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Until Eternity

532
11.02.22 16:23
16 Ab 16 Jahren
Heterosexualität
Homosexualität
Bisexualität
Fertiggestellt

10 Charaktere

Naruto Uzumaki

Naruto Uzumaki ist der Hauptcharakter der Manga- und Anime-Serie "Naruto". Zusammen mit Sasuke Uchiha, Sakura Haruno und Kakashi Hatake ist er ein Teil von Team 7. Sein größter Traum ist es, von allen Bewohnern der Stadt Konoha respektiert zu werden und sich eines Tages Hokage nennen zu dürfen.

Sasuke Uchiha

Sasuke Uchiha ist das letzte lebende Mitglied des großen Uchiha-Klans. Sein einziges Ziel es, Rache zu nehmen und seinen Bruder Itachi umzubringen. Zusammen mit Naruto Uzumaki, Sakura Haruno und Kakashi Hatake ist er ein Teil von Team 7.

Sakura Haruno

Sakura Haruno ist zusammen mit Naruto Uzumaki, Sasuke Uchiha und Kakashi Hatake ein Teil von Team 7. Die temperamentvolle Kunoichi wurde unter der legendären Tsunade trainiert. Sie ist in Sasuke verliebt und ihr einziger Wunsch ist es, ihn von seinem Rachplan abzubringen und Team 7 wiederzuvereinen.

Hatake Kakashi

Der Jonin ist Lehrer der drei jungen Shinobi und somit Mitglied von Team 7. Er liest zumeist in seinem Buch "Icha-Icha-Tactics". Was sich unter seiner Gesichtsmaske verbirgt, bleibt lange ein Rätsel. Früher einmal kämpfte er im großen Ninja-Krieg und verlor dort auch seine beiden engsten Freunde - von einem von ihnen, Obito Uchiha, hat Kakashi sein Sharingan-Auge.

Uchiha Madara

Zur Zeit der Bürgerkriege war er einer der mächtigsten Ninja und Anführer der Uchiha. Zusammen mit seinem Bruder Izuna erlangt er das Mangekyō Sharingan, doch selbst damit war er nicht in der Lage, seinen alten Kindheitsfreund Hashirama zu besiegen. Später schloss er mit diesem Frieden, um ihren alten Traum zu verwirklichen, verließ dann jedoch Konoha, um es einige Zeit später wieder anzugreifen.

Senju Hashirama

Auch als Gott der Shinobi bekannt. Er ist mit seinem Freund und Rivalen Uchiha Madara einer der Gründer Konohagakures und wurde auch erster Hokage mit seinem jüngeren Bruder Tobirama als sein Nachfolger. Hashirama besitzt das einmalige kekkei genkai des Mokuton, das Erd- und Wasser-Elemente verbindet und ihn in die Lage versetzt, die Kräfte der Biju zu unterdrücken.

Uzumaki Mito

Mito vom Uzumaki Clan ist bekannt als der erste jinchūriki Kuramas, welchen sie in sich versiegelte, nachdem Uchiha Madara mit ihm Konoha angriff. Sie heiratete Senju Hashirama und unterwies später in ihrem Leben Uzumaki Kushina darin, was es heißt, der jinchūriki Kuramas zu sein.

Kurama

Kurama, allgemein bekannt als Kyūbi oder auch Neunschwänziger Fuchsgeist, ist der Bijū, der in Naruto Uzumaki versiegelt ist. In der Vergangenheit hatte Kurama immer wieder das Dorf Konoha angegriffen, bis schließlich der Vierte Hokage ihn fangen konnte. Kurama war lange Zeit Naruto feindselig gesonnen, bis sie schlussendlich doch Freundschaft schließen konnten.

Tsunade

Tsunade ist der Hokage der Fünften Generation und Senju Hashiramas Enkelin. Sie ist auch bekannt als der Legendäre Verlierer und ist eine der Sannin zusammen mit Jiraya und Orochimaru. Tsunade besitzt legendäre Stärke und ist eine hervorragende Heilerin. Einst hatte sie einen kleinen Bruder Nawaki und hatte eine Liebesbeziehung mit Dan, verlor jedoch beide im Krieg.

Hatake Kakashi

Kakashi ist ein Jonin aus Konohagakure, einstiger Schüler Namikaze Minatos sowie Teamführer von Team 7. Kakashi ist berühmt für sein Sharingan, das er im linken Auge besitzt und welches er von Obito, seinem einstigen Teamkameraden, erhalten hatte. Kakashis spezielle Fähigkeit ist sein Chidori, ein Jutsu, das er selbst entwickelt hat und das er an Sasuke weitergab.

Naruto wusste, dass die ganze Sache mit Zabuza ihm mehr zusetzte, als ihm lieb war, als er kurz nach ihrer Rückkehr aus dem Land der Wellen begann, Stimmen zu hören. Um genau zu sein, begann es ganz harmlos mit einer. Schlimm sollte es erst werden, als die zweite dazu kommen würde.

»Das … ist nicht das Jenseits.«

Der Junge lag noch immer in seinem Bett, starrte zur Decke und dachte über das Geschehene nach, als er plötzlich die Stimme hörte. Er sprang auf und tastete nach dem Kunai unter seinem Kissen, verfluchte sich aber im nächsten Moment dafür, noch immer keines dort deponiert zu haben. So ein Mist, echt jetzt!

»Wer ist da?!«, rief er in die Stille seiner kleinen Wohnung. »Kakashi-sensei?«

»Blödsinn! Keine Ahnung, wer dieser Kakashi sein soll. Jetzt sag mir gefälligst, wer du bist, Bratze.«

»Hey!«, beschwerte sich Naruto. »Keine Ahnung, wo du steckst, aber ich sag dir, ich find dich und verpasse dir ne Tracht Prügel dafür, dass du so mit mir gesprochen hast! Ich bin Uzumaki Naruto aus Konoha, merk dir das!«

Er konnte die fremde Person seufzen hören. Seltsamerweise höre es sich an, als würde sie in seinem Kopf seufzen. Was hatte Kakashi-sensei gesagt? Manche konnten Illusionen wirken, das nannte sich Genjutsu. War das so ein Genjutsu Ding? Und was sollte er machen? Ein Kunai drauf werfen?

»Uzumaki sagst du? Aus Mitos Clan?«, wollte die fremde Person dann wissen.

Naruto merkte auf. Er kannte keine Mito, aber die Sache mit dem Clan ließ ihn aufhorchen. »Hä? Es gibt noch mehr Uzumaki?«

»Natürlich, du Vollidiot. Bist du als Kind einmal zu oft auf den Kopf gefallen, oder was ist mit dir los? Und jetzt hör auf, so dumme Fragen zu stellen und beantworte mir meine. Geh zum Fenster.«

Naruto verschränkte die Arme vor der Brust. »Erst, wenn du aufhörst, so gemein mit mir zu reden! Sag mir, wer du bist und wo du steckst.«

»Soll ich jetzt lieb und brav bitte und danke sagen oder was? Wie alt bist du? Fünf? Selbst Hashirama war nicht so ein Trottel. Jetzt geh endlich zum Fenster!«

»Du nervst! Echt jetzt!«

Naruto ging dennoch zum Fenster.

»Ist das … Konoha?« Eine kleine Pause folgte. »Jetzt schau zum Hokage Felsen.«

Das war alles ganz seltsam. Naruto schaute dennoch zur Felswand.

»Na, das wird ja immer interessanter. Wer ist die vierte Person da?«

Naruto kratzte sich den Nacken und kniff die Augen zusammen. »Das ist der Vierte Hokage, ist doch klar! Aber er starb vor zwölf Jahren, als das Fuchsmonster das Dorf angriff. Er ist ein Held, echt jetzt! Jetzt ist der alte Mann wieder Hokage. Der ist ganz furchtbar und raucht die ganze Zeit und ist total langweilig.«

Stille.

»Hey, komischer Kerl, bist du noch da? Sagst du mir jetzt, wer du bist und wo du steckst?«

»Halt die Klappe, ich muss nachdenken!«, blaffte die Stimme ihn an. Naruto fürchtete schon, dass er nie eine Antwort bekommen würde, als der Mann doch fortfuhr: »Na gut, Naruto, oder wie auch immer du heißt. Ich bin Uchiha Madara und augenscheinlich habe ich das Pech, nicht mehr als ein Chakra-Geist zu sein, der jetzt mit dir festhängt. Wenn das Tobiramas Schuld ist, weide ich ihn aus …«

Naruto hatte von diesen ganzen Leuten noch nie etwas gehört, aber diese Sache mit dem Geist klang ganz und gar nicht gut. Er stieß einen schrillen Schrei aus. »Was?! Du steckst in meinem Kopf?! Bist du vielleicht das Fuchsmonster? Willst du das Dorf angreifen?«

»Jetzt reiß dich zusammen! Schreien hilft niemandem. Was hast du nur die ganze Zeit mit diesem Fuchsmonster? Meinst du Kyubi?«

»Ich dreh durch! Ich werd irre! Ich hab ne Stimme in meinem Kopf! Tote Leute reden mit mir, was mach ich jetzt? Was soll Sasuke von mir denken, wenn er Wind davon bekommt? Und erst Sakura! Die dürfen das nie erfahren! Ich muss das rückgängig machen? War‘s die Milch heute früh?«

Dieser spontane Gedanke ließ Narutos Hoffnung aufflammen. Vielleicht war ja nur wieder etwas mit der Milch, manchmal fühlte er sich ganz komisch, wenn er Milch trank, die schon ein paar Tage offen war. Er stürzte zu seinem Kühlschrank, riss die Tür auf und schraubte die Milchpackung auf. Mit einem konzentrierten Ausdruck roch er an der Milch. Nein, alles normal. Verdammt.

»Naruto, reiß dich zusammen und beruhige dich!«, fauchte Madara ihn an. »Denkst du, mir macht das hier Spaß? Ich hatte ganz anderes im Sinn.«

»Du hast gut reden, du hast ja keine Stimme im Kopf.«

»Korrekt. Ich bin die Stimme.«

»Soll mir das irgendwie weiterhelfen?«

»Du sollst die Klappe halten und mich denken lassen!«

Naruto blies beleidigt die Backen auf und hielt die Klappe. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und grummelte vor sich hin. Dann ging ihm etwas auf.

»Hey, Madara, du hast gesagt, du bist ein Uchiha.«

»Ja, und?«

»Ich dachte, die gibt‘s nicht mehr. Wieso hab ich dann einen in meinem Kopf?«

Wieder antwortete Madara nicht gleich. »Was hast du da gerade gesagt?«, wollte er schließlich wissen.

»Wieso bist du in meinem Kopf?«, wiederholte Naruto besonders langsam. Madara schien nicht der hellste zu sein.

»Nicht das, du Idiot! Das andere! Wieso sagst du, dass es meinen Clan nicht mehr gibt?«

»Na ja, ganz stimmt das nicht. Es gibt noch Sasuke, aber der ist ein Mistkerl. Vor ein paar Jahren ist was passiert, irgendwer hat den ganzen Clan getötet oder so. War eine schlimme Sache. Glaub ich jedenfalls. Die Leute im Dorf reden ja nicht mit mir, ich hab das nicht wirklich mitbekommen.«

Die Stille, die auf seine Worte folgte, war dröhnend. Naruto hatte noch nie eine solche Grabesstille vernommen. Es machte ihm beinahe Angst.

»Hey, hab ich … hab ich was falsches gesagt?«, fragte er schüchtern.

»Nein, es ist nur …« Madara seufzte. »Jemand, der mir einmal sehr viel bedeutet hat, trug mir auf dem Sterbebett auf, unseren Clan zu beschützen. Ich bin gestorben, um seinen Wunsch zu erfüllen, und jetzt war es doch um sonst.«

»Wow, das ist traurig. Darf ich …« Naruto räusperte sich verlegen. »Darf ich fragen, wie du gestorben bist?«

»Nein«, sagte Madara eiskalt. »Du darfst jetzt zu diesem Sasuke gehen und ihn fragen, was genau passiert ist.«

Naruto verzog das Gesicht. »Bleh! Ich geh doch nicht freiwillig zu diesem Angeber! Ich muss ihn schon genug beim Training ertragen. Hey, sag mal. Du bist ein Uchiha und Sasuke auch. Da kennst du ihn doch bestimmt. Sag mir, was er für Schwächen hat, damit ich ihn endlich verprügeln kann.«

»Keine Ahnung, nie von diesem Kind gehört, und es ist mir auch egal. Es gibt wichtigeres in Erfahrung zu bringen.«

»Aber ihr seid doch vom selben Clan!«

»Ja, und? Offensichtlich ist seit meinem Tod sehr viel Zeit verstrichen. Als ich Hiruzen das letzte Mal sah, war er kaum älter als du und Tobiramas treu ergebener kleiner Arschkriecher, und jetzt hängt sein Gesicht an der Felswand. Ich verfluche Hashirama für diese Idee.«

Naruto rechnete im Kopf nach und kam zu dem Ergebnis, dass das sehr lange her sein musste. »Wow, dann bist du ja steinalt!«

»Sag mal, wie blöd bist du eigentlich? Bringt man euch gar nichts mehr in der Akademie bei?«

»Hey, was soll das jetzt wieder heißen?«

»Ich hab dieses Dorf mitbegründet, das soll das heißen! Ich hab nicht um sonst all die Jahre Hashirama ertragen, nur damit so eine kleine Bratze wie du Geschichte komplett ignorieren kann!«

»Und wer war Hashirama?«

Wieder seufzte Madara, doch dieses Mal klag es genervt. »Ein Idiot wie du. Ich glaube, ihr beide hättet euch gemocht. Gleich und gleich gesellt sich gern.«

»Könntest du aufhören, mich Idiot zu nennen? Das ist echt nicht nett.«

»Dann hör auf, dich wie einer zu benehmen.«

»Maaaan, du nervst, echt jetzt! Wie werd ich dich wieder los?«

»Wenigstens das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeiten.«

Sie verfielen in beleidigtes Schweigen.

Madara brach die Stille als erstes. »Wenn du schon nicht mit Sasuke reden willst, dann geh wenigstens zur Bibliothek. Die gibt‘s doch noch, oder?«

Naruto verzog das Gesicht. »Eww, ja. Und wie soll mir das helfen, dich wieder loszuwerden?«

»Zieh nicht so ein Gesicht und mach dich auf den Weg. Ich will wissen, was seit meinem Ableben mit meinem Clan passiert ist.«

Naruto kam eine Idee. »Warum sollte ich das tun? Du bist nur eine nervige Stimme in meinem Kopf.«

»Wenn du nicht tust, worum ich dich bitte, kann ich dich gern für den Rest deines Lebens nerven, sodass du nie wieder eine ruhige Minute hast.«

»Scheiße.« Darauf hatte Naruto nun wirklich keine Lust.

Kurze Zeit später befand er sich auf den Weg zur Bibliothek. Er konnte einfach nicht glauben, dass er wirklich tat, was eine lästige Stimme in seinem Kopf ihm sagte, und dass er jetzt ausgerechnet freiwillig zur Bibliothek ging. Er hatte diesen Ort immer vermieden. Zu langweilig, und irgendwo hatten seine Streiche auch eine Grenze.

Madara war die ganze Zeit über still, und als Naruto ihn fragte, was er da in seinem Kopf tat, erhielt er nur eine schnippische Antwort, dass es ihn nichts anginge. Naruto fand allerdings sehr wohl, dass es ihn etwas anginge, immerhin war das sein Kopf, den er sich jetzt mit Madara teilen musste.

»Hey, Madara-jiji, sag mal«, wisperte Naruto. Er zupfte sich den Kragen seiner Jacke zurecht, sodass die Passanten nicht sahen, dass er mit jemandem sprach, den sie nicht sehen konnten. Dann würden sie ihn erst recht davonjagen. »Du hattest vorhin eine Mito erwähnt. Wer war das?«

»Hashiramas Frau.«

Da war etwas in Madaras Stimme, das Naruto nicht wirklich deuten konnte. »Und weiter? Du hast gesagt, sie war eine Uzumaki. Bestimmt war sie viel cooler, als nur die Frau von irgend so einem Kerl.«

»Dieser Kerl war der erste Hokage, shinobi no kami! Also rede gefälligst respektvoll von ihm!«, zischte Madara plötzlich aufgebracht.

Naruto duckte sich unter den misstrauischen Blicken eines Ladenverkäufers hinweg. »Du bist derjenige, der ihn Idiot nennt und alles.«

»Weil er einer war. Das gibt dir noch lange nicht das Recht, ebenfalls so von ihm zu reden.«

»Du bist echt schräg, alter Mann. Aber ich will jetzt mehr von Mito hören. Ich wusste gar nicht, dass es noch mehr Uzumaki gab. Dass wir sogar ein Clan sind! Das ist cool, echt jetzt!«

Naruto merkte, wie ihm schräge Blicke folgten. Er musste seinen Enthusiasmus zügeln. Aber das war so aufregend!

»Die Uzumaki sind ein Clan aus dem Strudelreich und bekannt für ihr außergewöhnliches Geschick im Fūinjutsu«, erklärte Madara. »Das hatte schon zu meiner Zeit viele Begehrlichkeiten geweckt, weshalb in der frühen Zeit des Dorfes Uzumaki Ashina, Mitos Vater, sich an uns wandte und um Schutz ersuchte. Er wollte sich seine Unabhängigkeit bewahren, gleichzeitig aber von unserer Stärke profitieren, weshalb er seine Tochter mit Hashirama verheiraten wollte. Uzushiogakure war seither ein Verbündeter Konohas gewesen. Dass du den Wirbel auf deiner Kleidung trägst, zeigt mir, dass das auch immer noch so ist.«

Naruto schielte auf das Zeichen auf seinem Rücken. »Ist das so? Ich hab noch nie von diesem Dorf gehört. Und warum gibt‘s dann keine Uzumaki mehr, wenn wir so toll gewesen waren?«

»Keine Ahnung. Was auch immer passiert ist, muss nach meiner Zeit gewesen sein.«

Naruto grummelte frustriert. »Erzähl mir mehr von Mito. Du hast sie gekannt, oder?«

»Sie war ganz in Ordnung«, sagte Madara lässig. »Immerhin konnte sie Tobirama in seine Schranken verweisen und hat ihm ständig gesagt, dass seine Erfindungen Müll waren. Und dann hat sie seine Siegel verbessert. Es gab wirklich niemanden, der besser mit Siegeln war als sie. Die Siegelmeister der Uzumaki waren unübertroffen und unter ihnen gehörte Mito zu den besten. Das war wohl auch der Grund, weshalb sie der erste jinchūriki des Kyubi wurde, als … nun, sie war eben der erste jinchūriki.«

Naruto blieb so abrupt stehen, dass die Person hinter ihm in ihn hineinlief und fluchend ihre Einkaufstaschen fallen ließ. Bevor er sich noch eine Standpauke einfangen konnte, rannte Naruto um die nächste Ecke und verschwand.

»Jinchūriki«, murmelte er. »Was ist ein jinchūriki?«

Er konnte förmlich spüren, wie Madara mit den Augen rollte. »Sie bringen euch heutzutage echt gar nichts mehr bei in der Akademie, oder?«

»Hey, ist nicht meine Schuld, dass alle Geheimnisse vor mir haben!«, fauchte Naruto zurück. »Ich hab nicht drum gebeten, Fuchsdämon genannt zu werden! Alle hassen mich deswegen und ich weiß nicht mal, was ich verbrochen hab.«

Madara stutzte. »Du … Oh, ich verstehe. Du bist ein jinchūriki. Das heißt, dass du das Gefäß für das Chakra des Kyubi bist. Er ist in dir versiegelt.«

»Und … und Mito war das auch? Wie konnte sie da die Frau des ersten Hokage sein? Wurde sie nicht auch von allen gehasst?«

»Ganz im Gegenteil. Alle haben sie geliebt, weil sie diejenige war, die den Laden hier zusammenhielt. Ohne sie hätte Hashirama das alles in den Sand gesetzt.«

»Oh. Dann liegt‘s wohl doch an mir …«

»Was? Das hab ich nicht gesagt! Argh. Kinder! Hey, hör mal, kleine Kröte. Keine Ahnung, was mit dir passiert ist oder warum dir keiner auch nur das geringste beibringt. Aber deine Schuld ist es ganz bestimmt nicht.«

Narutos Gesicht hellte sich auf. »Du kannst ja doch nette Sachen sagen!«

Madara sagte nichts darauf und grummelte nur missmutig. »Beeil dich gefälligst. Ich muss was nachschauen.«

Naruto grinste vor sich hin und pfiff eine fröhliche Melodie. Es gab also doch noch mehr Uzumaki und sie waren alle richtig cool drauf. Das war das tollste, was er seit langem gehört hatte.

Mittlerweile hatte er die Bibliothek erreicht. Er verzog das Gesicht, als er vor das Gebäude betrat. Ihm stand wirklich nicht der Sinn nach trockener Theorie, aber Madaras Androhung, ihn bis zum Ende seiner Tage zu nerven, hing noch im Raum. Also gab er sich doch einen Ruck und trat durch die Tür.

Muffige Stille schlug ihm entgegen. Er befand sich in einer Art Foyer und eine weitere Glastür führte in die eigentliche Bibliothek. Vor der Tür befand sich ein Tresen, hinter dem ein alter Mann mit einer dicken Hornbrille saß. Als Naruto den Raum betrat, blickte er auf, und als er den Jungen erkannte, verfinsterte sich sogleich sein Blick.

»Wenn du hier bist, um Unfug anzustellen, dann …!«

Naruto streckte ihm die Zunge heraus. »Blödsinn! Ich will was lesen. Als Ninja darf ich mir Sachen ausleihen!«

Der Mann schnaubte. »Das glaubst du doch selbst nicht.«

»Doch, ist ganz wichtig! Für … für eine Mission! C-Rank. Ich muss superwichtige Informationen sammeln.«

»Na fein. Aber wenn ich dich erwische, wie du Fettflecken auf den Seiten hinterlässt, werfe ich dich hochkant wieder heraus!«

Naruto lachte auf und rannte durch die Tür.

»Und sei gefälligst leise!«, brüllte ihm der Mann hinterher, aber da war Naruto schon längst über alle Berge.

»Und jetzt?«, wisperte er Madara zu.

»Du musst nicht aussprechen, was du mir sagen willst. Es reicht, wenn du es denkst.«

»Echt? Krass. So?«

»Ja.«

»Abgefahren!« Naruto stutzte. »Warte, das heißt, du kannst hören, was ich denke?«

»Leider ja.«

»Scheiße.«

»Konzentriere dich, Junge. Dritte Etage, Reihe E100. Da sollst du hingehen.«

»Geht klar!« Naruto stiefelte drauf los.

»Falsche Richtung.« Madara seufzte genervt. »Da, es ist doch ausgeschildert!«

Naruto änderte die Richtung. »Woher weißt du überhaupt so genau, wo ich hin muss?«

»Weil ich leider weiß, wie Tobirama tickt. Der Typ hatte einen Ordnungsfimmel, er hat das System der Bibliothek entworfen. Zusammen mit einer Reihe anderer Dinge.«

»Du hast den jetzt schon einige Male erwähnt. Wer war das?«

»Willst du nicht wissen.«

»Doch, will ich.«

»Nervensäge. Meinethalben. Tobirama war Hashiramas kleiner Bruder und die schrecklichste Person auf der ganzen Welt. Er hat jede nur erdenkliche Folter tausendfach verdient. Leider war er anscheinend auch der Zweite Hokage. Gerechte Strafe. Hat der Bastard verdient.«

»Aber Hokage sein ist richtig toll! Alle im Dorf respektieren einen und man ist der stärkste Ninja weit und breit. Ich werde eines Tages Hokage, echt jetzt!«

»Du …? Ach, vergiss es. Such das Regal.«

Naruto brauchte auch mit Madaras Hilfe eine Weile, bis er gefunden hatte, was sie suchten. Die Bibliothek war so seltsam, wer sortierte bitteschön Dinge nach Buchstaben und Zahlen? Und wie die ganzen Bücher und Schriftrollen den Codes zugeordnet waren, war ihm ebenfalls nicht ersichtlich. Am Ende stand er allerdings doch vor einem Regal voller alter Magazine und Zeitungen.

»Und jetzt?«, wollte er von Madara wissen.

»Jetzt suchst du alles heraus, das Nachrichten über die Sache mit meinem Clan enthält.«

Naruto maulte. »Das dauert ja ewig! Das ist so viel! Hilf mir gefälligst.«

»Nein, ich hab dir doch gesagt, dass ich etwas anderes nachsehen muss. Außerdem kann ich ohnehin nur das sehen, was du auch siehst. Also hopp hopp, an die Arbeit. Je eher du beginnst, umso schneller bist du fertig.«

Naruto maulte noch mehr, tat jedoch, was Madara ihm aufgetragen hatte. Er begann recht wahllos, in einigen alten Zeitungen zu blättern. Irgendwann einmal kam er auf die Idee, auf die Daten zu achten, und suchte sich gezielt die heraus, die zu der Zeit erschienen waren, als diese Sache mit dem Uchiha-Clan passiert war. Naruto konnte sich kaum daran erinnern. Er wusste noch, dass die Erwachsenen auf der Straße gewispert hatten und alle so eine komische Stimmung gehabt hatten. Dann hatte er bemerkt, wie sie alle anfingen, heimlich auf Sasuke zu zeigen, und wie Sasuke mit diesem ganz speziellen leeren Blick durch die Straßen schlich. Naruto kannte diesen Blick. Er hatte ihn selbst.

Nach einer Weile hatte er einen Stapel alter Zeitungen zusammen und hatte die Artikel herausgesucht, die über die Uchiha berichteten. Sie sprachen von einem Massaker und von Sippenmord.

»Hey, alter Mann. Genug auf der faulen Haut gelegen. Schau her!«

Er konnte Madaras Missfallen spüren und beschloss, dass das die perfekte Anrede für den Miesepeter war. Gemeinsam mit Madara ging er durch die Artikel. Madaras Missfallen wuchs, je mehr sie lasen, Naruto wusste allerdings nicht, ob des Inhalts der Berichte oder ob der fehlenden Details. Niemand wusste anscheinend etwas genaues und am Ende blieben viel zu viele Fragen offen.

»Können wir jetzt gehen?«, wollte Naruto wissen. »Ich mag‘s hier nicht.«

Wieder Stille.

»Madara? Madara-jiji?«

»Wer auch immer dafür verantwortlich ist, wird dafür bezahlen«, knurrte Madara mit einem Male.

Da war etwas Eiskaltes in seiner Stimme, das Naruto erschaudern ließ. Es erinnerte ihn an die Mordlust in Zabuzas Augen und das war etwas, das er eigentlich ganz schnell wieder hatte vergessen wollen.

»Ich kann verstehen, wenn du das alles echt beschissen findest, echt jetzt«, quetschte er kleinlaut hervor. »Aber können wir jetzt bitte gehen?«

»Das sind nicht genug Informationen«, sagte Madara, offensichtlich darum bemüht, ruhig zu bleiben. »Das dachte ich mir bereits. Die wirklich interessanten Informationen sind bei den Anbu weggeschlossen, aber da kommt jemand wie du nicht heran. Aber ja, du kannst gehen. Für‘s erste.«

Erleichtert sprang Naruto auf und vergaß in der Eile, die Zeitungen wieder wegzuräumen. Er drehte der Bibliothek eilig den Rücken zu. Auf dem Rückweg sprach Madara kein Wort. Er hatte sich in irgendeine Ecke von Narutos Bewusstsein zurückgezogen und grübelte dort finster vor sich hin. Naruto wusste nicht, was er dachte. Was ein wenig unfair war, weil Madara umgedreht anscheinend sehr wohl wusste, was Naruto dachte. Er musste diesen nervigen alten Mann wirklich schnell wieder loswerden. Auch wenn er anscheinend eine Menge zu wissen schien und auch bereit war, Naruto an seinem Wissen teilhaben zu lassen. Aber er nervte trotzdem.

Als er seine kleine Wohnung erreicht hatte, brach Madara sein Schweigen. »Naruto, willst du einmal ein Uzumaki-Siegel sehen?«

»Hättest du das nicht sagen können, als ich noch unterwegs war?«

»Du musst dafür nirgends hin. Setz dich einfach irgendwo bequem hin und meditiere.«

»Medi-was?«

»Ich fass es nicht … Setz dich!«

Naruto setzte sich auf sein Bett.

»Und jetzt atmest du tief ein und langsam wieder aus. Genau so.«

»Hey, so blöd bin ich echt nicht. Ich weiß, wie man atmet.«

»Sei still und konzentriere dich auf das Geräusch deines Atmens.«

Madara sagte noch eine Menge komischer Sachen mehr, aber irgendwie funktionierte es und Naruto spürte, wie er ungewöhnlich ruhig und entspannt wurde. Mit einem Male fand er sich in einem fremden Raum wieder.

»Woah, scheiße!«

Der Raum war knöcheltief geflutet und zahlreiche Rohre führten an den Wänden entlang. Irgendwo fiel leise platschend ein Tropfen herab und verursachte konzentrische Ringe. Narutos Stimme hallte weit.

Er war nicht allein.

Neben ihm stand ein Mann mit einer schwarzen Haarmähne und sah mit einem strengen Blick auf ihn herab. Irgendetwas an ihm erinnerte Naruto auf unangenehme Weise an Sasuke.

»Was ist das hier für ein Ort?«, wollte Naruto wissen.

»Dein Unterbewusstsein«, sagte Madara knapp. Er deutete auf etwas vor ihnen. »Schau dort.«

Naruto folgte seinem Fingerzeig und erblickte ein gigantisches Tor, das tiefschwarze Nacht wegsperrte. Er konnte nur wenige Fuß hinein sehen, dann verlor sich alles in der Finsternis, die hinter dem Tor lag. Ein einzelnes Siegel hielt die beiden Torflügel zusammen.

Naruto machte große Augen. »Was ist das?«

»Ich hab dir gesagt, dass in dir Kyubi versiegelt ist. Das ist das Siegel, das ihn gefangen hält, eindeutig Uzumaki-Handschrift. Und ganz offensichtlich ist das Siegel über die Jahre schwächer geworden, korrodiert unter der Masse an Chakra, die es wegsperrt.«

Ein Schauder rann Naruto den Rücken hinab. »Und was bedeutet das?«

»Kyubi will ausbrechen«, sagte Madara finster.

Naruto kniff die Augen zusammen und versuchte, die Finsternis hinter dem Tor mit seinem Blick zu durchdringen. Es wollte ihm nicht so recht gelingen. Dennoch war ihm, als würde er eine gewaltige Form ausmachen können.

Eine riesige Pranke schnellte vor und versuchte vergebens, durch das Tor zu langen. Klauen so lang wie ein ganzes Pferd und mit dem Durchmesser eines erwachsenen Mannes blitzten im Dämmerlicht des Raumes auf und hielten nur wenige Fingerbreit vor Naruto an. Mit einem Aufschrei stolperte er zurück und fiel auf den Hosenboden. Er zitterte am ganzen Leib. Seine Augen waren weit aufgerissen.

Aus der Dunkelheit hinter dem Tor schälte sich allmählich eine grässliche Silhouette, ein Dämon direkt aus Narutos schlimmsten Alpträumen. Zunächst sah er nur dessen schreckliche Fänge aufblitzen, doch dann glommen seine feuerroten Augen auf. In ihnen stand die Mordlust geschrieben, der Wunsch danach, alles zu vernichten, was ihm in den Weg kam. Ein tiefes Grollen ließ das Wasser vibrieren.

»Uchiha … Madara.«

»Hallo, Kyubi. Lang nicht mehr gesehen.«

Nächstes Kapitel: Sasuke und Hashirama

Sasuke versuchte, so zu tun, als sei alles wie immer. Auf gar keinen Fall verlor er hier den Verstand und erst recht hörte er definitiv keine Stimmen. Nein, alles war ganz und gar wie immer. Es war bestimmt nichts ungewöhnliches passiert.

»Also das Jenseits habe ich mir anders vorgestellt«, sagte die Stimme.

Ja. Das hier war ein ganz normaler Tag. Er würde aufstehen und zum Training gehen. Er würde Sakura ignorieren und Naruto keines Blickes würdigen und das tun, was Kakashi-sensei von ihnen wollte. Und ganz bestimmt würde er diese Stimme in seinem Kopf mit Nichtachtung strafen.

»Kann es sein, dass ich gar nicht tot bin?«, sinnierte die Stimme. »Nein, ich bin definitiv tot. Das ist nicht mein Körper. Aber was ist dann passiert? Ach, wenn man einmal Tobirama braucht.«

Diese Stimme war nur ein Produkt seiner überstrapazierten Nerven. Kakashi-sensei hatte gesagt, dass nach so einer Erfahrung seltsame Dinge passieren konnten. Das sei kein Grund zur Sorge, hatte er gesagt, und wenn etwas derartiges passierte, sollten sie nicht zögern, ins Krankenhaus zu gehen. Allerdings konnte Sasuke nun wirklich nicht einfach da aufkreuzen und herumposaunen, dass er komische Stimmen hörte.

»Ich möchte nicht unhöflich erscheinen oder gar deine Gedanken unterbrechen, allerdings würde es mich interessieren, wer du bist«, sagte die Stimme.

»Du bist nur ein Produkt meiner Fantasie«, murmelte Sasuke. »Da ist nichts weiter dabei. Das geht wieder weg.«

»Äh, das sehe ich anders«, hielt die Stimme dagegen. »Ich bin kein Produkt deiner Fantasie, sondern Senju Hashirama. Und solltest du dich nicht wohl fühlen, solltest du wirklich ins Krankenhaus gehen. Dafür hab ich das damals gebaut.«

Sasuke klatschte in die Hände und stand schwungvoll vom Bett auf. »So, das war‘s. Ich werd irre. Jetzt stelle ich mir schon eine Stimme in meinem Kopf vor, die behauptet, Shodai Hokage zu sein.«

»Oh! Leute erinnern sich noch an mich? Großartig!«, freute sich Hashirama. »Ich will wirklich nicht angeben oder so, aber das freut mich gerade sehr. Sag, junger, mir noch immer unbekannter Freund, aber wie viele Jahre sind seit meinem Tod vergangen?«

»Keine Ahnung. Ein paar. Glaube ich.«

Moment. Redete er wirklich mit sich selbst? Ach, verdammt. Was sollte er jetzt machen?

»Was muss ich tun, um dich davon zu überzeugen, dass du keine Wahnvorstellungen hast?«

»Ich höre Stimmen in meinem Kopf, was soll daran nicht schräg sein?«

»Ich könnte dir etwas erzählen, das nur ich wissen kann. Hmm, lass mich überlegen. Oh! Madara hatte einen Leberfleck auf seiner linken Hüfte, der ein bisschen aussah wie ein Hundewelpe. Er hat‘s gehasst, wenn ich ihn darauf angesprochen habe. Wer Madara war, weißt du doch, oder?«

Sasuke starrte mit ausdruckslosem Gesicht Löcher in die Luft. »Aus irgendeinem Grund denkt sich mein Hirn solche komischen Dinge aus.«

»Das war wohl etwas zu spezifisch. Vielleicht ein Fakt, den du leicht belegen kannst. Ich habe Statuen von Madara und mir errichten lassen, damals, nach … nun, dieser Sache eben. Ursprünglich wollte ich sie im Dorf aufstellen, aber Tobirama war strickt dagegen. Also änderten wir den Plan und stellten sie im Tal auf. Außerdem gab es dort genug Platz, sodass sie weitaus größer ausfielen als ursprünglich geplant. Du kannst das nachschauen. Irgendwo steht bestimmt etwas dazu.«

»Könntest du bitte die Klappe halten?«, blaffte Sasuke. Er hätte sich niemals erträumen können, dass eine Stimme in seinem Kopf so lästig sein konnte. Wie eine penetrante Fliege, die sich einfach nicht vertreiben lassen wollte.

Dankenswerterweise schwieg Hashirama. Die Stille hielt genau eine halbe Minute an. »Verrätst du mir jetzt deinen Namen?«

»Uchiha Sasuke«, grummelte Sasuke.

»Oh! Ein Uchiha!«, plapperte Hashirama sogleich fröhlich darauf los. Sasuke bereute es sofort, ihm seinen Namen genannt zu haben. »Ein wirklich formidabler Clan. Tobirama war immer etwas eigen, was euch Uchiha anging, aber die Idee mit der Polizei war trotzdem seine.«

Sasuke knirschte mit den Zähnen. »Du sagst das, als sei das etwas gutes.«

»Natürlich! Es gab eine Zeit, da gab es gewisse … Spannungen zwischen deinem und meinem Clan. Das ganze drohte, zu einem weiteren Bürgerkrieg auszubrechen, dieses Mal innerhalb des Dorfes. Tobirama hatte diese Idee, um damit sein Vertrauen deinem Clan gegenüber zu beweisen und die Uchiha mit einer essenziellen Aufgabe zum Wohle des Dorfes zu betrauen, das sie mit errichtet hatten. Das löste in der Tat effektiv alle Spannungen, die aufgekommen waren.«

»Hat ja wunderbar gehalten«, knurrte Sasuke. »Und … warum erzähle ich dir das überhaupt! Du bist nur eine nervige Stimme in meinem Kopf!«

Irgendwo musste er einmal über all diese Dinge gelesen haben oder vielleicht hatte es ihm auch irgendwer erzählt. Er hatte es nur wieder vergessen und durch den Stress der letzten Wochen kam das jetzt alles wieder hoch. Das war die einzige vernünftige Erklärung.

»Sasuke«, sagte Hashirama ernst. »Du wirkst sehr angespannt. Gibt es da etwas, das du dir von der Seele reden willst?«

»Ich führe Selbstgespräche. Natürlich ist alles normal, was denkst du denn?«

»Ich kann verstehen, dass diese Situation deine momentane Lage verkompliziert, auch wenn ich nicht genau weiß, was genau deine momentane Lage ist. Spontan wüsste ich jedoch nicht, wie ich zur Lösung des Problems beitragen kann. Wir werden uns wohl oder übel erst einmal damit arrangieren müssen, so leid es mir tut. Aber, und das sage ich nur in deinem besten Interesse, wenn du dich damit überfordert fühlst, dann such dir bitte professionelle Hilfe.«

Sasuke schwieg einen Moment. »Du bist ja doch kein kompletter Vollidiot.«

Er spürte die Welle der Niedergeschlagenheit beinahe als seine eigene über sich hinweg schwappen.

»So gemein. Warum sich alle Uchiha so gemein?«, jammerte Hashirama ganz und gar unwürdig.

War er wirklich der Gründer des Dorfes? Er benahm sich jedenfalls nicht so.

Sasuke schnaubte. »Wie viele Uchiha hast du überhaupt gekannt?«

»Nun, da waren Hikaku, ein Freund meiner Familie, und sein Sohn Kagami. Kagami war wirklich ein herzallerliebster Junge und Tobiramas Liebling unter seinen Schülern. Tobirama hatte immer behauptet, dass er keine Favoriten hätte, aber ich weiß es besser. Und dann war da natürlich noch Madara. Madara war etwas ganz besonderes, ein … wirklich sehr guter Freund.«

Mit einem Male klang er so verträumt, beinahe schwärmerisch und Sasuke war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob er dieses Gespräch fortsetzen wollte. »Vergiss es, nicht so wichtig.«

Er sollte wirklich mit diesem Selbstgespräch aufhören. Statt also sinnlos in seiner kleinen Wohnung herumzustehen und Löcher in die Luft zu starren, nahm er sich seine Trainingsutensilien und machte sich auf den Weg. Anders als ein gewisser sensei wollte zumindest er pünktlich sein.

Er hielt den Blick stur geradeaus gerichtet, als er durch die verwaisten Straßen des Viertels schlich. Hier gab‘s genug Geister, warum musste er ausgerechnet so einen nervigen erwischen?

»Hm, dass ich ein Chakrageist bin, könnte diese Situation tatsächlich erklären«, sinnierte Hashirama. »Spontan wüsste ich jedoch nicht, wie es dazu gekommen sein könnte oder wie wir die Situation lösen. Tobirama war immer der Theoretiker.«

»Hörst du meine Gedanken?!«, echauffierte sich Sasuke. »Lass das.«

»Geht nicht, tut mir leid. Ich häng in deinem Kopf fest, deine Gedanken sind hier überall. Aber würdest du mir eine Frage beantworten? Ich sehe hier überall euren uchiwa, aber keine Leute. Wo sind alle hin? Und warum liegt euer Viertel so weit außerhalb? Da haben wir das damals nicht erbaut.«

»Geht dich nichts an«, grummelte Sasuke und verdrängt mit aller Macht die Erinnerungen an das, was geschehen war. »Und das waren zwei Fragen.«

Er ertappte sich dabei, dass er mit der Idee spielte, dass das hier wirklich passierte. Dass er wirklich den Geist des Ersten Hokage in seinem Kopf hatte. Irgendwie war das noch schlimmer als die Vorstellung, dass er einfach nur durchdrehte. Dagegen konnte man wenigstens Medikamente nehmen oder so.

»Nur dass du‘s weißt, Sasuke, weil ich wirklich nicht unhöflich sein will. Aber es ist sehr schwer zu ignorieren, was du denkst, aber mir nicht sagen willst.«

»Scheiße.«

»Na! Pass auf deine Sprache auf!«

Sasuke schrie frustriert auf und trat einen Stein davon. So eine verdammte Scheiße!

Hashirama seufzte. »Jedenfalls«, sagte er betont ruhig, »will ich nicht vorsätzlich unhöflich erscheinen, wenn ich Dinge aufschnappe, die du lieber für dich behalten willst. Aber ich verstehe deine Sorge, was deine Reputation angeht – mir würde es wohl kaum anders ergehen.« Er lachte auf. Sasuke machte ein finsteres Gesicht. »Du brauchst jedenfalls nicht laut aussprechen, was du mir sagen willst.«

»Oh. Echt?«

»Ja. Genau so.«

»Gut. Halt die Klappe.«

Hashirama schmollte schon wieder. Was für ein Kindskopf.

Sasuke begab sich auf direktem Wege zum Trainingsplatz. Er vermied so gut es ging, mit anderen in Kontakt zu treten. Dieses soziale Ding war nur lästig und nicht notwendig auf dem Weg zu seinem Ziel. Andere Menschen waren ihm da nur ein Klotz am Bein, so lange sie ihm nicht dabei helfen konnten, stärker zu werden.

Leider konnte er die lästige Fliege in seinem Kopf nicht abstellen.

»Oh, großartig! Ist das wirklich Konoha?«, plapperte Hashirama begeistert. »Ich hätte nie gedacht, dass das Dorf einmal so groß werden würde! Wie viele Leute hier jetzt leben! Wie viele Clans sind es? Sasuke-kun, weißt du das?«

»Ein Dutzend. Glaube ich. Aber es gibt auch viele Ninja mit zivilem Hintergrund.«

»Das sind wunderbare Neuigkeiten. Oh, Sasuke-kun! Was ist das? Sind das wirklich vier Portraits im Felsen? Unglaublich!«

Wie er sich darüber mit solch kindlicher Naivität freuen konnte, war Sasuke ein Rätsel. Er seufzte genervt. »Was dachtest du denn? Dass sich nach deinem Ableben alles in Luft auflöst?«

»Wer weiß das schon. Als ich noch in deinem Alter war, war ohnehin alles anders. Da klang es schon wie eine Utopie, dass Uchiha und Senju Frieden miteinander schließen können, ganz zu schweigen von diesem Dorf. Das dritte Gesicht erkenne ich, das ist Saru. Wenn Tobirama das wüsste, er würde platzen vor Stolz! Wer ist der Vierte? Erzähl mir von ihm.«

Sasuke zuckte mit den Schultern, bevor ihm einfiel, dass er das ja gar nicht musste. »Ich … weiß nicht viel von ihm«, gestand er. »Er starb vor zwölf Jahren, als er das Dorf gegen das Fuchsmonster verteidigte. Alle sagen, er sei ein Held. Seitdem ist der Sandaime wieder Hokage, obwohl er so ein alter Mann ist.«

Er spürte, wie Hashirama stutzte. »Das Fuchsmonster? Meinst du Kyubi?«

»Äh … ja.«

»Nun ist es so, dass Mito mich überlebt hat. Wie das eben so ist mit Uzumaki, die werden alle so alt. Wenn du sagst, dass selbst Saru jetzt ein alter Mann sei, dann wird Mito mittlerweile auch nicht mehr leben. Ich vertraue ihr, dass sie einen würdigen Nachfolger für sich gefunden hat. Da frage ich mich aber, wie es sein kann, dass Kyubi das Dorf angriff. Er sollte sicher versiegelt sein. Was ist geschehen?«

Sasuke verlor den Faden. Wovon sprach der Kerl da? »Ein Nachfolger für was?«

»Als jinchūriki natürlich. Ist das nicht mehr allgemein bekannt? Das sollte es aber. Mito hatte solch ein großes Opfer damals erbracht, als sie Kyubi in sich versiegelte. Eigentlich hätte ich auch ihr eine Statue bauen sollen.«

Sasuke glaubte, ihm würde bald der Kopf explodieren. »Jetzt halt doch mal die Luft an! Wer ist Mito und was ist ein jinchūriki?«

Daraufhin herrschte für einen langen Moment wohltuende Stille in seinem Kopf. »Mito war meine Frau.« Hashirama klang einigermaßen empört über Sasukes Unwissenheit. »Und sie war ein jinchūriki. Der erste, um genau zu sein. Jinchūriki sind jene mit besonderem Chakra, das es ihnen ermöglicht, Bijū wie den Kyubi in sich zu versiegeln. Sie sind Helden, denn das Opfer, das sie erbringen, können wir nicht ermessen. Nachdem Mito damals Kyubi in sich versiegelte, zogen wir in den kommenden Jahren gemeinsam aus, um die anderen acht Bijū zu fangen und zu versiegeln, die wir dann an die anderen Dörfer verkauften. Auf diese Weise schufen wir Frieden zwischen den Nationen, jedenfalls für eine Weile.«

Sasuke glaubte, so ungefähr zu wissen, was ein Bijū war. Jedenfalls hatte er ein paar Geschichten über das Fuchsmonster gehört, hinter vorgehaltener Hand furchtsam gewispert und immer mit argwöhnischen Blicken in Richtung seines Clans. Aber eines wusste er mit Sicherheit: Diese Kreaturen waren irrsinnig stark. Und Hashirama hatte sie alle gefangen.

»Hashirama-san?«

»Ja?«

»Wie werde ich so stark wie du?«

»Ha! Trainiere schön fleißig, hör auf deinen sensei und iss immer brav dein Gemüse.«

Sasuke machte ein ausdrucksloses Gesicht. »Ernsthaft? Gemüse essen?«

»Natürlich!«

»Was besseres fällt dir nicht ein?«

»Gemüse ist gesund.«

»Ich glaub langsam, das war alles gelogen, dass du mal Hokage gewesen sein sollst.«

Hashirama schmollte schon wieder. Das war doch nicht zu fassen!

Er weigerte sich, das Gespräch mit Hashirama fortzusetzen, und ignorierte ihn so gut, es eben ging. Was schwer war, wenn er ein Plappermaul im Kopf hatte, der sich über jeden noch so unbedeutenden Stein begeistern konnte.

»Das ist ja unglaublich! Ichiraku gibt es noch! Da hatte ich Mito zu unserem ersten Date ausgeführt, das weiß ich noch bis heute. Sie hatte mich beim shōgi abgezogen. Wir hatten gewettet – ich liebe Wetten – und wer verliert, musste dem anderen eine Runde Ramen ausgeben. Oh, sie hatte mich arm gemacht! Uzumaki sind unheimlich, ich sag‘s dir. Leg dich niemals mit einem Uzumaki an, sie stampfen dich mit ihrem kleinen Finger in den Boden.«

Garantiert nicht. Naruto war ein Vollidiot. Sasuke konnte sich nicht vorstellen, dass es mit anderen Uzumaki anders sein sollte. Dass es überhaupt mehr von ihnen geben sollte. Er hatte nie von anderen Uzumaki gehört.

Was war überhaupt mit Narutos Familie passiert?

Er wurde von Hashiramas endlosen Geplapper erlöst, als er endlich den Trainingsplatz erreichte. Wie zu erwarten, war Sakura bereits anwesend, nur Naruto fehlte noch. Und natürlich Kakashi, aber damit hatte er schon fest gerechnet. Ironischerweise war er beinahe froh, Sakura zu sehen, weil ihn damit jemand zuquaschte, der nicht nur eine lästige Stimme in seinem Kopf war.

»Oh, hallo, Sasuke-kun!«, rief ihm Sakura zu und winkte aufgeregt. »Toll siehst du heute wieder aus! Ich hoffe, du hattest einen angenehmen Morgen. Ich jedenfalls hätte beinahe verschlafen und hatte kaum genug Zeit, mir die Haare zu richten. Ich hoffe, ich sehe nicht allzu scheußlich aus. Meine Haare sind schon wieder ganz verknotet!«

»Hallo, Sakura«, sagte Sasuke angebunden und ignorierte sie ansonsten.

»Ist das deine Teamkameradin?«, wollte Hashirama wissen. »Ich mag sie, sie macht einen netten Eindruck.«

Sasuke entschied sich, darauf nicht einzugehen und ignorierte auch ihn.

Naruto kam erwartungsgemäß eine halbe Stunde zu spät, aber da von Kakashi immer noch weit und breit nichts zu sehen war, spielte es keine Rolle. Sakura zog ihm dennoch eines über für seine Unpünktlichkeit.

»Er ist auch in deinem Team, ja? Uzumaki Naruto?«, wollte Hashirama wissen. »Zugegebenermaßen irritiert es mich, dass er keine roten Haare hat. Ausnahmslos alle Uzumaki, die ich kenne, haben rote Haare. Das war immer ein etwas eigenwilliges Erlebnis, wenn ich Uzushio besuchte. Einsam und allein inmitten eines Meeres aus Rotschöpfen.« Er seufzte theatralisch.

Bevor er es verhindern konnte, stellte sich Sasuke Naruto mit roten Haaren vor. Es war ein fürchterliches Bild.

»Waren die Uzumaki ein Clan oder so?«, wollte er wissen.

»Waren? Sind! Das hoffe ich doch jedenfalls. Und ja, das sind sie, der Vetternclan der Senju. Wir hatten seit jeher sehr enge Bande unterhalten, die auf gemeinsame Vorfahren zurückging. Tatsächlich waren Mito und ich Vettern dritten Grades. So in etwa. Mitos und meine Vermählung war ursprünglich rein politischer Natur, wie es des öfteren vorgekommen war, weil Ashina, ihr Vater, von unserer Stärke profitieren, sich aber gleichzeitig seine Unabhängigkeit bewahren wollte. Aufgrund dessen übernahm er Madaras und meine Idee mit dem Dorfsystem und gründete Uzushiogakure, und wir hatten ein Abkommen getroffen, dass beide Dörfer sich in Zeiten der Not gegenseitig bedingungslos unterstützen würden

»Ich hab noch nie von Uzushiogakure gehört.«

Hashirama stutzte. »Das ist eigenartig.«

Er wirkte irritiert, aber Sasuke konnte nicht wirklich sagen, weshalb. Er redete sich ein, dass es ihm eigentlich auch egal war.

Kakashi ließ sie noch gut zwei Stunden warten. Natürlich. Sasuke schenkte ihm einen finsteren Blick, als er endlich wie aus dem Nichts vor ihnen auftauchte.

»Entschuldigt, bin ein wenig vom Weg abgekommen«, sagte Kakashi und winkte entschuldigend, als sei nichts dabei, dass er sie wieder einmal hatte warten lassen.

»Irgendetwas an ihm erinnert mich an meinen Bruder«, sinnierte Hashirama. »Sag, Sasuke-kun, aus welchem Clan stammt dein Lehrer?«

»Clan? Ich weiß von keinem Hatake-Clan.«

»Die Hatake waren nie ein allzu großer Clan. Aber meine Nichte hatte einen Hatake geheiratet. Kann es sein …?«

Sasuke wollte schon nachfragen, was er damit implizieren wollte, wurde aber von Naruto unterbrochen.

»Sensei, was machen wir heute? Lernen wir supercoole neue Ninjadinge?«, plärrte der Junge.

Dass Naruto auch nicht in der Lage war, eine angemessene Lautstärke wie alle anderen auch anzuschlagen!

»Heute übt ihr wieder das Baumklettern«, eröffnete Kakashi ihnen mit einem zuckersüßen Unterton in der Stimme, für den Sasuke ihn hätte erwürgen können. »Und danach fangen wir Katzen.«

Alle drei Genin stöhnten im Chor. »Nicht schon wieder!«, maulten sie.

Kakashi ließ sich davon nicht beirren. »Sakura, du wirst deinen beiden Teamkameraden helfen, sich zu verbessern. Sie können viel von dir lernen.«

»Und was machen Sie, sensei?«, empörte sich Sakura. »Es ist Ihre Aufgabe, uns Dinge beizubringen!«

Als Antwort zückte Kakashi lediglich sein blödes Buch. »Man lernt immer noch am besten von seinen Mitschülern.«

Bastard.

Es gab ja doch keinen Weg daran vorbei und sie fügten sich in ihr Schicksal. Kakashi wies ihnen ein paar besonders hohe Bäume zu und damit sah er wohl seine Pflichten als Lehrer erfüllt. Wie immer erreichte Sakura als erstes den höchsten Ast und dirigierte von dort aus Sasuke und Naruto. Sasuke wollte sich vor Naruto keine Blöße geben, also strengte er sich besonders an, möglichst schnell möglichst hoch zu kommen, sah aber mit einiger Verärgerung, dass Naruto dicht auf war.

Hashirama schien sich über die ganze Sache einigermaßen zu amüsieren. »Das erinnert mich an meine Kindheit. Wir waren dreizehn und Madara schlug vor, dass wir vertikales Felsenklettern übten. Es war genau jene Wand, in deren Schutz später Konoha entstehen sollte. Ich hab haushoch gewonnen!«

Sasuke hätte beinahe seine Konzentration verloren und konnte seinen Sturz gerade noch rechtzeitig in ein kontrolliertes Fallen umwandeln. »Sei still!«

»Du bist schon sehr gut, Sasuke-kun«, stellte Hashirama fest. »Aber ich weiß was besseres, das ich dir zeigen kann. Willst du wissen, wie man auf Wasser laufen kann?«

Das klang schon eher nach Sasukes Geschmack. Er hatte gesehen, wie Kakashi es getan hatte, und es erschien ihm eine sehr nützliche Fähigkeit. Vielleicht war es doch nicht so übel, den Geist eines einstigen Hokage im Kopf zu haben.

»Komm schon, ich bin nicht gänzlich unfähig!«, klagte Hashirama würdelos. »Ja, Tobirama war der intellektuellere von uns beiden, aber ein bisschen was konnte ich auch.«

Als es auf den Nachmittag zuging, zeigte Kakashi so etwas wie Gnade und gönnte ihnen eine Pause. Er hatte ihnen sogar bento-Boxen mitgebracht, sodass sie sich stärken konnten.

»Kakashi-sensei, ich hab ‘ne Frage«, nuschelte Naruto mit vollem Mund. »Ich, äh, hab da neulich was gelesen. Von einem Dorf namens Uzushiogakure. Können Sie mir da mehr darüber erzählen?«

Sowohl Sasuke als auch Hashirama merkten auf. Zum einen war es schon verdächtig, dass Naruto überhaupt las, und zum anderen war es doch ein sehr großer Zufall, dass Naruto ausgerechnet an dem Tag, an dem Sasuke selbst das erste Mal von diesem Dorf hörte, danach fragte. Sasuke behielt Kakashi im Blick.

Dieser trug seinen gewohnt ausdruckslosen Blick, aber irgendwie fühlte der sich auf einmal aufgesetzt an. »Ihr wisst, das es die fünf großen Reiche und ihre Versteckten Dörfer gibt. Aber zwischen ihnen liegen auch eine Reihe anderer kleinerer Nationen, viele von ihnen, wenn auch nicht alle, ebenfalls mit mehr oder minder großen Ninjadörfern. Uzushiogakure war so ein Dorf.«

»War?«, fragte Naruto nach.

»Ja, war«, sagte Kakashi nüchtern. »Das gibt es nicht mehr. Solche Dinge passieren.«

Naruto starrte ihn groß an. »Was ist denn passiert?«

»Uzushiogakure hatte ein paar Ninja mit besonderen Fähigkeiten, die sich ihre Feinde aneignen wollten. Das war vor etwa dreißig Jahren. Es kam zum Kampf und am Ende war Uzushio zerstört worden. Keine Ahnung, was aus den Bewohnern wurde.«

Naruto schien verblüffenderweise sprachlos zu sein. Dass Sasuke einmal dieser Anblick vergönnt sein sollte, hätte er nicht gedacht.

Gleichzeitig spürte er Hashiramas Unruhe. »Sasuke-kun, warum lügt euer sensei euch an?«

»Vielleicht weiß er es wirklich nicht.«

»Zu meiner Zeit nannte man mich shinobi no kami, weil der einzige, der meinem Mokuton begegnen konnte, Madara war. Aber meine eigentliche Stärke ist meine Menschenkenntnis. Und die sagt mir gerade sehr eindeutig, dass Kakashi lügt. Er weiß etwas. Euer sensei sollte euch nicht anlügen. Es sei denn …«

»Es sei denn was?«

»Es sei denn, er hat den Befehl dazu. Und das gibt mir beinahe noch mehr zu bedenken.«

Sasuke musste das erst einmal sacken lassen.

Auch Naruto schien verdauen zu müssen, was er da gerade gehört hatte. Als Kakashi sie fragte, ob sie noch etwas dazu wissen wollten, schüttelte er nur stumm den Kopf. Das schien ihm wirklich zu schaffen zu machen.

Sie beendeten ihre kleine Pause und machten sich auf dem Weg zu ihren nächsten Tagespunkt: Katzen einfangen. Wie Sasuke es hasste. Wenigstens konnte er das eigentliche Fangen auf Naruto abwälzen. Da gab es diese eine ganz bestimmte Katze, die besonders kratzbürstig war und die sie jedes zweite Mal einfangen durften. Er konnte sich schon denken, warum das arme Tier ständig fahnenflüchtig wurde. Ein wenig Mitleid hatte er ja schon.

»Das erinnert mich an eine der ersten Missionen, die ich damals Tobirama gab, als er seine ersten Genin hatte«, plapperte Hashirama. »Team Tobirama. Er hatte mich beinahe erwürgt, als ich damit ankam. Er meinte, er würde nicht zum Lehrer taugen, aber ich war anderer Meinung. Am Ende konnte er sich gar nicht von Saru, Koharu und Homura trennen. Sie gaben so ein süßes Bild ab! Sie durften Nekobaas Katzen einsammeln, weil die alte Dame eine Pfotensammlung hatte. Es war wirklich possierlich.«

»Hä? Nekobaa?«, erwiderte Sasuke wenig geistreich. »Ich mein, ja, die Katzenoma ist alt, aber nicht so alt!«

»Du kennst sie?« Auch Hashirama schien verwundert. »Dann hatte Kagami vielleicht doch recht und an ihr war nicht alles menschlich. Unheimlich …«

In der Tat. Er schob den Gedanken zur Seite.

Am Ende durfte Naruto einige weitere Kratzer in seiner Sammlung sein eigen nennen und sie hatten ihr Tagwerk getan. Sasuke verabschiedete sich knapp, nachdem sie die Katze abgeliefert hatten, und trollte sich dann möglichst rasch. Er hatte keine Muße, noch länger mit seinen Teamkameraden abzuhängen. Außerdem hatte Hashirama ihm gesagt, dass er ihm etwas zeigen wollte, und das klang wesentlich interessanter.

Wenig später fand er sich an dem See ein, wo er früher mit seinem … nun, an dem er eben sein Katon geübt hatte.

»So, wie geht das jetzt mit dem Wasserlaufen?«

Hashirama räusperte sich. Mussten Geister sich überhaupt räuspern oder war das nur Show? »Äh, Sasuke-kun, eventuell habe ich vorher noch eine Bitte.«

Sasuke seufzte genervt. »Was denn?«

»Du bist zwar noch sehr jung, aber … hast du dein Sharingan schon?«

»Ja …« Worauf lief das hinaus?

»Könntest du …« Hashirama räusperte sich schon wieder. Definitiv Show. »Könntest du es einmal aktivieren? Ich wollte schon immer die Welt sehen, wie Madara es tat.«

Was für ein Kindskopf. Sasuke tat ihm dennoch den Gefallen.

»Das ist ja grandios!«, rief Hashirama begeistert aus. »Madara hatte einmal versucht, es mir zu beschreiben. Aber das ist definitiv nicht das gleiche. Ich hätte nicht gedacht, was für ein phänomenaler Anblick das ist.«

»Super. Könnten wir jetzt zum eigentlichen Thema zurückkommen?«

»Oh. Ja. Natürlich. Also pass auf …«

Es dämmerte bereits, als Sasuke schließlich klitschnass nach Hause ging. Er war zwar bis auf die Knochen durchnässt, aber immerhin hatte er in der Tat etwas sinnvolles gelernt.

Nächstes Kapitel: Sakura und Mito
Oder auch das Kapitel, in dem Mito ein neues Enkelkind erwirbt.

»Das war ein toller Tag, findest du nicht auch, Sakura-chan?«, sagte Innere Sakura.

»Na ja, geht so«, erwiderte Sakura. »Kakashi-sensei taugt als Lehrer absolut gar nichts und ich musste wieder die ganze Arbeit machen.«

»Oh, er macht eigentlich einen ganz kompetenten Eindruck. Er hat schon Recht, wenn er sagt, dass ihr am besten voneinander lernt, statt von ihm.«

»Aber wir haben schon wieder nur blöde Katzen gefangen! Ich dachte eigentlich, ich mag Katzen, aber langsam werden sie mir lästig.«

»Nun, du bist in der Tat weiter als deine Teamkameraden.« Innere Sakura hielt einen Moment inne und schien über etwas nachzudenken. »Ich glaube, ich weiß, was ich dir beibringen könnte. Das dürfte dich mehr interessieren.«

»Ich kann mir nicht selbst Dinge beibringen, die ich vorher nicht wusste«, gab Sakura zu bedenken.

»Du könntest auch einfach anfangen, mich Mito zu nennen«, antwortete Innere Sakura.

»Ich kann dich nicht wie die Frau des Shodai Hokage nennen! Das wäre respektlos!«

Innere Sakura seufzte. »Wir hatten doch schon darüber gesprochen, Sakura-chan.«

Ihre Diskussion wurde unterbrochen, als Sakura ihr Heim erreichte. Sie schloss die Tür auf. »Bin Zuhause!«

»Hallo, Schatz!«, rief ihre Mutter aus der Küche.

»Hi, Mom. Wo ist Dad?«

»Einkaufen. Uns fehlen noch ein paar Zutaten fürs Abendessen.«

Sakura stellte ihre Tasche im Flur ab und ging zu Mebuki in die Küche. Es duftete lecker aus dem Ofen und auf dem Herd köchelte ebenfalls etwas vor sich hin.

»Brauchst du Hilfe, Mom? Das riecht toll.«

»Oh, das geht schon. Ich bin ohnehin fast fertig. Mach dich frisch und ruh dich etwas aus, dann gibt es Essen.«

Wie auf ein Stichwort grummelte Sakuras Magen. Der Tag war eben doch lang gewesen.

»Geht klar!« Sie schnappte sich ihre Tasche und rannte nach oben auf ihr Zimmer. Sie hatte ein kleines Bad für sich allein, sodass sie sich in Ruhe abduschen konnte. Erfrischt und gehüllt in ein flauschiges Handtuch warf sie sich auf ihr Bett.

»Also, was willst du mir beibringen?«, fragte sie Innere Sakura.

»Weiß du was, Liebes, wir machen einen Handel«, sagte Innere Sakura. »Du nennst mich Mito und ich bringe dir ein, zwei lustige Dinge bei.«

Sakura verzog das Gesicht. »Das geht nicht.«

»Warum nicht?«

»Das ist respektlos!«

»Ist es nicht, wenn ich diejenige bin, die es dir anbietet.«

Sakura stöhnte. »Meinethalben … Mito.«

Es fühlte sich dennoch seltsam an.

»Geht doch.« Sie konnte Mito beinahe lächeln spüren. »Geh auf deinen Balkon raus. Ich glaube, da liegen ein paar Blätter. Die brauchen wir.«

Sakura musste einen spitzen Schrei unterdrücken. »Ich hab nichts an! Und meine Haare! Sie sehen furchtbar aus!«

»Ach, Liebes, du machst dir immer zu viel Sorgen um dein Äußeres. Angel dir fix ein Blatt, mehr brauchst du für den Anfang nicht.«

Sakura war nicht überzeugt. Also zupfte sie kurzerhand eines von einer ihrer Zimmerpflanzen ab. »Und jetzt?«

»Du hast ein durchschnittliches Chakra, aber bist sehr gut darin, es zu kontrollieren. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass du eine Kariere als iryō-nin einschlägst und vielleicht lernst du auch eines Tages mein Siegel der Hundertstärke. Aber eines nach dem anderen. Bei dem, was ich dir jetzt zeigen will, geht es um Chakrakontrolle. Halte das Blatt an deine Stirn und dann halte es da, ohne es mit deinen Händen zu berühren. Nur mit deinem Chakra.«

»Oh. Ich verstehe.« Sakura kam dem nach. Sie konzentrierte ihr Chakra auf die Stelle, an der das Blatt ihre Haut berührte, und ließ dann los. Das Blatt segelte auf das Bett zurück. »So ein Mist.«

»Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Versuch es noch einmal.«

Tatsächlich klappte es bereits beim vierten Male. Mito schien darüber positiv erstaunt zu sein. »Das ist sehr gut. Der nächste Schritt wird es sein, das mit mehreren Blättern gleichzeitig zu versuchen. So haben wir unseren Kindern damals Chakrakontrolle beigebracht. Sakura, Liebes, du bist ein Naturtalent.«

Stolz plusterte Sakura sich auf. Dann ließ sie die Schultern wieder sinken. »Findest du? Bei unserer ersten großen Mission konnte ich nichts weiter tun, als sinnlos in der Gegend herumzustehen.«

»Das wird schon noch. Du hast deine eigenen Stärken. Ich wette, Naruto und Sasuke würden es noch nicht schaffen, das Blatt oben zu halten.«

»Essen ist fertig!«, rief Mebuki.

»Komme!«

Sakura warf sich fix ihre Sachen über und rannte dann die Treppe hinab. Ihr Vater war in der Zwischenzeit wieder heim gekommen und deckte gerade den Tisch. Sakura ging ihm zur Hand und kurz darauf saß die Familie beisammen.

»Wie war dein Training heute?«, wollte Kizashi wissen.

»Na ja, geht so«, gestand Sakura. »Ein bisschen langweilig, weil wir immer noch denselben öden Kram machen. Naruto ist ein totaler Versager, der uns andere aufhält.«

Kizashi und Mebuki tauschten einen Blick. »Sei nicht so hart zu dem Jungen. Er hat eben einen anderen Hintergrund«, sagte Mebuki dann.

»Hör auf deine Mutter«, fügte Mito an. »Ich verstehe ja damals wie heute nicht, wie Konoha es zulassen konnte, dass Uzushio zerstört wurde.«

Sie klang verärgert.

Sakura beschloss, das Thema zu vermeiden. Es bereitete ihr Unbehagen. »Ich will mich nachher noch bei Ino mit Freundinnen treffen«, sagte sie daher.

»Oh, vertragt ihr euch also wieder?«, fragte Mebuki. »Neulich hattest du noch ziemlich über sie geschimpft.«

»Ach, kleine Mädchen«, winkte Kizashi ab. »Da ist das nun einmal so. Mach dir nicht so einen Kopf darum.«

»Das war eine ernste Sache!«, protestierte Sakura. »Es ging um Sasuke und Ino hatte ein paar gemeine Sachen gesagt. Das konnte ich so nicht im Raum stehen lassen.«

»Da ist allerdings etwas dran. Du musst immer für dich einstehen, Sakura-chan«, stimmte Mebuki zu.

»Aber sich um einen Jungen streiten? Ihr seid noch jung, das ist er nicht wert«, gab Kizashi zu bedenken.

Und schon ging es wieder zwischen ihren Eltern hin und her. Sakura seufzte und verdrehte ihre Augen.

»Ich stimme deiner Mutter zu«, sagte Mito. »Allerdings hat dein Vater auch Recht. Kein Mann der Welt ist es wert, sich wegen ihm mit der besten Freundin zu streiten.«

»Aber es geht um Sasuke-kun! Keiner darf gemeine Sachen über ihn sagen!«

»Du wirst es noch früh genug lernen.«

Immerhin gab Mito danach Ruhe.

Mebuki bemühte sich um etwas Smalltalk und fragte Sakura nach ihrem Tag und was sie bereits alles gelernt hatte. Was zugegebenermaßen noch nicht wirklich viel war, aber Kizashi vertröstete sie, dass sie ja erst kurze Zeit ein Genin war und es noch viel zu lernen gab.

»Er hat’s ja selbst nie weiter als Genin geschafft.«

»Es kann nicht jeder ein großartiger Shinobi werden«, erwiderte Mito. »Sei nicht so hart zu ihm. Er hat andere Qualitäten, und Stärke als Shinobi ist nicht alles, worauf es im Leben ankommt.«

Mebuki ermahnte Sakura, nicht allzu schnell zu essen, aber Sakura ließ sich nicht aufhalten. Immerhin wollte sie sich noch mit ihren Freundinnen treffen. Als sie aufgegessen hatte, stand sie auf, räumte ihr Geschirr in die Spüle und verabschiedete sich für den Abend. Mebuki rief ihr noch hinterher, nicht allzu lang auszubleiben, dann war sie auf und davon.

Heute wollten sie sich bei Ino treffen. Ihre Eltern wohnten über dem Blumenladen, den sie betrieben. Sakura mochte es dort, weil es immer nach Blumen duftete und Ino so viel darüber wusste.

Als sie beim Blumenladen ankam, waren Hinata und Tenten bereits da. Ino führte sie rasch auf ihr Zimmer. Sakura schob ein paar rankende Pflanzen aus dem Weg und trat hinter Ino ein.

»Du bist spät«, sagte Ino.

»Wir hatten noch gegessen und du weißt ja, wie gut Mom kochen kann«, sagte Sakura. »Da kann ich nie nein sagen. Hey, hallo, Hinata, Tenten.«

Tenten winkte ihr zu, während Hinata eine leise Erwiderung piepste. Ino und Sakura setzten sich zu ihnen auf den Boden, und Ino fuhr damit fort, kleine Zöpfe in Hinatas Haare zu flechten.

»Hey, Hinata, wie läuft es bei euch im Team?«, wollte Sakura wissen. »Du warst mit Kiba und Shino in einem Team, oder?«

»Ja, das stimmt. Kurenai ist unsere sensei«, sagte Hinata.

»Knuddelt ihr den ganzen Tag Kibas Hund?«, wollte Tenten wissen. »Ich bin ja schon sehr neidisch darauf. Der Kleine ist so süß!«

»Das ist Akamaru und er ist ein ninken«, erklärte Hinata.

»Aber du hast auch einen Aburame im Team, das fände ich ja furchtbar unheimlich!«, sagte Ino.

»Wieso? Was ist mit ihnen?«, fragte Sakura nach.

»Die züchten Insekten und ernähren sie mit ihrem eigenen Chakra aus ihrem Körper.«

Die vier Mädchen gaben kollektiv einen Laut des Ekels von sich.

Hinata stieß ihre Fingerspitzen aneinander. »Aber na ja, Shino ist echt gut mit ihnen.«

»Ihr seid ja so etwas wie die super Spürnasen«, sagte Ino. »Was macht dein Byakugan, Hinata-kun?«

»Geht so«, piepste Hinata. »Ich gebe mir viel Mühe und Kurenai-sensei hilft mir sehr, aber … ich bin einfach nicht so gut.«

»Das wird schon noch«, versicherte Tenten ihr. »Gai-sensei sagt immer, dass wir nur durch viel Übung und einen starken Willen unsere Ziele erreichen.«

»Eww, dein sensei ist mir unheimlich«, sagte Ino. »Diese Augenbrauen …«

Tenten lachte auf. »Man gewöhnt sich dran. Ich hab immerhin noch Neji, da muss ich nicht allein Gai-sensei und Lee ertragen.«

Sakura fand eine angefangene Blumenkette und setzte sie fort zu flechten. Sie würde gut aussehen in Hinatas Haaren.

Tentens Team ist spezialisiert in Taijutsu, dachte sie, Hinatas im Fährtenlesen und Inos Team ist super, wenn es um das Festsetzen von Gegnern geht. Dagegen sieht mein Team echt alt aus.

»Das finde ich nicht«, kommentierte Mito. Sakura war es mittlerweile gewohnt, dass sie manchmal antwortete, obwohl sie nicht direkt zu ihr sprach.

»Aber was können wir schon? Naruto ist ein Großmaul, ich kann nur blöd in der Gegend herumstehen und Sasuke, nun ja … Der kann vielleicht ein bisschen was.«

»Ich denke, eure Stärke ist eure Entschlossenheit. Ja, zu diesem Zeitpunkt mögt ihr alle noch nicht sonderlich beeindruckend sein, aber ihr steht ja noch ganz am Anfang. Du brauchst nur ein klein bisschen Vertrauen in dich selbst.«

»Sagt mal, was würdet ihr denken, wenn ich sage, dass ich medizinisches Ninjutsu lernen will?«, platze es aus Sakura heraus.

»Ich würde denken, dass das eine richtig tolle Sache ist!«, sagte Tenten begeistert. »Ich habe gehört, dass eine der legendären Sannin, Tsunade-hime, die moderne Medizin mitbegründet hat. Sie muss irrsinnig viel wissen!«

»Oh, meine kleine Tsuna!«, schwärmte Mito. »Das klingt ganz nach ihr. Ich frage mich, was aus ihr geworden ist. Warum ist sie nicht im Dorf?«

»Keine Ahnung«, erwiderte Sakura und wandte sich dann wieder an ihre Freundinnen. »Aber das muss sehr schwer sein. Meinst du wirklich, ich könnte das?«

»Klar!«, war sich Tenten sicher. »Von uns allen kannst du dein Chakra am besten beherrschen. Hab gehört, wie schnell du gelernt hast, auf Bäume zu klettern. Wir waren alle nicht so schnell, nicht mal Hinata.«

Hinata wurde knallrot im Gesicht. »A-also ich bin auch nicht s-so gut gut.«

»Dooooch!«, hielt Ino dagegen. »Du hast es richtig drauf. Vielleicht solltest du auch überlegen, ein iryō-nin zu werden.«

»Mein Byakugan kann Chakrapunkte sehen, aber ich weiß nicht, ob das reicht«, piepste Hinata.

Ino zuckte mit den Schultern. »Musst du wissen. Aber ich finde, du solltest darüber nachdenken.«

»Was ist mit dir, Ino?«, wollte Sakura wissen. »Betreibt dein Clan nicht traditionellerweise die Psychiatrie im Krankenhaus?«

»Ja, schon, aber das ist was anderes als iryō-nin, die direkt medizinisches Ninjutsu einsetzen«, sagte Ino. »Ich glaub nicht, dass das was für mich ist.«

»Leute, die die Psyche anderer Leute wieder zusammenflicken, werden unterschätzt«, sagte Tenten. »Ich meine, da kann man kein Pflaster oder so draufkleben. Ich stelle mir das superschwer vor. Ich haben riesen Respekt vor diesen Leuten.«

Die anderen drei nickten ernst. Da hatte Tenten Recht.

»Ich wurde in einer Zeit geboren, als es noch keine Versteckten Dörfer gab«, sagte Mito. »Damals gab es nur endlosen Krieg, und das hatte tiefe Wunden an Körper und Seele geschlagen. Viele waren für ihr Leben traumatisiert. Als wir damals das Dorf gründeten und Hashirama das Krankenhaus baute, ein Projekt, das ihm sehr am Herzen lag, hatte er großen Wert darauf gelegt, auch eine Psychiatrie einzurichten. Dass sich die Yamanaka uns recht früh anschlossen, half enorm dabei. Er wusste wirklich eine Menge über das Heilen, Tsuna hat viel von ihm gelernt und noch mehr selbst entwickelt.«

Während die anderen drei weiter plapperten, verfiel Sakura in Schweigen. Sie grübelte über das nach, was Mito gesagt hatte.

»Es ist nicht normal, dass ich eine Stimme in meinem Kopf habe, oder?«, sagte sie dann. »Ich dachte eigentlich, dass nichts weiter dabei ist, ausgedehnte Selbstgespräche zu führen, ich bin da sicher nicht allein. Aber da sind so ein paar Sachen, die nicht dazu passen. Du weißt Dinge, von denen ich sicher bin, dass ich noch nie zuvor davon gehört habe.«

»Ja, das ist in der Tat eine ungewöhnliche Situation«, sagte Mito. »Ich bin mir auch nicht sicher, ob es die Sache für dich besser oder schlechter macht. Aber ja. Ich starb, als ich Kushina den Kyubi übertrug; so ist das mit jinchūriki. Wird ihnen ihr Bijū entfernt, sterben sie. Aber ich war schon alt, weit über achtzig, von daher war es in Ordnung. Und jetzt bin ich hier, nicht mehr als ein Chakrageist in deinem Kopf. Ich weiß selbst nicht, wie das passieren konnte.«

»Sakura-chan?«, fragte Ino. »Du machst so ein finsteres Gesicht. Ist was nicht in Ordnung?«

»Oh, es ist nichts«, wiegelte Sakura ab und hielt die Blumenkette hoch. »Schau, Hinata-chan. Sieht gut aus an dir.«

Ino hielt ihr einen Spiegel hin, sodass Hinata sich selbst betrachten konnte. Die Mädchen bewunderten sie und wie die Blumen mit dem fahlen Grau ihrer Augen harmonierte.

»Ich hab ein Geheimnis für euch«, eröffnete Tenten. »Gai-sensei sagt, dass er uns dieses Jahr für die Chūnin-Prüfungen anmelden will. Irgend so ein Ding zwischen ihm und Kakashi. Keine Ahnung, warum die so eine Rivalität haben.«

»Ja, die beiden sind echt schräg«, sagte Ino. »Ob da was zwischen denen läuft?«

Sakura schüttelte den Kopf. »Nee, glaub nicht.«

»Aber wenn unser sensei uns angemeldet hat, dann machen eure das sicher auch«, sagte Tenten. »Ist das nicht aufregend?«

»Aber ihr seid ja auch schon ein Jahr länger Genin«, gab Hinata zu bedenken. »Wir haben doch gerade erst angefangen.«

»Das stimmt allerdings«, warf Mito. »Ganz früher, als Tobirama sich all diese Dinge ausgedacht hatte, war das ohnehin anders gewesen und vieles hat sich erst während Sarus Zeit geändert. Aber die Prüfungen sind immer noch gefährlich.«

»Na super, sonst munterst du mich doch immer auf.«

»In der Tat. Allerdings befürworte ich es nicht, wenn junge Leute zu enthusiastisch voranstürmen. Realistisch ist es, dass ihr noch sehr unerfahren seid und euer sensei euch da vielleicht überschätzt. Selbst bei Tenten bin ich mir nicht sicher, ob sie bereits gut genug ist.«

»Das wird schon!«, war sich Tenten sicher.

Sakura teilte ihren Enthusiasmus nicht.

»Zumindest wäre es ein guter Test eurer bisherigen Fortschritte«, bemerkte Mito.

Nächstes Kapitel lernt Sasuke etwas über die Vergangenheit des Dorfes und Hashirama ist mit einigen Dingen im modernen Konoha nicht allzu zufrieden.
CN Erwähnung von Verlust von Angehörigen, Erwähnung von Mord

Es war ungewohnt, in der Bibliothek zu sein. Sasuke war kein Theoretiker, er bevorzugte die Praxis. Dennoch musste er etwas in Erfahrung bringen. Schon seit über einer Stunde wälzte er ein Buch nach dem anderen durch und war erstaunt, wie wenig über die Geschichte des Dorfes niedergeschrieben worden war. Es war schwer zu verifizieren, was Hashirama ihm über die Statuen von sich und Madara erzählt hatte.

Überhaupt: Wer war Madara gewesen? Aber den Gedanken hielt er ganz tief verborgen, die Blöße wollte er sich nicht geben.

»Denkt euer sensei wirklich, dass ihr schon bereit seid für die Chūnin-Prüfungen?«, wunderte sich Hashirama. »Seit ich damals den Hut trug, hat sich viel verändert und das jetzige Prüfungssystem klingt in der Tat nach einer Verbesserung. Als wir die Grundlagen für das Dorf damals entwickelt hatten, war es noch Aufgabe des sensei, zu bestimmen, wann seine oder ihre Schüler bereit dafür waren, Chūnin genannt zu werden. Tobirama hatte später überlegt, das System zu zentralisieren, Saru muss die Idee weiterverfolgt haben.«

»Kannst du nicht einen Moment lang still sein?«, knurrte Sasuke. »Ich versuche mich hier zu konzentrieren.«

»Entschuldige.« Hashirama hielt es keine Minute lang aus. »Es gibt nur eben einiges, das mir zu schaffen macht.«

»Du bist tot, dir kann das alles egal sein.«

»Ist es aber nicht. Das Dorf war mein großer Traum, mein Lebenswerk. Natürlich liegt es mir am Herzen, was auch nach meinem Tod damit geschieht. Und etwas sagt mir, dass nicht alles so schön ist, wie es an der Oberfläche aussieht. Warum zum Beispiel lebst du allein und was ist mit dem Rest deines Clans geschehen? Oder meinem …«

»Sei still!«, schrie Sasuke ihn an. Dann zwang er sich ruhig durchzuatmen und sich ganz auf den Text vor seiner Nase zu konzentrieren. Auf keinen Fall wollte er daran denken, was Itachi …

Er las weiter.

»Entschuldige bitte«, sagte Hashirama mit ehrlichem Bedauern. »Ich sehe schon, dass das ein empfindliches Thema ist.«

»Ich … ich will einfach nicht darüber reden. Nicht jetzt. Vielleicht nie.«

»Natürlich. Ich bin hier, solltest du deine Meinung ändern.«

»Wahnsinn, du kannst ja eh nirgends hin.«

»Ha! Stimmt auch wieder!«

Sein Steingesicht wirkte so ernst und erhaben und entsprach so gar nicht der Wirklichkeit. Das war das letzte bisschen, dass Sasuke daran zweifeln ließ, dass all das hier wirklich passierte. Dennoch las er den Text weiter.

Da! Endlich!

»Als Madara desertierte, begann er, mehrfach das Dorf anzugreifen, mit solcher Macht, dass schlussendlich Shodai Hokage Hashirama gezwungen war, persönlich gegen ihn ins Feld zu ziehen«, stand da. »Viel ist über die Details dieses Kampfes nicht bekannt, doch war er so gewaltig, dass er die Landschaft nachhaltig veränderte. Das Tal, das dabei in die Landschaft gegraben wurde, nannte man hernach das Tal des Endes und zum Andenken an diesen historischen Kampf ließ man Statuen der beiden Gründer errichten. Ursprünglich war geplant, diese im Dorf zu errichten, doch diese Idee wurde verworfen …«

Sasuke blickte auf. Verdammt. Das war der Beweis. Er war sich sicher, dass er davon vorher noch nie etwas gehört hatte, nicht bevor Hashirama es erwähnt hatte.

»Aber immerhin beweist das, dass du nicht durchdrehst«, sagte Hashirama leichthin. »Man muss auch die guten Seiten sehen können.«

Sasuke brummte missmutig.

»Oh. Hallo, Sasuke-kun!«, hörte er auf einmal Sakura hinter sich.

Sasuke tat so, als hätte er sie schon vorher bemerkt und starrte finster vor sich hin. »Hallo.«

»Hätte nicht erwartet, dich hier anzutreffen«, fuhr Sakura unbeirrt fort und setzte sich zu ihm an den Tisch. »Was liest du da? Sehenswürdigkeiten im Land des Feuers. Willst du verreisen?«

»Ich musste was nachschauen«, sagte Sasuke kurz angebunden. Er schielte auf die Bücher, die Sakura sich unter den Arm geklemmt hatte. Es waren diverse Geschichtsbücher. Eines weckte seine Aufmerksamkeit.

»Kann ich mir das einmal kurz ausleihen?«

Sakura stutzte und schien offensichtlich nicht damit gerechnet zu haben, dass Sasuke sie um so etwas bat. Doch dann nickte sie und schob ihm das Buch zu. Bevor Sasuke es jedoch auch nur aufschlagen konnte, wurde er von einer lauten und leider allzu bekannten Stimme aufgehalten.

»Hey, ihr seid ja auch hier!«, plärrte Naruto.

»Sei leise, du Idiot!«, fauchte Sakura. »Das ist eine Bibliothek!«

Naruto schien sich davon nicht aufhalten zu lassen und setzte sich ungeachtet der giftigen Blicke, die in seine Richtung geworfen wurden, schwungvoll zu ihnen.

»Was machst du überhaupt hier?«, wollte Sasuke wissen.

»Das ist eine Bibliothek«, stellte Naruto klar. »Wir dürfen hier sein.«

»Ja, aber normalerweise ist keiner von euch beiden hier«, stellte Sakura korrekt fest. »Hey, wollen wir zusammen für die Prüfung lernen?«

»Tja, nun …« Naruto druckste noch ein wenig herum. Sasuke hatte bereits bemerkt, dass der Idiot auf das Buch schielte, dass er sich selbst von Sakura erbeutet hatte. »Ich trainiere lieber. Eigentlich wollte ich nur kurz etwas nachschauen. Das brauchst du doch sicher nicht, Sasuke, oder? Du bist doch auch nicht so für Bücher zu haben.«

Diese Unterstellung. Sasuke zog demonstrativ das Buch an sich. »Doch, das wollte ich jetzt lesen.«

Sakura seufzte und schlug eine Hand vor das Gesicht. »Dann setzten wir uns jetzt doch zusammen und lernen gemeinsam.«

Sasuke und Naruto schnaubten und drehten sich demonstrativ den Rücken zu.

Sakura zog das Buch wieder an sich. »Gut, dann kann ich ja jetzt in Ruhe lernen.«

»Nein!« Sasuke und Naruto stürzten sich zeitgleich auf das Buch und funkelten sich darüber hinweg finster an.

»Benehmt euch!«, knurrte Sakura. »Ihr setzt euch jetzt hin wie zivilisierte Menschen und teilt euch das Buch. Vielleicht gibt es hier ja auch noch ein Exemplar.«

»Du suchst dir dein eigenes«, sagte Sasuke prompt.

»Wieso ich?«, beschwerte sich Naruto.

»Weil ich zuerst hier war!«

Das nächste, was er wusste, war der Umstand, dass sein Gesicht auf die Tischplatte geschmettert wurde. Sakura hatte sowohl ihm als auch Naruto eins übergezogen.

»Au! Wofür war das?«, beschwerte sich Naruto.

»Dafür, dass ihr euch wie Idioten benehmt!«, fauchte Sakura.

Hashirama lachte auf. »Irgendwie erinnert sie mich an Mito.«

Wenn Mito auch nur ansatzweise Sakura ähnlich gewesen war, musste sie eine wahre Hexe gewesen sein. Sasuke rieb sich die schmerzende Nase.

Am Ende einigten sich Sasuke und Naruto grummelnd darauf, sich das Buch zu teilen. Wie es sich herausstellte, interessierten sie sich ohnehin für dasselbe Thema: das Schicksal von Uzushio. Auch Hashirama merkte auf. Was Kakashi ihnen gesagt hatte, schien ihn sehr zu beschäftigen.

Sakura reckte den Kopf und schielte auf das, was sie da lasen. »Ich weiß etwas darüber«, eröffnete sie dann. Sasuke und Naruto sahen auf. »Das war vor etwa dreißig Jahren während der ersten Amtszeit des Sandaime. Uzushiogakure war die Heimat des Uzumaki Clans. Ja, deines Clans, Naruto-kun. Die Uzumaki waren berühmt für ihr Wissen über Siegel und das rief ihre Feinde auf den Plan. Das Dorf wurde zerstört.«

»Und wo war Konoha?«, verlangte Hashirama aufgebracht zu wissen. »Sasuke-kun, frag sie das.«

Sasuke tat so, als würde er einen Blick auf das Buch vor ihnen werfen. »Hätte Konoha da nicht irgendwie eingreifen müssen oder so?«, fragte er dann.

Sakura überlegte einen Moment. »Ich glaub schon. Da war was mit einem Bündnis. Aber Konoha konnte nichts machen, weil das einen größeren Konflikt mit den anderen Nationen verursacht hätte. Irgendwie so war das.«

»Das ist unerhört!« Hashirama schien regelrecht zu schäumen. »Saru hätte nicht wegschauen dürfen, ganz gleich, welche Gründe er dafür gehabt haben mochte. Es war seine oberste Pflicht, den Uzumaki in allem beizustehen! Er wusste das!«

Er konnte ja doch Dinge mit dem nötigen Ernst betrachten.

»Und was ist aus den Leuten aus Uzushio geworden?«, wollte Naruto mit belegter Stimme wissen. »Das Dorf wurde zerstört, aber wo sind die Einwohner hin? Wo ist meine Familie?«

Seine Stimme klang so klein und verletzt. So anders, als Sasuke es von ihm gewohnt war. Etwas warmes blubberte mit einem Male in Sasukes Magen.

Sakura schüttelte traurig den Kopf. »Ich fürchte, die meisten sind gestorben, und die wenigen, die es geschafft haben, wurden in alle Winde zerstreut.« Sie hielt kurz inne. »Warte, ich glaube, ich erinnere mich, dass eine Uzumaki nach Konoha kam, Uzumaki Kushina. Sie wurde von Uzumaki Mito ausgebildet, der Frau des Ersten Hokage, und wurde ihr Nachfolger als jinchūriki.«

Sasuke war verwundert, dass Naruto nicht nachfragte, was das sein sollte. Woher sollte er davon wissen? Naruto schien jedoch gar nicht erst daran zu denken. Mit traurigem Blick starrte er auf den Tisch und fuhr die Kratzer im Holz mit seinen Fingern nach.

»Vielleicht …« Er schniefte. »Vielleicht war sie ja meine Mutter.«

»Du weißt nichts über deine Familie, oder?«, fragte Sakura nach und ergriff seine Hand. Als Naruto aufblickte, lächelte sie ihm zu.

Es war besser, erst gar keine Familie zu haben, als mit anzusehen, wie die eigene Familie abgeschlachtet wurde. Sasuke wurde schlecht.

»Oh, Sasuke-kun …« Hashiramas Bedrücktheit wirkte dieses Mal echt.

»Ich glaube …« Sakura griff nach dem Buch und blätterte ein paar Seiten nach vorn. »Ah, tatsächlich. Habe ich mir das doch richtig gemerkt. Kushina wurde später die Frau des Yondaime Hokage, Namikaze Minato. Aber beide starben vor zwölf Jahren beim Angriff des Kyubi.«

Naruto legte sich eine Hand auf den Bauch. Auch er wirkte, als würde er sich gleich übergeben müssen.

»Aber da stimmt doch was nicht«, sagte Sasuke. »Neulich sagte Kakashi doch noch, er wüsste nicht, was aus den Leuten von Uzushio wurde. Aber jetzt steht das da einfach so in einem billigen Geschichtsbuch. Er ist ein Jōnin, sicher weiß er so etwas.«

»Und vor allem: Wie konnte Kyubi das Dorf angreifen, wenn er doch in Kushina versiegelt war?«, fügte Hashirama an. »Ich weiß um die Integrität von Mitos Siegeln, ich habe selbst viele Jahre dazu beigetragen, dass sie halten. Wenn sie Kyubi an Kushina übertragen hatte, dann hatte sie dies gewiss mit äußerster Sorgfalt getan. Ebenso stellt sich die Frage, was mit Kyubi nach dem Angriff wurde. Konnte er wieder versiegelt werden und wenn ja, wie und wo? Sasuke-kun, dieses Konoha hat zu viele Geheimnisse, die mir nicht gefallen wollen.«

»Kakashi-sensei hatte sicher seine Gründe«, sagte Sakura, doch sie klang unsicher.

Ja, sie mochten nur Genin sein, aber dennoch gab es Sasuke zu bedenken, dass viele von dem, was zu Hashiramas Zeit allgemein bekannt zu sein schien, jetzt ein gut gehütetes Geheimnis war. Aber eigentlich konnte es ihm auch egal sein, redete er sich ein. Er hatte anderes im Sinn. Er stand auf. Sakura und Naruto sahen fragend zu ihm auf.

»Ich muss trainieren«, sagte er.

»Ich komm mit!«, rief Naruto sogleich und handelte sich wieder einmal das eine oder andere wütende Zischen der anderen Bibliotheksbesucher ein.

»Vergiss es«, schoss Sasuke zurück. »Kümmer dich um deinen eigenen Kram.«

»Zusammen trainiert es sich besser«, gab Hashirama zu bedenken.

»Nein!«

Sasuke sah zu, dass er von hier verschwand.

Er begab sich auf direktem Wege nach Hause, packte eilig seine Kunai zusammen und war dann auch schon wieder unterwegs in den Wald. Noch immer war da die kleine Lichtung mit dem Felsen und den Zielscheiben. Er musste schaffen, zu was Itachi in der Lage war, sonst würde er nie gegen ihn bestehen können. Die kommenden Chūnin-Prüfungen waren eine gute Gelegenheit, zu sehen, wie weit er bereits gekommen war.

Die ganze Zeit über spürte er Hashirama am Rande seines Bewusstseins. Immerhin hielt er sein Wort und hielt sich zurück bei allem, worüber Sasuke nicht reden wollte. Trotzdem musste er mittlerweile zumindest eine ungefähre Ahnung haben, was geschehen war und worüber sich Sasuke so beharrlich ausschwieg. Sasuke konnte seine Besorgnis spüren.

Doch das war jetzt erst einmal nebensächlich. Mittlerweile hatte er sein Ziel erreicht. Nun denn.

Er aktivierte sein Sharingan, sprang in die Luft und warf seine Kunai. Es gab ein helles Klirren und mehrere dumpfe Aufschläge und schon stand Sasuke wieder am Boden. Sogleich ging er um den Felsen herum und prüfte die Ziele. Er hatte die Ziele in seinem unmittelbaren Sichtfeld alle mitten ins Zentrum getroffen, doch das im toten Winkel hatte er schon wieder verfehlt.

»So ein Mist.« Er knirschte mit den Zähnen.

»Das ist eine beeindruckende Technik«, sagte Hashirama.

»Nicht gut genug«, grummelte Sasuke. »Itachi hatte in meinem Alter schon längst alle Ziele sicher treffen können.«

»Jeder wächst mit seiner eigenen Geschwindigkeit. Was du bereits kannst, ist mitunter über dem Level eines Anfängers. Du solltest stolz auf dich sein.«

»Dafür habe ich keine Zeit. Es zählt einzig und allein, dass ich stark genug werde, um mein Ziel zu erreichen.«

Er konnte spüren, wie es Hashirama schon auf der Zunge lag, ihn zu fragen, was sein Ziel sei, aber er ließ es. »Sasuke-kun, ich sorge mich um dich«, sagte er stattdessen.

»Ich kann auf mich selbst aufpassen.«

»Nun, ich war einmal Hokage, es war meine Aufgabe, mich um die jungen Flammen des Dorfes zu sorgen und für sie zu tun, was in meiner Macht stand.«

»Jetzt bist du aber tot und nur noch eine nervige Stimme in meinem Kopf.«

Hashirama seufzte. Sasuke spürte, wie seine eigene Verärgerung wuchs.

Um sich abzulenken, versuchte er den Wurf noch einmal, doch dieses Mal landeten nicht einmal mehr alle Kunai im Zentrum der sichtbaren Zielscheiben. Frustriert sammelte er seine Kunai ein und versuchte es noch einmal.

»Im Kampf kommt es darauf auf, im Jetzt zu sein«, sagte Hashirama. »Du musst ganz im Moment sein und deine Sorgen und Ängste vergessen. Jetzt zählt nur dieser Augenblick, die Waffe in deinen Händen und dein Gegner. Hier musst du jetzt sein, denn du kannst dir sicher sein, dass dein Gegner es ausnutzen wird, wenn du es nicht bist. Gefühle dürfen in einem Kampf keine Rolle spielen.«

Seltsamerweise sah Sasuke ein Bild aufblitzen, ganz kurz nur. Zwei Shinobi, die sich auf einem Fluss begegneten. Sie griffen einander an, indem sie Waffen auf zwei Kinder warfen, die bei ihnen waren. Das Bild verschwand so schnell, wie es aufgetaucht war.

»Also sind Ninja eiskalte Tötungsmaschinen?«, wollte Sasuke wissen.

Erstaunlicherweise antwortete Hashirama nicht sofort. »Es macht das Töten zumindest leichter«, sagte er nach einem Moment der Stille.

Sasuke fragte sich, ob seine sonst so fröhliche Natur nicht vielleicht zu Teilen nur aufgesetzt war.

Es war müßig, darüber nachzudenken. Er betrachtete die Kunai in seiner Hand. Seine Haltung war gut, das wusste er. Aber trotzdem stimmte etwas noch nicht, sonst würde er treffen. Er konnte nicht sagen, woran es lag. Also versuchte er den Kopf frei zu bekommen, wie Hashirama es gesagt hatte, atmete tief durch und warf erneut.

Dieses Mal traf er zwar nicht ins Schwarze, aber sein Kunai ging nicht völlig daneben. Er konnte einen kleinen Jubelruf nicht zurückhalten.

»Sehr gut, Sasuke-kun!«, lobte Hashirama begeistert. »Üb nur fleißig weiter und du wirst eines Tages ein Meister des Kunai werden.«

Sasuke kam nicht umhin zufrieden zu grinsen. Dann glättete er seine Gesichtszüge wieder. »Bis dahin ist es aber noch ein viel zu weiter Weg.«

»Habe nur Geduld. Konoha wurde auch nicht an einem Tag erbaut.«

»Aber ich muss …«, presste Sasuke hervor und unterbrach sich dann selbst.

»Du tust weder dir noch allen anderen einen Gefallen, wenn du dich so sehr unter Druck stellst. Selbst Stahl bricht unter zu großem Druck.«

»Aber er hat sie alle getötet! Itachi hat meine Familie getötet!«, schrie Sasuke in den Wald hinein. Tränen verschleierten ihm die Sicht. »Mein Bruder hat meinen ganzen Clan ermordet und nur mich am Leben gelassen. Mir bleibt doch nichts anderes im Leben als meine Rache.«

»Rache wird dir deine Familie auch nicht wieder zurückbringen«, sagte Hashirama sanft.

Schluchzend sank Sasuke zusammen, zog die Beine an seine Brust und vergrub das Gesicht zwischen seinen Knien. Schluchzer schüttelten seinen Körper. Er fühlte sich so allein wie nie.

Hashirama ließ ihn in Ruhe, bis seine Tränen versiegt waren, und auch dann schwieg er noch respektvoll. Sasuke starrte das Gras zu seinen Füßen an. Er fühlte sich elend. An Training war heute definitiv nicht mehr zu denken.

Einige Minute später erhob sich Sasuke schließlich doch, sammelte seine Kunai ein und machte sich auf den Rückweg. Er hielt den Blick gesenkt und seine Schultern fühlten sich schwer an. Als er schon vor der Tür zu seiner Wohnung stand, hielt er inne und überlegte es sich dann doch anders. Kurzerhand drehte er um und begab sich zu seinem alten Heim.

Hier war noch alles so, wie er es vor einigen Jahren zurückgelassen hatte, nur etwas verfallener dank des Umstandes, dass hier niemand mehr lebte, um sich um den Garten und das Haus zu kümmern. Der sōzu klackte dennoch noch immer unbeirrt und selbst der Riss in der Mauer war noch dort, wo Itachi einst das Kunai geworfen hatte. Sasuke sah es noch immer so deutlich vor sich, als es es erst gestern gewesen.

Er schob das Absperrband zur Seite, das lose im Wind flatterte, stellte seine Sandalen vor dem engawa ab und brachte dann doch nicht die Kraft auf, das Haus zu betreten. Zu sehen, wo Vater und Mutter …

Er ließ sich niedersinken, wo er stand, und ließ den Kopf in seine Hände fallen.

»Vor zwölf Jahren griff das Fuchmonster Konoha an«, sagte er leise. Er musste es laut aussprechen, vielleicht würde er dann endlich begreifen können, was geschehen war. »Mein Vater war der Chef der Polizei und seine Aufgabe war es gewesen, für die Sicherheit der Einwohner zu sorgen. Später behauptete man dennoch, dass sich die Uchiha nicht an der Verteidigung des Dorfes beteiligt hatten, weil sie nicht direkt gegen das Fuchsmonster gekämpft hatten. Hinzu kamen die Gerüchte, dass die Bestie kontrolliert worden war, und jeder weiß, dass ein starkes Sharingan das kann. Die Polizei war vorher schon nicht beliebt gewesen, doch seitdem ging alles bergab. Itachi war so alt wie ich jetzt, als er der Anbu beitrat, und seitdem wurde alles nur noch komplizierter. Vater wollte, dass er für den Clan spionierte und herausfand, was im Dorf vor sich ging. Hinzu kam nämlich, dass der Angriff des Fuchsmonsters das Dorf so stark zerstörte, dass es fast komplett neu aufgebaut werden musste, und aufgrund der Gerüchte um meinen Clan versetzte man uns nach hier draußen, weit außerhalb des eigentlichen Dorfes. Vater war stolz auf Itachi, dass er es bis zu den Anbu geschafft hatte, und sagte stets, wie ich meinem Bruder nacheifern sollte. Gleichzeitig wollte er, dass Itachi für den Clan und gegen das Dorf arbeiten sollte, weil seine eigentliche Loyalität bei den Uchiha lag. Und dann, eines Tages, hat Itachi sie alle ermordet. In einer einzigen Nacht. Nur mich hat er leben lassen und hat mir meinen Hass gegeben, Hass, der mich stark macht. Eines Tages stark genug, um Itachi zu töten. Mehr hab ich nicht mehr als diesen Hass.«

Sasuke verfiel in Stille. Er fühlte sich für das erste Mal seit langer Zeit angenehm leer und leicht. Der sozu klackte.

Hashirama schwieg verdächtig lang. Als er schließlich doch sprach, klang seine Stimme belegt: »Sasuke-kun, ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr ich bedauere, was du erleben musstest. In dem Konoha, das ich mir damals erträumt hatte, hätte das niemals passieren dürfen, und ich fürchte, dass mir damals die Voraussicht fehlte, um so etwas zu verhindern. Aber sag mir bitte eines: Hast du jemals vom Fluch des Hasses gehört?«

Sasuke runzelte die Stirn. »Der was?«

»Zu meiner Zeit nannte man uns Senju den Clan der Liebe, aber euch Uchiha nannte man einen verfluchten Clan, doch in meinen Augen stimmt das nicht. Ich habe niemals jemand anderen getroffen, der Emotionen tiefer empfindet als ihr Uchiha. Wir Senju hingegen sind lediglich ein Clan des Krieges, mehr nicht, das war das einzige, worin wir gut waren. Ich weiß nicht, ob es an eurem kekkei genkai liegt oder einfach ein inhärenter Charakterzug ist, aber die Tiefe eurer Emotionen übertrifft die aller anderen. Ihr empfindet sowohl Freude als auch Leid weitaus intensiver, aber Liebe und Hass gehen oftmals Hand in Hand, und der Schmerz, der daraus entsteht, hat schon ganz andere gebrochen. Dieser Hass gibt euch große Stärke, aber auch untragbaren Schmerz. Gib dich ihm nicht hin, am Ende dieses Weges steht nur der Ruin.«

»Hass …«, murmelte Sasuke, mehr laut denkend als alles andere. Hass hatte Itachi die Augen geöffnet und ihm das Mangekyō Sharingan gegeben. Itachi hatte ihn am Leben gelassen für genau diesen einen Zweck: dieselben Augen zu erlangen wie er, sodass sie sich eines Tages auf Augenhöhe begegnen konnten.

»Mangekyō. Dann weißt du also bereits davon … Sasuke-kun, lass mich dir eine Geschichte erzählen«, sagte Hashirama. »Es ist eine etwas längere Geschichte und ich fürchte auch, sie hat kein schönes Ende, also möchtest du dir vielleicht einen etwas angenehmeren Ort suchen.«

Und so kam es, dass Sasuke von der Gründung des Dorfes erfuhr und von den Bürgerkriegszeiten, die dem vorausgegangen waren. Es war wirklich keine schöne Geschichte, sondern eine voller Blut und Leid und Kindern, die viel zu jung starben. Wie Hashirama gesagt hatte, war es eine lange Geschichte, weshalb Sasuke irgendwann einmal von dem engawa aufstand und zum See ging, während er noch immer Hashiramas Geschichte lauschte. Er setzte sich an den Rand des Steges, ließ seine Beine im Wasser baumeln und blickte in die dunklen Tiefen des Wassers hinab.

Er lernte von Hashirama und Madara, zwei kleinen Jungen mit einem unerreichbar scheinenden Traum von Frieden. Und selbst, als sie viele Jahre später diesen Traum verwirklichen konnten, war er doch auf Blut gegründet worden.

»Am Ende war alles, was Madara von Izuna geblieben war, dessen Augen«, schloss Hashirama. Mittlerweile war es längst dunkel geworden, doch Sasuke saß noch immer am See. »Am Ende war der Schmerz, den er aufgrund seines Verlustes erlitten hatte, zu groß für ihn, und er sah keinen anderen Ausweg mehr, als sich gegen das Dorf zu stellen, das er mitbegründet hatte. Er ließ mir keine andere Wahl als ihn zu töten. Ich war der Hokage. Ich war der einzige, der seiner Stärke begegnen konnte. Es war meine Pflicht, das Dorf zu verteidigen, also tat ich meine Pflicht. Wir hatten einst einen Traum und diesen wollte ich bewahren. Doch Madara hatte irgendwann einmal nach immer nur mehr Stärke gestrebt und am Ende hatte er es mit dem Leben bezahlt.«

Sasuke schwieg.

»Sasuke-kun, gehe nicht denselben Pfad. Er führt nur in die Dunkelheit.«

Der Mond stand voll und hell am Himmel und der See lag ruhig unter ihm da wie ein gigantischer Spiegel, aus dem das silberne Licht des Mondes schien. Alles war still.

»Das heißt es also, ein Shinobi zu sein?«, fragte Sasuke schließlich. »Alles auszuhalten?«

»Der Wille der Toten ist es, der uns weitermachen lässt«, sagte Hashirama. »Es war um meiner toten Brüder willen, dass ich suchte, was unmöglich schien, und es am Ende auch fand. Danach herrschte Frieden für eine lange Zeit.«

»Doch es war nicht von Dauer …«

»Nein«, sagte Hashirama grimmig. »Vieles hat sich seit damals geändert und nicht alles zum Guten. Mir ist mittlerweile klar, dass mit diesem Konoha einiges im Argen ist, was mir Sorgen bereitet.«

»Und was willst du jetzt tun?«

»Es gibt nicht viel, was ich tun kann. Dir wird nicht entgangen sein, dass ich gegenwärtig nur eine nervige Stimme in deinem Kopf bin, wie du es so gern ausdrückst.«

Aus irgendeinem Grund brachte das Sasuke zum Schmunzeln. Er schnaubte. »Leider stimmt das.«

»Ich will dich damit auch nicht belasten«, fuhr Hashirama fort. »Du hast deine eigenen Sorgen und Nöte. Konzentriere dich jetzt auf deine Prüfung, das ist das wichtigste.«

Das brachte Sasuke allerdings auf eine Idee. »Was kannst du mir über diese Prüfung sagen, was wird alles dran kommen?«

»Tja, nun. Das war zu meiner Zeit alles noch ein bisschen anders. Aber ein bisschen was kann ich dir vielleicht doch sagen …«

Nächstes Kapitel: Madara und Kyubi sind wirklich best buddies. Nicht. Außerdem Chuunin Prüfungen im Schnelldurchlauf.

Mit wachsender Sorge starrte Naruto auf die Teilnahmebestätigung für die Prüfung und kratzte sich den Kopf.

»Oh man, ey«, murmelte er. »Ich bin noch nicht gut genug. Das wird bestimmt knüppelhart.«

»Na, immerhin diese Selbsterkenntnis hast du«, bemerkte Madara.

»Davon wird’s auch nicht besser!«, blaffte Naruto.

Irgendwo in seinem Unterbewusstsein nagte Kyubi an den Gittern seines Gefängnisses und versuchte, seine Krallen durch die Lücken zwischen den Stäben zu stecken, um Madara zu erwischen. Der jedoch saß gerade weit genug außerhalb seiner Reichweite und schien eine diebische Freude daran zu finden, den gigantischen Fuchs mit seiner bloßen Anwesenheit zu reizen.

Und es funktionierte. Bis vor kurzen hatte Naruto noch nicht einmal von der Existenz dieser Kreatur gewusst und plötzlich hatte er eine rasende Chakrakreatur in seinem Kopf, die nichts anderes im Sinne hatte, als diese andere lästige Stimme zu erwischen.

»Du bist an allem Schuld, Uchiha!«, brüllte Kyubi nicht zum ersten Mal.

Madara lehnte sich lässig zurück und beobachtete Kyubis vergebliche Versuche, aus seinem Gefängnis auszubrechen. »Du bist ein Werkzeug, nichts weiter. Du solltest es als eine Ehre ansehen, dass ich dich für meine Zwecke erwählte. Es hätte deine Bestimmung sein sollen, Uchiha zu dienen.«

Naruto fasste sich an den Kopf und stöhnte. »Ihr sollt beide still sein! Ich kann mich nicht konzentrieren.«

Eine Stimme war schon schlimm genug gewesen. Aber zwei, die sich auch noch die ganze Zeit stritten, war die Hölle auf Erden.

»Du hast mich benutzt!«, brüllte Kyubi. »Ihr lästigen kleinen Menschen seid nichts weiter als Maden!«

»Welch Ironie, dass du jetzt in einer besonders kleinen Made weggeschlossen bist. Mito hat ordentliche Arbeit geleistet. Nichts anderes war von ihr zu erwarten gewesen.«

»Die alte Hexe!«

Naruto stöhnte und schlug den Kopf auf den Tisch. Wenn das so weiter ging, würde er noch durchdrehen. »Ich kann so nicht lernen!«

»Dann lerne es«, sagte Madara gnadenlos. »In der Schlacht fragt dein Gegner auch nicht höflich, wie du die Klinge in deinen Eingeweiden am liebsten hättest.«

»Wenn du mir schon auf die Nerven gehst, dann mach dich wenigstens nützlich und bring mir was bei!«, verlangte Naruto. »Wenn ich gegen Sasuke kämpfen muss, dann will ich gewinnen, echt jetzt!«

»Nein.«

Bastard.

Kyubi nagte weiter an den Gitterstäben.

»Jedoch …«, begann Madara von neuem. »Naruto, komm her.«

Naruto wollte sich nicht in die Nähe dieses Fuchsmonsters begeben. Andererseits hatte Madara anscheinend seine Meinung geändert. Die Gründe dafür konnten Naruto egal sein, solange er nur etwas nützliches lernte. Also begab er sich vor das gigantische Tor.

Dieser Ort war noch immer genauso unheimlich wie beim ersten Mal. Zu wissen, was da in ihm war, behagte Naruto so ganz und gar nicht, obwohl er mittlerweile wusste, dass dieser Ort nicht wirklich echt war. Es war mehr eine Manifestation seines Unterbewusstseins, ein Bild, das sein Geist konstruiert hatte, um ihm zu helfen zu visualisieren, was man in ihm versiegelt hatte.

Mit einem misstrauischen Blick in Richtung Kyubi trat er an Madaras Seite. Diesen schien das alles hier nicht sonderlich zu stören, er wirkte gar einigermaßen amüsiert über Kyubis Versuche, an ihn heranzukommen.

»Und jetzt? Was willst du mir beibringen?«, wollte Naruto wissen.

»Du hast eine beschissene Chakrakontrolle«, sagte Madara trocken.

Naruto machte ein langes Gesicht. »Du bist echt gemein, Madara-jiji.«

Madara starrte auf ihn nieder. »Pass auf, was du sagst, Bratze. Zu meiner Zeit war ich nicht gerade für meine Geduld mit Bälgern wie dir bekannt.«

Naruto streckte ihm die Zunge raus. »Na los, sag schon!«

Madara verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu Kyubi, der den Blick voller Hass erwiderte und die Fänge bleckte. »Ich kann förmlich Mito protestieren hören, dass es keine gute Idee sei. Aber Mito ist tot, also ist mir das egal.«

»Genauso tot wie du!«, knurrte Kyubi.

»Pech für dich, dass ich jetzt trotzdem hier bin, denn jetzt kannst du doch von Nutzen sein, du Flohteppich.«

Kyubi rammte seinen massiven Schädel gegen das Tor und bewirkte doch nichts damit. Er brüllte auf.

»Naruto, du als jinchūriki kannst Kyubis Chakra benutzen«, fuhr Madara fort und ließ sich von dem riesigen Fuchs nicht aus der Ruhe bringen. »Für den Anfang nur ein winziges bisschen, alles andere wäre wirklich zu gefährlich. Wollen doch nicht, dass der Flohteppich am Ende doch noch ausbricht, indem er dich übernimmt.«

Naruto zog eine Grimasse. »Ehh. Was?«

»Das war doch die ganze Zeit über deine Absicht, nicht war, Flohteppich?«, verlangte Madara von Kyubi zu wissen. »Seit du in Naruto versiegelt worden bist, hast du konstant winzige Mengen deines Chakras durch das Siegel sickern lassen, sodass es mehr und mehr korrodierte. Naruto, hattest du manchmal das Gefühl, dass du ein anderes Chakra als dein eigenes benutzt?«

Naruto kratzte sich am Kopf. Dann nickte er. »Ja, da war mal was. Aber ich kann mich nicht wirklich daran erinnern, was dann passiert war. Ich weiß noch, dass ich echt wütend war über das, was Haku mit Sasuke angestellt hatte.«

»Dachte ich‘s mir«, bemerkte Madara. »Kyubi hat deine Wut benutzt und sie mit seinem eigenen Hass befeuert. Auf diese Weise konnte er dich leichter darin manipulieren, sein Chakra zu benutzen, was die Schwächung des Siegels beschleunigte. Irgendwann einmal wäre es vollständig aufgebrochen und Kyubi hätte die Kontrolle erlangen können.«

Naruto lief ein Schauer den Rücken hinab. Eigentlich wollte er es gar nicht wissen, aber er fragte dennoch. »Und was wäre dann passiert?«

»Er hätte dich verschlungen und wäre über alles und jeden in seinem Weg hergefallen.«

Naruto starrte zu dem Mann auf. »Und du willst trotzdem, dass ich das Chakra vom Fuchsmonster benutze?«

»Ich habe mir das Siegel etwas genauer angesehen. Zweifelsohne Uzumaki-Handwerk, aber dieser Namikaze hat auch sein Markenzeichen darauf hinterlassen. Ziemlich dreist, aber nun gut. Er hat ein paar Schutzmaßnahmen eingebaut für den Fall, dass das Siegel doch brechen sollte. Aber das wusstest du, nicht wahr, Kyubi. Du weißt ganz genau, was vor zwölf Jahren passiert war.«

Hinter dem Tor war Kyubi scheinbar zur Ruhe gekommen. Er hatte sich hingelegt und seinen Kopf auf seinen Pranken gebettet. Seine Augen glühten rot im Dunkel auf. »Warum sollte ich mit euch darüber reden? Es ist so amüsant, euch kleine Maden im Dunkeln tappen zu sehen.«

»Du weißt eine Menge über diesen ganzen Siegelkram, Madara-jiji, echt jetzt«, stellte Naruto fest. »Aber wie mach ich das jetzt, ohne dass das Siegel bricht?«

»Wir machen‘s auf meine Weise«, sagte Madara gelassen.

Kyubi wusste anscheinend, was das bedeutete, denn er sprang wieder auf, brüllte und attackierte erneut die Gitter. »Du dreckiger Mistkerl! Du kannst hier gar nichts mehr ausrichten! Du bist tot! Nichts weiter als ein jämmerlicher Chakrageist!«

»Ganz recht, Chakra.« Mit diesen Worten fing Madara ihn mit seinem Sharingan ein.

Kyubi brüllte zornerfüllt auf und dann schien es auf einmal, als würde er friedlich einschlafen.

Naruto machte große Augen. Er hatte schon gesehen, wie Kakashi und Sasuke ihre Augen einsetzten, aber etwas an Madara fühlte sich anders an. Mächtiger. Anders als Kakashi war er immerhin ein Uchiha und mit dieser Fähigkeit geboren worden. Aber zu sehen, wie er damit scheinbar spielend Kyubi kontrollierte, war wirklich beeindruckend.

»Boah, krass!«, staunte Naruto. »Und jetzt?«

Zwischen den Stäben sickerte ein winziges bisschen rot schimmerndes Chakra hervor.

»Nimm es dir«, sagte Madara. »Schon das sollte ausreichen, um dich um ein vielfaches zu stärken. Und dann zeige ich dir, wie man auf Wasser läuft.«

Narutos Augen leuchteten auf. »Das klingt ja mal richtig cool!«

Vielleicht hatte er ja doch eine Chance bei den Prüfungen.

 

In den kommenden Wochen trainierte Team 7 fleißig, jede und jeder auf ihre oder seine Weise. Kakashi mochte sich vielleicht ein wenig wundern, woher seine süßen kleinen Genin auf einmal diese neuen Tricks her hatten, aber allzu sehr störte er sich daran auch nicht. Ihm sollte es recht sein, das bestärkte ihn nur darin, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte, sie für die Prüfungen anzumelden. Vielleicht hatten sie sich ja doch zusammengerauft und gemeinsam trainiert. Das würde erklären, warum sie alle ihr Chakra mit einem Mal so viel besser kontrollieren konnten. Insbesondere Sakura stach dabei unter den dreien hervor. Kakashi spielte mit dem Gedanken, ihr medizinisches Ninjutsu vorzuschlagen. Doch das musste bis nach den Prüfungen warten.

Schließlich kam der große Moment, der Tag der ersten Prüfung. Voller Zuversicht lief Naruto in den Prüfungsraum und war sich sicher, dass er das hier mit Bravour bestehen würde. Madara-jiji hatte ihm ein paar echt krasse Sachen gezeigt. Das hatte er zwar nur getan, um Kyubi zu ärgern, aber Naruto sollte es egal sein. So lange er damit nur stärker war als dieser Idiot Sasuke, war es ihm Recht.

Und dann wurden ihnen Prüfungszettel vorgesetzt.

Naruto fiel an seinem Platz in sich zusammen und stöhnte stumm. Er hatte so fleißig trainiert und jetzt das! Sakura hatte Recht gehabt, sie hätten auch mehr Theorie lernen sollen. Naruto starrte auf die Fragen und hatte keinen blassen Schimmer.

»Hör auf zu jammern und dich in Selbstmitleid zu ergehen«, blaffte Madara ihn an. »Das ist ja nicht auszuhalten.«

»Du hast gut reden«, maulte Naruto. »Du hast gehört, was der gruselige Typ gesagt hat. Ich hab keine Ahnung von dem ganzen Kram hier.«

»Das kommt davon, wenn in deinem Hirn nur Platz für Ramen ist! Du bist ja schlimmer noch als Mito. Streng die drei Gehirnzellen an, die du hast.«

Naruto fasste sich an den Kopf und schob die Unterlippe vor. Er spürte, wie Hinata ihn unter dem Tisch anstupste, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Naruto zermarterte sich das Hirn, was er nun tun sollte.

Madara seufzte frustriert. »Die testen nicht euer Wissen, sondern eure Fähigkeiten, Informationen zu beschaffen«, erbarmte er sich dann doch zu erklären. »Wie hast du überhaupt die Akademie bestanden?«

Hinatas Lippen bewegten sich, als wollte sie Naruto stumm etwas sagen. Unauffällig zog sie ihren Arm zur Seite. Am anderen Ende des Raums wurde schon wieder jemand beim Spicken erwischt und rausgeworfen. Naruto geriet ins Schwitzen.

Er konnte förmlich spüren, wie Madara sich die Hand vors Gesicht schlug. »Am Ende ist es egal, wie du an die Informationen gekommen bist. Pass auf, das sind die Antworten.«

Es war das erste Mal, dass Naruto einen Test mit voller Punktzahl bestand. Am Ende spielte es allerdings keine Rolle, wie sich zeigen sollte, was ein bisschen frustrierend war. Dennoch konnte sich Naruto ein breites Grinsen nicht verkneifen.

Wirklich spannend sollte es erst werden, als es in den Wald des Todes ging.

Team 7 überraschte sich gegenseitig, als sie alle größere Überlebensfähigkeiten bewiesen, als sie voneinander erwartet hätten. Naruto tat einen Teufel, auch nur ein Wort über Madara zu verlieren, der wieder einmal der einzige Grund war, warum er sich nicht längst an ungenießbaren Beeren vergiftet hatte.

»Ich hätte dich die Beeren einfach essen lassen sollen«, grummelte Madara und navigierte dann doch Naruto weiter durch den Wald.

Sasuke indes hatte mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Wenn man es denn als solches bezeichnen wollte. Hashirama hatte vorher schon ununterbrochen geplappert, aber jetzt war er kaum aufzuhalten. Wie es schien, waren Pflanzen sein großes Ding. Er war ein Quell unendlichen Wissens über jeden noch so unbedeutenden Grashalm, als er jedoch damit anfing, von den Träumen der Bäume zu reden, wurde es Sasuke zu absurd.

»Was ist denn das für ein Blödsinn?«, verlangte er zu wissen. »Bäume sind Bäume, und damit hat es sich.«

»Oh, ganz und gar nicht«, widersprach Hashirama voller Überzeugung. »Mein Mokuton ist einmalig. Es sei denn, Tsunade oder Nawaki haben ziemlich spät doch noch ihre Fähigkeit entwickelt, es zu nutzen. Jedenfalls funktioniert es wie eine Verbindung zur Natur um mich herum. Du glaubst ja gar nicht, wie faszinierend Pflanzen sein können!«

Sasuke hörte nur mit halbem Ohr zu. Immerhin wusste Hashirama auch allerhand nützliches Zeug über Pflanzen und welche Teile welcher Pflanze für was zu verwenden waren. Zu Lebzeiten sollten seine Fähigkeiten im medizinischen Ninjutusu legendär gewesen sein, aber wie sich herausstellte, wusste er auch darüber hinaus enorm viel über Heilkunde. Zumindest mit diesem Wissen wusste Sasuke etwas anzufangen. Er versuchte, sich so viel wie möglich davon zu merken.

Die Katastrophe nahm ihren Lauf, als sie im Wald auf Orochimaru trafen.

Erstaunlicherweise war es Sakura, die im Angesicht des Todes am ruhigsten blieb, wenn auch nur dank Mitos eindringlichen Worten. Ohne sie wäre sie verloren, Sakura wusste das. Dennoch war sie froh um Mitos Anwesenheit und die ruhige, beherrschte Art, wie sie Sakura Anweisungen gab, um sie und ihre beiden Teamkameraden aus dieser Sache herauszuholen.

Am Ende war es dennoch um sonst. Am Ende besiegte Orochimaru dennoch Naruto und Sasuke spielend und Sakura wusste, dass es ihr Ende hätte sein sollen. Es war ihr einziges Glück, dass Orochimaru offensichtlich anderes im Sinne hatte und sie links liegen ließ. Verzweifelt sah sie auf ihre gefallenen Kameraden herab.

»Liebes, nicht verzweifeln«, mahnte Mito sie. »Noch ist nicht alles verloren, tu nur, was ich dir sage.«

Sakura zitterte am ganzen Leib und hatte mit den Tränen zu kämpfen. Doch dann ballte sie die Hände zu Fäusten. Sie wollte nicht schon wieder nutzlos sein, das hatte sie sich geschworen. Schniefend wischte sie sich die Tränen aus den Augen.

»Was soll ich tun?«

»Lass uns zuerst einen genaueren Blick auf das Siegel werfen, das Orochimaru Sasuke-kun verpasst hat.«

Sakura wurde schon übel allein bei dem Gedanken daran, dennoch tat sie, was Mito ihr auftrug. Mito schien nicht zu gefallen, was sie da sah. Sakura war beunruhigt.

»Es gibt nicht viel, was du jetzt tun kannst, dafür reichen deine Fähigkeiten noch nicht aus«, sagte Mito ernst. »Du kannst lediglich seine Wunden versorgen und sein Fieber senken. Das reicht vielleicht für‘s erste.«

»Und was ist mit Naruto-kun? Was hat Orochimaru mit ihm gemacht?«, fragte Sakura besorgt. »Naruto war schon wieder so … anders. So kannte ich ihn gar nicht.«

Unter Mitos Anleitung schob sie Narutos Shirt nach oben und enthüllte ein enormes Siegel. Sakura wusste nicht viel über Siegel, ganz gleich, dass sie auch darin Klassenbeste gewesen war. Mito war die eigentliche Expertin. Aber Sakura brauchte nicht ihr enormes Wissen, um zu erkennen, dass das ein wahres Monster von Siegel war, das ihr da entgegen prangte.

»Der Anblick ist mir nicht neu. Wusste ich‘s doch«, sagte Mito und klang beinahe zufrieden. »Sakura-chan, dein Freund ist also Kyubis jinchūriki. Er hatte mich die ganze Zeit schon so sehr an Kushina erinnert und jetzt weiß ich auch, warum. Ich würde Kyubi ja wirklich gern einmal Hallo sagen.«

»Äh, Mito-hime …«

»Entschuldige bitte. Ich habe mich ein wenig gehen lassen. Also, was Orochimaru auf Naruto angewendet hat, ist das Gogyō Fūin. Es unterbindet seine Fähigkeit, auf das Chakra Kyubis zurückzugreifen. Das sollte er ohnehin von Anfang an nicht können. Über die Zeit hat das Siegel an Integrität verloren, es wurde schon lange nicht mehr erneuert. Na, na, Saru, das müsstest du doch besser wissen.«

»Und was machen wir jetzt? Kann man das wieder rückgängig machen?«

»Wie Tobirama zu sagen pflegte, lässt sich alles ungeschehen machen. Allerdings bist du noch nicht in der Lage, das Gogyō Kaiin anzuwenden, Liebes. Bis wir jemanden gefunden haben, der es beherrscht, wird Naruto damit leben müssen, dass er sein Chakra noch schlechter kontrollieren kann.«

Und darin war er von Anfang an nicht gut gewesen.

Mito erklärte ihr, wie sie am besten ihre beiden Kameraden versorgte. Sakura überraschte sich wieder einmal selbst, als sie feststellte, wie ruhig und gefasst sie arbeitete. Ja, das war etwas, das sie tun konnte. Vielleicht hatte Mito ja doch Recht, als sie vorgeschlagen hatte, Sakura solle eine medizinische Laufbahn einschlagen.

»Ich kenne Orochimaru«, sagte Mito irgendwann einmal.

Sakura merkte auf.

»Er war einst mit Tsuna-chan und Jiraiya Sarus Schüler«, fuhr Mito fort. »Ich hatte schon damals Saru gesagt, dass mir die Augen dieses Jungen nicht gefallen wollten und dass er auf ihn acht geben musste. Dennoch machten die drei sich später als Sannin einen Namen. Und jetzt das hier … Ich frage mich, wo Tsunade und Jiraiya in dem ganzen stehen.«

Sakura wollte den Gedanken nicht fortführen und Mito schien es ähnlich zu gehen.

Vorläufig blieb Sakura nichts anderes übrig, als sich um Naruto und Sasuke zu kümmern und zu hoffen, dass für sie drei die Prüfung hier nicht vorläufig zu Ende war. Als jedoch drei Oto-nin auftauchten, schien genau das der Fall zu sein … bis ausgerechnet Lee zur Rettung kam.

Es blieb jedoch nicht nur bei Lee, kurz darauf platzen auch Ino und ihre beiden Teamkameraden herein und auch Neji und Tenten stießen zu ihnen. Mit vereinten Kräften schafften sie es, die drei feindlichen Ninja zurückzudrängen, wenn auch nicht zu schlagen. Das vermochte erst Sasuke.

Plötzlich war er aus seiner Ohnmacht erwacht, als sei nie etwas gewesen. Es hätte Sakura gefreut, müsste sie nicht sehen, wie sein halber Körper mit der Zeichnung des Siegels bedeckt war. Und dann erst der Blick in seinen Augen. Er war auf Blut aus.

»Das ist nicht gut«, war alles, was Mito dazu sagte.

»Was mache ich jetzt?«, schniefte Sakura.

Viel gab es jedoch nicht, was sie tun konnte. Sasuke scherte sich nicht um die anderen und stampfte die Oto-nin mit links in den Boden. Es nagte an Sakura, dass sie sich schon wieder hatte retten lassen müssen, dass sie wieder nicht stark genug war. Was ihr jedoch mehr Angst machte, war Sasukes Anblick. Dieses Mal hielt sie die Tränen nicht zurück und dieses Mal schien es Sasuke wieder zur Vernunft zu bringen. Noch.

Sie verabschiedeten sich von ihren Kameraden aus Konoha und gingen wieder ihrer eigenen Wege. Noch immer fehlte ihnen die andere Schriftrolle und als die Tage ins Land gingen, wurden ihnen immer deutlicher klar, dass ihnen die Zeit davon lief. Bis plötzlich Kabuto bei ihnen auftauchte, dieser seltsame Kerl, der ihnen schon während der ersten Prüfung aufgefallen war.

Bei Sakura gingen sofort alle Alarmglocken an und Mito schien es nicht anders zu gehen. Sie jedenfalls drängte Sakura dazu, diesem Shinobi nicht zu trauen. Auch Sasuke schien misstrauisch zu werden, ganz gleich, dass Kabuto freundlich und hilfsbereit erschien. Dieses Mal war es jedoch Naruto, der erstaunliche Geistesgegenwart erwies, als auch er Kabuto abwies. Zumindest darin war sich Team 7 also einig. Kabuto redete sich den Mund fusselig, doch Team 7 zeigte sich nicht kooperativ.

Sie wurden mit den Ame-nin, die ihnen auflauerten, auch allein fertig. Ihr Lohn war die fehlende Himmelsschriftrolle.

Damit hatten sie es doch tatsächlich bis in die nächste Runde geschafft. Sasuke war positiv erstaunt, wie gut sie sich geschlagen hatten; er hatte anderes von seinen Teamkameraden erwartet. Nur Hashiramas permanentes Jammern über dieses elende Siegel ging ihm gehörig auf die Nerven.

»Du darfst dieses Siegel auf gar keinen Fall benutzen, hörst du, Sasuke-kun?«, drängte er ihn nicht zum ersten Mal. »Es ist durch und durch böse. Siegel waren nie meine primäre Stärke, auch wenn ich von Tobirama und Mito einiges gelernt habe. Ich kann von hier aus nicht viel machen. Andererseits, vielleicht mein Hokage-Shiki Jijun Jutsu …«

Die Sache wurde nicht gerade leichter zu ertragen, als auch noch Sakura und Naruto ihm deswegen auf die Nerven gingen, während Sasuke versuchte, dem zu folgen, was der Sandaime ihnen über die Vorentscheidung zur finalen Runde der Prüfungen sagte. Konnten sie ihn nicht einfach alle in Ruhe lassen? Er hatte es nun schon so weit geschafft, was ihn mit nicht gerade wenig Stolz erfüllte. Das war gut, sehr gut sogar, ganz unabhängig von diesem Zwischenfall mit Orochimaru.

Sasukes Vorfreude steigerte sich nur, als er gleich den ersten Kampf kämpfen durfte gegen einen gewissen Yoroi. Der Name sagte ihm nichts, aber das spielte auch keine Rolle. Zeit, seine wahre Stärke zu testen. Endlich!

Wäre der Umstand nicht, dass er sein Chakra nicht benutzen konnte. Kakashi hatte irgendwie Wind von diesem Siegel bekommen und wusste anscheinend, was es damit auf sich hatte. Die Frage, wie das sein konnte, verschob Sasuke auf später. Er konzentrierte sich auf seinen Gegner. Im Taijutsu war er immerhin ebenfalls nicht schlecht und er hatte sich da etwas von Lee abgeguckt.

Yoroi erwies sich als starker Gegner, umso stärker, da er diese Fähigkeit hatte, Sasukes Chakra zu absorbieren und Sasuke ihn nicht mit Ninjutsu auf Abstand halten konnte. Zeit für Lees Technik.

Doch mitten in der Luft überkam Sasuke eine Welle des Schmerzes. Er hatte doch sein Chakra nicht eingesetzt! Wieso aktivierte sich das Fluchmal schon wieder? Sein ganzer Körper war gelähmt vor Schmerzen. Das konnte nicht sein, nicht jetzt! Er war so nah dran an einem Sieg!

Mit einem Mal erfüllte ihn das Gefühl eines sanften Chakras, das ihn an einen sonnigen Sommertag und den Wind in den Bäumen erinnerte. Es fühlte sich irgendwie erdig an, sanft und wohltuend. Der Schmerz verschwand. Sasuke konnte seinen Gegner niederschmettern.

»Ha! Hat funktioniert«, rief Hashirama fröhlich aus.

Schwer atmend betrachtete Sasuke seinen Gegner, während sein Sieg ausgerufen wurde. »Warst du das? Was hast du gemacht?«

»Hokage-Shiki Jijun Jutsu – Kakuan Nitten Suishu ist die Technik, mit der ich Mito dabei helfen konnte, die Bijū einzufangen und Kyubi zu kontrollieren«, erklärte Hashirama. »Ich bin nicht mehr als ein Chakrageist, aber anscheinend tauge ich doch noch zu mehr, als armen Leuten die Reisschalen umzuwerfen, was Geister sonst zu tun pflegen. Viel war es nicht, nur ein lachhafter Bruchteil dessen, zu was ich zu Lebzeiten in der Lage war, aber es war genug. Was für ein Glück!«

Sasuke blickte auf, als Kakashi neben ihm auftauchte. Was wollte er hier?

Kakashi bestand entgegen Sasukes Willen darauf, ihn mit sich zu nehmen, um das Fluchmal zu versiegeln. Sasuke fragte sich, ob das überhaupt nötig war, wo doch Hashirama es anscheinend im Griff hatte. Aber als er protestierte, dass er die anderen Prüfungen sehen wollte, wollte Kakashi nichts davon wissen und bestand darauf, die Fluchversiegelung an ihm vorzunehmen.

Erst da merkte Sasuke, wie sehr all das wirklich an ihm gezehrt hatte. Schwäche überkam ihn mit einem Male und ihm fielen die Augen zu. Aber er hatte es bis ins Finale geschafft. Er war stark geworden.

Kakashi: "Oh, meine cute little Genin haben mal was gelernt und sind nicht mehr total nutzlos. Na sowas."
Nächstes Kapitel: canon divergence! Sasukes Kampf mit Gaara hat ein unerwartetes Ende. Ein wildes Tobirama taucht auf. Es ist sehr wütend.
CN Gewalt, Tod durch Enthauptung

Panik lähmte Sasuke. Voller Entsetzen starrte er auf das Ding, das ihm aus der Finsternis der Sandkugel entgegen starrte. Er zitterte am ganzen Leib wie Espenlaub. Seine Kehle war wie zugeschnürt, er konnte kaum atmen, obgleich er verzweifelt nach Luft schnappte.

»Welch Mordlust!«, keuchte Hashirama. »Sasuke-kun, das sind Shukaku und sein jinchūriki. Dagegen hast du keine Chance. Sieh zu, dass du hier wegkommst.«

Aber Sasuke konnte sich noch immer nicht rühren. Voller Entsetzen starrte er auf Gaara. Oder das, was einmal Gaara gewesen war. Es mochte noch seine Erscheinung tragen, aber das da war kein Mensch mehr. Unter der Hülle des Menschen lauerte ein Monster.

Die Sandkugel war in sich zusammengefallen und Gaara wand sich, als würde er große Schmerzen erleiden. Sasukes Training, das er im vergangenen Monat von Kakashi erhalten hatte, drängte ihn, jetzt anzugreifen. Das war seine Chance. Sein Gegner war abgelenkt und zeigte augenscheinlich einen Moment der Schwäche.

Seine Instinkte schrien aber nur eines: Gefahr! Gefahr! Gefahr! Renne! Renne! Renne!

Er hatte zu keinem von beidem die Gelegenheit, als eine gewaltige Explosion die gesamte Arena erschütterte. Aus dem Dorf waren panische Schreie zu vernehmen und dann explodierte etwas in der Kage-Lounge. Sasuke sah sich erschrocken um, hatte jedoch keinen blassen Schimmer, was da vor sich ging. Er sah Leute in den Zuschauerrängen umherrennen und von irgendwoher vernahm er das Klirren von Stahl auf Stahl. Es klang, als würde im Dorf gekämpft.

Da! Auf dem Wachturm! Etwas geschah da, aber Sasuke konnte nicht erkennen, was genau. Es war zu weit weg. Jemand schrie in Todesqualen.

Ein greller Schmerz explodierte in Sasukes Schädel. Er sackte in sich zusammen und krallte seine Finger in seinen Schädel, als könne er so den Schmerz greifen und ihn herausreißen. Alles war Schmerz, grell und blendend.

Sasuke rollte sich zu einem kleinen wimmernden Ball zusammen. Ihm war egal, wie unwürdig das vielleicht erscheinen mochte, in diesem Moment wollte er einfach nur dem Schmerz entkommen, der jede Faser seines Seins paralysiere.

»Sasuke!«, hörte er wie aus weiter Ferne Hashirama rufen. »Sasuke-kun, reiß dich zusammen!«

Sasuke grub als Antwort lediglich seine Finger fester in seinen Schädel. Alles war Schmerz.

»Sasuke, du wirst jetzt aufstehen und tun, was ich dir sage«, sagte Hashirama mit ungewohnter Autorität in der Stimme. Plötzlich schien es nicht mehr so unwahrscheinlich, dass er einst einen Clan durch einen Krieg geführt hatte und Konohas erster Hokage gewesen war.

Sasuke stellte fest, dass er mit einem Male den Schmerz meistern konnte. Er war noch immer fürchterlich, aber nicht mehr unerträglich und begann bereits abzuebben. Seine Brust fühlte sich wieder freier an, sodass er leichter atmen konnte. Er gönnte sich einen Moment, um mehrere tiefe Atemzüge zu nehmen. Rauch lag in der Luft.

Stöhnend kämpfte sich Sasuke wieder auf die Beine. Seine Glieder zitterten, doch er spürte, wie langsam wieder Kraft in sie kam.

»Was war das?«

»Jemand hat versucht, mich zu beschwören, ist aber gescheitert.« Hashirama klang so ungewohnt erbost.

»Wie soll das gehen? Alle anderen denken doch, du bist tot.«

»Ich kenne nur ein Jutsu, das dazu in der Lage ist, und das ist Edo Tensei. Aber ich weiß, dass Tobirama alles sicher weggeschlossen hatte, was er jemals dazu aufgeschrieben hatte, und an seinen Siegeln kommt niemand vorbei.«

Während Sasuke am Boden gelegen hatte, schien Gaara entkommen zu sein. Jedenfalls war jetzt keine Spur mehr von ihm zu sehen. In der Arena war Chaos ausgebrochen und von überall her waren die Geräusche von Kämpfen zu vernehmen. Auf dem Wachtturm war eine Barriere erschienen. Sasuke kniff die Augen zusammen, konnte jedoch nichts genaueres erkennen.

»Geh da hoch, aber halte sicheren Abstand«, befahl Hashirama.

Der Ton war wirklich ungewohnt.

Sasuke rappelte sich auf und machte sich auf den Weg. Die Situation war unübersichtlich und er hatte keine Ahnung, wo seine Freunde waren oder wie es ihnen ging. Wie es schien, hatte irgendwer ein Genjutsu über die meisten Besucher der Arena gelegt, denn viele von ihnen saßen zusammengesunken auf ihren Plätzen und schliefen. Dazwischen huschten immer wieder kämpfende Schemen entlang. Sasuke versuchte, sie so gut es ging zu vermeiden und Kämpfen bestmöglich aus dem Weg zu gehen.

Es hatte den Eindruck, dass irgendwer Konoha angriff und dabei die Chūnin-Prüfungen als Deckmantel benutzt hatte. Also genau das, was mit den Prüfungen überhaupt erst hatte vermieden werden sollen. Aber von wem die Aggression ausging, konnte Sasuke nicht sagen, die ganze Situation war zu unübersichtlich.

Als er die Dächer der Zuschauertribünen erklommen hatte, hatte er erstmals einen Überblick über einen Großteil des Dorfes.

»Ach du …«

Vor den Toren waren drei gigantische Schlangen aufgetaucht, groß genug, um selbst über die hohen Mauern Konohas aufzuragen. Sie hatten bereits eine Bresche in die Schutzanlagen geschlagen und waren nun dabei, das Dorf selbst anzugreifen und Verwüstung zu sähen. Die Verteidigung schien völlig überfordert mit der Situation.

Mit hämmernden Herzen riss sich Sasuke von den Anblick los und eilte weiter. Er konnte da ohnehin nichts ausrichten, er konnte froh sein, wenn er aus der Sache hier unbeschadet herauskam.

Als er sich der Barriere näherte, suchte er Deckung und schlich sich vorsichtig näher, bis er besser erkennen konnte, was da vor sich ging.

Sobald er die Schlangen gesehen hatte, hätte er es sich ja eigentlich schon denken können, wer hinter all dem zu stecken schien: Orochimaru. Er hatte den Hokage entführt und vier seiner, wie es schien, Untergebenen hatten die Barriere um die beiden errichtet, um die Anbu, die davor ausharrten, auszusperren und daran zu hindern, in die Sache einzugreifen. Jene vier hatten auch an den Innenseiten in ihren Ecken Barrieren errichtet, die verhinderten, dass irgendwer von innen an sie herankam.

Aber Orochimaru kämpfte nicht allein gegen Sarutobi.

»Diese Frechheit!«, empörte sich Hashirama. »Der Mistkerl hat meinen Bruder mit seinem eigenen Jutsu wiederbelebt und zwingt ihn, gegen seinen einstigen Schüler zu kämpfen!«

Und es sah zudem noch nicht einmal gut aus für Sarutobi. Er war ein alter Mann und dafür hielt er sich extrem gut, doch Sasuke hatte noch nie jemanden gesehen, der so schnell war wie Tobirama. Nicht einmal Kakashi würde da mithalten können. In einem Moment griff er aus einer Richtung an und im nächsten war er schon gänzlich woanders. Ganz zu schweigen von den enormen Wassermassen, die er beschworen hatte an einem Ort, wo nicht einmal Wasser war.

»Das ist Edo Tensei?«, hauchte Sasuke. »Und Nidaime-sama hat es erfunden?«

Es laut auszusprechen, machte es irgendwie nicht realer. Die Toten herbeizurufen und zu willenlosen Kampfmaschinen zu machen, war pervers.

Hashirama hüstelte. »Tobirama hatte manchmal etwas fragwürdige Moralvorstellungen. Aber sieh dort, bei Orochimaru.« Er machte ihn auf zwei weitere Särge aufmerksam, die Orochimaru beschworen hatten, an denen er jedoch gescheitert war. »Die waren wohl für mich und den Vierten bestimmt. Orochimaru kennt wirklich keine Scham.«

»Und was mache ich jetzt? Wie halten wir das Jutsu auf?« Zitternd verfolgte Sasuke den Kampf. Selbst sein Sharingan hatte Mühen, der hohen Geschwindigkeit zu folgen. Es war irrsinnig.

»Edo Tensei kann nur vom Anwender selbst aufgehalten werden oder indem der Beschworene versiegelt wird. Allerdings wird es schwierig werden, an Orochimaru heranzukommen, geschweige denn Tobirama. Sasuke-kun, such Leute vom Nara-Clan sowie Kakashi. Er soll ein paar Anbu sammeln, um ihn zu unterstützen. Schnell! Lange wird Saru nicht mehr gegen Tobirama ankommen.«

Sasuke rannte los. Er wusste, wo der Nara-Clan wohnte, und begab sich auf direktem Wege dorthin. Auf dem Weg dorthin erkläre Hashirama ihm seinen Plan.

»Und du denkst, ich schaffe das schon?« Sasuke war skeptisch.

»Mit Sicherheit! Vielleicht helfe ich ein bisschen nach.«

Das Dorf war in Aufruhr. Das Notfallprotokoll war aktiviert worden und verschiedene Shinobi waren nun mit der Aufgabe betraut, die Zivilisten in die Schutzräume zu geleiten, während der Rest die Verteidigung gegen die neuen Feinde übernahm. Sasuke sah zu, dass er Kämpfe vermied und den schnellsten Weg nahm. So konnte er jetzt am besten helfen.

Schnell war der Clanbereich der Nara gefunden. Das kleine Tor hing schief in den Angeln, also war jemand anscheinend Sasuke zuvor gekommen. Auch jenseits davon sah er Spuren der Kämpfe, sah jedoch nur gefallene Feinde. Die Nara hatten anscheinend kurzen Prozess mit den Eindringlingen gemacht.

»Sasuke-kun, was machst du hier?«

Als er sich umwandte, sah er sich Shikamaru gegenüber. »Ist dein Vater hier? Hokage-sama ist in Gefahr!«

»Ich hole Vater. Was können wir tun?«, fragte Shikamaru ruhig. Eine beneidenswerte Eigenschaft, selbst jetzt noch die Fassung zu wahren.

»Nehmt so viele mit, wie ihr zusammentrommeln könnt. Wir treffen uns beim Wachturm bei der Arena, ich erkläre es euch dann.«

»Und was machst du?«

»Noch mehr Verstärkung holen«, sagte Sasuke und war schon wieder auf dem Weg. Er meinte, Kakashis Chidori zuletzt in der Nähe der Arena gehört zu haben.

In Windeseile rannte er wieder zurück. Die Kämpfe hier waren besonders zahlreich, hier schien das Epizentrum des Angriffes zu sein. Sasuke sah verdächtig viele Suna-nin. Er fragte sich, was Suna damit bezwecken wollte und inwiefern Gaara eine Rolle darin gespielt hatte. Oder er selbst, wie er sich wunderte, als er daran dachte, dass Gaara während seines Trainings mit Kakashi aufgetaucht war. Ihm rann ein Schauer den Rücken hinab.

Wie er es vermutet hatte, fand er Kakashi Seite an Seite mit Gai bei der Arena, wie sie gerade kurzen Prozess mit einer Gruppe Gegner machten, die ihnen offenbar nicht gewachsen waren. Schlitternd kam Sasuke vor ihnen zum Stehen.

»Kakashi-sensei!«, keuchte er und deutete hoch auf die Barriere über ihren Köpfen. »Hokage-sama ist in Gefahr! Wir müssen ihm helfen, aber wir brauchen mehr Leute!«

»Ganz ruhig, Sasuke-kun«, mahnte Kakashi ihn. »Du kannst da überhaupt nichts ausrichten, du hältst dich besser zurück.«

Sasuke knirschte mit den Zähnen und ballte die Hände zu Fäusten. »Sie verstehen nicht! Orochimaru hat Nidaime-sama mit Edo Tensei wiederbelebt und zwingt ihn, für sich zu kämpfen!«

»Edo Tensei?«, wunderte sich Gai.

»Ein verbotenes Jutsu. Aber davon solltest du eigentlich gar nichts wissen, Sasuke-kun«, sagte Kakashi.

Eine maskierte Gestalt erschien plötzlich neben ihnen. Sasuke wollte schon aus einem Reflex heraus angreifen, bis er das Symbol von Konoha auf der Maske sah.

»Senpai!«

»Du kommst genau richtig, Tenzō«, begrüßte Kakashi den Neuankömmling. »Sind deine Teamkameraden in der Nähe?« Tenzō nickte. »Gut, ruf sie her, wir brauchen sie.«

Als Antwort schlug Tenzō die Hände zusammen und formte zwei Doppelgänger, die sogleich davon eilten. Sie waren von keiner Art, wie Sasuke sie jemals gesehen hatte. Oder zumindest hatte er noch nie davon gehört, dass man diese Art von Doppelgängern auch aus Holz erschaffen konnte.

Hashirama gab einen überraschten Laut von sich. »Das sind meine Holzdoppelgänger! Aber das kann nicht sein, nur ich beherrsche Mokuton.«

Kakashi und Gai schienen sich darüber jedenfalls nicht zu wundern. Gemeinsam mit diesem Tenzō begaben sie sich in Richtung der Barriere und schon kurz darauf stießen zwei weitere Anbu zu ihnen, geführt von Tenzōs Doppelgängern. Tenzō löste sein Jutsu auf. Sasuke folgte ihnen kurzerhand.

Vor der Barriere warteten bereits zwei weitere Anbu sowie die Nara, die Sasuke hierher gerufen hatte. Innerhalb der Barriere sah es mittlerweile schlecht aus für Sarutobi, er war längst ins Hintertreffen geraten.

»Durch die Shishienjin ist kein Durchkommen von außen«, informierte sie einer der Anbu, die hier bereits gewartet hatten.

»Doch, von unten«, widersprach Sasuke. So hatte es Hashirama es ihm jedenfalls erklärt. »Die Barriere schützt die Anwender nur von der Seite, nicht aber von oben oder unten.«

Der maskierte Mann wandte sich ihm zu. Hinter der Maske waren keine Emotionen zu erkennen.

»Na los, Sasuke-kun, überrasche deinen Sensei ein bisschen«, sagte Hashirama. »Ich helfe dir, so gut ich kann, sollte es nötig werden.«

Sasuke atmete tief durch und ging dann durch die Handzeichen für Chidori. Er hatte im Kampf mit Gaara schon so viel Chakra verbraucht, aber er musste das hier einfach schaffen. Zwitschernd manifestierte sich sein Chakra in seiner linken Hand. Dann schlug er sie auf die Dachschindeln unter seinen Füßen.

Er konnte Chidori lenken, oder jedenfalls war sich Hashirama sicher, dass er dazu in der Lage sein sollte. Auf diese Weise war er in der Lage, es wie einen Blitz durch die Struktur des Daches schneiden zu lassen, es verbrauchte jedoch eine enorme Menge Chakra. Sasuke glaubte beinahe, dass es zu viel war und er das Jutsu abbrechen musste, doch dann spürte er das erdige Chakra Hashiramas, als er ihm zu Hilfe kam, und der Blitz erreichte doch noch sein Ziel.

Er durchbohrte einen der vier Oto-nin und pfählte ihn, als er unter den Füßen des Mannes aus dem Boden herausbrach. Der Mann schrie zu gleichen Teilen erschrocken und schmerzvoll auf. Er löste sein Fingerzeichen. Im selben Augenblick flackerte die Barriere und löste sich dann auf, als eine ihrer vier Säulen zu Fall gebracht worden war. So hatte es Hashirama erklärt: Diese Formation konnte nur aufrecht erhalten werden, wenn vier Shinobi gleichzeitig zusammenarbeiteten. Sobald auch nur einer fiel, fiel auch die Barriere.

Das Wasser, das sie bis jetzt gehalten hatte, strömte mit einem Male über das Dach und riss alles mit sich, was ihm in den Weg kam. Wie ein gigantischer Wasserfall donnerte es das Gebäude hinab. Sasuke hörte Holz krachend zerbersten und spürte, wie die Struktur des Gebäudes unter seinen Füßen erbebte.

»Auf geht‘s, Nara!«, rief Shikaku. »Wir müssen schnell sein. Zuerst Nidaime-sama und wenn uns das nicht gelingt, dann Orochimaru!«

Sogleich aktivierten sie ihr Jutsu und versuchten, mit ihrer Schattenfessel Tobirama festzusetzen. Auch die Anbu sowie Kakashi und Gai gingen zum Angriff über, um die verbleibenden Oto-nin außer Gefecht zu setzen und Orochimaru zu stellen.

»Sehr gut gemacht, Sasuke-kun!«, rief Hashirama begeistert aus. »Jetzt zieh dich schnell zurück, du hast deine Arbeit hier erledigt. Es tut mir leid, dass ich dir nicht mehr helfen konnte.«

»Nicht mehr?«, wunderte sich Sasuke, während er Deckung suchte, von wo aus er den weiteren Verlauf des Kampfes verfolgten konnte. »Du hast die Stärke meines Chidro beinahe verdoppelt!«

»Ich sag doch, es war nur ein winziges bisschen.« Hashirama klang beinahe bedauernd.

Diese Senju waren auf einem völlig anderen Level. War der ganze Clan so absurd stark gewesen?

Als Sasuke meinte, genug Abstand zwischen sich und dem Geschehen gebracht zu haben, wartete er und beobachtete. So fanden ihn Sakura und Naruto.

»Sasuke-kun, dir geht‘s gut!«, rief Sakura erleichtert aus.

»Verschwindet von hier«, drängte Sasuke sie. »Hier ist es nicht sicher.«

»Du bist doch auch hier«, stellte Naruto störrisch fest.

»Das ist was anderes.«

Naruto und Sakura waren nicht überzeugt und blieben, wo sie waren. Gemeinsam verfolgten sie das Geschehen.

Die verbliebenen Oto-nin waren vergleichsweise rasch getötet, woraufhin die Anbu ihre Angriffe auf Orochimaru konzentrierten. Selbst mit Kakashis und Gais Hilfe machte er ihnen jedoch ordentlich zu schaffen. Indes versuchten die Nara, Tobirama zu fangen, aber selbst mit Sarutobis Unterstützung entkam er ihnen immer wieder innerhalb nur eines Augenblickes.

»Wie macht er das? Was ist das für ein Jutsu?«, fragte Sasuke verwundert. Er hatte so etwas noch nie gesehen.

»Hiraishin, noch eine von Tobiramas Erfindungen«, erklärte Hashirama. »Kage Bunshin, was Naruto so gerne anwendet, stammt auch aus seiner Feder.«

Was hatte dieser Kerl eigentlich nicht erfunden?

Sarutobi befahl den Nara etwas, woraufhin sie sich den Anbu anschlossen, um sie bei Orochimaru zu unterstützen, während er weiterhin Tobirama hinhielt. Anscheinend rechnete er sich die besseren Chancen aus, wenn sie sich auf den Anwender des Jutsus konzentrierten. War Tobirama wirklich stärker als Orochimaru? Dann erinnerte sich Sasuke an die Geschichte, die Hashirama ihm über die Dorfgründung erzählt hatte, und beantwortete sich seine Frage mit Ja.

Erst mit den Nara schafften sie es nach einem intensiven Schlagabtausch, Orochimarus Herr zu werden. Tenzō beschwor dicke Holzbalken hervor, die sich fest um Orochimaru schlangen und ihm die Bewegungsfreiheit nahmen. Auch die Nara fesselten ihn mit ihren Schatten und dann wandte Kakashi sein Sharingan auf ihn an.

Mit einem Male herrschte Grabesstille. Die ganze Szenerie erstarrte.

Tobirama blinzelte. Dann schüttelte er sich, wie um einen bösen Traum loszuwerden. Ein geradezu mörderischer Ausdruck trat auf sein Gesicht. Wenn Blicke töten könnten, dieser hier würde schneiden wie das schärfste Katana.

»Entschuldige bitte, Saru, dass ich dir solche Mühen gemacht habe«, sagte er dann doch erstaunlich gesittet.

Sarutobi fiel schwer atmend auf die Knie und fasste sich an die Brust. »Sensei …«

Tobirama wandte sich um, entriss dem erstbesten Anbu das Katana und schlug noch in derselben Bewegung Orochimaru den Kopf ab. Die Umstehenden starrten ihn groß an. Als die Nara und Tenzō ihre Jutsu auflösten, fiel Orochimarus Leiche zu Boden. Tobirama achtete nicht weiter auf die anderen und verpasste dem leblosen Körper einen Tritt.

»Du Scheißkerl!«, knurrte er. »Diese Frechheit und dann auch noch mit meinem eigenen Jutsu!«

»Oh. Otōto ist wütend«, stellte Hashirama trocken fest.

»Ach nee«, erwiderte Sasuke und packte allen Sarkasmus in seine Stimme, zu dem er fähig war.

»Er ist wirklich wütend«, betonte Hashirama. »Sonst lässt er sich nie so gehen.«

Mit Orochimarus Tod schien die Sache jedoch geklärt zu sein. Anscheinend hatte Edo Tensei auch über das Ableben seines Anwenders hinaus Bestand, aber Tobirama schien zumindest wieder Herr seiner selbst zu sein. Nicht auszudenken, welch verheerenden Schaden Orochimaru ansonsten mit ihm hätte anstellen können. Nicht einmal Sarutobi hätte ihn viel länger hinhalten können. Mittlerweile war Tenzō an seiner Seite und kümmerte sich um seine Verletzungen.

Sasuke hielt es dennoch für eine gute Idee, vorläufig einen gewissen Sicherheitsabstand einzuhalten. Naruto sah das anscheinend anders.

»Sensei!«, brüllte er und rannte aus ihrem Versteck. »Geht‘s Ihnen gut?!«

Sasuke verdrehte die Augen und folgte ihm zusammen mit Sakura gesitteter.

Im Dorf ebbten die Kämpfe allmählich ab. Die gigantischen Schlangen waren besiegt worden, unter einer ebenso gigantischen Kröte begraben. Sasuke fragte sich gar nicht erst, wo die auf einmal hergekommen war. Die Verteidigung Konohas hatte indes ebenfalls die Oberhand gewinnen können und trieb die letzten feindlichen Einheiten zurück.

Kakashi trat vor seine Genin, während er sein Stirnband wieder richtete. Es bereitete Sasuke noch immer Unbehagen zu wissen, dass Kakashi ein Sharingan besaß, ganz gleich wie oft er betonte, dass es ihm freiwillig gegeben worden war. Eine leise Stimme in Sasuke wisperte dennoch Augendieb. Das schlimmste Verbrechen unter Uchiha.

»Das hast du gut gemacht, Sasuke-kun«, sagte Kakashi. »Überraschend gut sogar. So gut, dass ich mich frage, woher du das alles wusstest.«

Sogleich fielen Sasuke tausend Dinge ein, die er sagen könnte, die aber doch nicht der Wahrheit entsprachen. Jedes davon klang unglaubwürdig. Aber die Wahrheit konnte er auch nicht sagen.

»Sasuke-kun, ich würde liebend gern mit meinem Bruder reden«, sagte Hashirama.

»Aber …«, begann Sasuke und unterbrach sich dann doch selbst. Er sah zu Tobirama, der vor Sarutobi kniete und Tenzō zur Hand ging, Sarutobis schlimmste Verletzungen notdürftig zu versorgen. Dann blickte Sasuke wieder zurück zu Kakashi. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass dessen Sharingan sich selbst durch den Stoff hindurch direkt in sein Hirn bohrte. Vielleicht … Wenn er es einem sagen konnte, dann vielleicht seinem Sensei. Er hätte es präferiert, wenn sie dabei allein waren, aber die Dinge waren nun einmal, wie sie waren.

»Sensei …« Sasuke räusperte sich und begann noch einmal von vorn. »Sensei, was wäre, wenn ich sage, dass ich den Geist von Shodai Hokage in mir trage? Er hat mir all diese Dinge gesagt und mir geholfen, die Barriere mit Chidori zu durchdringen.«

Kakashi schwieg. Sein Blick war undeutbar.

»Sie haben sich doch gefragt, woher ich von Edo Tensei wusste«, fuhr Sasuke fort. »Er hat‘s mir gesagt. Er hat mir auch ein paar andere Sachen beigebracht. Das Wasserlaufen zum Beispiel.«

Kakashi blinzelte, erst einmal, dann zweimal. »Und da hab ich gedacht, dass ihr euch einmal zusammengerauft und zusammen auf eigene Faust gelernt habt.«

»Ehh, was?«, rief Naruto aus. »Was soll das heißen, Sasuke?! Ich hab die ganze Zeit stumm Madara-jiji ertragen und jetzt sagst du mir, dass du auch so einen lästigen alten Kerl erwischt hast?«

Doch noch bevor Sasuke überhaupt verarbeiten konnte, was Naruto ihnen da gerade eröffnet hatte, brach Sakura in schallendes Gelächter aus. Sie hielt sich den Bauch und schnaubte. »Das gibt‘s doch nicht! Und die ganze Zeit über dachte ich, ich wäre mit Mito-hime allein!«

Kakashi entglitten die Gesichtszüge. »Ihr verarscht mich doch.«

»Ganz bestimmt nicht, sensei!«, betonte Naruto. »Ich schlage mich seit Wochen schon mit diesem nervigen alten Kerl herum, so etwas denke ich mir doch nicht aus. Und außerdem, ahem. Nun, die erste Prüfung hätte ich nie allein bestehen können.«

Damit war zumindest dieses Rätsel gelöst. Es war Sasuke von Anfang an verdächtig erschienen, wie Naruto so gut hatte bestehen können.

Mit einem Male lachte auch Hashirama. »Mito! Madara! Ich fass es nicht! Keine Ahnung, was da schief gelaufen ist. Aber das ist ja ein Ding! Ich wünschte, ich könnte irgendwie mit ihnen reden.«

Mittlerweile hatte auch Tobirama mitbekommen, was hier besprochen wurde. Stumm sah er zu ihnen. Dann stand er plötzlich auf, ging direkt zu Sasuke, packte sein Gesicht und musterte ihn eindringlich. Sasuke wünschte sich möglichst schnell möglichst weit weg.

»Grüß ihn von mir!«, drängte Hashirama aufgeregt.

»Hashirama sagt hallo«, nuschelte Sasuke zwischen zusammengepressten Wangen.

Tobirama kniff die Augen zusammen, was ihn noch missmutiger erscheinen ließ. »Anija, ich kann dich wirklich im Chakra dieses Jungen spüren, schwach aber unverkennbar.« Er ließ von Sasuke ab. Sasuke atmete auf. »Wie konnte das passieren? Was hat das hier zu bedeuten?«

Indes hatte Sarutobi etwas von seiner Stärke wiedererlangt und er kämpfte sich auf die Beine. Humpelnd kam er zu ihnen. »Sensei, ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Und deinem Blick nach zu urteilen, hörst du gerade auch das erste Mal davon, Kakashi.«

Kakashi war kreidebleich im Gesicht geworden und nickte nur schwach.

Sarutobi atmete tief durch. »Ich schlage vor, wir begeben uns in mein Büro und besprechen das alles in Ruhe, wenn ich das ganze Chaos hier aufgeräumt habe. Und das auf meine alten Tage …«

Nächstes Kapitel: Tobirama ist noch wütender und absolut keiner will ihm da im Weg stehen.

Kakashi: " ...... Never mind. Ich hab nix gesagt."

Tobirama killcount: 1

CN Gewalt, Blut, Mord (Tobirama ist seeeeehr wütend), Erwähnung von Verlust von Angehörigen, Erwähnung von Mord

Einige Zeit später fanden sie sich alle im Büro des Hokage ein. Tobirama hatte sie mit Hiraishin hierher gebracht, weil er laufen anscheinend als unter seiner Würde erachtete. Naruto war speiübel geworden und prompt hatte er ihnen allen vor die Füße gekotzt. Zumindest schien es Sasuke und Sakura nicht besser zu ergehen.

»Ich will eine Gehaltserhöhung«, sagte Kakashi. »Das stand nicht in der Jobbeschreibung.«

»Genehmigt«, sagte Sarutobi, ohne länger darüber nachzudenken.

Er hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt und sich dahinter verbarrikadiert, als sei es eine Festung. Er rauchte bereits die zweite Pfeife.

»Ich habe keine Ahnung, wo wir hier anfangen sollen«, eröffnete er dann.

Naruto spürte Tobiramas Blick im Kreuz, als wolle er ihn allein damit aufspießen. Der alte Mann war echt unheimlich. Er hatte ihn kämpfen sehen, er hatte Sarutobi beinahe mit links in den Boden gestampft. Und dann hatte Madara auch noch gesagt, dass das nicht das volle Ausmaß seiner Fähigkeiten sei, dass er von Edo Tensei zurückgehalten wurde.

Tote sollten tot bleiben und erst recht keine nervigen Stimmen in seinem Kopf sein, beschloss Naruto.

Die Information, dass er Madara erwischt hatte, schien allen Anwesenden einiges Unbehagen zu bereiten. Dabei waren nicht einmal sie es, die die ganze Zeit zwei sich streitende Stimmen im Kopf hatten. Naruto fand, dass er hier definitiv den kürzeren gezogen hatte. Ein klein wenig war er ja schon neidisch auf Sakura.

»Seit wann geht das schon so?«, brach Tobirama schließlich die Stille.

»Ich hasse ihn«, grummelte Madara nicht zum ersten Mal.

Naruto beschloss, ihn zu ignorieren, nahm all seinen Mut zusammen und antwortete dann: »Zwei Monate ungefähr. Wir kamen von unserer ersten richtigen Mission wieder, die ging etwas schief. Da fing ich plötzlich an, eine Stimme zu hören. Ich dachte erst, das sei nur eine Nachwirkung des Stresses. Aber leider nicht. Der alte Mann nervt.«

Ihm lag es schon auf der Zunge, zu erwähnen, dass seine Streits mit Kyubi besonders lästig waren, aber dann hielt er sich zurück. Er hatte noch nie gute Erfahrungen gemacht, wenn das Fuchsmonster erwähnt wurde.

Tobirama wandte seinen Blick Sasuke und Sakura zu. Diese nickten und berichteten, dass es bei ihnen ähnlich war.

»Sensei, denken Sie, dass ein Zusammenhang bestehen könnte?«, fragte Sarutobi.

Tobirama betrachtete die Kinder nachdenklich. »Eventuell. Auch wenn ich nicht denke, dass es die Ursache ist, höchstens ein Auslöser.«

Naruto deutete auf sich. »Wie werd ich den jetzt wieder los?«

Sakura hob die Hand, als wolle sie etwas sagen. Sarutobi bedeutete ihr, fortzufahren. »Nidaime-sama, Mito-hime schlägt vor, dass Sie ein Blick auf Narutos Siegel werfen.«

Sasuke fasste sich in den Nacken und machte ein besonders finsteres Gesicht.

»Sasuke hat von Orochimaru ebenfalls ein Fluchmal bekommen, das sollte vielleicht auch noch einmal von einem Experten geprüft werden«, sagte Kakashi daraufhin.

Sasuke sah ihn giftig an.

Tobirama wirkte ebenfalls nicht allzu glücklich. »Zuerst der jinchūriki.«

Naruto fragte gar nicht erst, woher er das wusste.

»Er ist ein Sensor, natürlich weiß er, dass Kyubi in dir versiegelt ist«, sagte Madara.

Tobirama kniete vor Naruto. »Zeig her.«

Der alte Mann hätte auch etwas netter fragen können. Eigentlich erschien er gar nicht so alt, aber sein weißes Haar und die unheimlichen roten Augen ließen ihn älter erscheinen, als er vielleicht war. Zu Lebzeiten jedenfalls. Edo Tensei war ein unheimliches Jutsu.

Dennoch hob Naruto gehorsam sein Shirt. Tobirama stupste ihn mit einem Finger an, was kitzelte, weil er es mit Chakra tat. Das sorgte jedoch dafür, dass das Siegel sichtbar wurde. Sasuke beugte sich vor und machte große Augen, als er es das erste Mal sah. Sakura wirkte weniger verwundert.

»Uzumaki-Handwerk«, stellte Tobirama fest. »Hastig, aber doch sauber ausgeführt. Jemand hat aber doch eine kleine Abänderung vorgenommen, als das Siegel erstellt wurde.«

»Das war Namikaze Minato, der Yondaime Hokage«, erklärte Sarutobi. »Ah, das ist eine lange Geschichte, aber vielleicht ist ja jetzt die Zeit dafür.«

»Gleich«, widersprach Tobirama. »Noch jemand hat kürzlich an dem Siegel herumgepfuscht. Wer war das?«

»Orochimaru hatte die Prüfungen infiltriert, Sasuke ein Fluchmal gegeben und auf Naruto ein Gogyō Fūin angewandt«, erklärte Sarutobi. »Jiraiya hatte es dann wieder mit einem Gogyō Kaiin entfernt.«

»Er wollte mir zeigen, wie ich das Chakra vom Fuchs benutzen kann, aber das wusste ich schon«, sagte Naruto mit einem breiten Grinsen.

»Stümper«, grummelte Tobirama. Ohne Vorwarnung rammte er seine Finger samt Chakra in Narutos Eingeweide und fand sich auf einmal in seinem Unterbewusstsein wieder.

Na wunderbar! Ließ denn wirklich niemand hier Naruto in Ruhe? Er wollte auch noch eine Privatsphäre haben!

»Verzieh dich, weißhaariger Bastard«, knurrte Madara Tobirama an.

»Schön hast du‘s hier, Uchiha-Missgeburt. Genau der richtige Ort für dich«, giftete Tobirama zurück.

Hinter seinem Tor knurrte Kyubi. »Jetzt du auch noch! Wenn du dieses Tor auch nur anrührst, dann …!«

»Dann was, Flohteppich?« Tobirama verschränkte die Arme vor der Brust. »Du kannst eh nicht viel machen. Ganz offensichtlich hast du versucht, das Siegel zu schwächen. Minato hatte es abgeändert, weil er wohl dachte, diese winzige Lücke würde Naruto schützen und die Haltbarkeit des Siegels verlängern, aber das hast du für dich genutzt.«

»Was willst du tun? Mich wieder gänzlich wegschließen, wie es Mito getan hatte?«, spottete Kyubi. »In diesem Konoha gibt es niemanden mehr, der die nötigen Erneuerungen an dem Siegel vornehmen kann, um die erhöhte Stabilität auch über lange Zeit zu erhalten. Die einzigen, die dazu in der Lage sind, sind tot, wie schade.«

»Ich will ja nicht sagen, dass das Vieh recht hat, aber …«, warf Madara gespielt lässig ein.

Tobirama sah ihn misstrauisch an. »Was führst du im Schilde?«

Madara breitete die Arme aus. »Sieh mich an, was soll ich schon ausrichten? Es ist erniedrigend, das so auszusprechen, aber ich bin nur noch ein winziges Häufchen Chakra.«

Tobirama musterte ihn von oben bis unten und schien einige Schadenfreude aus dem Anblick zu ziehen.

»Lüg nicht, dein Sharingan hat immer noch Einfluss auf mich!«, fauchte Kyubi.

Sofort war Tobiramas Misstrauen wieder da.

Madara zuckte mit den Schultern. »Nur kleine Spielereien, mehr nicht. Ich kann Kyubi zu nichts zwingen, zu was er gegenwärtig nicht selbst in der Lage ist. Ich hab es nur genutzt, um Naruto den Umgang mit dem Bijū-Chakra beizubringen.«

»Echt jetzt!«, warf Naruto ein. »Ero-sennin Jiraiya hat so dumm geguckt, als ich gleich beim ersten Mal Gamabunta beschworen hab, das war super!«

Tobirama seufzte und wünschte sich ganz eindeutig an einen anderen Ort. »Als du das letzte Mal Kyubi in den Händen hattest, hattest du nichts Gutes im Schilde geführt, und jetzt soll ich dir glauben, dass du aus reiner Nächstenliebe dem Bengel geholfen hast?«

»Wer spricht hier von Nächstenliebe? Ich wollte Kyubi ärgern. Hat definitiv funktioniert.«

Tobirama brummte. »Das klingt schon eher nach dir.«

Kyubi knurrte.

»Na schön«, sagte Tobirama nach einem Moment des Nachdenkens. »Ich erneuere das Siegel, belasse es aber so, wie Minato es verändert hatte. Und Uchiha, ich sag dir, wenn du auch nur an etwas Dummes denkst, werf ich dich eigenhändig zu Kyubi.«

Naruto stöhnte. »Nein, dann streiten die sich bis zum Ende aller Tage!«

Viel mehr konnte er jedoch nicht protestieren, als Tobirama bereits mit seiner Arbeit begann. Mit Chakra malte er verschlungene Muster in die Luft, die ein hochkomplexes Siegel bildeten. Dieses presste er dann auf das Tor, hinter dem Kyubi auf sie lauerte. Ein eiskalter Schauer rann Naruto den Rücken hinab und er begann zu bibbern. Kyubi knurrte sie an.

»Arbeit erledigt, zieh ab«, grummelte Madara.

»Mit Vergnügen«, fauchte Tobirama.

Naruto fragte sich, warum die beiden sich absolut gar nicht leiden konnten.

Tobirama ließ von Naruto ab. Naruto zog sich das Shirt wieder zurecht und rieb sich fröstelnd die Arme. Er bemerkte, wie Kakashi sie mit seinem Sharingan beobachtet hatte.

»Nidaime-sama, darf ich fragen, was Sie genau gemacht haben?«, wollte er wissen.

Tobirama richtete sich wieder auf. »Für die Details fragst du besser Mito, die Acht Trigramme sind ihr Siegel. Vereinfacht gesagt habe ich es von innen heraus gestärkt, statt da von außen heranzugehen, wie man es sonst bei Siegeln tut. Dieses ist groß und komplex genug, dass das nötig ist, um wirklich effektiv darauf einzuwirken.«

Kakashi gab einen anerkennenden Laut von sich. »Ich habe immer mehr Respekt vor Minato-sensei, dass er dieses Siegel in dieser Situation so ausführen konnte.«

Tobirama wandte sich Sasuke zu. Dieser sah finster zu ihm auf. Tobirama erwiderte den Blick ebenso und am Ende gab Sasuke kleinbei und zeigte ihm sein Fluchmal und dessen Versiegelung, die Kakashi vorgenommen hatte.

Dieses Mal warf Tobirama nur einen kurzen Blick darauf. »Wer hat denn den Mist verzapft? Ein Ten no Juin mit Fūja Hōin versiegeln wollen und dann auch noch an einem Uchiha? Das ist dazu bestimmt zu scheitern.«

Sasuke schmollte.

Kakashi hüstelte verlegen. »Das war wohl ich. Es ist nun einmal die Standardmethode und ganz ehrlich gesagt bin ich auch nicht zu mehr in der Lage.«

Tobirama strafte ihn mit einem Blick ab und machte sich dann an Sasukes Mal zu schaffen.

Madara äffte Tobirama nach. »Der feine Herr weiß auch alles besser. Arroganter Sack.«

»Du lässt echt keine Gelegenheit aus, um zu betonen, wie furchtbar du Nidaime-jiji findest«, stellte Naruto fest.

»Weil das der Bastard ist, der meinen Bruder abgeschlachtet hat!«, fauchte Madara. »Ausgeweidet wie ein Tier hat er Izuna und es noch nicht einmal bedauert! Izunas Mangekyō hatte ihn halb blind werden lassen, aber Tobirama hatte nicht einen Gedanken an einen fairen Kampf verschwendet, anders als Hashirama und ich. Er hat die erstbeste Gelegenheit gesehen und Izuna kaltblütig ermordet.«

Naruto erschauderte ob der plötzlichen Mordlust in Madaras Stimme. Mit so einer Antwort hatte er nicht gerechnet.

Tobirama schien sich entschieden zu haben, was er mit dem Mal machte. Er rollte seinen Ärmel hoch, was eine Tätowierung mit roter Tinte enthüllte. Diese entpuppte sich als Siegel, in dem er eine Schriftrolle versiegelt hatte. So langsam begriff Naruto doch den Nutzen von Siegeln.

»Achtung, das wird jetzt wehtun.«

Mehr Warnung erhielt Sasuke nicht. Tobirama öffnete die Schriftrolle, auf der noch mehr Siegel geschrieben waren, und formte ein Fingerzeichen. Im gleichen Moment begann die Zeichnung in Sasukes Nacken in einem zornigen Rot aufzuglühen und Sasuke schrie schmerzvoll auf. Es sah aus, als würde etwas aus den tomoe herausgezogen werden und in die Schriftrolle fließen. Das ganze dauerte nur wenige Augenblicke, dennoch atmete Sasuke am Ende schwer und schien einige Augenblicke zu brauchen, um sich von der Behandlung zu erholen. Das Zeichen auf seinem Nacken war verschwunden.

Mit einem Puff versiegelte sich die Rolle wieder. Tobirama hob sie auf. »Hat Orochimaru noch anderen Leuten ein Ten no Juin geben?«

»Aus Konoha weiß ich nur von Anko«, sagte Sarutobi. »Ich nehme an, seine Untergebenen könnten ebenfalls ein solches Mal tragen.«

»Die könnten ein Problem werden. Aber Anko schicke zu mir«, wies Tobirama ihn an.

»Das werde ich tun. Sensei, warum sehen Sie das Mal als solches Problem an?«

»In dem Siegel war ein winziger Rest von Orochimaru verblieben. Jede Spur von ihm muss ausgelöscht werden, ansonsten könnte es genutzt werden, um seinen Tod ungeschehen zu machen.«

Sarutobi nickte. »Ich verstehe. Und was diese andere Sache angeht …« Er deutete auf die drei Genin.

Dieses Mal wandte sich Tobirama Sakura zu und betrachtete sie nachdenklich. Wieso bekam sie nicht auch einen seiner finsteren Blicke, das war unfair. »Tja, was soll ich sagen. Auf die Schnelle habe ich auch keine Lösung dafür. Mito-kun, wenn du irgendeine Idee hast, dann lass es mich wissen.«

»Sie sagt, dass sie genauso ahnungslos ist«, richtete Sakura aus.

Madara lachte schadenfroh. »Schau ihn dir an, der ach so clevere Tobirama hat keinen blassen Schimmer.«

»Als würde es dir da anders ergehen«, konterte Kyubi.

»Immerhin stelle ich mich nicht hin und lasse alle arrogant wissen, dass ich mich für etwas besseres halte«, knurrte Madara.

Naruto versuchte mit wenig Erfolg, sie zu ignorieren.

»Zumindest kann ich sagen, dass Madara in seinem gegenwärtigen Zustand keine nicht händelbare Gefahr darstellt«, fügte Tobirama an.

Ein erleichtertes Seufze ging durch den Raum. Naruto konnte Madaras wachsenden Ärger spüren.

»Arrogantes Arschloch. Ich bring ihn um. Ich weide ihn aus und hänge ihn an seinen eigenen Gedärmen auf«, knurrte Madara.

Naruto beschloss, sich zumindest eine kleine Rache zu gönnen. »Sicher? Gerade schimpft Madara-jiji, dass er Sie umbringen will, Nidaime-jiji.«

Tobirama sah ihn finster an, packte ihn dann am Kragen und hob ihn hoch. Naruto zappelte und protestierte, konnte sich aber nicht aus Tobiramas Griff befreien.

»Du nennst mich gefälligst Nidaime-sama, verstanden?« Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ Tobirama Naruto wieder los, der verdattert auf seinem Hintern landete.

Sarutobi fasste sich an den Kopf. »Oh, Naruto.«

»Nenn ihn weiter einen alten Mann«, verlangte Madara mit einem schadenfrohen Lachen.

»Hashirama fragt, was genau Madara gesagt hat«, sagte Sasuke.

Naruto kratzte sich am Kopf. »Äh, er meinte, er wolle ihn ausweiden und an seinen eigenen Gedärmen aufhängen.«

Sasuke atmete durch. »Angeblich bedeutete das, dass er es nicht ernst meint, weil er es ansonsten einfach tun würde, statt es groß anzukündigen«, informierte er sie, was ihm wohl gerade Hashirama ausgerichtet hatte.

»Hör nicht auf Hashirama, der redet ständig Unfug.« Madara klang beleidigt.

Tobirama betrachtete die beiden Jungen stumm und mit undeutbaren Gesichtsausdruck. Er wirkte unzufrieden, aber das schien er ohnehin immer zu sein. Dann wandte er sich wieder an Sarutobi. »Saru, du wolltest vorhin noch etwas anderes sagen.«

Sarutobi lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm einen tiefen Zug an seiner Pfeife. »Naruto, Sasuke, ihr verdient es, die ganze Wahrheit zu erfahren. Und …« Er räusperte sich. »Und ich fürchte, als Hokage habe ich mich nicht sonderlich gut geschlagen, sensei.«

Tobirama verschränkte nur wortlos die Arme vor der Brust.

Sarutobi senkte unter seinem Blick die Augen und schien die Maserung seines Tisches mit einem Mal ausgesprochen spannend zu finden. Naruto hatte noch nie erlebt, dass der alte Mann vor irgendwem kuschte.

»Der hat ja ordentlich Muffensausen«, stellte Madara fest. »Tobirama hat ihn immer noch in der Hand.«

»Kakashi, sei so gut und schicke Koharu und Homura her«, bat Hiruzen. »Und wenn Danzō sich hier irgendwo herumtreibt, soll er ebenfalls kommen.«

»Wird erledigt.« Kakashi nickte und ging.

Tobirama hob fragend eine Augenbraue. »Was ist mit Torifu und Kagami?«

»Das ist eine andere Geschichte, aber eine, die vielleicht auch erzählt werden sollte. Irgendwie hängt ja doch alles zusammen.« Sarutobi lehnte sich zurück. Seine Schultern sackten herab und er sah zu Naruto. »Vor zwölf Jahren griff Kyubi das Dorf an, und wie bekannt ist, ließ Minato dabei sein Leben, nachdem er nicht einmal ein Jahr lang Hokage gewesen war. Ich war eigentlich aufgrund meines Alters zu seinen Gunsten zurückgetreten, übernahm dann aber wieder.«

»Es hätte eine Wahl geben sollen. Warum gab es keine?«, verlangte Tobirama zu wissen.

»Ja, da fängt mein Versagen bereits an«, sagte Sarutobi leise und wich Tobiramas Blick aus. »Ich weiß, dass Sie mich damals nur vorübergehend ernannt hatten, bis es eine Wahl hätte geben können, um Konoha mitten im Krieg nicht zu destabilisieren. Aber … es kam nie dazu.«

»Oh, die Geschichte will ich hören, wer es geschafft hat, Tobirama umzulegen!«, kommentierte Madara schadenfroh.

»Sei still! Ich will hören, was der alte Mann zu sagen hat«, maulte Naruto.

In diesem Moment kam Kakashi mit den zwei Ältesten wieder. Naruto verzog das Gesicht. Er mochte die Alten nicht. Als die beiden Tobirama sahen, wirkten sie erstaunt.

»Sensei, was für eine Überraschung«, stellte Koharu fest.

»So wie sich dein Chakra anfühlt, wohl keine angenehme«, sagte Tobirama düster.

»Ich bin nur erstaunt, dass Edo Tensei nicht endete mit Orochimarus Tod. Oder ist er etwa nicht tot?«, fragte Koharu.

Die Luft war so dick, man konnte sie beinahe mit einem Messer schneiden. Selbst Kakashi wirkte, als wolle er hier nicht zwischen die Fronten geraten. Etwas ging hier vor sich.

»Oh, er ist mit Sicherheit tot, nur bedeutet das nicht automatisch, dass das Jutsu endet. Dafür sorge ich schon selbst, wenn ich die Zeit für angemessen erachte«, versicherte Tobirama ihnen.

Irgendwie schien es Koharu und Homura zu beunruhigen, als sie das hörten. Sie tauschten stumme Blicke.

»Vorher jedoch«, fuhr Tobirama fort, »gibt es einige Fragen zu beantworten. Allen voran: Wie geht es Torifu und warum kann ich weder Kagami noch Danzō erspüren?«

»Kagami ist tot«, sagte Sarutobi leise. »Er hatte einen Enkel, Shisui, aber …«

Tobirama sah zu Sasuke. »Saru, du wirst mir erklären, warum dieser Junge der einzige Uchiha im Dorf ist. Du wirst mir alles erklären, und vor allem wirst du mir sagen, wie es sein kann, dass ich ein Mokuton im Dorf spüre.«

»Dies alles sind Informationen, die unter höchstem Sicherheitsverschluss stehen«, gab Homura zu bedenken. »Sensei, mit Verlaub, aber Sie sind eigentlich tot. Sie können hier nicht einfach hereinspazieren und nach diesen Dingen fragen, als stünde es Ihnen zu.«

»Verrat. Das alles stinkt nach Verrat«, knurrte Madara. »Was haben diese alten Säcke mit dem Dorf angestellt?«

»Du wagst es?«, zischte Tobirama mit einer Stimme scharf wie eine Klinge. »Ich war einmal Hokage und dieses Amt endet nicht mit dem Tod, wie du eigentlich wissen müsstest.«

»Hä? Tut es nicht?«, wunderte sich Naruto.

»Eine Lücke im Gesetz«, erklärte Madara. »Mito hatte irgendwann einmal festgestellt, dass wir das übersehen hatten, aber dann hatten wir beschlossen, dass es eigentlich auch keine Rolle spielt. Spielen sollte, Tobirama experimentiert zu gern mit Leichen. Der Bastard.«

»Ich hebe die Informationssperre auf«, sagte Sarutobi und ignorierte die Proteste Koharus und Homuras. »Es ist Zeit, dass die Wahrheit endlich ausgesprochen wird und über die Verantwortlichen gerichtet wird. Was Danzō betrifft, so weiß ich nicht, wo er gerade ist. Aber er hat sich … verändert seit damals und vielleicht nicht zum Guten. Und Torifu, nun. Er will mit uns nichts mehr zu schaffen haben.«

Sarutobi beugte sich vor und legte die Fingerspitzen aneinander. »Naruto, du weißt, dass du an dem Tag geboren wurdest, als Kyubi das Dorf angriff und dass der Bijū in dir versiegelt wurde. Was du noch nicht weißt, ist, dass Kushina und Minato deine Eltern waren.«

Mit einem Mal hielt die Welt den Atem an. Naruto starrte den alten Mann an. Er konnte nicht begreifen, was er da hörte. Seine Eltern … Er hatte Eltern.

Doch dann breitete sich nach und nach ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Meine Eltern sind Helden, ich wusste es schon immer! Echt jetzt!«, rief er aus.

»Du wusstest das, Kyubi«, beschuldigte Madara den Fuchsgeist.

»Natürlich. Sie starben auf meinen Klauen. Ich habe die Eltern des Jungen getötet, in dem ich jetzt versiegelt bin«, sagte Kyubi lässig. »Aber wie ich schon sagte, es ist viel zu amüsant, euch kleine Würmer im Dunkeln herumirren zu lassen. Der Alte soll nur weiter erzählen, das war noch nicht alles.«

»Das Siegel brach bei der Geburt, deswegen war Kyubi überhaupt frei«, ergriff mit einem Male Sakura das Wort. Als sie bemerkte, dass alle zu ihr blickten, wurde sie knallrot im Gesicht. »Das vermutet Mito-hime jedenfalls.«

Sarutobi nickte. »Wir wussten von Mito-hime, dass das passieren konnte, und hatten entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen, oder so dachten wir jedenfalls. Das Siegel hielt, war jedoch geschwächt. Dies nutzte jedoch ein maskierter Mann für seinen Überfall. Er entführte Kushina, entriss ihr Kyubi und brachte ihn unter seine Kontrolle. Später kamen Gerüchte auf, es hätte sich bei dem Mann um einen Uchiha gehandelt.«

Madara war verdächtig still daraufhin. Auch Kyubi sagte nichts.

»Minato kämpfte gegen ihn, konnte ihn jedoch nur in die Flucht schlagen und versiegelte dann zusammen mit Kushina den Kyubi in Naruto, seinem Sohn«, fuhr Sarutobi fort. »Ich versuchte die Beteiligung eines Uchiha geheim zu halten, egal ob es sich nun wirklich um einen Uchiha gehandelt hatte oder nicht, aber Gerüchte machten dennoch schnell die Runde. Und jeder weiß doch, dass ein Sharingan Kyubi kontrollieren kann, seit Madara-sama damals das erste Mal Kyubi gegen das Dorf führte.«

Sarutobi lehnte sich zurück und sank in seinem Stuhl zusammen. Noch immer wich er Tobiramas Blick aus. »Damit fing alles an, doch eigentlich wurde es danach nur immer schlimmer. Ich muss sagen, dass ich mich zu sehr habe beeinflussen lassen. Dass ich nie dem Mut aufgebracht hatte, die wirklich schweren Entscheidungen zu treffen. Die habe ich immer Danzō überlassen im Glauben, dass er wirklich nur das Wohl des Dorfes im Sinn hatte. Vielleicht habe ich mich geirrt.«

»Saru, sei still«, sagte Koharu streng. »Schlimm genug, dass du das alles hier ausplapperst, aber das geht zu weit.«

Tobirama sagte nichts und beobachtete. Sein Blick war stechend.

Sarutobi ließ sich von Koharu nicht aufhalten. »Der Angriff Kyubis hatte große Zerstörungen im Dorf angerichtet, und als der Wiederaufbau und die Neuplanung des Dorfes begannen, wurden die Uchiha an den Rand des Dorfes gedrängt. Sasuke, du weißt vielleicht schon von den Vorwürfen, die gegen deinen Clan vorgebracht wurden, so haltlos sie auch gewesen sein mochten.«

»Man muss doch sagen, dass sie ihren Ursprung in der Gründung der Polizei hatten«, sagte Koharu.

Kakashi zog den Kopf ein und brachte unauffällig Abstand zwischen sich und Tobirama. Dieser jedoch machte einen beängstigend ruhigen Eindruck.

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht«, hielt Sarutobi dagegen. »Über die Jahre jedoch wuchs das Misstrauen den Uchiha gegenüber und Danzō drängte mich dazu, sie durch die Anbu überwachen zu lassen. Ich gab nach. Unsere Trumpfkarte war dabei Itachi. Ja, dein älterer Bruder, Sasuke.«

Naruto sah zu Sasuke. Dieser blieb jedoch die ganze Zeit über stumm. Nur seine geballten Hände zeugten von seinem inneren Sturm.

»Durch Itachi und Shisui erfuhren wir auch von den Unruhen, die im Clan aufkamen. Dass manche gar von einem Umsturz munkelten. Danzō drängte mich dazu, gewaltsam gegen den Clan vorzugehen, doch ich zögerte zunächst.«

»Du hättest nicht zögern dürfen«, stellte Homura klar. »Jeder weiß, wie gefährlich die Uchiha sind. Schon Uchiha Madara damals bestätigte dies und seit jeher war zu fürchten, dass ein zweiter Madara unter den Reihen der Uchiha aufkäme. Es gab genug, die das Potenzial dazu hätten. Wir hätten schon viel eher handeln sollen.«

»Welche Rolle spielte mein Bruder dabei?«, verlangte Sasuke zu wissen. »Er war bei den Anbu, aber mein Vater wollte, dass er im Dorf für den Clan spionierte.«

»Er war ein Doppelagent«, eröffnete Sarutobi ihm. »Wie Shisui hielt er das Dorf über seinen Clan. Von uns sechs hatte damals Kagami den Willen des Feuers am stärksten verinnerlicht, und Shisui und Itachi haben dies von ihm übernommen. Sie beide arbeiteten auf den Frieden hin und waren bestrebt, die Situation zu deeskalieren.«

»Und doch wurde Itachi des Mordes an Shisui angeklagt und ermordete danach meinen ganzen Clan«, murmelte Sasuke. »Warum?«

Die Frage, nur ein einfaches Wort, hing schwer in der Stille, die darauf folgte.

»Ja, warum?«, wiederholte Sarutobi. »Weil ich versagt habe. Ich gab Danzōs Drängen nach, obgleich ich mich bis zum Schluss für Verhandlungen mit dem Uchiha-Clan aussprach. Danzō wiederum stellte deinen Bruder vor eine Wahl: Entweder würde der Clan durch das Dorf ausgelöscht, oder Itachi nahm es persönlich in die Hand und würde dich verschonen dürfen, Sasuke. Er entschied sich für dich. Shisui aber ermordete er nicht. Es war Suizid, auch wenn die Umstände, die dazu führten, bis heute nicht geklärt sind. Itachi ist vielleicht der einzige, der darüber Bescheid weiß.«

»Aber warum?«, wisperte Sasuke. Er zitterte am ganzen Leib. »Warum entschied sich Itachi für mich? Er sagte doch all diese Dinge …«

»Weil dein Bruder dich über alles liebt, Sasuke«, sagte Sarutobi bedauernd. »Er konnte es nicht übers Herz bringen, dir auch nur ein Haar zu krümmen. Itachi war entzwei gerissen. Er wollte seinen Clan schützen, doch er wusste, dass das Dorf wichtiger war. Er tat, was er tat, aus Liebe heraus zu dir, seinem kleinen Bruder.«

»Ich … ich verstehe nicht.« Sasuke starrte auf seine Hände. »Hass. Er sagte, ich solle ihn hassen für das, was er tat. Er verachtete den Clan.«

»Er wollte dich das glauben lassen, weil er die Wahrheit nicht aussprechen konnte.«

Aber Sasuke schien ihn nicht wirklich hören zu wollen. Immer wieder murmelte er, dass Itachi ihn hasste. Das schien alles zu sein, woran er sich klammern konnte.

»Dieses Dorf ist bis in die Wurzel verrottet«, sagte Madara voller Verachtung.

Es war erstaunlich, dass er nicht Feuer und Mordio schrie und vielleicht war das etwas, das wirklich zu denken geben sollte.

»Sasuke, ich versichere dir, dass Itachi stets nur dein Wohl im Sinn hatte. Nichts war ihm wichtiger und er litt schrecklich unter dem, was er zu tun gezwungen worden war«, sagte Sarutobi mitfühlend.

»Hiruzen, du hättest das dem Jungen nie sagen dürfen«, sagte Homura. Er klang verärgert. »Er hätte das nie erfahren dürfen. Wir alle wissen vom Fluch des Hasses im Uchiha-Clan.«

»Eben deswegen verdient er die Wahrheit«, widersprach Sarutobi energisch. »Nicht Hass war es, was Itachi antrieb, sondern Liebe. Und widersprich mir nicht mehr, Homura, noch trage immer noch ich den Hut. Sensei vertraute mir dieses Amt an und seitdem habe ich einen Fehler nach dem anderen gemacht. Wenigstens jetzt will ich einige davon wieder gutmachen.«

Tobiramas Gesicht war dunkel vor Zorn. »Allein das würde reichen, um dich für dieses Amt zu disqualifizieren. Aber das war noch nicht alles.«

»Nein.« Sarutobi senkte demütig den Kopf. »Naruto wuchs ohne Heim und Familie auf, alleingelassen mit der Kreatur, die in ihm versiegelt worden war, weil Danzō der Meinung war, dass dies das beste für das Dorf sei. Er wollte Naruto als jinchūriki vollkommen abhängig vom Dorf machen, um seine absolute Loyalität zu Konoha zu sichern. Ich brachte nicht den Mut auf, gegen Danzō vorzugehen und das zu unterbinden, also lies ich es geschehen. Sensei, ich erbitte nicht Ihre Vergebung, denn ich habe sie nicht verdient.«

Tobirama machte einen Laut des Abscheus und wandte sich ab, als würde er etwas Unerträgliches sehen.

»Die Zeiten haben sich geändert«, wagte Koharu, das Wort zu ergreifen. »All diese Dinge waren notwendig, um die Sicherheit Konohas zu gewährleisten. Wir hatten noch zwei weitere große Kriege zu kämpfen und die Verluste waren enorm. Sensei, Sie wissen selbst, wie unsicher Friedensverträge mit anderen Nationen sein können, zu keinem Zeitpunkt war jemals wirklich ein dauerhafter Frieden in Aussicht.«

Mit einem Male brach ein Chakrasturm los, dessen Zentrum Tobirama war. Sein Chakra war so mächtig, dass es sichtbar wurde. Der Boden um ihn herum splitterte und der Putz rieselte von der Decke. Kakashi suchte in der hintersten Ecke des Zimmers Deckung und auch Naruto, Sasuke und Sakura duckten sich unter dem Ansturm zusammen. Noch nie hatten sie etwas Vergleichbares erlebt.

»Ihr habt das Recht verwirkt, mich sensei zu nennen, ihr alle!«, fauchte Tobirama sie an. »Ihr habt nicht verstanden, wofür dieses Dorf gegründet wurde, wofür so viele ihr Leben ließen, um das zu ermöglichen. Oder habt ihr vergessen, wie es ist, kleine Kinder auf Schlachtfeldern sterben zu sehen? Sie selbst töten zu müssen? Hashirama, Madara und ich schufen Frieden zwischen unseren Clans, damit Kinder wieder Kinder sein dürfen. Senju und Uchiha gleichermaßen gaben ihr Blut und ihr Leben, um das zu ermöglichen. Und jetzt erzählt ihr mir, dass ihr willentlich einen der Gründerclans auslöschen liest, weil es für euch bequemer war, statt die Sorgen und Nöte der Uchiha ernst zu nehmen und eine für alle Seiten annehmbare Lösung zu finden. Ihr erzählt mir, dass ihr den jinchūriki des Dorfes, ein Kind, auf sich allein gestellt leben ließt und ihm Reste von eurem reich gedeckten Tisch zuwarft, für die er euch auch noch danken sollte. Ihr widert mich an. Vielleicht wäre es für alle das beste, wenn ich dieses Konoha dem Erdboden gleichmache, denn das ist nicht mehr das Konoha, das ich mitbegründete. Es ist eine Perversion.«

»Was geht hier vor sich?«

In der Tür war Danzō erschienen. Naruto erschauderte.

Mit einem Male ebbte Tobiramas Chakra ab. Die Stille, die dem Sturm folgte, war unheimlich. Gefahr lag in der Luft.

Tobirama wandte dem Neuankömmling den Blick zu. Schneller, als irgendwer es von ihnen sehen konnte, ging er ihm an die Kehle und schmetterte ihn gegen die Wand. Der Beton bekam Risse.

»Du!«, zischte Tobirama. »Du bist der schlimmste von ihnen allen! Und dann verschleierst du auch noch dein Chakra. Welche schmutzigen Geheimnisse hast du noch zu verbergen? Sag schon!«

Danzō versuchte, sich vergeblich aus Tobiramas eisernen Griff zu befreien. »Was wissen Sie schon! Jahrzehnte sind seid Ihrem Tod vergangen. Ich handelte stets im Interesse des ganzen Dorfes, Opfer müssen gebracht werden.«

»Sprich vor mir nicht von Opfern, wenn du so offensichtlich nicht verstanden hast, für was dieses Dorf steht!« Als würde Tobirama etwas ahnen, riss er Danzō die Binde vom Kopf.

Grabesstille senkte sich über sie alle.

Naruto hatte immer gedacht, der alte Mann hätte in seiner Vergangenheit eine schlimme Verstümmelung erlitten, weshalb er stets die Bandagen trug. Aber was tatsächlich unter seiner Kopfbinde zum Vorschein kam, war ein Sharingan.

»Danzō, du …«, sagte Sarutobi fassungslos. »Du hast nicht wirklich ein Sharingan gestohlen?«

»Augendieb!«, schrie Madara zornentbrannt. »Knüpft ihn auf! Hängt ihn hoch! Dieser da verdient es nicht, würdevoll zu sterben!«

»Uchiha musste ausgelöscht werden, sie waren eine Gefahr für das Dorf«, keuchte Danzo und spuckte Blut. »Aber ihre Kraft muss erhalten bleiben und darf nicht verloren gehen.«

Tobirama hämmerte ihn erneut gegen die Wand. Etwas knackte ekelerregend. »Dieses Chakra in dem Auge ähnelt dem Kagamis. Das heißt … du hast Shisui ermordet und sein Auge genommen!«

»Es steht Ihnen nicht mehr zu, über mich zu richten«, giftete Danzō.

»Oh, du vergisst, wer ich einst war. Warum sie mich den Blutroten Geist der Senju nannten.«

Mit einem Male wünschte sich Naruto ganz weit weg. Er wollte nicht mit ansehen, was hier geschah. Er verstand es nicht wirklich, aber es war etwas furchtbares, so viel wusste er.

Danzō wehrte sich vergeblich, als Tobirama ihm auch die Binden an seinem rechten Arm herunterriss. Darunter zum Vorschein kam ein seltsam entstellter Arm und eine schwere Spange. Tobirama schlug auch sie ab und enthüllte, was sie verbarg.

»Tausend Tode für jedes Auge, das er geraubt hat«, zischte Madara. Naruto konnte seinen Zorn beinahe als seinen eigenen spüren, so heiß brannte er.

Tobirama wirkte entsetzt über das, was er da sah. »Nicht nur eines. Ich kann nicht fassen, dass du einst mein Schüler gewesen sein sollst. Wie konntest du nur so weit vom Pfad abkommen? Und das sind Hashiramas Zellen, das ist sein Chakra da. Sag mir, dass du dich nicht wirklich an seinem Grab vergangen hast.«

»Es war notwendig. Opfer müssen gebracht werden, um das Dorf zu schützen«, sagte Danzō stur.

Tobiramas Gesicht war eine Grimasse des Ekels und des Zorns. »Du verdienst nicht die Ehre von seppuku. Ich verweigere sie dir.«

Danzō riss die Augen auf. Dann gab er ein jämmerliches Gurgeln von sich, als Tobirama ihm die Kehle mit einer Hand zudrückte. Tobirama knurrte erschreckend wölfisch und zog mit der anderen Hand ein Kunai. Er rammte es tief in Danzōs Schädel, schnell und erbarmungslos. Es knirschte feucht, als er die Klinge drehte. Danzōs ganzer Körper zuckte, dann erschlaffte er. Mit einem angewiderten Laut warf Tobirama seine Leiche zu Boden.

Keiner wagte es, auch nur einen Ton von sich zu geben. Auch Koharu und Homura waren weise genug, nichts zu sagen, vielleicht wären sie noch die nächsten.

»Geht mir aus den Augen«, knurrte Tobirama. »Verschwindet, bevor ich es mir anders überlege und euch ebenso richte, statt euch einem Gerichtes zu übergeben.«

Koharu und Homura nahmen die Beine in die Hand und flohen.

Sarutobi sah auf Danzōs Leiche. Er wagte nicht, zu Tobirama aufzublicken. Stattdessen senkte er den Kopf, so weit es in seiner sitzenden Position ging. »Ich erwarte Ihr Urteil, Nidaime-sama.«

Tobirama rang sichtlich um seine Fassung, bis er seine Ruhe wiedererlangt hatte. »Du hast viele Fehler begangen, und vielleicht hast du noch nicht einmal alle benannt. Doch du sollst einen ordentlichen Prozess erhalten, denn wenigstens hast du die Einsicht, dich zu deinen Fehltritten zu bekennen.« Er atmete durch. »Ich will beinahe gar nicht danach fragen, weil ich die Antwort fürchte. Aber sag mir, wo Sakumo, Tsunade und Nawaki sind und berichte mir, was es mit diesem Mokuton Anwender auf sich hat, den ich im Dorf spüren kann.«

Sarutobi hielt demütig den Kopf gesenkt. »Ich bedauerte zutiefst, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Nawaki und Sakumo tot sind. Nawaki starb viel zu jung mit zwölf Jahren auf einer Mission. Sakumo beging Suizid, als er eine Mission von großer Wichtigkeit abbrach, um das Leben seiner Kameraden zu retten, und dafür in Ungnaden stürzte. Aber er hat einen Sohn hinterlassen.«

Plötzlich war aller Zorn von Tobirama abgefallen. Seine Schultern sackten herab. »Wer?«

Sarutobi deutete auf Kakashi. »Er steht hinter Ihnen.«

Mit großen Augen wandte sich Tobirama um. Erst jetzt wagte es Kakashi, vorsichtig aus seiner Ecke zu kommen. Tobirama musterte ihn von oben bis unten und schien nicht so recht zu wissen, was er davon halten sollte.

»Du … ?«

Kakashi lachte verlegen auf. »Ich weiß, ich mach nicht viel her. Aber ja, Sie sind mein Urgroßvater.«

Naruto glaubte, sich verhört zu haben. Sein Sensei war ein Nachfahre eines Hokage?!

»Dieser Bakashi? Nie im Leben!«, schnaubte Madara.

Tobirama räusperte sich und suchte nach Worten. »Tja, also … es freut mich, dass meine Linie fortbesteht. Schön, dich kennenzulernen.«

»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte Kakashi ebenso unbeholfen.

Beide standen sie sich verlegen gegenüber. Keiner wusste so recht, was er darauf sagen sollte.

Sarutobi erlöste sie aus dieser Situation, als er seinen Bericht fortfuhr: »Was Tsunade angeht, so hatte sie kurz nach Mito-himes Tod das Dorf verlassen. Ich will nicht im Wortlaut wiedergeben, was genau sie gesagt hatte, aber sie wollte mit all dem hier nichts mehr zu schaffen haben. Soweit meine Quellen das berichten können, geht es ihr aber gut und sie hat sich einen etwas unrühmlichen Namen als Legendäre Verliererin im Glücksspiel gemacht.«

Tobirama schloss die Augen und atmete tief durch. »Anija, das ist dein Einfluss. Ich hab dir damals schon gesagt, dass man Fünfjährigen kein Glücksspiel beibringt.«

»Er sagt, dass es ihr Spaß gemacht hatte«, berichtete Sasuke.

Tobiramas linkes Auge zuckte.

»Was Tenzō betrifft: Er beherrscht Mokuton, aber ich fürchte, dass ich Ihnen da auch nicht viel mehr darüber berichten kann«, sagte Sarutobi. »Vieles davon betrifft Danzō und seine geheimen Machenschaften. Es ist schon viele Jahre her, da wurde versucht, Mokuton dem Dorf zurückzugeben, aber ich hatte verboten, die Versuche fortzuführen, als ich sah, welch verheerende Folgen das für die Versuchspersonen hatte. Später war es dann Kakashi, der die Existenz Tenzōs aufdeckte, auch wenn ich mir da nicht erklären konnte, wie das sein konnte. Vielleicht wollte ich auch einfach der Wahrheit nicht in die Augen blicken, und redete mir ein, dass der Junge vielleicht ein verlorener Nachfahre Hashirama-samas sei. Wenn ich mir Danzōs Arm ansehe, fürchte ich jedoch, dass er trotz meines Verbotes die Versuche fortgeführt hatte und noch mehr fürchte ich, dass er sich dabei mit Orochimaru zusammengetan haben könnte.«

»Es war die Ne«, platzte es mit einem Male aus Kakashi heraus. Dann schlug er sich die Hände vor den Mund, als sei er selbst darüber überrascht, dass er das gesagt hatte. »Ach du … Ich kann darüber reden? Ne. Danzō. Ja, tatsächlich! Danzō ist tot und ich kann darüber reden!«

Tobirama sah ihn fragend an. »Worüber kannst du reden?«

»Danzō hatte viele Jahre lang neben den Anbu noch eine andere Geheimorganisation unterhalten, die nur ihm allein hörig war«, berichtete Kakashi und klang viel zu fröhlich dafür, dass er anscheinend gerade ein sehr dunkles Geheimnis ausplauderte. »Er hatte es geschafft, mich ebenfalls in seine Fänge zu locken und für sich zu gewinnen, für eine Weile jedenfalls. Lang genug jedoch, um mir wie allen Mitgliedern der Ne ein Zekka Konzetsu no In zu verpassen, das es uns unmöglich macht, über die Organisation, zugehörige Missionen oder Danzōs Pläne zu sprechen. Er hatte sogar geplant, Sandaime-sama zu ermorden, und ich konnte ihn nur unter großen Mühen davor warnen. Aber jetzt ist Danzō tot und das Siegel aufgelöst. Tausend Dank, Nidaime-sama.«

»Für dich Tobirama«, sagte Tobirama. Er warf einen Blick voller Verachtung auf Danzōs Leiche. »Ein zu gnadenvolles Ende.« Er strafte seine Schultern. »Ich will umgehend mit diesem Tenzō sprechen.«

Sarutobi nickte. »Ich werde ihn suchen lassen. Er wird gerade vermutlich bei der Suche von Vermissten helfen.«

Nächstes Kapitel: Ein kleines Intermezzo Kapitel.

Kakashi: *macht Pläne, Sarutobis Weed Vorrat zu klauen*

Tobirama killcount: 2

Das ist das "eigentlich shippe ich InoSaku und SasuNaru, aber hier sind sie halt einfach mal noch Kinder und neee" - Kapitel.

Sakura blinzelte und versuchte, die Augen offen zu halten. Sie unterdrückte ein Gähnen. Ein rascher Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass es längst dunkel geworden war. So viel war an diesem Tag geschehen und sie wünschte sich nichts mehr als endlich ein wenig Ruhe, um über all das schlafen zu können. Doch noch war ihr keine Ruhe vergönnt, noch brauchte Nidaime-sama sie. Nun, um genau zu sein, brauchte er Mito.

»Wir sind hier noch nicht fertig, Sakura«, erinnerte Tobirama sie.

Sie blinzelte und drückte den Rücken durch. Sie beide befanden sich im Haus des Hokage, was, wie sich herausgestellt hatte, einstmals Hashirama und Tobirama gehört hatte und das Sarutobi bezogen hatte, nachdem er Hokage geworden war. Um sie herum lagen unzählige Schriftrollen und Zettel mit Formeln und Siegeln von denen Sakura nicht einmal die Hälfte verstand. Ihr brummte der Schädel. Dennoch griff sie nach dem nächsten Zettel, um ihn gemeinsam mit Mito zu studieren.

»Sag Tobirama-nii-san, dass er dich endlich in Frieden lassen soll«, widersprach Mito. »Du hast mehr als genug für heute geleistet.«

Sakura zögerte einen Moment; sie hatte gehörigen Respekt vor Tobirama und vielleicht auch ein klein wenig Angst, nachdem sie gesehen hatte, was er im Büro des Hokage angerichtet hatte. Dann sagte sie dennoch: »Mito-hime erbittet eine Pause.«

»Du darfst ihm ruhig ins Gesicht sagen, dass er ein ignoranter Egozentriker ist«, sagte Mito leichthin.

»Um Himmels Willen, nein!«, protestierte Sakura entsetzt. Die Situation war schon unangenehm genug, da wollte sie sich auch nicht noch Tobiramas Zorn auf sich laden, ob sie nun einfach nur Mitos Worte weitergab oder nicht.

»Das ist wichtig, Mito-imōto«, widersprach Tobirama. »Ich will wissen, was mit euch dreien geschehen ist und warum ausgerechnet diese drei Kinder.«

»Und das kann nicht bis morgen warten? Gib dem Mädchen einen Moment der Ruhe«, erwiderte Mito.

Sakura akzeptierte fatalistisch ihr Schicksal und gab ihre Worte wörtlich wieder.

Tobirama wirkte mit der Gesamtsituation unzufrieden und starrte mit finsterem Blick auf die Aufzeichnungen, die er rings um sich herum ausgebreitet hatte. Anfangs hatte Sakura noch versucht, irgendwie schlau aus dem zu werden, was Tobirama und Mito miteinander diskutierten, aber irgendwann hatte sie es aufgegeben und sich in ihre Rolle als Vermittlerin gefügt.

Sie wurden von Sarutobi unterbrochen, der eine angestaubte Kiste hereintrug. »Hier sind Hashirama-samas Aufzeichnungen, die Sie erbeten hatten.«

Als er die Kiste bei ihnen abstellte, bemerkte Sakura, dass er noch immer hinkte. Seine Haut hatte einen ungesund blassen Ton und überhaupt machte er keinen guten Eindruck. Auch er hatte seit dem Angriff keinen Moment der Ruhe gehabt und zudem noch immer keinen Arzt an sich herangelassen, der sich um seine Verletzungen hätte kümmern können, die er aus dem Kampf davongetragen hatte.

Tobirama pustete den Staub von der Kiste und hob dann den Deckel an. Zum Vorschein kamen mehrere dicke Folianten und unzählige Notizbücher, aus denen teilweise lose Zettel herausragten.

»Es war vor allem Tobirama gewesen, der Hashirama geholfen hatte, sein Mokuton auszubilden«, erklärte Mito, als sie Sakuras Neugierde bemerkte. »Er war es auch gewesen, der es als einmaliges kekkei genkai einstufte. Bis heute wissen wir nicht, warum es sich nicht weitervererbt hatte. Weder unsere Tochter Miyazaki noch deren Kinder Tsunade und Nawaki hatten jemals Anzeichen dafür gezeigt. Später hatte auch ich meinen Teil zu unseren Forschungen beigetragen und darf mit einigem Stolz sagen, dass Hashirama dank meiner Theorien gelernt hatte, echte Nahrung wachsen zu lassen. Du kannst dir vorstellen, was für eine enorm wertvolle Fähigkeit das für das Dorf war.«

In der Tat. Darüber hatte Sakura noch nie nachgedacht, aber es leuchtete ein. Wenn von Hashiramas Mokuton gesprochen wurde, dann stets nur im Zusammenhang mit seiner Kampfkraft und der Fähigkeit, einen Bijū zu kontrollieren. Dass es auch außerhalb eines Kampfes ein enorm wichtiges Werkzeug sein konnte, war Sakura noch nie in den Sinn gekommen.

»Dieses Haus hier besteht aus Mokuton-Holz«, fügte Mito an. »Wenn du nur genau hinhörst, kannst du die Bäume in den Balken wispern hören.«

Indes hatte Tobirama seine Inspektion der Kiste beendet. »Ich danke dir, Saru. Aber leg dich jetzt hin und ruh dich aus. Du siehst nicht gut aus.«

Sarutobi seufzte müde. »Es gibt so viel zu tun.«

»Du hilfst niemandem, wenn du dich nicht zuerst um dich selbst kümmerst«, widersprach Tobirama. »Oder soll ich dich erst persönlich ins Krankenhaus verfrachten und dich dazu zwingen, dort zu bleiben?«

»Sie haben ja Recht, sen…« Sarutobi unterbrach sich selbst, räusperte sich verlegen und sagte dann stattdessen: »Nidaime-sama.«

Tobirama nahm es schweigend hin. Sakura konnte spüren, dass er noch immer wütend war über all das, was er gehört hatte. Wenn das wirklich nur die Spitze des Eisberges gewesen sein sollte, wollte sie nicht in der Nähe sein, wenn auch der Rest aufgedeckt wurde. Es war bereits schlimm genug. Die Dinge, die sie über den Uchiha-Clan gehört hatte und was mit Naruto geschehen war …

»Tenzō sollte bald hier sein, wie Sie es erbeten haben«, fügte Sarutobi an.

Tobirama nickte. »Gut. Aber eines noch, Saru. Mir ist aufgefallen, dass viele meiner alten Hiraishin-Markierungen noch intakt sind, allerdings kamen auch einige neue dazu. Wer war das gewesen?«

»Minato«, antwortete Sarutobi. »Jiraiya hatte ihm das beigebracht.«

Tobirama hob eine Braue. »Dann werde ich auch mit Jiraiya sprechen müssen. Ich sollte auch die Integrität meines alten Labors prüfen. Dringend sogar.« Er schien mehr mit sich selbst zu sprechen und laut zu überlegen. Doch dann wandte er sich an Sakura. »Ich danke dir für deine Hilfe. Du kannst gehen.«

Sakura musste ein erleichtertes Seufzen unterdrücken. Endlich! Sie verneigte sich und verabschiedete sich dann. Dennoch ließ sie es sich nicht nehmen, auf dem Weg nach draußen ein letztes Mal nach Konohamaru zu sehen, ob bei ihm alles in Ordnung war. Der arme Junge war gänzlich durch den Wind, erst recht, nachdem er erfahren hatte, was mit seinem Großvater geschehen war. Er hatte ihn gar nicht mehr loslassen wollen und war anscheinend erst jetzt unter einem warmen kotastu eingeschlafen, den Hokage-Hut seines Großvaters fest umklammert. Sakura ließ ihn in Ruhe und schlich sich davon. Es war für sie alle ein harter Tag gewesen.

Gerade als sie vor die Tür trat, kam ihr Tenzō entgegen. Sie war ihm noch nie zuvor begegnet, aber anscheinend war er ein Freund Kakashis, soweit sie das mitbekommen hatte. Sie verneigte sich leicht und trat zur Seite, um ihn einzulassen. Auch er wirkte erschöpft, was auf seinem Gesicht nur noch unheimlicher wirkte, obwohl er ihr ein müdes Lächeln schenkte.

»Ich frage mich, wie es kam, dass er Mokuton beherrscht«, wunderte sich Mito, während sich Sakura auf den Weg machte. »Er ist in einem Alter, um Tsunades Sohn zu sein. Andererseits … Aber das muss dich jetzt nicht kümmern, Sakura-chan. Geh nach Hause.«

Wie zur Bestätigung gähnte Sakura. Sie ging dennoch nicht sofort zu sich nach Hause, fast schon automatisch trugen ihre Füße sie zu Inos Heim. Sie beide hatten Glück gehabt, die Häuser ihrer Familien hatten relativ wenig Schaden abbekommen, auch wenn auch auf sie in den kommenden Wochen viel Arbeit zukommen würde.

Das Haus lag still da, doch in Inos Zimmer brannte noch Licht. Sakura sprang auf den kleinen Balkon und klopfte an. Durch das Fenster konnte sie sehen, wie Ino bisher auf dem Bett gelegen und zur Decke gestarrt hatte. Auf Sakuras Klopfen hin schreckte sie auf, doch dann sah sie ihre Freundin und entspannte sich wieder. Sie öffnete die Balkontür und ließ Sakura ein.

»Hey, Sakura«, begrüßte Ino sie. »Was machst du jetzt noch hier, es ist schon spät. Deine Augenringe hängen dir bis in die Kniekehlen.«

Sakura machte ein Gesicht. »Selber, Ino-Tussi.«

Ino lachte und setzte Sakura kurzerhand auf ihr Bett. »Aber ernsthaft, warum bist du so spät noch unterwegs?«

Auch wenn die Sache mit Mito jetzt nicht mehr allein nur ihr Geheimnis war, fühlte sich Sakura nicht wohl bei dem Gedanken, es zu teilen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Es war eben doch noch immer ein sonderbares Gefühl.

»Hokage-sama hatte noch ein paar Fragen zu dem, was passiert war«, sagte sie daher ausweichend. Und so völlig falsch war es ja auch nicht. Tobirama hatte sie mit Fragen förmlich gelöchert, nachdem Mito ihm erfolgreich hatte ausreden können, auch noch Sasuke und Naruto einzuspannen. Nach allem, was sie gehört hatten, hatten sie Zeit für sich gebraucht.

»Das ist alles so … so …«, begann Ino leise, verlor sich dann aber.

»Surreal«, schlug Sakura vor.

»Ja. Das passt. Weißt du, an der Akademie, da lernen wir all diese Sachen, die uns auf das Leben als Kunoichi vorbereiten sollen. Und dann holt uns das echte Leben ein. Du verstehst?«

Sakura nickte. Sie verstand. »Es ist doch ganz anders, als ich es mir vorgestellt hab. Und wieder konnte ich nur doof daneben stehen …«

»Mehr konnten wir alle nicht tun«, sagte Ino leise.

Sakura ließ sich nach hinten auf das Bett fallen und starrte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zur Decke. Ino legte sich neben sie und starrte gemeinsam mit ihr.

»Vielleicht wäre die Antwort darauf, dass wir dann stärker werden müssen«, sagte Sakura nach einer ganzen Weile des Schweigens. »Aber …«

»Aber?«, wollte Ino wissen, als Sakura nicht fortfuhr.

»Vielleicht ist das ja doch nicht mein Ding«, murmelte Sakura. »Ich weiß nicht, ob ich das mental packe. Blumen pflücken mit dir war schön und sich dabei vielleicht noch vorstellen, in Verkleidung eine feindliche Stellung zu infiltrieren. Aber die Realität sieht halt doch anders aus.«

»Weißt du, Sakura-chan, vor einem Monat im Wald, da hattest du dich echt super geschlagen«, erwiderte Ino. »Alle hielten dich für ein Mauerblümchen, das nur gut im auswendig Lernen sei, und dann das. Ich fand das richtig beeindruckend.«

Ach, Ino, wenn du wüsstest …

»Die Jungs brüllen immer laut herum, dass sie stärker werden wollen«, fuhr Ino fort. »Aber ich glaube, dass es nicht nur auf körperliche Stärke ankommt, sondern auch auf geistige, und da schlägt dich keiner.«

»Nur was nützt es mir, wenn ich im Kampf trotzdem nichts tauge? Ihr musstet mir trotzdem helfen.«

Ino richtete sich auf ihrem Ellbogen auf. »Aber dafür sind Freundinnen doch da, oder? Um einander zu helfen. Ich finde, zusammen sind wir unschlagbar! Ich sag dir, wenn wir uns zusammentun, dann kann uns keiner aufhalten.«

Sakura sah zu Ino auf. Dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie zog Ino in eine feste Umarmung. Ino hatte anscheinend damit nicht gerechnet, denn sie verlor das Gleichgewicht und sie landete auf Sakura. Beide lachten sie.

Als sie ihre Gliedmaßen wieder entwirrt hatten, sagte Sakura: »Ich habe noch mal über die Sache mit dem medizinischen Ninjutsu nachgedacht.«

»Und?«, wollte Ino wissen.

»Wenn du‘s machst, mach ich es auch.«

»Warum ich?«

»Weil ich finde, dass du da auch das Zeug zu hast!«

Dieses Mal war es an Ino, Sakura groß anzuschauen. Doch dann trat ein herausfordernder Ausdruck auf ihr Gesicht. »Kann doch nicht hinter dir zurückstehen!«

Sie grinsten sich an.

»Ino?«

»Ja?«

»Ich bin echt froh, dich als Freundin zu haben.«

»Geht mir auch so.«

Ino umarmte Sakura. Sakura erwiderte die Umarmung und zog Trost und Kraft aus der Nähe der Freundin.

»Ino, kannst du mir eines versprechen?«

»Klar, alles.«

»Lass uns niemals wegen eines Jungen ernsthaft streiten. Das sind die nicht wert.«

»Auf jeden Fall! Faust drauf.«

Sie stießen ihre Fäuste aneinander. Sakura nickte fest. Jungs waren es wirklich nicht wert, dass sie sich deswegen mit Ino stritt.

Ino musste grinsen. »Aber einander ein wenig über Sasuke piesacken geht klar? Irgendwie macht mir das Spaß.«

»Vielleicht sollten wir Sasuke eher eins überziehen«, schlug Sakura vor. »Du bist ja nicht mit ihm in einem Team, du erlebst nicht so wie ich, wie anstrengend er sein kann.«

Daraufhin überlegte Ino einen Moment. Dann nickte sie. »Klingt nach einem Plan.«

 

Naruto schlich schon den ganzen Tag durch das Dorf. Oder dem, was davon übrig geblieben war. Nach allem, was geschehen war und was er gehört hatte, dachte er darüber nach, wie er überhaupt zu diesem Dorf stand und dem ganzen System, das dem zugrunde lag.

Er kam zu dem Schluss, dass er trotzdem keinen Groll hegen wollte. Er wollte nicht verbittert werden und alles und jeden hassen. Eines Tages würden sie schon sehen, dann wäre er Hokage und alle würden ihn anerkennen.

»So nobel dein Ansinnen auch sein mag, es ist doch ein Trugschluss«, widersprach Madara. »Man wird nicht anerkannt, weil man Hokage ist, sondern es ist umgekehrt. Man wird Hokage, weil alle ihn anerkennen.«

»Dann sorge ich eben dafür, dass alle mich anerkennen«, widersprach Naruto trotzig. »Und überhaupt, woher willst du das wissen?«

Madara schnaubte. »Weil ich derjenige war, der das damals Hashirama gesagt hatte, als er mich zum Hokage machen wollte. Wenn dir selbst dein eigener Clan den Rücken zuwendet, dann hätte nicht einmal das etwas daran geändert.«

»Mich kann doch eh schon niemand leiden, schlimmer kann es also nicht werden. Nur besser.«

Ganz unwillkürlich wanderte Narutos Blick zum Hokage-Felsen. Ja, es konnte nur besser werden. Immerhin hatte er heute gelernt, wer seine Eltern waren. All die Jahre hatte er zu seinem Vater aufgeblickt und es doch nicht gewusst. Ganz unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen und er streckte dem Steinbildnis seines Vaters seinen Daumen entgegen.

»Ich werde der beste Hokage aller Zeiten, echt jetzt«, versprach er ihm und stellte sich vor, wie es wäre, wenn sein Vater ihm nun eine Hand auf den Kopf legen und ihm versichern würde, dass er das ganz bestimmt werden würde.

Dann erstarb ihm das Lächeln auf den Lippen. Da war ja doch niemand.

Er vergrub die Hände in seinen Taschen und stapfte durch die Straßen. In einigen Teilen des Dorfes war der Strom ausgefallen und konnte noch nicht wiederhergestellt werden. Es war seltsam, durch die dunklen Straßen zu gehen und über die Trümmerhaufen zu klettern. Trotz der späten Stunde waren viele noch immer auf den Beinen, um Schutt zu beseitigen und nach Vermissten zu suchen.

Eine Weile beobachtete Naruto sie aus der Ferne. Immer und immer wieder sah er, was an diesem Tag geschehen war, sah die Kämpfe, die Toten, die einstürzenden Gebäude, all das Blut und die Gewalt und irgendwann wurde es zu viel. Er floh.

Ganz von selbst trugen ihn seine Füße aus dem Dorf, weit weg von allem. Hin zu der einzigen Person, die ihn vielleicht verstehen könnte.

Seit Jahren schon war der Uchiha-Distrikt abgesperrt. Außer Sasuke ging hier niemand mehr ein und aus. Auch Naruto war noch nie hier gewesen. Durch die geisterhaften, leeren Straßen zu gehen und daran zu denken, was hier geschehen war, war unheimlich. Er konnte nicht verstehen, warum Sasuke hier immer noch wohnen wollte.

Auch wenn Naruto noch nie bei Sasuke daheim gewesen war, war es nicht schwer, seine Wohnung zu finden. Es war der einzige Ort im Viertel, in dem Licht brannte. Naruto bemühte sich gar nicht erst mit der Klingel und kletterte gleich zum Fenster hinauf. Er klopfte an.

Durch das Fenster konnte er sehen, dass Sasuke in der Küche stand und sich anscheinend sein Abendessen zubereitete. Er reagierte nicht auf das Klopfen, also wiederholte es Naruto. Dieses Mal warf Sasuke ihm einen genervten Blick zu und ging dann doch zum Fenster, um es zu öffnen. Naruto fiel mit einem Aufschrei in das Zimmer.

Sasuke sah auf ihn herab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Idiot. Was machst du hier?«

Naruto rappelte sich wieder auf. »Was denkst du denn?«

»Keine Ahnung. Wer weiß, was in deinem Kopf abgeht. Wahrscheinlich nicht viel.«

»Du hast leicht reden! Du hast nur einen nervigen Typen erwischt. Ich muss mich mit zwei Leuten herumschlagen, die sich noch nicht mal leiden können.«

Es war immer noch seltsam, so offen darüber zu reden, aber irgendwie auch befreiend. Plötzlich war er nicht mehr allein mit all dem.

Sasuke sah ihn einen Moment lang schweigend an. »Du meinst … das Fuchsmonster redet mit dir?«

»Na ja, reden würde ich das nicht nennen. Die meiste Zeit beleidigt Kyubi Madara. Hm, ich glaube, ich wäre auch nicht glücklich, wenn ich einfach so weggesperrt werden würde ohne dass man mich fragt. Aber sag mal, was kochst du da?«

Sasuke schien ein wenig verwundert über den Themenwechsel, doch dann gab er Naruto nur doch wieder seinen typischen finsteren Blick. »Mein Abendessen. Im Gegensatz zu dir will ich nicht nur von Tütensuppen leben.«

»Hey, das stimmt gar nicht, echt jetzt!«, rief Naruto empört. »Manchmal läd mich Iruka-sensei auch zu Ichiraku ein.«

»Wo du dann auch bloß Ramen isst«, warf Madara sarkastisch ein. »Ihr Uzumaki seid alle gleich.«

»Das scheint für euch Uchiha genauso zu gelten«, schoss Naruto zurück. »Du bist die ganze Zeit genauso mies gelaunt wie Sasuke.«

»Da kommt man ja nicht umhin, wenn man dich ertragen muss.«

Naruto beschloss, dass er dazu besser nichts mehr sagte. Stattdessen zwängte er sich an Sasuke vorbei und hob einen der Topfdeckel an. Teigknödel schwammen in dem heißen Wasser und köchelten vor sich hin. Narutos Magen knurrte demonstrativ.

»Das sieht gut aus! Essen wir zusammen?«

»Vergiss es, das ist mein Abendessen.« Sasuke griff nach dem Deckel und hämmerte ihn wieder auf den Topf.

»Aber ich bin dein Gast, und es wäre unhöflich, einen Gast abzuweisen.«

»Soweit ich das sehe, hast du dich selbst eingeladen, indem du durch mein Fenster gefallen bist.«

»Na und? Jetzt bin ich trotzdem dein Gast.«

Sasuke grummelte, warf ihn aber dennoch nicht wieder raus. Stattdessen machte er sich daran, seinen kleinen Küchentisch für zwei Personen zu decken, und setzte noch etwas mehr Reis auf, damit es für sie beide reichen würde. Naruto wollte ihm erst helfen, wurde von Sasuke dann aber in eine Ecke verbannt, wo er nicht im Weg stand.

Sasuke schwieg sich aus, während er sich um das Essen kümmerte. Er schwieg noch immer, als er die Schüsseln mit ihrem Essen auf den Tisch stellte. Eine steile Falte hatte sich zwischen seinen Brauen gebildet.

»Itadakimasu!«, bedankte sich Naruto und konnte gerade noch so genug Willensstärke aufbringen, sich nicht sofort auf das Essen zu stürzen, bis Sasuke nicht ebenfalls saß.

Sasuke nahm es schweigend hin. Naruto hatte bereits seinen ersten Knödel gegessen, als ihm auffiel, dass Sasuke sein Essen noch nicht angerührt hatte und nur lustlos in der Reisschale herumstocherte.

»Ist was?«, nuschelte Naruto mit vollem Mund.

Sasuke starrte noch immer auf sein Essen. »Es ist so … surreal.«

»Was?«

»Na das. Alles. Heute wurde das Dorf angegriffen und zu großen Teilen zerstört und jetzt sitzen wir hier und essen, als sei nichts gewesen. Es ist absurd. Einfach alles. Irgendwie könnte ich besser damit leben, wenn ich mir wirklich einbilden würde, Stimmen zu hören, als … das eben.«

»Aber du, Sasuke …«, begann Naruto zögernd. »Du bist jetzt nicht mehr allein. Wenn du willst.«

Sasuke wandte den Blick ab. Naruto sah dennoch die Tränen in seinen Augen. »Warum hat Itachi das getan? Warum? Ich versteh‘s nicht. Er hat all diese … Dinge gesagt. Warum hat er den großen Bruder gespielt, wenn er mich am Ende doch nie leiden konnte? Aber dann behauptet Hokage-sama, er habe es aus Liebe getan. Da … da stimmt doch was nicht. Vielleicht sollte man wirklich dieses ganze System einfach niederbrennen.«

»Es ist verrottet bis an die Wurzel«, knurrte Madara. »Am Ende hatte ich doch Recht behalten.«

»Mit was?«, wollte Naruto wissen.

»Frag doch Hashirama«, war jedoch alles, was Madara dazu sagte.

Sasuke sagte eine ganze Weile nichts. Vielleicht führte er ja auch ein stummes Zwiegespräch mit Hashirama. Was für ein sonderbarer Gedanke das war, plötzlich nicht mehr allein sein zu müssen. Dass es da noch andere gab, denen es genauso erging wie ihm. Die verstanden.

»Naruto«, begann Madara ungewohnt zögernd. »Frag Hashirama, wie es ihm ergangen ist seit …. na, er weiß schon.«

»Seit was?«

Doch Madara schwieg sich beharrlich aus.

Na fein. Naruto beugte sich vor. »Hey, Sasuke, kann ich dich was fragen?«

Sasuke zuckte mit den Schultern. »Meinethalben.«

»Also eigentlich eher Shodai-jiji und eigentlich will‘s Madara-jiji wissen. Er will wissen wie es Ihnen seit ›er weiß schon‹ ergangen ist.«

Sasuke seufzte und verdrehte die Augen. Er schwieg einen Moment und schien auf das zu lauschen, was Hashirama ihm sagte. Dann sagte er: »Er sagt, dass er zwar irgendwann mit den Folgen seiner Tat leben, aber nie wirklich seinen Frieden damit machen konnte. In der unmittelbaren Zeit danach half er Mito damit, Kyubis Chakra zu kontrollieren und ihre Grenzen als jinchūriki zu lernen. Später hatten sie eine Tochter, Miyazaki, aber da wusste noch niemand, dass die Schwangerschaft und vor allem die Geburt das Siegel massiv schwächte, daher hatten sie keine weiteren Kinder, obwohl sie es sich gewünscht hätten. Und … Muss ich hier wirklich den Vermittler für zwei tote Leute geben?«

»Der Bengel soll sich mal nicht so haben«, meckerte Madara.

Naruto wiederholte kurzerhand wörtlich, was Madara gesagt hatte. Sasuke setzte an, etwas zu sagen, klappte dann aber den Mund wieder zu und warf ihm einen langen Blick zu.

»Das hattest du ihm nicht sagen sollen!«, zeterte Madara.

»Hehehe, das hast du davon, wenn du die ganze Zeit immer deine miese Laune an mir auslässt«, lachte Naruto.

Sie unterhielten sich noch bis weit in die Nacht hinein. Irgendwann einmal kletterten Naruto und Sasuke auf das Dach des Hauses und beobachteten die Sterne, während sie ihr Gespräch fortsetzten und für Hashirama und Madara vermittelten. Es war anfangs etwas seltsam und holprig aber irgendwann lief es dann doch besser. Außerdem schien es, dass Hashirama wesentlich gewillter war als Madara, über ihre gemeinsame Vergangenheit zu sprechen, auch wenn Naruto hinterher verstand, warum sich Madara bisher dazu beharrlich ausgeschwiegen hatte. Wenn er sich vorstellte, wie es wohl wäre, wenn er gezwungen werden würde, Sasuke zu töten … Nein. Ein wirklich furchtbarer Gedanke, den er nicht weiter verfolgen wollte.

Eine Sternschnuppe huschte über den Horizont. Naruto kniff die Augen fest zusammen und wünschte sich, dass dieser Moment für immer anhalten würde. Das erste Mal in seinem Leben fühlte er eine wirkliche Verbindung zu jemandem, das erste Mal hatte er das Gefühl, von jemandem wirklich verstanden zu werden. Er war nicht mehr allein.

 

Tobirama musterte den jungen Mann, der vor ihm an dem Tisch kniete. Tenzō erwiderte den Blick ein wenig nervös und mit großen, starrenden Augen. Hiruzen saß bei ihnen und rauchte eine Pfeife. Einerseits konnte Tobirama einfach nicht seinen Ärger über seinen einstigen Schüler vergessen, aber andererseits wäre es ihm wirklich lieber, wenn er endlich einen Arzt aufsuchen würde, statt immer noch hier zu sein.

Hiruzen hatte ihnen Tee gebracht und dabei in all den Jahren nicht vergessen, dass Tobirama seinen grünen Tee herb bevorzugte. Na immerhin. Tobirama griff zu seiner Schale und trank einen Schluck … nur im festzustellen, dass er nichts schmeckte. Er brummte missmutig. Als Edo Tensei brauchte er weder Nahrung noch Schlaf. Damals hatte er sich für besonders clever gehalten, als er das in das Siegel eingebaut hatte, aber jetzt brachte es ihn nach all dem Ärger um seinen wohlverdienten Tee.

Er stellte die Schale wieder ab. »Um es kurz zu machen, Tenzō: Bist du mit anija verwandt?«

Er wäre immerhin in einem Alter, um Tsunades Sohn zu sein.

Doch Tenzō schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste jedenfalls. Ich weiß nicht, wer meine Eltern sind.«

Es hätte auch einmal einfach sein können. »Weißt du dann, wie es kommen kann, dass du dennoch sein kekkei genkai besitzt?«

Hiruzen beugte sich vor. Auch er wusste nicht darüber Bescheid.

Tenzō sah zwischen ihnen hin und her. Er hatte seinen Tee immer noch nicht angerührt. »Ich habe bemerkt, dass das Siegel sich aufgelöst hat …«

»Danzō ist tot«, versicherte Hiruzen ihm. »Nidaime-sama richtete ihn für seine Verbrechen. Du kannst also frei sprechen. Wir bitten sogar darum, um diese Sache endlich aufzuklären.«

»Oh«, war alles, was Tenzō dazu sagte. Dann räusperte er sich. »Also wenn das so ist. Es wurde mir von Danzō-sama gegeben, ich glaube, es war ein Experiment. Meine früheste Erinnerung ist an einen dunklen Raum voller Tanks, und in diesen Tanks waren Kinder. Ich war eines davon. Nach und nach wurden diese Tanks dunkler, bis nur noch ich übrig blieb. Ich glaube, Orochimaru führte diese Experimente durch, aber er schrieb sie als gescheitert ab. Nur Danzō-sama erkannte, dass ich doch ein Erfolg war.«

Kalter Zorn brannte in Tobirama, als er das hörte, und auch Hiruzen machte ein finsteres Gesicht. Dann seufzte er. Er wirkte älter denn je.

»Ich hätte Orochimaru töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Er ging zu weit, viel zu weit.«

»Es ist vergebliche Liebesmüh‘, vergossenem Tee nachzutrauern«, sagte Tobirama streng. »Viel wichtiger ist zu erfahren, wie Orochimaru überhaupt an Teile von Hashiramas und meinem Körper kam – und das anscheinend schon vor langer Zeit.«

»Er wird sich des Grabraubs schuldig gemacht haben«, schloss Hiruzen. »Sie hatten ja selbst theoretisiert, dass die Quelle von Shodai-samas kekkei genkai in seinen Zellen lag, Nidaime-sama. Wir hatten versucht, das zu replizieren, aber nun … Es funktionierte nicht und ich verbot die Versuche.«

Tobirama hatte selbstredend den sensibleren Teil seiner Forschungen weggeschlossen, aber anscheinend war nicht einmal das genug gewesen, ansonsten würde er jetzt nicht hier sitzen und dieses Gespräch führen. Aber er hätte nicht gedacht, dass sogar Hashiramas persönliche Aufzeichnungen zu seinem Mokuton, zu denen Tobirama ihn angehalten hatte, auf diese Weise missbraucht werden konnten. In den falschen Händen war alles eine Waffe.

»Danzō-sama sprach immer davon, dass mir Mokuton gegeben worden war«, fügte Tenzō an. »Also wird es wohl in der Tat so gekommen sein. Er hat mir Shodai-samas Zellen gegeben und deswegen kann ich Mokuton nutzen.«

Tobirama starrte den jungen Mann vor sich an und hoffte, dass nicht allzu viel von seiner Abscheu auf seinem Gesicht zu sehen war. Tenzō konnte nichts dafür, ihn traf keine Schuld. Aber allein der Gedanke daran, was die Verräter seinem Bruder angetan haben mochten, ließ in ihm die Galle hochkommen. Es war widerwärtig. Ihm war bewusst gewesen, dass Hashiramas Kraft, geboren aus seinem kekkei genkai, viele Begehrlichkeiten weckte. Sie waren schon zu Lebzeiten damit konfrontiert worden, auch wenn es nie ein solches Problem gewesen war wie Augendiebstahl bei den Uchiha.

Dann atmete er durch und mahnte sich zur Ruhe. Was geschehen war, was geschehen, und er selbst hatte sowohl über Orochimaru als auch Danzō das Urteil gefällt.

»Sag mir, Tenzō, wie gut beherrscht du Mokuton?«, fragte er stattdessen.

»Ich bin sehr versiert darin, wenn ich das so sagen darf«, sagte Tenzō. »Von Danzō-sama erhielt ich Aufzeichnungen Shodai-samas, anhand derer ich es mir selbst beibringen konnte, auch wenn ich nicht immer alles wirklich verstanden habe und ich für einige Techniken einfach nicht stark genug bin. Für einiges habe ich mir selbst einen Weg ersonnen, um die Technik auf meinem Wege und mit meinen etwas begrenzteren Mitteln umzusetzen.«

Interessant. »Kannst du Nahrung wachsen lassen?«

»Bedauerlicherweise nein. Das gehört zu den Fällen, bei denen ich nie wirklich verstanden hatte, von was Shodai-sama sprach. Ich vermute, es hängt damit zusammen, dass ich kein Sennin bin.«

Dieses Mal hob Tobirama überrascht eine Braue. Höchst interessant. »Kein Sennin, sagst du? Ich hätte nicht gedacht, dass man Mokuton und Senjutsu trennen kann. Bei anija war alles untrennbar miteinander verbunden, wir hatten es immer als gegeben hingenommen.«

Tenzō zuckte mit den Schultern. »Ich jedenfalls habe es nie gelernt.«

»Hashirama ebenso wenig«, korrigierte Tobirama. »Er ist mit der Fähigkeit geboren worden und hatte lediglich lernen müssen, es auch gezielt anzuwenden. Nun, wie dem auch sei. Das soll für‘s Erste alles sein. Der Tag war für uns alle lang und anstrengend gewesen, aber ich werde später noch einmal auf dich zurückkommen, Tenzō.«

Tenzō verneigte sich. »Ich freue mich, Ihnen behilflich sein zu können, Nidaime-sama, Sandaime-sama.«

Tobirama nickte. »Gut. Und du, Saru, suchst jetzt endlich einen Arzt auf. Ich habe noch etwas zu erledigen.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob er sich und griff nach der Hiraishin-Markierung, die er in seinem Labor weit draußen im Wald angebracht hatte. Die Markierung war noch intakt gewesen, das hatte er schon vor Stunden überprüft, aber das musste nicht viel heißen.

Wie sich herausstellte, war die Markierung das einzige, was noch intakt war. Tobirama sah sich einer Katastrophe gegenüber.

Schon vor vielen Jahren hatte er tief in den Wäldern um Konoha ein geheimes Labor errichtet. Nur er und jene, denen er die ausdrückliche Erlaubnis erteilt hatte, hatten Zugang dazu. Das Labor war mit dutzenden Fallen gesichert, die sicherstellen sollten, dass jeder, der sich unbefugt Zutritt verschaffte, einen raschen Tod in einer alles vernichtenden Explosion starb. Lieber zerstörte Tobirama sein Lebenswerk, als zu riskieren, dass es in falsche Hände geriet.

Am Ende hatte doch alles nichts genützt.

Irgendwer hatte es geschafft, seine Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen. Einige waren explodiert, aber nicht alle. Was die Explosionen überlebt hatte, war gründlich auf den Kopf gestellt worden. Schriftrollen waren aus den Regalen gezerrt und achtlos zur Seite geworden worden und überall lagen Siegelutensilien achtlos verstreut herum. Es musste schon etliche Jahre her sein, denn eine dicke Staubsicht hatte sich über alles gelegt und in den Ecken hingen Spinnweben. Mit wachsendem Zorn bahnte sich Tobirama vorsichtig einen Weg durch das Chaos und suchte vergeblich nach etwas, das nicht zerstört oder durchwühlt worden war. Die Eindringlinge waren gründlich gewesen.

»Scheiße.«

Sie hatten es geschafft, wirklich alles aufzuspüren. Dass Tobirama jetzt überhaupt hier war, bewies das. Die Aufzeichnungen für Edo Tensei waren hinter den stärksten Sicherheitsmaßnahmen weggeschlossen worden, die Tobirama kannte, doch selbst das hatten sie überwinden können. Wer waren sie eigentlich? Orochimaru? Danzō? Noch jemand anderes?

Wie hatte es überhaupt so weit kommen können? Danzō war sein Schüler gewesen, ambitioniert und talentiert wie kaum jemand sonst. Wie hatte es sein können, dass einer seiner Schüler so weit ab vom Pfad käme und anfing, verbotene Experimente an Kindern durchzuführen?

Inmitten der Ruinen seines Lebenswerkes fühlte Tobirama nichts anderes als Bedauern.

Der Schaden war angerichtet. Es lag kein Nutzen darin, der Vergangenheit nachzutrauern. Sowohl Orochimaru als auch Danzō waren tot. In jenem Moment hatte er sich zu sehr von seinen Gefühlen leiten lassen, aber dennoch hatte er das richtige Urteil gefällt, als er sie beide gerichtet hatte. Jetzt blieb ihm nur noch übrig, die Spuren zu sichern und sicherzustellen, dass es ihnen niemand mehr nachtun konnte.

Nächstes Kapitel: Mito sammelt noch ein paar Enkel mehr.

In den kommenden Wochen kam auf sie alle viel Arbeit zu. Alle im Dorf mussten mit anpacken, um die Trümmer zu beseitigen und die entstandenen Schäden zu beheben. Zu Beginn stieg die Zahl der Opfer sogar noch, als sie immer mehr Vermisste bargen. Nur wenige von ihnen hatten es überlebt, unter den Trümmern einstürzender Gebäude begraben zu werden.

So anstrengend es auch war, war Sakura wirklich froh darum, dass Tobirama sie häufig zu sich bat, um mit Mito an all diesen furchtbar komplexen Siegeln und Formeln zu arbeiten, von denen Sakura immer noch nichts verstand. Sie selbst war dabei zwar eigentlich überflüssig und war nur die Übermittlerin, aber immerhin hieß das, dass sie nicht weiter Trümmer beiseite schaffen musste.

Der Anblick zerschmetterter Körper und der süßliche Verwesungsgeruch bereiteten ihr bereits genug Alpträume und schlaflose Nächte.

Einige Tage später schien Tobirama beschlossen zu haben, dass die Schonfrist für Naruto und Sasuke vorüber war, und spannte sie ebenfalls ein, oder um genauer zu sein: Hashirama und Madara. Weder Sasuke noch Naruto wirkten allzu glücklich über ihre Situation und ließen keine Gelegenheit aus zu betonen, wie nervig sie das alles fanden. Tobirama zeigte keine Gnade mit ihnen.

Das konstante Lamentieren der beiden Jungs schien Mito jedoch auf eine Idee zu bringen.

»Sakura-chan, ich möchte etwas ausprobieren, wenn du mich lässt«, sagte sie eines Abends, als Sakura bereits erschöpft von ihrem Tagwerk auf ihrem Bett lag und den Tag ausklingen ließ.

Sakura gähnte und streckte sich. »Was genau denn?«

»Sasuke hatte doch gesagt, dass Hashirama ihn in einem begrenzten Rahmen hatte unterstützen können. Das ließ in mir die Frage aufkommen, ob wir nicht vielleicht sogar mehr als nur das können. Wie ein berühmter Dichter einst sagte: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Nun, deiner in diesem Fall. Derzeit hast du das Ruder in der Hand, aber vielleicht ist es möglich, dass du es mir überlässt, für eine Weile jedenfalls und nur, wenn du dem auch zustimmst.«

Das war ein im höchsten Maße befremdlicher Gedanke. Andererseits … würde es viele Dinge wirklich einfacher machen.

»Versuchen können wir es einmal, denke ich«, sagte Sakura daher.

»Du brauchst nur zu sagen, wenn es dir Unbehagen bereitet, und ich höre sofort auf«, versprach Mito.

»Geht klar.«

Durchaus neugierig, wie es wohl wäre, in ihrem eigenen Körper nur Gast zu sein, wartete Sakura ab, was nun passieren würde. Zunächst spürte sie keinen Unterschied, doch nach und nach war es ihr, als würde ein angenehm warmes Gefühl durch ihre Venen rinnen. Seltsam wurde es erst, als sich ihre Hand ohne ihr Zutun bewegte, und das war auch der Moment, in dem sie kurz in Panik verfiel. Sie wollte mit aller Macht ihre Hand schütteln, nur um sie wieder wie gewohnt zu spüren. Mito spürte anscheinend ihre Unruhe und ließ sofort ihre Kontrolle über Sakuras Körper fallen. Das resultierte darin, dass Sakura so sehr zappelte, dass sie aus dem Bett fiel.

»Autsch.« Sakura blinzelte und benötigte einen Moment, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Sie atmete ein paarmal tief durch, bis sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hatte, dann setzte sie sich wieder auf ihr Bett.

»Oh je, Liebes, das tut mir leid«, sagte Mito. »Wollen wir es lieber lassen?«

Sakura schüttelte den Kopf. »Nein. Eigentlich ist es eine gute Idee. Ich hatte nur nicht erwartet, dass es … sich so anfühlt.«

»Na gut. Dann versuchen wir es noch einmal. Ganz langsam dieses Mal.«

Dieses Mal wusste Sakura, was auf sie zukommen würde, und auch wenn es sich noch immer nicht normal anfühlte, so war es doch nicht mehr völlig beängstigend. Jedenfalls flippte sie nicht mehr gänzlich aus, als ihr Körper auf einmal Dinge machte, die sie nicht beabsichtigt hatte. Es war, als würde sie mit einem Male neben sich stehen und sich selbst dabei beobachten, wie sie vom Bett aufstand und durch das Zimmer ging.

»Wie fühlt sich das an?«, wollte Mito wissen.

Es war wirklich sehr befremdlich, zu hören, wie Worte aus ihrem Mund kamen, die sie nicht gesprochen hatte. Sakura wollte den Mund öffnen, aber ihre Lippen waren wie zugeklebt.

»Das … wow, das ist superschräg«, sagte sie daher.

»Soll ich aufhören und dir wieder das Steuer überlassen?«, wollte Mito wissen.

»Nein, es geht schon. Es ist nur … sehr ungewohnt.«

»Gut, dann lass mich noch eine Sache ausprobieren.«

Mito zupfte ein Blatt von Sakuras Zimmerpflanze ab. Sakura spürte Chakra, das nicht ihres war, und dann hielt sich Mito das Blatt an Sakuras Stirn und hielt es dort mit Chakra. Mito gab einen interessierten Laut von sich.

»Hm, spannend«, murmelte sie. »Aber das soll fürs Erste genügen.«

Das fremde Chakra verschwand. Das Blatt segelte zu Boden und Sakura schwankte, als sie plötzlich wieder die Kontrolle über ihren Körper zurückerlangte. Sie schüttelte den Kopf und streckte die Finger, um sie wieder zu fühlen.

»Puh, fühlt sich das für dich die ganze Zeit so an?«, wollte sie wissen.

»Dies war von Anfang an nicht mein Körper, also ist es für mich noch einmal etwas anderes«, sagte Mito. »Es ist mehr ein widerrechtliches Eindringen, immerhin befinde ich mich hier in deinem privaten Raum, der eigentlich dir allein gehören sollte. Aber nun denn, es funktioniert, was ich mir vorgestellt habe. Wir sollten das Hashirama, Madara, Naruto und Sasuke sagen. Dann gibt es hoffentlich kein Jammern mehr.«

Sakura kicherte, als sie an das ständige Lamentieren ihrer Teamkameraden denken musste. »Es macht auch deine Arbeit mit Nidaime-sama leichter. Es tut mir wirklich leid, dass ich da keine größere Hilfe sein kann.«

»Ach, das muss es nicht. Sowohl Tobirama als auch ich haben viele Jahre gebraucht, um all dieses Wissen zu erwerben. Wir erwarten von dir nicht, dass du in so kurzer Zeit auch nur ansatzweise etwas davon verstehst. Aber ich kann es dir beibringen, wenn du willst. Siegel sind wirklich faszinierende Konstrukte.«

Gleich am nächsten Tag suchte Sakura ihre Teamkameraden auf. Kakashi hatte noch immer nicht mit ihnen das Training wieder aufgenommen, sodass sie sich gelegentlich von selbst trafen, um wenigstens etwas zu machen. Jiraiya ließ sich ebenfalls nicht blicken, und nicht einmal Naruto wusste, wo er sich herumtrieb. Wie sich herausgestellt hatte, waren jedoch Hashirama und Mito durchaus bereit, ihnen an Kakashis Stelle das eine oder andere zu erklären.

Sakura erklärte Naruto und Sasuke begeistert, was sie mit Mito herausgefunden hatte, und dann demonstrierte Mito ihnen, was sie damit meinten.

Naruto und Sasuke beobachteten sie schweigend. Dann warfen sie sich einen langen Blick zu.

»Also … ich weiß nicht, was ich schräger finden sollte«, sagte dann Sasuke.

»Es ist natürlich nur ein Vorschlag, Sasuke-kun«, sagte Mito. »Es würde viele Dinge einfacher machen, aber natürlich habt ihr immer noch ein Recht auf körperliche Autonomie. Ich kann verstehen, dass diese ganze Situation für euch alle drei sehr unangenehm sein muss.« Sie wandte sich an Naruto. »Und Kyubi, ich weiß sehr wohl, was du jetzt sagen willst, also sei still.«

Sakura, die derzeit in ihrem Körper nur ein Gast war, konnte beobachten, wie Naruto sie irritiert ansah. Doch dann breitete sich ein strahlendes Lächeln auf seinen Zügen aus. »Das ist echt gewöhnungsbedürftig, mit Sakura-chan zu reden, aber eigentlich ist es gar nicht Sakura. Ich hab so viele tolle Sachen von Ihnen gehört, Mito-hime! Das ist so aufregend, echt jetzt!«

Mito lächelte gütig. »Ich kann dir auch etwas über deine Mutter erzählen, Naruto-chan, und ich kann dir beibringen, was es heißt, ein jinchūriki zu sein.«

Naruto nickte begeistert und wirkte so glücklich, wie Sakura ihn noch nie erlebt hatte. Seine Freude wirkte regelrecht ansteckend, denn Sakura merkte, wie sie sich für ihn freute. Es musste großartig sein, endlich etwas über die eigenen Wurzeln zu erfahren, nachdem er sein gesamtes Leben lang im Unklaren gelassen worden war. Sakura wollte sich gar nicht erst vorstellen, wie das hatte sein müssen und fühlte sich ein wenig schuldig, dass sie in der Vergangenheit so schlecht von ihm gedacht hatte. Hätte es etwas geändert, wenn sie die Wahrheit gewusst hätte?

Mito wandte sich an Sasuke. »Sasuke-kun, bist du so lieb und lässt mich mit meinem Mann reden? Ich würde liebend gern persönlich zu ihm hallo sagen.«

Sasuke machte ein finsteres Gesicht, aber dieses Mal war sich Sakura sicher, dass es größtenteils Show war.

Narutos Gesichtsausdruck änderte sich zu etwas, das verblüffende Ähnlichkeiten zu Sasukes miesepetrigen Gesicht hatte und Naruto so gar nicht ähnlich sah.

»Ach, und mit mir willst du wohl nicht reden, Mito-kun?«

Mito schmunzelte. »Ah, Madara-kun, lang nicht mehr getroffen. Deine Launen sind noch immer heiter Sonnenschein.«

Naruto oder wohl eher Madara verdrehte die Augen. »Deine Spitzen habe ich wirklich nicht vermisst. Weißt du eigentlich, wie es ist, hier drinnen mit dem elenden Flohteppich eingesperrt zu sein?«

Es war sonderbar, Naruto so zu sehen. Seine und Madaras Persönlichkeiten waren so grundverschieden.

Mito gab die Unschuld in Person. »Willkommen in meiner Welt. Wie du dir vielleicht denken kannst, hast du dafür gesorgt, dass ich Kyubis jinchūriki wurde. Du wirst schon noch lernen, mit Kyubi zurecht zu kommen. Er ist gar nicht so übel, wie er immer tut.«

Madara schnaubte und war augenscheinlich anderer Meinung.

»Ah, vielen dank, Sasuke-kun«, meldete sich da Hashirama zu Wort. »Mito-chan, Madara-chan, ihr glaubt ja gar nicht, wie sehr ich mich freue, euch endlich wiederzutreffen!«

Er breitete schon Sasukes Arme auf, um Mito und anscheinend auch Naruto zu umarmen, und überlegte es sich dann doch anders. Dies war immerhin nicht sein Körper.

»Nenn mich noch einmal vor den Kindern so, und ich schwöre …!«, drohte Madara.

Hashirama machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, was auf Sasukes Gesicht besonders befremdlich wirkte. »Aber Madara, du weißt doch. Ach, es tut mir so unendlich leid, wirklich. Ich wollte das nicht tun, aber du ließt mir keine Wahl. Du musst wissen, ich trug dich immer im Herzen und habe bis zum Schluss bereut, was ich tun musste. Ich tat es definitiv nicht leichten Herzens.«

»Noch immer ein hoffnungsloser Romantiker«, grummelte Madara.

Sakura hatte den Eindruck, als sei er mehr verlegen, als verärgert.

»Manche Dinge ändern sich eben nie.« Hashirama lächelte unschuldig. »Aber Mito-chan, sag mir bitte, wie es Tsuna-chan erging. Hat sie die Jungs in der Akademie verprügelt?«

»Nicht nur die«, versicherte Mito ihm. »Weißt du noch, was du ihr alles über medizinisches Ninjutsu beigebracht hattest? Sie hat das mit meinem Siegel der Hundertstärke kombiniert und ihre ganz eigene medizinische Schule begründet. Du hast ja gehört, was Saru über Dan gesagt hatte. Nach Dans Tod hatte Tsuna sich dafür stark gemacht, das gesamte Gesundheitswesen von Grund auf neu zu gestalten. Bei Gelegenheit muss ich dir in Ruhe davon erzählen, du kannst wirklich stolz auf sie sein.«

Hashirama strahlte über das ganze Gesicht, und irgendetwas an seinem sonnigen Gemüt erinnerte Sakura einfach an Naruto. »Oh, das klingt ganz nach meinem Mädchen!«

»Das Mädchen, dem du mit fünf das Glücksspiel beigebracht hast«, warf Madara von der Seite ein.

»Ihr hat’s Spaß gemacht!«, jammerte Hashirama.

Da sich Kakashi immer noch nicht blicken ließ und auch Tobirama anscheinend an diesem Tag etwas anderes im Sinn hatte, als weiter mit Mito an ihrem kleinen Problem, so man es denn als solches bezeichnen wollte, zu arbeiten, brachten sie die nächsten Stunden damit zu, miteinander zu plaudern. Wie sich herausstellte, hatten sie sich eine Menge zu sagen, jetzt, da sie endlich direkt miteinander reden konnten und nicht mehr die drei Genin als Vermittler benötigten.

Sakura kam nicht umhin zu bemerken, wie vertraut sich insbesondere Mito und Madara miteinander gaben. Nach allem, was sie bisher gehört hatte, war sie nicht davon ausgegangen, dass die beiden sich sonderlich leiden konnten. Aber trotz aller Spitzen Mitos schien sie Madara doch als Freund anzusehen, oder hatte es jedenfalls früher einmal. Hashirama schien Madara gegenüber keinen sonderlich großen Groll zu hegen trotz des Umstandes, dass sie sich einst bis zum Tod bekämpft hatten und Madara eigentlich als ein Verräter am Dorf galt. Ganz im Gegenteil quoll Hashirama beinahe über vor Freude, endlich wieder mit Madara reden zu können, als sei all das nie geschehen. Erstaunlicherweise schien die Freude gegenseitig zu sein, auch wenn Madara sich Mühe gab, es nicht durchblicken zu lassen. Aber Sakura war mit Sasuke in einem Team, sie konnte solche Manieren durchschauen.

Kurzum: Das Bild, das sie bisher von den Gründern des Dorfes hatte, wurde vollends auf den Kopf gestellt.

 

Kakashi sah von Jiraiya-sama zu Sandaime-sama und von ihm zu Nidaime-sama, ehe er sich daran erinnerte, dass er ihn ja beim Namen nennen durfte. Er war immerhin sein Urgroßvater. Nicht, dass Kakashi sonderlich erpicht darauf gewesen war, ausgerechnet auf diese Weise an seine Senju-Wurzeln erinnert zu werden …

All die Jahre hatte er erfolgreich dafür gesorgt, dass auch ja niemand ihn mit dem Namen Senju in Verbindung brachte. Zu viele Erwartungen, die damit einher gingen, er hatte es ja an Tsunade gesehen. Und jetzt war er hier mit seinem Urgroßvater, der ausgerechnet mit seinem eigenen Jutsu zurück ins Leben gerufen worden war. Diese ganze Situation war im höchsten Maße irritierend.

Sie befanden sich im Hokage Büro, das noch Sarutobis Büro war. Sarutobi selbst stand am Fenster und rauchte seine obligatorische Pfeife. Kakashi fragte sich mittlerweile, ob er es nur aus Gewohnheit tat oder wirklich, um seine Nerven zu beruhigen, was Kakashi zu der Frage führte, ob er es vielleicht auch einmal probieren sollte. Tobirama saß mit einer Selbstgefälligkeit an dem Schreibtisch, als sei dies noch immer sein Amt. Wie eigentlich immer feilte er auch jetzt an irgendwelchen Siegeln, von denen nicht einmal Kakashi alles verstand. Jiraiya und Kakashi standen vor dem Tisch und zumindest Kakashi wartete geduldig darauf, warum er hierher gerufen worden war.

Jiraiya warf Tobirama einen nicht allzu wohlgesonnen Blick zu und sah dann wieder zu Sarutobi. »Sensei, Sie stimmen dem wirklich zu?«

Tobirama stand über den Dingen und schrieb seelenruhig weiter an seinem Siegel, verfolgte aber dennoch aufmerksam das Gespräch.

Sarutobi nickte. »Jiraiya, ich bitte dich, dem nicht länger zu widersprechen. Es ist besser so.«

Wie sich herausgestellt hatte, war Jiraiya kein Freund der Idee gewesen, dass die Ältesten (jedenfalls die, die noch lebten) ihres Amtes enthoben worden waren und Sarutobi sich selbst vor einem Gericht verantworten wollte. Noch durfte er sich Hokage nennen, doch ihnen allen war bewusst, dass er dieses Amt nur noch vorübergehend inne haben würde, bis sich ein Nachfolger gefunden hatte.

»Und wer wird dann den Hut tragen? Er?«, fragte Jiraiya dennoch und deutete auf Tobirama.

Nun sah Tobirama doch auf. »Gib dich nicht dümmer, als du bist«, mahnte er. »Natürlich nicht.«

Jiraiya machte keinen Hehl daraus, dass er nicht sonderlich gut auf Tobirama zu sprechen war. Ihm schien es ganz und gar nicht zu schmecken, wie Tobirama in einem einzigen Zug das gesamte politische System Konohas umgekrempelt hatte, als er Danzō gerichtet und Sarutobi in die Verantwortung gezogen hatte. Kakashi kam nicht umhin, sich insgeheim über Danzōs Ende zu freuen. Es war das, was er verdient hatte. Wenn einer das Recht hatte, solch ein Urteil zu sprechen, dann Tobirama.

»Konoha ist geschwächt«, sagte Sarutobi. »Doch gerade in Zeiten wie diesen darf es nicht geschwächt erscheinen. Nach außen hin muss der Betrieb normal erscheinen und vor allem darf kein Machtvakuum entstehen.«

»Und deswegen werden wir Tsuna-chan suchen gehen«, eröffnete Tobirama.

»Wir?«, fragte sich Kakashi.

»Was hat Tsunade damit zu tun?«, wollte Jiraiya sogleich misstrauisch wissen.

Tobirama legte den Tuschepinsel zur Seite und faltete seine Hände. Kakashi erinnerte sich, was man sich über stille Wasser sagte. Dass sie tief seien … Er wollte nicht wissen, was unter der ruhigen Oberfläche lauerte. Unweigerlich kam ihm der rostrote Fleck an der Wand hinter ihm in den Sinn.

»Eine ganze Menge«, sagte Tobirama. »Ich bin mit Mito noch immer nicht zu einer Lösung des Problems gekommen und wir sind an einem Punkt, an dem wir weitere Ansichten einholen müssen. Tsuna könnte uns da helfen. Des weiteren schlug Saru vor, sie zur Wahl als nächsten Hokage zu stellen. Ich würde zwar bevorzugen, wenn dieses Amt aus der Familie kommt, aber sehe ein, dass sie derzeit wohl die beste Kandidatin dafür wäre.«

Kakashi entging nicht, dass Tobirama damit Jiraiya ausschloss. Nicht dass Jiraiya auf ihn den Eindruck erwecken würde, sonderlich scharf auf den Posten zu sein (eine weise Entscheidung), aber so kleinlich schien Tobirama dann doch zu sein.

»Der Haken an der Sache ist, dass niemand weiß, wo Tsunade steckt«, stellte Jiraiya fest. »Nicht einmal ich. Sie hat damals das Dorf verlassen und alle Bande hinter sich gekappt. Hat Shizune geschnappt und sich nie wieder blicken lassen.«

»Ich habe eine ungefähre Ahnung, wenn auch nicht mehr«, sagte Sarutobi. »Jiraiya, du gehörst zu denen, die Tsunade am besten kennen, also wirst du ebenso gut wie ich gezielt raten können, wo sie sein könnte.«

Jiraiya warf Tobirama einen Seitenblick zu. »Wir gehen sie also suchen.«

»Wir teilen uns auf«, korrigierte Tobirama. »Saru bleibt hier, er ist unentbehrlich. Aber ich kann mir den Luxus können, selbst nach Tsuna zu suchen.«

Jiraiya machte den Eindruck, als sei er ganz froh darum, nicht zusammen mit Tobirama auf diese Suchmission gehen zu müssen.

»Und wo komme ich ins Spiel?«, wollte Kakashi wissen. Er fragte sich ohnehin schon die ganze Zeit, warum Sarutobi auch ihn ins Büro gebeten hatte.

»Ich werde deine Genin mit mir nehmen, um unterwegs weiter an ihrem kleinen … Problem zu arbeiten«, sagte Tobirama. »Du willst sie sicher nicht allein lassen.«

Oh, na klasse. Er war also der Babysitter, der für Tobirama auf die Kinder aufpasste.

»Außerdem möchte ich darum bitten, dass Tenzō freigestellt wird, sodass er uns ebenfalls begleiten kann«, sagte Tobirama an Sarutobi gewandt. »Ich habe bezüglich seines Mokuton noch einige Fragen und außerdem dürfte es ihn interessieren, mit Hashirama darüber zu reden.«

Das konnte sich Kakashi in der Tat gut vorstellen. Tenzō würde sich sicher freuen, wenn er dazu die Möglichkeit erhielt.

Sarutobi nickte. »Ich werde es veranlassen.«

»Wenn wir alle nur Mutmaßungen anstellen können, wo sich Tsunade-hime derzeit befindet, wo fangen wir mit der Suche nach ihr an?«, fragte Kakashi.

»Sie hat sich einen Namen als legendäre Verliererin gemacht«, sagte Jiraiya. »Die Spielhallen aller Länder abzusuchen, ist also definitiv der erste Schritt. Wahrscheinlich dürften wir dann auch recht schnell ein paar verärgerte Gläubiger finden, denen sie Geld schuldet.«

Tobirama machte ein finsteres Gesicht. »Anija, das ist deine Schuld«, grummelte er, wenn auch mehr zu sich selbst.

»Allerdings«, begann Jiraiya von neuem, »bleibt da noch etwas offen. Was ist mit dieser anderen Sache bezüglich Akatsuki?«

Tobirama wandte sich mit einem fragenden Blick an Sarutobi. »Was soll das sein?«

»Eine Geheimorganisation bestehend aus S-Rank Nukenin«, sagte Sarutobi. »Sie stellen nun schon seit einiger Zeit ein Problem dar und es gibt Gerüchte, dass sie jinchūriki jagen und töten, auch wenn ihre Motive noch nicht bekannt sind. Angeblich war Orochimaru zeitweise mit ihnen involviert, und nachdem er aus Konoha verstoßen wurde, hatte sich Itachi ihnen angeschlossen, um als Doppelagent zu arbeiten. Allerdings habe ich schon lange nichts mehr von ihm gehört.«

»Ich habe die starke Vermutung, dass sie auch hinter Naruto her sein werden«, fügte Jiraiya an. »Es ist sogar anzunehmen, dass er ihr nächstes Ziel sein könnte.«

»Vermutungen und Annahmen«, stelle Kakashi fest. »Was ist aus Itachi geworden?«

»Ich weiß es nicht«, gestand Sarutobi. »Er kontaktierte mich das letzte Mal vor mehreren Jahren. Wahrscheinlich ist es Jiraiya, der derzeit am besten über die Bewegungen von Akatsuki im Bilde ist, aber, nun … es ist quasi nichts, was wir wissen.«

Tobirama hob nur eine Augenbraue. »Großartig. Ein Doppelagent, der sich ausschweigt. Wie stark ist Itachis Sharingan?«

»Er besitzt das Mangekyō«, sagte Kakashi an Sarutobis Stelle. »Und … nun, er hat den gesamten Clan eigenhändig ausgelöscht, das spricht, denke ich, für sich.«

Sarutobi ging zu dem großen Aktenschrank, der im Raum stand, und fing an, etwas herauszusuchen.

»Du hast ebenfalls ein Sharingan«, sagte Tobirama. »Was einige Fragen aufwirft, auf die ich später noch eine Antwort will.«

»Es ist ebenfalls ein Mangekyō«, sagte Kakashi und hoffte wider besseren Wissens, dass er nicht würde erklären müssen, wie es dazu gekommen war. »Allerdings wird mir Itachi in jedem Fall überlegen sein als geborener Uchiha.«

»Hm, die Natur eines fremden Sharingan«, kommentierte Tobirama.

»Sie scheinen eine Menge über dieses kekkei genkai zu wissen, Nidaime-sama«, stellte Jiraiya fest.

»Oh, natürlich«, sagte Tobirama, als sei es selbstverständlich. »Dass ich insbesondere nach Madaras Verrat ein wachsames Auge auf den Clan hielt, heißt noch lange nicht, dass ich mich nicht eingehender mit ihnen und ihren Sitten und Gebräuchen befasste. Die Etablierung der Polizei war das Ergebnis langer Überlegungen und die Entscheidung wurde mit dem Konsens der Uchiha getroffen. Ich arbeitete insbesondere mit Hikaku eng zusammen, der mich viel über das Sharingan lehrte.«

Indes hatte Sarutobi gefunden, was er gesucht hatte, und er reichte Tobirama einen Stapel Dokumente. »Die Daten zu Itachi. Sie sind veraltet und stammen noch aus der Zeit vor dem Niedergang seines Clans. Aber sie dürften einen ersten Eindruck von Itachi geben.«

Tobirama nickte und fing an, die Akte durchzublättern. »Eine Begabung vergleichbar mit der Izunas«, stellte er fest und schien in der Tat einigermaßen beeindruckt zu sein.

»Nehmen wir einmal an, dass Akatsuki hinter Naruto her sind und sie Itachi schicken, denken Sie, Sie werden mit ihm fertig, Nidaime-sama?«, fragte Sarutobi.

»Im meinem gegenwärtigen Zustand nicht, ein lästiger Nebeneffekt von Edo Tensei. Aber ich arbeite daran«, sagte Tobirama und deutete auf das Siegel, an dem er schrieb. »Dennoch ein weitere Grund, Kakashi und Tenzō mitzunehmen. Zu dritt sollte Itachi zu händeln sein.«

Er schrieb also die Formel für Edo Tensei um. Einfach so, obwohl er selbst Edo Tensei war.

»Mitglieder von Akatsuki arbeiten immer in Zweierpaaren«, warf Jiraiya ein. »Ich konnte nicht herausfinden, wer mit Itachi zusammenarbeitet, allerdings können wir davon ausgehen, dass er nicht allein kommen wird, wenn er es auf Naruto abgesehen hat. Und vergessen wir nicht Sasuke in der Gleichung.«

»Er wird Sasuke kein Haar krümmen«, sagte Sarutobi mit Bestimmtheit. »Dies kann ich mit Sicherheit sagen, und ich bin überzeugt davon, dass es nichts gibt, das etwas daran ändern kann.«

»Nun hört man jedoch auch immer wieder vom Fluch des Hasses, der in diesem Clan existieren soll«, gab Jiraiya zu bedenken.

»So wird dieses Phänomen landläufig bezeichnet, ja. Aber das gibt einen falschen Eindruck vom tatsächlichen Sachverhalt«, hielt Tobirama dagegen. »Hass und Liebe gehen oft Hand in Hand. Schon zu seinen Lebzeiten wurde viel über Madara gewispert und bei weitem nicht alles davon entsprach der Wahrheit. Manche munkelten gar, er habe Izuna die Augen geraubt, aber wenn ich eines mit absoluter Sicherheit sagen kann, ohne es persönlich bezeugen zu können, dann dass das nicht der Wahrheit entspricht. Es gab niemanden, den Madara mehr geliebt hatte als seinen Bruder, und er hätte sich vermutlich eher selbst die Augen ausgekratzt, auf die er doch so viel hielt, als Izuna auch nur ein Haar zu krümmen. Nach allem, was ich bisher über Itachi gehört habe, wird es bei ihm ähnlich sein.«

»Itachi hat Sasuke glauben lassen, dass er den liebenden große Bruder nur gespielt hat«, sagte Sarutobi. »Ich frage mich, warum.«

»Vielleicht tat er es, um einen, um es mit Sasukes eigenen Worten auszudrücken, Rächer zu schaffen«, sagte Kakashi, sich seiner Zeit erinnernd, als er selbst mit Itachi bei den Anbu zusammengearbeitet hatte. »Itachi war schon immer extrem sensibel gewesen und hatte ein sehr feines Gespür für seine Mitmenschen. Ihm waren sowohl die Interessen seines Clans als auch seines Dorfes von großer Wichtigkeit, und auch wenn er nie wirklich offen darüber sprach, so belastete es ihn doch, dass sich beides gegenüber stand. Ich kann mir denken, dass er große Schuld dabei empfand, seinen eigenen Clan, gar seine eigenen Eltern töten zu müssen. Vielleicht hat er Sasuke diese Gedanken eingepflanzt in der Hoffnung, eines Tages von seinem kleinen Bruder für seine Taten gerichtet zu werden. Und bis jetzt sieht es ganz danach aus, als ob alles nach seinen Vorstellungen verläuft, Sasuke denkt an kaum etwas anderes.«

»Sasuke kennt mittlerweile die Wahrheit«, sagte Sarutobi.

»Aber er hat Schwierigkeiten, sie anzuerkennen«, erwiderte Kakashi. »Sein ganzes Weltbild hatte sich bisher um die Rache an seinem Bruder gedreht.«

»Überlebensschuld«, kommentierte Tobirama. »Da können wir doch glatt von Glück reden, dass er sich jetzt mit meinem Bruder herumschlagen darf.«

Jiraiya sah ihn fragend an. »Wie meinen Sie das?«

»Hashirama hat so seine Art, mit Menschen umzugehen«, war alles, was Tobirama dazu sagte.

Er schien das nicht weiter ausführen zu wollen, aber anscheinend war das in seinen Augen wohl etwas gutes.

»Wie dem auch sei«, sagte Jiraiya. »Wir müssen annehmen, dass Akatsuki Itachi schicken wird, um Naruto zu fangen. Ob es etwas gutes oder schlechtes ist, wenn Sasuke dem im Weg steht, bleibt abzuwarten.«

»Auch wenn er es nicht wahrhaben will, hat er keine Chance gegen seinen Bruder.« Kakashi war realistisch. »Er mag zwar Jahrgangsbester sein, aber sein Sharingan hat immer noch nur zwei tomoe. Zwischen ihm und Itachis Mangekyō liegen Welten.«

»Viel mehr sollten wir uns doch fragen, wie Itachi reagieren würde, wenn er erfährt, dass sein kleiner Bruder die Wahrheit kennt«, sagte Tobirama. »Außerdem: Sollte er nicht ohnehin für Konoha Akatsuki ausspähen? Vielleicht erinnert ihn das an seine Aufgabe.«

»Es ist schwer abzuschätzen, was in einer solchen Situation passieren wird«, sagte Sarutobi. »Allerdings müssen wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es soweit kommen wird. Vorsicht ist geboten, aber das wissen Sie mindestens genauso gut wie ich, Nidaime-sama.«

Tobirama ging nicht sogleich darauf ein. Er betrachtete sein Siegel und runzelte die Stirn. Dann nahm er das Papier und zündete es mit einem kleinen Katon an. Asche rieselte herab. »Es erfordert weitere Planung, um alle Eventualitäten in Betracht zu ziehen. Aber für den Moment können wir ohnehin nichts weiter ausrichten.«

Sarutobi nickte. »Jiraiya, Kakashi, das wäre dann vorerst alles. Ihr könnt gehen.«

Tobirama kehrte die Asche in den Mülleimer. »Ich gehe ebenfalls. Die Siegel schreiben sich nicht von selbst.«

Kakashi verneigte sich vor Sarutobi und wandte sich mit Jiraiya zum gehen. Tobirama folgte ihnen. Als sie vor die Tür getreten waren, hielt Tobirama ihn jedoch auf, als Jiraya schon um die Ecke gebogen war.

»Kakashi, auf ein Wort.«

Kakashi sah Jiraiya nach. Da ging sie dahin, seine Chance auf signierte Icha Icha Ausgaben. Er musste wohl oder übel auf ein anderes Mal hoffen.

»Natürlich.«

»Ich gehe davon aus, dass Madara um dein Sharingan weiß«, begann Tobirama. »Hat Naruto jemals erwähnt, dass Madara dich deswegen einen Augendieb nannte?«

Kakashi stutzte ob dieser etwas eigenwilligen Frage. »Nicht dass ich wüsste jedenfalls.«

»Dir ist bewusst, dass Augendiebstahl bei den Uchiha als das schwerste Verbrechen gilt? Ich will dich dessen nicht beschuldigen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass das nicht Madaras erste Vermutung gewesen wäre.«

Obito …

»Ich weiß, wie schwer der Raub eines Sharingan wiegt und dass in der Vergangenheit viele Kämpfe darum gefochten worden waren«, sagte Kakashi wage.

»Dann sollte es dich vielleicht auch verwundern, dass Madara noch nicht längst deinen Kopf gefordert hat«, gab Tobirama zu denken. »Es gibt für ihn keinen Anhaltspunkt, nicht davon auszugehen, du hättest dein Sharingan widerrechtlich erhalten.«

»In der Tat. Es …« Kakashi zögerte einen Moment und sagte dann doch: »Es wurde mir aus freien Stücken von einem Freund gegeben.«

Tobirama akzeptierte dies als Antwort. »Nun, Madaras Reaktion oder eher ein Fehlen einer solchen gibt doch zu denken.«

In der Tat. Aber es gab keinen Weg, wie er von Obito wissen konnte, er war viele Jahrzehnte zuvor gestorben. Etwas passte da nicht zusammen.

Nächstes Kapitel: Die Gemeinschaft zieht aus. Kneipentour.

Sasuke fragte sich, warum niemand hier pünktlich sein konnte. Seit einer halben Stunde schon warteten sie am Haupttor, um endlich aufbrechen zu können. Eine C-Rank Mission, hatte Kakashi gesagt. Warum dann ausgerechnet Tenzō und Tobirama mitkommen mussten, hatte er nicht ausgeführt, es ließ Sasuke jedoch misstrauisch sein, dass da vielleicht noch mehr im Busch war, als Kakashi ihnen sagen wollte.

Das spielte jedoch alles keine Rolle, so lange sie nicht vollzählig waren, um endlich aufzubrechen. Neben den drei Genin war bisher allein Tenzō anwesend und wartete mit ihnen. Er hatte sich ihnen als Yamato vorgestellt, und als er Sasukes kurzes Zögern bemerkt hatte, hatte er angefügt, dass dies sein Codename für diese Mission sei. Außerdem trug er seine Maske nicht. Sasuke war sich nicht sicher, ob er die gesichtslose Maske nicht vielleicht doch bevorzugte, diese intensiv starrenden Augen machten ihn nervös.

Es geschahen noch Zeichen und Wunder, denn in diesem Moment tauchte Kakashi auf der Straße auf. Von Tobirama war noch immer keine Spur zu sehen. Unpünktlichkeit lag anscheinend in der Familie, dachte Sasuke bei sich.

»Na, freut ihr euch alle schon alle auf unseren Ausflug?«, fragte Kakashi leichthin zur Begrüßung.

»Wo geht‘s überhaupt hin?«, wollte Naruto wissen.

Als hätten sie nicht im Vorfeld darüber gesprochen … Manchmal fragte sich Sasuke, wie Naruto überhaupt als Ninja bestehen wollte, wenn er immer so planlos war.

Naruto sollte nie eine Antwort erhalten, denn in diesem Moment tauchte Tobirama wie aus dem Nichts mitten unter ihnen auf, an seiner Seite ein gigantischer weißer Wolf. Die Genin sprangen erschrocken zurück, doch Kakashi wurde von dem Wolf umgerissen. Mit einem erschrockenen Laut landete er auf dem Boden.

Sasuke hatte mit einem Male eine feuchte Wolfsschnauze im Gesicht, als der Wolf seinen massigen Schädel zu ihm herabsenkte und ihn beschnüffelte. Der warme Atem des Tieres wehte ihm ins Gesicht, und Sasuke verzog das Gesicht. Plötzlich wollte er ganz weit weg von hier.

»Sind das die Welpen, von denen du mir erzählt hast, Welpe?«, wollte der Wolf von Tobirama wissen. Er wedelte mit dem Schwanz, was Kakashi erneut zu Boden schickte, als er die Rute mitten ins Gesicht bekam.

»Oh, ist das schön, Ōkami-san wiederzusehen!«, kommentierte Hashirama begeistert.

»Dies ist Ōkami, sie und der Rest des Rudels werden uns begleiten«, sagte da auch Tobirama mit einer Hand in Ōkamis Fell.

»Welches Rudel?«, fragte Naruto prompt, erhielt jedoch keine Antwort. Stattdessen beschnüffelte Ōkami nun auch ihn, was Naruto sichtliches Unwohlsein bereitete, als er sich den riesigen Fängen der Wölfin gegenüber sah. Als nächstes wurde auch Sakura inspiziert und als letztes beschnüffelte Ōkami auch Yamato von Kopf bis Fuß.

»Du riechst wie Hashi-chan«, stellte sie fest.

Yamato lachte nervös auf. »Mokuton kann man riechen?«

Ōkami beschnüffelte ihn weiter und bohrte ihre Schnauze in seine Weste. Yamato strauchelte und wünschte sich anscheinend ganz weit weg.

»Bist du der Welpe meines Welpen?«

»Ōkami ist immer noch ein Wolf«, sagte Hashirama, als er Sasukes Irritation bemerkte. »Du gewöhnst dich noch schnell genug an sie. Und gib nicht so viel darauf, sollte sie drohen, dich zu fressen. Alte Gewohnheiten aus dem Krieg.«

Das half jetzt irgendwie nicht dabei, Sasuke zu beruhigen. »Warum kommt überhaupt ein Ninken mit? Kakashi-sensei hat doch Pakkun und die anderen.«

Hashirama lachte auf. »Ōkami-san ist kein Ninken. Sie ist Tobiramas Vertrauter Geist und in gewisser Weise auch seine Mutter. Unsere Mutter starb, als Tobirama vier gewesen war, doch später hatte er dann einen Vertrag mit den Wölfen abgeschlossen und wurde Teil des Rudels. Du hast vielleicht schon einmal davon gehört, dass er von manchen Weißer Wolf genannt wird. Das kommt nicht von ungefähr.«

Tobirama schwang sich auf Ōkamis Rücken und klopfte ihr auf die Schulter. »Los geht‘s. Du kannst unterwegs mit Kakashi plaudern.«

Kakashi schien nicht allzu erpicht darauf zu sein.

»Poah, ist das cool! Ich will auch einen Wolf, auf dem ich reiten kann!«, rief Naruto aus.

»Nein«, lautete Tobiramas gegrummelte Antwort.

Ōkami trottete los und der Rest von ihnen folgte zu Fuß. Naruto schmollte und schimpfte leise vor sich hin. Irgendwas davon, das Kröten nicht so toll seien und das Ero-sennin Jiraiya ihn übers Ohr gehauen hatte. Sasuke tat so, als würde er nicht hinhören.

»Anija, es widerstrebt mir, das zu sagen, aber du hast mit der ganzen Glücksspielsache am meisten Erfahrung«, wandte sich Tobirama an Sasuke oder eher an Hashirama. »Wo genau sollen wir deiner Meinung nach anfangen?«

»Darf ich kurz, Sasuke-kun?«, bat Hashirama.

»Meinethalben.« Sasuke seufzte stumm und machte ihm Platz.

Hashirama schloss zu Tobirama auf. Das Gefühl, nicht mehr Herr seines eigenen Körpers zu sein, war seltsam, aber ganz allmählich gewöhnte sich Sasuke daran.

»Ich gehe davon aus, dass sich seit damals nicht viel geändert hat«, sagte Hashirama leichthin. »Vielleicht drei Stunden Fußweg in dieser Richtung gab es früher eine Siedlung mit entsprechenden Etablissements. Das wäre ein guter Anfang. Selbst wenn Tsuna-chan da seit Jahren nicht mehr gewesen war, wissen die Betreiber vermutlich etwas; diese Leute reden viel miteinander.«

Tobirama sah finster zu ihm herab, und Sasuke musste sich daran erinnern, dass das ja nicht gegen ihn gerichtet war. Der einstige Hokage hatte so eine Art, die all seine Mitmenschen stets zu verurteilen schien. Es war schwer zu glauben, dass er und Hashirama wirklich Brüder sein sollten, sie waren so verschieden wie Tag und Nacht.

»Hey, schau mich nicht so an, otōto!«, beschwerte sich Hashirama auch prompt. »Ich habe immer gesagt, dass uns das eines Tages mal noch zugute kommt. Und siehe da, ich hatte Recht.«

Tobirama verdrehte die Augen und wandte sich ab. »Du hättest Tsuna-chan mal das Gewinnen beibringen sollen. Dass dir das kein bisschen peinlich ist …«

Hashirama schimpfte leise vor sich hin, doch Tobirama schien darauf nicht mehr eingehen zu wollen. Also wandte sich Hashirama stattdessen Yamato zu und plauderte mit ihm.

Sie fachsimpelten mit einiger Begeisterung über ihr Mokuton. Sasuke verstand nicht alles davon und von vielem, von denen sie sprachen, hatte er noch nie etwas gehört. Zum Beispiel wusste er nicht, was daran so besonders sei, dass Yamato im Gegensatz zu Hashirama kein Sennin sei (oder was ein Sennin überhaupt war). Warum brachten sie ihnen an der Akademie so etwas nicht bei? Tobirama jedenfalls schien einiges Interesse daran zu zeigen und mischte sich alsbald in das Gespräch ein. Indes nahm Ōkami Kakashi in Beschlag und fragte ihn aus, und Naruto unterhielt sich energetisch mit Sakura und Mito.

So verbrachten sie den restlichen Weg. Sasuke langweilte sich ein wenig, weil er so wenig von dem verstand, worüber Hashirama, Yamato und Tobirama da sprachen, wollte aber auch nicht bei jedem zweiten Satz nachfragen. Außerdem klang es ohnehin ziemlich esoterisch und abgedreht, besonders als Hashirama von den Träumen der Bäume zu sprechen begann. Das war absurd, Bäume träumten nicht. Sie standen einfach nur da und machten nichts. Hashirama schien da anderer Meinung zu sein. Yamato schien ebenfalls verwirrt zu sein, nickte dann aber eifrig und schien die Erleuchtung seines Lebens zu erfahren.

Sasuke lenkte seine Aufmerksamkeit auf seine Umgebung, was ein wenig schwierig war, wenn er gerade nicht Herr seines eigenen Körpers war. Dennoch meinte er, Schatten entlang des Weges im Wald umher huschen zu sehen. Das konnte den beiden Jōnin, geschweige denn Tobirama, auf keinen Fall entgangen sein, aber sie schienen sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Hatte Tobirama nicht etwas von einem Rudel gesagt? Er hatte das doch nicht wörtlich gemeint. Oder?

Diese Senju waren alle auf ihre eigene Weise abgedreht.

Sasuke wurde von seiner Langeweile erlöst, als sie am frühen Nachmittag ihr erstes Ziel erreichten. Wie Hashirama vermutet hatte, existierte die Siedlung noch und war anscheinend sogar seit seiner Zeit gewachsen.

Tobirama stieg von Ōkami, welche sich davonmachte mit den Worten, sie wolle noch etwas herumschnüffeln. Er legte sich einen Umhang um die Schultern, um seine für Edo Tensei typische Erscheinung zu verbergen, dann machten sie sich auf den Weg.

Sasuke war es nicht gewöhnt, von so vielen Zivilisten umgeben zu sein. In Konoha mischten sich Zivilisten und Shinobi bunt durcheinander, und irgendwer sprang immer über die Dächer, aber hier war das nicht der Fall. Es war so ungewohnt, daran erinnert zu werden, dass nicht alle ein Leben wie sie führten, sondern ein Großteil der Menschen gänzlich anderen Professionen nachgingen.

Hashirama jammerte zwar, dass sich seit seiner Zeit so viel verändert habe, bewies aber dennoch ein erschreckend gutes Gespür dafür, wo sie hin mussten. Sasuke konnte einfach nicht glauben, dass sich Shodai Hokage als Glücksspieler entpuppte, und dazu, wenn man Tobirama glauben schenken wollte, auch noch als ziemlich schlechter. So oder so, sie fanden rasch, was sie suchten.

Mit verschränkten Armen stand Tobirama vor der Spelunke und machte ein Gesicht, als sei er gerade in etwas abstoßendes getreten. »Das wirst du nie wieder gut machen können, anija. Nie.«

Dann trat er dennoch ein. Der Rest von ihnen folgte ihm.

Von innen war das Etablissement genauso verraucht, wie es von außen den Eindruck gemacht hatte. Die Lasterhöhle war kaum mehr als eine kleine Einrichtung eingequetscht zwischen anderen Häusern in einer engen Nebenstraße. Der Schankraum war klein, dunkel und von Rauch verhangen. Sasuke musste ein Husten unterdrücken, als der Rauch ihm in der Kehle brannte. Sakura sah sich nervös um und hielt sich nahe bei ihm. Es war eindeutig, dass sie sich hier nicht wohl fühlte. Als Sasuke sich das Klientel so anschaute, konnte er auch verstehen wieso.

»Sasuke-kun, sei ein Kavalier und bleib bei Sakura-chan«, sagte Hashirama. »Das ist kein Ort für eine junge Dame wie sie.«

»Sie ist immer noch eine kunoichi«, gab Sasuke skeptisch zu bedenken.

»Trotzdem.«

Weil er keine Lust auf eine nervige Diskussion hatte, kam Sasuke dem nach. Indes hatten sich Kakashi und Yamato zum Tresen begeben und redeten mit dem Wirt. Über den Lärm im Raum konnte Sasuke nicht ausmachen, was genau sie miteinander beredeten. Tobirama stand nahebei und hatte sich vorgeblich lässig gegen die Wand gelehnt.

»Mein kleiner Bruder ist ein Sensor, weißt du«, erklärte Hashirama. »Der beste den ich kenne, besser sogar noch als Madara. Er kann einen Umkreis von etlichen Dutzend Kilometern erspüren.«

Natürlich war er der beste, was auch sonst.

Sasuke besah sich die anderen Leute in der Kneipe. Die meisten von ihnen machten keinen allzu vertrauenerweckenden Eindruck, abgerissene Gestalten, die ihnen zudem nicht allzu freundlich gesinnt waren. Die meisten von ihnen rauchten und tranken billigen Fusel, während sie Karten spielten oder würfelten.

»Halt dich am besten von denen da in der dunklen Ecke fern«, riet Hashirama Sasuke. »Das sind üblicherweise die Burschen, die kriminelle Machenschaften im Schilde führen. Diese drei da drüben an dem Tisch vor dem Fenster sind auch auf Ärger aus, das siehst du an ihren Blicken. Vermutlich Mitglieder einer Bande, die neue Leute suchen – ob die Leute nun wollen oder nicht.«

»Ich will gar nicht wissen, woher du so etwas weißt.«

Hashirama lachte nervös auf. »Na ja, du weißt ja …«

»Ich sagte, ich will‘s nicht wissen.«

Wenn so jemand wie Hashirama Hokage geworden war, dann konnte Sasuke fast sogar daran glauben, dass es Naruto auch werden konnte. Irgendwie sah er schwarz für die Zukunft des Dorfes.

Kakashi und Yamato schienen damit fertig zu sein, den Wirt auszufragen, und kamen zu Tobirama und den Genin zurück.

»Tsunade-hime ist hier bekannt, hat aber seit Jahren Hausverbot«, berichtete Kakashi. »Das gilt für alle Spielhallen des Ortes. Der Wirt war nicht gerade erfreut, als er ihren Namen hörte …«

Tobirama kniff die Augen zusammen und seine Laune schien noch einmal signifikant zu sinken. »Weiter geht‘s also. Hat der Mann irgendetwas gesagt, was uns einen Anhaltspunkt geben könnte?«

»Klang nicht so, als wäre es irgendwo im näheren Umfeld dieses Ortes anders. Wir werden wohl ein ganzes Stück reisen müssen, um eine Chance zu haben, sie zu finden. Mindestens einige Tage«, sagte Kakashi.

»Ist es nicht schön?«, meldete sich Hashirama zu Wort. »Wir gehen zusammen auf eine Mission. Das letzte Mal, das ich das getan hab, muss Ewigkeiten her sein, noch vor der Dorfgründung.«

»Halt einfach den Mund, anija«, grummelte Tobirama und stapfte davon.

Hashirama ließ den Kopf hängen.

Sasuke seufzte und folgte den anderen nach draußen. Manchmal konnte Hashirama wirklich anstrengend sein.

Er war froh, wieder vor die Tür zu treten und frische Luft zu atmen. Die Vorstellung, dass sie das noch wer weiß wie viele Male wiederholen würden, verpasste seiner Laune allerdings einen Dämpfer.

Yamato deutete zum Himmel. »Scheint so, als würde ein Gewitter aufziehen. Vielleicht suchen wir uns besser hier eine Unterkunft, wenn wir nicht nass werden wollen.«

»Du beherrscht doch Mokuton: Shichūka no Jutsu«, wollte Tobirama wissen.

»Ja.«

»Gut. Das reicht. Ich will hier weg. Wir gehen weiter.«

Tobirama schien bestrebt, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diesen Ort zu bringen, und ging rasch voran. Den anderen blieb nichts weiter übrig, als ihm zu folgen. Sasuke war nicht sonderlich erpicht darauf, nass zu werden, zumal die Wolken, die da am Horizont aufzogen, ziemlich dunkel aussahen.

»Was ist das für eine Technik, die dein Bruder erwähnt hat?«, fragte er daher Hashirama.

»Damit kann ich Häuser errichten«, sagte Hashirama. »Unser Haus – nun, jetzt wohl Sarus – hatte ich damals ebenfalls so erbaut. Es ist ganz praktisch auf Reisen, meistens reichen da ja schon kleine Hütten, um im Trockenen schlafen zu können.«

»Sag mal, dein Mokuton, das ist doch ein kekkei genkai, oder?«, wollte Sasuke wissen.

»Das stimmt.«

»Soweit ich weiß, werden kekkei genkai vererbt. Warum war das bei dir nicht der Fall? Warum musste man so etwas wie mit Yamato anstellen, damit er es auch hat?«

»Tja, wenn ich das wüsste. Nicht einmal Tobirama hat darauf eine Antwort. Keiner vor oder nach mir in meiner Familie hatte jemals gleichartige Fähigkeiten besessen, und auch in der älteren Clangeschichte gibt es keinerlei Aufzeichnungen dazu. Es ist eine einmalige Anomalie.«

»Eine sehr mächtige einmalige Anomalie …«, sinnierte Sasuke.

»Mit großer Macht kommt auch große Verantwortung«, sagte Hashirama ernst. »Lieber setze ich sie dazu ein, neues Leben zu schaffen und zu bewahren, statt zu zerstören.«

Tobirama legte ein zügiges Tempo voran und wählte den direkten Weg aus der Ortschaft heraus. Er schaute kein einziges Mal zurück. Am Ortsrand angekommen sah er sich um, als suche er etwas. Dann legte er die Hände an den Mund und heulte wie ein Wolf. Hätte Sasuke es nicht mit eigenen Augen gesehen, er hätte es für den Ruf eines echten Wolfes gehalten.

»Was zum …?!«

»Die Wölfe wollten, dass er Teil des Rudels wird«, war alles, was Hashirama dazu sagte.

Als würde das irgendetwas erklären!

Aus der Ferne antworteten wilde Wölfe und alsbald kam Ōkami aus dem nahen Wald gesprungen, um sich ihnen wieder anzuschließen. Tobirama stieg wieder auf ihren Rücken, als sei das alles das normalste der Welt, und dann ging Ōkami voran.

»Sag, Kakashi, wie kommt es, dass du ein Hiraishin-Kunai besitzt?«, plauderte Tobirama im lockeren Ton.

Kakashi schreckte auf. »Hm? Oh. Das. Ein Andenken, mehr nicht. Minato-sensei hatte es mir geschenkt, als ich zum Jōnin ernannt worden war.«

»Behalte es bei dir. Es kann nützlich sein, sollte ich mich noch einmal zu dir teleportieren müssen«, sagte Tobirama.

Kakashi nickte, warf aber einen kritischen Blick auf Ōkami. Wahrscheinlich hoffte er, dass das nächste Mal die Wölfin nicht mit einschloss.

»Hey, also war mein Vater Ihr sensei?«, rief Naruto begeistert aus.

Wieder nickte Kakashi.

Sofort hing Naruto an ihm. »Das ist supercool! Erzählen Sie mir von ihm!«

Kakashi schien etwas genervt von Narutos überschwänglicher Begeisterung zu sein, kam seiner Bitte aber trotzdem nach.

Sie legten noch ein gutes Stück Weges zurück, bevor der Himmel sich vollends zuzog. Eine steife Brise kam auf und die Luft kühlte sich merklich ab. Die ersten Regentropfen ließen da nicht mehr lange auf sich warten. Sie schwenkten vom Weg ab und suchten sich einen geeigneten Platz im Wald. Dann war Yamatos Moment gekommen.

Er ging durch eine Reihe von Handzeichen. Die Wurzeln der Bäume schienen mit einem Male lebendig zu werden und wandten sich aus dem Erdreich heraus wie Schlangen. Sie wuchsen mit rasender Geschwindigkeit und plötzlich stand da eine kleine Hütte vor ihnen, wo vorher nur Wald gewesen war.

»Ah, exzellent ausgeführt. Ich könnte es nicht besser«, sagte Hashirama anerkennend.

Sasuke fand es irgendwie unheimlich und wollte dieser Technik definitiv nicht im Dunkeln begegnen.

Sie huschten schnell ins Trockene, als es just in diesem Moment wie aus Eimern zu gießen begann. Ōkami folgte ihnen in das Innere des Hauses, auch wenn sie sich etwas mühsam durch die Tür schieben musste. Innen angekommen schüttelte sie ihr Fell aus und bespritzte sie alle mit Regenwasser. Sie trottete davon, als sei nichts gewesen. Tobirama grummelte missmutig und sorgte mit einem einfachen Handzeichen dafür, dass das Regenwasser aus ihrer aller Kleidung gesogen wurde. Es formte einen kleinen Wasserball, der platschend zu Boden fiel. Immerhin mussten sie sich also nicht mit nassen Klamotten herumplagen.

Die Hütte erwies sich als nichts weiter als drei leere Räume, gerade genug, um darin zu schlafen. Aber immerhin besser als Zelte oder gleich gar unter freiem Himmel zu nächtigen. Dieses Jutsu war wirklich praktisch. Draußen donnerte es, der Wind pfiff um das Haus und der Regen prasselte auf das Dach, aber hier drinnen hatten sie es trocken und geschützt.

Sie machten es sich so gemütlich, wie es eben ging auf einem harten Holzfußboden. Wie es schien, würde der Sturm noch eine ganze Weile anhalten, von daher würden sie vor dem nächsten Tag hier ohnehin nicht wegkommen.

Kakashi übernahm es, sich um das Essen zu kümmern, während Tobirama eines der anderen Zimmer für sich allein beanspruchte, um weiter in Ruhe an seinen Siegeln arbeiten zu können, und Hashirama und Yamato sich zusammensetzten und weiter über ihr Mokuton redeten. Sakura ging Kakashi zur Hand und Naruto quasselte ihn die ganze Zeit zu und fragte ihn weiter zu seinem Vater aus. Sasuke langweilte sich.

Noch immer beschäftigte ihn die Frage, warum Team 7 von Yamato und Tobirama begleitet wurde. Für eine simple Suchmission erschien es Sasuke viel zu übertrieben. Yamato mochte zwar wenn auch viel, so doch nicht so viel Chakra wie Tobirama besitzen, aber Mokuton war auch so, ohne die absurde Menge an Chakra, die Hashirama zu Lebzeiten besessen hatte, eine mächtige Waffe. Und Tobirama, nun, er war eben er, ob nun eingeschränkt durch Edo Tensei oder nicht. Tobirama machte nicht den Eindruck, als würde er aus Vergnügen mitkommen, und Yamato begleitete sie ganz bestimmt nicht, nur um mit Hashirama zu plaudern.

Da steckte garantiert mehr dahinter. Aber was? Es ließ Sasuke keine Ruhe.

Sasuke hätte es damals, als er Kakashi das erste Mal begegnet war, nie gedacht, aber sein sensei war ein verblüffend guter Koch. Wenn sie auf Missionen waren, aßen sie immer gut, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab. Sasuke zog ein richtiges Essen den üblichen Proteinkugeln um Welten vor.

Als das Essen fertig war, fanden sie sich in geselliger Runde zusammen. Yamato ließ für sie alle Holzschalen und Stäbchen wachsen, und dann überraschte Mito sie während des Essens, als sie ein beschwingtes Lied anstimmte und zeigte, dass sie eine unerwartet gute Sängerin war. Hashirama stimmte begeistert, wenn auch etwas schief ein, denn wie sich herausstellte, war das früher ein beliebter Zeitvertreib bei ihnen gewesen. Tobirama hielt sich bedeckt, aber die leise Andeutung eines Lächelns hatte sich auf sein Gesicht geschlichen. Hashirama forderte Madara dazu auf, mitzusingen, und zu Sasukes allergrößtem Erstaunen ließ sich Madara doch tatsächlich dazu überreden, auch wenn er noch immer missmutig tat.

Draußen prasselte noch immer der Regen nieder, auch wenn das eigentliche Gewitter weitergezogen war, als sie mit Essen fertig waren. Sie räumten also die Reste ihrer Mahlzeit auf und bereiteten ihr Nachtlager vor. Sasuke fand dennoch lange keinen Schlaf.

Nachdem er sich nun schon einige Stunden vergebens hin und her gewälzt hatte, gab er es schließlich auf und stand auf, um sich die Beine zu vertreten. Neben ihm schnarchte Naruto leise vor sich hin. Sasuke schlich an ihm vorbei, um ihn nicht zu wecken. Dann stellte er fest, dass Kakashi nicht bei ihnen war.

Als er leise aus dem Raum tapste, fand er Kakashi nebenan, wo er zusammen mit Tobirama und Ōkami saß. Sie unterhielten sich leise miteinander, und Sasuke schlicht vorsichtig näher. Er wollte nicht bemerkt werden.

»Die Fähigkeit deines Mangekyō ist also Kamui?«, fragte in diesem Moment Tobirama.

»Ja«, bestätigte Kakashi. »Allerdings … Es ist schwer zu beschreiben, aber ich hatte immer das Gefühl, dass ich nur eine Hälfte von Kamui nutzen kann. Mit meiner Fähigkeit kann ich Objekte in die Kamui-Dimension transportieren und wieder daraus hervor. Ich selbst kann diese Dimension nicht betreten.«

Tobirama schien einen Moment darüber nachzudenken. »Du hast nur in einem Auge ein Sharingan. Mir ist kein Fall bekannt, in dem das jemals vorgekommen ist, was einige interessante Fragen aufwirft. Sag, kannst du Susanoo anwenden?«

Dieses Mal verneinte Kakashi. »Ich habe es versucht, als ich davon erfuhr, aber es gelang mir nicht. Vielleicht geht das nur, wenn man ein vollständiges Mangekyō hat.«

»Womöglich. Nicht alle Besitzer eines Mangekyō haben in beiden Augen dieselben Fähigkeiten, wie Hikaku mir einst sagte.«

»Wir vermuten, dass das bei Itachi der Fall ist.«

Bei der Erwähnung seines Bruders merkte Sasuke auf.

»Ist bekannt, welche Fähigkeiten Itachi besitzt?«, wollte Tobirama wissen.

»Sicher ist es nicht, aber mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um Amaterasu und Tsukuyomi. Es gehen außerdem Gerüchte herum, dass er sich Shisuis zweitem Auge bemächtigt hatte, was heißt, dass er auch Zugriff auf Kotoamatsukami haben könnte.«

Sasuke entnahm Kakashis Stimme, dass das etwas sehr bedenkliches zu sein schien, doch Tobirama blieb gefasst. Sasuke hatte von all diesen Dingen noch nie etwas gehört und irgendwie ärgerte es ihn, dass zwei, die noch nicht einmal Uchiha waren, mehr über die Angelegenheiten seines Clans wussten als er selbst.

»Dann dürfen wir ihn auf keinen Fall unterschätzen«, bemerkte Tobirama.

»Wie sieht es mit Ihren Siegeln aus?«, erkundigte sich Kakashi.

»Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg, die Beschränkungen von Edo Tensei zu umgehen. Dann sollte ich in der Lage sein, mit Itachi fertig zu werden. Izuna hatte ich schließlich auch überlebt, und schlimmer als der kann er nicht sein.«

Hieß das, dass sie damit rechneten, dass Itachi sie verfolgte? Sasuke wusste nicht, was er mit dieser Information machen sollte. Alles in ihm verlangte nach Antworten auf die Fragen, die ihn die vergangenen Jahre gequält hatten. Aber gleichzeitig fürchtete er ein Wiedersehen mit seinem Bruder. Was sollte er nun glauben? Das, was Itachi zu ihm gesagt hatte, oder das, was Sarutobi ihm offenbart hatte? Die Wahrheit lag womöglich irgendwo dazwischen, und der einzige, der sie Sasuke geben konnte, war Itachi. Itachi, der immer noch ihren gesamten Clan ausgelöscht hatte.

»Kakashi, ich habe eine Bitte.«

»Ja?«

»Erzähl mir von deinem Vater. Ich starb, als er gerade einmal sieben Jahre alt gewesen war. Ich hätte gern meinen Enkel aufwachsen sehen.«

Sasuke schlich davon. Das ging ihn nichts mehr an. Er hatte auch so genug, worüber er nachsinnen konnte und musste.

Ich war so frei, mir Ōkami aus meiner eigenen Fanfic Krigsgaldr zu leihen. Beide Texte stehen nicht miteinander in Verbindung, aber ich mochte sie so sehr, ich wollte sie einfach nicht missen.
CN Gewalt, Tod durch Verbrennen

»Du musst dein Chakra in Bewegung bringen. Siehst du? So.«

»Ich versuch‘s doch, sensei!«

»Versuch‘s mehr. Da bewegt sich immer noch nichts.«

»Bei Ihnen sieht‘s so leicht aus.«

»Weil ich auch ein paar Jahre länger Übung habe.«

»Vielleicht sollten wir doch noch Mal das mit Ihrem Chidori versuchen.«

»Naruto, wir sprachen darüber. Außerdem ist das hier das Jutsu deines Vaters.«

»Oh, echt? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt, sensei?!«

Naruto verdoppelte sogleich seine Anstrengungen. Er starrte den mit Wasser gefüllten Ballon in seiner Hand an, als könne er die Flüssigkeit allein mit der Kraft seiner Gedanken in Bewegung versetzen. Sein Vater hatte ein supercooles Jutsu erfunden und Kakashi wollte es ihm beibringen! Das war definitiv besser als das Chidori und tröstete Naruto über die Erkenntnis hinweg, dass er anders als Kakashi und zufälligerweise auch Sasuke anscheinend nicht das richtige Chakra dazu hatte, um Chidori zu erlernen.

»Du drehst in die falsche Richtung«, stellte Madara fest.

»Hä?«

»Du drehst linksorientiert, aber dein Chakra ist rechtsorientiert. Natürlich kann das nicht funktionieren. Das hätte dein sensei eigentlich gleich sehen müssen. Naruto, mach Platz.« Madara wartete gar nicht erst auf Narutos Antwort und drängte sich in den Vordergrund. »He, Bakashi, wann wolltest du dem Jungen sagen, dass sein Chakra rechtsorientiert ist? So wird das doch sonst nie was.«

Kakashi starrte ihn perplex an. »Ba …«, setzte er an und beendete doch nicht, was er hatte sagen wollen. Er blinzelte. Dann räusperte er sich. »Also, Naruto, du musst dein Chakra in die andere Richtung drehen.«

Naruto schob Madara zur Seite. Der alte Mann sollte gefälligst ein paar Manieren lernen, wenn er in Narutos Körper hausen wollte!

»Was heißt das, rechts- oder linksorientiert?«, wollte er dann wissen.

»Jeder Mensch ist mit einer bestimmten Richtung geboren, in die sein Chakra dreht«, erklärte Kakashi. »Es ist entweder nach rechts oder links. Hast du schon einmal beobachtet, was passiert, wenn du einen Löffel in einer Tasse drehst und das Wasser darin zum drehen bringst? Und was passiert, wenn du den Löffel dann in die andere Richtung drehst? Die Bewegung des Wassers negiert sich und die Drehung stoppt. Genauso ist es hier.«

»Oh. Okay! Deswegen hat sich das so komisch angefühlt.«

Madara seufzte. Naruto konnte beinahe spüren, wie er die Augen verdrehte. »Dein sensei ist ein Idiot, dass er dir das nicht schon eher erklärt hat.«

»Hey, Kakashi ist richtig cool, sag nicht so gemeine Dinge über ihn!«

»Dann soll er auch mit den Grundlagen anfangen! Als Lehrer taugt er nichts.«

Naruto grummelte und ignorierte den alten Mann. Stattdessen konzentrierte er sich wieder auf den Ball in seiner Hand. Dieses Mal versuchte er, das Chakra in die andere Richtung zu drehen, und dieses Mal fiel es ihm wesentlich leichter. Zuvor war es, als würde er mit der linken Hand schreiben wollen, obwohl er Rechtshänder war. Jetzt fühlte es sich natürlicher an.

»Sieht gut aus«, kommentierte Kakashi, als sich tatsächlich ein kleiner Wobbel zeigte.

Naruto starrte den Ball an. Das blöde Ding wollte immer noch nicht platzen!

»He, sensei, das ist wirklich das Jutsu meines Vaters?«

»Naruto, nicht quatschen, sondern konzentrieren.«

Naruto schmollte und versuchte es weiter.

Tobirama hatte sie von seinem Platz im Schatten einem Baum aus beobachtet, während er, wie eigentlich immer, an irgendwelchem Kram schrieb, von dem Naruto keine Ahnung hatte. Er hatte auch nicht gefragt, ein neues Jutsu zu lernen, hatte spannender geklungen.

»Dieses Rasengan hat Ähnlichkeiten zu deinem Chidori, Kakashi«, stellte Tobirama fest.

Kakashi klopfte Naruto auf die Schulter. »Du machst hier schön weiter. Irgendwann wird das schon.« Dann ging er.

Der hatte leicht reden. Naruto starrte auf den Ball, der minimal in seiner Hand hin und her wackelte, während das Wasser in ihm herumschwappte.

»Das stimmt«, antwortete Kakashi auf Tobiramas Anmerkung. »Minato-sensei hatte mir sein Rasengan beigebracht, aber anders als er habe ich keine Wind-Affinität. Also hatte ich versucht, seinem Rasengan mein Raiton hinzufügen. Das hatte nicht wirklich funktioniert und durch Versuch und Irrtum hab dann irgendwann das dabei heraus.«

Tobirama nickte. »Zeig es mir noch einmal.«

Kakashi kam dem nach. Das Zwitschern dutzender Vögel war zu vernehmen, als er Tobirama sein Chidori präsentierte. Naruto schielte unauffällig zu ihm herüber.

Tobirama nahm sich einen Moment, um sich das Jutsu zu besehen. Dann ahmte er Kakashis Fingerzeichen nach und hielt mit einem Male selbst ein Chidori in der Hand.

Naruto schrie empört auf. »Warum sieht das bei Nidaime-jiji so einfach aus und ich krieg‘s nicht hin!«

Tobirama warf ihm einen finsteren Blick zu und löste das Chidori auf. Dann machte er etwas, das dafür sorgte, dass der Ball in Narutos Hand platzte und das Wasser darin ihm ins Gesicht klatschte.

»Hör auf, mich so zu nennen«, war alles, was Tobirama dazu sagte.

»Aber ich will das auch wissen«, mischte sich Sasuke plötzlich interessiert ein. »Ich hab mit Kakashi-sensei wochenlang geübt, aber Sie haben das sogar ohne ein Sharingan so einfach nachgemacht.«

»Übung«, sagte Tobirama knapp, als würde das alles erklären. »Du hast eine für Uchiha ungewöhnliche Affinität für Raiton, das kam dir zu Nutze. Dass du so ein komplexes Jutsu trotzdem innerhalb weniger Wochen erlernt hast, ist bemerkenswert.«

»Also haben Sie auch eine Blitz-Affinität?«, schloss Sasuke.

»Nein, Wasser wie viele in meinem Clan«, erwiderte Tobirama. »Durch reichlich Übung kann man jedoch lernen, auch andere Chakra-Naturen anzuwenden. Die allermeisten können so zumindest eine andere Chakra-Natur erwerben, die wenigsten meistern jedoch alle.«

»Das klingt aufregend!«, rief Naruto aus, dem immer noch das Wasser vom Gesicht herabtropfte. »Wie mach ich das?«

Kakashi drückte ihm einen weiteren mit Wasser gefüllten Ballon in die Hand. »Indem du überhaupt erst einmal eine Chakra-Natur erlernst.«

Naruto verzog das Gesicht. »Aber Sasuke kann bereits Raiton und Katon!«

Kakashi tätschelte ihm den Kopf. »Eins nach dem anderen.«

Naruto blies beleidigt die Backen auf. Wenn Sasuke das geschafft hatte, konnte er das auch! Würde dieser blöde Ball in seiner Hand nur endlich platzen.

»Aber wenn Sie eine Wasser-Affinität haben, wie haben Sie dann trotzdem so leicht das Chidori nachgemacht, Nidaime-sama?«, kam Sasuke darauf zurück.

»Wie ich bereits sagte, Übung«, sagte Tobirama, als sei da nichts weiter dabei. »Der Name Senju bedeutet Clan mit eintausend Fähigkeiten und rührt daher, dass wir seit alters her eine breite Fülle an Jutsu beherrschten. Ich bin es einfach gewohnt, mir rasch neues Wissen anzueignen.«

»Und sieh, was dabei herauskommt«, kommentierte Madara mit beißendem Spot. »Wiederbelebt mit seinem eigenen Jutsu, welch Ironie.«

Sasuke wirkte mit dieser Antwort nicht allzu zufrieden, beließ es aber dabei.

Naruto versuchte weiter, den Ball zum Platzen zu bringen. Mehr als ein kleines Wackeln brachte er jedoch nicht zustande. Er gab einen frustrierten Laut von sich. Er würde hier nicht aufgeben! Das war immerhin das Jutsu seines Vaters, er würde es lernen, um jeden Preis.

»Naruto, du bist unfokussiert.«

Naruto schreckte auf und sah auf. Plötzlich stand da Tobirama vor ihm.

»Hand her«, forderte er.

»Hä?«

»Du sollt mir deine Hand geben. Deine rechte.«

Etwas irritiert aber doch gehorsam streckte Naruto seine Hand aus. Tobirama ergriff sie und malte mit Tusche einen kleinen Kringel auf Narutos Handinnenfläche.

»Konzentriere dich darauf«, sagte er. »Dein Chakra ist überall um dich herum, nur nicht da, wo es hingehört. Konzentriere es auf diese Stelle. Du kennst doch die Übung mit den Blatt, oder?«

Er tippte Naruto gegen das Stirnband.

Naruto wollte erst den Kopf schütteln, doch dann fiel ihm eine Nachsitzstunde bei Iruka-sensei ein, der ihm mit Shikamaru, Choji und Kiba dazu verdonnert hatte, nur mit ihrem Chakra ein Blatt auf ihrer Stirn zu halten. Naruto war nicht allzu erfolgreich gewesen. Vielleicht hätte er ja doch einmal besser aufgepasst.

»Ja, kenn ich!«, sagte er. »Irgendwas mit Technik der Altvorderen und dass daher das Zeichen für Konoha kommt.«

»Die einzige Sache, die Butsuma jemals richtig gemacht hat – abgesehen von sterben«, bemerkte Tobirama, wenn auch mehr an sich gerichtet. »Aber ja, du hast Recht. Daher kommt das Zeichen. Es ist nur ein Symbol, eine einfache Stütze, um den Fokus zu lenken. Simpel aber essenziell. Versuche es jetzt noch einmal.«

»Geht klar!«

Mit Feuereifer stürzte sich Naruto erneut auf sein Training. Er rief sich den Kringel vor Augen, den Tobirama auf seine Hand gemalt hatte, stellte sich vor, wie sein Chakra wirbelte, immer mehr und mehr. Wie ein Strudel. Er war ein Uzumaki, Strudel waren sein Ding. So etwas konnte Sasuke-Bastard nicht von sich sagen, ha!

Der Ball wackelte nun bereits bedeutend stärker, aber noch immer war es nicht genug. Das war das Jutsu seines Vaters, sagte sich Naruto. Wenn einer es lernen konnte, dann er! Er war wie geschaffen dafür, er glaubte fest daran. Beinahe automatisch fügte sein Geist dem Zeichen auf seiner Hand einige Striche hinzu, sodass es das Zeichen von Konoha bildete. Er war Uzumaki Naruto aus Konoha und eines Tages würde er der größte Hokage aller Zeiten werden, echt jetzt! Es gab nichts, das er nicht schaffen konnte, so lange er nur fest genug daran glaubte.

Der Ball platzte. Das Wasser ergoss sich über Narutos Hand und platschte zu Boden.

Naruto starrte einen Moment lang auf seine nasse Hand. Dann riss er die Hände in die Luft und sprang aufgeregt umher. »Ha! Ich hab‘s geschafft! Ich hab ein superklasse A-Rang Hokage-Level Jutsu geschafft!«

Zu Narutos absolutem Horror zückte Kakashi jedoch seelenruhig einen weiteren Ball, dieses Mal einer aus hartem Gummi. Er drückte ihn Naruto in die Hand.

»Du hast die erste Stufe geschafft, das hast du sehr gut gemacht«, sagte er mit einem zuckersüßen Unterton in der Stimme. »Aber ich hab gesagt, es gibt drei Stufen. Die zweite ist es, noch mehr Kraft hineinzulegen.«

Naruto starrte den Ball in seiner Hand an, als sei er sein Todfeind. So ein Mist.

Kakashi klopfte ihm auf die Schulter. »Du schaffst das schon, ich glaub an dich.«

 

Tobirama besah sich nachdenklich das Siegel vor sich. Er hatte schon längst aufgegeben zu zählen, wie viele Versuche er jetzt schon wieder verworfen hatte. Sakura saß ihm gegenüber, sodass Mito gemeinsam mit ihm über dieser Sache brüten konnte. Es war immer noch seltsam, sich dabei nicht wirklich Mito gegenüber zu sehen, aber so langsam überkam Tobirama seine Irritation. Er hatte schon seltsamere Dinge erlebt.

Seit Tagen schon waren sie unterwegs und noch immer war keine Spur von Tsunade zu finden. Immer mal wieder fiel ihr Name, jedoch nur im Zusammenhang mit ihren Schulden. Langsam machte sich Tobirama Sorgen, dass sich Tsunade in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht haben könnte.

Sie klapperten ein fragwürdiges Etablissement nach dem andern ab und überall war es dasselbe: Tsunade hatte Hausverbot, bis sie ihre Schulden abbezahlt hatte. Also zogen sie weiter. Selbst Hashirama musste mittlerweile ernsthaft überlegen, wo noch weitere dieser scheußlichen Spelunken sein könnten. Tsunade hatte sich wirklich weit und breit einen Namen gemacht und das nicht unbedingt zum Guten. Um einen größeren Radius abzudecken, hatte Tobirama irgendwann begonnen, seine Doppelgänger auszusenden, die sich für ihn in anderen Ortschaften umhörten.

Naruto hatte sich kaum wieder eingekriegt, als er gelernt hatte, dass sein liebstes Jutsu eine Erfindung Tobiramas gewesen war. Dann hatte der Junge ihn angebettelt, ihm noch mehr beizubringen. Tobirama hatte natürlich abgelehnt. Er würde einen Teufel tun, dem Bengel Hiraishin in die Hand zu geben, am Ende zerfetzte er sich noch selbst. Er fand es ja schon fragwürdig, dass Sarus Schüler Minato Hiraishin beigebracht hatte. Es gab einen Grund, warum er das Jutsu stets für sich behalten hatte. Von Edo Tensei redete er da gar nicht erst.

Was ihn zurück zu seinem aktuellen Problem brachte.

Sie hatten für diese Nacht in einem minshuku eine Unterkunft gefunden. Tobiramas Doppelgänger durchkämmte mit Yamato den Ort nach Hinweisen nach Tsunade, während Kakashi mit Naruto und Sasuke im nahen Wald trainierte. Naruto versuchte sich noch immer mit einer bemerkenswerten Verbissenheit an der zweiten Stufe des Rasengan. Noch so ein Jutsu, das Tobirama interessierte, aber dafür hatte er jetzt keine Zeit.

»Versuch einmal, diesen Anker hier zu entfernen«, sagte Mito und deutete auf die entsprechende Stelle im Siegel.

Tobirama runzelte die Stirn. »Deine Siegelmethoden sind allzu oft gefährlich minimalistisch.«

Mito winkte ab. »Bisher hatte es immer funktioniert. Du hingegen überlädst deine Siegel immerzu, machst sie unnötig kompliziert.«

»Weil sie so besser halten.«

»Wie oft haben wir diese Diskussion eigentlich schon geführt? Und am Ende hatte ich immer Recht.«

Tobirama kniff missmutig die Augen zusammen. Dann entfernte er doch den Anker.

»Du weißt, dass das niemals in falsche Hände geraten darf?«, gab Mito in einem ernsten Ton zu bedenken.

Tobirama schnaubte. »Wem sagst du das. Schau mich an.«

Es war so unglaublich erniedrigend, mit seinem eigenen Jutsu für einen Angriff auf Konoha missbraucht worden zu sein. Und dann auch noch gegen seinen eigenen Schüler! Er konnte nicht leugnen, durchaus schon mit dem Gedanken gespielt zu haben, Orochimaru wiederzubeleben, nur um ihn dann der blutigsten Folter zu unterziehen, die er sich ersinnen konnte. Er besaß die Schriftrolle mit Sasukes und Ankos Fluchmal noch …

Edo Tensei durfte niemals in falsche Hände geraten. Dennoch war es sein ambitioniertestes Jutsu, sein ganzer Stolz. Er hatte es damals schon nicht übers Herz gebracht, seine Aufzeichnungen zu vernichten, nachdem er bewiesen hatte, dass es funktionierte. Stattdessen hatte er sie weggeschlossen und mit jedem nur erdenklichen Sicherheitssiegel versehen, das er kannte. Es war nicht genug gewesen.

Jetzt aber … Jetzt arbeitete er daran, Edo Tensei noch effektiver zu machen, sodass er nahezu seine alte Stärke wiedererlangen konnte. So notwendig es doch in ihrer momentanen Situation war, wollte er sich besser gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn jemand wie Orochimaru diese Formel in die Finger bekam.

Absolute Macht korrumpiert absolut.

»Wenn das hier funktioniert …«, begann er.

Mito nickte ernst. »Wir reden nie wieder mit irgendwem darüber.«

»Wenn diese ganze Sache hier vorüber ist, löse ich Edo Tensei auf und nehme es mit ins Grab.«

»Besser noch, wenn du alle dazu existierenden Aufzeichnungen vernichtest.«

Tobirama zögerte.

»Tobi-nii-san, das hättest du damals schon tun sollen«, sagte Mito sanft.

»Ich weiß.« Tobirama knirschte mit den Zähnen. »Aber sag mir, könntest du dein Lebenswerk einfach so vernichten, das Werk, in das du dein Herz und deine Seele gegossen hast?«

Er hatte doch nur Itama und Kawarama noch einmal sehen wollen.

Mito antwortete nicht gleich. »Nun«, sagte sie dann, »da ist wohl etwas dran. Du solltest trotzdem darüber nachdenken.«

Daraufhin sagte Tobirama nichts mehr. Stattdessen besah er sich das Siegel vor sich. Zu seinen Lebzeiten hatte er immer mal wieder versucht, die Beschränkungen Edo Tenseis aufzuheben, erst allein und später mit Mito zusammen. Irgendwann jedoch hatten sie es gelassen, die Versuche waren zu gefährlich geworden, und ihnen beiden war bewusst gewesen, welches Risiko ein uneingeschränktes Edo Tensei beinhaltete. Zudem war Hashirama, gelinde gesagt, nicht wirklich glücklich gewesen, als er davon erfahren hatte. Tobirama gab es nur ungern zu, aber sein Bruder hatte Recht gehabt.

»Das hier könnte endlich funktionieren«, sinnierte Tobirama.

»Probier es aus«, riet Mito ihm. »Was soll schon schief gehen? Du bist Edo Tensei. Das wird dich nicht aus Versehen versiegeln.«

Tobirama heftete sich das Siegel an die Stirn. Ja, was sollte schon schief gehen? Selbst wenn es ihn gleich zerfetzen sollte, würde Edo Tensei ihn ja doch wiederherstellen. Er aktivierte das Siegel.

Plötzlich war es, als ob ein Damm gebrochen wäre. Sein Chakra, das bisher wie in einem viel zu engen Gefäß eingesperrt gewesen war, brach mit einem Male frei und strömte wie ein reißender Fluss durch seine Glieder. Es war, als sei ein unendlich schweres Gewicht von seiner Brust genommen, sodass er endlich wieder frei atmen konnte.

»Und?« Mito beugte sich neugierig vor. »Ich habe in diesem Zustand keine Sensorfähigkeiten mehr. Du musst es mir schon sagen.«

Tobirama streckte die Finger. Ah, das fühlte sich gut an. Es war so lästig gewesen, sich so schwach zu fühlen.

»Nicht vollständig, aber nahezu. Das sollte reichen.«

»Gut.« Mito nickte. Dann sah sie Tobirama fest in die Augen. Irgendwie wirkte es nicht so einschüchternd wie früher, wenn ihm hier eigentlich ein kleines Mädchen mit pinken Haaren gegenüber saß. »Hinter der Sache steckt noch mehr, nicht wahr? Es geht nicht nur darum, Tsuna-chan zu finden.«

Ah, natürlich würde Mito davon Wind bekommen. Es hatte Tobirama durchaus schon verwundert, dass auch Hashirama und Madara das noch nicht angesprochen hatten. Er hatten sich mit Hiruzen, Kakashi, Yamato und Jiraiya darauf geeinigt, vor den Kindern nicht zu erwähnen, dass sie fürchteten, dass Akasuki sie verfolgen könnte. Das hatte allerdings auch bedeutet, Hashirama, Mito und Madara im Unklaren zu lassen. Tobirama mochte es nicht, Geheimnisse vor seinem Bruder zu haben (was nicht hieß, dass er es in der Vergangenheit nicht doch ab und zu getan hatte), aber bevor noch Sasuke oder gar Naruto irgendetwas dummes taten, war es besser so. Sakura allerdings … Auf sie konnte er vertrauen, dass sie diese Information mit der nötigen Sorgfalt behandelte.

Also entschied sich Tobirama, Mito nun doch einzuweihen. Mito hörte ihm aufmerksam zu und nickte nur ab und zu. Stille legte sich über sie, als er endete.

Mito seufzte. »Es hatte sich so viel geändert, seit du damals gestorben warst. Erst Hashirama, dann du und am Ende blieb mir nur noch Tsuna-chan. Unser Clan verschwand in Bedeutungslosigkeit und ich sah, wie ein Schatten sich in Konoha einschlich. Ich war müde, so müde. Am Ende hatte ich nicht einmal mehr die Kraft, erbost zu sein, wie Saru sich beeinflussen ließ, sich aus dem Konflikt herauszuhalten, der zu Uzushios Untergang führte. Ich war einfach nur noch müde. Sie sagten mir, dass Kushina ein geeigneter Nachfolger für mich sei, also gab ich ihr, was ich geben konnte, und hoffte, dass es genug sei. Aber da hatte sich Konoha schon längst verändert und ich erkannte es kaum noch wieder. Das war nicht mehr unser Konoha.«

Sie breitete die Arme aus und deutete auf sich. »Und jetzt sieh dir diesen Schlamassel an. Dieses arme Mädchen muss damit leben, dass ich in ihr bin, dass ich ihren Körper benutze. Und auch dir ist keine Ruhe vergönnt. Selbst jetzt noch arbeiten wir daran, die Fehler der Vergangenheit wieder gerade zu rücken.«

»Hashiramas und Madaras Konoha war ein Utopia, das es so nie hatte geben können«, sagte Tobirama leise. Viele sagten, er würde die Dinge zu logisch angehen, aber er präferierte es, realistisch zu bleiben. »Aber wir konnten dafür sorgen, dass die Realität dem so nahe kommt, wie es nur irgend geht. Eine Aufgabe, die für wenige allein zu groß ist.«

»Sei nicht mehr allzu böse mit Saru«, bat Mito ihn. »Er stand allein da, jeder wäre da irgendwann eingeknickt.«

Tobirama wollte schon zu einer Erwiderung ansetzen, als er spürte, wie einer seiner Doppelgänger sich auflöste. Sofort wurden dessen Erinnerungen transferiert, aber Tobirama konnte dennoch nicht sagen, was der Auslöser dafür gewesen war. All seine Sinne schrien mit einem Male Gefahr. Er presste eine Hand gegen die Wand des Zimmers und sandte seine Sinne aus.

Er wurde mit der unverkennbaren Feuernatur eines Uchiha begrüßt, eines starken zudem. Das konnte nur eines bedeuten.

»Itachi ist hier«, sagte er.

»Na, welch ein Zufall«, kommentierte Mito.

Tobirama verschaffte sich ein Bild der Situation. »Er ist in Begleitung eines anderen. Hm, starkes Suiton-Chakra. Sie halten sich im Umfeld der Siedlung auf. Wie es aussieht, ahnen sie, dass wir hier sind, wissen aber noch nicht genau wo. Sie suchen.«

»Kakashi ist mit den Jungs da draußen«, gab Mito zu bedenken.

»Bleib du hier, ich bringe Yamato zu ihnen«, sagte Tobirama.

Er wartete nicht Mitos Erwiderung ab, sondern griff gleich nach der Hiraishin-Markierung, die sein Doppelgänger bei sich trug, der Yamato begleitete. Als er bei ihm erschien, löste Tobirama sogleich seine anderen Doppelgänger auf. Er brauchte jetzt all seine Kraft, statt sie aufzuteilen.

Yamato sah ihn überrascht an. »Was gibt es, Nidaime-sama?«

»Du kamst nicht nur mit, um mit Hashirama zu plaudern«, erinnerte Tobirama ihn.

Yamatos Augen weiteten sich. »Heißt das …?«

Tobirama nickte. »Mitkommen.«

Er legte Yamato eine Hand auf die Schulter und brachte sie beide dann zu Kakashi. Es hatte keiner großen Mühen bedurft, um Minatos und sein eigenes Hiraishin zu verbinden, sodass er auch Minatos Markierungen nutzen konnte, die es noch hier und da gab.

Kakashi sprang erschrocken auf, als plötzlich Tobirama mit Yamato bei ihm auftauchte. Yamato war verdächtig blass um die Nase. Tobirama scherte sich nicht darum; das musste er abkönnen.

»Ist etwas passiert, Tobirama-san?«, wollte Kakashi wissen.

»Wir bekommen Besuch.«

»Oh.« Und dann ging Kakashi wohl vollends auf, was das bedeutete: »Oh!«

»Eh, sensei?«, rief Naruto ihnen zu. »Was ist los?«

»Training ist für heute beendet«, sagte Kakashi ihnen.

Tobirama kniete sich hin und legte eine Hand auf den Boden, um seine Umgebung zu erfühlen. In dem Moment hörte er in einiger Entfernung das Heulen seines Rudels. Seine Wurfgeschwister hatten also die Witterung aufgenommen und die Jagd eröffnet. Gut.

Er spürte, wie sich ihnen ihre beiden Gegner näherten, getrieben von dem Rudel. Aus der anderen Richtung kam Ōkami herangeeilt, als auch sie gewittert hatte, was hier vor sich ging.

»Bereitmachen«, wies Tobirama seine Gefährten an. »Nordosten, zwei Personen. Sie sind jeden Augenblick hier.«

Sasuke sah irritiert zu ihnen. »Was soll das heißen?«

»Sasuke, Naruto, tretet hinter Yamato und mich«, sagte Kakashi ruhig. »Es kommen gleich zwei sehr gefährliche Ninja, die uns schon eine ganze Weile verfolgt haben. Jetzt haben sie uns gefunden. Einer davon ist dein Bruder, Sasuke.«

Sasuke starrte ihn einen Moment lang sprachlos an. Dann verdunkelte sich sein Gesicht vor Zorn. »Mein Bruder …«

»Sasuke, halte dich aus der Sache heraus«, sagte Yamato ernst. »Ich werde nicht zögern, dich notfalls auch mit Gewalt zurückzuhalten, hast du das verstanden?«

Sasuke machte nicht den Eindruck, dass er sich darum scherte. Tobirama vertraute auf Yamato, dass er die notwendigen Maßnahmen ergreifen würde.

»Itachi?«, fragte Naruto verwundert. »Aber … was will er von uns?«

»Dich«, sagte Kakashi gefasst. »Oder eher das, was in dir versiegelt ist. Er hat sich einer Organisation angeschlossen, die die Kraft des Kyubi für sich nutzen will.«

Tobirama warf ein Kunai in das Geäst des Baumes über ihm und teleportierte sich sogleich zu der Stelle, in der das Kunai in der Rinde feststeckte. Von dort aus platzierte er in rascher Folge weitere Kunai an geeigneten Stellen, um so von jeder beliebigen Position aus angreifen zu können. Indes trieb sein Rudel weiter die Beute zu ihm. So jagte er bevorzugt.

Ein beachtliches Katon brannte eine Schneise durch den Wald und aus den Flammen hervor brachen zwei Shinobi in langen schwarzen Kutten, die mit roten Wolken verziert waren. Einer von ihnen trug ein großes, mit Bandagen umwickeltes Schwert bei sich. Und … waren das Kiemen? Manche Shinobi schreckten nicht einmal davor zurück, ihren eigenen Körper unnatürlich zu verändern, um stärker zu werden. Alles an diesem Mann erinnerte Tobirama unangenehm an Haie.

Der andere war zweifelsohne Uchiha Itachi, unverkennbar ein Kind seines Clans. Die Flammen folgten seinem Befehl und wichen vor ihm und seinem Kameraden zur Seite. Das Wolfsrudel, das sie gejagt hatte, wich jedoch jaulend zurück und einigen der Tiere wurde der Pelz versengt.

Sie schienen nicht allzu überrascht, Kakashi und Yamato hier anzutreffen. Tobirama jedoch, der sich in den Bäumen verbarg, hatten sie noch nicht bemerkt. Tobirama wartete auf seine Gelegenheit zum Zuschlagen, dann, wenn sein Schlag am tödlichsten wäre.

Wollte er Itachi überhaupt töten? Er scherte sich nicht um den Mann an seiner Seite, augenscheinlich ein Nukenin aus Kirigakure, wie das zerkratzte Stirnband verriet. Aber Itachi war noch immer ein potenzieller Verbündeter Konohas. Einer, dessen Loyalität jedoch fragwürdig war. Tobirama brauchte mehr Informationen.

»He, Itachi, scheint so, als würden wir doch kämpfen«, sagte der Hai-Mann viel zu fröhlich.

»Du solltest dich nicht so darauf freuen, Kisame«, rügte Itachi ihn.

Naruto machte den Eindruck, als sei er vor Schreck erstarrt. Oder hatte Itachi bereits ein Genjutsu auf ihn gewirkt? Tobirama sah das Sharingan, das ihm aus den Augen schien. Sasuke hingegen erzitterte regelrecht, und es brauchte einen Moment, bis Tobirama realisierte, dass nicht alles davon Furcht war. So jung und bereits solch mörderische Absichten …

»Bruder«, sagte Sasuke alarmierend ruhig. »Ich dachte immer, ich würde dich suchen müssen. Aber jetzt kommst du einfach so zu mir. Sehr gut. Ich bin viel stärker geworden seit damals, jetzt endlich wirst du bezahlen.«

»Närrischer kleiner Bruder.« Itachi trug eine Maske eiskalter Verachtung.

Sasuke schrie auf. In selben Moment schlug Yamato die Hände zusammen und rief die Wurzeln der Bäume herbei, die aus dem Erdreich sprossen und Sasuke fesselten, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Er beherrschte Hashiramas Mokuton wirklich beachtlich gut.

»Ich will Antworten!«, schrie Sasuke. »Gib mir Antworten! Warum ich? Warum hast du mich leben lassen und alle anderen getötet? Warum ich?! Was ist an mir so besonders? Warum hast du behauptet, mich nie geliebt zu haben, wenn das doch gelogen war? Wie kannst du mir das antun, wenn ich dir jemals auch nur das kleinste bisschen bedeutet habe?«

Tobirama beobachtete Itachi genau. Itachi trug seine Maske der Gleichgültigkeit perfekt.

Kisame wandte sich seinem Partner zu. »Ich nehme an, das andere Balg ist der jinchūriki? Was meinst du, soll ich ihm die Beine abschlagen? Dann kann er nicht wegrennen.«

Itachi hielt seinen Blick auf Sasuke gerichtet. Nein, er hatte hier definitiv kein Genjutsu gewirkt. Er beobachtete einfach nur. Was ging in seinem Kopf vor sich?

»Unterschätze unsere Gegner nicht«, sagte Itachi. »Dieser da beherrscht Shodai Hokages Jutsu, selbst du wirst von Mokuton schon gehört haben. Und er da ist Kakashi mit dem Sharingan.«

»Reiketsu Kakashi? Ah, ja. Schon von gehört.« Ein grausames Lächeln entblößte Kisames Reißzähne. »Das wird ein Fest für Samehada.«

Yamato griff als erstes an. Er schlug die Hände zusammen und streckte dann die Arme aus. Sie wurden zu langen Holzspeeren, die auf Kisame zuschossen. Dieser jedoch lachte nur und holte mit seinem Schwert aus. Verblüffenderweise war es in der Lage, das Mokuton-Holz zu zerschlagen. Splitter flogen umher.

Zeit einzugreifen.

»Hiraishingiri!«

Mit gestrecktem Katana schnitt Tobirama durch Itachi wie durch Luft. Dieses Mal jedoch hatte er absichtlich nicht auf vitale Punkte gezielt, noch war er nicht auf Itachis Tod aus. Es würde für den Moment vollkommen reichen, ihn kampfunfähig zu machen.

»Nein!« Sasuke schrie auf und wehrte sich gegen das Holz, das ihn noch immer fesselte.

Für einen Moment starrte Itachi verwundert auf seinen Armstumpf. Dann löste sich seine Gestalt in dutzende Raben auf, die krächzend davonflatterten. Ein Doppelgänger? Oder ein Genjutsu? Und wie hatte Tobirama das nicht bemerken können? Dieser Uchiha war wirklich verdammt gut, Kakashi hatte Recht behalten.

Itachi trat auf die Lichtung. Der echte dieses Mal? Tobirama war verblüfft, dass er Schwierigkeiten hatte, diese Frage zu beantworten. Ja, definitiv mit Izuna zu vergleichen.

»Nidaime-sama«, sagte Itachi und wirkte nicht allzu verwundert. »Weißer Wolf von Konoha. Blutroter Geist der Senju. Fluch der Uchiha. Was für eine Überraschung.«

Na, immerhin hatte er seine Geschichtshausaufgaben gemacht. Tobirama ging nicht weiter darauf ein.

»Kakashi, Yamato, übernehmt Kisame«, wies er die beiden an.

»Verstanden«, bestätigte Kakashi und wandte sogleich seine Aufmerksamkeit Kisame zu.

»Von den Toten wieder auferstanden, na so etwas«, kommentierte Kisame.

Er gab sich viel zu lässig und das gab Tobirama zu denken. Entweder unterschätzte Kisame sie oder er wusste sehr wohl Bescheid über ihre Stärken und war sich seiner eigenen Kampfkraft bewusst.

»Das ist Edo Tensei, Orochimaru hatte es einmal erwähnt«, sagte Itachi. »Ein sehr gefährliches Jutsu.«

»Yamato, gib mir Deckung«, sagte Kakashi leise, ohne den Blick von seinem Gegner zu nehmen.

»Verstanden, senpai.«

Yamato war nicht so stark wie Hashirama, er war nicht in der Lage, dessen stärkste Jutsu anzuwenden oder gar Senjutsu. Aber sie waren noch immer in einem Wald und Yamato hatte es geschafft, Mokuton zu meistern. Das war noch immer tödlich genug.

Der Wald erwachte zum Leben.

Kakashi stürmte voran, Chidori in der Hand.

In blitzschneller Reihenfolge ging Tobirama durch eine Reihe von Handzeichen und ließ sogleich einen Wasserdrachen auf Itachi los. Wie er es erwartet hatte, erwiderte Itachi es mit einem Feuerball. Beide Jutsu prallten aufeinander. Das Wasser löschte das Feuer und das Feuer ließ das Wasser zu Dampf werden. Nebel hüllte sie alle ein. Tobirama wartete gar nicht erst den nächsten Zug seines Gegners ab, sondern zog sogleich die Feuchtigkeit aus der Luft und formte dutzende nadelspitzer Wassersenbon. Seine Sensorfähigkeiten verrieten ihm, wo sein Ziel war.

Eine erneute Feuergarbe zerriss den Nebel und wehrte Tobiramas Geschosse ab.

»Kisame, wir ziehen uns zurück!«, rief Itachi.

»Ach, gerade, wo es anfing spannend zu werden!«, beklagte sich Kisame. Er stand inmitten eines Regens von Holzsplittern und hatte mit seinem Schwert Kakashis Schlag abgewehrt. Das Chidori war bedenklich plötzlich aus Tobiramas Sinnen verschwunden. Besaß dieser Mann die Fähigkeit, Chakra aufzusaugen?

Itachi setzte einen Schritt zurück, wie als wolle er sich umdrehen. In diesem Moment brach Ōkami zähnefletschend aus dem Wald und stürzte sich auf ihn. Sie war so schnell, dass er nicht einmal mehr reagieren konnte. Sie riss ihn zu Boden und hätte ihm beinahe das Gesicht zerbissen, wenn er es nicht im letzten Moment geschafft hätte, ihr Maul zu packen und sie mit aller Kraft von sich zu drücken. Ōkami knurrte und wehrte sich gegen seinen Griff, ihr Maul mit den dolchartigen Fängen nur wenige Handbreit von seinem Gesicht entfernt. Geifer troff auf ihn herab.

Plötzlich leckten schwarze Flammen an ihren Lefzen. Jaulend sprang Ōkami zurück und wälzte sich um Gras, doch das Feuer war nicht zu löschen. Amaterasu! Tobirama fluchte und entsiegelte sofort eine Schriftrolle. Noch in derselben Bewegung entrollte er sie und aktivierte das Siegel, das auf dem Papier geschrieben war. Die Flammen wurden hineingesogen, und Tobirama schloss das Siegel wieder. Mit eingeklemmter Rute sprang Ōkami an seine Seite.

Itachi rappelte sich wieder auf. Susanoo flammte auf, noch nur der Brustkorb.

»Kämpfen wir jetzt also doch?«, fragte Kisame mit freudiger Erwartung in der Stimme.

Tobirama hatte eine Idee. Wenn sie funktionierte, wäre das hier schnell vorbei, ohne einen verheerenden Kampf vom Zaun zu brechen. Um diesen Kisame scherte er sich nicht, der konnte ruhig dabei sterben. Itachi jedoch …

»Itachi, ich weiß, weshalb du deinen Clan getötet hast und allein Sasuke am Leben ließt«, sagte er. »Du hast deinem kleinen Bruder Lügen erzählt, hast ihn glauben lassen, dass du nichts als Verachtung für deinen Clan empfunden hast. Doch die Wahrheit ist, dass du ein sorgfältiges Lügengespinnst erschaffen hast, hinter dem du deine wahren Motive zu verbergen versuchtest. In Wahrheit wolltest du einen Rächer schaffen, der dich für deine Verbrechen verurteilen würde, und dafür wähltest du deinen Bruder aus.«

Itachi schwieg. Eine steile Falte hatte sich zwischen seinen Brauen gebildet.

Sasuke starrte erst Tobirama an und dann Itachi. »Ist das wahr?«, fragte er erst leise und dann schrie er: »Ist das wahr, nii-san?!«

»Hey, du Blödmann! Antworte gefälligst! Das bist du Sasuke schuldig!« Naruto hatte also seine Stimme wiedergefunden.

»Itachi, lass uns das hier zu Ende bringen«, verlangte Kisame. »Ich habe keine Lust, mir noch länger dieses lästige Kindergeschrei anzuhören.«

Tobirama gab Kakashi und Yamato ein Zeichen, ihren Angriff wieder aufzunehmen. Er konnte Kisame in dieser Sache nicht gebrauchen. Die beiden verstanden. Kisame war gezwungen, seine Aufmerksamkeit wieder ihnen zuzuwenden.

Itachi machte keine Anstalten, ebenfalls den Kampf fortzusetzen. Susanoo behielt er dennoch bei.

»Der Clan«, sagte er, »war eine eiternde Pestbeule. Sie musste ausgebrannt werden, bevor die Krankheit um sich griff.«

»Aber wieso dann ich?«, schrie Sasuke. Tränen standen ihm in den Augen.

»Weil du mein kleiner Bruder bist«, lautete Itachis Antwort.

»Was für ein Blödsinn!«, schleuderte Naruto ihm entgegen. »Niemand würde das seinem kleinen Bruder antun! Du bist nichts weiter als ein gemeines Arschloch!«

Itachi schlug die Augen nieder. »Das mag stimmen.«

Naruto schrie zornig auf. Mit einem Male waren seine Augen nicht mehr strahlend blau, sondern rot wie die des Fuchses. Das Chakra des Kyubi flutete Tobiramas Sinne, stechend und stinkend. Dieser Narr! Er konnte das Bijū-Chakra nicht kontrollieren, egal, was Madara behauptete.

Naruto stürmte voran, ein unvollständiges Rasengan in der Hand. Tobirama sprang voran, um ihn aufzuhalten. Itachi war schneller.

Itachi war schneller!

Er packte Narutos Handgelenk und sah auf ihn herab. »Halt dich da heraus.«

Dann schleuderte er Naruto von sich. Das Rasengan verpuffte wirkungslos und grub lediglich einige spiralförmige Furchen in den Boden. Naruto überschlug sich und blieb liegen. Dennoch hatte Tobirama den Eindruck, dass Itachi nicht die Absicht gehabt hatte, Naruto ernstlich zu verletzen.

Er nutzte diesen Moment für einen weiteren Angriff. Itachi hatte den Schutz von Susanoo verlassen, als er Naruto aufgehalten hatte. Dieser winzige Augenblick, der Tobirama langsamer gewesen war, reichte ihm, um an Itachi heranzukommen. Seine Hand streifte Itachis Mantel, und schon war ein Hiraishin-Siegel darauf. Itachi schlug mit einem Kunai nach ihm. Tobirama war verschwunden, bevor das Kunai auch nur in seine Nähe kommen konnte.

Er griff sogleich erneut an, ohne Itachi die Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Itachi schaffte es im letzten Moment, seinen Angriff abzuwehren.

»Wie ein Geist«, zischte Itachi zwischen zusammengebissenen Zähnen. »In einem Augenblick da und im nächsten schon wieder verschwunden.«

»Ich kann stundenlang so weiter machen«, sagte Tobirama. »Wie lange hältst du aus, bis dir das Chakra ausgeht und deine Augen müde werden?«

Wie einfach es doch war, seine alten Instinkte zu wecken. Zum Zeitpunkt seines Todes waren bereits viele Jahre vergangen, seit er das letzte Mal Klingen mit den Uchiha auf einem Schlachtfeld gekreuzt hatte. Schlachten auf Leben und Tod, wo jeder noch so kleine Fehler sein Ende hätte bedeuten können. Izuna hatte ihm nichts geschenkt und im Gegenzug hatte auch Tobirama jede noch so winzige Schwäche seines Gegners ausgenutzt. Am Ende hatte er gesiegt. Er würde wieder siegen, ob mit Waffen oder mit Worten.

Itachi sprang zurück, um Abstand zwischen sich und seinen Gegner zu bringen, und rief erneut Susanoo herbei. Noch immer nicht die vollständige Form. Hatte er sie noch nicht gemeistert? Irgendwie wollte Tobirama nicht so recht daran glauben, dass das der Grund war.

Susanoo hatte in dieser Form eine Schwachstelle, die viele zu vergessen schienen. Sie schützte nicht von unten.

Tobirama sandte sein Chakra in den Boden und verwandelte die Erde unter Itachi in einen Schlammpfuhl. Itachi schien damit nicht gerechnet zu haben, denn er strauchelte und versuchte, sich aus dem Schlamm zu befreien. Tobirama versuchte es zu verhindern, indem er mit einem Doton nach Itachi griff. Hände aus Schlamm griffen nach seiner Kleidung und zerrten ihn nach unten.

Itachi spie Feuer, kein großer Feuerball dieses Mal, sondern ein gezielter Flammenstoß, der den Schlamm unter sich trocknete. Die Erde zerbröselte und Itachi konnte sich befreien.

»Ich habe nicht vor, dich zu töten, aber ich werde es tun, wenn du dich dazu entscheidest, weiter diesem selbstzerstörerischen Pfad zu folgen«, informierte Tobirama ihn. »Du kennst mich, du weißt, dass ich dazu in der Lage bin. Noch immer hast du eine Wahl.«

»Als man mich das letzte Mal zwang, eine Wahl zu treffen, endete es so!«, zischte Itachi.

Ah, seine Fassade bekam Risse.

»Du kannst weiter darauf hin arbeiten, dich selbst zu zerstören«, setzte Tobirama nach. »Aber dein Bruder lebt noch, ihn hast du verschont, und das war gut so. Willst du wirklich alles daran setzen, dass er von Hass zerfressen wird und nichts anderes mehr im Leben kennt? Ist es das, was du begehrst? Oder willst du wirklich etwas für seinen Schutz tun? Deswegen war es doch nur, weshalb du das Massaker selbst ausgeführt hast. Erinnere dich, wofür du es getan hast. Für Sasuke.«

Itachi zögerte. Sein Blick huschte zu seinem Bruder. Verzweifelt erwiderte Sasuke ihn. Er hatte es mittlerweile aufgegeben, gegen Yamatos Holzfesseln zu kämpften. Tränen rannen ihm über das Gesicht.

»Sasuke …«, hauchte Itachi. Seine Schultern sanken herab. Susanoo verschwand.

Tobirama rührte sich nicht.

»Du hast dich bei Akasuki eingeschlichen, um für Konoha zu spionieren«, sagte er stattdessen. »Aber du hast nie berichtet, was du herausgefunden hast. Es ist noch nicht zu spät dafür, deine Rolle zu erfüllen.«

Itachi wandte seinen Blick dem Kampf zwischen Kisame, Kakashi und Yamato zu. Kisame konnte sich gut gegen die beiden halten, Tobirama hatte also gut darin getan, ihn nicht zu unterschätzen.

»Dann muss Kisame sterben«, sagte Itachi. »Meine Tarnung ist kompromittiert, er weiß zu viel.«

»Dann hilf uns, ihn zu töten«, forderte Tobirama ihn auf. »Du bist ein hervorragender Lügner, du wirst die anderen in deiner Organisation davon überzeugen können, dass sich eure Gegner als zu stark für euch erwiesen haben und du dich nach Kisames Tod unverrichteter Dinge zurückziehen musstest.«

Itachi schwieg. Als Antwort begann mit einem Male, sein Mangekyō zu wirbeln. Kisame wurde in schwarze Flammen gehüllt.

»Itachi!«, schrie er. »Verräter!«

Er schrie und schrie und seine Schreie hallten schauderhaft durch den Wald. Immer verzweifelter wurden sie, immer schmerzvoller, bis sie am Ende kaum noch als menschliche Laute zu erkennen waren. Er warf sich auf den Boden und wälzte sich umher. Hektisch schleuderte er seinen Mantel von sich, doch die unlöschbaren Flammen Amaterasus hatten längst auf ihn übergegriffen. Er schrie noch immer, als jeder andere Mensch schon längst tot gewesen wäre. Die Hitze der schwarzen Flammen schmolzen sein Fleisch dahin, das Fett zischte, als es ihm von den Knochen tropfte.

Dann, endlich, lag er still.

Tobiramas Killcount: Immer noch 2, wer hätt's gedacht

Nächstes Kapitel: Sasuke und Itachi haben ein ernstes Gespräch(TM).

Sasuke war müde, so müde. Er hatte ja nicht gewusst, wie müde man sein konnte. Seit dem Moment, in dem Itachi aufgetaucht war, hatte er einen wahren Sturm der Gefühle durchlitten, und jetzt war er erschöpft. Er war vollkommen leer. Er wusste nicht mehr, was er noch fühlen sollte.

Wut? Hass? Verachtung?

Oder gar Angst? Nackte Panik?

Oder eher doch Liebe? Erleichterung? Kummer?

Er war müde. Das war alles, was er wusste. Für all das andere, was da in ihm war, hatte er keine Namen.

Itachi stand mit gesenktem Kopf vor ihm und schien selbst nicht so recht zu wissen, wie er diese Situation händeln sollte. Vor nicht einmal einer halben Stunde noch hatte er alles daran gesetzt, Sasuke glauben zu lassen, die Rolle des liebenden Bruders sei nur gespielt gewesen, dass er den Clan aus reinem Eigennutz ausgelöscht hatte. Jetzt aber …

Sarutobi hatte ihm schon vor Wochen die Wahrheit gesagt, aber Sasuke hatte ihm nicht glauben können. Wie konnte der alte Mann besser darüber Bescheid wissen als Sasuke, der ja immerhin dabei gewesen war? Er hatte doch gesehen, wie Itachi über den Leibern ihrer Eltern stand!

Er hatte auch Itachis Tränen gesehen.

»Gib mir dein Patschehändchen«, forderte Kakashi gerade im Hintergrund Naruto auf.

Dieser dachte gar nicht erst daran, sondern sprang fröhlich auf und ab. »Ich hab‘s geschafft! Haben Sie das gesehen, sensei? Ich hab‘s geschafft!«

»Du hast die zweite Stufe geschafft, das ist gut. Aber du hast dir die Hand dabei verbrannt. Jetzt gib sie her.«

»Ich hab‘s geschafft! Ich hab‘s geschafft!«

»Naruto …«

Sasuke versuchte, sie zu ignorieren. Sasuke versuchte auch, bloß nicht in die Richtung der verbrannten Leiche Kisames zu blicken. Er wich ebenso dem Blick seines Bruders aus.

Tobirama tauchte wieder bei ihnen auf, an seiner Seite Sakura. Als sie Naruto sah, atmete sie erleichtert auf, doch dann erblickte sie Itachi und erstarrte.

Sasuke gab sich einen Ruck. »Was ist wirklich die Wahrheit? Keine Lügen mehr. Nie wieder.«

»Die Wahrheit«, begann Itachi zögern, »ist, dass Danzō mich benutzte, um ein unbequemes Problem aus der Welt zu schaffen. Er raubte Shisui das Auge, und um seine Tat zu verschleiern, als Shisui ihm entkam, zwang er mich, den Clan auszulöschen. Er benutzte mich wie ein Kunai, das bis zur Unendlichkeit geschärft worden war, denn am Ende sind wir Shinobi nichts weiter als Werkzeuge.«

»Aber … was ist mit Shisui passiert? Er war doch dein Freund, oder? Und was hat das alles mit mir zu tun?«

»Alles, Sasuke. Einfach alles«, sagte Itachi leise. »Ihr beiden seid die Menschen, die mir am meisten am Herzen liegen, ich könnte euch niemals auch nur ein Haar krümmen. Shisui beging Suizid, weil er verhindern wollte, dass Danzō sich auch noch seines anderen Auges bemächtigte. Stattdessen gab er es mir, damit ich eines Tages das Kotoamatsukami, das darin liegt, nutzen kann, um das Dorf zu schützen. Dann sprang er. In dem Moment erwachte mein Mangekyō.«

»Sie haben behauptet, dass du Shisui ermordet hast, um diese Augen zu bekommen. Du selbst hast das mir gegenüber behauptet.« Sasuke war verwirrt.

»Viele im Clan glauben, dass das Mangekyō auf diese Weise erwacht, und so steht es auch auf der Steintafel geschrieben. Uchiha Madara war der erste, der diese Augen erweckte, indem er seinen besten Freund ermordete, und er war auch der erste, der das Ewige Mangekyō erlangte, ein Mangekyō, das den Besitzer nicht erblinden lies, indem er seinem jüngeren Bruder die Augen raubte.«

»Das ist ein Irrglauben«, erwiderte Hashirama. »Weder hätte Madara jemals Hand an Izuna gelegt, noch hat er sein Mangekyō erlangt, indem er irgendwen tötete. Es war, als er sah, wie ich seinen Vater auf dem Schlachtfeld tötete, nachdem Tajima Butsuma getötet hatte.«

Sasuke schwirrte der Kopf. Das half alles nicht, um ihm Klarheit zu verschaffen. »Aber das stimmt nicht alles, nicht wahr?«

»Ich weiß nicht, was wahr ist und was nicht«, gestand Itachi. »Ich … habe Quellen, die es mir so berichtet haben, und ich habe Anlass zu glauben, dass diese Quellen verlässlich sind. Gleichzeitig habe ich Shisui nicht getötet, ich habe gar versucht, ihn aufzuhalten. Dennoch erhielt ich ein Mangekyō. Vielleicht trage ich ja trotzdem irgendwie Schuld an seinem Tod.«

»Also wolltest du, dass ich stärker werde, damit du eines Tages meine Augen nehmen kannst«, schloss Sasuke. Ihm rann ein Schauer den Rücken hinab, als er auch nur daran dachte.

»Nein«, sagte Itachi mit Nachdruck. »Nein, wie könnte ich nur? Ich wollte, dass du stark wirst, damit du eines Tages unseren Clan rächen und dir meine Augen nehmen würdest.«

»Du hast mein Leben ruiniert«, sagte Sasuke leise.

»Ja, das habe ich.«

Einen Moment lang schwiegen sie sich an.

»Warum ich?« Die alles entscheidende Frage.

»Weil es mir das einzig richtige schien, von demjenigen gerichtet zu werden, dem meine Tat den meisten Schmerz bereiten würde.«

»War es das wert? War das Dorf es wirklich wert, dieses Opfer zu erbringen? Oder wäre es nicht vielleicht besser gewesen, einfach alles niederzureißen und nur verbrannte Erde zurückzulassen?«

Es erstaunte ihn, dass Hashirama daraufhin nicht in Proteststürme ausbrach.

»Ja, das war es wert. Tausendmal ja«, sagte Itachi mit Nachdruck. »Dieses Konoha mag nicht mehr das Konoha sein, das es einst gewesen war. Aber es ist noch immer unsere Heimat. Ja, unsere, denn bis heute erachte ich es als mein Zuhause, ganz gleich, dass ich nie wieder dahin zurückkehren kann. Es ist auch deine Heimat, und ich will, dass du ein schönes Zuhause hast. Ich kann nicht mehr viel dafür tun, aber das bisschen, was in meiner Macht liegt, werde ich tun. Dieses Konoha ist nicht mehr das Dorf, das es zu seiner Gründung gewesen war, aber das kann es wieder werden.«

Sasuke schwieg und dachte lange über diese Worte nach. Er hasste Itachi für das, was er getan hatte, wie könnte er nicht? Aber ganz tief in sich drinnen, da war er doch irgendwie froh darum, dass die Wahrheit jetzt offen lag. Dass sein Bruder immer noch sein Bruder war.

»Hast du den Clan wirklich gehasst?«, wollte er dann wissen.

Itachi schüttelte den Kopf. »Nein. Ich war stolz darauf, ein Uchiha zu sein. Das bin ich immer noch. Nur war Vater … Nun, er war irgendwann einmal vom Weg abgekommen und Stimmen wurden im Clan laut, die ihn darin auch noch unterstützten. Ich glaube nicht, dass er von allein zu solch extremen Mitteln wie einem coup d‘état gegriffen hätte, wenn nicht andere, mitunter weitaus extremere Stimmen ebenfalls laut geworden waren. Sowohl Shisui als auch ich hatten versucht, eine friedliche Lösung zu finden und den Frieden zwischen dem Dorf und dem Clan wiederherzustellen. Wie du weißt, funktionierte es nicht, Danzō raubte gar Shisui sein Auge, als er versuchte, Kotoamatsukami anzuwenden.«

Sasuke nahm es schweigend hin.

»Sasuke, ich erbitte nicht deine Vergebung, denn was ich tat, kann nicht vergeben werden.«

Das stimmte in der Tat. Sasuke war sich nicht einmal sicher, ob er seinem Bruder jemals verzeihen könnte. Gewiss aber würden sie niemals wieder zu ihrer alten Normalität zurückkehren können. Aber vielleicht könnten sie neu anfangen.

»Nii-san? Ich will dich um etwas bitten.«

»Natürlich.«

»Zeigst du mir deinen Trick mit den Kunai? Ich krieg‘s immer noch nicht hin.«

Itachi schmunzelte. Er streckte die Hand aus und Sasuke erstarrte. Er dachte schon, gleich würde er Sasuke wieder gegen die Stirn stupsen, gleich würde er ihn wieder auf später vertrösten und dann davon scheuchen. Es wäre alles wieder wie früher und all diese hübschen Worte würden sich doch als Lügen entpuppen, Lügen Schicht um Schicht und kein Ende in Sicht.

Doch dann sagte Itachi nur: »Schau her, du musst deine Hand so bewegen. Siehst du?«

Er machte es ihm vor.

Sasuke starrte. Dann fiel alle Anspannung von ihm ab und seine Schultern sanken herab. Er lächelte und machte Itachis Bewegung nach. »So?«

Itachi nickte. »Genau so. Der Rest ist einfach nur Übung.«

Sasuke konnte nicht verhindern, dass sein Lächeln breiter wurde. Dann erstarb es ihm auf den Lippen. »Wie geht es jetzt mit uns weiter?«

»Ich weiß es nicht, Sasuke«, sagte Itachi bedauernd. »Ich werde gehen und die Aufgabe erfüllen, an die mich Nidaime-sama erinnerte. Ich weiß nicht, ob wir uns jemals wiedersehen und wenn ja, unter welchen Umständen. Aber, Sasuke …« Er beugte sich zu Sasuke herab und lehnte seine Stirn gegen die seines jüngeren Bruders. »Ganz gleich, was die Zukunft bringen wird, ich will dass du eines weißt. Ich werde dich immer lieben, ganz gleich, was du tun oder welchen Weg du einschlagen wirst.«

Sasuke sagte nichts. Er starrte zu Itachi auf. Seine Sicht verschwamm. Er blinzelte und Tränen rannen ihm über das Gesicht.

Itachi wischte sie ihm von den Wangen. »Ich will nicht sagen, wein nicht, denn nicht alle Tränen sind von Übel. Doch nun muss ich gehen. Leb wohl, frei von meinem Schatten.«

»Nii-san.«

Itachi lächelte und strich ihm über den Kopf. Dann richtete er sich auf und wandte sich zum Gehen. Tobirama trat ihm in den Weg, an seiner Seite Ōkami.

»Auf ein Wort, Itachi.«

»Natürlich, Nidaime-sama.«

Bis jetzt hatte sich Tobirama um die Brandwunden an Ōkamis Schnauze und jene, die einige der anderen Wölfe des Rudels erlitten hatte, gekümmert. In all der Aufregung war es zunächst untergegangen, aber jetzt war Sasuke doch erstaunt, dass er das mit dem Rudel tatsächlich ernst gemeint hatte. Aber warum wunderte er sich eigentlich noch? Dass er Weißer Wolf genannt wurde, war augenscheinlich nicht nur ein hübscher Beiname.

»Du sagtest, du willst die Wahrheit sprechen. Die Wahrheit ist, dass du nicht allein deinen ganzen Clan ausgelöscht hast«, sagte Tobirama geradeheraus.

Ōkami hielt den Blick starr auf Itachi gerichtet. Ein tiefes Grollen kam aus ihrer Brust.

Sasuke erstarrte. Was redete Tobirama da?

Auch Itachi schien verwirrt. »Woher …?«

»Du bist stark, sehr stark sogar«, stellte Tobirama heraus. »Aber der einzige, dem ich solch einen Alleingang zutrauen würde, ist Madara. Du allein wärst am Ende dem ganzen Clan unterlegen gewesen.«

Itachi schwieg einen Moment. Er schien hin und her gerissen und schien abzuwägen, was er antworten sollte. Dann richtete er sich auf. »Sie haben Recht, Nidaime-sama. Ich war nicht allein. Uchiha Madara höchstselbst half mir.«

Stille senkte sich über sie alle. Selbst Naruto hielt die Klappe.

»Das … das kann nicht sein«, sagte Hashirama verwirrt. »Es ist unmöglich, dass Madara wieder gelebt hat und dann auch noch so lange! Ich habe ihn getötet, das weiß ich. Ich bin absolut sicher, dass er tot war.«

Tobirama verschränkte lediglich die Arme vor der Brust und hob skeptisch eine Augenbraue. »Madara, sagst du? Na, dann fragen wir ihn doch einfach.«

Itachi runzelte fragend die Stirn.

Sasuke zuckte mit den Schultern. »Lange Geschichte.«

Tobirama ging zu Naruto. »Naruto, lass mich mit Madara reden.«

Naruto sah verwirrt von ihm zu Itachi und wieder zurück zu Tobirama. Dann änderte sich seine Haltung, als Madara übernahm.

»Erleuchte mich, Tobirama. Nenn mir auch nur ein Szenario, in dem das möglich ist. Du kannst eins und eins zusammenzählen und weißt, wie lange ich da schon tot war.«

»Das stimmt allerdings, ich hab deinen madenzerfressenen Kadaver gesehen«, brummte Tobirama. »Du warst so tot, wie man nur sein kann, und ich habe deine Leiche versiegelt. Allerdings kann ich nicht ausschließen, dass du uns all die Jahre irgendeine besondere Fähigkeit deiner Augen verschwiegen hast.«

»Ach ja? Und welche soll das sein?« Madara sah finster zu ihm auf, was einigermaßen albern aussah, wenn man dabei eigentlich Naruto ansah. »Soll ich auf wundersame Weise von den Toten wieder auferstanden und durch die Zeit gereist sein, nur um kleinliche Rache an meinem eigenen Clan zu nehmen, weil die meisten von den Weicheiern damals für Hashirama gestimmt hatten oder was? Oder denkst du, ich hab mich zum Spaß von Hashirama hinterrücks erstechen lassen? Ich bitte dich, das ist albern.«

Itachi wirkte offensichtlich irritiert über das, was hier geschah, und Sasuke konnte es ihm nicht verübeln. Dennoch sagte er: »Ich kann nur wiedergeben, was der Mann mir sagte. Er trug zwar eine Maske, aber ich kann auf jeden Fall bestätigen, dass er ein Uchiha war. Es irritierte mich selbst, aber … Nun, die Fähigkeiten Uchiha Madaras sind beinahe legendär. Ich war geneigt, ihm zu glauben, zumal er so viel wusste, dass ich mir sicher war, dass er es sein musste.«

»Habe ›ich‹ dir auch erzählt, ich hätte meinem Bruder gewaltsam die Augen genommen?«, verlangte Madara zu wissen.

Itachi nickte.

»So ein Unfug!«, explodierte Madara. »Wer auch nur andeutet, ich hätte jemals Izuna auch nur angerührt, soll in der Hölle schmoren! Izuna hat mir seine Augen freiwillig gegeben, weil er wusste, dass ich blind geworden war und er sich noch einen letzten Rest seiner Sehkraft hatte bewahren können. Keiner von uns hatte da gewusst, dass man so das Ewige Mangekyō erlangt. Mit seinem letzten Atemzug trug Izuna mir auf, unseren Clan zu schützen, und das tat ich, bis zu meinem Tod. Verdammt, es war doch nur wegen Izuna, weshalb ich mich überhaupt mit euch Senju eingelassen habe. Als würde ich da auch nur im Traum daran denken, bei den dreckigen Machenschaften dieses Danzō mitzumachen. Das einzige, was du jemals in deinem Leben richtig gemacht hast, Tobirama, war Danzō umzulegen.«

Hashirama schmollte. »So gemein wie eh und je. Er mochte mich, er will‘s nur nicht vor allen zugeben.«

»Danzō ist tot?«, fragte Itachi verwundert.

»Ich habe ihn gerichtet«, bestätigte Tobirama.

Itachi verneigte sich vor ihm. »Dann stehe ich in Eurer Schuld, Nidaime-sama.«

»Zahle sie zurück, indem du zu Saru gehst und ihm alles berichtest, was du weißt«, wies Tobirama ihn an. »Besonders diese Sache mit dem maskierten Mann, der sich als Madara ausgibt. Das bereitet mir Kopfzerbrechen.«

»Zu Befehl«, bestätigte Itachi noch immer mit gebeugtem Kopf. »Gibt es sonst noch etwas, womit ich dienen kann?«

»Erweise dich in Zukunft als nützlicherer Spion«, sagte Tobirama.

»Natürlich.« Damit verschwand Itachi in einem Shunshin und lediglich einige zu Boden wirbelnde Blätter verrieten, dass er jemals da gewesen war.

 

Später suchten sie sich eine Unterkunft für die Nacht, keine von Yamatos Hütten, sondern ein richtiges Quartier mit richtigen Betten. Dennoch fand Sasuke lange keine Ruhe. Immer und immer wieder ging er im Kopf durch, was an diesem Tag geschehen war.

Irgendwann gab er es einfach auf und schlich sich zu Naruto.

»Du solltest eventuell einmal deine Rastlosigkeit untersuchen lassen«, schlug Hashirama vor. »Das könnte ein ernstes Warnzeichen sein.«

Sasuke schnaubte. »Halt den Mund.«

Er öffnete die Tür zu Narutos Zimmer, ohne vorher anzuklopfen. Naruto lag auf seinem Bett, mit seiner üblichen albernen Mütze auf dem Kopf, und schnarchte leise vor sich hin. Sasuke stupste ihn an, um ihn zu wecken. Naruto rührte sich nicht, also bohrte Sasuke ihm seinen Finger in die Wange. Dieses Mal drehte sich Naruto um und drückte das Gesicht ins Kissen.

Sasuke schnappte ihn und warf ihn aus dem Bett.

Naruto schrie erschrocken auf und landete mit einem dumpfen Aufschlag auf den Holzdielen. »Aua! Was soll das?!«

Sasuke sah auf ihn herab. »Jetzt endlich munter, Idiot?«

Naruto rieb sich die Beule an seinem Kopf und setzte sich mit einem Schmollen auf. »Was willst du? Das war echt fies, echt jetzt.«

»Nicht mein Problem, wenn du nicht aufwachst.«

»Ich hab von Ramen geträumt!«

Sasuke verdrehte die Augen. »Denkst du auch noch an etwas anderes außer ans Essen?«

»Ja, zum Beispiel dass ich wegen dir jetzt Kopfschmerzen habe!«

»Geschieht dir recht. Ich will mir dir reden.«

Naruto setzte sich auf die Bettkante und Sasuke suchte sich einen Platz auf der Fensterbank. Naruto knipste die kleine Lampe an, die auf dem Nachttisch neben dem Bett stand, sodass sie nicht länger im Dunkeln saßen. Er gähnte und rieb sich die Augen.

»Was willst du reden?«

»Eigentlich nicht mit dir, sondern mit Madara«, eröffnete Sasuke ihm dann.

Naruto machte ein langes Gesicht. »Wow, einmal dachte ich, es geht um mich, aber nee.«

Seine Haltung änderte sich, was anzeigte, dass sich Sasuke jetzt Madara gegenüber sah.

»Was willst du, Junge?«

Madara konnte so sehr versuchen, wie er wollte, finster drein zu blicken, aber solange ihm hier eigentlich Naruto gegenüber saß, fiel es Sasuke bedeutend leichter, mit dem alten Mann zu reden, den alle so sehr zu fürchten schienen und der anscheinend Hashiramas Himmel war. Warum auch immer.

»Bring mir mehr über das Mangekyō bei«, forderte Sasuke.

»Hat man dir nicht beigebracht, bitte und danke zu sagen?«, erwiderte Madara.

Sasuke rollte mit den Augen. »Bitte. Jetzt zufrieden?«

»Du bist ein ziemliches Großmaul«, stellte Madara fest. »Izuna wusste sich wenigstens zu benehmen. Meistens.«

Sasuke spürte, wie seine Geduld dahinschwand. Wie hielt es Naruto mit dem Kerl nur aus? Und was fand Hashirama so toll an ihm? Er knirschte mit den Zähnen.

»Sagst du mir jetzt, wie ich ein Mangekyō bekomme? Ich kann diese blöde Steintafel immer noch nicht lesen.«

»Tse, doch nicht mit einem Sharingan mit gerade einmal zwei tomoe. Ich hatte ja selbst mit meinen Augen Schwierigkeiten, die Inschrift zu entziffern. Aber um deine Frage zu beantworten: Schlag dir das aus dem Kopf.«

Sasuke stellte sich vor, den Kerl zu strangulieren. Das half. »Und warum?«

»Weil du nicht blind und wehrlos enden willst. Und du willst auch nicht deinem Bruder die Augen aus dem Kopf reißen, glaub mir.«

»Also stimmt das wirklich? Und auch das, was Itachi über Shisui gesagt hat und wie er sein Mangekyō bekommen hat? Wieso dachten dann alle, man müsse den besten Freund ermorden?«

Dieses Mal war es an Madara, um Beherrschung ringend zu seufzen. »Weil Leute schon zu meinen Lebzeiten eine Menge Schwachsinn erzählt hatten, ich aber keinen Sinn darin sah, sie zu korrigieren. Es hätte sie ja sowieso nicht daran gehindert, hinter meinem Rücken über mich zu reden.«

»Kannst du auch Klartext reden?«

»Hab ich. Ich hab dir gesagt, dass du dir diese Idee aus dem Kopf schlagen sollst.«

»Ich hab die Schnauze voll davon, dass alle Geheimnisse vor mir haben!«, fauchte Sasuke aufgebracht. »Absolut jeder, das ganze verfickte Dorf bis hin zu meinem eigenen Bruder! Anders als Kakashi bist du auch ein Uchiha, ich dachte, du würdest das verstehen. Aber da hab ich mich wohl getäuscht.«

»Ach? Ist das so? Dann nur zu. Schlitz Naruto die Kehle auf, hier auf der Stelle. Oder sieh zu, wie er sich die nächstbeste Klippe hinabwirft. Dann hast du dein Mangekyō. Und dann renn Itachi hinterher, reiß ihm seine Augen aus dem Kopf und pflanz sie dir ein und du wirst dich nicht einmal darum scheren müssen, blind zu werden.«

Sasuke starrte Madara an.

»Ja, das ist der Preis dafür. Ich habe nie darüber geredet, weil es keine Sau etwas anging, aber auch, weil ich nicht wollte, dass irgendwer aus dem Clan auf dumme Ideen kommt und mir nacheiferte. Vielleicht war das ein Fehler, weil anscheinend niemand diese Gerüchte und Halbwahrheiten hinterfragt hatte. Was meine Sorgen nur bestätigt.«

»Ich sollte empört sein«, warf Hashirama trocken ein. »Mir hat er das nie erzählt, dabei waren wir … Nun, wir standen uns nahe.«

»Und … das steht auf der Steintafel im Schrein?«, fragte Sasuke dennoch nach.

»Wenn du es unbedingt wissen willst, steht da eine Warnung, auf keinen Fall nach der Macht des Mangekyō zu streben«, erwiderte Madara.

Sasuke stutzte. »Das heißt, man braucht das Mangekyō, um die Warnung zu lesen, dass man es nicht bekommen soll?«

»Ich hab den Mist nicht geschrieben«, war alles, was Madara dazu sagte.

»Wie bescheuert.« Nach einem kurzen Moment fügte Sasuke an: »Aber was macht ein Mangekyō jetzt so viel stärker?«

»Ich hab dir gesagt, dass du dir das aus dem Kopf schlagen sollst«, sagte Madara streng.

»Ich will‘s aber trotzdem wissen!«, konterte Sasuke. »Selbst Kakashi weiß mehr darüber als ich und er ist nicht einmal ein Uchiha.«

»Das ist allerdings in der Tat ein erheblicher Missstand«, kommentierte Madara ernst.

Hashirama lachte leise vor sich hin.

»Nun, grundsätzlich besitzt ein Mangekyō dieselben Fähigkeiten wie ein normales Sharingan«, erklärte Madara dann doch. Oh, Wunder über Wunder. »Du hast heute Susanoo in Aktion gesehen, wenn auch nur in seiner Grundform. Der komplette Avatar ist weitaus mächtiger, mit einer vollständigen Rüstung und Schwertern.«

»Madara war sogar in der Lage, in unserem letzten Kampf Kyubi mit Susanoo zu schützen und Susanoos Angriffe mit Kyubis Bijū-Kugeln zu kombinieren«, fügte Hashirama an. »Er ist ein wirklich cleverer Fuchs, selbst ich hatte ziemlich zu tun, das zu kontern.«

Er klang viel zu stolz auf Madara, als er das sagte. Sasuke hatte längst aufgegeben, auch nur ansatzweise zu verstehen, wie die beiden zueinander standen. Man mochte doch meinen, dass sie einander nichts weiter als Hass entgegen brachten, wenn man bedachte, wie ihre Geschichte geendet war. Nichts dergleichen war der Fall.

»Also ist Susanoo so etwas wie eine Verteidigung?«, schloss Sasuke.

»Es ist eine absolute Verteidigung und zugleich eine Waffe«, korrigierte Madara. »Nichts kommt da durch.«

»Und wie bist du dann jemals besiegt worden?«

Madara starrte ihn mit regungsloser Mine an. »Sei Hashirama und irrsinnig stark.«

Hashirama lachte auf. »Aus seinem Mund ist das ein Lob in höchsten Tönen!«

»Ich weiß, dass du dich gerade köstlich amüsierst, Hashirama«, sagte Madara auch prompt. »Lach nur und bilde dir was darauf ein.«

»Warum hat Kakashi das dann nie angewandt?«, fragte Sasuke weiter.

»Weil er kein Uchiha ist und zudem nur ein Sharingan besitzt«, sagte Madara. »Er wird Susanoo nie anwenden können.«

»Und was sind diese anderen Techniken? Amaterasu und Kamui und Tsukuyomi und Kotoamatsukami?«

»Jedes Mangekyō kommt mit einer individuellen Fähigkeit, die von Besitzer zu Besitzer unterschiedlich ist. Izunas und meine war zufällig dieselbe, weil wir unser Mangekyō zur gleichen Zeit erhielten. Amaterasu hast du heute ebenfalls gesehen, das waren die schwarzen, unauslöschlichen Flammen deines Bruders. Natürlich hatte Tobirama auch dafür ein Siegel, der hat für jeden Mist ein Siegel. Kamui gibt dir die Fähigkeit, Dinge in eine andere Dimension zu transportieren und wieder daraus hervorzuholen, sowie dich selbst in diese Dimension zu begeben, sodass Angriffe durch dich hindurchgehen. Tsukuyomi erschafft eine Traumwelt, ein besonders starkes Genjutsu, in dem die Zeit anders verstreicht. Der Anwender ist in der Lage, dich ein ganzes Jahr Folter durchleiden zu lassen oder gar ein ganzes Leben zu erträumen, an dessen Ende du an Altersschwäche stirbst. Der Effekt ist, dass du auch in der realen Welt stirbst. Und Kotoamatsukami ist das vielleicht mächtigste Genjutsu, weil die Person, auf die es angewandt wird, gar nicht merkt, dass ihre kompletten Gedanken umgeschrieben werden. Es ist subtil und unaufspürbar.«

»Und was war deine Fähigkeit?«, wollte Sasuke wissen.

»Geht dich nichts an«, fauchte Madara.

Sasuke hob die Hände in einer abwehrenden Geste. »Komm mal wieder runter, alter Mann. Aber noch einmal zu Kamui. Kakashi meinte einmal, dass er nur in der Lage ist, Dinge in die Kamui-Dimension zu transportieren. Er selbst kann sie nicht betreten. Warum?«

»Ach, hat er das gesagt? Dann liegt‘s wohl daran, dass er nur ein Sharingan hat.«

Sasuke fragte sich, was mit dem anderen Auge war und was geschehen war. Kakashi war bisher allen Fragen dazu ausgewichen.

»Beantwortet das deine Fragen?«, grummelte Madara. Als Sasuke nickte, fügte er an: »Gut. Dann geh jetzt endlich schlafen. Kinder wie du sollten um diese Zeit nicht mehr munter sein.«

Sasuke starrte ihn mit offenem Mund an. »Bist du meine Mutter oder was?«

»Zisch ab.«

»Du bist so ätzend«, grummelte Sasuke, ging dann aber tatsächlich. Er hatte keinen Nerv mehr für diesen alten Kerl.

Freundliche Erinnerung, Madara niemals nicht Kinder zu geben. Im besten Falle kommt das dabei heraus, im schlimmsten Obito.

Ich will nicht sagen, weint nicht, denn nicht alle Tränen sind von Übel. - J.R.R. Tolkien, Die Wiederkehr des Königs (Krege-Übersetzung) hups, hab ich ich doch tatsächlich mal wieder eine Tolkien Refferenz hineingeschmuggelt ^^

Nächstes Kapitel: Die Suche nach Tsunade kommt zu einem Ende.

Sakura war nicht untätig geblieben während ihrer Reise. Naruto lernte sein Rasengan und Sasuke übte die Kunaiwurftechnik seines Bruders. Und Sakura, nun, sie füllte ihren Kopf mit jedem bisschen Wissen über Siegel, das Mito ihr bieten konnte. Die letzten Wochen hatten ihr Interesse geweckt, als sie durch Mito und Tobirama gelernt hatte, wie nützlich Siegel sein konnten. Außerdem wolle sie sich nicht mehr so nutzlos fühlen, wenn die beiden darüber diskutierten, und wenigstens ansatzweise verstehen, wovon geredet wurde, ohne bei jedem zweiten Satz nachfragen zu müssen.

Mito erklärte ihr auch die Grundsätze des medizinischen Ninjutsu. Sakura merkte schnell, weshalb diese Techniken als solch hohe Kunst angesehen wurden und nur so wenige sie erlernten. Sie fragte daher Kakashi, ob er ihr einige Sachen demonstrieren konnte, die Mito ihr zwar erklären, aber nicht zeigen konnte. Kakashi zeigte sich positiv überrascht, dass Sakura sich dazu entschieden hatte, diesen Pfad weiter zu verfolgen, weil er, wie es sich herausstellte, selbst überlegt hatte, es ihr vorzuschlagen. Leider fügte er auch an, dass er selbst kaum mehr als die allernötigsten Grundlagen beherrschte.

»Aber«, fügte er hinzu, »das Gute an der Sache ist, dass wir Tsunade suchen und niemand ist besser als sie. Wenn du sie nett fragst, hilft sie dir. Vielleicht.«

»Vielleicht?«

»Du solltest wirklich sehr nett fragen.«

Sakura sah ihn fragend an.

»Tsunade ist niemand, den du verärgern willst. Glaub mir.«

Das war nicht sehr hilfreich. Für den Moment blieb Sakura jedoch nichts anderes übrig, als abzuwarten. Sie übte weiter ihre Siegel.

Sie waren nun schon einige Wochen unterwegs, als Yamato eines Tages aufgeregt in ihr Lager stürmte. Sie hatten gerade Rast gemacht, um Mittag zu essen, was bedeutete, dass Tobirama ihnen ein paar Fische angelte und Kakashi sie zubereitete (Sakura konnte keinen Fisch mehr sehen).

»Ich weiß, wo Tsunade-hime ist!«, rief Yamato.

Vor lauter Schreck stolperte Sasuke über seine eigenen Füße und verpatzte seinen Wurf.

Kakashi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schob weiter das Fischfilet in der Pfanne umher. »Sehr gut. Und wo?«

»Tanzaku-gai.«

»Hm? Diese alte Samuraiburg?«, wollte Tobirama wissen. »Das war doch schon zu meiner Zeit nur noch ein Haufen baufälligen Schrotts.«

»Sie ist wieder aufgebaut worden als Besucherattraktion und im Laufe der Jahre haben sich, nun, entsprechende Etablissement dort angesiedelt«, erklärte Yamato. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Tsuande-hime derzeit dort ist und anscheinend für einigen Wirbel sorgt.«

»Sehr gut. Wir brechen auf«, sagte Tobirama knapp.

»Aber was ist mit dem Fisch? Der braucht noch eine Weile«, protestierte Kakashi.

»Den meisten Fisch kann man auch roh essen«, war alles, was Tobirama dazu sagte. Er duldete keine weitere Diskussion.

Sakura war insgeheim froh, dass sie um ihr Mittagessen gebracht worden war. Sie wartete lieber und kaufte sich dann in der Stadt etwas, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab.

Sie brachen ihr Lager ab und machten sich auf den Weg. Der Ort war noch etwa zwei Stunden Fußmarsch entfernt, und Naruto jammerte, dass er am Verhungern sei. Ōkami nahm dies zum Anlass, ihm das Jagen zu erklären. Sakura hatte angenommen, dass sie damit das Fallenstellen meinte, aber dann fing sie an, die Jagdtechniken der Wölfe zu erklären, wie sie ihre Beute ausmachten, isolierten und stellten.

»Welpe, geh runter von mir, ich muss dem Welpen etwas zeigen«, forderte sie Tobirama auf, der wie immer auf ihr ritt.

»Muss das sein?« Tobirama klang einigermaßen genervt.

»Ja, muss es. Das ist wichtig.«

»Jeder hier weiß, wie man eine Kehle öff… argh!«

Ōkami ließ sich zu Boden fallen und rollte sich zur Seite. Damit hatte sie Tobirama von sich geworfen und unter einer gigantischen Masse an weißen Fells begraben. Sakura musste ein Lachen unterdrücken, erst recht, als Ōkami ihm eine Pfote auf die Brust stellte, um ihn am Boden zu halten, und ihm das Gesicht abschleckte. Tobirama brummte miesepetrig.

Naruto beobachtete die beiden skeptisch. »Und wie soll mir das jetzt weiterhelfen?«

»Du beißt so zu, schau her.« Mit beachtlicher Sorgfalt schloss Ōkami ihre gewaltigen Kiefer um Tobiramas Kehle, ohne wirklich zuzubeißen. Sie wedelte mit dem Schwanz. Tobirama fügte sich in sein Schicksal.

»Aha.« Naruto wirkte nicht überzeugt.

»Geh runter von mir!« Tobirama schob Ōkami von sich, das hieß, sie ließ zu, dass er sie von sich schob. Dann stand er wieder auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und richtete sich sein happuri. Ōkami stupste ihn mit der Schnauze an und er kraulte ihr dann doch das Kinn.

»Ich zeig dir die Tage, wie man Fallen stellt«, versprach Kakashi Naruto.

»Und warum nicht jetzt gleich, sensei?«, fragte Naruto ungeduldig.

»Weil wir dann nie ankommen. Du kannst dir in der Stadt was zu essen kaufen.«

Naruto maulte, aber keiner schenkte ihm weiter Beachtung.

Sie schritten zügig aus und brachten so rasch die restliche Wegstrecke zur Stadt hinter sich. Sakura war ein wenig eingeschüchtert von all dem Trubel und den vielen Menschen um sich herum. Überall gab es etwas zu entdecken und sie wusste gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollte. Mito riet ihr, auf ihre Geldbörse acht zu geben, und wie sich herausstellte, war das ein guter Rat. Es dauerte nicht lang, da machte sie schon den ersten Langfinger in der Menge aus.

Shinobi waren anscheinend kein unbekannter Anblick in diesem Ort, dennoch warfen die Menschen Ōkami lange Blicke zu. Die Wölfin ließ sich davon jedoch nicht beirren und trottete ruhig durch die Straße.

Sie hatte die Nase am Boden, doch dann schnaubte sie und hob die Lefzen. »Hier stinkt es erbärmlich. So kann ich keine Fährte aufnehmen.«

Tobirama führte sie in eine weniger geschäftige Seitenstraße. Dort kniete er sich ebenfalls hin und legte eine Hand auf den Boden. Alsbald machte er jedoch ein Gesicht, als würde ihm irgendetwas Kopfschmerzen bereiten, und er stand wieder auf.

»Zu viele Menschen«, sagte er. »Unmöglich, da eine einzelne Person auszumachen. Wir werden also wieder auf herkömmliche Weise suchen müssen. Hast du irgendwelche Anhaltspunkte, Yamato?«

»Als ich mich umhörte, machte es gerade die Runde, dass Tsunade-hime wohl derzeit eine Glückssträhne hat«, sagte Yamato. »Das sorgte wohl aufgrund ihrer«, er räusperte sich, »Reputation für einiges Aufsehen. Ich würde im teuersten Kasino anfangen, das dieser Ort zu bieten hat.«

»Ich hoffe wirklich, Tsuna hat sich in keine Schwierigkeiten gebracht«, bemerkte Mito. Sorge sprach aus ihrer Stimme.

Tobirama seufzte. »Dann lasst es uns schnell hinter uns bringen.«

Besagtes Kasino zu finden, war in der Tat nicht allzu schwer. Sie fragten sich durch und standen nur wenig später vor dem Kasino. Sakura warf einen skeptischen Blick auf den Türsteher, ein breitschultriger Mann mit dem Nacken eines Bullen, dessen bloße Brust über und über mit Tattoos bedeckt war. Dem wollte sie definitiv nicht im Dunkeln begegnen. Und hier sollte Tsunade sich aufhalten?

Sie fragte sich wirklich, was für ein Typ Mensch Tsunade war.

»Ich denke, es ist besser, wenn ich vorgehe«, schlug Kakashi vor. »Wenn wir mit der Tür ins Haus fallen, könnte es eventuell etwas viel auf einmal sein.«

Er gestikulierte in Richtung Tobiramas und der Genin.

Tobirama machte den Eindruck, als wolle er erst Einspruch erheben, doch dann nickte er. »Gut. Wir warten hier.«

Was sie wohl zu erwarten hatte, fragte sich Sakura. Die Leute schienen Tsunade zu respektieren und sie schien auch maßgeblich zur modernen Medizin beigetragen zu haben. Andererseits waren sie seit Wochen nun schon von einer Lasterhöhle zur nächsten gezogen, immer auf den Spuren Tsunades.

Sie konnte Mitos Aufregung und gleichzeitig Nervosität spüren, doch Mito blieb still. Tobirama stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und wie immer verriet sein Gesicht nicht, was er gerade dachte.

Etliche Minuten verstrichen, und Sakura fragte sich schon, ob sie sich vielleicht vertan hatten und weitersuchen mussten. Doch da öffnete sich die Tür und Kakashi kam in Begleitung zweier Frauen wieder heraus. Eine von ihnen hatte schulterlanges schwarzes Haar und trug einen dunkelblauen yukata. Ein kleines Schweinchen trottete hinter ihr her. Die zweite Frau hatte ihr hellblondes Haar zu zwei Zöpfen gefunden und war in einen grünen haori gekleidet, unter dem sie einen kurzen grauen yukata trug. Sie hatte sich Kakashi halb zugewandt und sagte gerade etwas zu ihm. Dann jedoch erblickte sie Tobirama. Sie erstarrte und brach mitten im Wort ab.

»Du …« Sie blinzelte.

»Hallo, Tsuna-chan«, sagte Tobirama. Ōkami neben ihm wedelte fröhlich mit dem Schwanz.

»Du … Das … das kann nicht sein!«, stammelte Tsunade. »Du bist tot. Tot! Das ist fast vierzig Jahre her!«

»Edo Tensei«, sagte Tobirama nur. »Nicht dass ich das im Sinne hatte damals.«

»Du Bastard!«, schrie sie ihn an. Mit drei langen Schritten war sie bei ihm und hämmerte mit der Faust auf seine Brust ein. »Du elender Bastard! Du bist einfach gegangen und hast mir versprochen, dass du wiederkommst, obwohl ich dich angefleht hatte zu bleiben! Und dann … dann bist du einfach nicht wiedergekommen! Hast mich einfach so zurückgelassen, wie Großvater mich auch verlassen hatte! Wie konntest du nur? Du wolltest mir doch etwas aus Kumo mitbringen. Wie konntest du nur?«

Ihre Stimme war immer schwächer geworden und so auch ihre Schläge. Am Ende krallte sie ihre Hände in seinen Pelzkragen und sank schluchzend gegen seine Brust.

Tobirama drückte sie an sich, strich ihr über das Haar und wiegte sie sanft, als wäre sie noch immer ein Kind. »Shhh. Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«

»Hast du den Mistkerlen wenigstens ordentlich in den Arsch getreten?«, schniefte Tsunade, ohne ihn wieder loszulassen.

»Hab ich«, versicherte Tobirama ihr. »Dieser alte Wolf hat seinen Biss noch nicht verloren. Am Ende hatte ich Kinkaku und Ginkaku noch fast mit mir genommen.«

»Aber nur fast.«

»Es tut mir leid …«

Ōkami drängte ihre Schnauze zwischen die beiden, um dann die Tränen von Tsunades Gesicht zu lecken. »Hallo, kleiner Welpe.«

Tsunade lachte, auch wenn ihr noch immer Tränen in den Augen standen. »Tut gut, dich wiederzusehen, Ōkami-oba-san.«

»Willst du wieder Schleifen in mein Fell binden? Du weißt, du darfst das. Aber nur du.«

Tsunade kraulte sie zwischen den Ohren. »Aus dem Alter bin ich raus, fürchte ich.«

Ōkami jaulte wehklagend und legte den besten Hundeblick auf, zu dem sie fähig war. Sakura merkte, wie sie bei dem Anblick selbst schwach wurde.

»Hat dir Kakashi gesagt, weshalb wir dich suchen?«, fragte Tobirama.

Tsunade machte ein finsteres Gesicht. »Ihr wollt mir diesen blöden Hut aufdrücken, der meine ganze Familie ruiniert hat. Und … irgendwas mit Großmutter und Großvater? Ganz ehrlich, dass du hier als Edo Tensei vor mir stehst, reicht mir als Überraschung für einen Tag.«

»Hashirama, Mito und auch Madara hängen derzeit als Chakrageister in Naruto, Sasuke und Sakura fest und Mito und ich wissen nicht, wie wir das lösen sollen«, sagte Tobirama geradeheraus.

Tsunade starrte ihn an und wandte dann ihren Blick Kakashi zu. Der nickte jedoch nur stumm. Tsunade lachte auf. »Ihr verarscht mich. Tobi-oji, du hast wirklich keinen Sinn für Humor. Ihr könnt das nicht ernst meinen. Diese Kinder hier?«

»Ich hab echt nicht darum gebeten, echt jetzt«, kommentierte Naruto. »Sie glauben ja nicht, wie nervig Madara-jiji sein kann.«

Sasukes Gesicht hellte sich auf, wie es typisch für Hashirama war. »Gut siehst du aus, Tsuna-chan. Ich freue mich echt, dich wohlbehalten wiederzufinden. Aber ja, es stimmt. Diese Kinder hier, auch wenn gegenwärtig niemand weiß, wie es dazu kam. In einem Moment weiß ich, dass ich meinen letzten Atemzug tue und im nächsten passierte das hier.«

Eine Ader in Tsunades Gesicht trat hervor. Dann holte sie mit der Faust aus und schmetterte sie Sasuke ins Gesicht. Der Schlag war kräftig genug, um ihn hintenüber zu Boden zu schicken.

»Au!«, jammerte Hashirama. »Das hat der arme Junge nicht verdient, die blauen Flecken werden ihm bestimmt ein paar Tage lang wehtun.« Dann lachte er auf. »So kenne ich meine kleine Tsuna. Der Schrecken aller Jungs an der Akademie!«

»Lass das!«, rief Tsunade aufgebracht aus. »Hör auf, so zu reden und dabei wie dieser Junge auszusehen! Ich hab meinen Frieden damit gemacht, dass ihr tot seid, und jetzt … jetzt passiert das hier!«

Tobirama legte Tsunade eine Hand auf die Schulter. »Du kannst auf mich einschlagen, wenn es dir dann besser geht. An mir kannst du derzeit keinen dauerhaften Schaden anrichten.«

Tsunade musterte ihn und ballte bereits die Hand zur Faust, als sie anscheinend wirklich darüber nachdachte. Doch dann entspannten sich ihre Hände wieder. »Kommt mir, ich hab in der Nähe eine Unterkunft. Da können wir in Ruhe reden.«

 

Wenig später fanden sie sich in einem Teehaus ein. Der Wirt hatte erst protestiert, Ōkami ebenfalls einzulassen, aber dann hatte sie ihm schlicht ihre Zähne gezeigt und er hatte klein bei gegeben. Nun lag sie mit ihnen an dem Tisch, um den sie sich versammelt hatten, um Tsunade auf den neuesten Stand zu bringen.

Tsunades Gefährtin hatte sich als ihr Lehrling Shizune herausgestellt, und das Schweinchen mit Namen Tonton war wohl so eine Art Glücksbringer. Ōkami schien einiges Interesse an Tonton zu haben, denn sie lag mit dem massigen Kopf auf ihren Pfoten gebettet da und starrte das Schweinchen an. Tonton hatte sich in Shizunes Arme geflüchtet und quäkte kläglich.

Tsunade hatte sich statt Tees sake bestellt und stürzte gerade die dritte Schale. »Und ihr wollt mir wirklich weismachen, dass Madara nicht versucht hat, Kyubi für sich zu nutzen?«, fragte sie nach. »Nach allem, was ihr mir immer über ihn erzählt habt?«

»Sehe ich aus, als würde ich Scherze machen?«, erwiderte Tobirama. »Hast du jemals erlebt, wie ich bei so etwas scherzen würde?«

»Ah, stimmt auch wieder«, erwiderte Tsunade. »Du trägst keinen Funken Humor in dir. Das ging alles an Opa verloren.«

Tobirama brummte zustimmend.

»Und du sagst, sensei hat’s wirklich vermasselt?«, wollte Tsunade noch einmal wissen.

Tobirama nickte. »Aber er hat Einsehen. Das kann ihm immerhin positiv ausgelegt werden.«

»Und du hast Danzō umgelegt?«

Wieder nickte Tobirama.

»Und Orochimaru?«

Noch ein Nicken.

»Du musst ja echt wütend gewesen sein.«

Tobirama hob eine Augenbraue. »Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie erniedrigend das hier ist?« Er deutete auf sich. »Das ist mein Jutsu und Orochimaru und es an mir benutzt, um das Dorf anzugreifen, das ich mit meinen eigenen Händen erbaut habe. Das Dorf, das ich mit dem Blut meiner Brüder erkämpft habe. Wütend ist gar kein Ausdruck.«

Tsunade musterte ihn einen Moment lang schweigend. »Ich weiß, um ehrlich zu sein, nicht, wie ich zu der Sache mit Orochimaru stehen soll. Einerseits ist er damit endgültig zu weit gegangen. Andererseits … Wir waren mal ein Team, die legendären Sannin. Das lässt man nicht einfach so zurück.« Sie seufzte und kippte noch eine Sakeschale. »Wie bitter, dass du erst von den Toten zurückkehren muss, damit der ganze Müllhaufen mal ordentlich leergefegt wird.«

»Sakura-chan, darf ich einen Moment?«, bat Mito, und Sakura machte ihr bereitwillig Platz. »Tsuna-chan, ich freue mich wirklich sehr, dich wohlbehalten vorzufinden. Und bitte verpass jetzt nicht auch noch Sakura eine Kopfnuss.«

Sakura konnte die Irritation in Tsunades Gesicht sehen. Dann jedoch lehnte Tsunade sich zurück. »Es ist … furchtbar irritierend, mit euch zu reden, ohne euch wirklich gegenüber zu sehen.«

»Sagen Sie das meiner Nase«, grummelte Sasuke nasal. Er hatte sich zwei Taschentücher in die Nase gesteckt, die jedoch bereits durchgeblutet waren.

»Zeig her«, forderte Tsunade.

Sasuke dachte nicht einmal daran.

Kurzerhand langte Tsunade in sein Gesicht und richtete seine Nase. Sasuke jammerte schmerzvoll auf, doch da hatte Tsunade bereits eine grünlich schimmernde Hand auf seine malträtierte Nase gelegt. Als sie sie wieder wegnahm, hatte die Blutung aufgehört. War das etwa medizinisches Ninjutsu? Sakura war beeindruckt.

»Tsuna-chan, bitte sag mir eines«, bat Mito. »Warum hast du das Dorf verlassen?«

Tsunade sah sie finster an. »Kannst du dir das nicht denken, Großmutter?«

»Ich würde es aber gern von dir hören. In deinen Worten.«

Es war diese Frage, die Mito seit ihren Aufbruch beschäftigt hatte.

Tsunade sah von Tobirama zu Sakura und dann zu Sasuke. »Wenn ihr es wirklich wissen wollt: Ihr habt mir einen Sauhaufen hinterlassen und ich wollte so viel Abstand wie möglich dazu gewinnen. Was sie mit dir angestellt haben, Großmutter …«

Sie warf einen unsicheren Blick zu Naruto.

»Ist schon gut. Naruto weiß es«, versicherte Mito ihr.

»Nun, was sie von dir gefordert hatten und wie sie mit Kushina umgegangen waren, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte«, fuhr Tsunade fort. »Am Tag nach deiner Beerdigung ging ich und blickte nie wieder zurück. Es war, als hätten sie alle vergessen, für was das Dorf einmal gestanden hatte. Und jetzt taucht ihr hier einfach so auf und wollt, dass ich den Mist wieder gerade bügle, den andere verzapft haben.«

»Du bist die letzte Person, die ich fragen würde«, versicherte Tobirama ihr. »Aber Saru hat Recht, gegenwärtig bist du am besten für den Posten geeignet.«

Tsunade durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Und was ist mir dir?«

Tobirama schnaubte. »Ich bitte dich.«

»Jiraiya? Ihn schließt du also aus?«

»Wusstest du, dass er Narutos Patenonkel ist?«, erwiderte Tobirama stattdessen.

»Ero-sennin ist was?«, quäkte Naruto empört dazwischen.

Tobirama ging nicht auf ihn ein. »Da hast du deine Antwort, Tsuna-chan.«

Tsunade knirschte mit den Zähnen. »Also ist die Sache schon entschieden? Keine Wahl?«

»Doch, die wird es geben. Eine simple Ja oder Nein Wahl«, erwiderte Tobirama.

»Und wenn die Leute gegen mich stimmen als ihren neuen Hokage, was dann?«

»Das wird sich zeigen.«

Tsunade verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich mach’s nicht.«

Mit einem Mal sprang Naruto auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Was soll das heißen, Sie machen’s nicht?!«

»Bist du schwerhörig, Junge, oder warum schreist du so?«, erwiderte Tsunade ruhig. »Ich mach’s nicht, was ist daran misszuverstehen? Ich. Werde. Nicht. Hokage.«

»Dann wissen Sie nicht, was das Wort bedeutet, obaasan!«, plärrte Naruto und war drauf und dran, sich auf Tsunade zu stürzen. Kakashi konnte ihn gerade noch am Kragen packen und zurückhalten. Naruto zappelte wild, konnte sich aber nicht befreien.

»Naruto, komm wieder runter«, mahnte Kakashi. »Wir sind in einem Teehaus.«

Tsunade ignorierte ihn und beugte sich herausfordernd vor. »Du Bengel sagst also, ich wüsste nicht, was es bedeutet, Hokage zu sein?«

»Ja, offensichtlich!«, schleuderte Naruto ihr entgegen. »Sie würden so nicht reden, wenn Sie das wirklich zu würdigen wüssten! Eines Tages werde ich Hokage und dann werd ich’s Ihnen zeigen!«

Tsunade lachte auf. »Sag mal, hast du vergessen, wer ich bin? Ich bin Senju Tsunade. Tobirama ist mein Großonkel und Hashirama mein Großvater. Ich stamme in direkter Linie von den Gründervätern dieses Dorfes ab. Ich würde behaupten, ich weiß besser als jeder andere, was es bedeutet, Hokage zu sein. Nawaki wollte Großvater nacheifern und Hokage werden, und dann starb er nur einen Tag nach seinem zwölften Geburtstag. Dan wollte ebenfalls Hokage werden und er starb ebenfalls. Also sag mir nicht, was es bedeutet, Hokage zu sein, dummer Junge.«

»Dummer …?! Ich bin Uzumaki Naruto aus Konohagakure und Namikaze Minato war mein Vater, echt jetzt!« Naruto krempelte seine Ärmel hoch und war drauf und dran, auf Tsunade einzuschlagen.

Sie jedoch lächelte lässig. »Willst du das wirklich versuchen? Ich brauch nur einen Finger, um dich zu besiegen.«

Als Antwort sammelte Naruto sein Chakra in seiner Hand und schrie wütend auf, obwohl er noch immer von Kakashi zurückgehalten wurde. Sakura bemerkte, wie Tsunades Blick zu seiner Hand huschte und Erkennen in ihren Augen aufblitzte. Dann jedoch hob sie ihre Hand und schnippte Naruto gegen die Stirn.

Sein Kopf wurde nach hinten gerissen und er fiel in Kakashis Arme. Kakashi wäre beinahe ebenfalls hinten über gefallen und wirkte offensichtlich überrascht von der Kraft, mit der Tsunade Naruto in seine Arme geschleudert hatte. Naruto blieb benommen liegen.

»Oh, das hat sie von mir gelernt«, kommentierte Mito trocken. »Sie war der Schrecken der Jungen an der Akademie, keiner hatte es gewagt, sich mir ihr anzulegen, aus Angst, von ihr verprügelt zu werden.«

Sakura konnte sich wirklich sehr gut vorstellen, woher das rührte.

Tsunade setzte sich wieder. »Aber Tobi-oji, sag mir eines. Warum hast du sensei zugestimmt, dass ich die beste Wahl für den Posten sei und nicht Kakashi-jūtei? Warum die ältere Erblinie statt der jüngeren?«

»W-was?«, stammelte Kakashi. »Du schlägst vor, ich soll ebenfalls für den Posten kandidieren? Auf keinen Fall!«

Tobirama hob die Hände. »Irgendwer muss es machen und ich werde es nicht sein.«

»Dann schlage ich Tonton vor«, sagte Tsunade.

Tonton quäkte.

»Tsunade«, mahnte Tobirama. »Wenn du noch mal so etwas sagst, bin ich fast geneigt, Narutos Worten Glauben zu schenken.«

»Fein.« Tsunade blickte verstimmt zwischen ihnen hin und her. Dann blieb ihr Blick an Kakashi hängen. »Sag, Kakashi. Wer bringt dem Jungen Rasengan bei? Das Jutsu seines Vaters.«

»Ich«, sagte Kakashi.

Tsunade sah ihn mit gehobener Braue an. »Du hältst das für eine gute Idee?«

»Er schlägt sich gut, er hat bereits die zweite Stufe gemeistert.«

»Bin halt doch besser, als Sie gedacht haben, was?« Naruto war wieder zu sich gekommen, wirkte aber noch etwas durch den Wind. Dennoch grinste er und reckte Tsunade seinen Daumen entgegen.

Tsunade musterte ihn. »Kakashi, wir wetten«, sagte sie dann. »Wenn du es schaffst, dem Jungen das Rasengan innerhalb einer Woche beizubringen, dann mache ich’s, dann stelle ich mich zur Wahl. Obendrein erkenne ich dann an, dass du, Naruto, vielleicht doch das Zeug zum Hokage hast. Wenn ihr es aber nicht in einer Woche schafft, dann lässt du dich wählen, Kakashi. Akzeptiert ihr die Wette?«

»Nein!«, sagte Kakashi sofort.

»Aber klar doch!«, plärrte Naruto. Seine Lebensgeister waren wieder völlig geweckt.

Tobirama atmete tief durch. »Rikudō, gib mir Geduld. Aber fein. Wenn es das ist, das dich zur Rückkehr nach Konoha bewegt, Tsuna.«

Nächstes Kapitel: Sakura macht eine wichtige Entdeckung.

»Pass auf, Naruto. Deine erste Lektion als jinchūriki. Das hatte ich auch damals deiner Mutter gesagt, als ich sie das erste Mal sah.«

»Das ist echt spannend und wichtig und alles, Mito-hime. Aber ich muss jetzt wirklich mein Rasengan üben. Sie haben doch gehört, was Oma Tsunade gesagt hat.«

Sie hatten sich für den Abend im Teehaus einquartiert, und Mito hatte Naruto zur Seite genommen für einige wichtige Lektionen, wie sie es genannt hatte. Tsunade hatte sich mit Tobirama, Kakashi, Yamato und Sasuke zusammengesetzt, um sich von ihnen in die Details ihres anderen Problems einweihen zu lassen.

»Morgen ist auch noch ein Tag«, versicherte Mito ihm. »Aber das ist ebenso wichtig. Naruto, beim Kampf gegen Itachi hättest du beinahe die Kontrolle verloren.«

»Madara-jiji sagt, dass das nicht passieren kann, weil er Kyubi kontrollieren kann.«

»Madara-kun ist ein arroganter Vollidiot, der keine Ahnung hat, wovon er da spricht.«

Sakura fürchtete, dass gleich etwas brannte, nach allem, was sie bisher von Madara mitbekommen hatte. Aber das war erstaunlicherweise nicht der Fall. Stattdessen trat Madara jetzt an die Oberfläche, beugte sich vor und musterte Mito grimmig. Was nicht wirklich die erhoffte Wirkung zeigte auf Narutos Gesicht.

»Du willst also behaupten, dass du besser weißt als ich, was die Fähigkeiten meines Sharingan sind?«, knurrte er.

»Ich will vor allem sagen, dass ich eine Uzumaki bin und zudem Kyubis erster jinchūriki und daher besser als jeder sonst weiß, wie Narutos Siegel zu handhaben ist«, erwiderte Mito ruhig. »Denk an früher, wie oft hattest du mir widersprochen und am Ende hatte ich dann doch recht?«

Madara wollte schon etwas sagen, ließ es dann aber. Stattdessen verdrehte er die Augen. »Es war lustiger, wenn du Tobirama hast auflaufen lassen.«

»Halt dich einfach da heraus«, sagte Mito ruhig. »Wer war es denn, der überhaupt Kyubi in das Dorf führte, sodass ich gezwungen war, Kyubi in mir zu versiegeln?«

»Und jetzt was?«, fragte Madara. Er klang beleidigt. »Soll ich mich entschuldigen?«

Mito winkte ab. »Es würde doch ohnehin nichts ändern. Geschehen ist geschehen. Ich würde jetzt gern wieder mit Naruto sprechen und es zudem befürworten, wenn du die Arbeit mit einem Bijū einer Expertin überlässt.«

»Fein.« Madara überließ wieder Naruto das Feld.

Naruto rieb sich den Nacken. »Sagen Sie mal, Mito-hime, wie haben Sie es jemals mit dem Kerl ausgehalten?«

Mito lächelte. »Weißt du, es hat tatsächlich etwas mit meiner ersten Lektion zu tun.«

»Die, die Sie auch meiner Mutter gegeben haben?« Narutos Augen leuchteten auf in der Hoffnung, etwas über Kushina erfahren zu können.

»Sie war noch sehr jung, als sie in das Dorf gebracht wurde«, sagte Mito. »Sogar noch jünger als du. Das war kurz nach dem Untergang Uzushios. Ich war bereits sehr alt und man fürchtete, dass ich an Altersschwäche sterben könnte, bevor ich einen Nachfolger als jinchūriki ausgebildet hätte. Kushina hatte wie ich ein Chakra, das es ermöglichte, Kyubi zu kontrollieren, weshalb man sie auswählte. Sie war verängstigt, allein in der Fremde und ohne Familie. Als Biwako sie vor mich führte, sagte ich ihr, dass sie das Gefäß, das sie war, mit Liebe füllen musste.«

Naruto sah sie mit schief gelegtem Kopf an. »Gefäß?«

»Wir sind jinchūriki. Nun, in meinem Fall war ich einer. Es ist unsere Pflicht, unserem Dorf auf diese Weise zu dienen, und es ist eine Aufgabe, die mich mit Stolz erfüllt. Als ich in deinem Alter war, kannte die Welt nur Krieg und Leid, ein blutiges Rad aus Vergeltung, das sich immer weiter drehte. Dieses Rad zu brechen, war keine leichte Aufgabe, und es gab in der Tat nur eines, das das bewerkstelligen konnte: Liebe. Liebe ist das einzige, was die Dunkelheit dieser Welt vertreiben kann.«

Naruto sann eine ganze Weile lang darüber nach.

»Es gibt manche in unserem Clan, die theoretisierten, dass es möglich sei, dass jinchūriki und Bijū zusammenarbeiten«, fuhr Mito fort. »Aber die meisten hegen die Ansicht, dass dies zu gefährlich sei. Auch ich sehe das so und halte es für sicherer, Kyubi einfach versiegelt zu halten, statt seine Macht auszubeuten und für unsere Zwecke zu nutzen.«

Naruto legte sich eine Hand auf den Bauch. »Kein Wunder, dass Kyubi immer so mies drauf ist«, sagte er nachdenklich. »Das wäre ich wohl auch, wenn ich gegen meinen Willen weggesperrt worden wäre.«

»Es war zu gefährlich, Kyubi wieder frei herumstreifen zu lassen«, sagte Mito eindringlich. »Selbst Hashirama sah das so. Kyubi war zwar schlussendlich von Madara als eine Waffe benutzt worden, aber auch ohne Madaras Kontrolle ist Kyubi wie eine Naturkatastrophe, die über alle Länder herfällt und Verderben sät, wohin er auch zieht. Also bat ich ihn, ruhig in mir zu verweilen, zum Schutze aller.«

»Mito-hime, Sie sagen, dass es gefährlich sei, etwas anderes mit den Bijū zu machen, als sie zu versiegeln«, sagte Naruto. »Aber was wäre, wenn sie freiwillig mit uns zusammenarbeiten?«

»Freiwillig?«, wiederholte Mito verwundert. »Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem das geschehen würde.«

»Aber angenommen, es würde gehen. Wie würde das aussehen?«

»Nun, es gibt Theorien zum sogenannten Bijū-Modus. Dies würde voraussetzen, dass der Bijū seinem jinchūriki sein Chakra freiwillig gibt, ohne darüber Kontrolle auf den jinchūriki auszuüben. Das heißt, der Bijū würde freiwillig weiter in seinem jinchūriki versiegelt bleiben. Wie du weißt, existierst du nicht einfach nur neben Kyubi, Kyubi ist ein Teil von dir. Würde Kyubi aus dir entfernt werden, stirbst du.«

Naruto verzog das Gesicht. »Das klingt schmerzhaft. Das ist dir und Mutter passiert, oder?«

»Mit dem Unterschied, dass ich es freiwillig tat«, sagte Mito. »Deiner Mutter hingegen wurde Kyubi gewaltsam entrissen. Nun, der Bijū-Modus ist nur eine Theorie, ganz offensichtlich wurde das nie in der Praxis überprüft, das ist viel zu gefährlich. Für den theoretischen Fall, dass er jedoch angewendet werden kann, würde das bedeuten, dass du und Kyubi sein Chakra gleichberechtigt nutzen könnten. In gewisser Weise würdest du zu Kyubi werden und das Gewand des Bijū tragen, jedoch ohne völlig die Kontrolle über dich zu verlieren.«

»Was heißt, das Gewand des Bijū zu tragen?«

»Du würdest seine Gestalt annehmen und gleichzeitig würde Kyubi neben dir existieren können und nicht mehr nur in dir. Kyubi wäre immer noch mit dir verbunden, aber dadurch, dass er dir erlaubt, sein Chakra zu nutzen und es durch dich kontrollieren zu lassen, würde er selbst wieder außerhalb seines Siegels Gestalt annehmen können. Dafür müsste das Siegel jedoch geöffnet werden, und wie du dir denken kannst, besteht dann die Gefahr, dass Kyubi versucht, dich zu übernehmen.«

Ein plötzlicher Geistesblitz überkam Sakura.

»Mito-hime, das erinnert mich an etwas«, warf sie ein. »All das klingt sehr danach, wie Sie und ich derzeit koexistieren. Nur dass da natürlich von Anfang an kein Siegel gewesen war, das geöffnet werden müsste. Wenn der Bijū-Modus nicht bloß eine Theorie ist, dann müsste das auch auf uns anwendbar sein.«

»Sakura-chan, das ist genial«, sagte Mito verblüfft. »Ja. Ja, du hast Recht. Das könnte genau so funktionieren. Bijū sind Wesen aus reinem Chakra und gegenwärtig bin auch ich nur Chakra, das neben deinem in dir existiert.« Sie wandte sich wieder an Naruto. »Naruto, Madara, hört zu. Sakura hatte gerade eine sehr gute Idee.«

Sie erläuterte, was Sakura ihr gerade gesagt hatte. Narutos Mine wurde ernster.

»Und wie genau soll das funktionieren?«, fragte Madara.

»Gib mir nur einen Moment.«

Mito zog sich zurück, und wie immer wurde Sakura ein wenig schwindelig, als sie plötzlich die Kontrolle über ihren Körper zurückerlangte. Mito grübelte einen Moment lang, und dann fühlte es sich an, als würde etwas an Sakura zupften. Es war, als würde sie sich ausdehnen und mehr werden als nur die eine Person, die sie war. Und dann sah sie, wie sich Narutos Augen vor Überraschung weiteten und er sah an Sakura vorbei nach oben. Sie folgte seinem Blick.

Mito stand neben ihr.

Ihre Gestalt war ein wenig blass, einen Hauch durchscheinend. Mito war eine Frau von imposanter Erscheinung. Sie hielt sich aufrecht und mit geradem Rücken. Ihr Gesicht wirkte streng und strahlte doch zugleich Wärme aus. Sie trug einen kostbar aussehenden weißen Kimono und ihre Haare waren von solch einem satten Rot, wie Sakura es noch nie gesehen hatte. Sie trug ihre Haare zu zwei Knoten hochgebunden, von denen Siegelpapiere hingen. Ein kostbar aussehendes kanzashi steckte in ihren Haaren, das Gold harmonierte gut mit dem Rot ihrer Haare.

Sakura merkte, wie sie ein klein wenig neidisch auf das umwerfende Aussehen Mitos war. Sie hatte selten eine solch schöne Person gesehen.

Mito betrachtete ihre Hände. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf ihre rot bemalten Lippen. »Hat tatsächlich funktioniert.«

Stille legte sich über den Raum. Alle starrten sie an.

Dann sprang Tobirama auf und trat zu Mito. Er streckte die Hand nach ihr aus, schien jedoch verwundert, als seine Hand durch sie hindurch glitt.

»Wie hast du das gemacht?«, fragte er dann.

»Sakura-chan hatte mich auf die Idee gebracht«, sagte Mito. »Wir besprachen die theoretische Natur des Bijū-Modus, und sie stellte heraus, dass es gewisse Ähnlichkeiten zu unserer jetzigen Situation gibt. Also habe ich einfach angewandt, was ich darüber weiß.«

Sakura spürte noch immer die Verbindung zu Mito, sie war nach wie vor da. Aber jetzt existierte Mito nicht mehr nur in ihr.

Sasuke folgte Tobirama und sah zu ihr auf.

»Hashirama, Madara, es ist, als würdet ihr aus euch heraustreten«, erklärte Mito ihnen. »Eigentlich ganz simpel, ohne ein Siegel wie die Acht Trigramme, die einen zurückhalten. Wir hätten es wahrscheinlich schon die ganze Zeit tun können, wir kamen nur nie auf die Idee.«

Sasuke und Naruto sahen sich ratlos an. Doch dann trat ein konzentrierter Ausdruck auf ihre Gesichter. Plötzlich standen Hashirama und Madara neben ihnen. Sie sahen sich einen Moment lang verwundert an. Dann lachte Hashirama auf und fiel Madara um den Hals. Damit war also auch geklärt, dass Geister zumindest miteinander agieren konnten. Madara ertrug es mit stoischer Mine, Sakura entging jedoch nicht, wie er die Umarmung klammheimlich erwiderte.

»Mada-chan, wie hab ich dich vermisst!«, rief Hashirama überschwänglich aus. »Wie hab ich es vermisst, dir wirklich gegenüber zu stehen. Du hast mir gefehlt, so sehr.«

Dann küsste er ihn, mitten auf den Mund. Sakura glaubte, ihr würden beinahe die Augen aus dem Kopf fallen. Sie warf einen besorgten Blick zu Mito, doch diese lächelte nur, als ihr Mann einen anderen küsste. Sakura war verwirrt.

»Was zum …?«, stöhnte Tsunade auf. »Diese Familie macht mich fertig.«

Hashirama legte einen Arm um Madara, als sei es das normalste auf der Welt, und warf einen Blick in den Raum. »Was denn?«

Sasuke warf ihm einen Blick zu. »Dein Geschenk der Himmel, ja?«

»Ja.« Hashirama strahlte über das ganze Gesicht.

Madara wandte sich ihm mit finsterem Blick zu. »Dein was

Hashirama legte das Äquivalent eines Welpenblicks auf. »Nichts als die Wahrheit.«

»Ich bring dich um.«

»Geht nicht, wir sind schon tot. Ich glaub nicht, dass man doppelt tot sein kann.«

»Ich bin geneigt, es herauszufinden.«

Tobirama betrachtete die drei Geister nachdenklich und ignorierte Hashiramas und Madaras Gezänk. »Inwiefern könnt ihr mit der materiellen Welt interagieren?«

»Gute Frage. Hmm.« Hashirama sah sich um und machte eine kleine Schale aus, die auf dem Tisch stand. Als er sie greifen wollte, glitt seine Hand hindurch. Er betrachtete die Schale und als er es erneut versuchte, konnte er sie tatsächlich greifen. Dann schien er jedoch große Kraft aufbringen zu müssen, um sie zu bewegen. Zunächst passierte gar nichts, dann wackelte die Schale jedoch unmerklich. Man hätte es beinahe übersehen können.

»Plötzlich habe ich großen Respekt vor Poltergeistern«, sagte Hashirama.

»Ihr seid Chakra. Kannst du irgendein Jutsu anwenden?«, fragte Tobirama weiter. Er wirkte im höchsten Maße interessiert.

Hashirama schlug die Hände zusammen, wie Sakura es schon bei Yamato gesehen hatte, als er Mokuton angewendet hatte. Eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Brauen. Nichts passierte.

»Aber lass jetzt keinen Wald hier drinnen wachsen«, warf Tobirama ein.

»Hab ich nicht vor«, versicherte Hashirama ihm.

Aus den Holzdielen zu seinen Füßen spross ein winzig kleiner Trieb. Hashirama ließ die Hände sinken und wirkte einigermaßen unzufrieden. Tobirama, Mito und Madara traten neben ihn und beugten sich über den Trieb.

»Das ist ja lächerlich«, kommentierte Madara trocken.

Hashirama lachte auf. »Das erinnert mich an den Moment, als ich damals das erste Mal Mokuton angewendet hatte. Weißt du noch, otōto? Wir waren noch Kinder. Ich glaube, ich war acht gewesen. Das ist eine Ewigkeit her.«

»Spielt ihr ruhig weiter, Jungs«, sagte Mito ihnen und wandte sich wieder Naruto zu. Er betrachtete sie mit großen Augen.

»Schön, dir persönlich gegenüber treten zu können, Naruto-kun«, begrüßte Mito ihn mit einem gütigen Lächeln. »Das freut mich wirklich sehr. Du musst wissen, du erinnerst mich stark an deine Mutter. Ich vermisse sie wirklich sehr und ich bedauere zutiefst, was ihr zugestoßen ist. Sie war wie eine Tochter für mich. Ich hätte so gern noch mehr Kinder gehabt, aber es hatte nicht sein sollen. Es wäre zu gefährlich gewesen.«

Plötzlich begann ihre Stimme zu zittern und Sakura sah Tränen in ihren Augen. Hashirama war an ihrer Seite, zog sie in seine Arme und strich ihr sanft über die Haare. Sie lehnte sich an ihn und dämpfte ihr Schluchzen in seiner Kleidung.

»Es wäre zu gefährlich gewesen«, wiederholte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Meine Schwangerschaft schwächte das Siegel und bei Miyazakis Geburt wäre es beinahe gebrochen. Wir konnten das kein zweites Mal riskieren. Aber jetzt durfte ich dich kennen lernen, Naruto-kun.« Sie lächelte durch ihre Tränen hindurch. »Du bist wirklich Kushinas Sohn, du bist ihr so ähnlich. Es fühlt sich beinahe wieder so an wie damals, als Miyazaki mich zur Großmutter gemacht hatte. Ich bin wirklich froh, dich kennenlernen zu dürfen.«

Naruto sah sprachlos zu ihr, seine Augen schimmerten. Doch dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. »Danke, Mito-sobo-san.«

Sakura blickte auf, als sie bemerkte, wie Madara zu Hashirama und Mito trat. Tobiramas bitterböser Blick folgte ihm, doch er beachtete ihn nicht weiter.

»Hashirama, Mito«, sagte er leise. »Ich muss mich bei euch entschuldigen und ich muss euch was sagen. Ich hab’s ziemlich verbockt.«

Hashirama sah ihn fragend an. »Ich habe dich getötet, ich müsste mich bei dir entschuldigen.«

»Hashirama, hör mir zu«, unterbrach Madara ihn. »Ja, du hast mich getötet, ich war tot, und eigentlich sollte ich dir böse sein, dass ausgerechnet du mich von hinten erstochen hast. Aber ich blieb nicht tot. Mein Mangekyō hat in der Tat eine weitere Fähigkeit, Izanagi. Damit konnte ich meinen eigenen Tod ungeschehen machen, auch wenn ich auf einem Auge erblindete. Doch den Preis war ich bereit zu zahlen.«

»Aber ich habe deine Leiche versiegelt, damit niemand da herankommen würde«, warf Tobirama ein. Er klang irritiert. »Ich hätte gespürt, wenn jemand an den Siegeln herumpfuscht … egal ob von außen oder innen.«

»Du hast einen Schattendoppelgänger versiegelt«, sagte Madara ihm.

»Aber warum?«, fragte Hashirama, noch bevor Tobirama etwas erwidern konnte. »Warum hast du das getan? Und warum bist du nicht zurück zu mir gekommen?«

»Ich hatte andere Pläne, schon länger«, sagte Madara. »Weißt du noch, was ich dir im Schrein sagte? Über das, was auf der Steintafel stand?«

»Yin und Yang, zwei Kräfte eines ganzen.«

»Entweder arbeiten sie zusammen, um eine größere Kraft zu erlangen, als sie es einzeln jemals könnten. Oder jemand vereint sie in sich. Yin und Yang, Uchiha und Senju. Die Legenden besagen, dass beide Clans von Hagoromo Ōtsutsuki abstammen, dem Rikudō Sennin. Vereint man beides wieder, kann man die Macht des Rikudō erlangen.«

Hashirama schien eine Erkenntnis zu haben, und sie schien ihm nicht zu gefallen. »Deswegen hast du mich gebissen. Um an meinen Teil zu gelangen und Yin und Yang zusammenzufügen.«

Madara nickte. »Für viele Jahre verbarg ich mich vor der Welt, und dann, vor etwa dreißig Jahren, erweckte ich in der Tat das Rinnegan. Aber ich war alt und schwach und wusste, dass meine Jahre gezählt waren. Also gab ich meine Augen einem Jungen aus Amegakure, ohne dass er es mitbekam, und nahm mir stattdessen ein fremdes Sharingan. Der Junge war ein Uzumaki, also konnte er mit dem fremden Rinnegan, das ich ihm eingepflanzt hatte, umgehen. Ich tat es in der Absicht, dass er, sobald die Zeit reif wäre, mich nach meinem zweiten Tod wiederbelebte und mir neues Leben gab, um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Es fehlte allein jemand, der mein Vermächtnis in der Zwischenzeit fortführte und den Jungen auf den Pfad führte, auf dem ich ihn haben wollte. Vor ungefähr fünfzehn Jahren dann fand ich jemanden, der mir dafür geeignet schien. Ein junger Shinobi aus Konoha, verunglückt auf einer Mission, als er bei einem Höhleneinsturz unter einem Felsbrocken eingequetscht wurde. Ich zog ihn unter dem Felsen hervor, brachte ihn in mein Versteck und pflegte ihn gesund.«

Bei diesen Worten sprang Kakashi auf und eilte zu ihnen. Sein Atem ging hektisch und er starrte Madara an. »Wer?«, verlangte er zu wissen. »Wer war dieser Junge?«

»Uchiha Obito.«

Nächstes Kapitel: Showdown!
CN Gewalt gegen Menschen

»Obito lebt?!« Kakashi konnte nicht glauben, was er da hörte.

Obito lebte. Es war unmöglich. Kakashi hatte gesehen, wie der Felsbrocken ihn zerquetscht hatte. Niemand hatte das überleben können. All die Jahre hatte er versucht, seinen Frieden damit zu machen (es war ihm nicht gelungen) und sein Leben nach Obitos Vorbild zu führen (es war ihm nur so mäßig gelungen). Erst Obito, dann Rin, dann sensei. Sie alle waren tot, gefeiert als Helden, aber doch nichts weiter als Namen auf einem Stein.

Und jetzt tauchte einfach dieser … dieser Geist der Uchiha auf und eröffnete ihm, dass er Obitos Leben gerettet hatte. Kakashi konnte nicht glauben, dass ein Geist seiner Vergangenheit einfach so aus dem Grab wieder auferstanden sein sollte, nachdem er all die Jahre geglaubt hatte, Obito sei tot. Er konnte es nicht glauben, er wollte es nicht glauben.

Wenn es wahr wäre, dass Obito nie zu ihm zurückgekehrt war, dann …

»Was für ein Plan?«, fragte Hashirama ernst.

Tobirama hatte wortlos nach einem Siegel gegriffen und fixierte Madara mit seinem Blick. Ein Jäger auf der Lauer, bereit zum Zuschlagen.

»Mugen Tsukuyomi«, eröffnete Madara ihnen. »Ein Genjutsu, das den Mond als Spiegel benutzt und die ganze Welt umspannt. Eine ewige Traumwelt, in der jeder Mensch seine tiefsten Sehnsüchte erlebt. Eine Welt ohne Kriege, ohne jeden Konflikt. Mugen Tsukuyomi hätte alles Leid in der Welt beendet.«

Es würde auch alle Menschen versklaven. War es überhaupt möglich, ein Jutsu dieser enormen Größenordnung zu wirken? Es wirkte wie reiner Wahnsinn.

Hashirama sah Madara fragend an. »Warum, Madara? Warum all das?«

»Ein Traum jenseits des Traums, weißt du noch? Mein wahrer Traum. Als du mich mit deinem Schwert durchbohrtest, sagte ich dir, dass dein Konoha eine dunkle Wendung nehmen würde, und ich behielt Recht. Was ist eine Welt wert, in der ich mein Dasein allein fristen muss, ohne meine Brüder?«

»Warum sagst du uns das?«, fragte Tobirama lauernd, Kunai in einer Hand und Siegel in der anderen.

»Ist das nicht offensichtlich? Ich trug Obito auf, nach meinem zweiten Tod meinen Platz einzunehmen und an meiner statt unseren Plan weiter auszuführen«, sagte Madara. »Keine Ahnung, welche Rolle Obito dabei Akatsuki zukommen lässt, aber er hat eindeutig seine Hände im Spiel; immerhin war die Person, die Itachi anheuerte, Obito. Nur er allein konnte all diese Dinge über mich wissen. Auch wird er es gewesen sein, der damals Kyubi auf das Dorf losließ, womöglich in einem gescheiterten Versuch, Kyubi dauerhaft unter seine Kontrolle zu bringen.«

Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein! Kakashi glaubte, ihm würde der Boden unter den Füßen weggezogen, und ihm wurde schwindlig. Wenn das stimmte, dann war Obito für den Tod Minatos und Kushinas und all der anderen verantwortlich. Wie konnte der Obito, der damals unter dem Felsen zerschmettert worden war und Kakashi sein Sharingan gab, nur zu solch einer Person geworden sein? Es schien ihm unbegreiflich.

»Und jetzt bist du der einzige, der weiß, wo Obito ist«, schloss Hashirama verblüffend ruhig.

»Warum bist du nicht wütend auf mich?«, verlangte Madara zu wissen. »Warum bist du immer noch so fürchterlich vernünftig und nicht darauf aus, mich hier und jetzt anzugreifen?«

»Weil ich dich verstehe«, sagte Hashirama viel zu sanft für diese schreckliche Situation. »Du bist verletzt und hast ein tiefes Trauma erlitten. Ich kann nicht sagen, dass ich es vollkommen nachempfinden kann, anders als du habe ich nicht all meine Brüder zu Grabe getragen. Aber ich kann verstehen, woher dein Schmerz rührt. Du würdest uns nicht all diese Dinge sagen, wenn du wirklich wölltest, dass Obito deinen Plan weiter ausführt. Du würdest einfach den Dingen ihren Lauf lassen, ohne mit irgendwem von uns darüber zu sprechen. Ganz so, wie du mich damals verlassen hattest. Jetzt aber hast du deine Absichten geändert und willst verhindern, was du ins Rollen gebracht hattest.«

»Dass du mir nicht einmal böse bist, nie zu dir zurückgekehrt zu sein. Dich getäuscht zu haben und dich glauben ließest, ich sei tot …«

»Glaub mir, das bin ich. Ich bin wütend und enttäuscht und traurig. Nur ist die Vergangenheit vergangen, und was zählt, ist allein das Jetzt.«

»Aber warum Obito?«, platzte es aus Kakashi heraus. »Warum er? Warum tat er all das? Was hat ihn so werden lassen?«

»Rins Tod«, sagte Madara schlicht.

Kakashi der Kameradenmörder. Kaltblütiger Kakashi. Blut an seinen Händen. Rins Blut. Das Loch in ihrer Brust. Ihr Fleisch zerrissen von seinem Chidori.

Es war alles seine Schuld.

»So ein ausgemachter Unfug!«, rief da mit einem Male Tsunade. »Du willst uns also weismachen, dass du dir diesen ganzen Quatsch ausgedacht hast, dass du unschuldige Kinder gehirngewaschen hast, nur weil du nicht damit klarkamst, dass ein paar Leute gestorben waren? Jeder von uns hier hat irgendwann einmal irgendwen verloren und ich höre hier niemanden irre Weltherrschaftspläne predigen.«

»Izuna war nicht irgendwer!«, fauchte Madara, woraufhin eine hitzige Debatte zwischen ihm und Tsunade entbrannte ob des Sinns oder Unsinns seines Plans.

Doch Kakashi hörte nicht mehr hin. Er versuchte noch immer zu begreifen, was er gehört hatte, und das war schon ohne all diese verrückten Ideen Madaras mehr als genug. Obito lebte und es war Kakashis Schuld, dass Madaras Ideen bei Obito auf fruchtbaren Boden getroffen waren.

»Senpai?«

Er schreckte auf, als er einen Berührung am Arm spürte. Tenzō musterte ihn besorgt.

Kakashi blinzelte und versuchte, sich wieder auf das Hier und Jetzt zu fokussieren.

»Schluss damit!«, unterbrach Mito Tsunades und Madaras Debatte energisch.

»Aber …«, setzte Madara an, verstummte aber unter Mitos strengem Blick.

»Halt den Mund, Madara, oder soll ich dir erst eine scheuern?«, knurrte Mito. »Du hast es verbockt und das auf spektakuläre Weise. Jetzt sag uns wenigstens, wo Obito ist und was er vorhat.«

Madara schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust, antwortete dann aber doch: »Mein Versteck befindet sich weit im Norden in einer Region, die sich Gebirgsfriedhof nennt. Da ich dort Obito alles hinterlassen habe, was er benötigt, gehe ich davon aus, dass auch er den Ort als Basis benutzen wird. Um den Mondaugeplan auszuführen, benötigt er die Gedō Mazō, die Hülle des Jūbi.«

»Des was?«, fragte Mito verwundert. »Es gibt nur neun Bijū, ich habe noch nie von einem Zehnschwänzigen gehört.«

»Vor langer Zeit waren sie alle eines, der Jūbi. Hagoromo Ōtsutsuki bekämpfte und versiegelte ihn, doch der Jūbi war so mächtig, dass er sein Chakra teilen musste, womit er die Bijū erschuf. Die Hülle aber, die Gedō Mazō versiegelte er im Mond. Um Jūbi wiederauferstehen zu lassen, muss man die Chakren aller neun Bijū wieder in der Statue vereinen. Das ist die Grundlage, um Mugen Tsukuyomi ausführen zu können.«

Hatte Jiraiya nicht erwähnt, dass Akatsuki Jagt auf die Bijū machte? Und Obito schien der Drahtzieher hinter der Organisation zu sein. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Hatte Itachi davon gewusst?

Tsunade seufzte genervt. »Ihr habt mir einen riesen Scheißhaufen hinterlassen und gerade wurde noch einmal ein ganzes Gebirge obenauf abgeladen. Aber schön. Dann gehen wir eben Obito suchen und halten ihn auf. Ich entkomme dem ja doch nicht. So eine Scheiße.«

»Nein«, widersprach Tobirama. »Du gehst ins Dorf zurück, wie es unser ursprünglicher Plan gewesen war. Alles andere überlass uns. Wir werden wohl allerdings Naruto mitnehmen müssen, damit Madara uns führen kann.«

»Kommt gar nicht in Frage! Wir sind immer noch ein Team und ich komme mit!«, protestiere Sasuke.

»Ich auch!«, fügte Sakura sogleich an.

Er sollte womöglich etwas sagen, dachte Kakashi. Er war immer noch ihr sensei und damit für sie verantwortlich.

»Nein, ihr geht mit Tsunade zurück ins Dorf. Es ist zu gefährlich für euch, und Obito ist immer noch meine Verantwortung«, widersprach er.

»Dann sollten wir erst recht mitkommen! Damit Naruto nicht allein ist.« Sakura sah trotzig zu ihm auf.

Was war aus dem kleinen Mädchen geworden, das bereits beim Gedanken an Gefahr erstarrte?

»Ihr seid Kinder, blutjunge Genin, die gerade von der Akademie abgegangen sind«, sagte Tobirama streng. »Wäre Madara nicht, hätte auch Naruto in der Sache nichts zu suchen.«

Sasuke schaffte es, ihn herausfordernd anzublicken. »Uns hat man an der Akademie beigebracht, dass Kameraden immer zusammenhalten und einander nicht in Stich lassen. Wer das nicht verstanden hat, verdient es nicht, ein Genin zu sein. Nicht wahr, sensei?«

Ah, verdammt. »Nun, da ist was dran …«

Aus irgendeinem Grund brachte das Mito zum Lachen. »So viel Zusammenhalt wollen wir doch nicht entgegenstehen. Und außerdem, Tobi-nii-san, willst du wirklich Madara allein ertragen? Ich fürchte, das endet früher oder später in einer Katastrophe.«

Tobirama verdrehte die Augen und schnaubte.

 

Sie brachen am nächsten Tag schon früh auf und verabschiedeten sich von Tsunade, welche, wie sie besprochen hatten, zum Dorf zurückkehren und Sarutobi berichten würde, wie sich die Dinge entwickelt hatten.

Kakashi hatte die Neuigkeiten des Vorabends noch immer nicht verdaut. Er hatte die ganze Nacht über kein Auge zugetan und war im Geiste immer und immer wieder die Ereignisse von vor fast dreizehn Jahren durchgegangen. Es ging einfach nicht, er konnte einfach nicht den Obito, den er kannte, mit dem aus Madaras Erzählung in Einklang bringen. Aber warum hätte Madara lügen sollen? Das alles klang so absurd, dass es nur die Wahrheit sein konnte.

»Tsuna-chan, in der ganzen Aufregung hätten wir beinahe etwas vergessen«, sagte Mito in diesem Moment. »Ich glaube, Sakura-chan will dich um etwas bitten.«

Sie machte eine Geste, als wolle sie Sakura vor sich schieben, bevor ihr einfiel, dass sie das Mädchen natürlich nicht berühren konnte.

Sakura ließ knallrot an. »W-was?«, stammelte sie.

»Na los, fragt Tsuna-chan«, ermunterte Mito sie mit einem warmen Lächeln.

Tsunade musterte die beiden fragend, sagte aber nichts.

Sakura nahm all ihren Mut zusammen, trat nach vorn und verbeugte sich vor Tsunade. »Ich möchte förmlich darum bitten, Ihre Schülerin zu werden, Tsunade-hime, damit ich von Ihnen medizinisches Ninjutsu lernen kann.«

Tsunade sah sie kritisch an. »Das ist nichts, was man mal eben nebenbei erlernt, Mädchen.«

»Ich weiß«, sagte Sakura, alle Unsicherheit schien von ihr abzufallen. »Mito-hime hat mir bereits ein paar grundlegende Dinge darüber beigebracht und ich möchte gern mehr darüber lernen.«

»Sie ist sehr gut«, fügte Mito an. »Sie ist sogar in der Lage, einige komplexere Siegel zu verstehen, die über dem Niveau einer Anfängerin liegen.«

Tsunade sah von Mito zu Sakura und dann wieder zu Mito. »Eigentlich wollte ich keine Schüler mehr annehmen. Andererseits …«

»Wenn ich sage, dass das Mädchen das Zeug dazu hat, dann ist dem auch so«, betonte Mito.

Tsunade seufzte und nickte. »Meinethalben.«

»Oh. Wirklich? Wie toll!«, rief Sakura aus. Dann schlug sie die Hände vor den Mund. »Ich meine: Vielen Dank, Tsunade-hime!«

Tsunade jedoch nickte nur und winkte ab. »Ja, ja. Schon gut. Streng dich besser an, Mädchen. Ich werd‘s dir nicht leicht machen.«

Sakura nickte eifrig.

Tsunade nahm es hin und wandte sich mit Shizune zum Gehen. Sie wirkte über die ganze Sache nicht allzu glücklich.

»Denk an unsere Wette, kleiner Vetter«, erinnerte sie Kakashi dennoch.

Kakashi spürte, wie alles Blut aus seinem Gesicht wich. Er gab einen unwilligen Laut von sich. Naruto hatte sich gefälligst Mühe zu geben, Kakashi hatte absolut keine Ambitionen, diesen Hut auf seinem Kopf zu sehen.

Damit trennten sich ihre Wege wieder und jeder ging seiner Aufgabe nach.

Madara ließ sich nicht blicken und überließ es Naruto, ihnen zu sagen, wohin ihr Weg sie führte. Wenn er ganz ehrlich zu sich war, dann war Kakashi auch ganz froh darum, ihn jetzt nicht ansehen zu müssen. Er hatte sich in den letzten Wochen gerade so daran gewöhnt, Madara unter ihnen zu wissen, aber das, was er über Obito erfahren hatte und was Madara mit ihm angestellt hatte, lag ihm noch immer schwer im Magen.

Wieso? Die alles entscheidende Frage.

Vielleicht verstand er Sasuke ja nun ein bisschen besser. Auch ihn musste die Frage, warum eine geliebte Person, die er zu kennen geglaubt hatte, zu solch schrecklichen Taten fähig war. Anders als Sasuke hatte Kakashi jedoch noch keine Antworten.

Wollte er die Antworten auf seine Fragen? War es wirklich gut, diese Fragen überhaupt zu stellen? Konnte er mit den Antworten umgehen, egal wie sie ausfallen würden?

Tobirama vertrieb sich die Zeit damit, die Möglichkeiten und Grenzen der drei Geister herauszufinden. Wie sich herausstellte, konnten sie sich nicht weit von Kakashis kleinen Genin entfernen und konnten auch nur, wie sie bereits herausgefunden hatten, nur in sehr begrenztem Maße mit der physischen Welt interagieren. Das war zumindest für Kakashi eine Erleichterung. Allein die Vorstellung daran, was Madara sonst alles hätte anstellen können, war schrecklich. Schon der Umstand, dass ausgerechnet er mit Kyubi in Naruto festsaß, war schlimm genug. Dass das noch nicht in einer Katastrophe geendet war, grenzte an ein Wunder.

Ihr Weg führte sie weit in den Norden und in dem Tempo, in dem die Genin reisen konnten, dauerte es einige Tage, bis sie die Region erreichten, in der ihr Ziel lag. Es handelte sich dabei um unwegsames, abgeschiedenes Gelände, in dessen weiten Umkreis nichts und niemand lebte. Die Wildnis hier war dicht und undurchdringlich. Steile Felsgrade und tiefe Schluchten prägten das Landschaftsbild und dazwischen erstreckte sich ein wegloser Dschungel. Das markanteste an der Region waren jedoch die verblichenen und überwucherten Knochen gigantischer Kreaturen, von denen niemand mehr wusste, was sie einmal gewesen waren. Sie ragten überall zwischen dem dichten Blätterdach auf, Zeugen einer längst vergangenen Zeit, in der es vielleicht noch nicht einmal Menschen gegeben hatte.

Erst jetzt ließ sich Madara wieder blicken. Während er sie auf geheimen Wegen durch den Dschungel führte, weihte er sie in das ein, was sie höchstwahrscheinlich am Ende ihres Weges erwarten würde. Er erzählte ihnen, wie er aus Hashiramas Zellen eine Reihe von Kreaturen geschaffen hatte, die er Weiße Zetsus nannte, und wie er ebenfalls Hashiramas Kraft in Kombination mit der Gedō Mazō genutzt hatte, um sein zweites Leben bedeutend zu verlängern. Das alles klang völlig abgedreht, und erschien anscheinend selbst Hashirama sehr fragwürdig. Besonders ihm. Na gut, Kakashi würde es wohl auch sehr befremdlich finden, wenn die Person, die er einst geliebt und dann getötet hatte, einen nicht empfindsamen Klon von ihm bei sich in einem obskuren Geheimversteck hatte.

Er fragte sich, wie Naruto und Sasuke es die ganze Zeit mit den beiden ausgehalten hatten. Er hätte dem vielleicht mehr Aufmerksamkeit widmen sollen, ging ihm auf. Mito schien ja noch die vernünftigste von den dreien zu sein und sich ganz gut mit Sakura zu verstehen.

Für den Moment konzentrierte sich Kakashi jedoch auf taktische Aspekte ihrer Mission. Laut Madara waren einzelne Zetsus nicht allzu stark und konnten leicht besiegt werden. Das war gut, das hieß, dass ein paar gut gezielte Katon dieses Problem aus der Welt schaffen konnten. Das eigentliche Problem würde Obito werden.

Kakashi schob den Fakt weit von sich, dass am Ende dieses Weges ein Kampf gegen seinen einstigen Freund stand. Er hörte Madaras Worte, aber begreifen konnte er sie nicht.

Warum nur, Obito?

»Obito besitzt also die andere Hälfte von Kakashis Kamui.« Dankenswerterweise war es Tobirama, der diesen Schluss zog und laut aussprach, sodass Kakashi dazu schweigen konnte. Er wollte wirklich nicht darüber nachdenken, ob er nun musste oder nicht.

Madara nickte. »Sieht ganz danach aus. Damit kann er sich selbst komplett oder teilweise in die Kamui-Dimension bringen und so Angriffe wirkungslos durch sich hindurch gleiten lassen.«

Wenn Obito also die andere Hälfte von Kakashis Kamui besaß, hieß das auch, dass beide Dimensionen miteinander verbunden waren? Und hieß wiederum das …?

Aber war Kakashi wirklich gezwungen, gegen Obito zu kämpfen? War es wirklich so weit gekommen? Vor einer Woche noch dachte er, Obito sei tot, und jetzt das hier. Er wusste wirklich nicht, wie er damit umgehen sollte.

Dass Naruto trotz allem seine Aufmerksamkeit einforderte, weil er sich diese idiotische Idee in den Kopf gesetzt hatte, Rasengan innerhalb einer Woche zu lernen, half auch nicht wirklich. Verfluchte Tsunade und ihre wortwörtlichen Schnapsideen. Kakashi hatte seine Gründe, sich von diesem Teil der Familie fernzuhalten, und jetzt wurde er doch ständig damit konfrontiert. Er erübrigte das an Zeit, was er konnte, um Naruto bei seinem Training zu helfen, aber wirklich darauf konzentrieren konnte er sich nicht.

Man musste Naruto seine Entschlossenheit auf jeden Fall anrechnen. Nur war jetzt wirklich kein guter Zeitpunkt dafür. Kakashi hatte gerade andere Sorgen.

»Hier ist es«, sagte Madara irgendwann.

Sie standen am Rande eines großen Kraters, dessen Wände einige Dutzend Meter in die Tiefe gingen. Vielleicht die Überreste eines Höhleneinsturzes vor langer Zeit? Am Grunde des Kraters war eines dieser alten Skelette zu sehen, das halb begraben zwischen Erde und Gestein lag.

Tobirama kniete sich hin und legte eine Hand auf den Boden, während Kakashi und Tenzō ihn flankierten und das Gebiet vor ihnen ausspähten. Nichts regte sich dort unten, aber das musste nichts heißen.

Obito …

Tobirama stand wieder auf. »Ich kann definitiv die Anwesenheit eines Uchiha dort unten in der Höhle ausmachen. Er scheint sich unserer Anwesenheit noch nicht bewusst zu sein. Allerdings spüre ich auch sechs Personen, deren Chakra quasi identisch zu dem Hashiramas ist.«

»Zetsus«, sagte Madara. »Sie haben mir als Spione gedient, als ich die Höhle nicht mehr verlassen konnte. Sind im Umkreis noch andere?«

Tobirama sah ihn geringschätzig an. »Das kannst du nicht mehr selbst erspüren?«

»Halt‘s Maul«, giftete Madara ihn an.

Tobirama starrte ihn nieder. Der Mann musste echt Nerven aus Drahtseilen haben, wenn er es wagte, Madara so sehr zu provozieren und ihm die Stirn zu bieten.

»Nein, da sind keine anderen«, erbarmte sich Tobirama dann doch zu sagen. »Nicht im Umkreis mehrerer Dutzend Kilometer.«

Nun denn. Jetzt galt‘s. Kakashi wandte sich an seine Genin. »Kinder, ihr bleibt hier oben und haltet euch versteckt. Haltet Ausschau nach Feinden, aber verlasst auf keinen Fall eure Positionen, so lange ihr nicht entdeckt worden seid. In diesem Fall flieht zurück nach Konoha.«

»Aber sensei …«, setzte Sasuke zu protestieren an.

Kakashi unterbrach ihn. »Keine Wiederworte. Dieses Mal nicht. Habt ihr das verstanden?«

Sie machten nicht den Eindruck, als seien sie allzu glücklich darüber, doch dieses Mal stimmte Mito Kakashi zu und die Genin fügten sich, wenn auch widerwillig. Kakashi stellte sicher, dass sie auch wirklich seinen Worten Folge leisteten, dann folgte er Tobirama und Tenzō den Krater hinab.

Recht schnell fanden sie einen gigantischen Felsblock, der offensichtlich den Eingang zu dem Höhlensystem versperrte. Eine rasche Suche ergab, dass es zumindest im näheren Umkreis keinen anderen Eingang gab.

Madara tauchte bei ihnen auf. Erschrocken zuckte Kakashi zusammen. Aber nun gut, streng genommen hatte er nur seinen Genin gesagt, dass sie sich aus der Sache heraushalten sollten, und wie sie mittlerweile wussten, befanden sie sich hier noch in der Reichweite der Geister.

»Das ist der einzige Eingang«, erklärte Madara. »Alle anderen hatte ich im Laufe der Jahre zerstört. Obito hat auch den hier blockiert, weil er selbst natürlich durch den Fels hindurchgehen kann und auch die Zetsus haben dieselbe Fähigkeit. Ihr werdet laut und deutlich anklopfen müssen, wenn ihr da durch wollt.«

Tobirama seufzte resigniert. »So viel zu Unauffälligkeit.« Er reichte Kakashi und Tenzō einige Haftbomben aus seinem schier unerschöpflichen Vorrat an Siegeln. »Hier. Bringt die da oben an.«

Kakashi und Tenzō erklommen den Fels mittels Chakra und platzierten die Siegel, während Tobirama dasselbe im unteren Bereich tat. Dann suchten sie sich in einiger Entfernung eine sichere Deckung.

»Achtung … Drei … Zwei … Eins …«

Kakashi und Tenzō pressten sich die Hände auf die Ohren und duckten sich hinter den Felsbrocken, hinter dem sie Schutz gesucht hatten. Tobirama aktivierte seine Siegel. Ein ohrenbetäubender Knall erschütterte den Boden und presste Kakashi die Luft aus den Lungen. Staub hüllte sie ein und kleinere Felstrümmer regneten auf sie nieder. Kakashi duckte sich, und Tenzō formte sogleich ein simples Holzdach über ihnen, das das Gröbste abhielt.

Als sich der Staub legte, wagten sie sich wieder aus ihrer Deckung. Die Siegel hatten den Fels pulverisiert und ein großes Loch hinein gesprengt. Ein paar letzte Steine rieselten herab.

»Du hättest vielleicht noch ein, zwei Bomben mehr anbringen sollen«, kommentierte Madara trocken.

»Halt‘s Maul«, giftete dieses Mal Tobirama. Madara ignorierend ging er voran. Kakashi und Tenzō folgten ihm. Madara verschwand und erschien dann erneut am Höhleneingang, wo er auf sie wartete und sie hineinführte.

Sie machten sich keine Hoffnungen, dass Obito sie nicht erwarten würde, nachdem sie ja nun nicht gerade unauffällig um Einlas gebeten hatten. Tobirama ging voran und Madara machte von seiner neu erworbenen Fähigkeit Gebrauch, nach Belieben verschwinden zu können. Er mochte zwar ansonsten nicht viel tun können, aber um ihren Weg auszukundschaften, war diese Fähigkeit perfekt. Das einzige Problem war, dass seine Reichweite sehr stark limitiert war und bald schon ihre Grenze erreichen würde.

Ihr Weg führte sie zunächst durch einen langen, dunklen Gang. Kakashi nutzte sein Sharingan, um sich im dimmen Licht besser orientieren zu können. Madara kannte den Weg und führte sie zielstrebig.

Nachdem er wieder einmal verschwunden und dann wieder bei ihnen aufgetaucht war, berichtete er: »Obito weiß mittlerweile, dass wir kommen und wer wir sind. Kann sein, dass er mich allerdings noch nicht bemerkt hat.«

»Und was willst du tun? Dir ein Laken überwerfen und buh sagen?«, brummte Tobirama, während er um eine Ecke spähte. »Obito lacht sich bestimmt zu Tode.«

»Arschloch«, zischte Madara.

Sie hätten vielleicht doch Hashirama mitnehmen sollen, einfach nur, um die beiden im Zaum zu halten. Das war ja nicht auszuhalten.

Tobirama ignorierte ihn und signalisierte Kakashi und Tenzō, dass sie in Position gehen sollten. Kakashi spähte den Gang entlang und konnte ein kleines Stück vor ihnen erkennen, dass sich der Gang dort zu einer Höhle ausweitete. Etwas Riesiges war im hinteren Teil auszumachen, aber Kakashi konnte nicht erkennen, um was es sich dabei handelte.

»Dort vorne ist es«, sagte Madara. »Obito liegt auf der Lauer und wartet darauf, dass ihr in seine Falle lauft.«

»Was nicht passieren wird.« Tobirama klang weitaus sicherer, als Kakashi sich fühlte.

»Was ist dieses Ding da hinten?«, fragte Tenzō.

»Die Gedō Mazō«, erklärte Madara.

»Und was machen wir mit ihr?«

»Ignorieren. Für‘s erste. Erst ist Obito dran.«

Tobirama warf ihm einen skeptischen Blick zu, dann wandte er sich wieder ihrem Ziel zu. »Na, dann wollen wir mal.«

Kakashi kam in den zweifelhaften Genuss, die Intensität von Tobiramas enormen Chakra ein zweites Mal am eigenen Leibe zu spüren und dieses Mal im Einsatz im Kampf. In rascher Folge ging Tobirama durch eine Reihe von Handzeichen für ein Suiton und beschwor dann eine beachtliche Menge Wasser herauf. Kakashi wusste, wie schwer es war, Suiton anzuwenden ohne tatsächliche Wasserquelle in der Nähe, und hatte keine Ahnung, wie Tobirama es schaffte, so enorm viel Wasser aus dem Nichts heraus zu erzeugen. Und es wurde immer mehr und mehr. Die Flutwelle donnerte durch den engen Gang vor ihnen und strömte in die Höhle hinein. Es dauerte nur Augenblicke, da war der ganze Raum vor ihnen geflutet und alles hinfort gespült, was nicht niet und nagelfest war.

Tobirama wartete gar nicht erst, bis sich sein Wasser wieder beruhigt hatte, sondern stürmte sogleich voran. Eine Explosion erschütterte den Fels. Das Gestein über ihnen splitterte und die Decke drohte einzustürzen. Tenzō reagierte sofort und erschuf mit Mokuton mehrere dicke Balken, um zu verhindern, dass sie verschüttet wurden. Kakashi und Tenzō folgten Tobirama. Tobirama verschwand in einem Hiraishin und nur einen Augenblick später flammte weiter hinten in der Höhle eine Feuergarbe auf.

»Da!« Kakashi deutete in die Richtung und rannte gefolgt von Tenzō darauf zu, Chidori in der Hand.

»Nicht so schnell.«

Einer dieser Zetsu-Typen tauchte aus dem Boden vor ihm auf, eine weiße, menschenähnliche Kreatur, die ihn mit einem raubtierartigen Grinsen ansah. Kakashi dachte gar nicht erst daran, langsamer zu werden. Chidori schnitt mit Leichtigkeit durch den Körper.

»Senpai, da sind noch mehr!«

Das war Kakashi keinesfalls entgangen. Er bereitete bereits ein Katon vor, doch da ließ Tenzō bereits messerscharfe Holzspeere aus dem Boden sprießen, ein ganzes Meer davon. Sie erwischten auch die restlichen Zetsu, manche von ihnen wurden gar förmlich aus dem Boden gerissen, in dem sie sich bis jetzt verborgen hatten.

»Das müssten alle gewesen sein«, kommentierte Tenzō.

Kakashi nickte. Sah ganz so aus. Zumindest die hatten kein großes Problem dargestellt. Dafür hatten sie jetzt jedoch Tobirama und Obito aus den Augen verloren. Kakashi wusste noch, wie es war, an Minatos Seite zu kämpfen, und das hieß üblicherweise, ihm aus dem Weg zu gehen und ihn sein Ding machen zu lassen. Und er hatte dabei nicht auch noch ganze Höhlen geflutet.

Eine weitere Explosion erschütterte das Gestein. Risse zogen sich durch den Fels und große Steine rieselten von der Decke. Kakashi und Tenzō gingen in Deckung, um nicht erschlagen zu werden. Wieder beschwor Tenzō ein schlichtes Holzdach herauf, unter das sie sich duckten.

»Wie ist der Plan, senpai?«

»Nicht sterben ist der Plan.«

Kakashi lugte um die Ecke, um die Lage zu eruieren, doch wie es aussah, waren sie noch nicht aus der Gefahr heraus. Immer größere Felsbrocken stürzten zu Boden. Im hinteren Teil der Höhle fiel bereits die Decke donnernd hernieder und hüllte sie in eine Staubwolke ein. Kakashi und Tenzō husteten, und Kakashi spürte, wie ein Felssplitter seine Wange aufschlitzte. Hastig duckte er sich wieder hinter ihren Schutz.

In dem Moment erschien Tobirama bei ihnen. In seinem Kampf mit Obito hatte er einen Arm eingebüßt, doch Edo Tensei stellte das fehlende Glied bereits wieder her.

»Was jetzt, alter Wolf? War‘s das schon? Hast du deinen Biss verloren?«, spottete Obito von irgendwo. Anhand seiner Stimme konnte Kakashi ungefähr ausmachen, wo er sich befand. Das war gut.

Mitten in dem Chaos, das die Explosionen erzeugt hatten, erschien Madara. »Obito, ich will, dass du mir jetzt ganz genau zuhörst.«

»Scheiße! Alter Mann!« Obito klang überrascht. »Du solltest tot sein! Wie hast du das jetzt schon wieder angestellt?«

»Hat dich einen Scheiß zu interessieren«, sagte Madara knapp. »Wichtig für dich ist, dass sich der Plan geändert hat. Ich will, dass du aufhörst damit.«

Obito schnaubte. »Vergiss es. Du bist tot. Ich führe deinen Willen jetzt fort, das hast du mir selbst so aufgetragen.«

»Tja, mein Wille ist jetzt, dass du den ganzen Mist ab sofort lässt. Der Plan ist gestrichen.«

Kakashi lugte erneut vorsichtig aus seinem Versteck. Er meinte, in einiger Entfernung im sich allmählich legenden Staub eine Gestalt ausmachen zu können. Obito.

»Kakashi, lass Madara reden und hör mir gut zu«, sagte Tobirama. »Ich komme aufgrund Obitos Kamui nicht an ihn heran, aber ich weiß jetzt, wie es funktioniert. Es ist, wie Madara gesagt hat. Du musst mich in Kamuis Dimension bringen, und dann will ich, dass ihr beide Obito angreift mit allem, was ihr habt. Und wenn ich sage rennt, dann rennt ihr so schnell, wie ihr nur könnt, hier heraus. Verstanden?«

Nicht wirklich, aber Tobirama würde sich dabei schon etwas gedacht haben.

»Einen ganzen Körper mit Kamui zu transportieren, ist sehr schwer«, gab Kakashi zu bedenken. »Ich weiß nicht, ob das gut geht.«

»Das spielt keine Rolle. Ich bin Edo Tensei, schon vergessen?« Tobirama hob den Arm, der sich mittlerweile wieder komplett regeneriert hatte. »Selbst wenn du mich dabei komplett zerfetzt, ist das kein Problem.«

»Wenn Sie erst einmal in der Dimension sind, kommen Sie nur mit Kamui da wieder heraus«, erklärte Kakashi. »Ich weiß nicht, ob Hiraishin da hilft, vermute aber nein.«

»Lass das meine Sorge sein«, entgegnete Tobirama. »Obito hat bereits eine noch existierende alte Markierung. Vor seinem Tod muss es Minato gelungen sein, ihn noch zu markieren. Das kann ich nutzen. Also dann, los geht‘s.«

Kakashi war kein Uchiha, schon sein normales Sharingan zu nutzen, erschöpfte ihn. Noch viel stärker waren da die Auswirkungen mit seinem Mangekyō. Es auch nur zweimal für diesen Kampf auf Tobirama anzuwenden, würde ihn beinahe bis an seine Grenzen bringen.

Wenigstens kniete Tobirama direkt vor ihm, da musste er sich keine Sorgen um Genauigkeit machen. Dennoch musste Tobirama schon wieder einen Arm einbüßen, aber er hatte ja selbst gesagt, dass das für ihn kein Problem darstellte. Kakashi atmete ein paarmal tief durch, um wieder ein paar Kräfte zu sammeln, dann wandte er sich an Tenzō.

»Los jetzt.«

Tenzō nickte. Zur gleichen Zeit stürmten sie aus ihrem Versteck. Kakashi warf Shuriken und Tenzō ließ Holz aus dem Boden sprießen. Obito machte keinen allzu überraschten Eindruck und konnte wie zu erwarten dem Angriff ausweichen.

»Da seid ihr ja also.«

»Obito …«

Jetzt erst erhielt Kakashi einen ersten klaren Blick auf die Person, die er einmal seinen Freund genannt hatte und die dann den schlimmsten nur denkbaren Verrat begangen hatte. Obito trug einen dieser Mäntel, die alle Mitglieder von Akatsuki zu tragen schienen, schwarz und mit roten Wolken bestickt. Sein Gesicht war von einer orangenen Maske bedeckt, die nur sein rechtes Auge freiließ. Aus der Dunkelheit, die dahinter lag, schien sein Sharingan.

Kakashi erstarrte. Obito war hier. Er war wirklich und wahrhaftig hier. Irgendwie hatte er die ganzen letzten Tage doch darauf gehofft, dass es nur ein schlimmer Fiebertraum wäre. Aber nein. Er wachte nicht auf. Er war bereits wach.

»Obito, warum? Ist es wirklich wegen Rin?«

»Pah! Denkst du wirklich, ich würde so weit gehen, nur weil du Rin getötet hast? Nein, Bakashi. Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Rin war nur ein Opfer von vielen in einer Katastrophe, die viel umfassender ist.«

»Diese Realität ist eine Hölle. Das habe ich dir gesagt«, mischte sich wieder Madara ein. »Ich habe mich geirrt, und Hashirama hatte Recht. Träume sind nur Träume, Schall und Rauch. Doch was zählt, ist das, was wir aus der Wirklichkeit machen.«

Obito knurrte unwirsch. »Ich hatte nicht vor, dich jetzt schon wiederzusehen, alter Mann. Deine Zeit ist noch nicht gekommen.«

»Und deine jetzt vorüber«, entgegnete Madara ruhig.

»Ha! Und warum stehst du dann noch da rum und machst nichts? Oder bist du dazu nicht in der Lage? Das ist aber Pech.«

»Senpai!«, zischte Tenzō und riss damit Kakashi aus seiner Starre. »Madara lenkt ihn für uns ab, wir müssen das jetzt nutzen.«

Er hatte Recht. Kakashi nahm all seinen Willen zusammen und beschwor ein Chidori herauf. Gemeinsam mit Tenzō setzte er seinen Angriff fort. Kakashi nutzte Tenzōs Holzspeere, um seinem Angriff noch mehr Momentum zu verleihen und sich mit noch mehr Geschwindigkeit nach vorn zu werfen.

Er würde Obito nicht treffen können, nicht wahr? Obito würde den Angriff einfach durch sich hindurch gleiten lassen. Sie konnten ihm auf diese Weise nicht schaden. Es war in Ordnung. Oder?

Rin.

»Kakashi …«

Ihre Stimme, schwach, wie sie ihn aus dem Jenseits rief.

Er kniff die Augen zusammen. »Rin, verzeih mir.«

Obito stand einfach nur da, so wie Rin damals. Er schien zu erwarten, was jetzt kam, und tat doch nichts, um es zu verhindern.

»Reiß mir das Herz aus dem Leib, so wie du es mit Rin getan hast. Doch bei mir ist nichts mehr, das du herausreißen könntest. Nur eine große Leere.«

Kakashis Hand durchbohrte ihn, mitten durchs Herz. Er stolperte voran, denn er traf auf keinen Widerstand. Keine Knochen, die zersplitterten, kein Fleiß, das zerriss, kein Blut, das ihn besudelte. Nichts.

In dem Moment, in dem Kakashi vollständig durch Obito hindurch geglitten war, klappte Obito in der Leibesmitte zusammen, als hätte etwas ihn mit großer Kraft in den Magen getroffen. Er keuchte auf und spuckte Blut, das unter dem Rand seiner Maske hervor ran. Für einen Moment war Kakashi verwirrt. Er konnte das nicht gewesen sein und Tenzō war es ganz offensichtlich auch nicht gewesen. Und dann fiel ihm Tobirama ein.

Obito schien denselben Gedanken zu haben, denn fluchend brachte er Abstand zwischen sich und Kakashi. In einem Wirbel, der die Realität selbst zu verzerren schien, tauchte Tobirama wieder auf, und Obito ging dabei nicht gerade sanft mit ihm um. Er warf ihn förmlich auf Kakashi, und Tobirama konnte seinen Sturz nicht mehr rechtzeitig abfangen, bevor er Kakashi unter sich begrub. Beide gingen sie zu Boden. Was auch immer Tobirama geplant hatte, es hatte wohl nicht funktioniert.

»Scheißkerl«, zischte Obito. »Aber noch einmal funktioniert das nicht.«

Tobirama half Kakashi wieder auf die Beine. »Jetzt ist der Zeitpunkt zum Rennen gekommen.«

Kakashi stellte keine weiteren Fragen. Er nahm die Beine in die Hand und brachte gemeinsam mit Tenzō so schnell wie möglich so viel wie möglich Abstand zwischen sind und Tobirama.

»Edo Tensei ist mein Jutsu, vergiss das nicht. Sag Lebewohl zu dieser schönen Welt.«

Eine Explosion riss Kakashi beinahe von den Füßen, die Druckwelle einer weiteren rammte beinahe sofort mit Wucht in seinen Rücken und warf ihn nach vorn. Tenzō strauchelte ebenfalls. Er versuchte noch Kakashi zu greifen, da erfolgte schon die nächste Explosion. Und noch eine und noch eine weitere. Es schien, als habe Tobirama irgendeine Kettenreaktion ausgelöst, jede Explosion rief weitere hervor. Der gesamte Fels erzitterte und wurde zerfetzt. Mannsgroße Felsbrocken fielen von der Decke und donnerten krachend zu Boden. Mittendrin im Inferno waren Kakashi und Tenzō, die Haken schlagend um ihr Leben rannten, als die gesamte Höhle um sie herum einstürzte.

Tenzō packte Kakashi und zerrte ihn mit sich zu Boden. Im selben Moment schloss sich eine Holzkuppel um sie, unter der sie sich zusammenkauerten. Der Lärm der Explosionen ließ sie beinahe taub werden. Der Boden zitterte, als sei er kein fester Fels, sondern Wasser. Immer wieder wurde das Holz von Gestein getroffen, und Kakashi fragte sich, ob sie hier bei lebendigem Leibe begraben wurden.

Es dauerte über eine Minute, bis endlich Ruhe einkehrte. Die Stille, die darauf folgte, dröhnte beinahe noch lauter. Kakashi und Tenzō atmeten schwer und wagten erst gar nicht, auch nur einen Finger zu krümmen. Erst allmählich regten sie sich wieder.

»Ist die Luft rein?«, wisperte Tenzō.

»Ich glaub schon.« Kakashi wisperte ebenfalls.

Vorsichtig verformte Tenzō sein Holz. Er ließ es spitz nach oben zulaufen, um das Geröll, das sich auf der Kuppel gesammelt hatte, zur Seite zu schieben, erst dann öffnete er die Kuppel. Tageslicht blendete Kakashi.

Sie waren in der Tat mehrere Meter tief verschüttet worden. Die ganze Höhle war eingestürzt und hatte einen tiefen Krater in den Wald gerissen, an dessen Grund sie nun hockten. Es war nichts mehr übrig geblieben, selbst die Gedō Mazō war zerstört worden. Teile von ihr ragten noch zwischen den Felstrümmern hervor, doch es machte nicht den Eindruck, als sei sie noch intakt. Damit war also auch die Frage geklärt, was sie damit machten. Tobirama hatte wirklich nicht gegeizt mit seinen Bomben.

Tobirama selbst hatte es vollkommen zerfetzt, doch Kakashi konnte sehen, wie sich sein Körper bereits wieder zusammensetzte. Irgendwie war es das, was ihn erst jetzt so wirklich die Gefährlichkeit dieses Jutsu begreifen ließ. Edo Tensei war ein Jutsu, um wirklich alles mit in die Vernichtung zu reißen.

Obito jedoch erhob sich aus den Trümmern. Er wirkte schwer angeschlagen und seine Kleidung war zerfetzt. Seine Maske bröckelte und fiel schließlich gänzlich zu Boden. Erst jetzt sah Kakashi ihn wirklich.

Obitos linkes Auge war nur eine leere Höhle und seine rechte Gesichtshälfte war entstellt. Noch immer konnte Kakashi nicht wirklich begreifen, wie Obito es jemals hatte überleben können, unter einem tonnenschweren Felsbrocken eingequetscht zu werden, der seine komplette rechte Körperhälfte zertrümmert hatte.

Aber Obito hatte den Felsen überlebt und jetzt hatte er sogar Tobiramas Kamikazeangriff überstanden. Wie auch immer er das schon wieder angestellt hatte. Augenscheinlich hatte aber selbst Kamui nicht allen Schaden abwenden können.

Obito lachte trocken auf. »Nicht genug.«

Tobirama machte einen viel zu selbstsicheren Eindruck dafür, dass selbst dieser Angriff gescheitert war. »Ich brauche nur ein einziges Siegel.«

Ein simples Fingerzeichen nur und Obitos rechter Arm explodierte in Rot und Weiß. Obito schrie schrill und voller Schmerzen auf und sank auf die Knie. Mit der linken Hand umklammerte er verzweifelt das, was von seinem Arm noch übrig geblieben war. Blut strömte über ihn hinweg.

Und jetzt endlich verstand Kakashi, was Tobirama die ganze Zeit über geplant hatte. Als Kakashi und Tenzō Obito angegriffen hatten, hatte er bereits seine Briefbomben platziert und mit einem Faustschlag hatte er Obito dazu provoziert, ihn wieder aus Kamuis Dimension zu bringen. Die Kettenreaktion dann, die er ausgelöst hatte, hatte dazu gedient, um Obito signifikant zu schwächen. Doch der finale Schlag war diese letzte Bombe.

Kakashi kam wieder auf die Beine und kletterte über die Trümmer hinweg zu Obito. Dieser lag wimmernd und sich vor Schmerzen krümmend am Boden. Kakashi kniete sich neben ihn. Irgendwie fühlte er sich ganz ruhig.

»Obito, es ist vorbei.«

»Ba … kashi«, presste Obito hervor.

»Tobirama hätte dich töten können, aber er hat es nicht getan«, fuhr Kakashi ruhig fort. »Noch kannst du überleben.«

Obito schnaubte. Blut rann ihm aus dem Mund. »Und wenn schon? Der Stein ist ins Rollen gebracht worden.«

»Dann hilf uns, ihn aufzuhalten.«

»Zu … spät«, keuchte Obito.

»Tobirama, verpasst dem Bengel in meinem Namen eine Ohrfeige«, warf Madara ein. »Vielleicht versteht er dann.«

»Vergiss es«, knurrte Tobirama.

Kakashi versuchte die beiden so gut es ging zu ignorieren. »Obito, du kannst hier verbluten und dann war dein Tod völlig um sonst. Oder du entscheidest dich für das Leben und hilfst uns aufzuhalten, was du losgetreten hast. Und selbst wenn du dich für den Tod entscheiden solltest, werden wir doch einen Weg finden, Akatsuki aufzuhalten, und dann hast du nichts erreicht. Aber du kannst dich für das Leben entscheiden und für Rin. Lebe für Rin weiter, damit ihr Andenken nicht stirbt.«

Obito starrte zu ihm auf. Sein verbliebenes Auge schwamm in Tränen. Noch immer floss das Blut aus seinem zerstörten Arm.

»Rin …«

»Lebe, Obito. Lebe.«

Obito entschied sich für das Leben.

Der Alptraum hatte ein Ende.

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Kapitel: 15
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Wörter: 66.462
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Kurzbeschreibung

Naruto glaubt, dass es kaum noch schlimmer kommen kann, als er plötzlich eine Stimme hört, die von sich behauptet, der Geist von Uchiha Madara zu sein. Es kommt allerdings in der Tat schlimmer, als sich eine zweite Stimme hinzugesellt. Naruto muss zu seinem Leidwesen sehr schnell lernen, dass Madara und Kyubi zwar alte Bekannte aber alles andere als Freunde sind. Was Naruto nicht weiß, ist, dass sich Sasuke in der Zwischenzeit mit Hashiramas Geist herumplagen muss und Sakura und Mito ebenfalls miteinander Bekanntschaft schließen. [Team 7 & HashiMadaMito]

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit mittellang, Alternativuniversum, Freundschaft und Humor getaggt.