger, sagte er sich. Und dennoch lag ihm auch etwas an Hashirama, er wollte ihm nicht wehtun. Er tat es trotzdem. »Die Wahrheit ist, dass dieses Dorf nichts wert ist, wenn niemand darin wohnt, der mir etwas bedeutet. Ohne das ist es nur eine beliebige Ansammlung von Gebäuden. Wir hatten diesen Traum, weil wir unsere Brüder hatten schützen wollen. Aber in dieser Welt habe ich niemanden mehr, der mir etwas bedeutet. Außer dir. Aber nicht einmal dich kann ich für mich haben.«

»Ich … verstehe nicht«, wisperte Hashirama. »Ich bin doch hier, direkt neben dir. Wie kannst du so etwas sagen?«

»Und weil du nicht verstehst, muss ich es dir zeigen«, sagte Madara beinahe zärtlich über die Kluft hinweg, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte. »Ich muss dir die Augen öffnen, damit du siehst, was ich sehe.«

»Bleib. Bitte.«

»Hashirama, betteln macht dich hässlich. Ich werde gehen, denn das ist der einzige Weg, den ich jetzt noch sehe. Und du weißt doch, ich habe gute Augen.«

Hashirama sah ihn zutiefst verletzt an, als ihm wohl aufging, dass nicht einmal er die Macht besaß, Madara jetzt noch von seinem Weg abzubringen. Er sagte nichts mehr.

Wenige Tage später verließ Madara das Dorf.

Madara, honey, YT Akademie tut dir nicht gut. Hör nicht auf die Schwurbler da ... Im nächsten Kapitel stattet er Iwagakure einen sightseeing Besuch ab. Die Iwa nin sind nicht so happy darüber.
Lass uns tanzen!
CN Gewalt gegen Menschen, Tod, Gore

Madara blickte auf Iwagakure hinab. So viele Doton-Anwender zu haben, hatte anscheinend seine Vorteile, das Dorf hatte in wesentlich kürzerer Zeit errichtet werden können als Konoha. Nicht, dass es jetzt noch eine Rolle spielen würde.

Das Land war karg und felsig und Iwagakure fügte sich perfekt ein. Turmartige Gebäude ragten auf den Felszinnen auf, die untereinander durch lange Hängebrücken verbunden waren. Hohe Felswände schützten das Dorf zu allen Seiten.

Nicht gut genug für Madara. Er hatte die Wachen im Schutze der Dunkelheit spielend leicht töten können und stand nun am Rand des Dorfes, das sich unter ihm im Talkessel erstreckte. Dass sie ihn immer noch nicht bemerkt hatten, war beinahe eine Beleidigung, weshalb er sein Chakra aufflammen ließ, während er mit dem Sharingan die Häuser betrachtete. Er suchte nach einigen ganz bestimmten Chakra-Signaturen, von denen er wusste, dass sie hier waren. Hagoromo.

Da!

Mittlerweile hatte das Dorf nun doch seine Anwesenheit bemerkt und anscheinend auch, dass seine Absichten nicht unbedingt friedfertig waren. Er holte das Stirnband aus seiner Kleidung, das er bisher bei sich getragen hatte, und band es sich um. Dieses eine Mal würde er es tragen. Was hatte Tobirama gesagt? Ein Zeichen seiner Zugehörigkeit zu Konoha? Es würde sein Argument unterstreichen. Dann griff er nach Sense und Gunbai und stürzte sich auf die Hagoromo. Noch im Sprung formte er eine Reihe von Handzeichen.

»Katon: Gōkakyū no Jutsu!«

Die Nacht wurde von seinem Feuer erhellt, als er einem Drachen gleich auf seine Feinde niederstieß. Leute schrien und ein Shinobi schaffte es, ihm ein halbherziges Suiton entgegenzuhalten, das in Madaras Feuer sofort verdampfte. Mit einem beiläufigen Rückhandschlag seiner Sense köpfte er den Mann.

Er hatte kein Interesse daran, das ganze Dorf auszulöschen. Er könnte, wenn er es wollen würde, und mit Hashirama an seiner Seite hätte es noch mehr Spaß gemacht. Aber nein, das war nicht sein Ziel. Die Hagoromo allein waren es. Und um der Welt zu zeigen, wie die Dinge ab sofort liefen. Keine Samthandschuhe mehr, er war schließlich nicht Hashirama.

Steinhäuser brannten nicht, aber alles, was sich darin befand, und Madaras Feuer war heiß genug, um selbst Felsen zum Glühen zu bringen. Er trieb die Hagoromo aus ihren Häusern, um sie sich dann einen nach dem anderen vorzunehmen. Dabei scherte er sich nicht darum, wer ihm vor die Klinge kam, Hauptsache es war ein Hagoromo.

Die Gegenwehr fiel unbefriedigend aus. Die Hagoromo und andere Shinobi des Dorfes hatten in so kurzer Zeit keine ordentliche Verteidigung aufstellen können, und Madara hatte keine Probleme damit, ihre Reihen vollständig zu zerstören. Er fuhr unter sie wie ein feuriger Wirbelwind. Oftmals machte er sich nicht einmal die Umstände, sein Chakra zu bemühen, sondern beschränkte sich auf Taijutsu und Kenjutsu.

Sein Sharingan ermöglichte es ihm zu tanzen wie kein anderer, eine Bewegung fließender und schneller als die andere. Von einem Shinobi zum anderen sprang er, jeder Schlag ein tödlicher Treffer. Einem entriss er das Kunai, dann warf er es seinem Kameraden ins Gesicht. Jemand warf eine Haftbombe nach ihm. Er schnappte sie sich im Flug und heftete sie dem ersten Mann an. Dann stieß er ihn in eine Gruppe von Shinobi, während er sich schon auf den nächsten stürzte. Dieser schlug mit einem Katana nach ihm, doch Madara zertrümmerte ihm beide Handgelenke, entriss ihm das Katana und rammte es ihm durch die Brust. Mit einem Tritt trieb er es seinem Gegner bis zum Heft durch das Fleisch und stieß ihn gegen den Mann hinter ihm. Die Klinge fuhr auch ihm mitten ins Herz und tötete beide. Die Explosion der Haftbombe erschütterte den Boden.

Ein besonders talentierter Taijutsu-Anwender schaffte es, nahe genug an Madara heranzukommen, um einige glückliche Schläge gegen ihn auszuführen. Er blockte sie alle. Dies nutzte ein weiterer Shinobi, um ein Raiton gegen ihn auszuführen und einen Blitz in Madaras Richtung zu schleudern. Madara hob sein Gunbai.

»Uchihagaeshi!«

Der Blitz wurde vollständig absorbiert. Der große Fächer wandelte das Chakra um und dann fegte Madara seine Feinde von sich. Die Straße, in der sie gekämpft hatten, war mit einem Male leer und sein Konterangriff war mächtig genug, um die Häuser in unmittelbarer Nähe erheblich zu beschädigen. Wände bröckelten, einige stürzten ein. Menschen stolperten übereinander und wurden umhergewirbelt wie Puppen in einem reißenden Strom. Sie schrien, als viele Knochenbrüche erlitten und manch einer von Häusertrümmern erschlagen wurde.

»Ist das alles, was ihr mir entgegenzusetzen habt?«, verlangte Madara zu wissen. »Ein paar lausige Kunai und billige Taschenspielertricks? Ich bin enttäuscht. Meine Tänzchen mit Hashirama waren wesentlich unterhaltsamer.«

Ein junger Mann mit bemerkenswerter Ähnlichkeit zu Hagoromo Daisuke rappelte sich schwer atmend auf. Er schwankte, aber er stand, als er inmitten all der Trümmer Madara die Stirn bot. Blut lief ihm über das Gesicht, doch er ließ sich davon nicht beirren.

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte der Junge. »Warum greift Ihr uns an, Madara-sama? Wir sind quitt!«

»Ach? Das sehe ich anders«, informierte Madara ihn. »Die Hagoromo haben sich als Augendiebe herausgestellt und besitzen dann auch noch die Frechheit, etwas von uns zu verlangen, als sie damit nicht davongekommen sind. Nein, mein kleiner Freund, so läuft das nicht.«

Der Junge bleckte die Zähne. »Ihr habt meinen Vater abgeschlachtet! Das alte Bündnis zwischen unseren Clans war in dem Moment Geschichte, als Ihr Euch mit den Senju zusammengetan hattet. Ich hätte das akzeptieren können, ich hätte sogar akzeptieren können, dass Ihr Wiedergutmachung verlangt für das, was mein Vater getan hatte. Aber ich kann und werde nicht akzeptieren, wie Ihr ihn habt krepieren lassen, entwürdigt und ohne einen Funken Ehre!«

Madara stellte lässig die Sense neben sich ab und schulterte sein Gunbai. »Und jetzt? Jetzt lässt du zu, dass ich mich nicht nur mit deinem Vater begnüge, sondern deinen ganzen Clan niedermetzle? Denn dafür bin ich gekommen. Wäre Hashirama nicht, wäre das schon längst geschehen. Aber er ist ja viel zu weich, um das zu tun, was getan werden muss. Du weißt ja, Feuer und Blut.«

»Mū-sama, jetzt!«

Plötzlich war da ein Chakra, das Madara bisher noch nicht bemerkt hatte. Das verwunderte ihn, doch sein Erstaunen hielt nur kurz an. Auf dem Dach eines der Häuser, die noch standen, war ein in Bandagen gehüllter Shinobi erschienen, der in rascher Folge drei Fingerzeichen formte und dann die Hände ausstreckte. Ein helles Licht formte sich in seinen Händen, das er direkt auf Madara richtete.

»Kekkei tōta«, stellte Madara fest, als er gleich drei Naturenergien auf einmal erkannte. Und dann, als ihn die Erkenntnis traf, was er da sah: »Jinton!«

In Sekundenschnelle rief er sein Mangekyō und Susanoo flammte auf. Nur der Brustkorb und ein Arm, er ging nicht davon aus, dass er die großen Geschütze auffahren musste. Mū schoss sein Jinton ab, dem er die Form eines Zylinders gegeben hatte. Susanoo hob den Arm und blockte den Angriff ab. Und dann passierte etwas ganz und gar Unerwartetes.

Der Jinton-Angriff riss Susanoo den Arm ab.

Madara lachte in sich hinein, als das Jinton neben ihn in den Felsen einschlug und diesen zu Staub zermahlte. »Oh. Jetzt können wir tanzen.«

Ein kleiner Junge mit buschigen Augenbrauen und einer ulkigen Knollennase sprang an Mūs Seite. »Was soll das? Warum greift Konoha uns an?«, rief er Madara zu. Der Stimme nach zu urteilen war er es, der zuvor Mū angekündigt hatte.

Mū streckte die Hand aus, um den Jungen zurückzuhalten. »Ōnoki, bleib zurück. Das ist kein Gegner für dich«, sagte er ruhig.

Dieser Ōnoki sah das anscheinend anders, denn er sprang von dem Dach und an die Seite des Hagoromo Jungen. Wie war noch mal dessen Name? Aber eigentlich war es Madara auch egal. Wenn er hier fertig war, würde es den Hagoromo Clan nicht mehr geben. Er richtete sein Gunbai auf Ōnoki.

»Hör gut zu, du dummer kleiner Junge«, warnte er ihn. »Mit dir habe ich nichts zu schaffen, aber wenn du mir im Weg stehst, werde ich nicht zögern, auch dich auszulöschen. Mich interessieren nur die Hagoromo, sonst niemand.«

»Ich bin weder dumm, noch ein Junge!«, brüllte Ōnoki ihm entgegen. »Ich werde nicht zulassen, dass irgendwer unser Dorf zerstört, denn wir in Iwagakure haben einen Willen aus Stein!«

»Fein, dann lass uns eben tanzen!« Madara formte ein Handzeichen. Die Spielchen waren vorüber. »Katon: Gōka Mekkyaku!«

Eine gigantische Feuerwand wälzte sich durch die Reste des Straßenzuges und verschlang alles, was sich ihr in den Weg stellte. Sie flutete über Madaras Gegner hinweg und spülte sie gnadenlos hinfort. Ganze Straßenzüge wurden von den Flammen verschlungen, nichts als Rauch und Asche blieb übrig.

Als sich die Flammen legten, bot sich Madara ein vertrauter Anblick der Zerstörung. Inmitten der Trümmer erhob sich jedoch ein Felsblock, der die letzten Reste der Hagoromo emporgehoben hatte, um sie aus den Flammen herauszuholen. Über ihnen schwebte Ōnoki, der sie mit seinem Doton gerettet hatte.

Diesen Moment nutzte Mū für einen weiteren Jinton Angriff. Statt ihn abzuwehren, wich Madara ihm aus. Er rannte auf den Felsblock zu und erklomm ihn. Ōnoki flog heran und bewarf ihn mit Felsen, doch Susanoo hatte mittlerweile wieder einen Arm ausgebildet und fing sie alle ab, um sie zu Staub zu zermalmen. Mū konnte hier nicht mit seinem Jinton angreifen, da er auch die Hagoromo in Gefahr bringen würde.

In dem Moment, in dem Madara die Oberseite des Felsblocks erreichte, fiel er über die letzten Hagoromo her, um sie endgültig auszulöschen. Sie hatten keine Chance gegen ihn. Es dauerte nur Augenblicke, dann war ein alter Clan nur noch Geschichte. Am Ende blieb nur noch Daisukes Junge übrig.

Madara hatte seinen Schädel gepackt und bohrte ihm nun die Daumen in die Augen. Der Junge schrie und schrie und schrie und verstummte schlagartig, als sein Schädel mit einem feuchten Geräusch und einem Knirschen platzte. Madara starrte auf die Leiche nieder, die mit blutigen Augenhöhlen zum nächtlichen Himmel starrte. Irgendwie ein unbefriedigendes Gefühl. Das waren keine Gegner für ihn.

»Jinton: Genkai Hakuri no Jutsu

Statt Mūs Angriff erneut auszuweichen, schoss Madara voran und tauchte darunter hinweg. Schneller als normale Augen es würden sehen können, war er an seinem Gegner heran und verpasste ihm einen chakraverstärkten Schlag. Mū wurde davongeschleudert und durch mehrere Hauswände geschmettert.

»Sensei!«, rief Ōnoki entsetzt aus. Doch dann wandte er seinen Blick Madara zu und stieß einen wilden Angriffssschrei aus, als er sich mit erhobener Faust auf ihn stürzte. Susanoo fischte ihn spielend aus der Luft und warf ihn mit Wucht in die Richtung Mūs. Beide blieben sie reglos liegen.

Madara sprang zu ihnen und positionierte sich auf den Trümmern des Hauses, durch das er seine Gegner zuletzt geschmettert hatte. Sie atmeten noch, das sah er, aber ihr Chakra war schwach. Der Kampf hier war ebenfalls zu Ende.

»Wie langweilig«, murmelte er.

Ōnoki regte sich. Seine Finger streckten sich langsam nach einem etwa faustgroßen Stein aus und umfingen ihn. Er biss die Zähne zusammen. Dann richtete er sich auf und sah Madara herausfordern an.

Dieser verschränkte die Arme und bohrte den Blick seines Mangekyō durch Ōnokis Schädel. »So, dann willst du also immer noch tanzen? Dabei hast du einfach nicht, was es dafür bedarf. Du stehst viel zu weit unter mir.«

»Warum?« Ōnoki keuchte und hatte offensichtlich Schmerzen, aber dennoch klang seine Stimme fest. »Warum tut Ihr das? Wir haben doch eine Allianz mit Konoha. Hashirama-dono sagte …«

»Hashirama!«, fauchte Madara. Was erlaubte sich dieses mickrige Balg eigentlich! »Erwähne nie wieder diesen Namen in meiner Gegenwart! Es gibt kein Bündnis. Von nun an werdet ihr euch der Macht Konohas beugen.«

Ōnoki atmete schwer. Dann holte er aus und … warf den Stein. Er warf diesen mickrigen Stein auf Madaras Susanoo! Klappernd fiel er zu Boden, ohne etwas anzurichten.

»Pff, wie lächerlich«, sagte Madara mit einem abfälligen Blick. »Ich beende das hier und jetzt.«

Er begann Fingerzeichen zu formen. Mū regte sich.

»Katon: Gōka Messhitsu!«

Ein alles verschlingender Feuerstrom ergoss sich über seine Gegner. Madara sah eine Silhouette davon springen, doch als er das Häufchen Asche vor sich sah, kümmerte er sich nicht weiter darum. Die Chakrasignaturen von Mū und Ōnoki entfernten sich, doch sie waren schwach. Madara scherte sich nicht weiter darum. Seine Arbeit hier war getan, so unbefriedigend sie auch gewesen war.

Die Hagoromo waren ausgelöscht und seine Botschaft war überbracht worden. Kein Bündnis, nur Unterwerfung. Das war der Weg, den diese Welt fortan gehen würde. Das würde ihm hoffentlich die Zeit geben, die Steintafel vollständig zu entziffern und ihm den Schlüssel zur endgültigen Rettung der Uchiha geben.

Das Dorf war in heller Aufregung. Mū und Ōnoki waren die Vorhut gewesen, nun kam die Kavallerie. Zeit für Madara zu verschwinden. Einen Clan vom Angesicht dieser Erde zu löschen, genügte ihm.

Oder zumindest genügte es, um seinen Standpunkt zu untermalen. Befriedigend war dieser Kampf nicht gewesen, kein Gegner war dabei gewesen, der ihn wirklich herausgefordert hatte. Nicht so wie Hashirama.

Madara musste feststellen, dass er die Zeit ihrer ernsthaften Duelle doch tatsächlich vermisste. Ohne den Nervenkitzel der Gefahr war ein Tanz einfach kein wahrer Tanz. Wie Essen ohne jegliche Gewürze, notwendig aber ohne jeden Reiz. Kurzum: einfach langweilig.

Er sah einen älteren Shinobi durch die Nacht fliegen und hörte ihn Befehle brüllen, während die Shinobi sich am Boden sammelten, um endlich eine geordnete Gegenwehr zu erstellen. Doch der Tsuchikage sollte zu spät kommen. Madara entschwand in die Finsternis der Nacht.

Während er den Rückweg nach Konoha antrat, überlegte er, ob er das Dorf im Alleingang hätte besiegen können. Nicht dass dies sein Ziel war, er wollte die Shinobi aller Länder nicht auslöschen, bis nur noch Konoha übrig blieb. Sinnvoller wäre es, wenn sich alle der Macht Konohas unterwerfen und ihren Befehlen allein folgen würden. Das würde fürwahr alle Streitigkeiten effektiv ausradieren. Keine kleinlichen Machtspielchen mehr. Iwagakure anzugreifen und die Hagoromo auszulöschen, sollte genau eine Botschaft übermitteln: Sie alle hatten die Wahl, in dieser neuen Welt unter der Herrschaft Konohas zu leben, oder gefangen in ihren alten Anschauungen ausradiert zu werden.

Er kam zu der Erkenntnis, dass er Iwagakure wahrscheinlich hätte vernichten können. Womöglich hätte er dafür sogar Susanoos vollständige Form rufen müssen. Abhängig davon, ob der Tsuchikage ebenfalls so starke Techniken beherrschte wie Mūs Jinton, wäre es vielleicht sogar eine Herausforderung geworden, die seiner würdig war; Mū selbst schien am Ende ja doch recht schnell die Puste ausgegangen zu sein.

Aber es wäre schlussendlich doch nicht dasselbe gewesen wie seine Duelle mit Hashirama.

Was würde es brauchen, um Hashirama zu besiegen, sinnierte er. In ihrem letzten, alles entscheidenden Duell hatte er Susanoo in seiner vollständigen Form gerufen, doch selbst das hatte Hashirama niederreißen können, ohne sein Senjutsu anzuwenden. Warum er das vermieden hatte, war Madara immer noch nicht klar, aber so war es nun einmal. Das hieß also, dass er irgendwas brauchte, um sein Susanoo noch stärker zu machen. Die Steintafel hatte davon gesprochen, dass das Mangekyō stark genug sei, um ein Bijū zu kontrollieren. Ob das reichen würde?

Dann hielt er inne. Überlegte er wirklich, wie er Hashirama besiegen konnte? War es wirklich das, was ihn im tiefsten Inneren bewegte?

Ja. Das war es.

Wenn er ganz ehrlich zu sich war, dann war genau das sein Bestreben. Fast ihr ganzes Leben lang hatten sie ihre Kräfte aneinander gemessen. Wenn Madara stärker geworden war, war auch Hashirama mit einer neuen Technik auf dem Schlachtfeld erschienen und so hatten ihre Duelle schlussendlich immer größere Maßstäbe angenommen, bis sie am Ende ganze Landstriche dem Erdboden gleichgemacht hatten. Schlussendlich hatte sich Hashirama dennoch als stärker erwiesen. Vielleicht war er es ja auch schon immer gewesen.

Madara konnte das nicht auf sich sitzen lassen. Wenn er Hashirama nicht für sich allein haben konnte, so wollte er sich doch wenigstens die Genugtuung gönnen, schlussendlich doch zu obsiegen.

Nein. Nein, vielmehr wollte er Hashirama zurückerobern. Hatte sich nicht das Dorf als stärker erwiesen, als es ihm Hashirama weggenommen hatte? War das nicht eine noch viel erniedrigendere Niederlage? Keine, die mit Waffen ausgefochten worden war, sondern mit Worten. Vielleicht hätte er sich nicht gegen Iwagakure sondern Konohagakure wenden sollen.

Aber Halt, Izunas Wille. Er musste Izunas Willen erfüllen.

Er knurrte frustriert. In seinem Kopf war schon wieder solch ein Chaos, dass er Schwierigkeiten hatte, in geraden Bahnen zu denken. Was wollte er denn nun? Eine perfekte Welt wollte er. Doch noch fehlten ihm die letzten Puzzleteile dafür. Er musste sie entschlüsseln, sie standen auf der Steintafel geschrieben. Der letzte Schritt zu seinem wahren Traum.

Auch wenn die Rückreise nach Konoha mehrere Tage dauerte und damit Madara genügend Zeit zum Nachdenken gab, half es ihm doch kaum, seine wirren Gedanken zu ordnen. Eine perfekte Welt, das war es, was es brauchte. Aber wie sollte er das erreichen? Was musste er tun? Alle Welt der Macht Konohas unterwerfen? Oder Konoha vernichten, um Hashirama zurückzuerlangen? Und wie sollte er Izunas Willen ausführen? Wie konnte er selbst Izuna wiederbekommen? War alles zusammen überhaupt möglich?

Es brauchte die Macht eines Gottes. Zwei Hälften eines ganzen, wieder zu einem zusammengefügt. Aber wie?

Er war so tief in seine Gedanken vertieft, dass er erst spät Hashiramas Chakra bemerkte. Ungewöhnlich für ihn, denn so mächtig, wie es aufflammte, war es unübersehbar. Selbst Shinobi, die keine Sensor waren, mussten es bemerken können. Und das konnte nur eines bedeuten: Hashirama wurde angegriffen.

Madara zögerte keinen Moment lang und sprang voran. Wer griff Hashirama an? Wer würde es wagen, shinobi no kami herauszufordern? Und warum?

Bald schon bot sich ihm der vertraute Anblick eines Schlachtfeldes. Ein bemerkenswert großer Teil der Landschaft war zerstört worden, Bäume entwurzelt und der Boden zu tiefen Kratern aufgerissen. Mokuton-Holz wand sich umher, grub sich durch das Erdreich und gestaltete das Landschaftsbild vollständig um, als es selbst Felsen spielend leicht zertrümmerte.

Der Kampf fand in sicherer Entfernung zum Dorf statt, ansonsten wäre von diesem wohl mittlerweile nicht mehr viel übrig. Madara nahm dennoch die vertrauten Chakra-Signaturen der Shinobi Konohas wahr. Sie standen bereit, doch niemand wagte es sich zu nähern. Die Gefahr, im Kreuzfeuer zermalmt zu werden, war zu groß.

Und noch ein Chakra spürte Madara, wenn auch ungewöhnlich schwach. Tobirama. Er fand ihn am Rand des Schlachtfelds an einen Baum gelehnt. Madara brauchte keine medizinischen Kenntnisse, um zu erkennen, dass es den weißhaarigen Bastard übel zugerichtet hatte. Er regte sich, als Madara sich ihm näherte.

»Verdammtes Arschloch!«, begrüßte Tobirama ihn.

Wenn er noch pöbeln konnte, dann konnte es ja nicht allzu schlimm um ihn stehen. Madara gönnte sich einen Moment, um den Anblick vor sich zu genießen. Das Rot von Tobiramas Blut bildete einen wunderschönen Kontrast im Schnee. Bedauerlich, dass er es nicht gewesen war, der dafür verantwortlich war.

»Was geht hier vor sich?«, verlangte er zu wissen.

»Irgendein Irrer aus Takigakure«, brachte Tobirama hervor. »Nennt sich Kakuzu. Hat den Auftrag, Hashirama zu töten.«

Madara war geneigt zu sagen, dass so etwas ein Selbstmordauftrag war, aber dann sah er auf Tobirama hinab. Nur wenige waren in der Lage, so etwas mit ihm anzustellen. Also wohl doch kein normaler Gegner.

Tobirama konnte sich um sich selbst kümmern. Madara ließ ihn liegen, wo er war, und stürzte sich in den Kampf.

Inmitten des Urwaldes, den Hashirama herbeigerufen hatte, stand sein Holzgolem und kämpfte gegen einen einzigen Gegner. Madara rief sein Mangekyō herbei, doch selbst damit war er sich nicht sicher, was er da eigentlich sah. Es war ein Mensch … glaubte er jedenfalls. Wenn Menschen aus Drahtseilen bestanden und drei Herzen besaßen, die alle ein Eigenleben zu führen schienen.

Während er noch das Chakra seines Gegners analysierte, bahnte er sich einen Weg durch den Urwald. Er besaß Erfahrung darin, Hashiramas Holz auszuweichen und zudem war er nicht das Ziel. Für jeden anderen mochte das Kreuzfeuer lebensgefährlich sein, aber er kam rasch bis zum Golem und erklomm ihn. Hashirama stand auf der Stirn seines Golems und starrte verbissen auf seinen Gegner hinab.

»Madara!«, rief er aus, als ebenjener neben ihn trat.

»Hm, hübsche Aussicht hier oben«, bemerkte Madara. »Für alles gibt es anscheinend ein erstes Mal.«

Unter ihnen grub sich der Holzdrache durch den Urwald. Kakuzu führte einen konzentrierten Schlag gegen den Kopf der Kreatur und fügte ihr beachtlichen Schaden zu. Der Golem versuchte das zu nutzen und führte einen Tritt gegen den Gegner aus, dem dieser jedoch ausweichen konnte.

»Er ist schnell«, stellte Madara fest. Dann wandte er sich Hashirama zu. »Und du siehst auch nicht mehr ganz frisch aus.«

Hashirama grinste ihn an. »Sag mir etwas, das ich noch nicht weiß.« Er deutete auf seinen Gegner. »Fast so zäh wie du. Mit diesen Fäden kann er jede Wunde fast sofort wieder schließen. Und siehst du diese Masken, die auf seinen Körper aufgenäht sind? Darin bewahrt er verschiedene Herzen auf, die ihm die Möglichkeit geben, alle Chakranaturen zu manipulieren. Zwei habe ich schon zerstören können, die für Wasser und Blitz, aber anscheinend muss man ihn fünfmal töten, bis er auch endlich tot bleibt.«

»Na du hast dir ja schöne Freunde angelacht, während ich weg war«, spöttelte Madara und machte sich kampfbereit.

»Lenk ihn mit Susanoo ab!«, rief Hashirama ihm zu, als er davon sprang. »Ich versuche derweil etwas anderes!«

Vielleicht würde das ja ein Tanz, der ein wenig Spaß machte. Er rief Susanoos vollständige Form herbei. In einem gewaltigen Ausbruch flammte sein Chakra auf und formte den riesigen, blau schimmernden Avatar eines gerüsteten Kriegers, ebenso gewaltig wie Hashiramas Golem. In seine Stirn war ein Juwel eingelassen, das Madara umschloss und ihn damit auf Augenhöhe mit Hashirama brachte. Dieser blickte zu ihm hinüber.

»Es ist schön, Seite an Seite mit dir zu kämpfen!«, rief er Madara zu. Dann sammelte er sein Senjutsu.

Unter ihnen wirkte Kakuzu noch immer ungewöhnlich gelassen. »Na, jetzt wird‘s interessant.«

Susanoo zog sein Schwert. Hashirama formte ein Handzeichen. »Senpō: Myōjinmon!«

Damit rief er ein rotes torii herbei und ließ es auf Kakuzu niedersausen. Er war zu schnell, als dass dieser seltsame Shinobi dem ausweichen konnte, und nagelte ihn damit am Boden fest. Im selben Augenblick lösten sich jedoch zwei seiner Masken von ihm und konnten so der Versiegelung durch das Tor entkommen. Susanoo sprang nach vorn und schlug mit dem Schwert nach ihnen, doch diese verflixten kleinen Dinger waren schnell. Stattdessen grub das Schwer eine tiefe Kluft in das Erdreich.

Losgelöst vom Körper schienen die Masken ein Eigenleben zu entwickeln. Sie formten entfernt menschliche Wesen, die komplett aus sich windenden Schatten zu bestehen schienen. Erneut schlug Susanoo nach ihnen und erneut konnten sie ausweichen.

»Gib Acht, Madara!«, rief Hashirama ihm zu. »Die Landschaft wurde schon genug beschädigt.«

»Halt die Klappe, baka!«, fauchte Madara. »Da geht doch noch mehr bei dir, das sehe ich.«

»Nicht, dass ich das zulassen würde, da wäre ich ja schön blöd«, informierte Kakuzu sie. »Passt nur gut auf.«

Madara wollte schon einen spottenden Kommentar loslassen, als er sah, wie die beiden Maskenwesen miteinander verschmolzen und Chakra zu formen begannen. Es waren Feuer- und Wind-Chakren. Auch Hashirama hatte erkannt, was vor sich ging, und reagierte mit einem besonders gewaltigen Ausbruch seines Holzes, um die Masken an dem zu hindern, was sie vorhatten. Im selben Moment warf Madaras Susanoo eine Kette von Yasaka Magatama.

Die Masken schossen ihren Angriff ab. Ein gewaltiger, vom Wind verstärkter Feuerball explodierte direkt auf dem torii. Das Mokuton traf die beiden Maskenwesen und dann wurde alles von Susanoos Angriff zerfetzt.

Die Erde bebte, als sie von den Explosionen erschüttert wurde. Trümmer von Holz und Fels wurden aufgewirbelt und regneten krachend wieder zur Erde. Als der Rauch sich zu legen begann, sahen sie das Ergebnis ihres Angriffes.

Kakuzu hatte mit seinen Maskenwesen auf das torii gezielt und dessen Struktur mit einer gewaltigen Explosion geschwächt. Anscheinend besaß er auch eine Fähigkeit, mit der er Teile seines Körpers hart wie Stein werden lassen konnte, und so hatte er sich gleichzeitig vor der Explosion schützen und die ohnehin geschwächte Struktur zerschlagen können.

Dafür hatte er jedoch auch seine Masken geopfert. Nach dem, was Hashirama ihm gesagt hatte, blieb Kakuzu damit nur noch ein Leben. Am Ende doch nur ein normaler Sterblicher.

»Das Tänzchen ist jetzt vorbei!«, rief Madara ihm zu. Susanoo hob erneut das Schwert.

Das Erste Mal sah Kakuzu wirklich besorgt aus. »Ich hatte gehofft, Mokuton meiner Sammlung hinzufügen zu können. Aber daraus wird wohl nichts. Ich bedanke mich dennoch für die beeindruckende Zurschaustellung.«

Mit diesen Worten wandte er sich zur Flucht. Madara wollte ihm nachsetzen, doch Hashirama stellte sich ihm mit seinem Golem in den Weg. »Lass ihn gehen«, sagte er mit Nachdruck.

»Er wollte dich umbringen!«, protestierte Madara.

»Womit er offensichtlich keinen Erfolg hatte.«

»Er hat das Dorf angegriffen!«

»Du hast hinter meinem Rücken dasselbe mit Iwagakure gemacht. Und im Gegensatz zu Konoha haben sie niemanden, der sich dir in den Weg stellen kann.«

Dieser Blick in Hashiramas Augen war neu.

Hashirama wandte sich ab. »Aber das muss erst einmal warten.« Er löste das Jutsu seines Holzgolems auf und eilte dann in die Richtung, in der er Tobirama zurückgelassen hatte. Madara folgte ihm langsamer, nachdem auch er Susanoo aufgelöst hatte. Als er die beiden Brüder fand, kniete Hashirama neben Tobirama und heilte seine Wunden. Zu Madaras Missfallen steckte bereits wieder bedeutend mehr Leben in Tobirama als zu dem Zeitpunkt, als er ihn gefunden hatte.

Tobirama sah ihn mit einem mörderischen Blick an, während er sich näherte. Hashiramas Hand abschüttelnd kämpfte er sich wieder auf die Beine, auch wenn er noch lange nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte war.

»Otōto, du musst dich ausruhen, bleib still«, wollte Hashirama ihn aufhalten, hatte aber keinen Erfolg.

Tobirama packte Madara beim Kragen und fletschte die Zähne. »Ich bring dich um!«, fauchte er. »Was fällt dir eigentlich ein, uns so zu verraten!«

»Was? Verrat nennst du das?« Madara lachte auf. »Ich habe lediglich getan, was getan werden musste.«

»Nenne es, wie du willst, aber es wird ein Nachspiel haben«, sagte Hashirama ernst.

Normalerweise wäre das der Moment, in dem Hashirama zwischen Madara und Tobirama treten würde. Madara erwartete bereits die fesselnden Lianen. Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen trat er neben seinen Bruder und sah Madara schon wieder mit diesem neuen Blick an. Was sollte das werden?

Schweigend kehrten sie zum Dorf zurück. Anspannung lag in der Luft. Die Dorfbewohner zeigten sich im höchsten Maße erfreut, ihren Hokage mehr oder weniger wohlbehalten wiederzusehen. Mito eilte ihnen mit wehenden Kimonoärmeln mitten auf der Straße entgegen und fiel Hashirama um den Hals.

»Was bin ich froh!«, rief sie erleichtert aus und nahm Hashiramas Gesicht zwischen ihren Hände, als wolle sie fühlen, dass er auch wirklich in einem Stück vor ihr stand.

Madara runzelte die Stirn. Hatte sich etwas zwischen den beiden verändert, während er weg war? Sie hatten doch nicht etwa …?

Hashirama bestand darauf, seinen Bruder so schnell wie möglich in das neu errichtete Krankenhaus zu bringen. Tobirama protestierte natürlich, kam aber nicht gegen seinen Bruder an. Madara begab sich zu seinem Haus.

Es hatte sich absolut nichts in Konoha geändert. Er sah auf einem Blick, dass die Alten seinem Befehl nicht nachgekommen waren, was seinen Zorn nur wieder erneut aufflammen ließ. Kalt brannte er in seinem tiefsten Inneren.

»Izuna-chan, du machst es mir wirklich schwer«, murmelte er in die Stille seines Hauses hinein.

Zugegeben, zusammen mit Hashirama gegen diesen Kakuzu zu kämpfen, hatte endlich Spaß gemacht. Das war eine Herausforderung gewesen, selbst wenn er nur einen Teil des Kampfes miterlebt hatte. Aber es war doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen.

Er versuchte, sich wieder etwas zu beruhigen, indem er sich hinsetzte und begann, seine Rüstung und Waffen zu reinigen. Er polierte das Metall und hörte selbst dann nicht auf, als es glänzte und schimmerte. Die Rüstung hatte doch tatsächlich ein paar Kratzer abbekommen, stelle er fest. Er würde die Bemalung ausbessern müssen, das war schon länger nicht mehr vorgekommen.

Einige Stunden später wurde er in Hashiramas Büro gerufen. Alle Emotionen beiseite schiebend, machte er sich auf den Weg. Als er durch die Tür trat, saß Hashirama hinter seinem Schreibtisch und erwartete ihn bereits. Keine Spur seines sonst üblichen Leichtsinns stand in seinen Augen.

Madara schloss die Tür hinter ihnen und positionierte sich mit verschränkten Armen mitten im Raum. Sie waren allein.

»Du zitierst mich hierher, als wäre ich dein Hund, der nach deiner Pfeife tanzt«, grollte er. So viel zum Thema, ruhig zu bleiben.

»Madara, wenn dann hast du selbst diese Situation heraufbeschworen«, rügte Hashirama ihn. »Lass es nicht an mir aus. Sag mir lieber, was ich jetzt mit dir machen soll.«

»Das fragst du mich, Hokage-sama?« Madara hob spöttisch eine Augenbraue. »Siehst du denn mittlerweile, was ich dir gezeigt habe?«

»Ich sehe vor allem, dass du ein anderes Dorf angegriffen hast und einen ganzen Clan auslöschtest«, sagte Hashirama finster. »Niemanden hast du verschont, nicht einmal die Alten, Frauen und Kinder. Kinder! Madara, von welch verderbten Geist bist du besessen?«

»Ich tat, was ich tun musste«, betonte Madara. »So lange nicht die ganze Welt gleichgeschaltet ist, kann es keinen Frieden geben. Diese Welt ist nichts weiter als ein sich ewig drehendes Rad aus Gewalt und immer mehr Gewalt. Doch zusammen können wir dieses Rad brechen, das hast du selbst gesagt. Doch nicht mit Worten. Mit Feuer und Blut.

Dass dieser Kakuzu ein Attentat auf dich hatte verüben wollen, zeigt, dass ich Recht habe. Was haben wir getan, um sein Land zu provozieren? Nichts! Und dennoch sandten sie ihn, um dich zu eliminieren. Ich ging nach Iwagakure, um den Hagoromo endlich zu geben, was sie verdient haben, aber auch, um aller Welt eines klar und deutlich zu sagen: Von nun an folgen alle der Macht Konohas.«

Hashirama sah ihn an, als hätten diese Worte ihn wie physische Schläge getroffen. »Madara, was ist aus unserem Traum geworden?«, fragte er leise. »Wollten wir nicht Frieden schaffen? Warum also provozierst du dann einen Krieg mit der ganzen Welt?«

»Iwagakure hat sich zu unterwerfen«, betonte Madara. »Und nicht nur dieses Dorf. Alle. Noch immer strebe ich Frieden an, so wie du. Nur was soll das erst werden, wenn bereits jetzt ein mickriges Dorf wie Takigakure denkt, uns angreifen zu wollen?«

»Sie fürchten, dass ich zu machtvoll werde. Das ist jedenfalls das, was Kakuzu mir sagte«, erwiderte Hashirama. »Wenn du jetzt durch die Länder ziehst und wahllos andere Dörfer angreifst, dann unterstreicht das doch nur noch ihre Furcht. Ich will nicht gefürchtet werden, und schon gar nicht will ich eine Tyrannei.«

»Was willst du dann?«

»Ein Gleichgewicht der Kräfte. Dann muss niemand mehr die anderen fürchten, wenn alle am selben Strang ziehen.«

Hashirama sah es also nicht. Er konnte immer noch nicht sehen, was Madara gesehen hatte. Er hätte nicht darauf hoffen sollen, dass es anders wäre.

»Ich werde die Sache mit Iwagakure und Takigakure klären«, fuhr Hashirama fort. »Aber ich will, dass du dich da raus hältst. Die Lage ist angespannt und ich kann nicht riskieren, dass irgendwer die Nerven verliert.«

Noch immer brannte dieser kalte Zorn mit steter Flamme in Madara. Doch er spürte auch, wie dieses Gespräch auch Hashiramas Chakra in Wallung gebracht hatte. In diesem Moment hatte sich etwas zwischen ihnen unwiderruflich verändert und Madara wusste nicht, ob sich das wieder rückgängig machen ließ – oder ob er das überhaupt wollte.

»Geh jetzt. Ich brauche etwas Zeit für mich allein«, sagte Hashirama leise.

Zumindest darin stimmten sie überein.

In den kommenden Wochen war die Stimmung zwischen ihnen bestenfalls unterkühlt und Hashirama blieb auf Abstand zu Madara. Madara erniedrigte sich nicht selbst, indem er sich wie ein gescholtener Hund in Hashiramas Bett schlich und um Wiedergutmachung bettelte. Dieses Spiel konnten auch andere spielen. Also würdigte er Hashirama bestenfalls mit einigen verächtlichen Blicken und blieb ansonsten für sich. Niemand schien sich an seiner Abwesenheit im Rat zu stören, was Zeichen genug war, dass er hier nicht länger willkommen war.

Sollten sie doch zusehen, wie sie ohne ihn klarkamen, dachte er stolz bei sich.

Immer öfters zog er sich in die geheime Kammer im Schrein zurück und schloss sich für Stunden dort ein. Aus den Stunden wurden Tage, während er immer intensiver über der Steintafel brütete. Vielleicht war es die lange Ungestörtheit, die ihm das erste Mal seit Erlangen des Mangekyō in die Hände fiel, die es ihm ermöglichte, endlich die letzten Puzzleteile zusammenzusetzen. So lernte er von Rikudō Sennin und dem Rinnegan.

»So ist das also«, murmelte er bei sich, während er mit den Fingern über die Runen im Stein fuhr. Die Zeichen waren noch immer verschwommen, doch je länger er sie betrachtete, umso mehr Sinn ergaben sie. Jenseits des Mangekyō lag also tatsächlich eine noch größere Macht.

Zwei Mächte, die einmal eines gewesen waren. Die Nachfahren des Rikudō, Uchiha und Senju. Das war das Geheimnis, um das Rinnegan zu erlangen. Es war auch der einzige Weg, um die Uchiha zu retten.

Das Problem war: Sie wollten nicht gerettet werden. Er hatte mit den Alten geredet, er hatte es wirklich versucht, und seit seiner Rückkehr hatte er auch andere seines Clans darauf angesprochen, von denen er hoffte, dass sie seine Ansichten teilten. Er hatte sie vor der Gefahr gewarnt, doch sie hatten ihn einen Kriegstreiber geschimpft. Sie wollten nicht sehen. Dabei brauchte man dafür nun wirklich nicht seine Augenkraft!

»Izuna-chan, was mache ich nur?«, murmelte er in die Stille des Schreins hinein. »Mugen Tsukuyomi. Ist das wirklich die Antwort? Muss ich das tun?«

Niemand antwortete ihm, natürlich nicht.

Die Wochen gingen ins Land, und während Madara im Stillen mehr und mehr von der Inschrift auf der Steintafel entzifferte, formte sich allmählich ein Plan. Indes verrauchte Hashiramas Zorn und er versuchte, sich mit Madara wieder auszusöhnen. Madara gönnte ihm diese kleine Freude, auch wenn er sein Sinnen längst auf seinen Traum jenseits des Traums gerichtet hatte. Er hatte ein größeres Ziel im Leben gefunden, eines, das auch wirklich funktionieren konnte. Eines, das anders als dieses Dorf, nicht in die Finsternis führen würde.

Als der Frühling kam, ein Jahr, nachdem das Dorf gegründet worden war, verließ Madara Konoha endgültig. Und wenn er wieder kommen würde, dann nur, um Hashirama an die Kehle zu gehen. Das war der einzige Weg.

»Für dich, Izuna-chan. Für dich allein.«

Madara, dein Plan ist shit, aber ich bin hier ja nur Schreiberling :c Das ganze Grundprinzip dieses Steins ist sinnlos. Wenn Hagoromo wirklich wollte, dass niemand das Rinnegan erlangt, dann hätte er das klar und deutlich schreiben sollen, statt es so zu verschlüsseln, dass man das Rinnegan braucht, um zu lesen, dass man es sich doch bitte nicht beschaffen soll. Außerdem Kakuzu: Ich weiß, dass er die Technik mit den Masken erst gestohlen hat, nachdem er diese Mission verkackt hat, aber man schickt auch keinen low bob gegen Hashirama ins Feld. So blöd ist (hoffentlich) niemand. Daher meine Idee, dass er diese Technik erhalten hat für diese Mission und es trotzdem nicht schaffte. Und dann ist er halt mit dem Wissen um diese Technik abgedampft und hat seine zerstörten Herzen mit den Herzen der Dorfältesten ersetzt. Das nächste Kapitel ist ein letzter Rückblick mit Madara und der zweite Teil von Ein Traum.
Ein Traum, Teil 2
CN Trauer, Verlust von Angehörigen, Erwähnung von Krieg und Gewalt gegen Menschen

Vor 10 Jahren

Der Mensch war ein Träumer. Träume waren es, die ihn erst zu Menschen machten. Der Wunsch, die Umgebung nach den eigenen Vorstellungen zu formen. Die Fähigkeit, sich etwas auszumalen, das noch nie da gewesen war. Die Macht, etwas aus dem Nichts heraus zu schaffen, Gedanken eine Gestalt zu geben. Das war wahre Schöpfung.

Der Mensch war in seiner innersten Natur ein Schöpfer. Es war sein Bestreben, seinen Gedanken Form zu verleihen und etwas nicht Greifbares greifbar zu machen. Kein anderes Wesen war zu so etwas Gewaltigem in der Lage.

Es war ein erhebender Gedanke. Es ließ Madara jedoch auch an seiner eigenen Menschlichkeit zweifeln.

Einst hatte er einen Traum gehabt. Dieser Traum war auf Hashiramas Mokuton gestorben. Als er Tajimas Leiche gesehen hatte, hatte er gewusst, dass dieser Traum eine Illusion gewesen war.

Madara kniete in der finsteren Stille des Naka Schreins vor der Steintafel, die hier in der geheimen Kammer verborgen war. In zwei Schalen brannten Feuer, ihr Knistern war lange das einzige, was zu hören war. Seit Stunden schon starrte er auf die Inschrift auf dem Stein.

Es hatte Gerüchte gegeben, dass jenseits des Sharingan eine noch größere Macht schlummerte, doch niemand hatte herausfinden können, ob etwas an diesen Gerüchten dran war. Nun kannte Madara die Wahrheit. Das Mangekyō Sharingan. Die Inschrift hatte es ihm bestätigt.

Noch immer konnte er bei weitem nicht alles entschlüsseln, was auf dem Stein geschrieben stand. Die Schriftzeichen tanzten vor seinen Augen und verschwammen. Doch je länger er sie anstarrte, desto mehr begannen sie, sinnvolle Sätze zu bilden. Dennoch würde es noch viele Jahre dauern, bis er wirklich alle Geheimnisse würde entschlüsseln können, so viel konnte er bereits absehen.

Madaras Knie schmerzten allmählich, als Izuna zu ihm kam. Wortlos kniete sich sein kleiner Bruder neben ihn und lehnte sich an ihn. Izunas Augen waren gerötet von den Tränen, die er vergossen hatte. Madara wünschte, er wäre ebenfalls in der Lage zu weinen. Er zog seinen Bruder in seine Arme.

»Da steht ja wirklich etwas Sinnvolles«, stellte Izuna irgendwann fest. Auch er hatte die Tafel mit seinen neuen Augen betrachtet.

Madara schnaubte. »Zumindest einzelne Worte stehen da. Zusammenhangsloser Kauderwelsch.«

»Mehr, als wir vorher lesen konnten.«

»Aber bei weitem noch nicht alles.«

»Was heißt, dass das nicht das Ende ist. Da ist noch mehr.«

»Fragt sich nur, was.«

»Und welchen Preis wir dafür noch zahlen müssen. Der hier war bereits zu hoch …«

Madaras Mangekyō war erwacht, als er Hashirama über der Leiche seines Vaters gesehen hatte, Izunas, als er ebenjene Leiche in Madaras Armen gesehen hatte, als er den leblosen und geschundenen Körper seines Vaters vom Schlachtfeld geborgen hatte. Izuna hatte geschrien und getobt und dann war er schluchzend zusammengebrochen. Madara hingegen … Er war erstaunlich gefasst dafür, dass doch jeder wusste, dass das Sharingan auf starke Gefühle reagierte.

Tajima war bei weitem nicht der beste Vater gewesen. Er hatte seine Söhne gegeneinander ausgespielt und sie zu Kriegsmaschinen erzogen. Liebe hatte er ihnen nur gegeben, wenn sie getan hatten, was er von ihnen verlangt hatte.

Schlussendlich war er aber doch noch immer ihr Vater. Papa.

In dem Moment, in dem er Hashirama inmitten der grünen Hölle gesehen hatte, war auch in Madara etwas gestorben und an dessen Stelle war das Mangekyō getreten.

»Sie werden dafür bezahlen!«, presste Izuna hervor und drückte dann doch schluchzend das Gesicht in Madaras Kleider. Wortlos schloss Madara die Arme fester um ihn.

Wenn er ehrlich zu sich war, wusste er nicht, was er empfand. Er konnte dem, das da tief in ihm drin brodelte, keinen Namen geben. Trauer, ja, aber Trauer um was? Seinen toten Vater? Den verlorenen Freund? Den verdorrten Traum?

Sollte er von Hashirama überhaupt noch als seinen Freund denken? Vor wenigen Wochen erst hatte Tajima Butsuma erschlagen und jetzt hatte sich Hashirama dafür gerächt und Madara seinen Vater genommen. Aber irgendwie konnte er ihm nicht einmal böse dafür sein. Irgendwie … verstand er. Schlussendlich waren sie sich eben doch noch im Grunde ihrer Herzen ähnlich.

Irgendwann einmal versiegten Izunas Tränen, für den Moment jedenfalls, dennoch machte er keine Anstalten, von seinem Bruder abzurücken. Madara ertrug es, weil er wusste, dass Izuna das jetzt brauchte. Er brauchte jetzt jeden Halt, den er bekommen konnte, auch wenn körperliche Nähe etwas geworden war, das für Madara in den letzten Jahren immer unangenehmer geworden war. Seine Mutter hatte er verloren, ihr einst so wundervoll warmer und weicher Körper war unter seinen Händen kalt und steif und bar jeglichen Lebens geworden. Er hatte gehofft, das nie wieder erleiden zu müssen, nie wieder den Horror dieses Augenblickes durchleben zu müssen. Er hatte Hashirama geküsst und gehofft, den Alptraum seines Lebens endlich überwunden zu haben, und dann hatte er ihn keine Woche später ebenfalls verloren.

Jetzt würde nichts mehr die Kluft überbrücken können, die damals zwischen sie geschlagen worden war. Jetzt war endgültig alles verloren und seine Träume unwiederbringlich gestorben.

»Was geschieht jetzt?«, fragte Izuna.

»Wir haben unseren Vater begraben und wenn wir vor den Schrein treten, werden wir den Erwartungen unseres Clans begegnen«, sagte Madara mit fester Stimme. »Du spürst wie ich die Kraft dieser Augen, und das heißt, dass es nun uns obliegt, den Clan zu führen.«

»In der Vergangenheit wurde um die Clanführung gekämpft.«

»Nur, wenn fraglich war, wer der stärkste ist.«

»Ich will nicht gegen dich kämpfen müssen, Big Bro. Ich habe es satt, mit dir wetteifern zu müssen. Ich weiß, dass du stärker bist als ich, und ich weiß auch, dass du alles daran setzen wirst, unsere Feinde endgültig auszulöschen, um all das Leiden zu beenden.«

Einst hatte Hashirama gesagt, dass sie sich alle zusammensetzen mussten, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Er hatte davon geredet, dass das Dorf, das sie sich erträumt hatten, der Weg dahin wäre. Jetzt jedoch … Die Dinge hatten sich geändert, zu viel war geschehen, und während Madara in einer kleinen Ecke seines Herzens der Zeit mit Hashirama nachtrauerte, sah er doch auch die Zeit, die seitdem vergangen war, und die Veränderungen, die der Fluss der Zeit mit sich gebracht hatte. Die Jahre hatten sie erwachsen werden lassen, es zwar Zeit, den Traum zweier dummer Jungen hinter sich zu lassen.

Denn mehr war es nicht. Mehr hatte es nie sein können.

»Ja«, sagte er leise. »Das werde ich.«

Es war schön gewesen, so lange es währte, doch alles musste einmal ein Ende haben. Nach drei Jahren wurde es Zeit, dass er das endlich einsah, dass er es nicht nur im Kopf wusste, sondern auch im Herzen.

»Feuer und Blut.« Das war schon immer der Weg der Uchiha gewesen.

Izuna lächelte grimmig. »Sollen wir beginnen?«

Als Antwort erhob sich Madara und reichte seinem Bruder die Hand. Izuna schlug ein. Dann verließen sie den Schrein.

Wie Madara es gesagt hatte, wurden sie bereits von den erwartungsvollen Blicken ihres Clans empfangen. Die meisten wussten bereits, was mit Madaras und Izunas Augen geschehen war, und die, die es noch nicht wussten, waren in Windeseile informiert worden. Die Neuigkeit hatte sich rasant herumgesprochen. Getuschel erhob sich, als die Brüder den Schrein verließen, das Mangekyō in den Augen. Einzelne Fackeln brannten und erhellten die Nacht mit unstetem Licht. Über ihnen spannte sich der weite Sternenhimmel auf.

»Unsere Überlieferungen sprach davon«, begann Madara. »Von den himmlischen Augen, die die Wahrheit der gesamten Schöpfung ungehindert sehen. Viel unseres Wissens darüber ging im Laufe der Jahrhunderte verloren, aber jetzt haben wir sie wiedererlangt. Zweifelt irgendwer unsere Stärke an?«

Naoki trat aus der Menge der Menschen hervor. »Wenn die Legenden stimmen, dann kann nichts der Macht des Mangekyō widerstehen. Ihr werdet das unter euch ausmachen müssen.«

»Ich erkenne die überlegene Stärke meines Bruders an«, sagte Izuna klar und deutlich. »Er ist der Stärkste von uns, er soll uns führen. Gemeinsam mit der Stärke unserer Augen werden wir unsere Feinde ein für alle Mal besiegen und endgültig vom Angesicht dieser Welt fegen. Und wenn die Flüsse erst rot von ihrem Blut sind, werden sie uns Uchiha endlich zu fürchten lernen. Dann wird keine Mutter mehr ihr Kind betrauern und kein Kind mehr sein Leben als Waise fristen müssen. Mit der Kraft unserer Augen werden wir diesen Krieg beenden.«

Niemand brach in Jubel aus, doch sie alle nickten entschlossen.

Izuna hatte noch immer Tränen in den Augen, doch ein grimmiges Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt. »Ich kann es kaum noch erwarten, meine Klinge wieder Senju-Blut kosten zu lassen. Ich werde ihr Leben zu einem Alptraum machen.«

Es gab keinen anderen Weg, sagte sich Madara. Nicht mehr. Vielleicht hatte es ihn nie gegeben. Wie sollten sie sich jetzt noch zusammensetzen und miteinander reden nach allem, was geschehen war? Einstmals war Madara jung und naiv gewesen, da hatte er daran glauben können, dass es funktionieren könnte. Doch jetzt sah er wieder und wieder den geschundenen Körper seines Vaters aufgespießt auf grausamen Holz.

Er sah auch den Kummer in Hashiramas sanften braunen Augen.

Doch zwischen ihnen klaffte eine bodenlose Spalte. Die Chance war vertan, die Hand auszustrecken und hinüber zu springen. Es war Zeit, sich abzuwenden und einen neuen Weg zu finden. Er konnte nicht ewig den Geistern seiner Vergangenheit nachtrauern.

Auch wenn es schmerzte.

Sie mussten noch viel über das Mangekyō lernen, instinktiv spürte er das. Die Kraft, die in diesen Augen schlummerte, war enorm und musste erst erprobt werden. Es war von höchster Priorität, dass er die Mysterien des Mangekyō ergründete und seine Geheimnisse enthüllte, nur so konnte er seinen Clan beschützen. Nicht mehr nur war er verantwortlich für seinen kleinen Bruder, nun lastete die Verantwortung für seinen ganzen Clan auf seinen Schultern.

Einst hatte ein kleiner Junge vom Frieden geträumt. Er hatte davon geträumt, dass Feinde zu Freunden wurden, und er hatte davon geträumt, dass sein bester Freund vielleicht mehr als nur sein Freund sein konnte. Dieser Junge war in den Flammen des Krieges gestorben und aus den Flammen erhob sich auf mächtigen Schwingen ein Drache, der die Macht des Feuers über seine Feinde brachte. Die alte Welt würde brennen müssen, damit aus ihr etwas Neues entstehen konnte.

Madara hatte einen wahren Traum. Doch dieses Mal griff er nach den Sternen selbst.

Izuna: *läuft auf den Thron von Dragonstone zu, hällt inne, dreht ab, geht zur Karte von Westeros* "Shall we beginn?" Targaryen theme spielt. Nächstes Kapitel ist das Tal des Endes und dessen Nachwirkungen.
Ein Tanz mit den Geistern
CN Blut, Tod, Gewalt gegen Menschen, Mord, Verlust, Trauer, SVV
Als ich japanische Blumensprache recherchierte, stieß ich auf eine Legende, die besagt, dass rosarote Spinnenlilien da blühen, wo zwei Menschen sich für immer trennen. Ist doch langweilig, dass das Tal des Endes so eine öde Felskluft ist ...

Hashirama verstand die Welt nicht mehr. In dem Moment, in dem Madara nach Iwagakure aufgebrochen war, hatte der Tsunami seiner düsteren Vorahnung ihn getroffen. Doch die zweite, größere Welle hatte er nicht kommen sehen.

Immer mehr Wochen gingen ins Land und kein Wort von Madara erreichte ihn. Niemand wusste, wohin er gegangen war und nicht einmal Tobirama konnte sein Chakra noch aufspüren. Hashirama fürchtete, dass sich die Ereignisse von Iwagakure wiederholen würden, aber vor allem fürchtete er, seinen Freund endgültig verloren zu haben. Und er wusste einfach nicht, was dazu geführt hatte.

Warum?

Das war die Frage, die ihn die ganze Zeit schon quälte. Und er wusste keine Antwort darauf.

Warum hatte er Madara nicht helfen können? Warum hatte er nicht eher gesehen, was Madara umtrieb? Warum hatte er ihn nicht besser verstehen können?

Warum hatte Madara alles fortgeworfen, was sie sich erträumt hatten? Warum hatte er all das hinter sich gelassen? Warum hatte er das Dorf verlassen?

Warum?

Madara hatte ihm das Geheimnis der Uchiha gezeigt, bevor er gegangen war, doch selbst das hatte ihm keine Antworten gegeben. Nicht einmal sein Gespräch mit den beiden Uchiha Ältesten hatte ihm Klarheit verschafft. Sie konnten ihm kaum etwas über den Stein sagen.

Sie hatten lediglich behauptet, Madara sei wie besessen von der Inschrift gewesen seit dem Zeitpunkt, als er sein Mangekyō erhalten hatte. Sie hatten gesagt, Madara würde glauben, die Inschrift würde die Geheimnisse zur Rettung der Uchiha beinhalten. Doch wie diese Rettung aussehen sollte oder wovor die Uchiha gerettet werden mussten, hatten sie nicht sagen können. Als er sie gefragt hatte, wer außer Madara noch diese Inschrift lesen konnte, hatten sie verneint. Niemand besaß so starke Augen wie Madara.

Nächtelang saß Hashirama auf dem Kliff, blickte über das Dorf hinweg und grübelte und grübelte und kam doch nicht zu einer Antwort. Hier war es auch, dass der Shinobi ihn fand, um eine Botschaft zu überbringen.

»Hokage-sama!«, rief der Mann außer Atem. »Uchiha Madara ist zurückgekehrt!«

Freudestrahlend wandte sich Hashirama zu dem Mann um. »Endlich!«

Der Mann wirkte abgehetzt, als wäre er in großer Eile eine lange Strecke gerannt. Und war das … Ruß auf seiner Kleidung? »Er greift unsere Grenzen an! Die Grenzposten sind bereits völlig vernichtet und die zweite Einheit, die zur Verstärkung kam, wurde ebenfalls aufgerieben. Die erste, dritte und vierte Einheit wurde mobilgemacht, doch selbst sie werden Madara nichts entgegensetzen können. Was sollen wir bloß tun?«

Was sollen wir bloß tun? Die Frage echote in Hashiramas Kopf, während ihm das Lächeln auf den Lippen gefror. Das war schlimmer als alles, was er sich in seinen finstersten Alpträumen hatte ausmalen können. Dass Madara wirklich so weit ging, sich gegen das Dorf zu stellen, gegen alles, was sie zusammen erreicht hatten. Dass er doch tatsächlich die Menschen tötete, die er mit diesem Dorf hatte schützen wollen.

Warum?

»Hokage-sama?«, riss der Mann ihn aus seinen Gedanken. »Wie sollen wir Madara aufhalten? Was können wir überhaupt gegen ihn ausrichten?«

Er sah die nackte Angst in den Augen des Mannes. Er sah, wie dieser bereits mit seinem Leben abgeschlossen hatte, bis er sich zur letzten Hoffnung hatte retten können, die er kannte: Hashirama.

Es gab nur eines, was er tun konnte.

»Ich beschütze jene, die sich nicht selbst beschützen können«, wisperte er in die Schwärze der Nacht.

Sein Eid. Das Ideal, nach dem er stets zu leben versucht hatte. Welch grausame Wendung des Schicksals, dass er sich nun ausgerechnet gegen Madara wenden musste.

In ihrem Kern war die Welt der Shinobi noch immer angefüllt mit Finsternis. Gewalt hatte zu immer noch mehr Gewalt geführt und Missgunst wucherte noch immer unter der schönen Oberfläche. Es würde noch lange dauern, diese Finsternis aus der Welt zu treiben, ihm war das bewusst gewesen. Aber er hatte gehofft, dass ebenjene Finsternis nicht dazu führen würde, dass Madara und er schlussendlich doch wieder bis aufs Blut kämpfen mussten.

Und sie kämpften bis aufs Blut. Einstmals hatte ein wortloses Verständnis zwischen ihnen geherrscht, dass sie sich auf dem Schlachtfeld nur gegenseitig bekämpfen würden, um ein Massaker des jeweils anderen Clans zu verhindern. Sie wandten sich auch nicht gegen Izuna oder Tobirama, wie es ihre Väter getan hatten. Nein, ihre Duelle waren fair und nie hatte der eine die Absicht gehabt, den anderen zu töten.

Das hatte sich nach Izunas Tod geändert. Das war das erste Mal, dass Hashirama wirklich um sein Leben gefürchtet hatte. Aber er hatte an Tobirama gedacht und an den Traum, den sie einst geteilt hatten. Beides wollte er um jeden Preis bewahren und schlussendlich hatte es zum Frieden mit den Uchiha geführt.

Doch was Madara jetzt antrieb, war ihm unergründlich. Aus ihm schien jedoch derselbe Blutdurst wie damals, als er Izuna verloren hatte. Egal, was Hashirama versuchte, seine Worte drangen nicht mehr zu Madara durch. Waren sie das überhaupt jemals?

Das war nicht mehr Madara, der Freund, den er zu lieben gelernt hatte. Der Madara, den er in seinem Herzen trug. Dieser Madara würde nicht mit Feuer und Blut alles niederreißen, was sie zusammen errichtet hatten.

Das erste Mal in seinem Leben kämpfte Hashirama mit allem, was er hatte. Madara ließ ihm auch keine andere Wahl, als er Kyūbi selbst in den Kampf schickte. Mit grimmer Anerkennung musste Hashirama feststellen, dass sich Madara zumindest darin nicht geändert hatte. Er fand immer einen Weg, um noch stärker zu werden.

Es gab nur einen Weg, um Madara zu besiegen, und der bestand darin, ihn so lange zu bekämpfen, bis er kein Chakra mehr hatte. Und selbst dann noch, als Madara nicht einmal mehr sein Sharingan benutzen konnte, kämpfte er noch immer.

Die Realisation traf Hashirama härter als jeder Schlag, den Madara gegen ihn hätte ausführen können. Dieses Mal gab es kein glückliches Ende ihres Kampfes. Dieses Mal hoffte er vergebens auf die Eukatastrophe. Dieses Mal blieb ihm keine andere Wahl, als alles zu beseitigen, was ihrem, nein, seinem Traum zur Gefahr werden könnte.

Selbst wenn die Gefahr Uchiha Madara selbst war, der Mann, den er liebte. Der Mann, der ihm keine andere Wahl ließ, als ihn zu töten.

Mit seinen letzten Kräften stieß Hashirama ihm sein Katana mitten durchs Herz. Genauso gut hätte er sich selbst in die Klinge stürzen können, es machte keinen Unterschied.

Madara sank nieder und riss dabei Hashirama den Griff seines Katana aus seinen kraftlosen Fingern. Blut färbte das Wasser rot, ein starker Kontrast zu der kargen Felswüste, die ihr Kampf erzeugt hatte. Ganze Landstriche waren verwüstet worden. Das Rinnsal trug das Blut davon wie ein rotes Band.

»Weg und Ziel haben sich verändert, Hashirama«, brachte Madara mit seinem letzten Atem hervor, »und am Ende wird dein geliebtes Dorf von der Dunkelheit verschlungen. Das ist unausweichlich. Aber … es war schön, so lange es währte.«

Hashirama fiel auf die Knie, als seine Beine ihn nicht mehr tragen wollten und unter ihm nachgaben. Er fing Madara in seinen Armen auf, doch Madara regte sich nicht mehr. Blicklos starrten seine Augen in den Himmel, während der Regen auf sie niederfiel.

Mit wachsender Verzweiflung tastete Hashirama mit den Fingern seiner rechten Hand über Madaras Wange; in seinem linken Arm hatte er kein Gefühl mehr, die Verbrennungen hatten die Nerven zerstört. Madaras Haut war schon immer kühl gewesen, als würde das Feuer, das in ihm brannte, keine Wärme abgeben. Doch nun fühlte sie sich unter Hashiramas Berührung regelrecht kalt an.

»Madara …«, wisperte er. Seine Sicht verschwamm. »Madara, bitte. Wach auf aus deinem Alptraum. Ich bin doch da.«

Doch Madara wachte nicht auf.

Hashirama fühlte nach seinem Puls und dann legte er ihm eine Hand auf die Brust, genau da, wo die Klinge wieder ausgetreten war. Er scherte sich nicht um das Blut, das seine Hand besudelte. Da war kein Leben mehr in Madara.

Tot. Er war tot. Madara war tot.

Das Tal erblühte mit einem Mal mit Spinnenlilien, ebenso rot wie das Blut im Wasser. Wie eine Woge brachen sie aus dem Fels hervor und bedeckten alles in weitem Umkreis um Hashirama. Ihre zarten, feingliedrigen Blüten streckten sich dem Himmel entgegen und trotzten dem kargen Felsboden.

Jemand landete neben ihm und näherte sich zögernd. »Anija? Ist er …?«

Hashirama antwortete nicht. Stattdessen drückte er Madaras Körper an sich und vergrub sein Gesicht in der vertrauten Haarmähne. Selbst hier roch er das Blut, das er vergossen hatte.

»Anija!«, rief Tobirama ihn. »Keine Zeit dafür. Mito versucht, Kyūbi in sich zu versiegeln, aber allein wird sie nicht mehr lange standhalten können. Sie braucht deine Hilfe!«

Sanft legte Hashirama Madara zwischen den Blumen nieder und strich ihm ein letztes Mal über die Wange. Das Blut, das er dabei verschmierte, wurde alsbald vom Regen fortgewaschen, doch an seinen Händen würde es für immer haften. Mühsam kämpfte er sich wieder auf die Beine und kam schwankend zum Stehen. Sein linker Arm hing nutzlos an seiner Schulter. Nicht einmal Schmerz spürte er, und das nicht nur wegen der schwerwiegenden Verbrennungen. Alles in ihm war taub.

Tobirama musterte ihn besorgt. Noch nie hatte er Hashirama in einem solch schlimmen Zustand gesehen. Aber Hashirama hatte auch noch nie so viel opfern müssen in einem Kampf.

»Was macht ihr überhaupt hier?«, fragte Hashirama schwach.

»Das Biest konnte sich schlussendlich aus deinen Jutsus befreien, als dein Chakra schwächer wurde. Doch Mito beherrscht ein besonderes Versiegelungsjutsu, mit dem sie selbst ein so mächtiges Chakra wie das des Neunschwänzigen binden kann. Deswegen sind wir dir gefolgt«, erklärte Tobirama. Er trat zu Hashirama, um ihn zu stützen. »Komm jetzt, wir müssen uns beeilen.«

Tobirama führte ihn fort. Anscheinend hatte er eines seiner Kunai bei Mito gelassen, denn er teleportierte sie beide in nur einem Augenblick zu ihr.

Mito kniete am Boden und sah kaum besser aus als Hashirama. Und über ihr ragte Kyūbi auf, das gigantische Fuchsmonster, das angefüllt war mit einem unbändigen Hass. Mito hatte es mit Chakraketten gefesselt und kämpfte mit aller Macht darum, Kyūbi unter Kontrolle zu halten, doch ihre Ketten drohten nachzugeben. Gerade in dem Moment, als Tobirama und Hashirama erschienen, riss eine von ihnen. Mito schrie auf.

»Ihr lächerlichen Sterblichen, ihr bekommt mich nicht!«, donnerte Kyūbi. Der Blick seiner glühenden Augen richtete sich auf Hashirama. »Du! Du hast diesen Mistkerl getötet, der mich benutzt hat. Aber erwarte keinen Dank von mir, du bist nicht besser als all die anderen Maden.«

So viel Hass. Abgrundtiefer, bodenloser Hass. So viel, dass es Hashirama beinahe die Luft zum Atmen nahm. Bijū waren Kräfte der Natur, Wesen aus purem Chakra. Wo Madara eines davon aufgetrieben hatte, wusste Hashirama nicht. Aber in diesem Moment sah er, dass er diese unbändige Kraft nicht ungezügelt loslassen konnte. Kyūbi musste versiegelt werden.

»Ich kann dich nicht wieder gehen lassen«, sagte er zu dem Biest, das über ihnen aufragte. »Du bist bis in die letzte Faser deines Seins von Bosheit durchdrungen, die nichts als Leid und Zerstörung über alle Länder bringen würde.«

Kyūbi stemmte sich erneut gegen seine Fesseln. Mito konnte sie kaum noch halten. »Du hast kein Chakra mehr«, brüllte der Fuchsgeist spottend. »Ich werde euch zermalmen!«

»Anija, tu etwas!« Tobirama hielt ein Kunai in Händen, aber es war eine lächerliche Geste gegen Kyūbi.

Ja, Hashirama musste etwas tun, aber was? Es stimmte, er hatte kein Chakra mehr, er war vollkommen am Ende. Nicht einmal seine eigenen Wunden hatte er mehr heilen können.

»Hashirama, das Amulett! In meiner Tasche! Nimm es!«, rief Mito ihm zu.

Kyūbi brüllte und stemmte sich gegen seine Ketten. Hashirama sprang vor und schnappte sich die Tasche, von der Mito gesprochen hatte. Darin fand er eine Kette, an der ein azurblauer Kristall befestigt war. In dem Moment, in dem er ihn in Händen hielt, spürt er, wie der Kristall auf sein Chakra reagierte und ihm neue Kraft verlieh.

Sehr gut! Vielleicht würden sie ja doch noch den kommenden Morgen erleben, immerhin war es der Tag seiner Hochzeit. Schützend stellte sich Hashirama vor Mito und begann mit seiner rechten Hand Zeichen zu formen. Sein linker Arm war noch immer nicht zu gebrauchen.

Auch Kyūbi musste bemerkt haben, dass sich etwas verändert hatte. Er warf sich brüllend umher, dass die Erde bebte, und schaffte es, eine weitere Kette zu sprengen. Er konnte einen Arm befreien. Dann ließ er seine Klaue auf Hashirama niederfahren.

»Hokage-Shiki Jijun Jutsu – Kakuan Nitten Suishu!«

In dem Moment, in dem die Klaue seine Brust durchstieß, berührte Hashiramas Hand Kyūbi. Die Klaue hielt mitten in der Bewegung inne, nur die Spitze hatte Hashirama durchbohrt. Gut, dachte er mit einem blutigen Lächeln bei sich. Mehr, und es hätte ihn vollkommen zerfetzt. Nicht einmal er würde so eine Wunde heilen können.

Kyūbi schloss die Augen, als zum zweiten Mal in diesem Kampf sein Chakra unterdrückt wurde. Ein beinahe friedlicher Ausdruck legte sich auf das Gesicht des gigantischen Fuchses. Finsternis umschloss Hashirama.

 

Als Hashirama erwachte, blendete ihn grelles Licht. Er blinzelte und entschied sich, die Augen ganz schnell wieder zuzukneifen, damit er sich weiter vormachen konnte, dass das alles nur ein schrecklicher Alptraum gewesen war. Die Schmerzen in seinem ganzen Körper sprachen eine andere Sprache.

»Anija! Grundgütiger, du lebst!«

Er blinzelte erneut und allmählich gewöhnten sich seine Augen an das Licht. So sah er schließlich auch, dass er in einem fremden Bett lag in einem recht kargen, wenn auch lichtdurchfluteten Raum. Die Wände waren hell gestrichen, und die Vorhänge vor den geöffneten Fenstern zurückgezogen. Sie wehten leicht in der sanften Brise. Neben dem Bett stand ein kleines Tischchen, auf dem jemand eine Vase gestellt hatte. Die Vase war gefüllt mit Spinnenlilien, von deren Blüten das Blut tropfte.

Tobirama saß neben dem Bett und den Ringen unter seinen Augen nach zu urteilen, saß er dort schon sehr lange. Mito war auch da und machte einen guten, gesunden Eindruck. Also war sie glimpflicher davon gekommen als Hashirama. Das war gut.

Er blinzelte erneut. Dass er einmal in seinem eigenen Krankenhaus aufwachen würde, hätte er nicht gedacht. Dann schloss er die Augen wieder und wollte mit aller Macht der Wirklichkeit entfliehen. Sie war zu einem Alptraum geworden.

»Wie geht es dir?«, wollte Tobirama besorgt wissen. »Warum hast du dich nicht selbst geheilt? Dein Chakralevel ist doch wieder normal. Die Ärzte mussten dich in ein künstliches Koma versetzen, sonst wärst du verblutet. Bitte, tu mir das nicht an.«

Hashirama öffnete die Augen, als er hörte, wie Tobiramas Stimme zu zittern begann. Es kam selten genug vor, dass Tobirama diese Seite an ihm zeigte.

»Wie lange?«, fragte Hashirama leise. Es erschreckte ihn, wie schwach seine eigene Stimme klang.

»Eine Woche und die ersten Tage waren kritisch«, sagte Mito. Sie wirkte gefasst wie eh und je, aber auch aus ihren Augen sprach die Sorge. »Nicht jeder überlebt ein Loch in der Brust.«

»Ich habe unsere Hochzeit verpasst.« Hashirama zwang sich zu einem Lächeln. Dann schlug die Realität mit grausamer Unnachgiebigkeit über ihm zusammen. »Ich habe ihn getötet …«

»Du tatest, was du tun musstest«, versicherte Tobirama ihm im Versuch Trost zu spenden. »Er war eine Gefahr für das Dorf.«

»Das ändert nichts daran, dass ich ihn ermordet habe. Sein Blut wird für immer an meinen Händen haften.«

»Wenn du ihn nicht aufgehalten hättest, hätte er das ganze Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Er hatte dir keine andere Wahl gelassen.«

»Tobirama, lass gut sein«, unterbrach Mito ihn. Sie ergriff Hashiramas Hand. »Niemand kann dir einen Vorwurf machen, dass du tatest, was du tatest. Und niemand wird dir einen Vorwurf machen können, dass du dennoch um ihn trauerst.«

Hashirama wusste nicht einmal, ob er trauerte. Ob er überhaupt etwas fühlte. Alles in ihm war taub und leer. Vielleicht war es besser so. Er wusste nicht, ob er sonst mit der Wucht der Realität umgehen konnte.

»Was ist mit dem Neunschwänzigen?«, fragte er stattdessen.

Mito legte sich eine Hand auf den Bauch. »Komplet in mir versiegelt mit den acht Trigrammen, das ist das spezielle fūinjutsu meines Clans. Ohne deine Hilfe hätte ich es nicht geschafft.«

»Das stimmt nicht«, widersprach Hashirama. »Eigentlich hatte ich nicht mehr genügend Chakra für dieses Jutsu. Aber deine Kette hat irgendetwas gemacht, dass ich das bisschen, was ich noch hatte, wesentlich präziser und fokussierter einsetzen konnte.«

Mito lächelte. »Hervorragend, dann hat sie genau das gemacht, was sie machen sollte.« Sie holte besagte Kette hervor und legte sie Hashirama in die Hand. »Eigentlich sollte es ein Hochzeitsgeschenk werden, aber ich gebe sie dir trotzdem jetzt schon.«

Diese Hochzeit. Mit einem Mal wurde ihm ganz übel.

Mito schien erraten zu haben, was ihn umtrieb. »Vergiss den Quatsch mit der Hochzeit. Wir verschieben das auf ein andermal, wenn es dir besser geht und du dich bereit dazu fühlst.«

»Aber erst einmal musst du dich ausruhen«, ergriff nun wieder Tobirama das Wort. »Vor ein paar Tagen noch dachte ich, du stirbst mir unter den Händen weg und ich konnte nichts dagegen tun.«

Es tat Hashirama in der Seele weh, seinen Bruder so zerschmettert zu sehen, und das nur wegen ihm. War es wirklich so übel gewesen? Er horchte in sich hinein. Ja, das war es, noch immer. Also schloss er seine Hand um das Amulett und ließ jetzt endlich zu, dass seine Zellregeneration seine Wunden schloss. Nicht einmal er würde alles auf einmal heilen können, es würde einige Tage dauern, aber zumindest das Loch in seiner Brust konnte er oberflächlich schließen und dann seinen linken Arm wieder herstellen, sodass er ihn wieder bewegen konnte.

»Das wird nicht geschehen«, versicherte er seinem kleinen Bruder. »Du wirst mich nicht so schnell los.«

»Ich nehm dich beim Wort!« Doch Tobiramas Stimme fehlte ihre übliche Schärfe.

Hashirama war ein vernünftiger Patient, keiner von der Sorte, der gleich wieder aus dem Bett springen wollte. Um genau zu sein, wollte er sich überhaupt nicht mehr bewegen und sich der Wirklichkeit jenseits seines Krankenlagers stellen.

All die Jahre hatte er die Worte seiner sterbenden Mutter im Herzen behalten, sich nicht der Finsternis seines Vaters hinzugeben. Er hatte nie so werden wollen wie Butsuma, kalt und verbittert und ohne jede Liebe. Also hatte er sich sein Lachen und seinen Frohsinn bewahrt und Liebe im Herzen getragen, wie sie es gesagt hatte.

Aber schlussendlich hatte alle Liebe doch nichts geholfen, als er gezwungen worden war, Madara zu erschlagen. Die Finsternis seines Vaters hatte obsiegt. Er war zu dem Mörder geworden, den Butsuma immer haben wollte.

Jetzt, wo er wieder bei Bewusstsein war, ging seine Genesung rasch voran. Eigentlich hätten seine Regenerationsfähigkeiten auch während seines Komas funktionieren müssen, da das nichts war, das er bewusst steuern musste. Aber wahrscheinlich hatte ein Teil in ihm nicht wieder aufwachen wollen. Der Teil, für den es keine Salbe und kein heilendes Chakra gab.

Physische Wunden waren eine Sache, sie konnten einfach geheilt werden, zumindest für jemanden wie Hashirama. Die Wunden der Seele hingegen, das war etwas völlig anderes.

Jetzt, wo Hashirama aus dem Gröbsten heraus war, konnte sich Tobirama darauf konzentrieren, Hashirama zu vertreten, bis dieser wieder völlig genesen war. Dennoch kam er jeden Tag vorbei, um nach seinem Bruder zu sehen, weil er augenscheinlich den Ärzten nicht wirklich traute, Hashirama angemessen zu versorgen.

Jedes Mal musste er Hashirama dazu zwingen, das Essen, das man ihm gebracht hatte, auch wirklich zu essen. Aus irgendeinem Grund konnte Hashirama sich einfach nicht dazu durchringen, auch nur den kleinsten Bissen hinunter zu würgen. Man brachte ihm seine Mahlzeiten und er konnte nichts weiter tun, als sie anzustarren. Als würde ihm die Kraft fehlen, sie auch tatsächlich zu verspeisen.

Die meiste Zeit verbrachte er in einem apathischen Dämmerzustand zwischen Wachen und Schlafen. Er wollte sich der Wirklichkeit nicht stellen, aber gleichzeitig wollte er auch nicht in den Schlaf entfliehen. Denn nicht länger träumte er von den Sternen. Nun waren es Ströme von Blut. Blut und immer mehr Blut und er konnte es einfach nicht aufhalten. Immer höher stieg es, bis er darin ertrank.

Mito kam auch vorbei, so oft sie nur konnte. Dieser Tage verwendete sie den Großteil ihrer Zeit darauf zu lernen, wie sie Kyūbi und sein Chakra unter Kontrolle hielt. Hashirama wusste, dass er ihr dabei helfen sollte, weil er der einzige war, der ein dafür geeignetes Jutsu besaß, aber noch war er nicht wieder bei Kräften. Dennoch besuchte sie ihn, so oft sie konnte. Mito besaß die wundervolle Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt schweigen zu können. Sie war einfach da und akzeptierte, dass Hashirama nicht über das reden wollte, was er getan hatte.

Anders so Tobirama, welcher es zwar gut meinte, mit derlei Emotionen aber nicht gut umgehen konnte. Etwas linkisch versuchte er Hashirama in Gespräche zu verwickeln und verlegte sich schließlich darauf, ihm von seinen Tagesgeschäften zu erzählen.

Aber da gab es noch eine Sache, die ihm auf der Seele brannte, und Hashirama wäre nicht sein älterer Bruder, wenn er es nicht trotz allem bemerkte.

»Anija, da gibt es eine Sache, die ich wissen muss«, sagte Tobirama schließlich etwas zurückhaltend. »Etwas, das mir keine Ruhe lässt. Diese Kräfte, die du ins Feld geführt hast, hatten sie schon immer dieses Ausmaß besessen?«

Hashirama nickte. »Ja. Irgendwie schon.« Es war wie ein Samenkorn. Vor vielen Jahren war es gepflanzt worden und dann wuchs und wuchs es, bis es eines Tages zu einem mächtigen Baum herangewachsen war. Nur weil es zu Beginn klein war, hieß dies nicht, dass die Veranlagung zu Großem nicht schon immer vorhanden gewesen war.

»Dann sag mir, warum du sie nicht früher schon eingesetzt hast. Warum du dich bis jetzt immer zurückgehalten hast.«

War da … Angst in Tobiramas Augen? Hashirama wollte nicht, dass sich sein Bruder vor dem fürchtete, zu dem er in der Lage war.

»Du hast gesehen, was diese Kräfte anrichten können«, sagte er leise. »Du hast gesehen, wie ganze Landstriche ausradiert wurden und Berge geebnet. Niemand sollte eine solche Macht besitzen, und doch halte ich sie in Händen. Das ist meine Verantwortung, und lieber nutze ich sie, um damit neues Leben zu erschaffen, statt es auszulöschen. Tod und Leben gehen oft Hand in Hand und die Grenze zwischen ihnen ist nur dünn. Es ist besser, wenn es nie wieder so weit kommen muss.«

Zumindest die Genesung von Hashiramas körperlichen Wunden ging rasch von statten, und alsbald konnte er das Krankenhaus verlassen. Sein erster Gang führte ihn unweigerlich zu Madaras Haus.

Es war so leer wie eh und je, unpersönlich und kalt. Als hätte es Madara niemals zu seinem Heim machen wollen. Nichts in diesem Haus sprach von seinem einstigen Besitzer, nichts sprach davon, dass es überhaupt jemals bewohnt gewesen war.

Wann hatten sie begonnen, verschiedene Wege zu gehen und warum hatte Hashirama das nicht schon viel früher bemerkt? Er ging durch die Räume und erinnerte sich all dieser kleinen Momente, die er hier mit Madara hatte teilen dürfen. Schatten von etwas, das einst war, aber nicht mehr hatte sein sollen. Erinnerungen. Geister.

Sie tanzten um ihn herum, wisperten Dinge, die vergangen waren, und Dinge, die hätten sein können. Illusionen einer Wirklichkeit, die es vielleicht nie gegeben hatte und nun niemals geben konnte. Träume, zerplatzt wie Seifenblasen.

Beinahe war es ihm, als könne er Madaras Gegenwart fühlen. Er erwartete, dass Madara jeden Moment eine der Schiebetüren öffnen würde. Dann würde er ihn für einen Moment finster mustern, aber aus seinen Augen würde auch die ihm innewohnende Wärme scheinen. Mit Sicherheit würde er auch irgendeinen sarkastischen Kommentar verlauten lassen und ihn dann doch umarmen.

Takas Schrei zerriss die süße Illusion. Hashirama hatte keine Ahnung, wie lang er hier regungslos gestanden und in die Leere gestarrt hatte. Er regte sich und ging nach draußen in den Garten.

Irgendjemand hatte sich der Greifvögel über die letzten Wochen hinweg angenommen, sie hatten frisches Wasser und Futter erhalten. Sie alle waren noch da und irgendwie war dieser Anblick der Moment, in dem Hashirama endgültig nicht mehr vorgeben konnte, dass das alles nur ein grässlicher Alptraum war.

Madara war endgültig fort. Er hatte alle Bande hinter sich gebrochen und war allein davongezogen. Er hatte sich entschieden, Hashirama aus seinem Leben zu entfernen sowie alles, was ihn an Konoha gebunden hätte. Nicht einmal seine Vögel hatte er mit sich genommen.

Hashirama schnappte nach Luft und sank auf die Knie, als es ihm die Kehle zuschnürte. Er gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen Schluchzen und Würgen lag oder vielleicht auch eine Mischung aus beiden war. Er fühlte sich, als würde ihm jemand ein Messer durchs Herz treiben, oder vielleicht war er es ja auch tatsächlich selbst, der ihn hinterrücks erstach. Wie er es mit Madara getan hatte.

Er starrte auf seine zitternden Hände hinab. Die Hände, die Madara ermordet hatten. Die Hände, an denen für immer das Blut seines besten Freundes, seiner Liebe haften würde. Die Hände, die beschützt hatten, was er zu schützen geschworen hatte. Die Hände, die ihm das größte aller Opfer abverlangt hatten.

Blut troff von seinen Fingern. Er würgte, als es ihm den Magen umdrehte. Stolpernd kam er auf die Füße und stürzte zu dem Gartenteich. Hektisch rieb er sich die Hände im Wasser, um das Blut von ihnen zu waschen, aber es wollte sich einfach nicht lösen. Zunehmend verzweifelter grub er sich die Nägel ins eigene Fleisch. Weg! Es musste weg! Weg mit dem Blut! Weg! Weg! Weg!

Er riss sich so lange die Hände und Arme auf, bis tatsächlich Blut floss. Schockstarr starrte er auf die roten Schlieren im Wasser. Rot wie das Tal, das zu Madaras Ende geworden war. Eine einzelne Spinnenlilie, die am Rand des Teichs wuchs, neigte ihre Blüten dem Wasser entgegen.

Langsam, wie als würde er aus einem Traum erwachen, zog er die Hände wieder aus dem Wasser. Blut und Wasser vermischten sich, als sie von seinen Fingerspitzen tropften. Er beobachtete sich selbst, wie er sich wieder erhob und zurück in das Haus schlich. Sein Geist fühlte sich losgelöst an vom Rest seines Körpers, wie als würde dieser einem Automatismus folgen, ohne dafür eine willentliche Steuerung zu benötigen. Als wäre er ein unbeteiligter Zuschauer folgte er sich selbst, bis er die Kiste gefunden hatte mit den Dingen, die er Madara geschenkt hatte. Bis auf die Decke war nichts davon ausgepackt. Still setzte er sich auf die tatami, schlang die Decke um seine Schultern und wollte nichts mehr von der Welt wissen.

So fand ihn schließlich Tobirama. Draußen war es längst dunkel geworden, aber Hashirama scherte sich nicht darum. Tobirama kniete sich neben ihn und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter.

»Komm nach Hause«, sagte leise. »Ich hab dir dein Lieblingsessen gemacht.«

Hashirama nickte schwach und Tobirama brachte sie mit seinem Hiraishin zurück zu ihrem Haus. Er hatte in der Tat Hashiramas liebste Reissuppe mit Pilzen gekocht, doch was Hashirama früher vielleicht aufgemuntert hätte, zeigte mit einem Mal keine Wirkung mehr. Ein unendlich schweres Gewicht lastete auf seinen Schultern und drückte ihn nieder. Regungslos starrte er die Schale vor sich an und brachte wieder einmal nicht die Kraft auf, sein Essen zu verspeisen.

Tobirama musterte ihn besorgt. »Komm schon. Du musst was essen. Ich weiß, dass ich ein miserabler Koch bin, aber das hat dich doch sonst nie aufgehalten.«

Hashirama sah zu seinem Bruder. Er sah die Sorge in seinen roten Augen. Ein Gedanke überkam ihn mit glasklarer Gewissheit: Er wollte nicht der Grund sein, warum Tobirama sich sorgte.

Die Vergangenheit war vergangen und ließ sich nicht mehr ändern. Es gab keinen Weg ungeschehen zu machen, was passiert war. Jetzt blieb ihm nur noch, weiter seinem Weg zu folgen. War es nicht das, was er Madara die ganze Zeit über versucht hatte zu sagen? Vielleicht sollte er sich an seinen eigenen Rat halten.

Doch was, wenn das nicht genug war?

Das hatte Madara ihn gefragt. Vielleicht verstand er ihn ja jetzt besser. Er begann dennoch zu essen.

Am nächsten Tag ging er zu Mito. Noch immer hatte sie ihre eigene kleine Wohnung und hatte anscheinend auch nicht vor, sie wieder zu verlassen. Auch wenn manche Leute es seltsam fanden, dass sie als Hashiramas Verlobte nicht bei ihm wohnte. Wie üblich hatte sie sich jedoch nicht um gängige Konventionen geschert.

Ein paar Blätter voller Formeln für komplizierte Siegel flogen Hashirama entgegen, als sie die Tür öffnete und damit einen Durchzug erzeugte. Sie musterte ihn.

»Du siehst besser aus«, stellte sie fest.

»So gut, wie man eben aussehen kann, wenn man keine zwei Wochen zuvor von einem gigantischen Fuchs auf dessen Klaue aufgespießt worden ist«, erwiderte er. »Ich bin hier, um dir mit ihm zu helfen.«

»Ich soll dich darüber informieren, dass Kyūbi dich im Besonderen nicht ausstehen kann«, sagte Mito.

Hashirama lächelte entschuldigend. »Das ist wohl nur fair, denke ich. Sag ihm doch bitte, dass es mir leidtut, aber ich nicht riskieren kann, dass er ungezügelt durch die Lande zieht und alles in seinem Weg zerstört.«

»Das mache ich«, versicherte Mito ihm. »Wenn er aufhört zu schmollen.«

Hashirama konnte sich irgendwie nicht vorstellen, dass eine Kreatur wie der Neunschwänzige schmollte.

Gemeinsam entfernten sie sich vom Dorf und gingen ein gutes Stück in den Wald hinein. Sicher war sicher. Unterwegs erklärte Mito ihm, was sie im Sinn hatte.

»Die acht Trigramme sind das spezielle Versiegelungsjutsu meines Clans, so viel weißt du bereits«, sagte sie. »Wir geben das seit Generationen weiter, auch wenn ich es bis jetzt noch nie hatte anwenden müssen – schon gar nicht an mir selbst. Es wird dafür verwendet, um starke Entitäten zu binden und zu versiegeln. Normalerweise geschieht das mittels spezieller Objekte, die zum Versiegeln gedacht sind, wie zum Beispiel eine Schriftrolle. Kyūbi ist dafür viel zu mächtig, beinahe sogar zu mächtig, um sein Chakra im Ganzen zu versiegeln. Aber ich besitze ein spezielles Chakra, das es mir erlaubt, sein jinchūriki zu sein. Ich muss dennoch konstant daran arbeiten, das Siegel unter Kontrolle zu halten, da er sonst die Oberhand gewinnen und ausbrechen würde. Du kannst sein Chakra unterdrücken, und das kann mir dabei helfen, ihn vollends unter meine Kontrolle zu bringen. So weit das eben möglich ist. Ich weiß nicht, ob es für den jinchūriki des Neunschwänzigen überhaupt möglich ist, jemals dieses immense Chakra vollständig zu kontrollieren, ohne davon verschlungen zu werden.«

Mit einem Mal fühlte sich Hashirama schuldig, weil er bisher keinen Gedanken daran verschwendet hatte, was das für Mito bedeuten musste, eine vom Bösen durchdrungene Kreatur wie den Kyūbi in sich tragen zu müssen. Er ergriff ihre Hand. »Es tut mir leid.«

Sie sah ihn fragend an. »Was genau?«

»Dass du das auf dich nehmen musst, natürlich. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein muss für dich.«

Sie verdrehte die Augen, lächelte jedoch milde. »Was habe ich dir gesagt? Du sollst mich nicht bevormunden. Komm jetzt, wir haben Arbeit vor uns.«

Sie fanden eine Lichtung und setzten sich gegenüber ins Gras. Der Frühling war längst mit aller Macht ausgebrochen, überall summte das Leben. Die Bäume trugen frisches Grün und der Wald erblühte in zahllosen Farben. Es hätte wunderschön sein sollen, doch stattdessen empfand Hashirama rein gar nichts bei diesem Anblick. Die Sonne schien, doch sie wärmte sein Gesicht nicht mehr. Es würde lange dauern, bis sie die Schatten aus seinem Herzen würde vertreiben können. Vielleicht würde es ihr nie gelingen.

»Lass uns beginnen«, sagte Mito.

Er nickte und formte die Handzeichen für sein Jutsu. Dann legte er ihr eine Hand auf die Stirn, um sein Chakra in direkten Kontakt mit ihrem zu bringen. Er passte den Chakrafluss so an, dass er hauptsächlich das Chakra des Kyūbi beeinflusste. Mitos Kette, die er bei sich trug, half ihm enorm dabei. Er hatte schon immer eine sehr genaue Kontrolle über sein Chakra besessen, aber das war noch einmal ein anderes Level.

Mito saß mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen da. Ein konzentrierter Ausdruck hatte sich auf ihr Gesicht gelegt.

Eine ganze Weile saßen sie schweigend da. Hashirama wusste nicht genau, was sie tat, aber er vertraute darauf, dass sie schon am besten wusste, wie mit ihrem Siegel umzugehen war. Er war einfach nur hier, um zu verhindern, dass unerwartete Dinge geschahen, während Mito die eigentliche Arbeit übernahm.

»Weiß du, ein jinchūriki zu sein, ist keine leichte Sache«, sagte Mito irgendwann. »Ein jinchūriki ist schlussendlich auch nur ein Gefäß für eine übermenschliche Macht, so wurde es jedenfalls immer in meinem Clan gesagt. Bijū sind Wesen aus purer Macht, und je mehr Macht sie besitzen, umso größer ist ihr Hass und ihr Zorn und ihr Wille, alles zu zerstören. Jinchūriki bedeutet, stets diesem Hass ausgesetzt zu sein und Gefahr zu laufen, davon verzehrt zu werden.

Ich hatte eine Meisterin, die mich alles über die acht Trigramme lehrte, was ich wissen musste. Sie lehrte mich auch, was es bedarf, um mit diesem unbändigen Hass umzugehen: Liebe. Sie sagte, dass ich zuerst das Gefäß, das ich bin, mit Liebe füllen muss, denn Liebe ist das Heilmittel zu all der Finsternis in dieser Welt.

Du hast geliebt und du wirst wieder lieben. Lass dir dieses Geschenk nicht nehmen, das dir gegeben wurde. Denn was ist die Welt ohne Liebe? Wir werden geboren, um zu leben, und zu leben heißt zu lieben.«

Er ließ die Hände sinken und faltete sie im Schoß. »In diesem Moment hatte ich eine Entscheidung getroffen und ich entschied mich für meinen Traum und gegen Madara. Ich werde damit leben müssen und auch mit dem Schmerz, den es mir brachte. Doch ich fürchte, dass dieser Weg, den ich eingeschlagen habe, am Ende doch in die Finsternis führt.«

»Wer weiß das schon«, erwiderte sie. »Wir können diesen Weg nur voran gehen und das Licht mit uns tragen. Es wird kein leichter Weg sein und ganz sicher auch nicht ohne Schmerzen. Zu Liebe gehört auch immer Verlust, und wer nie diesen Schmerz gespürt hat, hat auch nie geliebt.«

Er lächelte bitter. »Solche Worte habe ich auch zu Madara gesprochen.«

»Dann muss wohl was an ihnen dran sein. Vergiss eines nicht: Was war, kann dir keiner mehr nehmen. Und etwas gutes hatte es doch, oder?«

Das, was gewesen war, war nun Geschichte. Doch Konoha bestand weiter fort, der Traum, den sie sich hatten verwirklichen können. Madara hatte dem vielleicht den Rücken gekehrt, aber Hashirama trug noch immer den Madara, der damals diesen Weg gemeinsam mit ihm gegangen war, in seinem Herzen. Für ihn würde er diesen Traum weiterhin bewahren. Für ihn würde er alles dafür geben, um aus der Gegenwart die Zukunft zu formen.

Madara hatte seine Wurzeln tief in Hashirama gegraben, und umso schmerzhafter war es, als er sie herausgerissen hatte. Doch das, was gewesen war, konnte nicht mehr verändert werden, weder im Guten noch im Schlechten. Und nicht alles davon war schmerzhaft gewesen, bei weitem nicht. Dafür war er dankbar. Hashirama würde sich die guten Erinnerungen bewahren und sie immer in seinem Herzen tragen. Die Wunden würden verheilen, vielleicht sogar vernarben und mit Sicherheit auch in Zukunft noch schmerzen. Doch er würde nicht daran zugrunde gehen. Er würde bleiben, für das Dorf, aber auch für Mito und Tobirama und schlussendlich auch für den Madara, den er im Herzen trug.

»Mito-kun«, begann er. »Ich habe eine Idee, und du musst mir sagen, was du davon hältst.«

»Nur zu.«

»Es gibt noch mehr Bijū in dieser Welt, acht weitere, wenn ich mich richtig entsinne. Vielleicht sollten wir ausziehen und sie alle versiegeln. Ihre Kräfte sind eine Gefahr, aber richtig eingesetzt können sie auch Gutes bewirken. Wenn wir sie alle sammeln können, können wir sie an die anderen Dörfer geben. Wegen Madaras Angriff auf Iwagakure gibt es noch immer Spannungen zwischen unseren Dörfern und die Sache mit Takigakure ist ebenfalls … kompliziert, um es einmal so zu formulieren. Wenn wir ihnen die Bijū geben, könnte das zu einem Kräfteausgleich führen, der die Grundlage für einen globalen Frieden sein kann.«

Sie überlegte einen Moment. »Das klingt nach einem ziemlich verrückten Plan. Andererseits klang es vor einem Jahr auch vollkommen verrückt, dass Senju und Uchiha miteinander Frieden schließen könnten. Also klar, warum nicht? Das könnte funktionieren.«

Er lächelte. »Na dann. Lass uns Bijū jagen.«

Aragorn voice: "Let's hunt some orc." Das letzte Kapitel ist der Epilog, denn in dieser ganzen Geschichte hat Madara drei Worte niemals gesagt.
Epilog: Die Worte, die ich nie sprach
CN Tod

Dies war es also, das wahre Ende. Doch als Hashirama neben seinem einstigen Freund kniete, empfand er nichts weiter als bittersüße Melancholie. Madara lag im Sterben, seit die Bijū aus ihm herausgezerrt worden waren, und nicht einmal Hashirama konnte noch etwas dagegen unternehmen. Er wollte es auch nicht. Alles musste einmal ein Ende haben. Ihres war hier gekommen.

Sanft strich er Madara über die Wange. Ach, wäre er nur nicht Edo Tensei, könnte er doch nur etwas spüren! Aber Madara, er konnte noch fühlen.

»Mein Kamerad«, wisperte er und beugte sich über Madara. Es gab da etwas, dass er in seiner Erzählung im Naka Schrein nicht erwähnt hatte, weil es diese Jungspunde nichts anging, aber das war jetzt unwichtig. Sollten sie es ruhig sehen, jetzt spielte es auch keine Rolle mehr.

»Es gibt so vieles, was ich dir gern noch erzählt hätte«, fuhr Hashirama leise fort. »Als du mich im Tal des Endes verließt, war ich ein gebrochener Mann. Ich tat, was getan werden musste, aber es zerschmetterte mich. Aber Mito war da, um meinen Fall aufzufangen. Sie half mir, Kyūbi und die anderen Bijū zu versiegeln, und also wir so gemeinsam durch die Lande zogen, lernte ich sie zu lieben. Wir heirateten und hatten Kinder und schließlich auch Enkel. Tsunade hast du ja kennengelernt, sie hat dir eine ordentliche Tracht Prügel verpasst. Wir formten Konoha, und auch wenn mein Traum von Frieden zu meinen Lebzeiten nie in Erfüllung gegangen war, hielt ich doch weiter daran fest. Irgendwann einmal dankte ich ab und Tobirama wurde Hokage. Mito und ich wurden gemeinsam alt und irgendwann einmal war unsere Zeit gekommen.

Aber Madara, dich habe ich nie vergessen. Dich trug ich immer im Herzen. Bis heute. Noch immer liebe ich dich, so wie ich Mito liebe.«

»Liebe …«, wisperte Madara. Er hatte Mühe, die Augen offen zu halten. Tränen rannen ihm aus dem Augenwinkel. Hashirama küsste sie alle weg. »So jemand wie ich hat dich nicht verdient. Jetzt, wo es zu Ende ist, bereue ich so viel.«

»Ich vergebe dir.«

Madara schwieg, und als sein Atem immer schwächer wurde, fürchtete Hashirama schon, dass es seine letzten Atemzüge waren. Doch da fuhr Madara fort: »Es gibt Worte, die ich nie zu dir sprach. Aber jetzt ist es wohl zu spät dafür, und das bereue ich am bittersten.«

»Nein, ist es nicht«, versicherte Hashirama ihm. Liebevoll legte er Madara eine Hand auf die Wange und küsste ihn. Er wollte nicht, dass Madara aus dieser Welt schied, ohne ein letztes Mal seine Liebe zu spüren.

»Ich liebe dich, Hashirama.«

Er lächelte. Madara lag still, doch der Hauch eines Lächelns lag auf seinen Lippen. Im Tod hatte er den Frieden gefunden, dem er im Leben immer nachgejagt war.

»Es war einst ein Traum, der Konoha war.«

Hashirama erhob sich und wandte sich an die Umstehenden. Schweigend und mit respektvollem Abstand hatten sie die Szene beobachtet im Bewusstsein, dass hier etwas von großer Feierlichkeit geschah.

»Ehrt ihn«, sagte Hashirama und sah zu Tobirama, Saru und Minato. »Ist Konoha das Leben eines guten Mannes wert? Wir glaubten es einst. Sorgt dafür, was wir es wieder glauben. Ehrt ihn.« Er wandte den Blick Kakashi, Sakura, Sasuke und Naruto. »Dies ist eure Aufgabe für die Zukunft. Die Welt liegt in euren Händen, doch vergesst nicht ihre Wurzeln. Ehrt ihn.«

Niemand sagte etwas, doch Naruto nickte ernst.

Zuletzt wandte er sich an Hagoromo.

Der Weise der Sechs Pfade lächelte zu ihm hinab. »Meine Söhne sind wieder vereint in Liebe. Doch nun ist es Zeit, dass ich das Jutsu auflöse. Geht in Frieden.«

Ein warmes, samtenes Licht umfing Hashirama, und als er auf seine Hände blickte und sah, dass sich sein Körper langsam aufzulösen begann, wusste er, dass seine Zeit gekommen war. Es war ohnehin geschenkte Zeit gewesen. Er war dankbar, dass ihm dieser Augenblick vergönnt worden war. Mit einem Lächeln schloss er die Augen.

Als er sie wieder öffnete, wusste er, dass es vorüber war. Das wohlige Gefühl von Glückseligkeit erfüllte ihn.

»Hashirama.«

»Mito!« Er lächelte breit, als er seine wunderschöne Frau sah. »Du hast auf mich gewartet. Verzeih mir, ich bin etwas spät.«

Sie kam auf ihn zu und er empfing sie in seinen Armen. Sie schmiegte sich an ihn und er genoss das Gefühl ihrer Wärme. Als er den Blick hob, sah er, dass sie nicht allein waren. Mit großen Augen sah Madara ihn an. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ihm das vergönnt war. Hashirama streckte ihm die Hand entgegen. »Komm her.«

Zunächst noch etwas zögerlich, als könne dieser Augenblick jeden Moment zerplatzen, kam Madara dem nach. Und dann, endlich, konnte Hashirama auch ihn wieder spüren. Einen Arm um Mito geschlungen, während er mit dem anderen Madaras Hand hielt, lehnte er sich glücklich lächelnd gegen ihn.

Und sie waren nicht die einzigen hier. Tobirama war auch gekommen, und selbst er lächelte. Und Itama und Kawarama waren auch da.

Madara gab einen überraschten Laut von sich, als er sah, wer noch alles bei ihnen war. Und dann lache er auf und schloss Izuna in seine Arme. »Izuna, was habe ich dich vermisst!«, rief er aus. »Und Kou, Kuro, Togakushi, ihr seid ja auch hier!«

»Yo, Big Bro, hast dir ja ganz schön Zeit gelassen«, bemerkte Izuna lässig.

Hashirama lächelte zufrieden. Alles war, wie es sein sollte. »Also dann«, sagte er. »Lasst uns gehen.«

Ich hatte überlegt, ob ich statt dieses Kapitels Adamanten als das Ende nehmen sollte, da dieser Text ebenso gut funktioniert und ein paar Details ohnehin auf dem fußen, was ich für diese Geschichte hier schrieb. Dann hatte ich das hier aber schon geschrieben (um 5 am Morgen nach etwa 3 Stunden Schlaf und vor einem extrem nervenaufreibenden Termin) und mochte es, weshalb ich es dann doch stehen ließ. Das ausführliche happy end steht also in Adamanten. Außerdem ist lose eine Fortsetzung mit HashiMito geplant, wo die beiden Bijuu jagen gehen ("Gotta catch 'em all!"), wird wahrscheinlich "Geboren um zu leben" (ja, wie der Unheilig Song) heißen. "Ehrt ihn" ist eine Anspielung auf die grandiose Endszene in Gladiator. (5 Sekunden später geht Sasuke apeshit, weil er NICHTS verstanden hat.)
Um es mit Frodo zu sagen: It is done. I'm gald you're here with me. Here at the end of all things. Nun, nicht das das Ende aller Dinge, aber zumindest doch dieses Textes, der ja doch ein ziemliches Mammutprojekt gewesen war. Immerhin Romanlänge! Ich hoffe, es hat allen gefallen.

Autorennotiz

Ab 18 gerated für genau eine (1) explizite Szene ziemlich am Ende. Die meiste Zeit bewegt der Text sich zwischen 12 und 16. Updates jeden Donnerstag
Kleine Playlist für die Fic: open.spotify.com/playlist/5LLBh7xE3M8Aua5ZuJpce9?si=U36FFAp5R7qskXmI9M25eA

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Wintergeists Profilbild
Wintergeist Am 21.03.2021 um 19:31 Uhr Mit 2. Kapitel verknüpft
> Hashirama hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst ein wenig nachzuhelfen und gleich noch einige blühende Kirschbäume wachsen zu lassen.

Verdammter Angeber, bin Fan! :D

> »Wenn ich dich hätte vergiften wollen, hätte ich bereits zahlreiche Gelegenheiten dafür gehabt, die nicht beinhalten, gutes Essen daran zu verschwenden«, erinnerte er.

Prioritäten auch im Griff 11/10!

Also keine Ahnung, was da abgeht, dass die die ganzen Hochzeitssachen vor ... Außenstehenden besprechen, aber ich mag die Situationen, die sich daraus ergeben sehr,

> »Bild‘ dir bloß nichts drauf ein. Wahrscheinlich hast du ohnehin nur Holz da oben.«
> »Das kann ich bestätigen«, grummelte Tobirama. »Ein Fest für Holzwürmer.«

TOLL, sie haben Gemeinsamkeiten! Ich lachte tatsächlich ein wenig, aber Brüder/Absolut-gar-nicht-BFs zu mobben ist halt eine gute Basis für eine freundliche Beziehungsbasis zueinander :D

Finde die Charakterisierung sehr nice, auch wenn ich natürlich das Ausgangsmaterial nicht kenne *hust*
Aber 's passt schon so!
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Elenyafinwe
M
(Autor)
Am 22.03.2021 um 22:26 Uhr
Hashirama ist casual Angeber, das wird noch schlimmer xP Zumal er sich dessen nicht mal bewusst ist, hehehehe.
Und klar! Man verschwendet Sushi nicht! Ist Gesetz. (Was Madara auch so sieht.)
Ohhh, dass dich da mal nicht täuschen. Die einzige Beziehung, die Tobirama und Madara haben, ist purer Hass. Aber es ist beidseitig. Immerhin. Stell dir mal vor, der eine müsste ganz allein den anderen hassen, ohne zurückgehasst zu werden. Ist schon tragisch :c Nee, im Ernst. Tobirama ist derjenige, der Madaras kleinen Bruder getötet hat, falls du das im Manga/Anime noch nicht mitbekommen haben solltest. Und Izuna hat die Welt bedeutet für Madara, so ... well, shit :D
lg
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Wintergeist Am 21.03.2021 um 17:57 Uhr Mit 1. Kapitel verknüpft
Wäre dieses Feedback ein Emoji, würde er diese rausploppenden Herzchenaugen haben.
Bin großer Fan der leichten, aber nicht cringigen Awkwardness zwischen den Beiden und der trotzdem relativ entspannten Stimmung, wissend, dass da noch ordentlich Drama folgen wird. :D

Bin jetzt schon Fan!
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Elenyafinwe
M
(Autor)
Am 21.03.2021 um 18:11 Uhr
Ja! Die sind einfach soooo cute als Teenager! Ich geh kaputt! *-*
Und wenn Madara eins ist, dann ne fucking Dramaqueen.
Hoffe, dir gefällt auch der Rest ^^
lg

Autor

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Kapitel: 29
Sätze: 8.735
Wörter: 119.508
Zeichen: 705.920

Kurzbeschreibung

Ein Handschlag. Mehr bedarf es nicht, um den Frieden zwischen den Senju und Uchiha zu beschließen. Hashirama und Madara sind endlich in der Lage, den Generationen übergreifenden Zwist zwischen ihren Clans beizulegen und ihren lang gehegten Traum eines Shinobidorfs zu verwirklichen. Doch alte Feindschaften lassen sich nicht so leicht vergessen und eine neue Welt erschafft sich nicht aus dem Nichts. [HashiMada]

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Slow Burn, Longfiction, canon aware, Psychische Krankheit(en), Trauma, Liebe, Liebesdreieck, Freundschaft, Schmerz und Trost und Happy End getaggt.