Autor
|
Bewertung
Statistik
Kapitel: | 100 | |
Sätze: | 2.682 | |
Wörter: | 49.945 | |
Zeichen: | 285.734 |
Ich sah noch, wie meine Verlobte durch diesen Wasserspiegel verschwand... es war nicht das erste Mal, dass sie mich so verließ. Doch dieses Mal war es um einiges schwerer und schmerzhafter als das letzte Mal, ich hatte jetzt ihr Versprechen meine Frau zu werden, ich hatte in ihrem Geist gesehen, dass sie ebenso nicht ohne mich sein wollte.
Doch WANN würde sie wieder hier sein? Dieser Gedanke des Ungewissen erfüllte mich erneut mit Unruhe und Wut, ich konnte solche Zustände nicht dulden.
Doch es war meine kleine Schwester, welche mich für einen Moment unter ihre Fittiche nahm, auch sie würde Alexandra vermissen. Nicht nur ich sah und spürte es, auch Shay nahm diese Verbindung wahr und war wie ich selber, nicht ganz begeistert davon. Wir konnten sie aber nicht ändern, die beiden Frauen hatten sich und ihre Einigung gefunden und waren … ja, wie soll ich es sagen? Sie waren zusammengewachsen, wie Wurzeln, welche sich umschlossen und einfach untrennbar waren.
Dieser Gedanke machte mir ein wenig Angst, war diese Konstellation wirklich gut und richtig? Doch ich konnte das am allerwenigstens beurteilen und würde mich auf das Urteilsvermögen von Faith und Alex verlassen müssen.
Also verbrachte ich diesen Abend mit ihnen im Fort Arsenal, wenn ich ehrlich sein soll, alleine sein, war das Letzte was ich gerade wollte und auch ertragen konnte.
Diese Preußin hatte mein Leben verändert, sie hatte mir einen neuen Weg gezeigt, sie hatte mich wieder positiv in die Zukunft blicken lassen, was die Kolonien anging, was mein EIGENES Leben anging und vor allem hatte sie in mir diesen Gedanken weiter keimen lassen, den Orden und die Bruderschaft zusammen bringen zu können. Und ich war dieser Frau unendlich dankbar!
Ein fieser stichelnder Gedanke kam mir aber, auch Ziio war ebenso an meinem Umdenken beteiligt gewesen, auch SIE war mitverantwortlich für diese Gedanken hinsichtlich der Übereinkunft von Assassinen und Templern. Aber Alex war nie eifersüchtig oder hatte mir Vorhaltungen gemacht, im Gegenteil, sie betrauerte ihren Verlust...
Auch wenn wir es nie erwähnten, wir wussten beide, es gab einen Sohn, ein Kind ... Würde ich umgekehrt mit meiner Verlobten später dann Kinder haben können? Alex war bereits jetzt über 40, ganz genau wusste ich es nicht, ich kannte mich nicht hinreichend aus.
Ich muss das erst einmal nach hinten verdrängen. Es gibt Aufgaben, welche jetzt an erster Stelle stehen!
So langsam fing ich wieder an, mein Leben in die geordneten Bahnen zu lenken. Selbst wenn es mir an manchen Tagen schwerfiel.
Ich sah mir einige Grundstücke und ebenfalls bereits bestehende Plantagen in Virginia an. Diese Gegend gefiel mir einfach und sie ließ mir Raum, mich und mein Vorhaben zu entwickeln und zu verwirklichen.
Es gab diverse Pflanzer, welche sich hier niederlassen wollten, das wusste ich, doch alle waren sie darauf aus, Sklaven in ihre Dienste zu nehmen. Und genau das war etwas, dass mir widerstrebte. Ich wollte solche Machenschaften nicht unterstützen, es war mir einfach zuwider. Niemand sollte so behandelt werden, niemand sollte in so einer diffamierenden Art verkauft und ja, versklavt werden. Wer für mich arbeitete, sollte frei sein und einfach nur seinen Lebensunterhalt verdienen. Natürlich auf meinem Land und einer gerechten Einigung folgend, für beide Seiten.
Die Belange des Ordens musste ich gleichfalls im Auge behalten und das beinhaltete obendrein Charles wieder einzunorden.
Derzeit war er jedoch auf Mission außer Landes in Europa mit Hickey, seine Rückkehr erwartete ich aber jeder Zeit!
Lady Melanie hatte sich für ihn eingesetzt und Master Lee sollte als Verwalter ihres Anwesens eingesetzt werden. Wenn Alex hier wäre, dann hätte sie sicher nur ungläubig mit dem Kopf geschüttelt, wie man ihm so eine wichtige Aufgabe anvertrauen konnte. Es wäre aber eine Bewährung für ihn und eventuell konnte er so zeigen, was noch in ihm steckte.
Darüber hinaus sollte er auch die Geschäfte mit übernehmen, sowie das Fort Arsenal verwalten, weil Faith und Shay bald nach London aufbrechen würden. Vermutlich werden sie vor Ende des nächsten Jahres auch nicht wieder hier sein.
Somit hatte ich Zeit, mich hier niederzulassen und mich einzurichten.
Ich hatte mich vor 14 Tagen auf den Weg gemacht und war froh, dass ich nun endlich angekommen war. Heute stand nämlich ein Termin mit einem Ehepaar an, Julien und Adrienne Dufresne, welches seine Plantage verkaufen wollte, um wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Sie stammten beide ursprünglich aus Belgien und hatten sich, laut ihrer Aussage, hier nie heimisch fühlen können, zumal auch die Enkelkinder und Kinder in Belgien geblieben waren.
Ich war aber nicht der einzige Mitbewerber, welcher zu Verhandlungen eingeladen war. Es sollte noch ein reicher Franzose anwesend sein, welcher bereits ein höheres Angebot als meines abgegeben hatte. Meine finanziellen Mittel waren immer noch stabil, sodass ich mir nicht wirklich Sorgen machen musste, nicht mitbieten zu können. Doch ich hatte mir ein Limit gesetzt!
Das Anwesen mit den ungefähr 350 Hektar Land lag am James River und hatte eine eigene Anlegestelle. Die Dufresnes hatten hier Weizen und Tabak angebaut und das auch sehr erfolgreich, weswegen ich mich in den letzten Wochen auch damit beschäftigt hatte. Ich würde es einfach fortsetzen!
Von weitem sah ich bereits das große Herrenhaus und als ich die lange Auffahrt entlang ritt, sah ich rechts die Ställe mit dem Fuhrpark, dahinter stand ein großes Backsteingebäude. Links neben dem Herrenhaus war ebenfalls ein solches Gebäude und vor der Veranda mittig prangte ein Springbrunnen. Ein sehr imposanter Bau, welcher im Erdgeschoss und in der ersten Etage von Säulen umrahmt war. Das ganze war in Weiß getüncht, nur die Dielen der Veranda waren in dunklem Holz gehalten, genau wie die Fensterläden!
Also vom Äußeren sagte mir das Ganze schon einmal zu, jetzt war ich auf das Innere gespannt.
Mein Pferd wurde von einem jungen Mann in den Stall gebracht und ein Angestellter nahm mein Reisegepäck und ging damit Richtung des linken Gebäudes, welches demnach das Gästehaus sein musste.
Ich wurde freundlich von Adrienne und Julien begrüßt und auf die hintere Terrasse gebracht. Dort saß bereits der besagte Franzose und hatte einen mürrischen Blick aufgesetzt, als er mich sah.
Monsieur Sabourin war der typische, schnöselige Reiche, welcher sich seiner Sache sehr sicher war und keinen Gedanken an eine Niederlage verschwendete. Ich war gespannt, wie die Verhandlungen verlaufen würden.
Doch zu erst wurden wir durch das Haus geführt und man erklärte, dass vieles noch recht neu war, das Ganze wurde erst letztes Jahr richtig fertiggestellt.
Die Raumaufteilung gefiel mir, vor allem dieser wunderschöne riesige Wintergarten mit der Fensterfront.
Hier im Erdgeschoss gab es ein Arbeitszimmer mit ausreichendem Platz für Regale, Sitzgelegenheiten und einen großen Schreibtisch. Daneben lag das großzügige Esszimmer mit angrenzender Küche und Anrichte. Auf der anderen Seite der Eingangshalle erstreckte sich der Salon an welchem ein kleines Lesezimmer anschloss. Wer sich hier wohl fühlen würde, konnte ich mir schon denken!
In der oberen Etage erstreckten sich auf der rechten Seite der Galerie drei in etwa gleichgroße Kinderzimmer, ebenso gab es einen Raum welcher umringt von Regalen war und in der Mitte vor dem Fenster stand ein Schreibtisch. Im hinteren Bereich des Obergeschosses wurden mir die Kammern der engsten Bediensteten gezeigt.
Auf der linken Seite gab es das geräumige Schlafzimmer mit angrenzendem Ankleidezimmer. Daneben gab es ein großes Gästezimmer, an welchem ein kleineres Zimmer anschloss für die Kinder des Besuches! Dazu lagen im vorderen Bereich, mit Blick auf die Auffahrt, zwei weitere Räume.
Das Dachgeschoss wurde als Trockenkammer und Lager für Wäsche und ähnliches genutzt. Also nichts spektakuläres. Wo hingegen der Keller schon ein wenig interessanter war und mich besonders drei Räume im hinteren Bereich interessierten, welche ich als Waffen- oder auch Artefaktenkammer nutzen konnte. Und natürlich ein Versammlungsraum, welcher nicht sofort von nicht eingeweihten als solcher wahrgenommen wurde!
Die Außenanlagen wurden nun besichtigt und ich muss sagen, es war sehr schön und geschmackvoll angelegt! Gerade jetzt im Sommer war es ein herrlicher Anblick, erzählte mir Madame Dufresne, welche auf die ganzen Obstbäume und blühenden Büsche deutete.
Doch ich hörte aus ihrer Stimme heraus, dass sie sich damit schwer tat, alles hier hinter sich zu lassen und wieder zurück zugehen. Auch wenn die beiden sich hier nie richtig angekommen gefühlt haben.
Ich stimmte ihr einfach zu und versuchte sie mit einem aufmunternden Lächeln auf andere Gedanken zu bringen! Adrienne drückte meinen Arm und nickte mir zu.
Danach gingen wir hinein, um alles weitere zu besprechen und ich muss sagen, Monsieur Sabourin war ein zäher Verhandlungspartner!
Mit einem leicht arroganten Blick maß er mich immer wieder, so als wäre ich unfähig, soviel Geld aufzubringen. Doch ich belehrte ihn eines Besseren, während er das Angebot versuchte in die Höhe zu treiben, unterbrach ich ihn einfach und gab einen finalen Preis an.
Gerade als Sabourin wieder ansetzen wollte, wurde er von Monsieur Dufresne unterbrochen, welcher ihn maßregelte.
„Monsieur Sabourin, versteht mich nicht falsch, es liegt natürlich in meinem Interesse, einen guten Preis zu erzielen, doch es ist nicht mein Wunsch, jemandem dieses Anwesen anzuvertrauen, welchem eigentlich nichts daran liegt!“ kam es plötzlich in einem kalten scharfen Ton vom Hausherren und mein Konkurrent starrte ihn mit offenem Mund an.
„Ich muss doch sehr bitten! Natürlich liegt mir etwas an diesem... diesem Haus! Wie kommt ihr darauf, dass dem nicht so ist?“
„Meine Frau besitzt einen guten Instinkt, was die Körpersprache angeht. Auch besitzt sie eine sehr gute Menschenkenntnis. Ihr, Monsieur Sabourin, habt den Eindruck vermittelt, als läge euch nichts an unserem Eigenheim. Es scheint nur ein weiteres Gebäude in eurer Sammlung für euch zu sein, welches ihr prahlerisch unter euren Geschäftsfreunden anpreisen könnt. Auch wie ihr meine Angestellten beäugt habt mit diesem abfälligen Blick, lässt tief blicken und ich möchte diese Plantage in guten Händen wissen!“ schloss Julien nun seine Erklärung und sah den Franzosen giftig an.
„Dann werde ich mich wieder auf den Weg machen und sicherlich ein weitaus geschmackvolleres Anwesen finden als … dieses hier!“ sagte Sabourin mit Nachdruck und verabschiedete sich wütend, aber nicht ohne mir einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, welcher mich aber völlig kalt ließ.
Ich hatte gefunden was ich suchte und hatte somit meine Zukunft besiegelt! Da konnte mir dieser wichtigtuerische Gockel egal sein!
Als dieser dann verabschiedet worden war, bat mich das Ehepaar ins Esszimmer zum Abendessen. Ich würde diese Nacht hier verbringen, vermutlich noch mehrere, die Verträge müssten aufgesetzt und geschrieben werden, ich müsste meinen Umzug planen und noch so einiges mehr.
Während des Dinners bedankte ich mich immer wieder für das mir entgegengebrachte Vertrauen und erklärte, dass ich mich hier dann mit meiner Verlobten niederlassen werde, welche noch in Europa ist. Ich tischte die gleiche Geschichte wie allen Fremden auf und erntete einen traurigen Blick von Madame Dufresne.
„Das heißt, ihr müsst noch auf eure zukünftige Frau warten, Master Kenway? Ich wünsche euch, dass ihr sie bald wieder bei euch haben werdet. Dann war unsere Entscheidung wirklich die Richtige!“ strahlte sie mich jetzt an und ich konnte nur lächelnd nicken.
Am nächsten Tag setzten wir die Verträge auf und besprachen, wann ich hier einziehen konnte.
Ebenso wurden mir ein paar der bereits hier ansässigen Pflanzer empfohlen, welche mir mit Ratschlägen sicherlich weiterhelfen würden. Monsieur Dufresne selber war es, welcher mich schon einmal vorab über den Anbau von Tabak und Weizen informierte.
Und so vergingen die nächsten Tage und ich lernte, wie man eine Plantage führte und unterhielt. Gar nicht so einfach, doch ich hätte ja auch Angestellte. Das Ehepaar wollte mir einige ihrer Diener überlassen und ich willigte ein, es waren keine Sklaven, sondern Menschen, welche ausgewandert waren und hier ein neues Leben beginnen wollten. Auch waren sie allesamt gut untergebracht, in dem großen Backsteinhaus rechts lagen die Unterkünfte der Arbeiter und Angestellten, welche keine eigenen kleinen Hütten oder Häuser hier auf der Plantage hatten.
Außerdem handelte ich noch den Preis für die bereits bepflanzten Felder aus, die Ernte würde mir zufallen und auch die entsprechenden Einnahmen. Doch ich wurde mir mit dem Hausherren auch darüber schnell einig und wenn alles so glatt weiterlief, würde ich bereits Ende August hier einziehen können. Zufrieden machte ich mich wieder auf den Weg zurück nach New York!
Der Umzug ist reibungslos von Statten gegangen und ich richte mich in meinem neuen eigenen Heim langsam ein.
Die Ernten stehen an und ich versuche mein Bestmögliches um dem Ganzen gerecht zu werden! Eine ungewohnte Situation, doch ich habe von klein auf gelernt, auch mit solchen Momenten umzugehen.
Durch meine Lektüre hatte ich die Arbeitsabläufe verinnerlicht, die Verarbeitung und den weiteren Prozess vor Augen und konnte so, den Verkauf einleiten. Dieses Jahr war noch nicht von großen Gewinnen geprägt, doch auch das hatte mir Julien prophezeit. Einarbeiten und lernen... das ging einfach nicht von jetzt auf gleich.
Somit sah ich bei der Ernte zu, ritt die Felder ab und sprach mit den Pächtern. So lernte ich sie besser kennen und sie mich! Es war mir immer mehr möglich diese doch sehr schweißtreibende Arbeit zu analysieren und sie entsprechend zu verbessern.
Als dann die ersten Käufer auf meine Waren aufmerksam wurden, konnte ich entsprechende Angebote abgeben... ich war in der Lage, den Handel anzutreiben! Es erfüllte mich mit Stolz und Frieden! Ich war fürs Erste angekommen und ich konnte den Grundstein für Alex und mich legen.
An manchen Tagen fiel es mir wahnsinnig schwer überhaupt aufzustehen, ich musste mich immer wieder selber ermahnen und an meine eigene Disziplin appellieren! Ich vermisste meine Verlobte und meinen neuen Nachbarn erzählte ich, sie wäre noch in Europa, um ihrer Familie ihre Pläne mitzuteilen und sich zu verabschieden. Ich sehnte ihre Rückkehr immer mehr herbei, doch leider konnte ich sie nicht beschleunigen!
Meine Nachbarn. Das war auch eher nett gesagt, sie wohnten mitunter einen ganzen Tagesritt von hier entfernt, bisher waren sie aber alle freundliche und höfliche Menschen. Da ich selber aber nicht der Typ für ständige Gesellschaften, Empfänge oder Dinner bin, war ich auch nicht so erpicht darauf, daraus sehr enge Freundschaften entstehen zu lassen.
Die Ernte war fast beendet und es hatten sich noch zwei weitere Familien hier auf meinem Anwesen niedergelassen. Alles in Allem war ich zufrieden mit meinem bisherigen neuen Leben.
Heute bekam ich dann Besuch von Charles, welcher, wie er es sagte, eine Auszeit brauchte, von seiner Aufgabe als Verwalter in New York. WAS bitte konnte so anstrengend daran sein? Er war ja noch nicht einmal alleine, er hatte einige Helfer zur Seite gestellt bekommen.
Als ich aber in sein etwas eingefallenes Gesicht sah, konnte ich seinen Unmut regelrecht sehen. Charles schien seine Arbeit nicht gerne zu machen, doch da musste er jetzt durch und von mir konnte er derzeit keine Unterstützung erwarten. Ich war selber zu sehr beschäftigt, alles zum Laufen zu bringen und an eben diesem zu halten!
„Master Kenway, versteht mich nicht falsch. Es ist mir eine Ehre, dass man mir diese wichtige vertrauensvolle Aufgabe übergeben hat, jedoch machen mich diese Nichtsnutze von Helfern wahnsinnig, Sir. Wenn es so weitergeht, werde ich mich nach anderen und fähigeren Männern umsehen müssen!“ meinte er übellaunig und sah mich hilfesuchend an.
„Charles, ich werde euch dabei aber kaum zur Seite stehen können. Ich habe hier alle Hände voll zu tun und kann hier zur Zeit auch nicht einfach weg!“ erklärte ich ihm meine Situation, es war einfach so.
Ich hatte hier noch keinen Stellvertreter, es gab den Aufseher, doch dieser fungierte nicht als Vertretung für mich. NOCH nicht, muss ich dazu sagen, das Vertrauen musste ich langsam aufbauen.
„Dann hoffe ich, dass die kommenden Monate nicht zu schwer werden, was das geschäftliche in New York anbelangt, Sir. Auch sind mir Dinge zu Ohren gekommen, welche ich eigentlich nicht guten Gewissens unterstützen möchte!“ kam es jetzt in einem fast schon verschwörerischen Tonfall von ihm.
„So? Was zum Beispiel, Charles?“ im Grunde wusste ich, was er meinte, aber ich wollte es von ihm hören!
„Da werden illegal Waren geschmuggelt, Sir. Sollte das herauskommen, würde mein Ruf darunter leiden bei der Armee!“ innerlich musste ich grinsen, sein Ruf hatte schon gelitten und das nicht zu knapp.
Nichts desto trotz brauchten wir ihn aber für den Orden, weswegen er noch meinen Schutz hatte und ich betone das NOCH! Ich hoffte für Lee, dass er sich keine weiteren Eskapaden und Fehltritte erlaubte, sonst könnte ich für nichts mehr garantieren!
Zwei Tage verweilte dieser Hundefreund noch bei mir und wenn ich ehrlich sein darf, war ich froh, als er mit seinen Vierbeinern wieder abzog.
Generell habe ich nichts gegen Hunde, Vater besaß auch immer Hunde, besonders dieser irische Bluthund namens Thatch ist mir in Erinnerung geblieben! Heute weiß ich auch, warum er ihn so nannte, er erinnerte ihn an Edward Thatch, Blackbeard! Alex hatte mir den Zusammenhang erklärt!
Doch ich hatte ein Problem mit diesen verwöhnten Spitzen von Charles, sie waren für ihn wie Familie. Mir kam zum ersten Mal der Gedanke, warum Lee keine Frau an seiner Seite hatte, doch im Grunde konnte ich mir die Antwort auch selber geben. Er war ein schwieriger Mensch, seine Charakterzüge waren nicht immer mitfühlend, eher berechnend. Es war im Grunde so am besten, entschied ich für mich!
Ich hatte die letzten Monate ruhig verbracht, hatte an einigen Gesellschaften teilgenommen und auch entsprechende Dinner selber gegeben. Gerade zu meinem Geburtstag und zu Silvester, was besonders die Bassiters erfreute, weil sie nur 5 Stunden von mir entfernt wohnten. Mrs. Bassiter ließ es sich nicht nehmen, mich unter ihre Fittiche zu nehmen „solange meine Zukünftige“ noch nicht hier sei!
Die neue Pflanzzeit begann nun und zum ersten Mal, musste ich mich damit auch praktisch auseinander setzen.
Doch ich bekam tatkräftige Unterstützung von Master Donovan, einer meiner Nachbarn, welcher ebenfalls mit Tabak und Weizen handelte. Es sei wichtig, die Felder nicht immer mit dem Gleichen zu bestücken, die Abwechslung sei das A und O. Auch sollte man ein paar Proben beiseite schaffen um die Qualität und die Veränderungen besser im Blick zu behalten.
So verbrachte ich die nächste Zeit wie so oft mit Lernen und Studieren, es lenkte mich von meinen immer schwieriger zu verdrängenden Gedanken an meine Verlobte etwas ab.
Bisweilen waren die Nächte unerträglich, ich bekam häufig nicht genügend Schlaf. Des öfteren hatte ich das Gefühl, als könne ich sie vor mir sehen, sie berühren, ja sogar ihren Duft wahrnehmen. Es war oft unheimlich, ich redete mir jedoch ein, dass das Ganze nicht so schlimm sei und … genoss diese Momente, wenn ich das so sagen darf.
Heute bekam ich von Charles wieder einmal einen von seinen Bittbriefen, ihm schien die Arbeit über den Kopf zu wachsen.
Doch ich konnte ihm nicht helfen, zumal ich strikte Anweisungen von Lady Melanie hatte, nicht einzugreifen, sondern ihn machen lassen sollte. Sie wüsste schon, warum sie ihn als Verwalter eingesetzt hätte.
Ich hatte ihr zwei oder dreimal geschrieben, dass Master Lee wohl doch etwas überfordert sei, erhielt aber immer nur dieselbe Antwort. Ich solle mich nicht einmischen. NOCH nicht!
In mir keimte aber die Angst, dass er doch etwas falsch machen könnte und was dann? Würde man MICH dafür mitverantwortlich machen, Charles war ja einer MEINER Schützlinge. Ich antwortete ihm mit den immer gleichen Worten, er müsse sich gedulden und weiter lernen, so schwer könne es ja nicht sein.
Der morgendliche Ritt über die Felder gehörte für mich zum Tagesablauf einfach dazu und ich genoss den Frieden für diesen Moment. Die Arbeiter waren allesamt wirklich tüchtig und bekamen Unterstützung von ihren Familien und auch untereinander half man sich hier immer mal wieder aus. Alles in Allem war ich mit der Bewirtschaftung zufrieden und hoffte, es würde so bleiben!
Mein Kammerdiener hatte mich vor einer Woche gebeten, ihn für einige Zeit freizustellen, da er dringende Familienangelegenheiten zu klären hätte. Vermutlich könnte es einige Monate in Anspruch nehmen, nach seiner Aussage. Also war er aufgebrochen, jedoch nicht ohne mir in seiner so eigenen schleimig-höflichen Art, alles Gute zu wünschen.
Ich hatte immer öfter das Gefühl, dass dieser Mann etwas verheimlichte, doch WAS es war, da war ich noch nicht hinter gestiegen.
Vermutlich bildete ich mir das auch nur ein, doch ich hatte eine gute und ausgeprägte Menschenkenntnis, möchte ich annehmen.
Für diese Zeit würde einer der anderen Diener seine Arbeit übernehmen. Ich würde noch einige Gespräche diesbezüglich führen müssen.
Wo soll ich anfangen? Als im Oktober meine kleine Schwester mit ihrer Familie wieder aus London zurück kam, wurde sie von... ich weiß gar nicht wie ich es sagen soll... von einem völlig leergeräumten Haus ohne Angestellten empfangen!
Doch das war noch nicht alles, Lee hatte alles, was nicht nicht Niet- und Nagelfest war, zu Geld gemacht! Nicht nur im Fort Arsenal herrschte dieses Chaos, nein, auch das Anwesen von Lady Melanie hatte er bei einem Kartenspiel verloren!
In mir kochte diese Wut hoch, dass er nicht ganz bei Sinnen sein kann, so etwas zu tun! Ich hätte eingreifen müssen, doch ich sollte es ja nicht tun, jetzt saß ich aber mit gewissen Schuldgefühlen hier und wäre diesem Verlierer gerne an die Kehle gegangen.
Charles hatte sich aber abgesetzt und wir wussten nicht, wohin er war. Also brach ich auf und half ein wenig bei Shay und Faith mit aus und hoffte, man könne mir verzeihen.
Mittlerweile gab es wenigstens schon einige Möbel wieder, welche man auslösen konnte gegen einen hohen Preis wohlgemerkt. Die Geschäfte jedoch waren nahezu zum Stillstand gekommen und die Vertragspartner, Dimitri, Long und Maria waren fast bankrott dank Charles´ Unfähigkeit!
Ich machte mich heute auf den Weg, um wenigstens wieder Bedienstete zu finden, damit Faith nicht alles alleine machen musste. Mit mittlerweile zwei Kindern, war das mit der großen Villa kaum zu schaffen, auch wenn sie mir versicherte, dass sie es gerne machte.
Das glaubte ich meiner kleinen Schwester aufs Wort, doch ihr gesellschaftlicher Stand ließ es nicht zu, dass sie in der Küche stand, dass sie putzte und den alltäglichen Haushalt verrichtete.
Als ich ihr meine Meinung diesbezüglich mitteilte, erntete ich einen bösen Blick und ich wusste, es war ihr lieber in einfachen Verhältnissen zu leben, als dieses ganze, ich nenne es einfach mal, pompöse Getue!
Nebenbei forschte ich nach Charles und eventuellen Hintermännern, welche mir Auskunft geben konnten über seinen Aufenthaltsort. Sollte ich ihn ausfindig machen, wusste ich noch nicht, welche Strafe genau er erhalten würde. Irgendetwas würde mir sicherlich einfallen!
Alleine war ich bei dieser Suche aber nicht, anscheinend gab es noch eine Menge anderer geprellter Kunden, welche hinter ihm her waren. In seiner Haut wollte ich jetzt nicht stecken!, dachte ich des öfteren bei mir.
Doch seine Spuren hatte er gut verwischt, er war halt Templer und ich hatte ihn diesbezüglich ja trainiert! Verdammt!
Am Abend hatte ich drei Diener aufgetan, welche einen tüchtigen Eindruck machten und welche ich auch gleich im Voraus entlohnte, da das Einkommen für die Cormacs noch lange nicht wieder gesichert war!
Master Cormac war es nicht recht, dass ich finanzielle Unterstützung gab und ich versicherte ihm, dass es so etwas wie ein Kredit sei. Welchen ich vermutlich nie zurückhaben wollte, aber dass mussten die beiden ja nicht wissen!
Wenn ich nun auf das alte Jahr zurückblicke, war es im Grunde wenig ereignisreich. Zumindest für mich persönlich war es ruhig verlaufen. Bis auf dieses Theater mit Charles und seinen Eskapaden. Wir hatten ihn immer noch nicht ausfindig machen können, was wirklich seltsam war, er wurde ja gebraucht, hatte vermutlich aber zu viel Angst! Zurecht möchte ich betonen!
Mein Geburtstag war ruhig begangen worden, genau wie das Weihnachtsfest an sich. Immer mehr spürte ich jedoch, dass zwischen Faith und Shay eine gewisse Spannung lag, zu deuten vermochte ich es aber nicht wirklich.
Mir waren natürlich die Gerüchte zu Ohren gekommen, welche besagten, meine kleine Schwester hätte eine Nacht mit dem König verbracht! Das konnte ich mir zwar vorstellen, aber sie würde ihrem Ehemann nie untreu werden. Ich hoffte, dass sich dieses Missverständnis bald klären würde!
„Haytham, ich habe nicht das Bett ihm geteilt, dass müsst ihr mir alle glauben!“ kam es hin und wieder. In diesen Worten hörte ich auch immer leise Verzweiflung und etwas, was unausgesprochen blieb. Ein Geheimnis!
Ich hakte nicht weiter nach, entweder erzählte meine kleine Schwester von alleine, oder sie ließ es. Sie wird ihre eigenen Gründe haben, so dachte ich jedenfalls.
Der Silvester-Abend war mir nicht mehr ganz so in Erinnerung, weil ich dem Whiskey sehr zugesprochen hatte und bereute es auch gleich am Neujahrsmorgen. Ich konnte Alex´ tadelnde Stimme sprichwörtlich in meinem Kopf hören, welche sich über meinen Zustand auch noch lustig machte.
Auch wenn ich hier nicht alleine war, fühlte ich mich einsam. Ich ertappte mich immer wieder dabei, dass ich völlig in Gedanken versunken aus dem Fenster starrte und noch nicht einmal meine Patentochter bemerkte, welche nach meiner Aufmerksamkeit verlangte.
Heute erhielt ich einen Brief aus Virginia mit der dringenden Bitte, einen Händler hier in New York aufzusuchen, welcher neues Saatgut anpries und das auch noch zu einem günstigen Preis.
Wir trafen uns in einer kleinen Taverne bei den Docks und als ich vor Mr. Walther Neillmore saß, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich von ihm kaufen sollte. Er machte einen schmierigen Eindruck, hatte für meinen Geschmack einen zu großen Durst auf Ale und überhaupt, er passte mir nicht wirklich.
Gerade als ich mich verabschieden wollte, erhob auch er sich und blaffte mich lallend an „Mister, nur weil ich nicht so ein schnöseliger Brite bin wie ihr, heißt das nicht, dass ich schlechte Geschäfte mache!“
Gut, so eine Ansprache ließ ich mir nicht bieten und musste es mir auch nicht gefallen lassen, dass er mich beleidigte.
Ich war ein wenig in Kampflaune und ließ sie an ihm aus. Leider hatte Mr. Neillmore überhaupt kein Talent zum Kämpfen und das Ganze war schneller vorbei als mir lieb war!
Ich hatte aber nicht mit den anderen Gästen hier gerechnet, welchen eine kleine Schlägerei gerade recht kam!
Ich fand mich also kurz darauf zwischen ein Dutzend Kampferprobter Herren wieder und neben mir sprangen ebenso einige dazu und unterstützten mich tatkräftig.
Wenn ich jetzt sage, es hat mir Spaß gemacht, klingt es vermutlich eher untypisch für mich, ich weiß. Doch was soll ich sagen? Es tat wirklich gut, sich mal wieder austoben zu können! Diesen Ausdruck hatte Alex auch gerne genutzt, wenn ihr langweilig wurde und mir wurde wieder bewusst, dass sie mir tatsächlich eine ganz neue Weise des Lebens gezeigt hatte!
Etwas lädiert erschien ich wieder im Fort Arsenal und man warf mir einen bösen Blick und ein Kopfschüttelnd zu.
„Haytham! Was hast du denn gemacht?“ kam es vorwurfsvoll von Faith und sie schleifte mich in ihr Arbeitszimmer, um mich zu versorgen.
Es waren nur ein paar Kratzer, nichts ernstes und in Nullkommanichts war ich wieder der Alte, nun ja, nicht ganz, aber wenigstens etwas wieder hergestellt.
„Ich mag es halt nicht, wenn man mich beleidigt, Faith! DU solltest das doch am besten verstehen, oder?“ gab ich Augenzwinkern als Erklärung und erntete eine hochgezogen Augenbraue.
„Der Kampf mit Alex war was anderes, aber ich hoffe, die anderen Herren sind noch am Leben?“
Was bitte dachte sie von mir? „Natürlich, wenn auch mit etwas ramponierten Knochen und einigen Veilchen!“ grinste ich jetzt, wenn ich ehrlich sein soll, dieser Schlagabtausch hatte mir gut getan, auch wenn es sich seltsam anhören mag.
Ich reiste Mitte Januar aus New York ab, weil ich mich wieder um die Angelegenheiten auf der Plantage kümmern musste und ich würde mindestens 14 Tage, wenn nicht sogar länger, unterwegs sein.
Anfang Februar war ich wieder zuhause und konnte auch gleich mit den einzelnen Händlern in Kontakt treten, welche entsprechendes Saatgut hatten oder eben auch schon Anfragen für bestimmte Mengen an Weizen und Tabak, welche ich liefern sollte.
Bis Anfang März verlief mein Leben mal wieder etwas ruhiger, doch das änderte sich schlagartig, als Charles plötzlich mitten in der Nacht bei mir auftauchte und um Schutz ersuchte! Wie immer, es war Jones, welcher sich um ihn kümmerte, die weiblichen Angestellten gingen nicht in seine Nähe. Er hatte einen Ruf weg, der ihm weit vorauseilte und welchen er nicht mehr loswurde. Meiner Meinung nach zu RECHT!
So saß ich im Morgenrock in meinem Arbeitszimmer an meinem Schreibtisch. Mir gegenüber saß dieser eigentlich sehr stolze Mann, doch jetzt sah man seine Angst und auch seine Unsicherheit deutlich in seinem Gesicht.
„Master Kenway, ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Ich weiß, ich habe einen großen Fehler begangen!“ heuchelte er mal wieder, genau wie damals, als er meine Verlobte vergewaltigen wollte. Anscheinend lernte er nicht und ich befand, dass ich das ab jetzt dringend ändern sollte.
„Charles, ich habe gesehen, was ihr mit dem Vermögen, mit den beiden Anwesen, den Angestellten und allem gemacht habt. Ihr seid unfähig, inkompetent und einfach unbelehrbar. Und ihr erwartet, dass ich euch jetzt zur Seite stehe? Das werde ich nicht und ich kann es auch nicht. Ihr wisst das! In wenigen Tagen werden hier Masters Lion und Lucius Williams mitsamt Lady Melanie erscheinen und euch zur Rechenschaft ziehen. Genau wie ich, ihr habt meine kleine Schwester um einiges betrogen. WIE KONNTET IHR NUR?“ giftete ich ihn jetzt an, er war mir mittlerweile ebenfalls zuwider.
„Sir, Master Kenway, das ist alles nur ein Missverständnis. Man hat mich einfach übers Ohr gehauen und mich betrogen! Woher sollte ich...“ ich ließ ihn nicht aussprechen, Ausreden hatte ich genug von ihm bekommen, seit er über die Schwelle meines Hauses kam!
„Ihr werdet in den Arbeiterquartieren untergebracht und ich lasse euch bewachen. Bis Familie Wiliams eintrifft werdet ihr keinen Fuß unbewacht auf meinen Grund und Boden setzen! Ist das klar Charles?“ in seinem Blick sah ich, dass er gerne Widerworte geben wollte, doch wusste ebenso, dass er es damit nur schlimmer machen würde.
Ich ließ ihn von meinem Aufseher in Gewahrsam nehmen und in die Unterkünfte bringen. Ich stellte jeweils zwei Wachen ab, welche ihn im Auge behalten sollten.
An Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken!
Dann endlich Mitte März erschienen Master Lion und zu meinem Leidwesen auch Lady Melanie. Sie war immer noch übelgelaunt mir gegenüber und würde es vermutlich auch bis in alle Ewigkeiten bleiben.
Wir hatten aber wichtigeres zu besprechen und so saßen wir in meinem Arbeitszimmer und berieten, WAS mit Charles passieren sollte.
„Master Kenway, ihr solltet ihn des Ordens verweisen, er ist keine adäquate Persönlichkeit um unsere Belange zu demonstrieren.“ kam es berechtigter Weise von Master Lion.
„Ich muss euch nicht daran erinnern, dass wir ihn für die Belange des kolonialen Ritus weiterhin brauchen? Es wird nicht ewig friedlich bleiben und die Armee wird für uns bald in den Vordergrund rücken! Ich brauche ihn dort und hoffe, er wird sich dann endlich...“ man ließ mich nicht ausreden und es war Lion, welcher mir ins Wort fiel.
„Haytham, dass ist uns bewusst, auch im britischen Ritus haben wir natürlich den Wunsch, dass hier in den Kolonien alles entsprechend in geordneten Bahnen läuft. Doch seid ihr euch sicher, dass ER der Mann ist, welchen ihr an der Spitze sehen wollt?“
Die Frage war berechtigt und beschäftigte mich ebenfalls schon eine Weile. Ich muss gestehen, JA, ich wollte ihn dort sehen. Er ist ein verbissener Mensch, jemand der seine Ziele umsetzen will und auch kann, mit unserer Hilfe.
Und man muss auch anfügen, dass ich, als Großmeister immer noch ein Wort mitzureden hatte und Charles, wenn es hart auf hart kam auch suspendieren konnte. Es fiel mir jedoch gerade sehr schwer, nur ein einziges gutes Wort an ihm zu lassen. Er hatte alles falsch gemacht, was er machen konnte und war sich mal wieder überhaupt nicht seiner Taten bewusst. Manchmal fragte ich mich, ob er nicht doch geistig etwas minderbemittelt war.
Mir kam aber jetzt ein anderer Gedanke! Wenn wir ihn bestrafen wollten, dann bitte mit eher demütigenden Aufgaben und mir kamen diverse in den Sinn!
„Wir wollen ihn alle bestraft sehen, ist das richtig?“ fragte ich eher rhetorisch in die Runde und erntete ein einstimmiges Nicken! „Dann sollten wir ihm Demut und Gehorsam beibringen! Es stehen gerade die Saatpflanzungen an und damit hätten wir über Wochen zu tun. Diese Tätigkeit ist ein Knochenjob und sollte Master Lee schnell von seinem hohen Ross holen, findet ihr nicht auch?“ gab ich grinsend als Anmerkung.
„Also wollt ihr ihn auf den Feldern sehen? Wie einen gewöhnlichen Sklaven, ja?“ meinte Lady Melanie kalt.
„Wenn ihr aufmerksam gewesen wäret, dann hättet ihr bemerkt, dass ich keinerlei Sklaven beschäftige, Lady Melanie. Mein Gewissen und meine Erziehung lassen es nicht zu!“ erwiderte ich harsch und eine gewisse Wut in mir konnte ich nicht leugnen. Es war, als wolle sie mich provozieren mit diesen Worten!
„DAS ist mir schon aufgefallen, löblich, wenn ich ehrlich sein soll. Ist es aber auch eine gerechte Strafe für das Vergehen von Charles?“ fragte sie nun wieder in ihrer ach so typischen gespielt neutralen Art nach.
„Ja, das finde ich tatsächlich! Und glaubt mir, es wird Wochen dauern, bis alles angelegt ist! Ich gehe davon aus, dass auch euer Gatte diese Arbeiten überwachen wird!“
Mit einem Mal schwenkte die Stimmung um und ich konnte spüren, dass alle Anwesenden in einer gewissen gehobenen Laune plötzlich waren.
Sollte mir Charles leidtun? Eigentlich schon, doch etwas in mir sträubte sich noch dagegen, ich wollte ihn unter anderem immer noch für sein Vergehen an meiner Verlobten bestraft sehen. Eigentlich war ich kein nachtragender Mensch, nicht im herkömmlichen Sinne, doch dieser Fehler gehörte anders bestraft.
Damit war es abgemacht und man holte Charles dazu, um ihm seine neue Tätigkeit als Arbeiter vorzustellen.
Mit großen Augen sah er sich hier um und man hatte das Gefühl, er würde immer kleiner werden und schrumpfen. Er sah sich einer Übermacht gegenüber, gegen welche er nie ankommen würde. Er hatte keine Verbündeten, die ihm helfen würden.
„Master Lee, ihr werdet in den nächsten Wochen die Saatpflanzungen mit übernehmen und wir alle werden euch dabei im Auge behalten. Solltet ihr nur den kleinsten Fehler begehen, oder euch den anderen Arbeitern gegenüber abfällig äußern, werdet ihr wie alle anderen auch bestraft!“ meinte Master Lion kalt und starrte ihn förmlich in Grund und Boden, gerade ER hatte allen Grund, seine Wut an ihm auszulassen.
Lion war ein Mensch, welchem sein Vermögen über alles ging und wer ihm nur den kleinsten Schilling nahm, hatte schlechte Karten! Das bekam nun Master Lee in vollem Maße zu spüren. Eigentlich sah er sich einer Wut und Enttäuschung von ALLEN hier gegenüber und musste damit zurecht kommen.
Die nächsten Wochen muss ich sagen, genoss ich einfach und konnte meine doch etwas, darf ich es so formulieren, perverse Freude daran, diesen Menschen leiden zu sehen, ausleben!
Ich war nicht der einzige, der sich an seinem Leid labte, wie er auf den Knien über die Furchen rutschte und sich die Finger wund arbeitete. Es war eine Genugtuung und ich sah dabei gerne zu!
Wenn diese Arbeit erledigt war, ging es an die Bewässerung, auch dafür hatte ich ihn schon vorgesehen und er würde meinen Arbeitern zur Hand gehen! Charles hatte in diesen Wochen keinerlei Selbstbestimmung mehr, auch Lady Melanie sorgte dafür, sie brachte ihn in einem kleinen Schuppen in der Nähe der Felder unter, welcher von ihren eigens dafür angeheuerten Leuten bewacht wurde.
Charles war ein zäherer Bursche als ich gedacht hätte, er verzog keine Miene, er tat, was ihm gesagt wurde, er war... ja er war demütig geworden. Würde es ihm eine Lehre sein? Ich hoffte es für sein weiteres Leben.
Heute sprach ich in meinem Arbeitszimmer mit den Eheleuten Williams über das weitere Vorgehen!
„Ich denke, Master Lee hat seine Lektion fürs erste gelernt, meint ihr nicht?“ fragte ich die beiden nun, doch ich sah, dass gerade Lion noch immer nicht gewillt war, ihm zu verzeihen.
Verzeihen würde ich ihm ebenfalls NIE, doch man sollte ihm jetzt die Gelegenheit geben, sich zu bewähren. Das äußerte ich auch und Lady Melanie stimmte mir seltsamerweise zu, was mich dazu veranlasste, ihr einen anerkennenden Blick zuzuwerfen.
„Haytham, ich bin kein Unmensch, dass solltet ihr wissen, oder nicht?“ fragte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Somit war für Master Lee die verbüßte Strafe fürs erste erledigt, jedoch nur solange, bis er sich wieder entsprechend in Schwierigkeiten brachte. Wir alle hatten aber nicht mehr den Wunsch, ihn in die geschäftlichen Belange einzubeziehen, geschweige denn als Verwalter einzusetzen. Ich hatte kurz überlegt damals, ihn in meiner Abwesenheit HIER als Vertreter einzusetzen und ich muss sagen, ich bin froh es nicht getan zu haben!
Wir teilten ihm nun unsere Entscheidung mit und in Charles´ Gesicht spiegelte sich Erleichterung, Unglaube und tatsächlich Abfälligkeit wieder. Innerlich seufzte ich nur, hatte er immer noch nicht seine Lektionen gelernt? WAS müsste man machen, damit er begriff?
Doch mir kamen die Briten zuvor, kurz nach unserem Gespräch, eine Woche später ungefähr, erreichte uns ein verspäteter Brief seiner Majestät, welcher Charles umgehend nach England beorderte. Er hätte sich für einige Vergehen dort vor Gericht zu verantworten.
WAS bitte hatte Charles noch alles gemacht? Doch ab jetzt würde es die Justiz übernehmen und wir könnten hier die Belange des Ordens weiter ausbauen! So hoffte ich jedenfalls. Lady Melanie war es überhaupt nicht recht, dass man ihr nun die Bestimmung über diesen Mann entzog, doch sie musste sich, wie ich auch, fügen!
Und nun reiste diese Delegation auch wieder ab, aber nicht ohne mich an meine Pflichten zu erinnern und man ermahnte mich, doch an meine Zukunft zu denken. Ich dachte gar nicht daran, darauf einzugehen, sie alle würden früh genug erfahren, WANN ich heiraten würde! Ich würde den Teufel tun und den ganzen Vorschlägen und Einladungen nachzukommen. Auch wenn ich wusste, man meinte es nur gut mit mir.
Es war anstrengend und ich war es einfach leid, in diesem Moment war ich dankbar für Master Cormac, welcher mich verstand und in unserer Korrespondenz mir zur Seite stand. Auch wenn es nur schriftlich war, es baute mich auf und ich sah der Ankunft meiner Verlobten zuversichtlicher entgegen.
Ich würde diesen Tag nicht wirklich hervorheben, wenn er nicht wichtig wäre. Heute erreichte mich ein Brief, welcher mich besorgt zurück ließ.
Meine kleine Schwester hatte mir geschrieben, was wirklich sehr selten vorkam und meistens auch nur, wenn es um wichtige Entscheidungen ging.
Dieser Brief traf mich wie ein Blitzschlag.
Bruder,
du weißt, ich würde dir nicht schreiben, wenn es nicht wichtig wäre. Doch ich bin wirklich verzweifelt!
Zu aller erst, hast du meinem Mann einen Auftrag erteilt, welchem er nachgehen und Stillschweigen darüber bewahren soll? Weswegen er mit der Morrigan einfach auf und davon ist?
Zum anderen, du hast es sicherlich bemerkt, dass zwischen uns gewisse Spannungen herrschen, mittlerweile nicht nur wegen der Sache mit der Nacht bei King George! Haytham, ich habe meine Freundin Caroline hier aufgenommen, weil sie nicht wusste wohin, seit Liam... du weißt ja! Ihr Sohn ist natürlich auch hier und seitdem ist Shay einfach... anders! Habe ich jetzt etwas falsch gemacht?
Aber ich konnte die beiden doch nicht auf der Straße ihrem Schicksal überlassen! Ich weiß, er sieht immer wieder seinen besten Freund in dem kleinen Cillian, aber ich will nicht, dass dieser Junge nur deswegen bestraft wird.
Bitte, sag mir wohin mein Mann unterwegs ist! July und Caden fragen jeden Tag nach ihrem Vater und ich weiß mir keine Antworten mehr!
Ich erwarte jeden Tag deine Antwort!
In Liebe deine Schwester!
Ich las die Zeilen noch einmal, dann ein weiteres Mal. WAS hatte diesen Iren bitte jetzt geritten, dass er so etwas tat?
Zumal er auch MIR nicht gesagt hat, was er vorhat oder wohin er unterwegs war! Dieser Ungehorsam war für mich schon wieder ein Grund, seine Position noch einmal zu überdenken!
Ich atmete tief durch und überlegte, was nun zu tun war. Doch ich kam zu keiner Lösung, wie auch? Der einzige Grund für seinen überstürzten Aufbruch ohne Meldung war, dass er diesen Gedanken nicht ertragen konnte, das Kind seines ehemals besten Freundes bei sich zu haben!
Wenn ich ehrlich bin, es wäre mir auch nicht recht und ich konnte den Iren auch verstehen. Doch musste er deswegen seine ganze Familie im Stich lassen?
Also antwortete ich. Doch was sollte ich sagen? Ich teilte ihr mit, dass ich keinerlei Einfluss auf diese Abreise hatte und auch nicht wusste, wohin ihr Mann unterwegs war. Ich erklärte aber auch, dass es sicherlich für ihn nicht einfach sei, diesen Konflikt jeden Tag vor Augen geführt zu bekommen.
Er hatte damals seinem besten Freund den Tod gebracht und ich wusste, es war nicht leichtfertig, oft hatte er darüber Schuldgefühle! Das ist völlig verständlich! Auch das versuchte ich in meinen Zeilen unterzubringen.
Für einen kurzen Moment überlegte ich, nach New York zu reisen um ihr beizustehen, doch ich wusste, dass ihr Vater mit anwesend war. Das sollte genügen und ich hatte hier eine Menge Arbeit, welche ich nicht unbeaufsichtigt lassen konnte. Zumal ja auch Caroline, laut ihrer Zeilen, mit anwesend war.
Ich konnte nur hoffen, dass Shay bald zur Besinnung kam und wieder die Rückreise antreten würde. Doch innerlich schwor ich mir, ihn mir noch einmal vorzunehmen. Wie konnte er es wagen, einfach so zu verschwinden? Er hatte Verpflichtungen in seiner Position im Orden! Darüber würde ich mir dann später Gedanken machen.
Der Bote nahm meine Antwort entgegen und ich hoffte, sie würde nicht gefühlte 20 Wochen unterwegs sein!
Leider teilte mir Faith schon kurz darauf mit, dass ihr Mann immer noch nicht wieder zuhause sei und das machte mich zum einen wütend und stimmte mich umgekehrt traurig, er liebte Faith und seine Kinder!
WARUM in drei Teufels Namen startet er so eine Reise?
Vor drei Wochen war Jones zurückgekehrt und hatte seine Nichte, Zoe, im Schlepptau.
„Master Kenway, unsere Familie hatte einige Schicksalsschläge zu verkraften und meine Nichte hat leider niemanden mehr, der ihr geblieben ist. Hättet ihr vielleicht noch eine Stelle als Zimmermädchen oder ähnlichem für sie, dann wäre Zoe auch nicht so alleine und ich könnte auf sie aufpassen!“ kam es tatsächlich leise und höflich, ohne schleimerisch zu wirken, von ihm.
Also gab ich diesem Mädchen eine Chance und es wurde mir überschwänglich gedankt, ein kleiner Rest Skepsis blieb jedoch in mir.
Ich wusste immer noch nicht so recht, ob mein Kammerdiener mir die Wahrheit sagte!
Mittlerweile war auch Master Cormac von seiner doch sehr unüberlegten Reise zurück. Jedoch ohne ein Wort, WO er war und warum er ohne uns allen Bescheid zu geben aufgebrochen ist!
Das würde noch disziplinarische Folgen für ihn haben, auch wenn er aus überlaufenden Emotionen heraus gehandelt hatte. Dennoch ist es kein Grund seine Pflichten so dermaßen zu vernachlässigen!
Ich erwachte heute aus einem sehr wirren Traum, welcher mir wieder Alex gezeigt hatte. Diese Momente häuften sich in letzter Zeit und auch dieses Gefühl, sie tatsächlich spüren zu können nahm zu, ich konnte es mir nur nicht erklären!
Mrs. Wallace hatte das Frühstück fertig, wie jeden Morgen, als ich unten erschien und, wie immer, lächelte sie mich an, aber mit diesem Ausdruck, dass sie, wie ich auch, Alexandra vermisste. Konnte sie es nicht einfach lassen? Ich hatte genug damit zu tun, diese Sehnsucht zu unterdrücken!
Ich nahm meine Post entgegen und fing an zu lesen! Es waren nur Händleranfragen, welche ich eh gleich beantworten würden.
So verging mal wieder ein Vormittag wie jeder andere und gerade als ich nach dem Mittagessen wieder in meinem Arbeitszimmer am Schreibtisch saß, kam ein aufgeregter Bote hinein... er stützte sich kurz auf seine Knie, um wieder zu Atem zu kommen.
„Master Kenway... ihr... also... wir sollten doch... ein Auge... auf den Fluss haben...“ das dauerte mir zu lange... er stotterte und diese Pausen machten mich wahnsinnig.
„SPRECHT!“ kam es etwas zu laut von mir! Erschrocken sah der junge Mann zu mir auf.
„Verzeiht... Die Jackdaw ist vor wenigen Stunden in den James River eingefahren!“ in diesem Moment nahm seine Miene einen völlig freudigen Ausdruck an und ich befürchte, auch meine Gesichtszüge sahen so aus!
Die Jackdaw! Die Brig meines Vaters war wieder da? Hatte das Warten wirklich JETZT ein Ende?
In mir tobten zig verschiedene Emotionen... Freude, Unglaube, Angst, Trauer... es war erschreckend ehrlich gesagt!
Oder war es wieder nur dieser Traum, in welchem alles in diesem schwarzen Nebel verschwand?
Ich atmete kurz tief durch. „Seid ihr euch sicher, dass es die Jackdaw ist?“ fragte ich jetzt scharf.
„Sir, Master Kenway, wir sind uns sicher!“ er verbeugte sich erneut vor mir... langsam erhob ich mich und gab ihm ein paar Münzen.
„Ihr könnt dann jetzt gehen!“ meinte ich gedankenverloren.
Warum ich in die Küche ging um Mrs. Wallace Bescheid zu geben, kann ich nicht sagen. Doch ich tat es.
„Sie ist wieder da!“ meinte ich nur und ich sah ein Leuchten in den Augen meiner Haushälterin, welche sich sofort umwandte und im Begriff war, ihren Mantel zu holen und gleichzeitig alle in der Küche anwies entsprechend das Essen und die Getränke vorzubereiten.
Ich selber war immer noch völlig taub... es war nicht wirklich.
Es war ein Traum, oder?
„Master Kenway, soll ich euch begleiten?“ fragte mich Sybill leise und ich nickte nur ohne ein Wort.
Ich ging zu den Stallungen ließ meine Stute satteln und Mrs. Wallace nahm auf einem Karren Platz, welcher dann, wenn wir richtig lagen, das Gepäck meiner Verlobten aufnehmen sollte.
Meine Hände zitterten, als ich die Zügel entgegen nahm... mein ganzer Körper war nicht mehr unter Kontrolle! Mein Geist war wie mit Spinnweben verstopft! War es die Aufregung?
So eine Reaktion kannte ich nicht von mir, das war etwas völlig neues!
Ich spornte mein Pferd an, ich wollte keine Sekunde zu spät kommen und nichts verpassen.
WAS wollte ich nicht verpassen, noch würde die Jackdaw nicht in Sicht sein!
Ich näherte mich der Anlegestelle und sah, dass sich bereits einige neugierige Menschen dort eingefunden hatten. Genau wie damals, als die Jackdaw in den Hafen von New York einlief! Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt es mir wie eine Ewigkeit entfernt und unwirklich vor!
Ich schlang meinen Mantel enger um mich, es hatte sich deutlich abgekühlt in den letzten Tagen und der Winter hielt regen Einzug.
Ich sah den Fluss hinunter, doch noch war nichts von einem Schiff zu erkennen.
Warum brauchten die auf einmal so lange?, fragte ich mich etwas ungehalten.
Plötzlich rannte ein kleiner Junge auf die Menschenmenge zu und brüllte „Das Schiff ist fast da, Ma! Darf ich auch mal damit segeln? Oh bitte, Ma! Ich will das auch!“ der Kleine war völlig aus dem Häuschen und trieb mir ein breites Grinsen mit dieser Euphorie und Freude ins Gesicht.
Und dann sah ich sie, mit den fast schwarzen Segeln, welche jetzt langsam alle gerefft wurden, damit die Jackdaw ihre Fahrt verlangsamen konnte. Ich trat von einem Fuß auf den anderen und war vermutlich hibbeliger als dieser kleine Junge!
Langsam konnte ich auch die Mannschaft und Alex erkennen, mein Herz setzte für einen Moment aus!
Sie war es wirklich und ich hoffte, dass es nun auch tatsächlich für immer sein würde! Jetzt konnte ich sogar ihr Gesicht richtig erkennen und sah, dass ihre Wangen nass waren. Auch sie war am Zittern, ihre Hände hielten sich krampfhaft an der Reling fest und dann erschien ein breites Lächeln auf ihren Lippen!
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich endlich an Bord konnte und damit kam ich meiner Verlobten zuvor!
Ich rannte regelrecht über die Laufplanke hinauf, ergriff sie und schwang sie herum, nur um sicher zu gehen, dass diese Frau sich nicht wieder in dunklen Nebel auflöste.
Als ich sie wieder auf ihre Füße stellte, konnte ich nur ein atemloses „Du bist wieder da, mi sol!“ raus bringen.
Ihre nächsten Worte waren genau das, was ich hören wollte und versetzten mich in Hochstimmung! „Wenn ich darf, würde ich jetzt gerne für immer bleiben!“ kam es leise aus ihrem Mund und was soll ich sagen, natürlich würde ich genau darauf bestehen und besiegelte es mit einem langen Kuss.
Was hatte ich diese Frau vermisst, sie jetzt hier wieder im Arm zu haben, war wie eine Erlösung!
Mit einem Male hörten wir Jubel und Applaus um uns herum, wenn ich ehrlich bin, ich hatte die ganzen Leute hier völlig vergessen. Man begrüßte Alex und beglückwünschte mich überschwänglich.
Dann wanderte der Blick meiner Verlobten zu Mrs. Wallace und ich sah, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Langsam schritt sie auf meine Haushälterin zu und dann lagen sie sich in den Armen und schluchzten.
Beizeiten musste ich Alex dringend erklären, dass Sybill eine Angestellte war, auch wenn sie damals für sie wie eine Freundin war!
Ich ordnete jetzt an, die Mannschaft zum Gästehaus und die Truhen zum Herrenhaus bringen zu lassen, die Männer sollten sich noch aufwärmen können und würden sich vermutlich heute Abend dann verabschieden.
Alex wollte sich noch einmal vergewissern, dass sie auch nichts hier vergessen hatte und ging in die Kajüte, ich folgte ihr.
Sie hatte Wort gehalten und die Jackdaw auf den alten Stand zurückbauen lassen. Ich bestaunte die gute Arbeit, man könnte meinen, diese Brig sei gerade erst vom Stapel gelaufen! Mich interessierte, ob diese Umbaumaßnahmen sehr teuer waren, auch wenn ich meine Verlobte nicht mehr unterstützen konnte.
„Billig war es nicht, das stimmt. Aber ich musste auch noch einiges an Geld locker machen, um die Behörde zu bestechen, dass sie mir mein Schiff nicht stilllegen. Ich hatte es damals, glaube ich, erklärt, oder?“
In ihrer Zeit galten sehr eigenartige Gesetze und Vorschriften und wie es mir schien, auch sehr sehr viele!
„Ich glaube, ich habe hier nichts vergessen, wir können dann los, mi amor. Ich bin so gespannt, wie du jetzt wohnst.“ ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, sie konnte mir nicht erzählen, dass sie nicht wusste, welches Anwesen ich mir gekauft hatte. Oder sah es im 21. Jahrhundert womöglich ganz anders hier aus?
Meine Aussage, ich wohne bescheiden, erntete eine hoch gezogenen Augenbraue. Und mir fiel ein, dass ich mich noch bei ihr für den Vorschlag, mich in Virginia niederzulassen, bedanken musste und gab ihr deshalb einen langen Kuss.
Ein tiefes Seufzen ließ mich grinsen und ich musste meine Verlobte daran erinnern, dass ich ihr zu erst einmal ihr neues Zuhause zeigte und wir für alles andere sicherlich danach noch Zeit fanden! Doch meine Hand landete wie automatisch auf diesem wohlgeformten Hinterteil und ich hatte ebenfalls Schwierigkeiten, mich zu beruhigen.
Wir verließen nun gemeinsam die Brig und zwei Männer der Crew blieben noch als Wache zurück, nur zur Sicherheit, meinte Alex.
Ein Arbeiter brachte mir mein Pferd und ich half meiner Verlobten in den Sattel, als sie sicher saß, stieg ich hinter ihr auf, schlang meine Arme um sie und ergriff die Zügel.
Sie lehnte an meiner Brust und ihr Geruch stieg mir in die Nase, in diesem Moment fühlte ich mich wieder wohler in meiner Haut und auch sie entspannte sich sichtlich. Vorsichtig gab ich ihr einen Kuss auf ihren Hals und ein Schauer lief über ihren Körper, was mich freute, dann hatte sich nichts geändert zwischen uns!
Auf meine Frage, wie lange sie in ihrer Zeit geblieben war, meinte sie „Etwa zwei Jahre. Genauso viele sind hier ja auch vergangen. Ich wollte kein größeres Ungleichgewicht haben, was mein Alter oder deines angeht.“ da fiel mir ein, ich hatte mich nie mit ihrem Alter beschäftigt, warum auch, doch es war mir gerade etwas unangenehm, als ich sie danach fragte.
Alex war tatsächlich schon 46 Jahre alt, das würde man ihr nicht glauben! Unser Altersunterschied betrug demnach fast 9 Jahre, was für mich aber kein Problem darstellt, wenn ich ehrlich bin, profitierte ich ja ein wenig von ihrer Erfahrung.
Darauf kam ein „So so, Master Kenway.“ in einem so lasziven Tonfall, dass ich eine Hand von den Zügeln nahm und meine Verlobte enger an mich zog und meine Lippen auf ihrem Hals niederließ.
„Wenn du so weitermachst, zerre ich dich gleich von dem Gaul und garantiere für nichts mehr, mi amor!“ Das war dann wohl mein Stichwort, dass wir uns beeilten und ich trieb meine Stute etwas an, damit meine Verlobte möglichst nicht erfroren in ihrem neuen Zuhause ankam.
Wir näherten uns dem eigentlichen Anwesen und ich konnte auf dem Gesicht von Alex sehen, dass sie sich irgend etwas fragte und gleichzeitig in sich hineingrinste. Ihre Antwort war typisch für sie, sie fragte sich allen ernstes, wer Lust hat, diese ganzen Fenster zu putzen. Wie ich vermutete, SIE nicht und auch nicht viele andere Menschen, dafür hatte ich aber die entsprechenden Angestellten.
Wahrscheinlich würde ich Alex noch eine Weile bei dieser Eingewöhnung helfen müssen, dieses Thema hatten wir ja schon einmal!
Staunend stand sie jetzt auf der Veranda, nachdem Mr. Mackenzie mir mein Pferd abnahm und meinte leise, dass es wunderschön hier sei. Im Sommer würde sie es vermutlich noch um einiges schöner hier finden und mit ihr zusammen wäre es das perfekte Zuhause jetzt!
War es wirklich so? Blieb sie jetzt für den Rest unseres Lebens an meiner Seite? Herr Gott noch eins, Alex ist keine so sprunghafte Person. Sie gehörte zu den bodenständigen Menschen, die von ihren Entscheidungen nicht so leicht abzubringen waren, also was machte ich mir Sorgen?
Beim Eintreten nahm man ihr den Umhang ab und ich begann die Besichtigung ihres zukünftigen Zuhauses.
Wie sollte es anders sein, das Lesezimmer wurde mit den Worten „Ich glaube, ich bleibe gleich hier, mi amor.“ schon fast in Beschlag genommen. Dabei hatte sie doch noch gar nicht den Rest gesehen!
Als ich sie jetzt in den Wintergarten führte, stand Alex für einen Moment völlig überwältigt mitten im Raum und sagte keinen Ton. Selten, dass diese Frau sprachlos war!, grinste ich in mich hinein!
Dann war der Rest an der Reihe, die erste Etage und ich machte den Vorschlag, sie solle den ungenutzten Raum auf der rechten Seite als ihr eigenes Arbeitszimmer einrichten. Somit konnte sie mir aus dem Weg gehen, sollte ich ihr auf die Nerven gehen.
„Ich hoffe, dass das sehr sehr selten vorkommen wird, mi amor.“ und in ihren grünen Augen lag dieser hungrige Glanz, welchen ich ebenfalls so vermisst hatte.
Als wir dann die anderen kleineren Zimmer in Augenschein genommen hatten, kam die berechtigte Frage, ob diese ebenfalls für Gäste gedacht seien.
Für einen Moment wusste ich nicht so recht, ob ich meinen Wunsch ehrlich aussprechen sollte, oder lieber noch damit warten sollte. Ich entschied, mit der Tür ins Haus zu fallen, Alex war da ja ähnlich.
„Nicht ganz, ... ich hatte eher an Kinderzimmer gedacht!“ meine Stimme klang irgendwie schüchtern und leicht krächzend, aber in ihren Augen las ich denselben Wunsch! DAS war mir Antwort genug, der Rest würde sich dann in den nächsten Monaten und Jahren ergeben!
Mein, nein UNSER Schlafzimmer bestaunte sie ebenfalls, besonders das große Ankleidezimmer, in welchem gerade eines der Mädchen mit dem Verräumen ihrer Kleider und Wäsche beschäftigt war.
Wie ich sah, hatte Alex ihre Garderobe ebenfalls in ihrer Zeit noch aufgestockt, was mich ehrlich freute.
Sie gab mir damit das Gefühl, wirklich für immer hier bleiben zu wollen.
Die Waffen hatte ich bereits in den Keller bringen lassen, da waren sie in der Waffenkammer sicherer als hier oben.
Ich führte meine Verlobte wieder hinunter in den Salon, wo bereits der Kamin angefeuert worden war und sie sich nun etwas aufwärmen konnte.
Als sie an den Regalen mit den Büchern vorbei ging, fuhr sie ehrfürchtig über die Buchrücken, so als könne sie sie sonst aus Versehen zerstören.
„Frag mich nicht, warum ich so bin. Ich liebe es einfach zu lesen. Das gibt mir die Möglichkeit in ganz andere Welten einzutauchen und oft hole ich mir Inspiration für meine Geschichten zum Beispiel.“
DAS war mir neu und meine Neugierde war geweckt!
„Es sind immer nur irgendwelche Oneshots von den Protagonisten aus Büchern oder Filmen! Oh, ach so... ich meine es sind Kurzgeschichten und was ein Film ist, hatte ich, glaube ich, erklärt.“
Dieses mit den komischen bewegten Bildern aus einer Laterna Magicka hatte sie uns versucht näher zu bringen, verstanden hatte ich es aber immer noch nicht, es war einfach unvorstellbar!
Wie sie jetzt so vor mir stand und zu mir aufsah, konnte ich nicht an mich halten und hob ihr Kinn an.
„Ich habe dich so vermisst, mi sol! Und als ich vorhin erfuhr, dass man die Jackdaw gesehen hatte, dachte ich erst, es ist wieder dieser Albtraum. In diesem sehe ich dich an Deck stehen und bevor ich zu dir kann, verschwindet alles in einem schwarzen Nebel. Verlass mich nie wieder, Alex. Bitte, versprich es mir!“ gab ich leise von mir, weil ich wieder die Befürchtung hatte, es könne doch alles nur ein Traum sein!
„Auch ich habe dich wahnsinnig vermisst, mi amor. In meinen Albträumen hast du mich einfach fallengelassen und ich stürzte in die Hölle. Aber ich verspreche dir, ich werde nicht wieder gehen. Weil... ich jetzt weiß, wo ich hingehöre und zu wem ich gehöre! Daran wird sich nichts mehr ändern!“ in ihren Augen glänzten Tränen und ihre Stimme war brüchig bei diesen Worten.
Für einen Moment lagen wir uns in den Armen, dieser Friede senkte sich wieder über uns und ich konnte mich entspannen.
Mrs. Wallace klopfte zögerlich und brachte uns Tee und, wie sollte es anders sein, Alex´ geliebten Kaffee!
Ein Seufzen von ihr und ich konnte diese Frage nicht unterdrücken, was es mit diesem Kaffee und ihrer Person auf sich hätte!
„Keine Ahnung, ich liebe dieses koffeinhaltige Heißgetränk einfach. Und dich natürlich auch.“ Ihr ironischer Unterton war nicht zu überhören.
Ich hatte diese Art der Konversation vermisst und konterte gespielt maulig, dass ich also „nur“ damit gleichgesetzt werden würde.
„Das ist eine Ehre für dich, mi amor. Das heißt nämlich, du stehst sehr sehr weit oben in meiner Gunst!“ über diese Aussage konnte ich nur grinsend den Kopf schütteln.
Plötzlich kam Alex auf die Größe der Plantage und des gesamten Grundstückes zu sprechen. Ich versuchte mein Bestes und erklärte ihr ein wenig den Aufbau, zumal ich auch nachmessen müsste. Ungefähr 350 Hektar umfasste mein Eigentum insgesamt.
Sie kam darauf zu sprechen, da sie nicht vieles aus den Unterlagen herauslesen konnte und es überlief mich ein kalter Schauer. Es war einfach immer noch befremdlich, dass Menschen in meinem Leben stocherten und, wie Alex berechtigter Weise anführte, nun auch in IHREM!
Gerade als ich den Einwand brachte, ich hoffe, dass keine pikanten Details von ihr auftauchten, erschien einer der Diener und fragte, wohin mit der gesicherten Stahltruhe.
„Bringt die Truhe hinauf in das Arbeitszimmer auf der rechten Galerie, welches noch ungenutzt ist.“ Das freute mich, also fing sie an, sich einzurichten und würde wirklich bleiben. Ich weiß, ich wiederhole mich andauernd, doch es fühlte sich noch nicht richtig real an.
Auch wenn ich sie jetzt neben mir sitzen hatte, ihren Geruch wahrnahm, ihre Präsenz und vor allem endlich wieder diesen Akzent hören konnte, war es noch nicht ganz in meinem Kopf angekommen!
Gerade als ich sie auf ihre Nachforschungen ansprach, welche sie noch vor sich hatte, seufzte Alex nur tief und meinte „Haytham, in den letzten Jahren ist so viel passiert. Ich werde dir in den nächsten Tagen, vermutlich eher Wochen, alles erzählen. Es ist … einfach wahnsinnig viel und stellenweise auch ziemlich kompliziert gewesen!“
Das war mir durchaus recht, wir bräuchten beide noch ein wenig Zeit, um uns an diese neue Situation zu gewöhnen!
Heute würden wir nur das Wiedersehen ein wenig zelebrieren und um das zu tun, küsste ich sie innig und wie selbstverständlich legten sich ihre Arme um meinen Nacken. Mit einer schnellen Bewegung zog ich sie auf meinen Schoß und meine Hände bahnten sich ihren Weg unter die Röcke und ihre Oberschenkel hinauf.
Alex´ Augen hatten diesen glänzenden Grünton angenommen und ihr Atem wurde schwerer.
Ich ging davon aus, dass wir jetzt im Schlafzimmer ungestört sein sollten und ließ sie von meinem Schoß gleiten, nahm ihre Hand und führte sie einfach die Treppe hinauf!
Als ich die Tür schloss, atmete ich erleichtert aus, es war niemand mehr hier. In diesem Moment konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen, hob Alex hoch und schob sie an die Tür.
Etwas hektisch hatte ich ihre Röcke beiseite geschoben und meine Hose geöffnet, als ich jetzt in sie eindrang, war es genau der Moment, den ich so lange herbeigesehnt hatte. Ich entschuldigte mich für mein doch eher ruppiges Verhalten, aber für die Kleidung hatte ich gerade keine Zeit!
Alex wurde zusehends lauter, ihre Bewegungen fordernder und ihre Hände in meinem Nacken zogen mich immer wieder zu ihrem Mund.
Doch bevor ich mich ganz verlor, brachte ich uns zum Bett, konnte mich aber kaum noch beherrschen und als ich ihr befahl mich anzusehen, überkam sie ein Höhepunkt, welchen ich selber fühlen konnte und dann war es auch mit mir vorbei.
Sie rief schon fast meinen Namen dabei und ich nahm sie mit schnellen Bewegungen und kam laut stöhnend an ihrer Brust.
Wie hatte ich diese Frau, diesen Körper vermisst, bei diesen Worten ließ ich meine Hände über ihre Oberschenkel gleiten.
„Ich dich auch, mi amor. Und ich will mehr haben von dir!“ hauchte sie mir leise an meinem Hals und ich versank in ihren Augen, verlor mich erneut in ihnen!
Als ich neben ihr lag und sie in meinem Arm, musste ich meine Angst loswerden und erzählte, dass ich es noch gar nicht wirklich begreifen kann, dass sie wieder an meiner Seite ist und jetzt für immer bleiben wird. Ich hatte einfach Angst davor, morgen aufzuwachen und alles wäre wieder beim Alten, solche Gefühle waren völlig neu für mich!
„Mir geht es genauso, auch ich habe diese Angst, dass es nur ein Traum ist. Aber ich bin fest davon überzeugt, wenn es nicht echt wäre, dann... also... ich... ich hatte ja schon so den einen oder anderen Traum... in dem ich... in dem wir...!“
War sie plötzlich so schüchtern geworden?
Ich wusste aber, was sie meinte und ich gab meine Gedanken in den einsamen Nächten preis, dass mir diese Bilder der letzten gemeinsamen Nacht immer vor Augen waren.
Was ich jedoch jetzt hier hatte, gefiel mir weitaus besser und es war wesentlich befriedigender!
„Ich freue mich auf sehr viele befriedigende Nächte mit dir, mi amor!“ wie gerne wäre ich jetzt mit meiner Verlobten einfach hier oben geblieben, doch ihre Crew würde gleich erscheinen und noch zum Abendessen bleiben. Danach wollten wir sie verabschieden!
„Haytham, können wir nicht einfach sagen, du bist plötzlich krank oder so...“ da war sie, ihre so typische Art.
Wir hätten später sicher noch genügend Zeit und ich scheuchte sie aus dem Bett mit meiner flachen Hand auf ihrem Po. Auch müsste Alex mir dringend die Haare in Ordnung bringen, sie hatte ein Talent dafür, Chaos anzurichten und das nicht nur bei meinen Haaren!
Siedendheiß fiel mir dann wieder ein, dass ich ihr noch gar nicht ihren Kleiderschrank gezeigt hatte, in welchem die Kleider hingen, die wir damals im Mai in New York erstanden hatten!
Ich schleifte sie hinter mir her ins Ankleidezimmer, öffnete die großen Türen und präsentierte ihr unsere Ausbeute voller Stolz!
„Daran hatte ich ja gar nicht mehr gedacht.“ kam es leise von meiner Verlobten und ihr Mund stand einfach offen, langsam fuhren ihre filigranen Finger über die Stoffe.
Ich schlug ihr kurzerhand vor, sich doch umzuziehen, meine Hilfe wäre ihr auf jeden Fall gewiss!
Ein Lachen von ihr und dann plötzlich war sie verschlossen, ihr Gesicht war kein offenes Buch mehr und das erschreckte mich im ersten Augenblick. Wer weiß, was sie insgeheim in ihrem Geiste plante für heute Abend?
„Nein, keine Sorge, ich dachte nur darüber nach, wie groß du eigentlich im Gegensatz zu mir bist.“
Da hatte sie Recht und auch mir kam schon einmal dieser Gedanke, doch für mich war es völlig in Ordnung und im Scherz meinte ich, dass ich sie so leichter einfach verschleppen konnte, wenn ich wollte.
„Du darfst mich gerne jetzt und hier verschleppen, Haytham Kenway, tu dir keinen Zwang an.“ und dann fand ich meine Verlobte auf meinen Armen wieder, mit den Händen in meinem Nacken und ihren Beinen um meine Hüfte.
Ihre Küsse waren berauschend und ich ließ mich davon treiben, brachte uns hinüber ins Schlafzimmer.
Auf dem Weg dorthin, befreiten wir uns noch von unseren Sachen, aber nicht ohne dieser Frau noch einmal zu sagen, sie sei unmöglich. Aber sie war MEINE Frau!
Alex öffnete sich wie von alleine für mich und ihre Hingabe war so erregend wie wohltuend. Sie nahm mich auf, ihre Arme über ihrem Kopf hielt ich fest und mit der anderen Hand umklammerte ich ihren Oberschenkel.
Ohne Widerworte, tat sie, was ich befahl, Alex ging in diesen Momenten völlig in sich und konnte sich fallen lassen. Es war faszinierend und als sie dieses Mal über die Schwelle ging, hörte ich nur ein leises „Haytham!“, welches mich selber hinüber begleitete und ich atemlos an ihrem Hals lag!
Leider wurden wir durch Stimmengewirr von unten in die Realität, welche sich immer noch nicht so für mich anfühlte, gerissen.
„Ich liebe dich, Haytham!“ und ihre Hand lag warm auf meiner Wange, ihre Augen ließen mich wieder darin eintauchen!
Ich liebte diese Preußin ebenfalls, dass es schon fast wehtat!
Etwas widerwillig standen wir beide auf, wir konnten die Herren schlecht so lange unten warten lassen.
Während sie sich überlegte, was sie tragen sollte, fing auch ich an mich einzukleiden. Nachdem ich Alex noch erklärt hatte, dass sie hier zuhause selber entscheiden konnte, was sie trug, nahm sie zu meiner Freude das schwarze Seidenkleid mit den silbernen Stickereien heraus.
Für einen Moment sah ich ihr beim Anziehen zu und meinte dann, sie bräuchte dringend ein Zofe, für heute würde ich ihr aber noch helfen.
Diese Arbeit des Korsettschnürens übernahm ich gerne, so konnte ich ihr sehr ansehnliches Dekolleté bewundern, welches sich bei jedem Millimeter weiter hob. Nein, ich würde keinen Platz lassen, das war damals nur eine Ausnahme!
„Na gut, aber... bitte... lass mir wenigstens... Luft zum... Atmen!“ Darauf konnten wir uns einigen, doch ich ließ meine Finger über diese weiche Haut im Ausschnitt gleiten, welche jedoch sofort weggeschlagen wurden mit den Worten „Nein, später, mi amor!“ ich würde sie beim Wort nehmen und nicht nur das!
Alex war fertig angezogen und ich muss sagen, ihr Anblick in diesem Kleid war mal wieder atemberaubend! Ich ließ meinen Blick anerkennend über sie gleiten und meine Gedanken schweiften umgehend ab. Gerade als meine Verlobte hinter mir stand um meine Haare in das Band zu bekommen, musste ich wieder schmunzeln, dieser Ausdruck auf ihrem Gesicht dabei war einfach seltsam.
„Was denn, Haytham. Du weißt, ich liebe es, in deinen Haaren zu wuseln.“ grinste sie mich an und ergriff eine Strähne, sah etwas ungläubig darauf und hielt sie mir mit den Worten vor die Nase
„Mi amor, du hast ja graue Strähnen plötzlich.“ Kein Wunder, wenn man eine solche Frau sein Eigen nennen darf, auch wenn ich sie vermisst habe, ihre doch recht anstrengende Art mitunter! Gerade als wir das Schlafzimmer verließen, kam uns Zoe entgegen um dort aufzuräumen. In ihrem Blick, welchen sie Alex zuwarf, konnte ich Wut sehen, doch sie knickste höflich und verschwand dann.
Auch meiner Verlobten war dieser Blick nicht entgangen und sie fragte nach, WER das war, in ihrem Gesicht konnte ich sehen, dass Alex nicht wirklich einverstanden mit dieser Person war. Sie beließ es aber dabei!
Unten angekommen, war die 15köpfige Crew im Salon bereits versammelt und sie unterhielten sich über, ja, ich verstand nicht WORÜBER genau! Rafael bemerkte uns als erster und dann sahen alle zu uns und ihre Blicke blieben auf Alex geheftet mit offenem Mund. Sie sah in diesem Licht tatsächlich ziemlich beeindruckend aus, was den Männern nicht entging und mir entgingen ihre Gedanken nicht. Nachdem man sich bekannt gemacht hatte, wurde noch Wein und Ale gereicht, bis das Essen fertig war. Das Küchenpersonal musste innerhalb kürzester Zeit improvisieren und für so viele zusätzliche Mäuler ein Essen auf den Tisch bringen. Ich war zuversichtlich, es war nicht das erste Mal, dass Mrs. Wallace so kurzfristig mehr als nur einen Gast bewirten musste.
Während des Essens hatte ich eine interessante Diskussion mit dem „Navigator“, so hatte Alex ihn betitelt, bezüglich alter Seekarten und Gewässerbeschreibungen. Seine Neugierde kannte keine Grenzen, genauso wenig wie meine und ich fragte ihn nach allen möglichen Kleinigkeiten aus, was die Seefahrt im 21. Jahrhundert anbelangte. Auch wenn ich nicht alles verstand, war es sehr aufschlussreich. Mit halben Ohr bekam ich mit, wie meine Verlobte den Smutje zurechtstutzte, weil er zu viele Lebensmittel an Bord genommen hatte. Ihr Mentor sei nicht davon begeistert, hörte ich sie ziemlich aufgebracht noch sagen!
Irgendwann war es dann aber soweit und wir begaben uns wieder hinüber in den Salon. Rafael stand völlig unschlüssig im Raum und sah Alex traurig an, dann auf diese Reiseartefakte. Mit einem Male zog er seine beste Freundin in eine Umarmung und ich hörte ihn murmeln „Alex, ich lasse dich nicht gerne hier alleine! Ich habe Angst, dass es dir vielleicht nicht gut gehen wird, oder das... verdammt, ich habe Angst um dich und ich vermisse dich doch jetzt schon!“ Alex lehnte weinend an seiner Brust „Rafael, bitte... mach es mir nicht noch schwerer. Yannick hat mich schon fast zum Zweifeln gebracht. Und vergiss nicht, ich werde euch auf dem Laufenden halten!“ in diesem Moment wurde mir bewusst, WAS meine Verlobte auf sich nahm, um hier zu sein. Für einen kurzen Augenblick fühlte ich mich wie ein egoistischer Bastard, welcher nur seine eigenen Ziele vor Augen hat und welchem alles andere völlig egal war.
Es war der erste Maat, welcher mich aus diesen Gedanken holte. „Master Kenway, passt bitte gut auf meine beste Freundin auf und sollten mir Klagen kommen...“ mit ruhigem Gewissen konnte ich ihm sagen, dass er nichts dergleichen hören würde von ihr, ich würde alles für meine zukünftige Frau tun, damit es ihr gut ginge. Noch einmal, dieses Mal etwas eindringlicher, wurde Alex gefragt, ob sie sich sicher mit den Artefakten sei! Ein vorsichtiges Nicken und man aktivierte diesen Spiegel, durch welchen nun die Mannschaft nach und nach schritt. Zum Schluss stand Rafael noch davor, ging auf meine Verlobte zu und gab ihr noch einen Kuss! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass die beiden vor langer Zeit einmal ein Paar gewesen sein müssen. Dann war auch er wieder im 21. Jahrhundert und der Spiegel schloss sich langsam.
In Alex´ Gesicht spielten sich wieder ganze Romane ab und mit einem lauten Aufkeuchen, sackte sie plötzlich auf die Knie und fing an, bitterlich zu weinen.
Ohne etwas zu sagen, kniete ich mich zu ihr und hielt sie fest, mehr konnte ich nicht tun und hoffte, sie so ein wenig trösten zu können. Langsam wurde sie ruhiger und als ich meinte, dass sie wusste, dass Rafael gehen würde, unterbrach sie mich.
„Das ist es nicht alleine, Haytham. Es ist einfach diese Tatsache, dass ich wirklich hier bin und bleibe. Ich habe im Moment keine Möglichkeit mehr, selber zu reisen! Es macht mir Angst, zugleich bin ich aber froh hier zu sein. Das Ganze verwirrt mich gerade, halt mich einfach fest, ja?“
Diese Frau hatte alles aufgegeben in ihrer Zeit, um hier ein neues Leben anzufangen und wieder keimte in mir ein schlechtes Gewissen auf, ich war unter anderem daran schuld!
Eine gefühlte Ewigkeit verbrachte ich hier mit meiner Verlobten auf dem Boden, bis es mir zu kalt wurde und ich spürte, dass auch Alex fror.
Langsam hob ich sie hoch und trug sie vor den Kamin auf das Sofa, ich hatte die Befürchtung, sie könnte sich noch erkälten!
Mrs. Wallace erschien kurz darauf, nachdem ich nach ihr gerufen hatte, ihr Blick glitt von mir zu Alex und wurde mitfühlend.
„Mrs. Frederickson, ihr seid hier nicht alleine und verzeiht meine direkte Art, auch ich bin für euch da.“
Ja, das würde sie sein, dachte ich nur. Alex hatte sich etwas gefangen und meinte, Sybill sei ein Schatz und bat sie um den guten Rum, aber nicht ein Glas, sondern die Flasche.
Als meine Haushälterin lächelnd gegangen war, erinnerte ich sie noch einmal daran, dass Mrs. Wallace eine Angestellte war und sie auch so zu behandeln sei.
„Das weiß ich, Haytham, aber Sybill hat mir damals sehr geholfen und mir beigestanden. Sie ist wie eine gute Freundin. Das wird sie bleiben, ob es dir recht ist oder nicht.“
Und genau das war es, was mir Sorge machte. Konnte Alex Freundschaft und Arbeit so trennen? Ich konnte es nur hoffen. Ich bat sie, es nur nicht zu übertreiben in Gegenwart der anderen Diener und Angestellten.
Ich gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn und sie lehnte sich wieder an mich.
Mit dem Glas in der Hand, starrte Alex für einen Moment in den Kamin und fragte mich dann plötzlich nach meinen Plänen für meinen Geburtstag.
Wenn ich ehrlich sein darf, in diesem Moment hätte ich gerne alles abgesagt, jetzt wäre sie das allererste Mal bei mir an diesem Tag und ich würde ihn gerne mit ihr alleine verbringen.
Doch ich hatte ein Essen mit ein paar Geschäftspartnern und Nachbarn geplant, nichts wirklich Großes versicherte ich ihr, weil ich schon wieder Panik in ihren Augen aufsteigen sah! Diese schlug im selben Moment in Enttäuschung um und ich ahnte, warum.
Ich konnte sie aber aufheitern, wir würden Weihnachten zu Faith und Shay reisen und einige Wochen dort bleiben, die Familie hatte mich eingeladen und ich ging davon aus, sie freuen sich sicherlich auch über Alex! In ihrem Gesicht erschien ein wunderschönes Strahlen.
„Das hört sich großartig an. Ich freue mich so, sie alle wiederzusehen. Ich habe sogar etwas für die beiden, was ich ihnen schenken kann zu Weihnachten!“
Meine Neugierde siegte und ich fragte nach, doch es muss etwas in meiner Stimme gewesen sein, was Alex antrieb, mir zu sagen, dass sie auch etwas für mich hätte, jedoch nicht wusste, ob ich es bereits zum Geburtstag oder erst zu Weihnachten bekommen sollte.
Ich lächelte in ihr mittlerweile leicht vom Rum gerötetes Gesicht und meinte nur, ich könne auch bis dahin warten, mein Präsent zum Geburtstag säße neben mir mit ein wenig zu viel Rum im Magen!
„Er ist aber so lecker und er wärmt mich. Du hast gesagt, dass ich mich aufwärmen soll...“ hörte ich sie mit schwerer Zunge sprechen und in meinem Kopf hatte ich bereits eine Vorstellung davon, wie ich diese Frau auf einem gesünderen Weg wieder aufwärmen konnte.
Als sie mir in die Augen sah, spürte ich diesen Schauer, welcher über ihren Körper ging und wie lautlos befohlen, stellte sie ihr Glas beiseite und umschlang mich mit ihren Armen. Ihr Kuss schmeckte nach dem Rum, aber dieses Verlangen brachte mich fast um den Verstand!
„Diese Art des Wärmens würde ich gerne einmal in Anspruch nehmen, Master Kenway!“ und da war auch wieder diese Betonung meines Namens, welche meine Gedanken in die Gosse zog.
Mit den Worten, dass ich ihr dann jetzt diese Methode näher bringen werde, stand ich auf, zog sie auf ihre Beine und gemeinsam gingen wir hinauf.
Ich schloss leise die Tür hinter uns und fing an, sie aus ihrem Kleid zu holen. Ich wollte ihren Körper ganz haben, ihn vollends spüren können und als ihre Strümpfe als letztes auf dem Boden landeten, trug ich sie ohne ein Wort vor den Kamin. Ich hatte bereits angeordnet, ihn ordentlich zu befeuern, ich wollte diese Frau nicht frierend sehen!
Ich kniete auf dem Boden hinter ihr und sie lehnte an mir, langsam fuhren meine Hände über ihren Hals, ihre Brüste hinab zu ihrer empfindlichsten Stelle und damit entlockte ich ihr ein wohliges Stöhnen.
Ich drückte sie vor mir nach unten und hielt meine Hand fest in ihrem Nacken, so einfach würde ich sie jetzt nicht davon kommen lassen.
Die erste Lektion in ihrem neuen Leben war, wie man sich den Angestellten gegenüber verhielt. Meinen Worten folgten meine Bewegungen in ihr und ich fühlte meinen Höhepunkt immer näher kommen!
Ich zog Alex wieder hoch und presste mich an ihren Rücken und versicherte ihr mit stockendem Atem, dass sie noch eine Menge zu lernen haben wird. Und ich kam! Es war hart aber eine Notwendigkeit und ich konnte ihren Schweißfilm auf dem Rücken an meiner Brust fühlen und versuchte mich an ihr festzuhalten, bis diese Muskelanspannungen langsam weniger wurden.
Meine Finger fanden wieder ihren Weg zwischen ihre Schenkel und es dauerte nicht lange, da griff meine Verlobte Halt suchend meine Oberschenkel und kam ebenso heftig!
Es dauerte eine Weile, bis wir uns wieder beruhigt hatten, doch ich hatte sie immer noch vor mir auf dem Schoß und meine Arme hielten sie umschlossen, ihr Kopf ruhte an meiner Schulter.
Mir wurde es aber dann doch etwas zu unbequem und ich trug sie zum Bett und deckte uns zu.
„Bei Odin, Haytham... ich habe dich und deine Lektionen vermisst!“
Ich versicherte ihr, dass ich noch so einige auf Lager hatte und sie einige Nächte noch vor sich haben würde. Sie warf mir einen mehr als lüsternen Blick zu und tief in mir freute ich mich auf die kommenden Tage und Nächte mit ihr!
Gerade als Alex aufstehen wollte, weil sie sich etwas zu trinken holen wollte, erklärte ich ihr die neueste Errungenschaft in diesem Haus.
Es gab einen Klingelzug, welcher in fast jedem Raum angebracht war und die Dienerschaft rief!
Kurz darauf erschien Zoe und ihr Blick verdüsterte sich, als sie uns beide sah. Zähneknirschend brachte sie nur die Frage hervor, was wir wünschten und ich hatte dieses Déjà-vu im Kopf mit Alex im Fort George während meiner Gehirnerschütterung damals. Meine Verlobte bat in einem neutralen ruhigen Ton um einen Tee.
„Sehr wohl, Mrs. Frederickson!“ kam es dann doch etwas zu schnippisch für meinen Geschmack. Ehe ich etwas sagen konnte, war Zoe aber schon wieder aus dem Zimmer verschwunden!
„Haytham, sie ist mir nicht geheuer. Ehrlich gesagt, habe ich Angst, sie könnte mir etwas in den Tee kippen oder sonst etwas tun.“
Ich nahm einen ängstlichen Unterton in ihrer Stimme wahr und sah sie nur fragend an.
„Erinnerst du dich noch an diese Justine? Die bei Shay für Ärger gesorgt hatte? Vorhin schon dachte ich mir, dass sie etwas seltsam ist. Faith hatte damals mal den Vorschlag gemacht, man solle die neuen Zimmermädchen einem … eher unkonventionellen Test unterziehen.“ Justine, ja an diese Schnepfe konnte ich mich noch sehr gut erinnern! Sie war diejenige, welche meine kleine Schwester vor einigen Monaten der Hexerei beschuldigt hatte. Doch ich behielt das vorerst noch für mich, ich wollte nicht gleich am ersten Tag mit solch schlechten Nachrichten beginnen.
Ich konnte mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass Zoe irgendwelche Gefühle für mich hätte oder mir sogar nachstellen würde. Ich hatte ihr nicht einmal einen Anlass dafür gegeben, sicherlich ich wohnte hier alleine... Natürlich, Zoe ging vermutlich davon aus, dass ich auf der Suche nach einer Frau war, von meiner Verlobten hatte ich vor ihr noch nicht gesprochen!
Also schien das Zimmermädchen eifersüchtig zu sein, interessant, doch ich kam jetzt auf diesen Test zu sprechen, das interessierte mich jetzt brennend und ich hoffte, dass ich nicht zum Äußersten gehen musste.
„Du glaubst doch nicht, dass ich zulasse, dass du... also, nein. Kommt gar nicht in Frage. Wir hatten überlegt, dass … also … wenn ein neues Mädchen eingestellt werden soll, dass... in diesem Falle DU, sie testest, in dem... nun ja... du dich etwas freizügig ihr zeigst?“ mir entglitten alle Gesichtszüge vermutlich und ich starrte sie ungläubig an.
Wie kommt man bitte auf so eine Idee?
Ihre Erklärung folgte prompt und ich wusste im ersten Moment nicht, ob ich lachen oder wütend sein soll!
Es war Shay damals, welcher sich ihr ohne Hemd gezeigt hatte, gerade als sie im Fort Arsenal angefangen hatte und dabei war, sein Bett zu machen. Ich konnte sehen, dass es Alex mehr als unangenehm damals gewesen ist, heute wäre die Sachlage vermutlich etwas anders, doch ich schweife schon wieder ab.
Im Gespräch nach dem Kampf mit Faith im Appel Pie, kamen die beiden auf eben diesen Moment und beschlossen, so die neuen Zimmermädchen zu testen.
Die beiden Frauen hatten dann aber noch ganz andere Gedanken hinsichtlich uns Männern gehabt und daraus war diese Nacht entstanden, welche ich sehr genossen habe!
So ist das also, wenn die beiden alleine sind, aber im Grunde harmlos, darüber waren Shay und ich uns schon einig.
„Ich hätte es wissen müssen, dass auch ihr Männer kleine Klatschbasen sein könnt.“ kicherte sie jetzt.
Es klopfte und Mrs. Wallace trat ein, reichte Alex den Tee und ich verabschiedete sie für die Nacht.
Meine Verlobte nahm sichtlich erleichtert den Becher entgegen und wünschte ihr ebenfalls eine gute Nacht.
Für einen Moment ließ ich sie trinken und sah, dass es ihrem Hals mehr als gut tat, was musste sie auch immer so laut sein, wenn wir miteinander schliefen.
Auf meine Frage hin, WANN ich diesen Test machen sollte, erwiderte sie nur „Je früher desto besser, denke ich. Dein Geburtstag wäre ein idealer Zeitpunkt, an diesem wird sie sicher ihre Chance sehen, sich bei dir Lieb-Kind zu machen! Bitte sie, eines deiner Hemden zu flicken oder zu bügeln oder ähnliches und wenn sie im Ankleidezimmer erscheint, dann... du weißt ja, wie man Frauen um den Finger wickeln kann, mi amor. Mir hast du es ja auch gezeigt!“
Moment, das war ja wohl etwas ganz anderes und mir kam der Gedanke, was passiert wenn Zoe auf meine Avancen ansprang? Ich hätte es mir denken können, Alex´ Eifersucht kannte dort keine Grenzen, sie würde in der Nähe bleiben und einschreiten wenn nötig!
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du solche Vorschläge hast! Du würdest dich gut als Templerin machen, mi sol.“ diese Aussage bereute ich sofort! „Entschuldige, du weißt wie ich das meine, oder?“ ich zog ihr Gesicht zu mir und sah ihr in die Augen.
„Ja, ich weiß wie du es meinst... und ich weiß auch, dass ich gerade ziemlich in der Luft hänge. ... zu welcher Seite zähle ich hier?“
Darauf hatte ich ebenso wenig eine Antwort, wie sie selber und ich seufzte völlig resigniert. Sie war weder das eine noch das andere gerade, doch ich beschloss, dass das ein Thema für die Zukunft sein würde und als der Tee alle war, löschte ich die Kerzen und zog Alex zu mir.
Ein leichtes Zittern fuhr durch ihren Körper und ich fragte, ob sie immer noch frieren würde, in der Hoffnung sie noch einmal wärmen zu können. Ich schien diese Körpersprache aber falsch gedeutet zu haben zu meinem Leidwesen.
„Nein, ich dachte nur gerade, dass jetzt mein neues Leben beginnt und... irgendwie bin ich aufgeregt.“
Ihre warmen Lippen küssten meine Brust und ich spürte ihren ruhiger werdenden gleichmäßigen Atem auf meiner Haut.
Nicht nur ihr neues Leben begann! Auch meines und ich freute mich auf die Zukunft mit meiner Verlobten, meiner zukünftigen Frau!
Mein Traum hatte mich wieder meine Verlobte sehen und auch spüren lassen. Erschrocken fuhr ich hoch, weil ich neben mir eine Bewegung wahrnahm.
Als meine Augen sich an dieses Zwielicht gewöhnt hatten, nahm ich die Umrisse von ihr wahr, sah ihren Körper unter der Decke sich gleichmäßig mit jedem Atemzug bewegen. Ich hatte es nicht geträumt, es war auch keiner dieser Albträume!
Alexandra war wirklich wieder hier! Damit ich sie nicht aus ihren Träumen riss, sank ich langsam wieder zurück in die Kissen und sah ihr, wie damals schon so oft, beim Schlafen zu.
Plötzlich begann sich meine Verlobte zu bewegen und schien sich aus einem Griff befreien zu wollen oder aus Bettdecken... auf jeden Fall trat sie mir mit aller Wucht gegen mein Schienbein und mir entwich ein lautes „Aua!“, es tat wirklich weh, wer konnte ahnen, dass diese kleine Person so fest treten konnte!
Ich musste dennoch grinsen und wünschte auch ihr einen guten Morgen, mit der Bitte mich doch das nächste Mal anders zu wecken!
Zuerst sah ich Verwirrung in ihrem Gesicht, dann Erstaunen und dann... bekam ich ihre volle Euphorie zu spüren. Sie sprang förmlich auf mich drauf und übersäte mich Küssen und den Worten
„Du bist wirklich hier, ich bin wirklich hier! Es war kein Traum!“ Ich konnte nur erwidern, dass ich mich ebenso freute und drehte sie unter mich. „Haytham... ich... könnte gerade wieder einfach heulen! Ich dachte, ich hätte das alles nur geträumt!“
Ihre Hände legten sich auf meine Wangen und diese grünen Augen füllten sich langsam mit Tränen.
Also versicherte ich meiner zukünftigen Frau, dass es KEIN Traum war und ich dies bezeugen konnte aufgrund des doch sehr schmerzvollen Trittes. Da war doch tatsächlich ein schlechtes Gewissen in ihren Gesichtsausdruck getreten!
In diesem Moment war plötzlich etwas anders, es war, als könne ich ihre Gedanken förmlich vor mir sehen und wir wurden beide still. Nur unser Atem war noch zu hören, langsam hob ich ihre Arme über den Kopf und sagte mit kratziger Stimme „Ich will dich lesen, Alex, öffne deinen Geist...“
Woher ich wusste, WIE ich es tat, erschloss sich mir in diesem Moment noch nicht. Auch wusste ich nicht, warum wir mit einem Male so intensiv kommunizierten. Gesprochene Worte waren plötzlich nicht mehr von Nöten, ich wusste, dass mich Alex wollte, ebenso dass sie mich gewähren ließ ohne wenn und aber!
Ich ließ diese Frau jetzt genauso in meinen Kopf eindringen, ließ sie mich erkunden, auch wenn sie bereits wusste, WAS ich wollte und wie meine Wünsche und Vorlieben aussahen!
Wir waren mehr als Eins! Wir gingen tatsächlich noch einen Schritt weiter um den anderen besser zu verstehen und analysieren zu können. Was ich in ihrem Geist sah, war wirklich unanständig gerade, ich wusste aber, dass es in mir nicht anders aussah, ich ließ sie aber weiter in mir lesen und in diesen grünen lüsternen Augen sah ich, dass sie bereit war für diesen neuen Schritt!
Es war eine Ebene, so nannte es Alex, welche wir für uns schufen. Dort konnten wir unter uns sein und es würde niemand jemals diesen Bereich ergründen können, er war wie ein gesicherter Raum.
Jetzt verstand ich auch, wie meine Verlobte sich komplett abschotten konnte. Sie ging in einen gesicherten Bereich und schloss die Tür im Geiste! Diese Erkenntnis war so befreiend für mich, dass ich mich noch ein kleines Stück mehr fallen lassen konnte!
Noch herrschte zwischen uns nicht völlige Harmonie, nicht diese oft zitierte perfekte Symbiose, doch wir hatten einen Grundstein gelegt und ich fühlte mich freier als je zuvor mit ihr in meinen Armen!
Mit einem Male spürte ich nur noch diese Erlösung und sah Alex fragend an und sprach diese verwirrenden Gedanken aus.
„Das ist diese neue Ebene, Haytham. Wir … brauchen eine andere Kommunikation... Wenn ich an deiner Seite sein soll, dann muss das oft ohne Worte passieren. Wir müssen uns blind aufeinander verlassen können.“ erst langsam kam sie wieder zu Atem, genau wie ich auch.
Plötzlich hörte ich die Stimme meines Vaters...
„Ignoriert mich einfach! Ich bin nicht wirklich hier, aber Alex... du weißt, diese Art des Redens ist essenziell! Gerade in heiklen Situationen.“
Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, als würde er sich von ihr verabschieden!
„Nein, das glaube ich nicht. ... er wird da sein. Er hat es dir ja auch versprochen. Er lässt mir nur ein wenig mehr Freiraum für meinen Geist... also... du weißt... er muss ja nicht alles sehen!“ grinsend musste ich mir eingestehen, dass mir das auch lieber war!
Ich lag mit Alex einfach noch eine Weile so da und wir genossen diese Nähe, diese Zweisamkeit, auf welche wir in den letzten beiden Jahren verzichten mussten.
„Ich platze mal wieder völlig unangemeldet in dein Leben, entschuldige! Was hast du heute noch zu erledigen?“ mit diesem Themenwechsel riss Alex mich aus meinen Gedanken und mir wurde wieder bewusst, dass sie wusste, dass es einen Alltag gab, in welchen sie, wie sie richtig bemerkte, platzte!
In mir wuchs ein wenig Stolz auf diese Frau, sie wusste nämlich, dass es nicht einfach so ein Besuch war, sondern sie veränderte etwas.
Dieser Gedanke war mir bei unserer ersten Begegnung nicht gleich gekommen, doch später wurde mir bewusst, dass sie nicht leichtfertig diese Reisen machte.
Ich erklärte ihr ein wenig meinen Tagesablauf und auch, da jetzt Winter war, wir hier nicht wirklich Arbeit hatten. Bis auf die üblichen Korrespondenzen und Belange der Pächter und Arbeiter!
Ich würde aber ihre Unterstützung begrüßen, Alex musste noch den Angestellten und … eigentlich musste ich meine Verlobte jetzt erst einmal vorstellen, ganz allgemein! Und ich würde es mit Stolz tun, auch wenn es sich überheblich anhören mag, doch es war so. Ich war stolz eine solche Frau an meiner Seite zu haben, welche sich durchzusetzen vermochte, welche mich unterstützte und... welcher ich blind vertrauen konnte. Ich würde für Alexandra durch die Hölle gehen!
Als sie mich nun bat, ihr das ganze Anwesen zu zeigen, damit sie einen Überblick hatte, wusste ich im ersten Moment nicht, ob sie mich foppen wollte.
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass gerade ALEX sich nicht vorher ausgiebig schlau gemacht hatte. Nein, das würde ihre Neugierde nicht zulassen... doch sie versicherte mir, dass sie nicht immer so wissbegierig war und sich auch durchaus auf Überraschungen einlassen konnte. Wer es glaubt, wird selig, oder wie heißt es so schön?
Sie wusste also, wie meine Plantage in ihrer Zeit hieß, sie wusste, wohin sie segeln musste... mehr wollte Alex vorher nicht in Erfahrung bringen.
„Danke, Master Kenway, ich bin nicht immer so neugierig...“ provozierte sie mich mit diesen Worten und dieser Art, wie sie meinen Namen aussprach?
Bei Gott, diese Frau würde mich noch einige Jahre um den Verstand bringen und mir noch mehr graue Haare bescheren!
Das Frühstück war für mich das erste Mal seit Monaten entspannend und ich sah Alex dabei zu, wie sie völlig versonnen diesen Kaffee in sich aufnahm. Ich würde es vermutlich nie verstehen, sie versicherte mir aber, dass ich genügend Erklärungen bekommen könnte, wenn ich denn wollte. Ich lehnte dankend ab und aß mit Heißhunger mein Frühstück nach dieser Nacht!
Es war an der Zeit Alexandra in die Arbeiten und Gepflogenheiten der Plantage einzuweisen.
Auch würde ich ihr noch das Anwesen im Ganzen zeigen müssen. Doch fürs erste gingen wir in die Stallungen, ich hatte noch zwei Neuzugänge an Pferden zu vermelden. Mittlerweile besaß ich 6 dieser majestätischen Tiere und war stolz darauf, ich muss ehrlich sagen, ich liebte sie. Hier hatte ich die Möglichkeit, meine kleine Leidenschaft für diese Tiere auszuleben!
Wir betraten den Stall und Mr. Mackenzie verwickelte mich sogleich in ein Gespräch, es ging um die Futterreserven, welche zur Neige gingen und ich bat ihn, später dann zu mir, damit wir die Bestellungen noch einmal durchgehen konnten.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie meine Verlobte meinem neuesten Zugang über die Nüstern strich und einen völlig abwesenden Blick inne hatte dabei.
Mit den Worten, dass sie aufpassen sollte, weil dieser Hengst nicht ganz einfach war und oft einfach schnappte, dachte ich, würde sie von ihm ablassen.
Mit Erstaunen sah ich aber, dass er einfach völlig ruhig dastand, keine Bewegung, es schien, als konzentrierte dieser Hengst sich auf die Gedanken von Alexandra. Meine Verlobte fragte, was das für eine Rasse war, sie würde sich nicht auskennen und wir gaben ihr die entsprechende Einweisung.
Es war ein Friese, welchen ich erst vor kurzem von einer anderen Plantage erworben hatte und welcher auch noch keinen Namen hatte. In diesen grünen Augen lag plötzlich ein völlig entzücktes Leuchten, welches ich noch nie bei Alex gesehen hatte. Ich entschied, dass sie diesem Hengst nun einen Namen geben sollte und dann sollte er ihr gehören!
Meine Verlobte sah für einen Moment in die Augen des Tieres und ich hörte ein leises „Fenrir! Und ich weiß, es ist eigentlich Lokis Wolf... aber, er hat eine sehr ähnliche Ausstrahlung!“ Der Wolf meiner Frau
Nun war es aber an mir und Mr. Mackenzie, meiner Verlobten zu erklären, warum er noch keinen Namen hatte. Es war eher unüblich, jeder gab den Pferden einen eigenen Namen und so wurden sie auch weiter gegeben und verkauft. Es gab nicht immer einen Stammbaum.
Alex´ Erklärung war wieder einmal völlig unverständlich. In ihrer Zeit nutzte niemand mehr diese Tiere um von einem Ort zum anderen zu kommen. Sie wurden nicht mehr auf dem Feld gebraucht, geschweige denn für andere Tätigkeiten genutzt.
In was für einer Welt ist Alex bitte aufgewachsen, es hörte sich ein wenig trostlos an, wenn ich es recht bedenke.
Sie hatte ihm einen Namen gegeben, er gehörte ihr und ich sah plötzlich Tränen in ihren Augen!
... Vi kommer godt overens, Fenrir og jeg vil passe godt på dig... hörte ich sie plötzlich sprechen und verstand nicht, was sie meinte.
Für einen Moment sahen Isaac und ich uns an. Als hätte ich sie aus einem Traum geholt, klärte sich ihr Blick bei meinen Worten, die ich an sich richtete!
Dass sie eine andere Sprache genutzt hatte, war ihr nicht bewusst. Alex erklärte, dass sie in das Dänische ihrer Vorfahren verfallen wäre, man hatte sie die Sprache kurz gelehrt. Ab und an würden ihr aber immer mal wieder Sätze und Wörter einfallen. Das war alles mehr als seltsam und merkwürdig. Aber es zeigte mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, diese beiden würden einfach zueinander gehören!
Etwas wiederwillig verließ Alex mit mir die Stallungen, sie würde noch reichlich Gelegenheiten haben, sich ihrem Hengst zu widmen. Wobei ich sagen muss, er war wirklich ein wunderbares Tier!
Ich führte meine Verlobte nun ein wenig über unser Anwesen und zeigte ihr unter anderem die Unterkünfte der Angestellten. Jetzt kam ihr Wissen über die Geschichte extrem deutlich zum Vorschein, es war eindeutig, dass sie keine Sklaven dulden würde.
Alex erläuterte die Geschichte in kurzen Worten, dass es wegen Sklavenhaltung und -arbeit, der Sklaverei allgemein, später zu Konflikten kommen würde. Nicht jetzt sofort versicherte sie mir, es würden noch ein paar Jahrzehnte ins Land ziehen.
Mit Tränen in den Augen, dankte sie mir dann, dass ich ebenso auf diese Sklaverei verzichtete. Da waren wir uns einig und wieder einmal wurde mir deutlich vor Augen geführt, dass ich meine Entscheidungen richtig getroffen hatte. Egal in welcher Beziehung!
Jetzt im Winter sah es etwas trostlos hier aus, doch ich versicherte ihr, dass spätestens im Frühling das Ganze etwas anders aussehen würde.
Was das Gästehaus betraf, bekam ich ebenfalls einen anerkennenden Blick, es war nicht üblich in ihrer Zeit, solche Möglichkeiten für Gäste zu haben. Ich brannte innerlich darauf, zu wissen, wie es in ihrer Zeit war, doch ich würde es vermutlich nie erfahren, leider!
Nachdem ich Alex nun auch den Garten und das dazugehörende private Grundstück gezeigt hatte, gingen wir wieder Richtung Herrenhaus.
Kurz davor eilte uns Sybill entgegen und wirkte schon ein wenig verzweifelt, sie schien uns schon eine Weile gesucht zu haben. Doch sie sagte nur, dass das Mittagessen fertig sei, also folgten wir ihr und ich erzählte noch ein wenig über diese Bepflanzungen und das Grundstück an sich.
Nach dem Essen saßen wir für einen Moment still beieinander, wir schienen beide diese Ruhe zugenießen, aber es war alles andere als unangenehm.
Es gab aber einen Gedanken, welcher mir, seit ich von Alex´ Verlobten erfahren hatte, nicht mehr aus dem Kopf ging. Verlobung, sie wurde schwanger, das Kind war auf der Welt... warum hat man nicht geheiratet? Im Grunde war... und es tut mir leid das zu sagen... doch Yannick war in diesem Moment ein Bastard.
Auf meine Frage, warum sie Marius nie geheiratet hat, bekam ich eine Antwort, welche für mich schwer zu verstehen war.
„Keine Ahnung... ich wurde schwanger kurz nach unserem Kennenlernen und... danach... es klingt eigenartig, aber... wir hatten keine Zeit dafür. Und ich habe es auch nie forciert. Warum sollte ich auch. Entweder man will es, oder man lässt es.“
Diese Worte waren wirklich etwas weit dahergeholt... mit einem Male sah ich aber diese Trauer und spürte, dass mehr hinter dem Ganzen steckte.
„Haytham, er hat sich vor einigen Monaten das Leben genommen... und … ich habe immer noch damit zu kämpfen!“
Jesus... das war nicht das, womit ich gerechnet hatte.
Marius hatte eine Fähigkeit der Vorläufer und Götter erhalten. Eine, welcher er nicht gerecht werden konnte. Er konnte Gedanken hören, nicht bloss lesen! Das hieß, Marius hatte permanent Stimmen im Kopf, immerzu hörte er Gewisper!
In diesem Moment wurde mir zum aller ersten male klar, dass die Vorläufer einem nicht immer wohlgesonnen sein können!
„Das weiß ich doch... Aber diese... Vorläufer haben eine Macht, die man nicht immer sofort sieht und das macht mir Angst. Marius war mit seiner Gabe einfach völlig überfordert, das war nicht fair!“
Alex und einige Kollegen sowie Therapeuten, wie sie sie nannte, hatten versucht, Marius vor dem Schlimmsten zu bewahren! Sie alle hatten ihr Bestes gegeben, doch es war vergebens!
Er erschoss sich mit seiner eigenen Pistole in seiner Wohnung.
Ich hatte meine Arme um Alex geschlungen und versuchte sie so zu trösten. Sie machte sich Vorwürfe, ihrem Ex-Verlobten nicht besser geholfen zu haben. Ich versicherte ihr aber noch einmal, dass sie ihr bestes getan hatte und nicht nur sie, auch alle anderen, die Marius zur Seite gestanden haben.
Dennoch konnte ich sie verstehen, wenn man so hilflos dasteht und nichts unternehmen kann! Um sie aufzumuntern, erwähnte ich gespielt böse, dass sie hier ja auch auf IHRE Verbündeten zählen konnte.
Mein Themenwechsel hatte funktioniert, als sie mich jetzt ansah, waren ihre Augen wieder klarer und ein Lächeln war auf ihrem Gesicht erschienen.
„Ja, ich freue mich darauf, auch Faith wiederzusehen. Aber in erster Linie bin ich froh, hier zu sein und endlich dort weiterzumachen, wo ich einen Ankerpunkt habe.“
Und jetzt war es Alex, die einen Sprung in ihren Gedanken machte, nämlich hin zu meinem Geburtstag. Ich konnte sie beruhigen, es würde kein Staatsempfang werden, Eheleute Pitcairn und Johnson wären anwesend, sowie ein paar meiner Nachbarn, welche ich meiner Verlobten dann auch noch vorstellen werde.
Wir saßen noch eine Weile zusammen und ich berichtete, wie ich diese Plantage erworben habe und wie dieser reiche Schnösel einfach aus den Verhandlungen geworfen wurde.
Bei meinen Worten, ich würde ihr am liebsten jetzt alles zeigen, doch es wäre zu kalt dafür, meinte Alex mal wieder völlig unbekümmert „Dann tu es doch einfach. Ich kann mich ja warm anziehen. Und ich habe jetzt sogar ein eigenes Pferd!“ diese Begeisterung von dieser Frau war wirklich immer wieder ansteckend.
Meine Gedanken glitten zur letzten Nacht und ich musste an ihren etwas lädierten Hintern denken, doch wenn sie es unbedingt wollte, dann würde ich sicherlich nicht widersprechen.
Und dann sah ich, wie ihre Gesichtszüge sich verdunkelten und ihre Gedanken lagen wieder offen vor mir.
Du meine Güte, sie machte sich Vorwürfe, nichts beisteuern zu können und fühlte sich, als würde sie sich in das gemachte Nest setzen. Dem war aber ja nicht so, SIE war es, die mich dazu gebracht hatte, mich hier niederzulassen und ICH habe angefangen uns ein Zuhause zu schaffen.
Den Rest würden wir jetzt gemeinsam machen, niemand hat verlangt, dass sie alles im Vorfeld schon plant und organisiert.
Bei meinen Worten, dass wir UNSERE Zukunft jetzt gemeinsam ausbauen werden, liefen ihr wieder Tränen über die Wangen.
„Aber ich kann nichts beisteuern, nicht finanziell!“
Aber das verlangte ja auch niemand und für mich war es überhaupt kein Thema gewesen. Sie würde ab jetzt ihre Arbeitskraft mit beisteuern, das reichte völlig aus!
Dann entzog sie sich meiner Umarmung, straffte die Schultern und meinte „Dann werde ich mich wohl mal umziehen, so kann ich schlecht reiten!“ ich ließ meinen Blick für einen Moment über sie gleiten und hätte ihr gerne beim Entkleiden geholfen und …
„Master Kenway, dazu werden wir sicher später noch Zeit haben!“ dieser Tonfall veranlasste mich ihr mitzuteilen, dass ich sie beim Wort nehmen werde später! Mit hochrotem Kopf eilte sie nun die Treppe hoch in unser Schlafzimmer und ich ging in mein Arbeitszimmer.
Ich hatte einen Brief von Master Johnson erhalten, indem er mir mitteilte, dass er nach meinem Geburtstag nach New York aufbrechen werde, weil er hinsichtlich einiger neuer Rekruten wichtige Termine dort hatte. Er lud mich ein, sie ein paar Tage zu besuchen, wenn es mir passen würde.
Dieser Brief muss wieder Wochen unterwegs gewesen sein, datiert war er nämlich auf den 2. November! Diese Verzögerungen sind eine Plage, aber ich war froh, dass es keine schlechten Nachrichten waren, die nur langsam ihren Weg hierher gefunden hatten.
Als ich die ersten Wochen hier lebte, bekam ich tagelang überhaupt keine Korrespondenz, weil nicht jeder wusste, wohin er schreiben sollte. Mein Umzug hatte sich noch nicht überall herum gesprochen, was ich bei einigen Personen durchaus begrüßte, wenn ich ehrlich sein soll.
So versunken in meine Gedanken, erschrak ich fast, als meine Verlobte ins Zimmer gerannt kam und mich völlig außer Atem panisch anschrie, wo ihre Waffen geblieben wären.
Das hatte ich völlig vergessen! Ich hatte sie ja bereits nach unten bringen lassen und es war mir nicht wichtig erschienen, dass zu erwähnen.
Als ich sie jetzt aber ansah, fiel mir der Ornat von meiner kleinen Schwester auf und das passte mir nicht wirklich. Hatte sie nichts anderes...
„Nunja, ich habe tatsächlich nichts anderes, was sich zum Reiten eignet. Also wird der Ornat fürs erste reichen müssen. Nun sieh mich nicht so an, ich bekomme ein schlechtes Gewissen!“ Da hatte sie ja nicht unrecht, doch ich fand ihre Aussage hinsichtlich des Gewissens wieder einmal hinreißend und sie ließ mich schmunzeln.
Ich führte Alex jetzt hinunter in den Keller, damit sie ihre Waffentruhe in Augenschein nehmen konnte.
Als wir durch den Vorratsraum gingen, sah ich nur große Augen und einen offenen Mund, welcher sich noch mehr weitete, als wir den Versammlungsraum und die dahinter befindliche Waffenkammer betraten.
„Das ist ja Wahnsinn, was du alles hier hast.“ kam es immer noch staunend von meiner Verlobten.
Sie musste wissen, dass ich gerne auf alles vorbereitet bin und aus diesem Grund ein solch beachtliches Arsenal an Waffen im Besitz hatte. Hier lagerte eben auch einiges an Munition für den Notfall, welcher hoffentlich nicht eintreten wird!
Mir ging der Gedanke im Kopf herum, dass ich Alex noch ein wenig Training bei den Schusswaffen angedeihen lassen sollte, weil ich wusste, dass ihre Pistolen ganz anders funktionierten.
„Das wäre wirklich eine gute Idee, ich kann zwar mit einer Pistole umgehen und bin auch ich eine recht gute Schützin, doch das ist mit unseren Waffen. Also bräuchte ich tatsächlich ein wenig Nachhilfe hierbei!“ bei diesen Worten stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste mich vorsichtig. „Und du weißt ja, ich mag es, wenn du mir etwas beibringst!“ ihr Tonfall war dermaßen lasziv, dass ich nur schwer an mich halten konnte, sie hier nicht einfach über den Tisch zu legen und einfach zu nehmen.
Meine Worte kamen rau über meine Lippen, als ich ihr sagte, dass sie sich gar nicht vorstellen könnte, wie gerne ich ihr auf der Stelle eine Lektion erteilen würde!
„Doch, das kann ich nämlich spüren!“ meinte sie leise und ihre Hand fuhr über meine Erregung, mir entwich ein lautes Stöhnen dabei!
Langsam sank sie an mir herunter, ließ mich aber nicht aus den Augen und als ich spürte, wie ihre Lippen mich umschlossen, war es um mich geschehen. Meine Hand griff wie von selber in ihre Haare und gaben den Rhythmus vor, ich lenkte sie und zeigte ihr meine Lust!
Ich genoss diese Hingabe und hätte es gerne noch länger so gehabt, doch ich verlor langsam die Beherrschung und kam einfach.
Vorsichtig öffnete ich die Augen und sah auf sie herab, das Leuchten ihrer grünen Augen war so voller Begierde, dass ich beschloss, ihr ebenfalls Erlösung zu schenken. Langsam schloss sie meine Hose und richtete sich wieder auf.
Ohne Umschweife hob ich sie hoch, trug sie zum Tisch im Versammlungsraum und setzte sie darauf mit den Worten, sie würde mich wahnsinnig machen und küsste sie einfach. Meine Hand wanderte zwischen ihre Schenkel und fanden ihren Weg zu ihrer empfindlichsten Stelle. Ein Aufstöhnen verriet mir, dass ich auf dem richtigen Weg war und ich ließ meine Finger in sie gleiten. Ihr Atem ging immer schwerer und es dauerte nicht lange, da hörte ich ein leises „Haytham“ an meiner Schulter und Alex klammerte sich an mich.
Als sie sich wieder beruhigte, musste ich es einfach loswerden, ich fragte mich wirklich, warum ich die Finger nicht von ihr lassen konnte. Lag es einfach an dieser langen Trennung oder was war es?
„Ich vermute es, aber du weißt ja, wie du mich um den Finger wickeln kannst, vielleicht liegt es auch einfach daran!“ lächelte sie mich an. Es muss einfach Nachholbedarf sein!, ging es mir durch den Kopf.
Jetzt zeigte ich ihr die Truhe mit ihren Waffen und ihr Blick verriet mir, dass sie überlegte, ob es nötig sei, alle anzulegen.
Ich meine, wir lebten hier noch recht friedlich, aber man ging nie unbewaffnet aus dem Haus, es könnte durchaus sein, dass man sich verteidigen musste. Und sei es nur gegen ein paar Tiere!
Das Anlegen ging schnell und ich tat es ihr gleich. Plötzlich warf sie mir einen seltsamen Blick zu und ich wurde misstrauisch, weil ich nicht in ihr lesen konnte.
„Es ist nichts Schlimmes, ich habe nur gerade festgestellt, dass ich ja jetzt mit dir einen gewissen Alltag erlebe. Das ist für mich noch etwas ungewohnt, ich war sonst immer alleine und habe für mich und meinen Sohn gesorgt!“
Im Grunde wusste ich ja, wie Alex vorher gelebt hatte, jedoch konnte ich mir das nicht richtig vorstellen. Frauen hier in dieser Zeit hätten heiraten oder ihren Körper verkaufen müssen. Oder wenn sie Glück hatten kamen sie in einem Haushalt unter. Aber sie hatten es dennoch schwer, wie konnte sie so überleben?
„Haytham, ich hatte eine Arbeit, ich hatte eine Wohnung und ich hatte Familie und Freunde, die mich unterstützten. Frauen in meiner Zeit haben auch wesentlich mehr Rechte und Möglichkeiten ihr Leben selbstbestimmt zu führen. Es werden aber diesbezüglich noch einige Jahrzehnte und Jahrhunderte vergehen, bis es soweit ist. Wir Frauen haben lange für unsere Rechte kämpfen müssen. Und trotzdem werden wir oft, nicht immer, noch schlechter als Männer bezahlt, obwohl wir den gleichen Beruf ausüben! Ich war in der glücklichen Position, dass wir nach Leistung und Aufträgen bezahlt wurden!“ erklärte sie mir nun ihre Situation damals.
Im Grunde gab es also keinerlei Traditionen mehr und was ich mich dann mal wieder fragte, WER passte auf die Kinder auf, wenn sie arbeiten ging?
Auch dafür bekam ich eine Erklärung. Es gab zum Beispiel den sogenannten Kindergarten, wo die Kinder betreut wurden und Alex ergänzte ihre Worte noch.
„Haytham, ich respektiere deine Einstellung, aber ich lasse mich nicht auf EINE Rolle reduzieren. Ich werde dir zur Seite stehen, ich werde meine eigene Meinung behalten und ich werde, wenn Odin es wünscht, unser Kind großziehen. Aber ich will nicht genau DARAUF beschränkt werden. Vergiss nicht, meine Aufgabe ist klar definiert und ich werde sie erfüllen, koste es was wolle!“
Damit konnte ich aber leben und eigentlich war ich, das erwähnte ich sicherlich auch schon einige Male, stolz sie an meiner Seite zu haben und sie auch bald heiraten zu können!
Mir war es genauso wichtig, dass sie ihre eigene Meinung behielt, solange sie mir nicht permanent widersprach. Doch auch dafür gab es ja die Lektionen und ich musste schon wieder meine Gedanken aus der Gosse holen!
Mit einem Male kippte ihre Stimmung, sie dachte wieder an ihren Sohn.
Es tat mir für Alex unendlich leid, ihn alleine gelassen zu haben, was ja eigentlich nicht der Fall war. Doch sie war Mutter durch und durch und ihr schlechtes Gewissen tat ihr übriges dazu!
Um sie aufzumuntern, lobte ich ihre Erziehung und sagte, dass Yannick ein guter Junge sei, dank ihr! Er würde seinen Weg gehen, Alex hatte ihm alles Nötige beigebracht, daran musste sie einfach fest glauben.
Tief in mir keimte wieder dieser leise Wunsch nach einem Kind, welches ich aufwachsen sehen konnte. Sie sah meinen Gedanken anscheinend.
„Haytham... ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch... Kinder bekommen kann!“ brachte sie unsicher hervor und ich musste mir auch eingestehen, dass es in ihrem Alter vielleicht wirklich nicht mehr ging.
Als sie Faith erwähnte und sagte, sie würde sie wohl um Rat fragen oder eben nach irgendwelchen Kräutern, meinte ich nur zustimmend, dass sie genügend Zeit haben würde. Wir würden sicherlich bis Ende Januar dort sein und dann erschien ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht und ein Kuss war als Dank von ihr genug.
„Ich liebe dich, mi amor!“ bekam ich ebenfalls an meine Brust gehaucht!
Für einen Moment standen wir so umschlungen im Versammlungsraum und ich fühlte, wie wir beide erneut ruhiger wurden.
Langsam wurde es aber Zeit, dass ich ihr ihr neues Zuhause zeigte bevor es dunkel wurde und zog Alex hinter mir her und dann Richtung Stall.
Kaum dass wir ihn betreten hatten, ging sie wie hypnotisiert auf Fenrir zu und strich vorsichtig über seine Flanke.
Dann hörten Mr. Mackenzie und ich wieder, wie sie ins Dänische verfiel und leise mit ihrem Hengst sprach. WIE war das möglich? Als sie zu uns herüber sah, konnte ich in ihrem Gesicht Verlegenheit sehen.
„Ich habe es schon wieder getan, oder?“ fragte sie leise und ich musste grinsend nicken. Sie habe ihm nur gesagt, dass Fenrir ein wunderschönes Tier sei und sie sich fragte, warum sie ihn nicht schon in ihrer Zeit gekannt hatte.
Mir wurde wieder vor Augen geführt, dass Alex vieles aufgegeben hatte um hier sein zu können und diese Momente gerade einfach genoss. Ich wünschte mir für sie, dass es davon noch sehr viele geben würde, ich wollte sie glücklich sehen!
Unsere Pferde waren gesattelt und wir stiegen auf.
Ich führte uns die Auffahrt hinunter zu den ersten kleineren Feldern, ich würde Alex heute bei Weitem nicht alles zeigen können. Wenn ich es recht bedachte, würde es Monate dauern, bis sie alles zu Gesicht bekam und auch eine gewisse Orientierung inne hatte. Auch ich hatte einige Zeit dafür gebraucht.
Ich erklärte Alex nun, wo was angebaut wurde und wonach ich bei der Saat ging. Die Beschaffenheit des Bodens war unter anderem auch wichtig und man sollte nicht immer das gleiche auf den Feldern anpflanzen, sondern den Boden sich auch einmal erholen lassen.
Als nächstes kamen wir an einer der Pächterhütten vorbei und mich überkam sofort ein seltsames Gefühl, es brannte kein Licht, auch kam kein Rauch aus dem Schornstein.
Alex bemerkte mein Zögern und fragte, was los sei.
„Vielleicht sind sie gerade bei ihren Nachbarn, oder...“ aber ich ließ sie nicht ausreden, das wäre einfach unrealistisch. Diese Familie hatte 3 kleine Kinder, war erst vor einem halben Jahr hier angekommen und musste sich noch eingewöhnen.
In mir keimte Sorge auf und ich ging auf die Behausung zu und trat kurzerhand die Tür ein, es war eine Eingebung und mein Blick sagte mir, dass wir leider zu spät kamen. Mir schlug ein widerlich süßlicher Geruch entgegen und ich konnte gerade noch meinen Mantel vors Gesicht drücken, bevor ich mich übergeben musste. (Anmerkung Autorin: Ich habe bei einem Bestatter gearbeitet, ich weiß, wie Verwesung riecht!)
Ich aktivierte meinen Blick und sah Kampfspuren, die verblassenden Auren der Toten, aber auch Spuren, welche wieder hinausführten!
In einer Ecke des großen Wohnraums sah ich sie zusammengekauert an der Wand lehnen. Sie waren alle tot, aber sie waren nicht eines natürlichen Todes gestorben, sondern sie wurden überfallen und niedergemetzelt.
Erstaunt sah mich Alex nun an und fragte woher ich das wüsste, meine Erklärung, dass ich meine Fähigkeit nutzte reichte ihr.
Mit gesenktem Blick ging ich hinaus und folgte diesem leichten Leuchten, welches uns nun zu einem Waldstück führte. Unterwegs fand ich noch einen Goldzahn, welcher vermutlich einem der Angreifer gehören musste, hob ihn auf und gab ihn meiner Verlobten, welche es etwas schwer hatte mir zu folgen.
Doch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen, ich wollte wissen, was hier los war! Langsam wuchsen in mir ein gewisser Zorn und Wut darüber, dass diese Menschen sich nicht einmal verteidigen konnten, sie hatten überhaupt keine Chance gegen diese Plünderer!
Zwischen einigen Bäumen verlor sich dann langsam die Spur, das Lager auf der kleinen Lichtung vor uns war schon länger verlassen und ich konnte nichts mehr sehen! Verdammt!
Als ich Alex das mitteilte, sah sie mich immer noch erstaunt an und erst jetzt bemerkte ich, dass ich wohl wirklich ganz anders meine Umwelt wahrnahm, als sie.
„Bei Odin, das ist ja schrecklich... aber warum bringt man bitte diese armen Menschen um? Sie haben doch auch kein Vermögen unter der Matratze!“ kam es fragend von ihr und ich musste sie darüber aufklären, dass schon wegen viel weniger getötet wurde, einfach nur aus Gier oder auch der Not heraus.
Gerade jetzt in den Wintermonaten zogen Plünderer umher, weil keine Arbeit zu finden war! In meiner Wut, schlug ich auf einen Baumstamm in meiner Nähe und fluchte etwas unflätig.
Alex hatte anscheinend auch bemerkt, dass die irische Familie keinerlei Waffen zur Verfügung hatte. Sich also nicht adäquat verteidigen konnte und brachte mich so auf eine Idee. Warum war ich nicht schon früher darauf gekommen, die Leute mit Pistolen oder Schwertern auszustatten, damit sie sich im Notfall wehren konnten? Verdammt!
„Weil du davon ausgegangen bist, dass sie sich selber schützen können! Daran ist nichts verwerfliches!“ meinte sie leise, aber in mir stieg langsam Panik auf, ich musste mich beeilen, damit die anderen Familien entsprechend unterrichtet wurden und so machten wir uns auf den Weg zu den unmittelbaren Nachbarn.
Bei dieser Familie war alles in Ordnung, doch sie hatten hier ein paar Strolche herumschleichen sehen, sich aber nichts weiter dabei gedacht. Also ordnete ich jetzt an, dass morgen früh alle Pächter, Arbeiter und ihre Familien beim Herrenhaus erscheinen sollten, dort würde ich alles weitere kundtun.
Gerade als ich das Begräbnis ansprechen wollte, unterbrach mich Alex, doch diese Familie hier bot sich sofort an, zu helfen.
Es dauerte nicht lange, da waren noch mehr von meinen Pächtern an der Behausung der kleinen irischen Familie und begannen ein Grab auszuheben. Trotz des gefrorenen Bodens ließen sich die Männer nicht davon abbringen und schafften es, eine tiefe Mulde auszuheben.
Als die Erde auf den Verstorbenen ruhte, reihten sich alle um das Familiengrab auf und ich sprach eine kurze irische Grabrede, an welche ich mich aus einem alten Buch erinnerte!
Steh nicht am Grab mit verweintem Gesicht
ich bin nicht da ich schlafe nicht.
Ich bin der Wind der weht über die See
ich bin das Glitzern im weißen Schnee.
Ich bin die Sonne auf reifender Saat
ich bin im Herbst in der goldenen Mad.
Wenn ihr erwacht im Morgenschein
werd ich immer um euch sein.
Bin im Kreisen der Vögel im Himmelszelt
ich bin der Stern der die Nacht erhellt.
Steh nicht am Grab in verzweifelter Not
ich bin nicht da, ich bin nicht Tod.
Mir tat dieser unsinnige Tod dieser Menschen leid, aber jetzt würde ich handeln. Meine in mir kochende Wut über mich selber konnte ich jedoch nicht unter Kontrolle halten, ich hätte viel früher für ihre Sicherheit sorgen müssen! Dieser Gedanke ließ mich nicht los!
Ich stellte jetzt meine Verlobte vor und sagte, dass man sich bei Fragen oder Problemen auch an sie wenden könne. Ein paar skeptische Blicke erntete sie, doch ich vernahm unter den Worten der Anwesenden auch deutsche Akzente und in Alex´ Gesicht schlich sich ein glückliches Lächeln.
Ich konnte mir schon denken, dass sie sich freute, wenn sie auch mal in ihrer Muttersprache reden konnte. Trotzdem war ich immer noch erstaunt, wie fließend sie englisch sprach und man muss bedenken, sie übersetzte alles simultan. Da war wieder dieser Stolz in mir und ließ meine Wut etwas abflauen, doch nicht ganz.
Als wir wieder auf dem Rückweg waren, hing ich weiter meinem Plan nach, dass alle Pächter und Arbeiter mit Waffen versorgt werden und wir eine Art Wache aufstellen sollten.
Ich würde ebenfalls mit dem Aufseher morgen darüber sprechen, damit wir wissen, wie viele Männer noch eingestellt werden müssen!
Auf Alex´ Frage hin, was ich morgen angedacht hatte, erzählte ich ihr davon.
Doch je länger ich darüber nachdachte, um so aufgebrachter wurde ich wieder.
Bei den Ställen angekommen übergab ich Isaac einfach meine Stute und ging ins Haus, ich musste mich irgendwie abreagieren. Alle Lehrstunden bei Reginald waren auf einmal vergessen, meine Emotionen konnte ich plötzlich nicht mehr zügeln!
Ich ging in mein Arbeitszimmer und warf die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zu und streifte dann unruhig hin und her.
Ich entzündete die Kerzen auf meinem Schreibtisch und nahm mir den Plan der Plantage zur Hand und überflog die Örtlichkeiten. Ich konnte nur hoffen, dass in dieser Nacht keine weiteren Morde passierten, dieser Gedanke machte mich gerade wahnsinnig!
Im Geiste lief ich die Felder ab, damit ich mir ein Bild machen konnte, WIE man Wachen patrouillieren lassen sollte, am besten wäre es, man teilt das Gelände in Quadrate ein! Und langsam ebbte diese Wut ab und wich einem etwas anderen Gefühl, welches ich als Zufriedenheit bezeichnen würde.
Dann stieg mir der Geruch von Essen in die Nase und mir fiel ein, dass wir noch gar nicht zu Abend gegessen hatten.
Ich verstaute die Karte wieder, löschte die Kerzen und ging auf die Suche nach meiner Verlobten. Sybill meinte nur, dass Alex in ihrem Arbeitszimmer sei und versuche sich einzurichten.
Auf mein Klopfen reagierte sie nicht, also trat ich ein, auch das bemerkte sie nicht. Sie lehnte über einem Buch und schrieb konzentriert, genauso wie damals im Fort George, als sie sich mit der Recherche nach den Göttern in mein Arbeitszimmer zurückgezogen hatte.
Ich betrachtete sie eine Weile, doch sie schien mit ihren Gedanken zu weit weg zu sein. Als ich sie ansprach, schrak sie auf und sah mich etwas böse an.
Ich ließ meinen Blick nun über die noch leeren Regale schweifen und meinte, diese würden vermutlich schneller voll sein, als man schauen kann!
Dieser Versuch sich hier einzurichten war für mich beruhigend und das sagte ich auch.
„Ich versuche es zumindest, Haytham. Ich hoffe, du hast dich wieder etwas beruhigen können. Ich... habe dich lieber alleine gelassen. Ich wusste nicht, ob du meine Gesellschaft wolltest.“
Ich hoffe doch, dass ich ihr keine Angst gemacht hatte, ich weiß ich kann manchmal aus der Haut fahren, jedoch nicht vor anderen Menschen.
„Nein, Angst vor dir nicht direkt. Aber ich weiß ja nicht, was du brauchst oder wie du dich verhältst, wenn du so in Rage bist. Haytham, ich werde nicht einfach bei so etwas das Weite suchen. Doch ich muss mich noch daran gewöhnen und du dich auch. Wenn du möchtest, dass ich dir dann beistehe, dann sag es mir, oder eben du willst es nicht. Das ist völlig in Ordnung.“ das beruhigte mich jetzt, wir waren uns einig, dass wir BEIDE noch eine gewisse Eingewöhnungsphase brauchten.
Ich ging um den Schreibtisch herum, lehnte mich dann hinter ihr über ihre Schultern und schlang meine Arme um sie.
Jetzt sah ich auch, WAS sie schrieb.
Es war ihr Tagebuch und ich muss sagen, da ich selber ebenfalls meine Gedanken so niederschrieb, dass ich es durchaus begrüßte.
„Ja, das tue ich. Schon seit Jahren. Ich habe Yannick fast 20 dieser Bücher überlassen. Vom Tag seiner Geburt angefangen bis zu meiner Abreise. Da hat er erst einmal genug zu lesen und vergisst mich nicht so schnell!“ als sie sich zurücklehnte, sah ich, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen und reichte ihr mein Taschentuch.
Ich zog Alex hoch und nahm sie in den Arm. Automatisch legte sie einfach nur ihren Kopf auf meine Brust und ihr Schluchzen wurde weniger.
Meine Erklärung, dass Kinder nie ihre Eltern vergessen würden, sie aber vermissen, brachte mir eine Entschuldigung von ihr ein. Meine Trauer um meine eigene Familie konnte ich nicht aus meiner Stimme verbannen!
Dann fiel mir das Essen wieder ein und ich sah, dass Alex dankbar für den Themenwechsel war.
Wir gingen hinüber ins Schlafzimmer, sie wollte sich frisch machen und umziehen, damit sie für mich keinen gruseligen Anblick bot. Doch ich konnte ihr versichern, dass sie mir selbst mit ihrer gebrochenen Nase keinen schlimmen Anblick geboten hatte, eher im Gegenteil und ich besiegelte meine Worte mit einem langen Kuss, welcher meine Verlobte leicht erschauern ließ.
Ich sah ihr dabei zu, wie sie sich Wasser ins Gesicht spritzte und stand angelehnt an einem Bettpfosten.
Plötzlich sah sie hoch und in den Spiegel, prompt konnte ich ihre Unsicherheit spüren.
„Habe ich etwas falsch gemacht oder vergessen?“
Erwähnte ich schon mal, dass ich ab und zu diese Freude in mir spürte, sie zu ärgern und zu verunsichern? Auch jetzt tat ich es und meinte nur, dass sie tatsächlich etwas vergessen hat.
Erschrocken sah sie mich an.
„Was denn?“
Ich schritt langsam auf sie zu und nahm ihr Kinn in meine Hände, sodass meine Verlobte mich ansehen musste, sagte aber nichts.
Sie wurde immer unruhiger und ich genoss es für einen weiteren Moment, dann erlöste ich Alex mit den Worten, dass sie vergessen hätte, mir einen Kuss zu geben und konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen.
„Wenn es nur das ist, mi amor. Ich dachte schon an das Schlimmste. Doch... WAS genau, wollte mir nicht einfallen!“ lachte sie ihrerseits und dann bekam ich den vergessenen Kuss und als ich diesen Geschmack des Weines von ihren Lippen auf meinen hatte, wäre ich am liebsten mit ihr hier geblieben. Auch Alex fühlte sich mal wieder wie Wachs in meinen Händen an!
Mit einem Mal löste sich Alex von mir und meinte nur, ich solle schon mal runter gehen, sie müsse ihre Truhe wieder verschließen. Doch ich folgte ihr einfach und sie fing an, einiges in dieses schwere Behältnis zu packen, unter anderem so ein kleines schwarzes Brett oder was es auch sein mochte.
„DAS ist ein Gerät, mit dem ich in meiner Zeit über weite Strecken mit anderen kommunizieren kann. UND ich kann damit Fotos, Bilder machen. Ich glaube, ich werde es dir bald mal erklären.“
Wieder einmal wurde mir klar, dass diese Frau einen ganz anderen Lebensstil vorher hatte, die Menschen dort hatten unglaubliche Errungenschaften und ich hatte ja auch diese Gebäude gesehen.
Als dann alles verstaut war und die Kerzen gelöscht waren, gingen wir hinunter.
Ich erzählte meiner Verlobten noch, dass ich eine Stellenausschreibung für eine Zofe verfasst hatte, jedoch bis wir aus New York zurück waren, würde sie sich anders behelfen müssen.
„Das eilt ja jetzt auch nicht unbedingt, Haytham. Aber denke an den Test, dass ist mir wichtig, ich möchte dieses Thema möglichst schnell vom Tisch haben.“
Daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht, doch als ich meinte, dass ich mir schon etwas an meinem Geburtstag einfallen lasse, sah ich eine hochgezogene Augenbraue und versicherte Alex sofort, dass ich nur über SIE herfallen würde.
Meine Verlobte war tatsächlich eifersüchtig und das schmeichelte mir einfach.
Wir saßen noch einen Moment im Lesezimmer beisammen und ich erzählte von einigen Büchern, wie ich sie erstanden hatte oder auch die Geschichte hinter dem eigentlichen Buch.
Mit einem Male fühlte ich mich beobachtet und als ich zu Alex sah, konnte ich lesen, dass sie sich fragte, womit sie meine Liebe verdient hatte.
Der große Auftritt damals hat es in die Wege geleitet, mutmaßte ich, damit hatte sie mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt.
„Ja, mein Erscheinen hat Wirkung gezeigt, Master Kenway!“ das lässt sich nicht leugnen und ihre Gedanken schweiften zu diesem Moment, wo wir uns das erste mal in New York gesehen haben.
Da beschloss ich, mich in ihren Geist einzuklinken, es war nicht abgesprochen, doch ich tat es einfach. Umgekehrt konnte ich sie in meinem Kopf spüren und wir beide waren immer noch nicht ganz vertraut mit dieser Art der Kommunikation.
Es dauerte nicht lange, bis wir beide das gleiche Bild vor Augen hatten, das Schlafzimmer. Das war wie mein Stichwort und ich nahm ihr das Glas ab, ergriff ihre Hand ohne weitere Worte und führte sie die Treppe hinauf.
Es stand ja auch noch meine Drohung im Raum für ein Nachspiel wegen des Ornats!
Als Alex nun in meinem Kopf herumgeisterte und sah, was ich vorhatte, schoss ihr vor Verlegenheit diese zauberhafte Röte ins Gesicht!
Wie Gott sie schuf stand sie vor mir und sah zu mir auf. Bei diesem Anblick konnte ich einfach nicht an mich halten und hob sie auf meine Hüften.
So einfach ließ ich sie aber nicht davon kommen, erst die Lektion, dass ich es nicht gerne sah, dass sie immer noch diese Garderobe trug.
Wir brauchten aber keine ausgesprochenen Worte, es war völlig still, nur ab und an hörte man ein wohliges Raunen von meiner Verlobten.
Meine Hände hinterließen wieder einige Spuren auf ihrem Hintern, was mich aber immer weiter zu meinem Höhepunkt trieb und als ich mich nicht mehr beherrschen konnte und wollte, befahl ich ihr lauter als beabsichtigt, mich gefälligst anzusehen.
Es war wieder dieser eine Satz, dieser Moment, der auch Alex hinübertrieb.
Meine Hand ließ ihre Arme frei, welche sich sogleich um mich schlangen und mich festhielten.
Langsam wurden ihre Augen wieder klarer und unser beider Atem ging gleichmäßiger. Als ich uns dann beide zudeckte, hörte ich sie leise sagen „Du bist ein guter Lehrmeister, Haytham!“ mit einem tiefen Seufzen.
Dieser Satz entlockte mir ein breites zufriedenes Lächeln und wir konnten beide friedlich in den Schlaf finden.
Wie schon so oft in der Vergangenheit, wurde ich vor Alex wach und in diesem dämmrigen unwirklichen Licht, konnte ich nur eine vage Kontur ihres Körpers wahrnehmen.
Aber dieser gleichmäßige Atem und ihre warme Haut an meiner Seite, ließen meine Fantasie in die unendlichen Tiefen der Gosse abrutschen und wenn ich ehrlich bin, ich hatte Nachholbedarf. Auch wenn es sich noch schmutziger und lüsterner anhört, als es gemeint ist.
Vorsichtig zog ich die Decke von ihr, ließ mich zwischen ihre Schenkel gleiten und meine Hände fuhren langsam über ihren Körper.
Es dauerte nicht lange, da öffnete sie ihre Augen und lächelte mich verschlafen an, als ich grinsend meinte, endlich sei sie wach.
„Wie ich sehe, du auch schon, mi amor, und es scheint, du hast auch schon konkrete Pläne.“ und sie wollte mich schon zu sich hinunter ziehen.
Meine „konkreten Pläne“ sahen aber vor, dass ich mir einfach das nahm, was mir gehörte und meine Verlobte ergab sich laut stöhnend ihrem Schicksal. Wir hatten tatsächlich einiges nachzuholen, doch beide genossen wir den anderen und ließen uns in dieser Lust dahintreiben.
Als ich ihren Höhepunkt spürte, war es auch um mich geschehen und ich konnte nur noch ihren Namen an ihrer Schulter flüstern.
„So lasse ich mich übrigens gerne wecken, da kann sogar der Kaffee nicht mithalten, mi amor!“ vermutlich sollte ich diesen Satz als Kompliment einfach hinnehmen, aus ihrem Munde war es wohl auch eines.
„Wie spät ist es eigentlich und... warum bist du schon wieder wach, Haytham?“ da konnte ich Alex aber beruhigen, verschlafen hatte sie nicht und ich war ja auch nicht länger wach als sie.
Und leider hatte uns der Alltag jetzt wieder, doch es musste sein und ich scheuchte meine Verlobte aus dem Bett. Wir hatten den Termin mit den Pächtern und Arbeitern nach dem Frühstück und es war schon fast sieben Uhr, wenn ich mich nicht täuschte.
Ohne weiter zu murren, schlängelte sie sich unter mir weg und als ihre Füße den Boden berührten, sah ich, wie sie erzitterte. Entschuldigt, aber ein leises Lachen konnte ich mir bei diesem Anblick einfach nicht verkneifen!
„Was? Es ist halt kalt, ich bin so etwas einfach noch nicht gewöhnt, Haytham.“ vermutlich war es in ihrer Wohnung immer warm, doch hier? Es ist nun einmal Winter, daran musste sich Alex jetzt gewöhnen.
Wir machten uns fertig, doch als ich sah, wie sie mit ihren Haaren kämpfte und fluchte wie ein betrunkener Pirat, verzeih mir Vater!, musste ich einschreiten.
Ich rief kurzerhand nach Magda, sie war meine erste Wahl, ich wusste, dass sie das Haare schneiden zum Beispiel bei vielen der Angestellten hier übernahm.
Es dauerte nicht lange, da erschien sie hier und ich wies sie an, solange als Kammerzofe für meine Verlobte zu arbeiten, bis wir die Stelle anderweitig besetzen würden. Mit einem Knicks und einem erfreuten Lächeln ging sie dazu über, Alex nun bei diesem Gewirr aus dunkelblonden Knoten zu helfen.
Im Esszimmer erwartete uns das Frühstück, doch es war dieses mal kein wollüstiger Laut von Alex zu hören, als sie ihren Kaffee bekam.
Unterdessen erhielt ich einiges an Post und machte mich daran, die einzelnen Briefe zu überfliegen und meine Verlobte schnappte sich die Zeitung.
Ich ertappte mich wieder dabei, wie ich diese Frau für einen Moment einfach anstarrte. Es war immer noch nicht ganz real, dass sie wieder bei mir war... Vermutlich wird es wirklich noch ein wenig dauern, bis wir beide in der Realität angekommen sind.
Dann war es Zeit für die versprochene Waffenübergabe und die dazugehörige Einweisung. Ich hatte Jones und zwei weitere Diener beauftragt, einige Pistolen, Musketen und Schwerter aus der Waffenkammer zu holen.
Vor unserem Haus hatten sich alle Familien eingefunden und nach der Begrüßung fragte ich, wer schon Waffenerfahrung besaß und wer noch eine Einführung und Übung brauchte.
Bis auf ein paar wenige hatten alle Männer Erfahrung im Umgang mit Waffen und das beruhigte mich. Wir verteilten nun alles aus der Waffenkammer und Mr. Robinson würde anschließend den wenigen Unerfahrenen noch zur Seite stehen.
Nachschub für Munition würden die Männer bekommen oder sich eben selber in Eigenarbeit anfertigen.
Nun ging es noch darum, dass wir eine Wache hatten, Leute die nicht nur Nachts, sondern auch Tagsüber Patrouille liefen!
Meine Pächter waren sich aber schnell einig, dass man niemand fremdes dazu holen müsse. Es gäbe genügend Männer dafür, sogar während der Pflanz- oder Erntezeit konnte die Sicherheit garantiert werden.
Für einen Moment war ich skeptisch, doch ich vertraute in diesem Moment auf die Erfahrung der Leute.
Auch erklärte ich noch einmal ausdrücklich, dass man sich auch an Alex wenden könne, wenn es Fragen oder eben Probleme gab. Jetzt bekam sie einige wohlwollende Blicke und Zuspruch von den Frauen, welche zahlreich mit ihren Gatten und Kindern erschienen waren.
Nach der Verteilung gingen wir mit Mr. Robinson hinein, um die einzelnen Wachabläufe zu besprechen. Für einen Moment sah er Alex skeptisch an, ich erklärte, dass sie Mitspracherecht hätte und in Notfällen ebenso zur Verfügung stand, wie ich auch.
Wir nutzten die Karte des Anwesens und meinen Gedanken, alles in Quadrate zu unterteilen.
„Master Kenway, das ist wirklich eine gute Einteilung des Gebietes. So können sich die Männer fast immer im Auge behalten und kaum jemand könnte durchbrechen. Doch was, wenn die Felder hochbewachsen sind? Das dürfte dann schwieriger werden?“ doch auch dafür gab es eine Lösung, die Wachen würden in kürzeren Abschnitten und Zeiten alles ablaufen!
Es war viel Arbeit, ich weiß, doch wir mussten etwas unternehmen und sollte es an Personal entsprechend fehlen, würde ich dieses einstellen!
Als Mr. Robinson nun von dannen zog, lehnte ich mich erleichtert und zufrieden zurück. Ich teilte meine Gedanken Alex mit, dass ich beruhigter bin was die Farmer und ihre Familien betraf.
Zumal unter dieser neuen Bürgerwehr auch die eigentliche Arbeit auf den Feldern nicht zum Erliegen kommen würde.
Das wichtigste jedoch war, dabei zog ich meine Verlobte auf meinen Schoß, dass ich ebenso beruhigt sein konnte, dass ihr nichts passieren konnte, wenn hier Wachen anwesend sein würden. Auch wenn SIE auf mich aufpassen sollte.
„Naja, aber du darfst auch gerne ein Auge auf mich haben. Wer weiß, was ich hier sonst noch alles anstellen werde!“
Warum wusste ich, dass diese Frau so etwas antworten würde? Sie war unglaublich und schlagfertig! Wenn sie sich nicht zusammenreißen würde und zügeln würde, könnte es passieren, dass sie durchaus noch mehr schlaflose Nächte und Tage erleben würde, an denen sie nicht sitzen könne, teilte ich Alex umgekehrt mit.
Gerade, als sie mal wieder eine laszive Antwort geben wollte, erschien ein Bote in meinem Arbeitszimmer und teilte mit, dass sich auf die Ausschreibung für die Besatzung der Jackdaw schon ungefähr 30 Mann gemeldet hätten. Sie erwarteten uns an der Anlegestelle, sprach er weiter und ich schickte ihn zurück, um mitzuteilen, dass wir auf dem Weg seien.
Als die Pferde gesattelt waren, machten wir uns auf den Weg zu der potentiellen Besatzung. Alex freute sich, dass es so schnell ging, damit gerechnet hatte sie nicht. Doch wir hatten hier durch die Flussanbindung den Vorteil, dass Nachrichten auch schneller von A nach B kamen. Vieles sprach sich entsprechend zügig herum, die Nachrichtenkette funktionierte einwandfrei, gerade wenn es um Arbeit ging!
Am Fluss angekommen, sahen wir uns einer Horde von Kerlen gegenüber, welche im ersten Moment nicht unbedingt sehr vertrauenerweckend aussah. Auch meine Verlobte sah für einen kurzen Augenblick etwas sprachlos in die Runde, fing sich aber sofort wieder.
Die Männer hatten einen Vorredner erkoren, welcher sich als Mr. Hargreaves vorstellte.
Dieser war auch der Erste, welchen wir näher befragten und ich spürte, dass Alex ihn für gut befand.
So ging es dann einer nach dem anderem, nur ein einziger der Bewerber wurde von ihr abgelehnt, dieser war voll wie eine Strandhaubitze und völlig ungeeignet in unser beider Augen!
Alle anderen ließen wir anheuern und somit war die Reise nach New York auch gesichert!
In Alex´ Gesicht konnte ich diese Freude sehen, dass sie bald Faith wiedersehen würde, was mir aber einen kleinen Stich versetzte. WAS war das zwischen ihnen, wo ich nicht gegen ankam? Beide Frauen konnten es nicht erklären, also musste ich es einfach hinnehmen?
Doch ich schlug diesen Gedanken beiseite, wir mussten die Mannschaft entsprechend einteilen, sie unterbringen und versorgen. Da wir in wenigen Tagen aufbrechen würden, blieben sie einfach in den Arbeiterunterkünften, Platz war derzeit ja noch vorhanden.
Wir begaben uns dann auf den Rückweg zum Herrenhaus, weil das Mittagessen an stand und ich sah immer wieder, wie Alex sich verstohlen die Hände rieb. Natürlich fror sie, nur mit Röcken und einem Umhang, aber ohne Handschuhe war es einfach zu kalt. Ich tadelte sie aber nicht, da ich davon ausging, dass Alex selber wusste, dass sie in Zukunft vorsorgen musste.
Im Esszimmer stand meine Verlobte dann für einen Moment am Kamin und wärmte die steif gefrorenen Finger auf und wieder ertappte ich mich, wie ich sie versonnen ansah.
Es war die Art, wie sie sich bewegte, wie sie sich gab. Das Ganze war anders als bei den Frauen hier in meiner Zeit, Alex bewegte sich offener und war auch von ihrem Mundwerk so.
Mit warmen Tee versorgt zogen wir uns nach dem Essen in mein Arbeitszimmer zurück. Es war an der Zeit, dass ich sie mit den Gepflogenheiten auf einer Plantage vertraut machte.
Alleine das Anwesen zu erklären, war schon schwierig, man konnte es sich erst richtig vorstellen, wenn man alles gesehen hatte.
Unter anderem versuchte ich ihr einen Einblick in die Geschäfte zu geben und nahm dazu das Geschäftsbuch des letzten Jahres zur Hand.
„Da sind riesige Unterschiede stellenweise zwischen den Preisen. Gestern noch so, heute schon wieder so. Das ist ja fast wie an der Börse. Woher bekommst du so schnell dann die Informationen? Du musst dich ja irgendwie darauf einstellen können!“ waren ihre staunenden Worte und ich fragte mich, woher sie wusste, wie es auf einer Börse oder Auktion aussah.
Aber ich konnte es mir denken, ihre Zeit war eine andere, sie hatte andere Dinge gelernt als Frau.
Tabakanbau
Für diese Einführung verging der gesamte Nachmittag, doch es war nicht etwa langweilig und zäh verlaufen, sondern es war sehr angenehm, Alex alles zu erklären. Sie nahm alles auf wie ein, ja es mag seltsam klingen, Schwamm.
Ihr Interesse war nicht gespielt, wie bei so vielen anderen Damen, sondern es war echt. Doch ich musste sie nun auch aus ihrem Trieb herausholen, sich wieder alles durchzulesen, sie hing tief über das Geschäftsbuch gebeugt und bekam kaum mit, dass ich sagte, dass das Abendessen fertig sei.
Mr. Robinson erschien noch einmal und teilte mit, dass alles geregelt sei und die Wachen heute Nacht schon mit der Patrouille anfangen würden. Ich ließ ihm da freie Hand und bedankte mich noch einmal, auch mit der Bitte, dass er mich entsprechend täglich auf dem Laufenden halten sollte.
Außerdem musste ich noch mit ihm klären, wie die Wochen während meiner Abwesenheit abzulaufen hatten. Ich ließ ihm eine entsprechend gefüllte Börse für die Bezahlungen und für Notfälle hier, er hatte eine gewisse stellvertretende Position inne, welche es ihm ermöglichte, Entlassungen oder Neuzugänge vorzunehmen. Er war entsprechend geschult und ich wusste, ich konnte mich auf ihn verlassen.
Bis Ende Januar würden wir in New York bleiben und dann Anfang oder Mitte Februar zurück kommen. In Notfällen standen uns entsprechende Boten zur Verfügung, der Orden hatte eigens dafür einen Stab zusammengestellt, welcher auch für alle anderen Mitglieder zählte!
Während des Essens fragte mich Alex, wie lange wir mit der Jackdaw unterwegs sein würden.
Das erstaunte mich, genau SIE sollte es doch eigentlich wissen, oder nicht? Doch ich antwortete und ihre Augen weiteten sich. Als ich ihr sagte, wir seien je nach Witterung 9 bis 11 Tage unterwegs schüttelte sie sich ein wenig, was mich wunderte. Wovor hatte sie Angst? Seekrankheit?
„Weil ich das letzte Mal vor über 20 Jahren mit ihr so lange gesegelt bin und... ich jetzt doch ein wenig Angst bekomme!“
Ihre Bedenken rührten daher, dass sie die Mannschaft nicht kannte und nicht wusste, ob alles glatt gehen würde. Verständlich, ich konnte sie aber beruhigen, indem ich erklärte, dass ich auch schon auf Schiffen unterwegs war, welche mir nicht vertrauenswürdig erschienen und alles glimpflich ablief.
„Dein Wort in Odins Ohr, mi amor. Da fällt mir ein, wer wird eigentlich Weihnachten noch alles dort sein, Haytham? Ich hoffe doch nicht, dass auch Lady Melanie anreist oder schon angereist ist?“ kam es gequält von ihr und ich ahnte, dass sie diese Dame nicht unbedingt wiedersehen wollte, was verständlich war.
Da sie aber eigentlich nicht viel mit ihr zu tun haben würde, verstand ich im ersten Moment nicht, was Alex eigentlich meinte. Dann dämmerte es mir, sie wusste mal wieder mehr, als ich. Darauf angesprochen druckste sie kurz herum.
„Es hat mit meinen Nachforschungen in meiner Zeit zu tun, Haytham...“ natürlich!
Und jetzt erhielt ich auch eine weitere Erzählung über ihre Arbeit in ihrer Zeit.
Sie hatten herausgefunden, WO sich das letzte Reiseartefakt befand und zwar beim britischen Ritus. Man ließ sie aber nicht einmal in die Nähe, Alex kam nicht einmal zu Wort. Die Templer dort waren nicht gewillt, ihr zuzuhören geschweige denn, sich auf eine Einigung einzulassen.
Doch was sie jetzt erzählte, war wieder ein seltsames Gefühl für mich. Für sie oder ihre Leute, lagen die Geschehnisse schon über 250 Jahre zurück, Aber sie forschten danach. Ein Spion oder Mittelsmann hatte ihr einige Unterlagen zugespielt, welche ihren Namen in ein schlechtes Licht rückten.
Und niemand anderes als eben Lady Melanie war die Verfasserin dieser Schriften!
Ich konnte es erst nicht glauben, doch sie zog mich hinter sich her in ihr Arbeitszimmer und fischte aus ihrer gesicherten Truhe eine Mappe heraus. Dann reichte sie mir ein Blatt und ich konnte es nicht fassen!
Es sah aus, als wäre es aus einer der Chroniken gerissen, doch es war, wie Alex erklärte nur eine Kopie!
Mrs. Frederickson sei aufgrund ihrer Taten und ihrer Erscheinung nicht vertrauenswürdig und nicht erwünscht. Man solle sich vor dieser Person in Acht nehmen, sie bringe Unheil und würde den Orden in Gefahr bringen. So ging die Predigt noch einige Zeilen weiter und ich starrte auf dieses Papier und wusste im ersten Moment überhaupt nicht wie ich reagieren sollte.
Mein erster Gedanke war, wie sie bitte an solche Unterlagen kam, wenn sie doch nicht mit dem britischen Ritus konspirierte!
„Wie bitte? DAS ist das einzige, was dir einfällt dazu?“ ungläubig schüttelte sie den Kopf und resigniert kam dann „Also schön, da ich, wie du weißt, eine Einigung mit einigen Ordensteilen in Frankreich, Spanien und Deutschland erreicht hatte, hatte ich auch entsprechende Unterstützung. Und diese Hilfe übergab mir dann diese Kopien. Aber es ist gut zu wissen, dass es dich nicht interessiert, wie es sich für mich anfühlt, so etwas über sich lesen zu müssen.“ ich kam mir völlig dumm und ignorant vor in diesem Moment. Doch das waren Ordensinterna! Verstand sie das nicht?
Alex riss mir das Papier aus der Hand und verstaute es wieder in der Mappe, aber ich packte ihren Arm.
Ich versuchte eine Erklärung, dass es eben diese Barriere gab und ich einfach nicht darüber hinwegsehen konnte. Sie hatte Einblick in Dinge, die nicht für sie bestimmt waren!
„Ja, das weiß ich, aber wenn du mir gerade zugehört hättest, dann hättest du verstanden, warum ich eigentlich so weit gekommen bin, wie ich es jetzt bin. Und das obwohl ich noch der Bruderschaft angehöre!“
Ich spürte, dass Alex ungehaltener wurde und sich schwer zusammenreißen musste, doch... es war mir egal. Es ging hier um mehr!
Plötzlich kam mir aber der Gedanke, wenn sie doch diesen Anfang erreicht hatte, könnte man es nicht auch hier versuchen? Vermutlich war gerade jetzt ein extrem schlechter Zeitpunkt das Ganze anzuschneiden, doch es klang immer noch wie ein Märchen für mich, dass man einen Waffenstillstand erreichen konnte zwischen Bruderschaft und Orden.
„Das sich das völlig fantastisch anhört und man es kaum glauben kann, ist verständlich. Doch ich wollte es und hatte ein Ziel vor Augen, welches mich angetrieben hat. Und ich war hartnäckig...“ und genau DAS wäre es, was wir auch hier bräuchten! Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen!
Leider würden wir hier aber nie mit Faiths Großmutter im Einklang sein, das wäre unmöglich.
„Ist mir bewusst und ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht mehr. Und ich brauche ihren Zuspruch auch nicht. Solange sie mir einfach nicht zu nahe kommt, ist alles in Ordnung!“
Aber auch das ließe sich nicht auf Dauer vermeiden, das war Alex mehr als bewusst.
„Weißt du, Haytham, was erschreckend ist? Das diese Frau bis in meine Zeit eine gewisse Macht auf den Orden hat, besser auf den britischen Ritus. Es klingt schon fast wie eine Legende!“
In diesem Moment brachte ich nur ein „Damit liegst du nicht ganz falsch!“ hervor und bereute diese Worte, jetzt war Alex angestachelt und wusste, dass dort noch mehr war, als sie alle angenommen hatten.
Sie bestätigte es mit den zynischen Worten, dass ich wohl mehr wüsste und es für mich behalten würde, ohne sie einzuweihen, obwohl sie mir gegenüber offener war, als jede andere Person.
Es tat mir im Grunde auch leid, aber ich konnte nicht... es ging nicht!
„Schon in Ordnung, uns war ja beiden klar, dass es diese Hindernisse geben wird!“ und prompt war ihre trotzige Art wieder da und sie verschloss sich mir!
Umgekehrt tat ich nichts anderes, es war nur zum Schutz des Ordens.
Sie hing in der Luft! Weder Assassinen noch Templer standen Alex hier bei und was jetzt? Herr Gott... es war zum verrückt werden. Diese Barriere war wirklich vorhanden, ich wollte sie nur nicht wahrhaben, musste mir aber diesen tiefen Graben zwischen uns dann doch eingestehen.
Diesen versuchte ich bildlich ein wenig zu überbrücken, indem ich sie in den Arm nahm!
„Wir müssen eine Lösung finden, dass geht so nicht.“ meinte ich völlig frustriert und hoffte, dass auch sie so dachte.
„... und ich habe keine Verbündeten hier, ich bin eigentlich alleine!“ mir brach eigentlich in diesem Moment das Herz, weil sie recht hatte. Alex stand auf verlorenem Posten und wir mussten eine Lösung finden!
Meine Verlobte begann mir zögerlich zu erzählen, dass sie eigentlich schon mit der Bruderschaft abgeschlossen hatte, jedoch einfach keinen Weg gefunden hatte, sich zu lösen.
Darum ging es aber nicht wirklich, es war dieser Gedanke und das tief verwurzelte Misstrauen gegenüber den Assassinen, welches mich und meine Brüder und Schwestern immer noch daran hinderte, über den Tellerrand zu schauen.
Wenn es nur um mich ginge, wäre das vermutlich kein Thema mehr, doch ich hatte eine Bürde als Großmeister, eine Verpflichtung und musste als Vorbild fungieren!
Ich löste mich von Alex und stand dann am Fenster und starrte hinaus, ich musste zu einer Lösung für uns beide kommen!
„Selbst wenn ihr mir irgendwelche Dinge anvertrauen würdet, WEM sollte ich davon erzählen? Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt, Haytham.“
Was sollte ich bitte darauf sagen? Sie würde es niemandem erzählen können, doch das war es nicht, was ich meinte... sie war Assassine! Punkt! Und ich schwieg!
Ehe ich mich versah, verschwand Alex und ich sah nur, wie sie in Richtung Stall über den Vorplatz lief. Ich stand einfach da und konnte mich nicht rühren.
Sollte ich ihr hinterher gehen, oder brauchten wir beide ein bisschen Zeit um die Gedanken zu ordnen?
In den letzten Tagen hatte ich gespürt, dass meine Verlobte, genau wie ich auch, ab und an die Zeit brauchten, alleine alles zu verpacken wie Einsiedler!
Also ging ich hinunter in mein Arbeitszimmer und eigentlich wollte ich mich den Angelegenheiten des Ordens und dem kolonialen Ritus weiter widmen, doch meine Konzentration ließ es nicht zu.
Dann hörte ich die Eingangstür ins Schloss fallen und wartete mit angehaltenem Atem, ob Alex mich aufsuchen würde. Dem war nicht so, ich hörte nur noch ihre leisen Schritte, welche sich nach oben aufmachten. Verdammt!
Haytham, verstehst du nicht, dass du deiner zukünftigen Frau wesentlich mehr vertrauen solltest? Sie ist keine daher gelaufene unwichtige Persönlichkeit, sondern der Mensch, der dir zur Seite steht. Diese Frau liebt dich, mehr als alles andere! Sie würde für dich, genau wie du für sie, durch die Hölle gehen. Und wenn du ehrlich zu dir selber bist, ist sie bereits durch ihre eigene Hölle gegangen. Sie hat für DICH alles zurückgelassen! Ich weiß, ich habe es so gewünscht, dennoch hat Alexandra einen großen Bonus an Vertrauen verdient., hörte ich plötzlich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf.
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich sie voll und ganz an meiner Seite haben will!
Es war an der Zeit, dass wir offiziell zusammengehörten, wir mussten es öffentlich machen!
Ich setzte einen Brief auf, welcher an William gerichtet war, er wäre in der Lage uns zu trauen, wenn auch nicht ganz offiziell, das würden wir dann nachholen. Ich machte jetzt Pläne... wir würden Silvester diesen Jahres heiraten, Alex würde in den Orden aufgenommen werden und unsere angestrebte Vereinigung wäre somit ein ganzes Stück weiter fortgeschritten. Der Rest würde sich dann ergeben.
Als ich den Brief an Master Johnson versiegelte, hatte ich für einen Moment ein schlechtes Gewissen, ich entschied über Alex´ Kopf hinweg, doch ich musste sie vor vollendete Tatsachen stellen. Anders war es mir nicht mehr möglich und ich vertraute auf meinen Instinkt, dass es das Richtige war.
Das ist es, Haytham. Sie wird dir nicht grollen, im Gegenteil. Auch ich werde Alexandra die Absichten dann darlegen, mach dir keine Sorgen! Ihr gehört zusammen, daran halte immer fest, mein Sohn! Für einen Moment musste ich tief durchatmen, mein Vater hatte recht, aber gleichzeitig spürte ich diese Trauer um seinen Verlust wieder in mir.
Haytham, ich habe einiges versäumt, ich war nicht immer da! Doch ich will es jetzt für dich sein!
Dann herrschte absolute Stille in meinem Kopf.
Ich ging langsam hinauf, Richtung Alex´ Arbeitszimmer, dort sah ich noch Kerzenschein aus der offenen Tür.
Für einen Moment lehnte ich am Türrahmen und sah sie auf dieses … wie hieß es noch gleich? … ach ja, Handy starren, doch sie hatte Tränen in den Augen und ich konnte ihr Heimweh spüren und auch in ihren Augen sehen!
Mein Klopfen registrierte sie und wischte sich erschrocken die Tränen aus dem Gesicht. Ich ging um den Schreibtisch herum und lehnte mich neben ihr mit dem Rücken daran.
„Was jetzt, Haytham?“ Zu meinem Entsetzen klangen diese Worte wie ein Abschied und völlig desillusioniert und in mir keimte die Angst, Alex würde auf der Stelle wieder gehen!
Ich atmete tief durch und fragte, auch wenn es sich plump anhört, ob sie dem Orden beitreten wolle.
Natürlich wolle sie es, doch sie könne nicht und deutete auf ihren linken Ringfinger. Ich wusste, dort war das Assassinen-Symbol tätowiert und eben dieser moralische Aspekt, welchen sie ignorieren lernen musste.
Diese Bruderschaft gehörte zu ihrem Leben, genauso wie der Orden zu meinem gehörte. Und da wären wir an einem Meilenstein angelangt, einer Einigung im kleinen Rahmen. Moralisch ist nichts verwerflich an ihrer Entscheidung, sondern es ist eine reine Kopfsache. Auch Shay hatte diesen Konflikt erlebt, ebenso meine kleine Schwester. War es aber etwas anderes gewesen als bei Alex?
Kurzerhand teilte ich ihr meinen Entschluss mit, dass ich, wenn wir in New York sind, mich mit Shay beraten würde, ebenso mit Master Williams, damit wir eine Lösung fänden. Ich wollte Alex im Orden haben und ich würde es auch durchsetzen. Lucius müsste nicht zwingend einbezogen werden, weil ich nicht mehr offiziell dem britischen Ritus angehörte, doch auch er sollte Kenntnis von meinem Vorhaben bekommen.
Alex Reaktion war pragmatisch und es kam nur ein „Was soll das bringen? Gerade Lucius wird sicherlich nicht glücklich sein, mich zu sehen. Und was Shay angeht, nun, das ist noch etwas anderes. Haytham, ich bin völlig durcheinander! Das ist einfach gerade zu viel für meine Nerven und ich kann keinen klaren Gedanken fassen!“
Ich entschied, dass wir eine Nacht darüber schlafen sollten, der Tag war ereignisreich genug und nachdem wir hier alle Kerzen gelöscht hatten gingen wir hinüber. Alex saß, besser sie lag schon halb schlafend auf dem Bett, als ich sie daran erinnerte, sich noch auszuziehen. Langsam half ich ihr dabei, doch ich hatte keine lüsternen Gedanken dabei, sondern ich wollte, dass sie sich wohlfühlte und wir beide zur Ruhe kamen. Als sie mit dem Rücken mir zugewandt lag, strich ich vorsichtig mit meinen Fingern über die weiche warme Haut und hörte ein wohliges Seufzen, bis sie in den Schlaf glitt.
Natürlich wurde ich wach durch die Bewegungen neben mir, welche immer noch ein wenig ungewohnt waren.
Langsam formte mein Verstand wieder die Welt um mich und ich sah meine schlafende Verlobte an. Entweder spürte sie wirklich, dass man sie beobachtete oder sie hatte einen ebenso leichten Schlaf wie ich, das konnte ich nicht beurteilen.
„Du bist schon wieder so früh wach, mi amor!“ und damit schlang sie ihr Bein um mich, was ich durchaus begrüßte.
Ich hielt mich nicht lange mit meinen Gedanken, welche in der Nacht noch weiter gereift waren, zurück, sondern sprach sie aus! Ich wollte Alex GANZ in meinem Leben haben, keine faulen Kompromisse!
Also fragte ich sie, ob sie mich heiraten wolle, im März, das war mein Gedanke für eine offizielle Hochzeit, dass wir vorher schon in New York eine Trauung haben würde, behielt ich erst einmal für mich. Ich wollte ihre Reaktion sehen.
Und die bekam ich und sie machte mir Angst, es schien, als hätte sie plötzlich vor diesem Schritt Panik! Ihre Erklärung war aber wieder beruhigend und auch verständlich, daran hatte ich nämlich nicht wirklich gedacht.
So aus dem Schlaf gerissen, gefragt zu werden WANN man heiraten will, ist durchaus etwas vorschnell und überrumpelt einen mitunter!
„Entschuldige, ich hatte es nicht so gemeint, aber... ich bin doch noch gar nicht richtig wach und... Bei Odin... natürlich will ich dich heiraten. Das WANN wäre mir sogar egal, von mir aus könnten wir gleich heute...“
DAS war es, was ich hören wollte und ich warf mich über Alex und bedeckte sie mit Küssen, in mir tobte eine Flut aus Erleichterung und auch, für mich eher untypisch, Vorfreude!
Als ich dann noch ankündigte, dass wir theoretisch am 31. Dezember heiraten könnten, verfiel Alex in ihre praktische Art und überlegte, wie man einen Friedensrichter zu so einer Zeit bekommen sollte.
Also erklärte ich ihr, dass ich schon wüsste wer uns trauen könnte und dass alles andere auch geregelt werden würde. Master Johnson würde uns an diesem Tag trauen, da er und seine Gattin gerade in New York zu der Zeit sein werden.
„Haytham, so hätte ich dich gar nicht eingeschätzt. Aber... ich weiß nicht, was ich sagen soll!“
Ihre Hände legten sich auf meine Wangen und dieser Kuss war das, was ich brauchte! Zumal sie nicht viel sagen müsste, Hauptsache sie sagte einfach JA!
Bei diesen Worten verdunkelten sich ihre grünen Augen und ich spürte, wie Alex sich mir öffnete. In ihrem Geist konnte ich sehen, dass sie mehr als bereit war, mir das Ja-Wort zu geben, sie wollte mehr und ich gab ihr mehr. Ihre Hände legten sich wie befohlen über ihren Kopf und wir hatten uns im Stillen wieder!
Eine Lektion musste ich dieser Frau aber noch geben, sie legte mitunter ein ziemlich ungehöriges Verhalten an den Tag. Ich sah, wie sie wie ausgehungert danach bettelte und ich genoss diese Momente wieder in vollen Zügen. Als wir beide langsam wieder ins Hier und Jetzt drifteten, hörte ich eine atemlose Liebesbekundung und erntete einen vorsichtigen Kuss.
Plötzlich fuhr Alex hoch und sah mich erschrocken an.
„Aber... ich... das geht... so schnell... und ich hab doch gar kein Kleid und... du auch nicht!“
Nunja, ich bräuchte wohl auch keines, ein Anzug würde bei mir reichen, lachte ich nur.
„Du... man, du weißt was ich meine.“ dabei stupste sie mir in die Seite und ich erinnerte sie mit meiner flachen Hand auf ihrem Hintern daran, sich zu zügeln.
„Verzeiht, Master Kenway, aber... ich glaube, ihr solltet euren Unterricht dahingehend noch ein wenig verbessern und ausbauen!“ in diesen Worten lag schon wieder so ein Verlangen, welchem ich gerne nachgegeben hätte, doch wir hatten noch einiges zu erledigen.
Aber ich ließ es mir nicht nehmen, Alex daran zu erinnern, dass ich sie beim Wort nehmen werde und dann Gnade ihr Gott! Meine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, wie ich mit einem zufriedenen Grinsen feststellen durfte, in ihr Gesicht stieg eine dezente Röte!
Nach dem Frühstück erschien auch schon Mr. Robinson um Bericht zu erstatten und wir gingen in mein Arbeitszimmer.
Meine Verlobte ging hinauf in ihr eigenes Reich um sich weiter einzurichten.
Heute sollten dann die ersten Ungeübten mit ihren Waffen vertraut gemacht werden und ich war doch erleichtert, dass es so gut klappte.
Später ging ich noch zum Stall hinüber, da ich noch mit Mr. Mackenzie und seinem Stallburschen die Abläufe besprechen musste, wenn wir nicht zugegen waren. Die Futtervorräte mussten noch einmal aufgestockt werden, wobei ich Isaac freie Hand ließ, er konnte gut einschätzen, wie viel wir bräuchten.
Für einen Moment stand ich vor Fenrir, welcher mich ein wenig, es mag sich eigenartig anhören, skeptisch ansah.
„Dass dieses Tier doch friedlich sein kann, hätte ich nicht gedacht. Eure Verlobte scheint ein Gespür für Pferde zu haben!“ meinte der Stallmeister anerkennend.
„Ja, das hat sie. Und wenn ich mir überlege, dass sie nie eines besessen hat, ist ihre Liebe zu ihm vermutlich um so stärker! Passt gut auf ihn auf solange wir in New York sind. Meine Verlobte kann mitunter sicherlich sehr ungehalten werden, wenn Fenrir etwas zustößt.“ lachte ich nur und ging zurück zum Haus.
Für einen kurzen Moment blieb ich auf der Veranda stehen und besah unser Anwesen, erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich hier nicht mehr alleine bin! Dieser Gedanke ließ mich mit einem Lächeln ins Haus gehen.
Auf mich warteten noch ein paar Verträge, welche ich ausarbeiten musste, worauf ich eigentlich nicht wirklich Lust hatte, doch die Arbeit musste erledigt werden, bevor wir aufbrachen.
Von der oberen Etage hörte ich plötzlich eine Tür, welche gegen eine Wand donnerte. Was war da los? Sollte es etwas ernstes sein, dann würde Alex mir sicherlich Bescheid geben und das tat sie auch.
Kurz darauf erschien sie mit Zoe, welche sie am Arm gepackt hatte und Mrs. Wallace im Schlepptau in meinem Arbeitszimmer. Ich sah von einer Dame zur nächsten und fragte, was passiert sei!
Zoe hatte sich eines meiner getragenen Hemden angeeignet und meine Verlobte hatte sie gerade in unserem Bett erwischt, wie sie sich darin mit unserer Decke geräkelt hatte.
Für einen kurzen Moment fühlte ich mich geschmeichelt, doch dann wurde mir klar, dass Alex mit ihrer Beobachtung von Anfang an Recht hatte.
Dieses Mädchen wollte sich mir tatsächlich an den Hals werfen und ich hatte es nicht bemerkt!
Als ich Zoe nun darauf ansprach, stotterte sie nur und ich sah, dass sie Angst bekam.
„Aber... Master Kenway... es... ich habe es nur gut gemeint!“ aus dem Augenwinkel sah ich Alex´ entrüstetes Gesicht, keine andere Frau würde in unser Bett kommen und wenn dann nur Faith.
Ich bat Mrs. Wallace darum, Jones hinzu zu holen, da er ja ihr Onkel sei und wissen sollte, was seine Nichte so anstellte.
Es dauerte nicht lange, da erschienen die beiden wieder vor meinem Schreibstich und wie es die Art meines Kammerdieners war, tat er auf unwissend.
Also klärte ich ihn in kurzen Sätzen darüber auf, was seine Nichte gerade so alles veranstaltet hatte. Auch meinte ich, dass ich ihm wohl nichts weiter erklären musste, es war eindeutig, dass Zoe mir mehr zugetan war, als es sich für ein Zimmermädchen gehörte. Das konnte ich weder dulden noch tolerieren!
„Master Kenway, das ist sicher nur ein Missverständnis und wird nicht wieder vorkommen. Sie ist noch sehr jung und unerfahren und... es tut mir leid, ich werde natürlich dafür sorgen, dass Zoe in Zukunft ihre Arbeiten ordentlich und zu euren Wünschen erfüllen wird!“ diese kriecherische Art war mir zunehmend unangenehm geworden und ich sah, dass auch Alex ihre Probleme damit hatte.
Es würde nicht noch einmal passieren, sollte noch ein einziges Vergehen von Zoe kommen, werden BEIDE entlassen, ohne Wenn und Aber!
Ich entschied, dass ihr Lohn für zwei Wochen einbehalten wird und sie bekam ein Zimmermädchen an ihre Seite, welche sie im Auge behalten sollte. Alex´ Schadenfreude konnte man förmlich im Raum spüren, sie war wirklich wütend über dieses Verhalten von Zoe und ich wusste, dass sie selber immer mal wieder nach ihr sehen würde. In diesem Moment kannte sie keine Gnade und an Mitgefühl dachte Alex schon mal gar nicht!
Mit einer Entschuldigung und einem Schniefen gingen die beiden hinaus, zurück blieb noch Mrs. Wallace und wollte schon ansetzen, Alex von dem Vorfall mit Justine im Fort Arsenal zu berichten. Ich unterbrach sie mit den Worten, dass ich das selber erzählen werde und Sybill verließ mein Arbeitszimmer.
„Haytham, was war da mit dieser Justine? Faith erzählte mir von den Eskapaden mit ihr. Aber ich dachte, es sei mit der Kündigung dann erledigt gewesen?“
Da musste ich sie enttäuschen, diese Frau hatte meine kleine Schwester dann kurzerhand als Hexe beschuldigt und somit wurde Faith angeklagt. Es war ein Desaster ohne Gleichen und Lucius hatte einige Bestechungsgelder fließen lassen müssen um schlimmeres abzuwenden. Er hatte zudem alles was Faith an Forschungsarbeiten angefangen hatte verbrannt, ehe die Soldaten es in die Finger bekommen konnten.
„Du meinst, sie hat wirklich... meine Bücher genutzt, oder dass was sie daraus geschrieben hatte? Oh bei Odin... ich hatte sie gewarnt, dass sie das lassen sollte!“ sie ließ sich fassungslos auf einen Stuhl sinken. „Was war hier alles los, seit ich weg bin? Aber Faith ist nichts passiert, oder? Ich weiß, dass sie noch ein zweites Kind haben, mit diesem ist aber alles in Ordnung, oder muss ich mir Sorgen machen?“
Jetzt schwang ernsthafte Besorgnis in ihrer Stimme mit und ich ahnte, dass sie nun noch schneller nach New York wollte.
Auch mich überkam immer mehr ein seltsames Gefühl, so als wäre dort etwas nicht in Ordnung, doch ich konnte es nicht zuordnen.
Also schlug ich vor, übermorgen, am 5. Dezember, aufzubrechen und meinte nur, sie solle bis dahin gepackt haben.
Meine Vorfreude auf die Zeit alleine mit ihr auf engstem Raum konnte ich aber nicht aus meiner Stimme verbannen, auch wenn es gerade etwas unpassend war.
„Warum bist du so euphorisch, mi amor?“ ich erklärte mich und spürte, dass meine Gedanken in die Gossen rutschten. Ich war aber nicht die einzige Person hier im Raum, der es so ging.
„Master Kenway, wir haben so gut wie keine Privatsphäre dort an Bord. Das sollte euch klar sein, meine Kajüte ist ja nicht sehr abgelegen und... es ist sehr kalt und frostig!“
Um sie zu wärmen würde mir sicherlich etwas einfallen, gab ich leise von mir und sah in ihre dunkler werdenden Augen.
Bevor wir jedoch wieder über einander herfallen konnten, klopfte es und eines der Mädchen kündigte das fertige Mittagessen an.
Ich stand auf und ging auf meine Verlobte zu. Ich nahm ihr Hand und zog sie zu mir hoch, in ihrem Gesicht konnte ich wieder alles lesen und das veranlasste mich ihr einen sehr leidenschaftlichen Kuss zu geben.
Dann sah ich in ihrem Geist, was sie mit mir in unserem Bett gerade gerne tun würde. So einen Nachtisch ließ ich mir gerne gefallen und ich ließ meine Hand über ihren Hals zu ihrem ansehnlichen Dekolletee wandern, doch sie schlug sie spielerisch weg.
„Master Kenway, das geht nun wirklich zu weit.“
Wir beendeten das Essen schneller als sonst, ich wollte meine Verlobte einfach haben und ihr Gedanke an das Dessert war sehr verlockend.
Sie demonstrierte mir ihre ganze Hingabe und ließ sich nicht beirren, auch nicht, als meine Finger sich in ihren Haaren vergruben und zudrückten! Jesus, diese Frau wusste, wie sie einen Mann zu nehmen hatte.
Ich ließ sie umgekehrt in den Genuss meines Könnens kommen und erntete ein lautes und sehr befriedigtes „Haytham!“.
Als ich dann etwas außer Atem an ihrer Brust lag, fragte ich einfach, ob es zu vermessen wäre, wenn ich mehr davon haben möchte.
„Nein, es zeigt mir, dass ich nicht alles falsch gemacht habe, mi amor!“ mit einem Kuss auf meine Stirn fragte sie nach, was sie morgen an meinem Geburtstag tragen sollte.
Etwas abgelenkt von ihrem Körper, meinte ich nur „Nichts!“
Lachend kam „Das könnte dir so passen!“
Dann hatte ich also einen Wunsch frei und ich wusste auch schon, WELCHES Kleid ich an ihr sehen wollte. Wir hatten ein leuchtend rotes Kleid für Alex erstanden, welches ihr sicherlich hervorragend stehen würde. Geburtstagskleid Dazu sollte sie ihre Haare offen lassen und bei dieser Vorstellung musste ich schon wieder tief seufzen.
Meine Hände ließ ich jetzt langsam über ihren Rücken gleiten und spürte ihre Gänsehaut unter meinen Fingern. An ihrem Gesichtsausdruck sah ich plötzlich, dass sie mal wieder weiter weg war, doch sie teilte mir ihre Gedanken postwendend mit, ohne das ich nachfragen musste.
„Weiß du, dass es sich seltsam anfühlt, dass ich bald mit dir vereint sein werde. Deinen Namen tragen werde?“
Wenn ich daran dachte, wie sie noch vor ein paar Jahren über mich oder auch den Orden dachte, dann konnte ich es in gewisser Weise nachvollziehen!
In diesem Moment schoss mir ein Gedanken durch den Kopf. Sie schrieb Tagebuch, wäre es da nicht vielleicht eine Idee, sie würde unsere inoffizielle Hochzeit erwähnen?
Soweit ich das verstanden hatte, sollten diese Dinge später ja an ihren Sohn ausgehändigt werden und vielleicht wäre es ihm ja möglich, eine kurze Reise anzutreten um seiner Mutter beizustehen!
Meine Worte klangen schon fast wie ein Befehl, doch ich wollte, dass sie es richtig verstand. Dass diese Reisen riskant sind, wussten wir beide, doch es ist schon so einiges in Gang gesetzt worden, was nicht unbedingt hätte sein sollen.
Zum ersten Male dachte ich darüber nach, was wäre gewesen, wenn Alex nie diese Artefakte gefunden hätte? Wie wäre mein Leben dann verlaufen? Der Anfang hätte sich vermutlich nicht geändert, doch wie sähe es jetzt aus zum Beispiel? Sie wusste ja, ich würde mich in Virginia niederlassen, also täte ich es auch, wenn Alex nicht an meiner Seite wäre? Hatte ich dann jemand anderes in meinem Leben? Diese Vorstellung war völlig absurd in diesem Moment für mich und ich schüttelte mich bei diesem Gedanken.
Meine Verlobte äußerte ihre Bedenken, hinsichtlich des Überfallkommandos auf die Cormacs, wenn dann auch noch Gäste hinzukamen.
Ihre anerzogene Bescheidenheit und Höflichkeit in solchen Dingen ließ mich schmunzeln, sie konnte mit der Tür ins Haus fallen, ohne mit der Wimper zu zucken. Bekam aber bei solchen Anlässen ein schlechtes Gewissen!
Plötzlich schlug ihre Stimmung um und sie sah mich bittend an.
„Haytham, ich würde deine kleine Schwester gerne als meine Trauzeugin haben wollen an meiner Seite.“
Dafür brauchte sie nicht meine Erlaubnis, ich hatte es mir schon fast gedacht, Shay wäre umgekehrt mein Zeuge!
„Das weiß ich, mi amor, aber ich wollte deine Meinung trotzdem hören, sie ist mir wichtig!“ Bei diesen Worten überkam mich eine Woge aus Stolz, das war eines der größten Komplimente welches sie mir machen konnte und ich übersäte sie mit Küssen, welche mit einem etwas ungehaltenen Gekicher angenommen wurden.
Dieser Nachmittag war für mich wie eine Lehrstunde in Sachen, das Leben meiner Verlobten kennenzulernen. Nicht nur ihr Leben, auch lernte ich über sie mehr, was natürlich noch lange nicht abgeschlossen wäre.
Alex fragte unter anderem völlig unerwartet, wie ich diese Emotionen so verbergen kann, dass niemand an mich herankommen kann. Ich versuchte eine Erklärung, doch sie war sehr dürftig, ich beschloss daher, ihr diese Technik ebenfalls angedeihen zu lassen, sie würde sie oft nutzen können und müssen!
Nun kamen wir auch auf meine damalige Gehirnerschütterung zu sprechen und sie fragte sich, wie ich bei diesen Schmerzen diese Art aufrechterhalten konnte. Leicht war es nicht, gab ich zu, dieser Krieg in mir, dass der Orden an erster Stelle stehen musste und nicht sie und ich meine Gefühle auch noch unterdrücken musste...
Diese Frau hatte es mir nicht leichter gemacht, gab ich zu und zog sie auf mich, sie würde meine Gefühle jetzt ebenfalls zu spüren bekommen!
„Jetzt bin ich auch noch an deinem Gefühlschaos schuld? Und was ist mit meinem? Du hast mich … auch … ziemlich … durcheinander gebracht.“ hörte ich sie keuchen, als ich mich in sie gleiten ließ. „Master Kenway... ihr solltet mich vorwarnen...“ oh nein, das würde ich nicht tun.
„Deine Art mir gegenüber war einfach... unkonventionell und völlig natürlich. Das kannte ich nicht und es irritierte mich am Anfang... doch... als ich dich das erste Mal nahm, konnte ich spüren, dass du anders als die Frauen hier bist....“ Ihre Bewegungen wurden schneller und mir entwich ein lautes Stöhnen „und... ich will mehr davon, mi sol!“
Ich hob sie von mir herunter und kniete mich hinter sie, ließ meine Hand fest in ihrem Nacken und sagte nur noch, dass ich sie haben will und mit meinem Höhepunkt spürte ich, wie Alex ebenfalls kam.
Langsam zog ich mich zurück und schloss sie wieder in meine Arme.
„Dieses Dessert war mal so richtig nach meinem Geschmack, mi amor.“ grinste sie mich an und ich versprach ihr, dass sie davon sicherlich noch so einige bekommen würde.
„Das will ich hoffen, Master Kenway.“ hörte ich ihre leise Stimme an meiner Schulter.
Nun war ich derjenige der eine Lektion erhielt und zwar was das Trinkverhalten anging. Ich hatte bei Alex schon bemerkt, dass sie überall im Haus Karaffen mit Wasser stehen hatte, welches immer abgekocht wurde! Schon damals sprach sie davon, dass man möglichst viel davon trinken sollte, doch mir erschloss sich der Sinn dahinter nicht. Es gab nun wirklich wesentlich leckerere Getränke, doch sie erklärte mir, dass es mit dem Wasserhaushalt im Körper zu tun hätte und überaus gesund sei. Ich solle es einmal ausprobieren, davon könne man süchtig werden. In ihrem Geist sah ich, dass sie mich als ihre persönliche Sucht bezeichnete.
Sie probierte nun einmal das Kleid an und ich hatte Recht, es stand ihr, auch wenn ihre Haare gerade in alle Himmelsrichtungen abstanden.
Bei dieser Bemerkung kündigte sie an, heute noch ein Bad zu nehmen und ich freute mich schon darauf, dann konnte ich ihr bei der Reinigung zur Hand gehen und nicht nur bei dieser. So hoffte ich doch.
„Du musst unbedingt mitkommen... wen sollte ich sonst nur in ein Handtuch gehüllt bewundern?“ Das Handtuch und der Großmeister!
Diese Frau war einfach unmöglich und ich ließ meine Hand auf ihren Hintern klatschen.
„Ich kann doch nichts dafür, dass dir nur ein Handtuch um die Hüfte wirklich steht und... wenn es nach mir ginge...“ das konnte sie ganz schnell aus ihrem Gedächtnis streichen, so würde ich sie nicht ehelichen! Und mit diesen Worten scheuchte ich sie jetzt wieder aus dem Bett.
Für einen Moment dachte sie darüber nach, sich eine Beschäftigung zu suchen, sie fühle sich nicht richtig ausgelastet. Alex würde aber bald genug zu tun bekommen, die Angestellten unterstanden in diesem Falle jetzt ihr und damit hätte sie schon einmal genug zu tun fürs erste.
„Was machen wir eigentlich mit Zoe und Jones? Hast du eine gewisse Zeitspanne ins Auge gefasst?“
Das Ganze müsste warten, bis wir wieder zurück aus New York sind.
Ein letzter Kuss und wir verließen das Schlafzimmer und gingen hinunter. Alex holte sich ihren Kaffee in der Küche ab, orderte für heute Abend ein Bad und verabschiedete sich mit den Worten, dass sie jetzt wohl besser meinem Befehl nachgehen sollte, ihr Tagebuch weiter zuführen! Erwähnte ich, dass diese Frau immer das letzte und vor allem freche Wort haben muss?
Ich hingegen musste mich um die Korrespondenz von heute kümmern. Diese Ablenkung hatte mir aber gut getan und ich war entspannter beim Beantworten der ganzen Anfragen und Bitten. Es klopfte und Mr. Robinson trat ein.
„Master Kenway, es freut mich, dass ich euch noch erwische, es geht um einen Neuling in Bezug auf das Pistolentraining. Der Junge traut sich nicht, eine Waffe in die Hand zu nehmen, meint, er wolle das nicht. Sollen wir ihn gewähren lassen? Ich meine, wir hätten genügend andere Männer die als Wache fungieren, es wäre nicht allzu tragisch um ihn. Doch sein Vater drohte ihm mit Prügel, wenn er sich nicht wie ein Mann benehmen würde und vernünftig mit anpackt.“
Ich konnte mir nicht helfen, ich empfand Mitleid mit dem jungen Mann. Nicht jeder war für den Dienst an der Waffe geeignet, doch in diesen Zeiten brauchten wir jeden den wir kriegen konnten.
Und wenn ich nicht ganz falsch lag, würden bald noch mehr Männer zur Waffe greifen müssen, es braute sich etwas zusammen.
„Lasst ihn vorerst außen vor und dann sehen wir später weiter. Sein Vater soll aber, wenn wir aus New York wieder zurück sind, bei mir erscheinen, dann werde ich mit ihm über ein persönliches Training sprechen!“ ein etwas ungewöhnlicher Gedanke, ich weiß, doch vielleicht konnte ich den Bengel ja so überzeugen, für seine Familie einzustehen!
Mein Aufseher fand den Einfall zwar auch nicht erstklassig, doch er wollte es so weitergeben. Nachdem er gegangen war, kündigte sich Mr. Mackenzie an, obwohl ich doch eigentlich schon alles mit ihm besprochen hatte.
„Master Kenway, verzeiht die erneute Störung. Aber es geht um Fenrir, wir brauchen für ihn noch einen passenden Sattel. Derzeit wird ein alter genutzt, welcher nicht richtig passt und auch eure Verlobte braucht einen sicheren Halt, denkt ihr nicht?“ und als wenn man vom Weibe spricht, stand sie in der Tür. Wir erhoben uns und Isaac begrüßte Alex freudig. Nun fragte er Alex nach ihren Wünschen, was den Sattel anging, aber ich sah, dass sie überhaupt keine Ahnung von solchen Dingen hatte.
Also übernahm ich den Auftrag und meine Verlobte verschwand entschuldigend lächelnd. Ein Sattel aus dunklem Leder, welches die Präsenz des Hengstes noch unterstrich sollte es schon sein. Dann gab ich noch ein Budget vor, welches der Sattler nicht überschreiten sollte, beim letzten Mal hatte er nämlich versucht mich über den Tisch zu ziehen! Das ist ihm nicht gut bekommen und ich hoffte, er hatte gelernt!
Anschließend machte ich mich auf die Suche nach meiner Verlobten, in ihrem Studierzimmer war sie nicht, auch nicht im Lesezimmer. Auch Mrs. Wallace wusste nicht, wohin sie sein könnte, da fing ich an mir Sorgen zu machen, so ohne ein Wort würde Alex nicht einfach aufbrechen.
Mein nächstes Ziel war daher der Stall und ich sollte Recht behalten, dort stand sie bei ihrem Pferd und sprach leise mit ihm.
Isaac war mittlerweile auch wieder hier und sah ebenfalls kopfschüttelnd auf diese seltsame Frau. Ich tat meine Sorge um sie kund und bekam ein Grinsen zurück.
„Ich denke, wenn du mich in Zukunft suchst, musst du hier anfangen oder der Spur dieses Friesen folgen!“
Das war eine gute Idee und gar nicht so abwegig, so würde ich meinen Sinn ein wenig trainieren und ausbauen können.
Gespielt schmollend meinte sie dann „Damals warst du von meinen Vorschlägen, wenn es um das Lernen ging, nie so angetan.“
Das war eine andere Zeit und ich hatte von Frauen überhaupt keine Ahnung, zur Wiedergutmachung wollte ich sie gerade in die Arme nehmen, als wir merkten, dass der Friese unruhig wurde.
Zuerst dachten wir, er wäre „eifersüchtig“ doch er tappte immer schneller hin und her und auch meine Stute begann sich in ihrer Box zu regen.
Hvad sker der med Fenrir? Hvorfor er du så rastløs? (Dänisch... was ist los, Fenrir? Warum bist du so unruhig?) Wieder sprach Alex in dieser Sprache.
Fenrir stupste sie immer wieder an und mit einem Male so heftig, dass er sie aus seiner Box schob. Da wurde uns beiden klar, dass etwas nicht stimmte, also ließen wir unsere Tiere satteln und kaum dass wir aufgesessen waren, machte sich Alex´ Hengst wie von selbst auf den Weg und ich folgte mit meiner Stute.
Plötzlich blieb Fenrir wie angewurzelt auf einem der brach liegenden Felder stehen und hatte die Nüstern am Boden. Man konnte die Angst und das Zittern der beiden Tiere spüren und wir saßen ab, um die Gegend zu inspizieren.
Als ich meinen Blick aktivierte sprang es mich förmlich an, dicht unter der Erde konnte ich einen Leichnam sehen. Die Aura war leicht rot und dabei abzuklingen, er war also noch nicht lange tot.
Ich sah mich weiter hier um, entdeckte aber keine weiteren Spuren. Als ich den Vorschlag machte, den Aufseher hinzuzuziehen und die Leiche woanders zu beerdigen, sah ich, dass meine Verlobte nicht ganz so glücklich damit war.
Sie stimmte dennoch zu und meinte aufmunternd, sie würde hier warten und aufpassen. Aus dem Augenwinkel sah ich noch, wie sie sich enger an den Friesen schmiegte, welcher jetzt ruhiger geworden war.
Mr. Robinson hatte mit seiner Frau und den beiden Kindern ein kleines Haus hier in der Nähe, also dauerte es auch nicht lange ihn aufzusuchen.
Ich entschuldigte mich für mein so spätes Erscheinen und erklärte mich kurz.
„Master Kenway, habt ihr eine Ahnung, WER es sein könnte? Ich vermisse niemanden von den Arbeitern oder Pächtern. Ich hoffe doch, sie alle sind wohlauf.“ meinte Mrs. Robinson nun ängstlich und sie zog die beiden kleinen Jungs enger an sich heran.
„Macht euch keine Sorgen, Mrs. Robinson, euer Mann und ich werden nachsehen gehen und glaubt mir, von unseren Leuten wird es sicherlich keiner sein.“ meinte ich zuversichtlicher als ich eigentlich war.
Ich trieb den Aufseher nun zur Eile an und verabschiedete mich schon mal und ritt voraus. Er würde die Stelle schon finden, ich hatte nun eine Laterne bei mir!
Als ich mich dem verlassenen Feld näherte, sah ich neblige Gestalten vor Alex stehen, welche Tränen überströmt da stand und schluchzte.
Ich stellte mich neben meine Verlobte und nahm ihre Hand, gerade als meine Mutter vortrat. Ihre nächsten Worte waren wie Balsam für meine Seele, ich hatte sie eine Ewigkeit nicht mehr gehört und sie waren mehr als eine Entschuldigung.
„Haytham, mein Liebling! Ich liebe dich! Vergiss das nicht!“ Ich spürte ihre Hände auf meinen Wangen und auch den Kuss, welchen sie mir auf die Stirn gab.
Neben mir fiel Alex auf die Knie und weinte bitterlich!
„Es tut mir so leid... ich hätte es verhindern sollen, ich hätte es verhindern können... es tut mir leid...“
Mein Vater sprach in seiner ruhigen, aber doch bestimmten Stimme mit ihr und versuchte sie zu beruhigen!
„Nein, du hättest es hinausgezögert... doch JETZT kannst du etwas entscheidendes verändern... du hast noch genug Zeit, Alex!“
Und damit hatte er Recht, wir hatten jetzt die Gelegenheit bekommen, ein paar Dinge zu ändern, wir mussten nur die richtigen Momente nutzen.
Plötzlich waren wir wieder alleine und ich sah, wie Mr. Robinson mit großen Augen auf uns zutrat. Ich schüttelte nur den Kopf und hieß ihn, keine Fragen zu stellen.
Er hatte einen Karren und zwei Schaufeln mitgebracht, also begannen wir schweigend, den Toten auszugraben, was nicht so schwer war, es war nicht viel Erde auf ihm. Es schien, als hätte man es eilig gehabt ihn loszuwerden.
Dann konnten wir einen Blick auf den Verstorbenen werfen und es war Mr. Robinson der ihn erkannte.
„Den kenne ich, dass ist Phil, ein Saufkopf wie er im Buche steht. Dann kann ich mir schon denken, mit wem er umhergezogen ist.“ ich sah ihn auffordernd an, das war noch keine Erklärung!
„Das ist eine Gruppe von 4, naja, jetzt nur noch 3 Mann. Sie sind stets auf Krawall und Ärger aus und sind bekannt für ihre Skrupellosigkeit. Einige Vergewaltigungen, Morde und sonstige Überfälle gehen auf ihr Konto.“
Alex starrte ihn völlig fassungslos an, wie er so nüchtern das Ganze erzählte.
„Mrs. Frederickson, das ist hier nichts ungewöhnliches. Diese Kerle haben nie eine Arbeit länger als eine Woche behalten und jetzt im Winter stellt man auch niemanden ein. Im Grunde sind es arme Schlucker, die überleben wollten.“ und mit einem Male schlug Alex´ Stimmung in Wut um und ließ sie an meinem Aufseher aus.
„Ich hoffe jetzt für euch, dass ihr wisst, dass diese ach so armen Männer eine ganze Familie auf dem Gewissen haben, nur um an die Lebensmittel zu kommen!“
Ihr Tonfall war scharf und aggressiv. Bevor aber noch die Situation eskalierte, hoben wir den Toten auf den Karren, damit wir eine abgelegenere Stelle suchen konnten.
Auf dem Weg in den nahe gelegenen Wald kamen Alex die tollsten Verschwörungstheorien und ich staunte, auf was für Ideen ihr Gehirn manchmal kam!
„Und wenn einer der Arbeiter ihn auf dem Gewissen hat und diesen Phil nur schnell beiseite schaffen wollte...“ ich erklärte noch einmal, dass er wohl einfach für die anderen lästig war und einfach ein Klotz am Bein darstellte. Er war nicht gerade ein Leichtgewicht und seiner Kleidung nach zu urteilen, nicht einer der reinlichsten Menschen. Es konnte viele Gründe für diesen Mord geben.
Dann endlich konnten wir diesen Dieb beerdigen, auch wenn es zunehmend schwerer wurde, da der Boden anfing zu gefrieren.
Es vergingen 2 Stunden bis er tief genug unter der Erde lag, damit die Tiere ihn nicht wieder ausgraben konnten. Ich schickte Mr. Robinson mit einem Danke zurück zu seiner Familie, ich würde mich die Tage noch erkenntlich zeigen für diese Hilfe.
Danach ritten auch Alex und ich zurück nach Hause. Immer wieder sah ich, wie sie ihre Hände verstohlen aneinander rieb und abwechselnd unter ihren Umhang schob.
Als wir im Salon ankamen, warf sich meine Verlobte auf das Sofa vor dem Kamin und hielt begierig ihre Finger ans Feuer. Auf meine Frage, warum sie keine Handschuhe trug bekam ich die übliche pragmatische Antwort.
„Ganz ehrlich? Ich hatte sie vorhin einfach vergessen. Aber wäre es jetzt schon zu spät um das Bad zu bitten?“
Ach ja, ihr anerzogenes schlechtes Gewissen, welches ihr verbat, um so etwas zu bitten. Doch selbst wenn sie morgens um zwei ein Bad wünschte, würde man ihrer Bitte nachkommen. Dafür waren die Diener und Angestellten ja da!
Ich rief nach Magda und bat sie, alles Notwendige in die Wege zu leiten. Als die provisorische Zofe wieder gegangen war, meinte ich nur, so einfach wäre es und sie müsse sich keine weiteren Gedanken machen.
Oben im Ankleidezimmer stand Alex etwas unschlüssig vor einem ihrer Schränke und ich fragte, ob sie etwas bestimmtes suchte oder vermisste.
„Du wirst es nicht glauben, aber ich habe drei Kleidungsstücke aus meiner Zeit dabei. Teile die ich immer gerne zuhause getragen habe, wenn ich Feierabend hatte.“ sagte sie grinsend und meine Neugierde siegte mal wieder, ich wollte sie sehen.
Kurz darauf lagen auf unserem Bett sehr seltsame Sachen. Sie verströmten einen sehr angenehmen Duft, so ähnlich wie der in Alex´ Haaren! Ich konnte mir aber Alex nicht darin vorstellen! Sie sahen irgendwie völlig unförmig aus, aber der Stoff fühlte sich weich an.
„Das ist Sinn der Sache, sie sollen einfach nur bequem und funktionell sein. Diese Sachen hat man ja nicht in der Öffentlichkeit an, sondern nur zuhause auf dem Sofa beim Netflix gucken!“ ich hatte kaum ein Wort verstanden, aber ich vermutete, sie hatte Recht.
Also befreite ich sie aus ihren Sachen und warf ihr einen Morgenmantel über, dann tat ich es ihr gleich und ich sah in ihrem Blick, dass sie mein Vorhaben durchaus begrüßte.
Wir gingen hinunter und kaum dass sie im warmen Wasser lag, kam ein lautes Stöhnen, welches mich grinsen ließ. Ich war ja noch nicht einmal in ihrer Nähe.
Ihre Antwort war mal wieder klar, ich solle mich lieber beeilen und das mit einem so lüsternen Tonfall, dass wohl kaum jemand gezögert hätte!
Für einen Moment genossen wir diese Wärme und die Nähe des anderen, doch ich merkte schnell, dass Alex müde wurde und erinnerte sie an die Haarwäsche.
Mürrisch löste sie das Haarband und wieder fiel mir ein Schwall dunkelblonder Haare auf die Brust, doch es sah einfach wunderschön aus und ich begann sie einzuschäumen. Mir fielen erst jetzt diese grauen Strähnen auf, welche ich aber sehr anziehend fand, auch wenn meine Verlobte der Ansicht war, sie würde sie lieber einfärben wollen.
Dann war sie fertig mit der Wäsche und drehte sich zu mir um, um mir ebenfalls zu helfen, doch ich hatte mittlerweile andere Pläne und ließ Alex diese spüren.
Ich zeigte ihr in meinen Gedanken, was ich wollte, WIE ich sie wollte und ich zog ihre Handgelenke auf den Rücken und schob sie mit der freien Hand weiter auf meinen Schoß! Ohne Probleme nahm ich sie und konnte ein lautes Aufstöhnen nicht verhindern, wir beide sagten keinen Ton, sondern ich las in ihr und ließ sie mich erkunden.
Du musst noch viel lernen, aber ich werde es mir nicht nehmen lassen, dich persönlich einzuweisen. Und jetzt beweg dich endlich, ich will dich spüren, will sehen, wie du kommst!, befahl ich ihr im Geiste! Du gehörst mir, Alex. NUR mir! Bei diesen Worten konnte ich mich nicht mehr zügeln und kam kurz nach ihr.
Ich hatte das Gefühl, dass jedes mal wenn wir miteinander schliefen, es intensiver wurde. Ich mag mich täuschen, doch es war so innig, so vertraut mit dieser Frau, dass ich das Gefühl hatte, wir würden uns schon immer kennen. Eigentlich war es ja auch so, wenn man es genau betrachtete.
Als ich kurz darauf ihrer Meinung nach, ebenfalls sauber genug war und wir beide merkten, dass das Wasser merklich abgekühlt war, hob ich sie aus der Wanne.
Schnell trockneten wir uns ab und prompt sah ich wieder ihren Gedanken mit dem Handtuch. Ich sollte ihr dringend noch einige Flausen aus dem Kopf jagen!
Kurz darauf waren wir dann auch angezogen und für einen Moment stand ich hinter Alex in unserem Schlafzimmer, schlang meine Arme um sie und meinte, wir sollten jetzt hinunter gehen. Mein Atem verfehlte seine Wirkung nicht und sie erschauerte leicht, nahm meine Hand in ihre und küsste die Innenseite.
Nach dem Essen gingen wir beide müde hinauf, es war mittlerweile nach 23 Uhr und wir würden morgen Gäste bekommen.
Doch es sollte noch anders kommen, plötzlich hielt Alex inne und starrte nach rechts auf die offene Tür zu ihrem Arbeitszimmer. Wir beide nutzten unsere Sinne und tatsächlich sahen wir eine leichte rote Aura, welche sich an ihrem Schreibtisch zu schaffen machte!
Leise schob sie die Tür auf und wir trauten unseren Augen nicht.
Es war Zoe, welche die Papiere in den Schubladen durchwühlte!
„Mrs. Frederickson, Master Kenway... es... ist nicht so wie... ich habe nur... ich wollte...“ Das Zimmermädchen zitterte vor Schreck.
„WAS habt ihr hier zu suchen, Zoe? Ich denke nicht, dass es hier etwas zu tun für euch gibt!“ Alex wurde gleich laut und sehr ungehalten, daran musste sie noch dringend arbeiten, aber dazu später mehr.
„Sir, ihr müsst mir glauben, ich … habe nur...“ ich sprach jetzt nur eine Warnung aus, dass sie besser den Mund halten sollte, ehe sie sich um Kopf und Kragen redete. „Aber... eure Verlobte... sie...“ stotterte sie weiter und wieder fiel Alex ihr ins Wort!
„Was ist mit mir?“ kam es genervt!
„Ihr hintergeht euren Verlobten und seid ihm untreu. Ihr seid schon verheiratet!“
Jetzt war ich es, der erstaunt von einer zur anderen Dame sah, ich wusste mit Sicherheit, dass das nicht der Fall ist. Einfach unmöglich! Auf die Frage meiner Verlobten, wie sie auf so eine Schnapsidee käme, kam auch eine patzige Antwort! Sie hätte es gelesen!
„Und WO habt ihr das gelesen? Und überlegt euch jetzt gut, WAS ihr antwortet, solltet ihr an meine verschlossenen Unterlagen gegangen sein, dann Gnade euch Odin, Zoe!“
Triumphierend hielt das Zimmermädchen Alex´ Tagebuch in die Höhe.
Ich wusste, dass es in deutsch verfasst war, dann konnte Zoe also auch das lesen, sie beherrschte mehrere Sprachen? Aber das wäre unwahrscheinlich und als meine Verlobte sie jetzt auf deutsch ansprach, sahen wir beide, dass sie nicht ein einziges Wort verstanden hatte.
Ich forderte sie auf zu antworten, sie hätte es ja schließlich auch gelesen, dann konnte sie die Frage sicherlich ebenfalls beantworten.
„Ich... Sir, aber... hier steht doch... eine Hochzeit, irgendwas... ich lüge nicht, Master Kenway!“
Nichts hatte sie gelesen, nur Wörter zusammengereimt. Alex´ nächste Worte waren sogar mir unheimlich, wie sie sie aussprach.
„Ihr legt jetzt sofort dieses Tagebuch dahin zurück, wo ihr es herhabt, auch die anderen Sachen, welche noch in eurem Ausschnitt stecken und dann werden wir über eure Kündigung sprechen, Zoe!“
Nachdem das Zimmermädchen alles wieder auf den Schreibtisch gelegt hatte, bat mich Alex Jones dazu zu holen, damit wir alles weitere klären konnten.
Etwas widerwillig ließ ich die beiden alleine und suchte meinen Kammerdiener auf, welchen ich aber nicht lange suchen musste, er war gerade dabei, meine Garderobe für morgen zurechtzulegen. Als er mich im Ankleidezimmer bemerkte, sah er mich erstaunt an und ich bat ihn einfach kalt und in meiner Templerart, mir zu folgen, wir hätten etwas zu besprechen.
Sofort änderte sich seine Haltung und ich hätte schwören können, dass er einen Plan hatte, welcher jetzt nicht mehr aufgehen würde. Irgendetwas an ihm störte mich, nur was?
Alex saß jetzt an ihrem Schreibtisch und Jones´ Nichte saß zitternd davor. Ich kam gleich auf den Punkt!
„Ich denke, wir werden nicht mehr viele Worte über diese Sache verlieren. Aber Jones, eure Nichte hat sich an den persönlichen Dingen meiner Verlobten vergriffen und ich hatte euch gewarnt, kommt noch irgend etwas dergleichen vor, bedeutet das die Kündigung.“
In diesem Moment entglitten meinem Kammerdiener alle Gesichtszüge und ich hörte nur ein „Du bist doch wirklich zu nichts zu gebrauchen, du dumme Kuh!“ von ihm, eine interessante Wortwahl!
„Master Kenway, ich versichere euch, dass so etwas nie wieder vorkommt. Aber... Mrs. Frederickson ist... sie hat mich, als ich damals den Vorschlag gemacht habe, euch angemessen zu behandeln, einfach aus dem Zimmer geworfen. Sie hat nicht das Recht dazu und ihr musstet nur wegen IHR weiter leiden. Sie wird es wieder tun, sie ist der Teufel in Person. Das habe ich damals schon gespürt!“ versuchte er jetzt alles zu rechtfertigen!
So langsam kochte es in mir ebenfalls, man beleidigte Alex´ bis aufs Blut und das konnte ich nicht zulassen. Ich erinnerte ihn daran, dass es meine Verlobte war, welche mir mit Hilfe von Faith und Shay geholfen hatte.
Seine nächsten Worten wurden immer abstruser, doch sie waren vermutlich die Wahrheit, wenn auch verzerrt!
„Ich habe gesehen, wie ein Leuchten sie umgab, als sie euren Anhänger berührte und ihre Augen waren ganz rot dabei. Und dann kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, als eure Verlobte bewusstlos war und so eine komische Sprache führte! So etwas wollt ihr einfach in euer Haus lassen?“
Und dann bekreuzigte er sich auch noch, das fehlte mir noch, dass wir noch jemanden hier hatten, der jetzt Alex der Hexerei bezichtigte!
„Das ist doch nicht euer Ernst, oder? Ich hatte euch damals schon gesagt, dass es nichts mit dem Teufel zu tun hatte. Master Kenway hatte man nur etwas unter sein Essen gemischt, genau wie mir. Da könnte ich EUCH jetzt auch einfach so für beschuldigen. Doch ich tue es nicht, es geht hier um Fakten.“ fauchte Alex meinen Kammerdiener jetzt an.
„Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen!“ er hatte gar nichts gesehen!
„WAS habt ihr gesehen? Das Leuchten? Denkt einmal darüber nach, es war die Sonneneinstrahlung und Abends waren einige Kerzen angezündet worden. Es hat sich etwas in meinen Ketten und meinen Augen gespiegelt!“
Wieder einmal staunte ich über Alex´ Geschick, wenn es um Kontern ging bei Diskussionen, sie hatte fast immer irgendein Gegenargument!
Nach einigem Hin und Her und der wiederholten Meinung, dass Alex mit dem Teufel im Bunde sei, dass ich nicht wüsste, woher sie stamme und sie mich angeblich auch jetzt verhext haben sollte, wollte ich diese Farce beenden.
Doch es war meine Verlobte, welche in einem so kalten Ton einen Schlussstrich zog, dass selbst ich Angst bekam.
„Ihr solltet jetzt besser gehen und mir nie wieder unter die Augen treten. Und ich warne euch nur ein einziges Mal, erfahre ich, dass ihr mich noch einmal beschuldigt und verunglimpft, dann Gnade euch Odin!“ ich sprang ihr zur Seite und meinte, dass damit alles geklärt sei, die beiden umgehend ihre Sachen packen und sofort unseren Grund und Boden verlassen sollten.
Magda und ein Diener wurden gerufen, um die beiden zu überwachen bis sie von hier verschwunden waren!
Alex ließ sich erschöpft auf den Stuhl sinken und legte den Kopf in ihre Hände.
„Du meine Güte, was ist das nur für ein Einstieg hier.“ kam es müde von ihr und ich musste mich bei ihr entschuldigen, auch ich hatte mir das Ganze etwas anders vorgestellt!
Ich ließ meine Hand über ihre Haare streichen, zog sie dann langsam hoch und in meine Arme.
„Haytham, du musst aufhören, eine solche Wirkung auf Frauen zu haben!“ meinte sie nuschelnd an meiner Brust und ich musste lachen. Wenn ich wüsste wie das ginge, würde ich es tun.
Ich versicherte ihr aber, dass sie die einzige Frau für mich bliebe, sie würde mir voll und ganz reichen!
„Das könnte ich durchaus auch anders interpretieren, mi amor!“
Man könnte meinen, sie wollte mich mit diesen Worten provozieren!
„Ich? Nein, das würde ich nicht wagen, Master Kenway!“ kicherte sie und meine flache Hand landete auf ihrem wohlgeformten Po.
„In ein paar Wochen sind wir verheiratet, dann hast du eh keine Chance mehr, vor mir wegzulaufen, mi sol! Dann gehörst du voll und ganz mir!“ und das war noch nicht einmal gelogen!
Alex stellte sich auf die Zehenspitzen und zog sich mit ihren Armen in meinem Nacken etwas hoch.
„Darauf freue ich mich schon, mi amor!“ hauchte sie an meinen Lippen und der nächste Kuss war genug Bestätigung für mich.
Langsam spürte ich aber, dass sie sich kaum noch wach halten konnte, also trug ich meine Verlobte hinüber ins Schlafzimmer.
Man teilte uns noch mit, dass Zoe und Jones das Anwesen verlassen hatten. Danach entließen wir Magda und den Diener für die Nacht und machten uns alleine fürs Bett fertig.
Plötzlich fragte Alex ängstlich, ob die beiden ihren Hengst mitgenommen haben könnten. Aber ich konnte sie beruhigen, sie hätten eine alte Märe bekommen, sonst wäre es ja noch zusätzlich Diebstahl gewesen.
Als wir dann endlich unter der Decke im Bett lagen, schlug die Standuhr zwei Mal und ich hörte ein leises „Herzlichen Glückwunsch, mi amor.“ und spürte ihre Arme auf mir.
Sie war das erste Mal an meinem Geburtstag bei mir, dieses Gefühl war gerade unbeschreiblich für mich!
Irgendwie war ich sehr früh wach, innerlich war ich aufgedreht, ja regelrecht aufgeregt. Solche Gefühle sind für mich völlig neu und ich tat mich noch schwer, sie auch zuzulassen. Alex lag neben mir, wie immer hatte sich an mich gekuschelt, ihr Atem war beruhigend und ich schlang meine Arme wieder um sie. Doch ich entschied, dass Mrs. Wallace ausnahmsweise den Kaffee für meine Verlobte hinauf bringen sollte. Auch wenn ICH Geburtstag hatte, ich weiß, aber ich war so euphorisiert, dass ich ihr einfach eine Freude machen wollte.
Kurz darauf erschien meine Haushälterin und ich klärte sie leise darüber auf, dass es meiner Verlobten wohl nicht so gut ginge und sie ihn nach oben bringen sollte.
Im Grunde beabsichtigte ich, meine zukünftige Frau heute morgen etwas länger für mich zu beanspruchen, hier in unserem Bett! Diese Aktion war also nicht ganz uneigennützig, schmunzelte in mich hinein.
Als Sybill mit dem Tablett wieder erschien, nahm ich den Becher mit dem Kaffee in die Hand und meine Haushälterin verließ das Zimmer mit einem breiten Grinsen und einem Herzlichen Glückwunsch!
Es dauerte keine fünf Minuten, da schlug Alex die Augen auf und lächelte selig. Ich wünschte ihr leise einen guten Morgen.
„Guten morgen, mi amor. Du bist schon wieder früher wach!“ war sie etwa beleidigt, dass sie nicht MICH wecken konnte? Das könnte sie ja anders wieder gut machen, ging es mir durch den Kopf.
Dann setzte sich Alex auf „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag, Haytham.“ und dieser Kuss war einfach liebevoll und sprach aus, was sie dachte.
Langsam zog sie mich unter sich und begann mit ihren Fingern über meinen Körper zu wandern. Ihr Mund folgte diesem Weg und in mir breitete sich ein Gefühl von vollkommener Gelöstheit aus. Als ihre Lippen mich umschlossen, konnte ich nicht anders, als in ihre Haare zu greifen. Es war eine Wohltat und ich ließ mich völlig darauf ein.
In Zukunft solltest du mich öfter so überraschen! Und jetzt mach weiter, ich will deine Zunge spüren!, ließ ich sie im Geiste wissen und merkte, dass sie mich ihren Mund mit noch mehr Inbrunst spüren ließ. Das könnte dir so passen, Alex. Ich zeige dir schon, wer dich führt und dir sagt, was du tun sollst!
Ich zog sie einfach auf meinen Schoss und ließ mich in sie gleiten. Meine Hände hinterließen ihre Spuren auf ihrem Hintern und ich genoss ihre Bewegungen, ihren immer schwerer werdenden Atem und in ihren Augen sah ich, dass sie sich bald nicht mehr beherrschen konnte.
Haytham, lass mich kommen, bitte! Hörte ich sie betteln, doch ich dachte nicht daran, ihr nachzugeben.
Dann sollte ich dir wohl noch eine Lektion bezüglich deines Verhaltens neulich im Keller erteilen!
Und schneller als Alex schauen konnte lag sie unter mir und ich hatte ihre Arme über ihren Kopf gegriffen! Es war dieser Moment, in welchem ich mich in ihrer Hilflosigkeit aalte! Sie hatte keine Chance sich gegen mich zu wehren und ich nahm, was mir gehörte.
Wiedereinmal war mein Höhepunkt intensiver als die vorangegangenen und für einen Moment nahm ich noch nicht einmal mehr Alex wahr.
Doch als sie kam und meinen Namen an meiner Schulter hauchte, war ich wieder geistig anwesend und sah, wie ihre Augen langsam klarer wurden.
Dann entließ ich ihre Arme aus meinem Griff und sofort spürte ich ihre Finger über mich gleiten, was mir eine Gänsehaut bereitete. Diese Frau machte mich einfach verrückt und umgekehrt konnte auch sie die Finger schlecht bei sich behalten.
Zu meiner Freude muss ich gestehen, nicht nur die Finger, ich liebte es, in diese Mähne zu greifen und eine gewisse Macht über sie zu haben. Darüber waren wir uns ja bereits einig, dass es völlig in Ordnung ist und ich liebte sie auch für diese Aufgeschlossenheit!
Leider wurden wir durch das Klopfen und die Worte, dass das Frühstück fertig sei, unterbrochen.
Ich hätte hier noch länger mit ihr bleiben können, doch die Zeit ließ es nicht zu. Als Alex jetzt ihren Becher ansetzte und beim ersten Schluck sofort in Ekstase geriet, musste ich meinen gespielten Unmut kundtun, dass ich solche Geräusche unter mir, nie von ihr hörte.
„Master Kenway, ihr seid schon fast besser als dieses Getränk, ihr müsst mir nur besser zuhören, wenn ich eure Lektionen erteilt bekomme!“ Aber ich würde sie schon noch daran erinnern, spätestens bei einer nächsten Lektion!
Unten im Esszimmer stand fast die gesamte Dienerschaft versammelt und beglückwünschte mich zu meinem Geburtstag!
Zu diesem Anlass fiel das Frühstück etwas großzügiger aus und meine Verlobte besah sich das Ganze mit großen Augen. Aber sie aß mit großem Appetit wie ich bemerkte und wir kamen auf das Thema, wie so ein Frühstück in ihrer Zeit war.
„Eigentlich frühstücke ich so gar nicht. Nur am Sonntag, dann habe ich Zeit für so etwas. Unter der Woche muss ich halt früh los, da schaffe ich das nicht.“
Sie erklärte mir auch gleich, warum. „Weil ich mir das alles selber fertig machen müsste und kein Personal habe. Sprich ich müsste noch eine Stunde eher aufstehen, um so ein Frühstück zu bekommen. Und... nein, dazu bin ich zu faul. Kaffee und eine Banane reichen dann morgens oder eben mein Müsli.“
Also meinte ich, dass sie sich hier voll und ganz auf andere Dinge konzentrieren konnte, weil sie das Frühstück oder Essen nicht selber zubereiten musste.
Als ich meine Hand auf ihre legte, besah sie sie genauer und fragte mich, warum ich eigentlich meinen Templerring nicht immer trug. Manchmal waren es seltsame Themenwechsel, muss ich gestehen!
Ich trug ihn nur selten, weil er mich im Großen und Ganzen im Alltag nur störte. Zu Anlässen wie heute Abend zum Beispiel würde ich ihn aber anlegen.
Wo wir aber schon dabei waren, interessierte mich, was das für ein Ring auf dem linken Ringfinger war.
„Yannick hat ihn mir vor 2 Jahren zu Weihnachten geschenkt.“ und dann liefen ihr die Tränen über die Wangen, als sie die Gravur noch einmal las und reichte mir dann wortlos den Ring.
Es stand „Mom i love you 24.12.2019“ darin und wieder fühlte ich mich mitschuldig an ihrer Reise und was sie alles aufgegeben hatte.
Wenn man diese Jahreszahl sah, konnte man es einfach nicht glauben, es war noch in weiter Ferne, doch Alex kannte sie bereits!
Ich ertappte mich wieder bei dem Gedanken, dass ich zu gerne einmal dorthin reisen wollte!
Als ich ihr den Ring wieder anstecken wollte, sah ich das tätowierte Assassinen-Symbol und strich mit meinem Finger darüber. Sie trug ihre Zugehörigkeit offen auf ihrer Haut und jetzt auch auf dem Rücken, wenn auch nur wenige Menschen davon wussten.
Alex hatte eine gewisse moralische Verbindung und Verpflichtung, welche sie nicht einfach über Bord werfen konnte, das hatte ich bereits verstanden.
„Ich wusste, dass ich eines Tages eine Entscheidung treffen muss!“ und bald würde ich ihr diese Entscheidung abnehmen, kurz vor unserer Hochzeit!
Leider wartete noch einige Korrespondenz auf mich, welcher ich mich noch widmen musste und Alex ging mit Magda hinauf um das Packen in Angriff zu nehmen.
Ich verbrachte fast den ganzen Vormittag damit, mich über einige dreiste Händler aufzuregen, welche mir Preise für Saatgut anboten, wo man sich allen Ernstes fragte, ob sie noch bei Verstand seien.
Unter anderem fiel mir ein Brief in die Finger, von diesem schmierigen Händler, welchen ich letztes Jahr in einer Taverne verprügelt hatte. Er erdreistete sich, mir wieder ein Angebot zu machen, kurzerhand wanderte der Brief in den Kamin!
Auch hatte ich Post von meiner großen Schwester erhalten, sie beglückwünschte mich ebenfalls zu meinem Geburtstag. In diesem Moment fiel mir ein, dass ich ihr vielleicht mitteilen sollte, dass ich beabsichtigte zu heiraten! Bisher waren unsere Briefe immer belanglos bis nichtssagend gewesen, uns verband wirklich nichts!
Irgendwann gegen Mittag erhob ich mich, nahm noch einen Schluck Tee, welcher mittlerweile kalt war und ging auf die Suche, mal wieder, nach meiner Verlobten.
Ihre Worte hatte ich nicht vergessen und machte mich in einen Umhang gehüllt auf den Weg zum Stall. Alex war in ein Gespräch mit Mr. Mackenzie vertieft, welcher aber, als er mich sah, dieses unterbrach und mir zu meinem Ehrentage gratulierte.
Ich erinnerte meine Verlobte daran, dass das Essen gleich fertig sei und sie verabschiedete sich noch von Isaac und ihrem Hengst und zusammen gingen wir langsam zurück.
Auf der Veranda stand sie für einen Moment versonnen da und sah auf die Auffahrt und umliegenden kleinen Waldstücke. Sie würde sich umgucken, wenn erst Frühling sei, wie es dann hier aussehen würde. „Das offene Buch schon wieder, oder?“
Als wir bei Tisch saßen, sah ich immer wieder Alex´ Blick Richtung Küche wandern. Sie nahm den regen Betrieb dort wahr und ich spürte, dass sie gerne einen Blick darauf geworfen hätte und nicht nur das, sondern auch noch am liebsten selber Hand mit angelegt hätte!
Aber das wäre etwas, was ich unter keinen Umständen dulden würde! Es gehörte sich für meine Frau nicht, solche Tätigkeiten zu verrichten!
Frustriert seufzte sie nur und ich versuchte sie mit der abendlichen Sitzordnung vertraut zu machen. Auch wenn sie sich selber nicht darum kümmern musste, ihr Platz war wie immer links neben mir.
Man konnte spüren, dass Alex froh war, dass Eheleute Pitcairn und Johnson anwesend sein würden. Wenn auch nur flüchtig, kannte sie diese bereits und bei allen anderen würde ich ihr dann helfen und sie entsprechend vorstellen.
Auf meine Bemerkung, sie solle einfach ruhig bleiben, da es kein Staatsakt wird und nicht zappeln, fiel sie mir mit leichter Angst in der Stimme ins Wort.
„Das sagst du so leicht, dass ist erst das zweite Mal, wo ich mit dir einen offiziellen Anlass erlebe. Was soll ich überhaupt sagen und...“ meine Verlobte hatte Recht, wir waren erst einmal zu einem größeren Anlass zusammen aufgetreten, bei der Hochzeit der Cormacs.
Um ihr diese Panik zu nehmen, lobte ich sie noch einmal, wie damals, für ihre Souveränität und dass ich zuversichtlich bin, dass sie auch diesen Abend meistern wird. Ich erntete mal wieder einen Kuss, bei welchem ich mich fragte, wofür. Ich sprach ja nur die Wahrheit aus.
Wir hatten also alles besprochen, meine Verlobte war ruhiger und mir fiel noch ein, dass ich die Jackdaw bereits habe beladen lassen, damit wir morgen dann zeitig aufbrechen konnten.
Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht und in ihren Gedanken sah ich, sie freute sich auf Faith, was mir wieder diese leichte Eifersucht brachte. Doch ich überging diesen Gedanken, ich vertraute BEIDEN Frauen!
Es wurde jetzt Zeit fürs Umziehen und ich rief nach Magda. Für einen Moment sah ich Alex noch hinterher, wie sie mit ihrer provisorischen Kammerzofe nach oben ging um sich einkleiden zu lassen. Ich war gespannt darauf, wie sie in diesem doch recht freizügigen Kleid aussah, der Ausschnitt ließ im wahrsten Sinne des Wortes tief blicken. Doch im Grunde wusste ich, meine Verlobte würde es zu verdecken wissen, nur SIE musste ja nicht wissen, dass ich genau darauf spekulierte. Ich würde ihr schon ein schlechtes Gewissen einreden.
Ich erwähnte vermutlich einige Male meine sehr böse Freude daran, sie zu necken und zu ärgern? Meine Gedanken wandern aber wieder in Bereiche, die jetzt nicht hierher gehören...
Kurz nach den Damen ging ich ebenfalls nach oben und fing an mich umzuziehen, auch ich hatte vorübergehend einen Diener als Ersatz für Jones, welcher mir nun half in den Anzug zu kommen.
Diese Westen waren nicht unbedingt nach meinem Geschmack, sie waren seit neuestem auch im Rücken zu schnüren, was den Tragekomfort sichtlich einschränkte. Aber warum beklage ich mich eigentlich? Schlimmer als ein Korsett konnte es nicht sein, oder?
Als der Diener dann mit seiner Arbeit zufrieden war und meine Haare in einem glatten Zopf in meinem Nacken lagen, konnte ich hinunter gehen. Am Fuße der Treppe wartete ich auf meine Verlobte, doch ich musste nicht lange dort stehen.
Auf dem Absatz sah ich Alex für einen Moment still stehen und zu mir hinunter sehen. Über ihr Gesicht lief die Frage, ob sie mir so gefällt und ob es so ist, wie ich es gewünscht habe. Ich sah sie meinerseits einfach nur an und betrachtete sie, wie sie langsam die Stufen herunterkam. In meinem Kopf spielten sich einige Szenarien ab, welche in die Gosse gehörten, doch ihr Anblick brachte meine Phantasie auf Hochtouren und meine Handflächen wurden nass.
Ich konnte nur ein „Du siehst hinreißend aus“ über die Lippen bringen und ließ dann meinen Blick langsam über diesen wunderschönen Körper gleiten. Ich bemerkte das Spitzentuch, welches sie gesittet über ihrem Ausschnitt trug und meinte nur, dass das nicht die Absprache war und wir uns später noch darüber unterhalten würden.
Natürlich versuchte sie sich zu verteidigen, dass sie sich sonst so nackt gefühlt hätte diesen fremden Menschen gegenüber. DAS war mir bewusst, ich beließ es aber dabei, mein Plan war aufgegangen und ich würde ihr weitere Lektionen angedeihen lassen können. An ihrer Reaktion sah ich, dass sie sich dafür wappnete und auch darauf freute!
Bei allen Göttern, mussten wir heute Besuch bekommen?, ging es mir durch den Kopf, in meinen Gedanken war ich mit ihr im Schlafzimmer!
Ich nahm ihre Hand und wir blieben einfach hier stehen und begrüßten nach und nach die eintreffenden Gäste.
Wie erwartet, übernahm Alex wie selbstverständlich die Rolle der Hausherrin, was ich sehr begrüßte. Man sah ihr an, dass sie wusste, was man von ihr erwartete und an manchen Stellen hatte man den Eindruck, sie hätte ihr Leben lang nichts anderes gekannt.
Meine Verlobte wurde misstrauisch, fragend, lächelnd oder auch säuerlich beäugt.
Mrs. Donovan zum Beispiel warf ihr einen doch sehr bösen Blick zu, ihr eigener Mann war um einiges älter und ich wusste, sie hatte sich Hoffnung auf mich gemacht. Mr. Donovan sah kränklich aus und man könnte meinen, er würde den nächsten Frühling nicht mehr überleben. Die Dame musste nun aber mit ihrem Gatten weiter leben, sie war, wenn ich ehrlich sein darf, auch einfach nicht mein Typ.
Als dann die Eheleute Doyle vorstellig wurden, konnte ich für einen winzigen Augenblick in Alex Augen einen belustigten Ausdruck sehen. Mr. Doyle reichte sogar IHR nur bis zum Ausschnitt, welcher Gott sei Dank nun mit diesem Tuch bedeckt war und Mrs. Doyle war um einiges Größer als Alex selber. Sie waren einfach ein unglaublich ungleiches Paar, aber ich wusste, sie liebten sich und man spürte es, sobald man nur in ihrer Nähe war. Auch meine Verlobte hatte diese innige Liebe bemerkt und strahlte dann die Eheleute einfach an.
Und endlich erschienen dann auch William und Jonathan mit ihren Ehefrauen! Mit einem Male konnte man einen Wandel bei Alex verspüren, es war Erleichterung, Freude und einfach so etwas wie Zufriedenheit!
Der Aperitif wurde gereicht und natürlich kam ein Wasserfall an Fragen auf uns zu, womit wir beide ja gerechnet hatten.
Plötzlich spürte ich, wie meine Verlobte sich an mich krallte und etwas nervös schien. Wir hatten aber eine wunderbare Geschichte zu erzählen, woher Alex kam, was sie hier tat und so weiter. Weil, ohne uns wirklich abgesprochen zu haben, uns die Fragerunde bei Lady Melanie damals wieder einfiel. DARAUF bauten wir und erzählten sie im Endeffekt nur weiter.
Und natürlich kam die heißersehnte Frage, wann wir nun endlich heiraten würden! Ich sah zu Alexandra und nahm ihre Hand.
„Wir haben uns für März entschieden. Mrs. Frederickson sollte sich erst einmal hier richtig eingewöhnen, wir waren sehr lange getrennt.“ DAS war hoffentlich Erklärung genug und jeder würde dafür Verständnis haben.
Als wir dann bei Tisch saßen, ließen wir Herren die Politik und die Geschäfte außen vor, doch der eine oder andere anzüglich Witz durfte nicht fehlen. In Alex Augen sah ich, dass sie so etwas kannte und sich nicht, wie so viele Frauen, pikiert zurückzog. Ihre Aufgeschlossenheit war stellenweise einfach Goldwert!
Sie unterhielt sich angeregt mit William, was mich nicht wunderte, ihre Ansichten glichen sich. Natürlich bemerkte ich, dass sie mal wieder nur sehr wenig aß und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass Frauen sich wahrlich zurücknahmen und beherrschten. Oder besser beherrschen mussten, diese Disziplin musste ich meiner Verlobten zu Gute halten!
Sie hatte ihr Leben, wie sie es kannte aufgegeben, sie hatte sich auf einen Lebensstil eingelassen, welcher nicht ihrem angeglichen war, bei weitem nicht! Alex durchlief im Grunde gerade einen Trainingsparcours, den sie zu bewältigen hatte und sie ließ sich nichts anmerken!
Auch wenn es sich schleimerisch anhören mag, doch ich war sehr, sehr stolz auf sie. Sie wusste sich zu artikulieren, sie konnte sich benehmen und hatte immer ein Thema auf den Lippen. Es wurde nicht langweilig mit ihr und das sah ich auch in den Gesichtern unserer Gäste. Sie alle waren ihr zugetan, nur Mrs. Donovan würde ihre Probleme haben, aber das war weder mein noch Alex´ Problem.
Nach dem Essen zogen sich die Damen dann zurück, auch das hatte ich ihr erklärt. Doch das war etwas, was sie aus geschichtlichen Aufzeichnungen wusste, auch wenn es ihr nicht gefiel, jetzt mit diesen Frauen alleine sein zu müssen. Im Stillen baute ich auf Mrs. Johnson, sie war sehr fürsorglich und die beiden mochten sich.
Trotzdem ließ ich sie nur ungern alleine, aber nun war der nächste Schritt für sie angedacht in ihr neues Leben mit mir! Alex Blick war etwas ängstlich, doch ich lächelte ihr nur zuversichtlich zu und dann gingen die Damen hinüber in den Salon.
Wenn ich ehrlich sein darf, dieser Moment des „wieder alleine“ seins, auch wenn er nur temporär ist, war etwas seltsam. Ich genoss dieses Gefühl dennoch und konnte frei mit den Herren über die Geschäfte und … die Frauen reden. Man mag es nicht glauben, doch auch wir Männer können tratschen und Geschichten und Gerüchte verbreiten!
Vor allem ließ Mr. Donovan tief blicken, seine Frau weigerte sich seit Monaten mit ihm das Bett zu teilen und er hatte seine Mätresse zum Ausgleich. Ihm selber war es noch nicht einmal unangenehm, es war für ihn selbstverständlich!
„Master Kenway, dieses junge Ding gibt mir einfach wieder diese Lebenslust zurück, welche mir immer mit meiner Frau fehlt! Glaubt mir, ihr solltet euch beizeiten nach etwas jüngerem umsehen, sie bleiben nicht alle so jung und willig!“ hörte ich ihn sagen und musste arg an mich halten um ihm nicht noch mitzuteilen, dass er sich gefälligst zur Ruhe setzen sollte und den Frauen abschwören sollte in seinem Alter.
Das Gespräch mit Mr. Donovan erinnerte mich an eines, welches ich mit Benjamin Franklin damals in Boston hatte. Dieser hatte mir ausdrücklich geraten, eine ältere Frau als Geliebte zu nehmen und eine Jüngere zu ehelichen, welche mir Kinder schenken könne.
So unterschiedlich sind die Geschmäcker, ging es mir mal wieder durch den Kopf!
Es war William, welcher plötzlich auf die Tür deutete und als ich meinen Kopf wandte, sah ich, wie seine Frau mit Alex am Arm nach draußen eilte! Für einen Moment war ich in Versuchung, hinterher zu gehen, ging aber davon aus, wenn es etwas gravierendes war, würde man mich unterrichten.
Also unterhielten wir uns noch über die nächste Tabak- und Weizensaison, auch über die armen Kolonisten, zu welchen wir ja auch gehörten und darüber kamen wir auf die üblichen Themen zu sprechen. Wir alle fragten uns, WER hier bald das Sagen haben würde, würde es überhaupt soweit kommen. Und wenn ja, wen würde man an der Spitze sehen wollen?
Mir fiel niemand ein, Jonathan hatte zwar erwähnt, dass Charles theoretisch ein mehr als geeigneter Kandidat wäre, doch dieser war gerade in England und nicht verfügbar. Wer weiß, was die Zeit noch bringen würde und in diesem Moment keimte wieder dieser Wunsch auf, dass ich wissen wollte, was meine Verlobte bereits über diese Kolonien erfahren hatte. An ihrem Gesicht sah ich oft, dass es nicht immer nur positiv war und sie hatte ja auch angedeutet, dass es Krieg geben wird, dennoch war sie wieder hier! Sie ließ ihre friedliche Zeit hinter sich, um an meiner Seite sein zu können, in einer Zeit, welche völlig ungewiss sein wird.
Gegen Mitternacht konnte man die ersten Ermüdungserscheinungen aufgrund des großzügigen Alkoholkonsums erkennen und wir beschlossen, unseren Frauen zu folgen und sie auf die späte Uhrzeit hinzuweisen.
Durch die Bank weg, ernteten alle Herren einen müden und dankbaren Blick. Dieser war nicht unserer Gastfreundschaft geschuldet, sondern einfach nur der Uhrzeit. Wir waren alle seit etlichen Stunden auf den Beinen!
Als dann Jonathan und William als letzte mit ihren Frauen in die Nacht verabschiedet worden waren, sie übernachteten übrigens im Gästehaus, ging ich kurz hinaus zum Abort. Es war sternenklar, es war kalt, aber diese klare Luft ließ mich durchatmen und wieder klarer sehen.
Als ich dann in den Salon trat, sah ich nur, wie Alex völlig gedankenverloren in ihr Glas Portwein sah.
Dieser Anblick war einfach unbeschreiblich, ich sog ihn in meinen Geist auf und wollte ihn für mich behalten. Der Widerschein des Feuers auf ihrem Gesicht konnte auch genauso gut ein Spiegelbild ihrer Emotionen sein. Dieses Flackern...
Langsam ging ich hinüber und setzte mich neben sie, doch erst, als meine Hand auf ihrem Oberschenkel lag, bemerkte sie mich und erschrak.
„Haytham, musst du dich immer so anschleichen!“
Als ich Alex aber erklärte, dass ich nur fasziniert von ihrer Silhouette mit dem Feuerschein war und ich nicht die Absicht hatte, sie zu erschrecken, kam ein leises
„Danke, mi amor!“ sie stellte ihr Glas auf dem Tisch ab und …
… wir fanden uns vor dem Kamin wieder. Ich kann es nicht beschreiben und es hat auch nichts mit einem Alkoholrausch zu tun, es war der Rausch, welcher in mir entstand, wenn diese Frau in meiner Nähe war! Wir liebten uns einfach, es war unglaublich befreiend wieder! Alex unter mir ließ mir freie Hand, sie ließ sich fallen und ihre Gedanken galten mir und meinen Wünschen.
Als ich dann langsam wieder zu mir kam, grinste Alex mich nur an.
„Dieses Feuer lässt deine Haare lebendig aussehen, Haytham!“ Ihre Hände umfingen mein Gesicht und zogen es runter und ihre Lippen liebkosten mich wieder.
Dann stand Alex plötzlich auf und zog mich hinter sich her nach oben, wir befreiten uns von den Kleidungsstücken und als sie an meiner Seite lag, überkam uns diese Ruhe.
„Das war ein wirklich anstrengender Abend, mi amor.“
Das glaubte ich ihr, die Frauen waren neugierig, etwas neues erzählen zu können, Tratsch weitergeben zu können... genau wie wir Männer eigentlich, musste ich mir schmunzelnd eingestehen.
Als ich Alex nun auf den Moment mit Mrs. Johnson hinwies, sah sie mich grinsend an.
„Ich selber hatte gar nicht gemerkt, dass mir schwindelig wurde, sie hat mich dann einfach, naja, gerettet. Ich mag Mrs. Johnson, sie ist unglaublich nett. Wir sollten die beiden einmal besuchen gehen.“
Da hatte sie Recht, aber für einen Bruchteil einer Sekunde hatte ich wie die anderen Frauen gedacht, sie wäre schwanger... ich... würde mich freuen. Aber ich hielt meine Gedanken vorerst noch zurück, ich hoffte, dass meine kleine Schwester ein paar Kräuter oder ähnliches hätte, welche uns... zum Elternglück verhelfen könnten.
Das alles sagte ich nicht, stattdessen tat ich kund, dass wir morgen zeitig aufbrechen würden und sie nun schlafen sollte. Meine Arme umschlangen sie dennoch und ein Kuss durfte nicht fehlen, welcher sofort eine Gänsehaut bei ihr hervor rief. Und das nicht nur bei ihr!
Warum auch immer, doch ihre Bewegungen neben mir machten mich wahnsinnig, im positiven Sinne.
Alex schlief ruhig, doch immer wieder drängte sie sich an mich mit ihrem Po, sie schmiegte sich an meinen Körper. Es war vermutlich nicht einmal ein Hintergedanke von ihr, dass sie mich wollte, aber es war auch kein Hinderungsgrund für mich.
Also ließ ich mal wieder meine Finger über ihren Rücken gleiten, mein Mund erforschte derweil ihren Hals und als ich zwischen ihre Schenkel mit meinen Fingern glitt, fühlte ich, dass Alex bereit war!
Ihr etwas verschlafener Ausdruck machte sie noch ein bisschen attraktiver für mich und in diesem Moment ließ ich sie gewähren. Ihr ganzer Körper war für mich bereit, sie nahm mich in sich auf ohne zu hinterfragen. Wir beide wollten es einfach genießen, diese ganzen Monaten alleine musste auch ich irgendwie kompensieren. Ich genoss jeden Moment, jede Berührung von Alex, umgekehrt ging es ihr nicht anders.
Als wir wieder im Hier und Jetzt waren, zog ich meine Verlobte an mich und meinte, dass mir gestern etwas klar geworden sei, während des Dinners.
„So, was denn? Ich hoffe, ich darf immer noch bleiben?“ ich konnte ihre plötzliche Unsicherheit spüren, beruhigte sie aber sofort wieder. Ich bestand selbstverständlich immer noch darauf, dass sie blieb!
Nein, mir ging es darum, dass wir uns bisher noch gar nicht über die vergangenen Jahre, in denen wir beide unsere eigenen Leben hatten, unterhalten haben. Ich wusste zwar ein paar Kleinigkeiten von ihr, umgekehrt wusste Alex auch einiges über mich, doch ich wollte die ganze Geschichte hören.
„Genau das gleiche dachte ich gestern auch schon, als mich Mrs. Johnson nach draußen begleitete. Wir werden die nächsten Tage sicherlich genügend Zeit haben, mi amor.“
Gut, da hatte sie auch wieder Recht und ich grinste bei dem Gedanken, ihre Erzählungen hören zu können!
Plötzlich seufzte meine Verlobte tief und fragte, ob wir wirklich schon aufstehen müssen und rückte ein wenig näher an mich heran. Schweren Herzens musste ich aber mitteilen, dass wir Gäste zum Frühstück hatten und wir zeitig bei der Jackdaw sein sollten.
Während wir uns ankleideten, hoffte ich, dass wir nichts vergessen hatten einzupacken. Ich baute da aber ganz auf Alex, welche anscheinend ein gewisses Organisationstalent besaß, was mich freute!
Dann gingen wir hinunter, die Truhen würden gleich während des Frühstücks abgeholt und zum Schiff gebracht werden. Unten im Esszimmer begrüßte uns ein sehr blasser William, welcher wohl gestern doch tiefer ins Whiskyglas geschaut hatte, als ihm gut tut.
Die Pitcairns waren wie immer fröhlich am Reden und begrüßten uns entsprechend. Jonathan meinte dann, er freue sich auf unsere Hochzeit im März und nähme die Einladung dankend entgegen.
Alex wusste noch nicht, dass ich mit William bereits gesprochen hatte, also erklärte ich es ihr in kurzen Worten, aber lautlos.
Als wir später mit der Kutsche an der Brig ankamen, war sie bereits fertig zum Ablegen. Mr. Hargreaves stand an der Anlegestelle und erwartete uns schon.
Für einen Augenblick stand Alex völlig abwesend vor ihrem Schiff und im ersten Moment dachte ich, dass sie doch Angst bekäme. Ich fragte einfach nach, ob alles in Ordnung sei, aber auf die Antwort hätte ich auch selber kommen können.
„Ja, natürlich, mi amor. Aber... dieser Anblick, wenn sie voll getakelt ist, auch wenn sie noch nicht unter vollen Segeln steht, ist sie … großartig. Verzeih mir, ich bin manchmal sehr merkwürdig!“ und ein breites Grinsen trat auf ihr Gesicht, ja, diese Gedanken kannte ich von Shay ebenfalls. Er lobte den Anblick seiner Morrigan ebenfalls gerne und ließ oft leicht verliebt seinen Blick über sie gleiten!
An Bord wurden die letzten Sachen verstaut und vertäut, dann gab meine Verlobte den Befehl zum Ablegen! Kurz hatte ich Bedenken, ob die Mannschaft nicht doch den Gehorsam verweigert, weil eine Frau die Befehle gab. Doch sie taten, wie ihnen gesagt wurde und ich konnte etwas erleichtert ausatmen.
Plötzlich konnte ich wieder in Alex lesen und sah, wie sie an Faith dachte, wie sie sie in den Arm nahm... Ich ermahnte sie schlichtweg, sich zusammenzureißen! Mit einem tiefen Augenaufschlag kam ein „Entschuldigung...“ leise aus ihrem Mund.
Sie ließ es sich aber jetzt nicht nehmen, mir die Jackdaw genauer zu zeigen, ich hatte das letzte Mal eher wenig Zeit, sie zu besichtigen.
Ich muss sagen, es war immer noch ein sehr eigenartiges Gefühl, hier zu sein, mit dem Wissen, dass mein Vater mit diesem Schiff so einige Abenteuer und Schlachten erlebt hatte. Vor allem musste ich daran denken, dass Alex bei einem kleinen Teil auch mit von der Partie war und das versetzte mir wieder einen kleinen Stich der Eifersucht.
Für einen Moment wünschte ich mir, Vater wäre hier und ich könnte mit ihm über diese Gedanken sprechen, doch er erschien nicht.
Auch das war etwas eigenartig wie ich fand, anscheinend sprach er nur, wenn Alex ebenfalls in der Nähe war. Doch ich schweife schon wieder zu sehr ab und ich nahm mir vor, meine Verlobte einfach nachher darauf anzusprechen. Vielleicht hatte sie ja eine Erklärung, eine, mit der ich leben konnte und nicht immer diese leichten Zweifel und diese Eifersucht in mir tragen musste.
Das Schiff war schon sehr geräumig, dass muss man sagen und ich sah jetzt, dass wirklich jedes kleinste Detail zurückgebaut worden war. Und wieder fragte ich mich, warum die Behörden im 21. Jahrhundert sich bei so einem soliden Segelschiff querstellen konnten. Es gab doch nichts an der Hochseetauglichkeit zu beklagen, aber Alex hatte es mir und auch Shay versucht zu erklären. Dennoch war es unverständlich in meinen Augen.
In den späten Nachmittagsstunden dann, sahen wir bereits die Cheasapeak-Bay und mir fiel auf, dass wir wirklich zügig voran kamen. Im Gegensatz zu meiner Verlobten, welche sich schon beim ersten Maat erkundigt hatte, warum wir so lange brauchten.
Er erklärte, dass sie nun auf der flacheren Seite des James Rivers agieren mussten und entsprechend langsamer vorankamen. Das war auch mir noch neu, ich hatte mich nie wirklich weiter mit dem Thema Segeln auseinander gesetzt. Auch wenn ich mich noch an die Versuche von Master Cormac erinnerte, mich in diese Kunst einzuweisen.
Für einen Moment schritt meine Verlobte über das Deck und unterhielt sich hier und da mit einem Crewmitglied und stand dann am Bug und sah in Richtung Bay.
Ich schritt langsam auf sie zu und legte einfach meine Arme samt meines dicken Umhanges um sie. Wie abgesprochen lehnte Alex sich zurück und genoss diese Wärme von mir, auch ich genoss gerade ihre Nähe.
Jetzt oder nie, dachte ich einfach und fragte, ob sie meinen Vater vermissen würde! Es schien, als müsse sie überlegen, weil es ein wenig dauerte, bis ich eine Antwort erhielt.
„Ja, ich vermisse ihn. Edward war wie ein... guter Freund für mich und es war einfach eine Verbindung zwischen uns, welche ich nicht erklären kann.“ ihr fragender Blick war berechtigt, doch ich wiegelte mit den Worten ab, ich sei nicht eifersüchtig, sondern nur neugierig!
„DU wirst ihn anders vermissen, als ich, Haytham. Er ist dein Vater und für mich ist er ein Vertrauter geworden in den Jahren!“
Das stimmte, ich würde ihn als meinen Vater vermissen, was ein anderes Gefühl war als einen guten Freund zu vermissen.
Wir sahen der untergehenden Sonne noch eine Weile schweigend zu, ehe wir uns dann in die Messe begaben und zu Abend aßen. Der Smutje war wirklich gut und auch Alex befand, dass er ein guter Koch sei und Mr. Hargreaves Empfehlung die Richtige war.
Wir zogen uns jetzt für die Nachtruhe schon einmal zurück und da wir jetzt den sicheren seichten Fluss verlassen hatten, begann die Brig sich dem Wellengang anzupassen.
In Alex Gesicht sah ich, dass ihr leicht übel wurde und die grüne Farbe auf den Wangen machte meinen Eindruck nicht besser. Aber ich sagte nichts, noch nicht, ich wollte erst einmal abwarten und wenn es sein muss, ihr beistehen.
„Ich werde mich einfach hinlegen, Haytham.“ kam es knapp von ihr und schon war sie in unserem Bett verschwunden.
Ich hingegen blieb noch eine Weile auf, weil ich meine Einträge vervollständigen wollte und meine Arbeit hatte ich größtenteils ja auch dabei. Es hielt mich dann aber nicht lange am Schreibtisch, es war ziemlich kalt geworden und ich wollte mich an meiner Verlobten wärmen.
Umhang, Stiefel und Gehrock waren schnell ausgezogen und ich kletterte hinter Alex auf das Bett und umschlang sie mit meinem Körper.
Ein fröstelndes Zittern und sie versuchte sofort mich von sich zu schieben. So schlimm konnte ich gar nicht sein, meinte ich nur.
„Doch, das seid ihr, Master Kenway! Ihr fühlt euch wie ein Eisblock an!“ maulte sie mich jetzt lautstark an und versuchte sich immer noch gegen mich zur Wehr zu setzen.
Doch diesem Versuch bot ich Paroli und schon bald hatte ich sie bewegungsunfähig unter mir, es gab kein Entkommen mehr! Die einzige Erlösung, welche ich zuließ, war ihr Höhepunkt und meiner, auch wärmte ich mit meinen Händen ihren Hintern, was sie durchaus begrüßte!
Ihre grünen Augen wurden wieder klarer und sahen zu mir auf.
„Danke, mi amor, für die Wärme!“ damit legten sich ihre Arme um mich und ich versicherte ihr, dass sie in meiner Gegenwart nie frieren soll!
Vorsichtig stieg ich aus dem Bett und erstaunlicherweise regte sich Alex keinen Millimeter, sondern schlief weiter. Im fahlen Morgenlicht konnte ich aber ihre blasse Gesichtsfarbe mit dem Grünschimmer wahrnehmen. Sie war nicht ernsthaft seekrank, oder? Ich vermutete dahinter aber, dass es schon sehr lange her war, dass sie länger als ein paar Stunden mit der Brig unterwegs war.
Ich ließ meine Verlobte weiterschlafen, zog mich an und begab mich in die Messe.
Nach einem kurzen Frühstück gesellte ich mich auf die Brücke zu Mr. Hargreaves und wir unterhielten uns über diesen unglaublich dichten Nebel, welcher über dem Meer lag. Dadurch hatte man noch mehr das Gefühl, dass es nicht hell werden wollte, dieser Dunst schien auch alles zu schlucken, ob es Geräusche oder die Sicht war.
„Master Kenway, wir werden hier sicher hindurch kommen, ich habe mir die Karte sehr genau angesehen und es gibt keine schwierigen Passage von hier bis zum Hafen von New York. Die Mannschaft ist auch gut geschult, in den letzten Tagen hatte ich Gelegenheit, ihnen ein wenig auf den Zahn zu fühlen.“ meinte er in einem wahrlichen Plauderton und er erinnerte mich an Christopher für einen Moment! Es fehlten nur noch die obligatorischen Geschichten aus der Taverne und seiner Lieblings-Bardame!
Mit einem Male hörten wir ein entferntes Knartschen, welches nicht von der Jackdaw kam und ich aktivierte meinen Blick, um einen Überblick zu bekommen.
Ich nahm die Präsenz eines großen Schiffes in unserer Nähe wahr, ebenso näherte sich ein kleineres Boot. Es war eine merkwürdige Eingebung, ich SAH sie nicht direkt, ich SPÜRTE sie und dennoch war es, als wäre dort hinter uns eine riesige rote Aura. Es ist schwer zu beschreiben, aber ich wusste, es näherte sich Unheil, von welcher Seite und WARUM vermochte ich noch nicht zu sagen.
In diesem Moment erschien Alex neben mir, leichenblass und aufgeregt! Hatte sie ebenfalls diese Schemen bemerkt? Ihre lautlose Frage, ob ich unsere Verfolgerschiffe ebenso bemerkt hätte, konnte ich bejahen und ich wusste auf einmal, dass mein Vater bereits mit ihr darüber gesprochen hatte.
Sprach er wirklich nur mit IHR, oder war es immer reiner Zufall. Ich schüttelte diese Gedanken ab, wir mussten uns auf die Angreifer konzentrieren.
Ich erzählte jetzt zum ersten Mal von meiner Verschwörungstheorie bezüglich Jones und Zoe. Es ließ mir keine Ruhe und Alex´ Bemerkung, dass man uns vermutlich kurzfristig aufgelauert haben muss bei dieser Witterung, war selbsterklärend.
Wie sollte ich meine Vermutungen also ihr plausibel beibringen?
Ich fing mit dem Ersuch von Jones an, ein paar Wochen Urlaub zu bekommen, wegen dringlicher Familienangelegenheiten. Sein Erscheinen später mit Zoe im Schlepptau erläuterte ich auch in kurzen Worten und auch mein Misstrauen, beide umgab so etwas wie eine böse Aura, auch wenn ich sie nicht sah. Wirklich beschreiben, geschweige denn erklären konnte ich es nicht. Beide Angestellte sah ich immer in diesem neutralen blau schimmern, also nicht potentiell gefährlich.
Doch dann fiel mir noch dieser kleine goldene, ich nenne es einfach mal Punkt, bei Zoe auf. Sofort war Alex in Alarmbereitschaft, es könne sich um ein ähnliches Amulett wie meines handeln, durch welches eine Person besessen sein könnte!
Und jetzt kamen wir auch auf die Armreife zu sprechen, Alex hatte in IHRER Zeit das Wesen gebannt, doch ob es hier auch so war? Gab es doch noch ein vielfaches an diesen Zeitreiseartefakten, oder wäre dieser Gedanke eher müßig? Zoe besessen? Das konnte ich mir nicht vorstellen, wir hätten es sicherlich BEIDE gespürt!
Dann sah ich aber Angst in ihren Augen, dass es noch lange nicht vorbei sei und sie fing wieder an, Pläne in ihrem Kopf zusammenzustellen!
Mir fielen aber auch diese Götter ein, die nordischen um genau zu sein. Diese hatten Faith und Alex erwähnt und BEIDE hatten entsprechend nachgelesen!
Was aber jetzt kam, verschlug mir für einen Moment die Sprache, sie war in diese Parallel-Welt gereist um den Armreif zu bekommen, weil sie Marius von diesem Wesen befreien wollte. Im Umkehrschluss hat Alex dann Marie de Scudéry mit in ihre Zeit genommen, als eine Art Ausgleich!
Mir schwirrte allmählich der Kopf, diese ganzen Theorien zogen weitere nach sich und endeten in der Unendlichkeit.
„Ich habe sie dann einfach mitgenommen, ich konnte Marie nicht dort lassen, du hättest sie sehen sollen. Es war grausam. Der Shay dort hatte ein riesiges Blutbad angerichtet und hatte ihr alles genommen. JEDEN Verbündeten und dann brach er einfach nach Europa auf ohne weitere Erklärung!“
Es war eine Erklärung, aber mir fiel es nun auch schwer, Shay in diesem Licht zu sehen. Er war nicht so, doch auch in diesem Punkt hatte meine Verlobte eine durchdachte Erklärung.
„ER ist nicht so, diese Assoziation muss man ausblenden! Es fällt schwer... das ist es, glaub mir. Auch ich hatte... so meine Probleme... ... Haytham... ich... es war grausam!“
Doch bevor wir noch weiter darüber philosophieren konnten, verkündete der Ausguck lautstark das besagte Schiff, welches sich jetzt schussbereit machte.
NOCH waren wir weit genug entfernt, es würden nur Warnschüsse sein, so dachte ich für einen Moment.
Als man den Namen verlauten ließ, wollte ich meinen Ohren nicht trauen. Diese Fregatte sollte schon längst am Boden des Atlantik liegen, seit über einem Jahr! Diese Wut in mir brodelte hoch, welche mich an meinen Verbündeten zweifeln ließ. Sie hatten mir doch versichert, dass die HMS Iron Duke versenkt wurde!
Alex verstand gerade überhaupt nichts mehr, doch für Erklärungen war gerade nicht die Zeit. Wir mussten handeln und das möglichst schnell! In kurzen Worten versuchte ich den Namensgeber, den Duke of Ironside einzubinden, ebenso meine etwas holprige Überfahrt von Frankreich damals zurück in die Kolonien und den Überfall zu schildern.
Doch es war nicht genug, ich sah es in ihren Augen, die Informationen waren zu dürftig. Aber für mehr war keine Zeit. Alex´ Aussage, dass sie diesen Duke nicht kannte, war mir völlig gleich. Als ich dann auch sagte, dass sie nicht allwissend war, brachte mir das einen bösen und vor allem vernichtenden Blick ihrerseits ein.
Aber auch das war mir egal! Für stundenlange Diskussionen war nun keine Zeit.
Ich ging hinunter zum ersten Kanonen-Deck und gab Anweisung, die Kanonen auf gleicher Höhe fürs erste auszurichten. Ebenso orderte ich an, dass die Brig entsprechend wenden sollte, damit sie HINTER diese Fregatte kam und sie so nach und nach mürbe machen konnte.
Wie aus heiterem Himmel tauchte Alex auf und sie umgab ein feiner durchschimmernder Nebel!
„Haytham, stopp. Warte mal. Ich hätte da eine schnellere Lösung, wie wir sie nachhaltiger schwächen können...“
Das war ein schlechter Scherz von ihr, oder? Musste Alex gerade in diesem Moment meine Erfahrung in Frage stellen?
„Jetzt hör mir mal zu, Junge! Ich weiß sehr wohl, dass du einige Schlachten bereits hinter dir hast. Aber du wirst dich auf deine Verlobte jetzt verlassen, ihr werdet die Brig sonst in ein frühes Grab bringen!“ vernahm ich nun die wütende Stimme meines Vaters!
Einen kurzen Augenblick wollte ich widersprechen, doch ich besann mich eines besseren und fragte etwas zu launisch, was ihr vorschwebte! Ich ließ nicht gerne meine Autorität untergraben und das ließ ich sie jetzt spüren.
Sie befahl der Mannschaft und den Kanonieren an Deck zu kommen, dort angekommen, eröffnete sie ihren Plan! Ohne Umschweife fing sie an, ihre Worte an die Männer zu richten.
„Wir müssen die Brig wenden und mit einer Breitseite schon einmal auf die Iron Duke schießen. Anschließend längsseits gehen und wieder mit einer vollen Ladung schießen. Wenn wir dann hinter sie kommen, können wir wieder wenden und sie von der anderen Seite in die Mangel nehmen. So schnell wird sie nicht nachladen können, geschweige denn, so schnell manövrieren. Die Jackdaw ist einfach leichter und kleiner und daher auch wendiger. Und das Ganze wiederholen wir, bis sie geschwächt sind!“ sprach Alex in einem lauten und sogar mir mehr als unheimlichen Tonfall, für einen Moment regte sich nichts.
Doch die Crew befolgte die Befehle, zwar etwas zögernd, aber sie machten sich an die Arbeit. Sie mussten sich wohl auch noch an ihre Kapitänin gewöhnen.
Die Jackdaw drehte jetzt und als sie quer zum Assassinen-Schiff stand, gab sie den Befehl für die erste Salve und sie saß perfekt. Die Kanonen waren gut ausgerichtet worden und sie war regelrecht in einem Rausch.
Die Brig drehte nun weiter und ging längsseits, so wie besprochen. Ich betete, dass Alex Recht behielt und wir nicht von der Übermacht der Kanonen postwendend versenkt wurden!
Es war wirklich seltsam und erschreckend, sie so zu sehen. Sie agierte mit einem solchen Eifer und einer Selbstsicherheit, welche ich ihr noch nicht zugetraut hätte. Aber war es wirklich meine Verlobte, die dort stand und die Mannschaft anwies, zu feuern? Oder sprach aus ihr mein Vater, welcher wirklich wesentlich mehr Erfahrungen auf See gemacht hatte als ich, musste ich mir eingestehen.
Für einen Moment betrachtete ich diese Frau, wie sie auf der Brücke stand und völlig euphorisch den nächsten Befehl brüllte. Natürlich war ich stolz auf sie, doch wie ich bereits schrieb, mich vor der Mannschaft abzukanzeln ist etwas, was ich nicht dulden kann. Verlobte oder nicht, das ging meines Erachtens zu weit. Doch jetzt war es eh zu spät und ich würde nachher mit ihr darüber reden.
Nun orderte sie die Schützen für die Puckle-Gewehre und auch diese trafen ziemlich gut und dezimierten die Besatzung an Deck.
Mit vollen Segeln ließ Alex die Jackdaw sich hinter die Fregatte setzen und die Salve der Bugkanonaden donnerte auf das Heck der Iron Duke und riss einige unschöne Löcher hinein. Die Brig ging jetzt mit der Steuerbordseite langsam längs der Fregatte und erneut donnerten die Kanonen sehr gezielt auf das andere Schiff.
Wir waren immer noch schneller, also konnten wir uns wieder davor setzen und die nächste Salve wurde auf die Assassinen los gelassen.
Die Jackdaw war jetzt wieder direkt neben der Fregatte und wir vernahmen das befriedigende Donnern der Kanonen und die Einschläge waren deutlich zu hören! Ich sah, dass meine Verlobte in ihrem Element war und es genoss, sich austoben zu können. Immer wieder wurde auch das Deck der Fregatte beschossen, dort musste die Mannschaft noch halbwegs außer Gefecht gesetzt werden.
Plötzlich huschte ein ängstlicher Ausdruck über ihr Gesicht und ich wusste, dass sie für einen Moment das Gefühl hatte, der Fregatte unterlegen zu sein. Auf dieser Seite des feindlichen Schiffes waren mindestens 20 Kanonen, welche jetzt auf uns gerichtet und schussbereit waren. Und wir wurden getroffen, nicht nur einmal, sondern oft und mit ziemlichem Schaden! Herr Gott, sie würde uns untergehen lassen, doch ich konnte nicht einschreiten. „GETROFFEN! WIR HABEN EINE SEKTION DER KANONEN VERLOREN!“ hörte ich es von einem Mann der Besatzung! Dann vernahmen wir noch den Schrei „FEUER!“ und einige Männer eilte zu Hilfe.
Um Zeit zu gewinnen, vermutete ich mal, ließ Alex die Jackdaw wieder hinter die Iron Duke gleiten.
Mir fiel es immer schwerer mich zusammenzureißen und ich ging auf sie zu und schrie sie an, sie würde uns mit dieser Taktik versenken!
„Nein, werde ich nicht, du wirst sehen. Es klappt!“ diese Worte spie sie mir eiskalt und mit einer Überheblichkeit entgegen, dass mir selber nichts mehr einfiel! WAS war in sie gefahren, bitte schön? Ja, es war mein Vater, welcher ihr beistand, dessen war ich mir bewusst. Alex ließ sich aber nicht mehr beirren und ihre Befehle donnerten auf die Mannschaft nieder, welche mittlerweile alle Mühe hatte, sie auch zu befolgen.
Dann rannte sie an mir vorbei und hinunter zum ersten Kanonendeck, dort sollten die Kanonen neu ausgerichtet werden und zwar weiter nach unten geneigt! Das wurde ja immer besser! Was bezweckte sie damit? Die Kugeln würden lediglich im Wasser landen... doch es dämmerte mir, sie wollte unter dem Wasserspiegel bei der Fregatte Schaden anrichten! Ich konnte nur hoffen, dass diese Taktik jetzt aufging und folgte ihr wieder nach oben.
Für einen kurzen Moment versuchte ich in ihren Geist einzudringen, doch es war, als hätte sie eine riesige Barriere um sich aufgebaut! Dieses Verhalten irritierte mich zusätzlich und hob meine Laune nicht gerade an!
Und wieder wurden wir getroffen und das Schiff erzitterte heftig bei den Einschlägen! Dann wurde der Befehl zum Feuern der neu ausgerichteten Kanonen gegeben und ich sah und hörte erleichtert, dass sie ihr Ziel voll trafen. So würde das Schiff der Assassinen schneller leck gehen und darauf baute Alex!
Wieder längs der Fregatte wurde noch einmal mit allen zur Verfügung stehenden Waffen und Kanonen geschossen! Und jetzt vernahm man die ersten Rufe „WASSEREINBRUCH“ von der Iron Duke. Wie viel und wie schnell nun das Wasser steigen würde, konnten wir nicht wissen, hofften aber auf sehr, sehr viel!
Und schon nach kurzer Zeit, neigte sich das feindliche Schiff ein wenig, was meine Verlobte anscheinend als Einladung betrachtete fürs Entern! In meiner Angst um sie, brüllte ich sie nur an, ob sie wahnsinnig geworden sei!
„Nein, bin ich nicht, aber ich lasse mein Schiff nicht von solchen Idioten platt machen!“
Ohne noch weiter auf mich zu hören, der ich sie davon abhalten wollte, schnappte sie sich ein Seil und schwang sich hinüber. Ihr folgten die Männer und für einen Moment stand ich mit offenem Mund da, unfähig zu denken oder zu handeln. In mir kochte diese Wut auf diese Frau, sie musste mich doch wenigstens darüber informieren, WAS genau sie plante. Doch statt dessen zog sie ihr Ding durch, ohne das ich wusste, wie es ihr ging oder ähnliches. Sie ließ mich nicht in ihren Geist, doch gerade JETZT wäre diese Kommunikation von großer Wichtigkeit für uns! Also folgte auch ich ihr und schwang mich meinerseits an Deck der Iron Duke.
Ich traute meinen Augen nicht, meine Verlobte hatte sich, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Schneise frei gemetzelt. Sie hatte den Überraschungsmoment auf ihrer Seite durch den Meisterassassinen-Ornat! Lange konnte ich aber nicht darüber nachdenken, weil mich nun die Assassinen angriffen und ich muss sagen, sie konnten kämpfen.
Schon damals bei Miko hatte ich gesehen, wie geschmeidig er sich bewegen konnte, das gleiche Bild bot sich mir hier auch. Nicht ALLE waren so geübt, doch das brachte Abwechslung, wenn ich das so sagen darf.
Als nur noch ungefähr 25 Mann der Besatzung übrig waren, ergaben sie sich und ließen uns gewähren.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie meine Verlobte einem Toten eine Kette abnahm und für einen Moment leuchtete sie leicht golden. Hatten wir es schon wieder mit Vorläufer-Artefakten zu tun? So langsam hatte ich eigentlich die Nase voll von diesen Dingen!
Alex kam auf uns zu, beachtete mich aber überhaupt nicht, sprach nicht mit mir, sondern ging auf die vor uns knienden Männer zu und fragte, wer der Kapitän wäre. Alle Köpfe zeigten in Richtung des Toten, bei welchem Alex gerade noch gestanden hatte.
Das hatte sie ja gut hinbekommen, aber wir erfuhren wenigstens noch seinen Namen. Geralt Montegue! Einer der engen Vertrauten des Dukes of Ironside! Das würde noch ein Nachspiel haben, der Duke war ziemlich nachtragend, wie ich ja jetzt zu spüren bekam.
Mit einem Male drehte sich Alex um und verschwand schnellen Schrittes Richtung Kapitäns-Kajüte.
Jetzt reichte es mir und ich eilte ihr hinterher, gerade rechtzeitig bevor sie wieder verschwinden konnte, knallte ich die Tür lautstark hinter mir zu.
Sie hatte bereits einige Schriftstücke, Bücher und das Logbuch in eine Tasche gepackt! Ich packte sie bei den Schultern und schüttelte sie.
„Sag mal... was in drei Teufels Namen... Alex... WAS IST IN DICH GEFAHREN!“
Ihr nächster Satz brachte mich in Versuchung ihr eine Ohrfeige zu verpassen!
„Kannst du dir das nicht denken?“ dieser schnippische Ton mit diesem Grinsen war... ich atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen.
Ich fragte also nach, was sie gedachte mit der gegnerischen Mannschaft zu machen.
„Die werden in die Beiboote gesetzt und können zurückrudern. Was dachtest du? Wir geben ihnen etwas Proviant mit, der Rest davon geht auf die Jackdaw und wir sollten die Ladung noch kurz inspizieren!“
Für den Bruchteil einer Sekunde huschte so etwas wie Erkenntnis über ihr Gesicht, doch dann war es verschwunden und sie drängte sich an mir vorbei, hinaus aufs Deck.
Schwer atmend stand ich immer noch hier und versuchte diese Frau nicht zu verfluchen, doch es fiel mir schwer, sehr schwer!
Als ich sicher sein konnte, dass ich Alex nicht mehr wehtun wollte, ging ich ebenfalls aus der Kajüte.
Man hatte mittlerweile die Beiboote klar gemacht und den Proviant verteilt. Der restliche Teil ging wie sie sagte auf die Jackdaw und damit begab sich meine Verlobte wieder auf ihr Schiff.
Es war seltsam sie so zu sehen, es war wirklich nicht sie alleine die handelte. In diesem Moment stieg eine gewisse Trauer und auch wieder Eifersucht in mir hoch, Alex und mein Vater verband mehr, als sie sich eingestehen wollten oder konnten.
Als ich dann ebenfalls wieder auf der Jackdaw war, ließ Alex die Iron Duke versenken! DAS war etwas, was ich durchaus begrüßte, dann konnte ich sicher sein, dass mir dieses Schiff nicht noch einmal über den Weg segeln würde!
Wir sahen in aller Seelenruhe zu, wie die Fregatte langsam sank und als sie vollends verschwunden war, schnappte ich mir meine Verlobte und zog sie hinter mir her in ihre Kajüte! Ich wollte jetzt wissen, warum sie mich nicht in ihre Pläne eingeweiht hatte und warum ich nicht in ihren Geist dringen konnte!
„Nein, du hörst MIR zu! Ich wusste, was ich da tat, ich war nicht alleine. Vergiss das nicht! Ich konnte es regelrecht fühlen, dass es klappt! Und dieser Geralt Montegue war nun wirklich kein Gegner...“ unglaublich, sie verstand nicht, worum es mir ging und wieder musste ich an mich halten und tief durchatmen.
„Verstehst du nicht, was ich meine? Ich hatte Angst um dich! Es hätte sonst was passieren können und du bist einfach ohne Warnung drauf losgestürmt!“ meinte ich jetzt frei raus, aber immer noch wütend!
„Doch, das verstehe ich. Aber ich WUSSTE dass mir nichts passieren wird, Edward war die ganze Zeit dabei! Haytham, ich … kann es dir vermutlich nicht begreiflich machen, doch wenn ich so wie gerade agiere, dann bin ich nie alleine! Vertrau mir bitte!“ kam es jetzt leiser von ihr, ich sah, dass ihr Körper nun zur Ruhe kam und dieser Kampfrausch abebbte, das Ganze ließ einen Menschen erschöpft zurück.
Wie aufgrund einer Eingebung, drehte ich Alex hin und her, um sicherzugehen, dass sie keine Verletzungen davon getragen hatte.
„Ähm... ich bin noch ganz, Haytham. Mir fehlt wirklich nichts. Ich werde nur ein paar heftige blaue Flecken morgen haben...“ kam es jetzt lächelnd von ihr und langsam verging meine Wut auf sie, auch ich beruhigte mich nach und nach! Diese Angst um sie war aber einfach unerträglich und ich sähe es gerne, wenn so etwas nicht noch einmal passieren würde.
Mit diesen Worten zog ich sie zu mir und küsste sie stürmisch, mir war einfach danach! Für einen kurzen Moment hatte ich den Eindruck, wir wären nicht alleine, doch dann war dieses Gefühl wieder verschwunden!
„Und das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, mi amor. Wenn ich an deiner Seite kämpfen soll, dann... wirst du oder besser werden wir uns auf einander verlassen müssen. Deswegen ist unsere Art der Kommunikation so wichtig!“ bei diesen Worten sah ich ihr schlechtes Gewissen förmlich auf mich zuschießen! „Verzeih mir, dass ich dich aber überhaupt nicht beachtet habe. Bei Odin, ich war in einem Rausch und es war mir nicht möglich, auch noch daran zu denken!“
Also hatte sie es jetzt verstanden und das beruhigte mich, dass sie „fast“ von alleine darauf kam. Das wir daran noch dringend arbeiten mussten, sagte ich, als sie in meinen Armen lag und wir uns wieder beruhigten.
„Ich sollte jetzt mal nach den Schäden schauen und überlegen, wie weit man sie hier auf offener See beheben kann.“
Achja, daran hatte ich für einen Moment nicht mehr gedacht, ich ging aber davon aus, dass man die Jackdaw sicherlich erst einmal notdürftig flicken konnte mit dem Holz welches für solche Fälle mit an Bord war.
Einen Seitenhieb bekam sie aber doch noch von mir, ich fragte nach, ob sie nicht vielleicht noch Lust hätte ein Kriegsschiff anzugreifen! Dafür erntete ich ihren spitzen Ellbogen in meiner Seit und musste lachen, es war eine Geste, welche sie des öfteren machte um mich zu maßregeln.
„Nein, keine Sorge. Mein Bedarf an Kämpfen ist fürs erste gedeckt, ich hätte jetzt lieber ein warmes Bad und … dich“ kam es dann plötzlich hochrot von Alex. Bis auf das Bad konnte ich ihr sicherlich behilflich sein und wir spürten diese Lust in uns aufkeimen. Zu mehr kam es aber nicht, wie sollte es anders sein.
Es war Mr. Hargreaves, welcher Bericht erstattete.
„Mrs. Frederickson, wir konnten jetzt die beschädigte Sektion abschotten und notdürftig flicken. Die restlichen Schäden werden gerade provisorisch behoben. Ihr braucht euch also keine Gedanken machen, wir werden den Rest der Überfahrt sicher überstehen!“
Das hörte sich gut an und wir konnten uns auf seine Meinung verlassen, während des ganzes Kampfgeschehens, hat er mehr als sein Bestes gegeben und geholfen, wo es nur ging! Wir hatten mit ihm als ersten Maat und Rudergänger die richtige Wahl getroffen! „Danke Mr. Hargreaves für die Information, ich hätte mich sonst auch selber davon überzeugt! Wie geht es der restlichen Mannschaft und euch? Ich hoffe, es gibt keine schwereren Verletzungen?“ erkundete sich Alex jetzt nach ihrer Mannschaft.
Leider hatten wir 4 Tote zu verzeichnen, welche nun heute Abend der See übergeben werden sollten.
Als es bereits dunkel geworden war, standen wir alle an Deck und gedachten der Toten. Alex neben mir liefen die Tränen die Wangen hinunter, ich legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie näher zu mir!
In ihrem Geiste hörte ich die Worte, welche sie gerade als Gebet für die Verstorbenen sprach und ich würde sie hier gerne weitergeben, weil ich sie sehr schön getroffen fand.
Ich trinke auf euch, all ihr Hohen,
in Asgard, in Wanenheim, in den heiligen Bergen
und in den Grabhügeln!
Möge euer Segen Midgard erfüllen, und mögen eure Namen
]auf immer erinnert sein:
Odin und Frigg, Thor und Sif,
Freyr und Freya, Tyr und Eir,
Njörd und Nerthus, Balder und Nanna,
Ull und Skadi, Heimdall,
Forseti, Fulla - und auch Loki, der für sein
Lachen gepriesen sein soll,
solange seine Lippen der Lüge verschlossen bleiben.
All ihr Alben, Idisen und Landgeister,
gebt Heil und Hilfe, ihr Segensreichen!
Schaut wohlwollend auf diese Männer und
erleuchtet Ihnen den Weg,
auf dem sie wandern,
es ist der Weg ihrer Ahnen.
Mir wurde plötzlich ihre tiefe Verbundenheit mit den nordischen Göttern und ihre skandinavische Herkunft bewusst. Ich will nicht sagen, dass dies übermächtig war, doch es war tief in ihrem Glauben und Leben verwurzelt. Beizeiten würde ich gerne mehr von ihr darüber hören, auch jetzt wurde mir klar, dass ich ihr gerne zuhörte, wenn sie sprach und Geschichten erzählte!
Es war dann unser erster Maat, welcher ein paar Worte für die toten Männer sprach, er kannte sie besser als wir. Danach gab Alex die Rumvorräte frei für die Nacht, aber mit dem drohenden Unterton es nicht zu übertreiben! Und schon eilten die ersten Herren mit vollen Krügen umher und ich musste leicht lachen, es war klar gewesen, dass sie nicht unbedingt auf diesen Befehl hören würden.
Wir gingen hinunter in die Messe um noch etwas zu Abend zu essen und wir konnten noch ein paar ruhige Worte mit den hier sitzenden Männern wechseln. Durch die Bank weg waren sie alle froh, dass dieser Kampf so glimpflich ausging und nicht noch mehr passiert war.
Mit einem Male sah Alex mich an und fing an ohne Pause zu reden.
„Und wer ist dieser Montegue? Wie hängt der mit dem Duke of Ironside zusammen? Was passiert jetzt eigentlich, wo die HMS Iron Duke versenkt ist?...“
Also erinnerte ich sie daran doch eine Frage nach der andern zu stellen und doch bitte auch zwischendurch Luft zu holen.
„Könnte ich, wenn ich nicht so neugierig wäre!“
DAS war so klar! Ein Crewmitglied meinte kumpelhaft in meine Richtung, ich solle mich daran gewöhnen, es seien halt Frauen! Ich war versucht ihn zu rügen, ob dieser doch sehr anzüglichen Art, doch ich beließ es einfach dabei.
Der Tag war anstrengend genug, also gingen Alex und ich in ihre Kajüte, nachdem sie noch Wein aus ihren persönlichen Vorräten geholt hatte.
Für einen Augenblick stand ich am Kartentisch und starrte auf die Unterlagen, welche wir von der HMS Iron Duke retten konnten. Doch meine Gedanken kreisten plötzlich um ihren neuen Kampfgeist, dass Alex die Assassinen ohne zu fragen angegriffen hatte. Es waren ja schließlich ihre Brüder und Schwestern, sie gehörte im Grunde ja noch der Bruderschaft an, wenn man es genau nahm. Darauf angesprochen sah sie mich ertappt für einen kurzen Moment an.
„Ich... habe nicht darüber nachgedacht... es ging um unsere Sicherheit und um mein Schiff! Was hätte ich tun sollen? Diese Meute hat ja auch ohne zu fragen angegriffen!“ aber sie war noch Assassine, daran sollte sie denken! „Das mag sein, aber... nicht wirklich MEINE, ich habe mit diesen Bruderschaften nichts am Hut. Sie sind mir völlig fremd!“
Dann brach Chaos in ihrem Gesicht aus!
„Bei Odin, ich habe ohne zu denken gehandelt!“
Darauf wollte ich unter anderem auch hinaus und ich fand es befreiend, dass sie selber darauf kam.
„Ja, das hast du und das ist heute noch einmal gut ausgegangen, doch in Zukunft darfst du nicht so unbedacht Entscheidungen treffen. AUCH wenn sie von meinem Vater kommen! Was mich aber erstaunt hat und da bin ich doch sehr stolz auf dich, du hast dich gegen eine Männerfront durchgesetzt mit einer Art, die dir wirklich steht. Sogar ich war kurz drauf und dran zu salutieren!“ ich musste es einfach loswerden und bekam ein Lachen zurück, Alex hatte sich selber über sich erschreckt. Man hätte auch meinen können, sie sei in ihre Templerart gefallen! Ich fragte nach, wie sie sich dabei gefühlt hat, es interessierte mich wirklich!
„Gut, es war... befreiend und es fühlte sich völlig natürlich an. Haytham... habe ich heute den Grundstein für meine Entscheidung dem Orden beizutreten, gelegt?“
Das hatte sie definitiv, doch ich sah ihre Gewissensbisse. Ich würde in jedem Falle hinter ihrer Entscheidung stehen und mit diesen Worten nahm ich sie erneut in den Arm!
Jetzt war es aber an der Zeit, ihre Fragen von vorhin zu beantworten.
Kapitän Montegue war dem Duke of Ironside treu ergeben, da gab es nichts dran zu rütteln, doch auch Alex hatte es schon bemerkt.
In den Kolonien wollte er diesen Zweig der britischen Bruderschaft etablieren, was jedoch immer wieder daran scheiterte, dass man sich mit den Indianern anlegte. Die Assassinen gingen nicht behutsam, sachlich und ruhig vor, sondern mit strenger Hand, Morden und Foltern wenn nötig!
Der Duke of Ironside selber hatte sich damals in Philadelphia niedergelassen und überwachte von dort alles. Bisher war es uns nicht gelungen, näher an ihn heran zukommen. Er ließ sich bewachen und zeigte sich nur selten in der Öffentlichkeit, eine seltsame Angewohnheit, welche man nur von jemanden kannte, der um sein Leben bangte.
Auf meiner Fahrt von Frankreich wieder in die Kolonien vorletztes Jahr, wurden wir von eben dieser Fregatte verfolgt und man versuchte uns zu versenken. Doch der Kapitän und die Mannschaft schafften es, sich zu wehren und die Iron Duke musste sich geschlagen geben! Dieses Handelsschiff auf welchem ich eine Passage gebucht hatte, führte teure Waren mit sich, das wusste ich. Der Kapitän plapperte unaufhörlich davon, wie wichtig doch diese Truhen seien und das er stolz war, so etwas überhaupt transportieren zu dürfen. Ein sehr unangenehmer Mensch, wenn ich das so sagen darf, doch ich musste nicht viel Zeit mit ihm verbringen und darüber war ich mehr als dankbar.
„Da sie aber jetzt gesunken ist, gehe ich davon aus, dass der Duke nicht Ruhe geben wird, bis er Rache üben konnte, weil er dadurch hohe Verluste erlitten hat, was die geschmuggelten Waren angeht. Ich vermute einfach mal, dass noch mehr Sachen an Bord waren, welche aber nicht schriftlich benannt wurden.“ mit diesen Worten beendete ich meine Erklärung.
„Und er hat ein Schiff verloren. Aber ich gehe davon aus, dass er durchaus noch mehrere sein Eigen nennt. Wer schmuggelt, braucht mehrere Transportmöglichkeiten.“ warf Alex jetzt ein und davon mussten wir einfach ausgehen. Ich hoffte, wir würden nicht allzu früh diese Rache zu spüren bekommen.
„Man kennt mich anscheinend schon, laut des Kapitäns bin ich die freche Templerhure an deiner Seite!“ bei diesen Worten stieg wieder eine Wut in mir hoch, welche schwer war zu kontrollieren, niemand würde meine Verlobte so beleidigen!
Ich versuchte es ein wenig herunter zuspielen mit den Worten, dass ihr ihr Ruf vorauseilte und das ja auch etwas Gutes hatte. Wäre ich jedoch dabei gewesen, wäre Master Montegue noch schneller bei Davy Jones gewesen!
„Haytham, ich will dem Orden beitreten!“ diese Worte vernahm ich, konnte sie aber nicht aufnehmen, wie kam sie plötzlich auf diesen Gedanken? Sie wollte JETZT beitreten? Für einen Moment starrte ich Alex vermutlich ziemlich dümmlich an, weil ich nicht wusste, ob sie es wirklich ernst meinte.
„Es ist mein Wunsch, ja. Nicht jetzt und hier, ich weiß, dass das nicht so ohne Weiteres geht. Aber in baldiger Zukunft will ich es! Mir wird gerade klar, dass ich mit den hiesigen Assassinen anscheinend nichts gemein habe. Sie verfolgen eine andere Art Lehre oder Credo, die ich nicht so verinnerlicht habe. Ich kann mich viel besser mit den Ordenslehren anfreunden.“ mir fehlten gerade die Worte und das sagte ich auch.
„Haytham, du brauchst nichts sagen. Nur so kann ich mit dir zusammenleben, nur so kann ich meine Ziele und Arbeit fortsetzen. Und... es ist nicht nur wegen dir, es ist auch wegen Faith. Sie hat mir damals einmal gesagt, es ist eine Entscheidung des Herzens und keine der Epoche, weil ich vor Jahren noch hin- und hergerissen war zwischen diesen Jahrhunderten. Jetzt bin ich aber hier und merke, dass ich mit diesen Bruderschaften wenig gemeinsam habe. Meine Ansichten ähneln denen des Ordens in dieser Zeit HIER!“
Es hörte sich so an, als würden sich die Ansichten, die Grundzüge, ja sogar die Strukturen im Laufe der Jahrhunderte ändern und immer wieder angleichen an gewisse Situationen. Das gab mir die Hoffnung wieder, dass eine Einigung und ein Waffenstillstand durchaus möglich wäre, wenn man es gezielt und auch plausibel darlegte!
In mir breitete sich ein wohliges Gefühl aus, etwas euphorisches würde ich sagen. Wir könnten es schaffen, gemeinsam und Alex könnte ihre Arbeit in diesem Bezug weiterführen!
Enthusiastisch hob ich sie hoch und setzte sie vor mir auf den Kartentisch! Ich ließ meinen Gefühlen einfach freien Lauf und fing an sie voller Verlangen zu küssen und... es klopfte an der Tür!
Mr. Hargreaves bat um Einlass und berichtete, dass wir schon jetzt weitersegeln sollten. eine Schlechtwetterfront zöge im Osten auf und es wäre besser, wenn wir bevor sie auf uns traf, in der Nähe der Küsten wären.
Alex gab ihm freie Hand, aber ich wusste, die Mannschaft wäre nicht begeistert von dieser Unterbrechung, sie waren immer noch dabei, die Toten zu betrauern und entsprechend dem Rum zu frönen!
Der erste Maat ging mit einer tiefen Verbeugung hinaus und meine Verlobte ging hinüber zum Bett und ließ darauf fallen mit einem herzhaften Gähnen.
Du meine Güte, ich musste wohl sehr einschläfernd auf sie wirken, gab ich gespielt maulig von mir und grinste auf sie herab.
„Nein, eigentlich nicht, aber... es war ein langer ereignisreicher Tag und auch die letzten waren nervenaufreibend. Verzeih mir, mi amor. Ich bin nur wahnsinnig müde auf einmal.“ kam es immer noch gähnend von Alex.
„Dann sollten wir für ausreichend Schlaf sorgen, damit du noch die ein oder andere Lehrstunde bekommst und auch verinnerlichst. Ich will dich wach haben, damit du es behältst, Mrs. Frederickson!“ Und das meinte ich durchaus ernst und als wir das nötigste an Kleidung und Waffen abgelegt hatten, legte ich mich hinter meine Verlobte und schlang meine Arme um sie.
„Ich liebe dich, Haytham!“ hörte ich ihre leise schläfrige Stimme und sagte, dass ich sie auch liebe!
Am Morgen nach der Schlacht mit der Fregatte, konnte Alex sich kaum bewegen und ich sah, dass sie wirklich überall blaue Flecken hatte. Sie ließ sich aber nichts anmerken und biss die Zähne zusammen.
Diese Tage an Bord der Jackdaw waren ein wenig wie eine Lehrstunde im Kennenlernen. Wir mussten uns noch annähern, wir kannten uns noch nicht wirklich. Ich muss gestehen, ich kannte Alex vermutlich besser als so manch anderer Herr, doch das betraf die Dinge, welche wir im Bett taten. Ihre Persönlichkeit, ihre Art im Alltag oder auch einfach ihre eigenen Gepflogenheiten kannte ich nicht wirklich. Umgekehrt ging es ihr nicht anders, aber ich ertappte mich immer wieder dabei, dass ich es Alex leichter machen wollte. Auf der anderen Seite hatten wir ab jetzt genügend Zeit für dieses tiefe Kennenlernen und ich freute mich immer noch wie ein kleiner Junge!
Alex begann nun auch, mir von ihrer Zeit zu berichten, als sie wieder daheim war. Sie beschrieb wie sie mal eben nach Russland „geflogen“ sei, mit so einem Metallvogel wie aus meiner Vision damals, oder dass sie in Finnland war für ein paar Tage.
Und wieder wünschte ich mir, ich könnte das alles mit eigenen Augen sehen und wäre dabei gewesen! Heute sah sie mich plötzlich fragend an und stand dann auf.
„Du wirst jetzt einen kleinen Einblick in mein Leben bekommen.“ war das einzige was sie sagte, ging zu ihrer gesicherten Truhe und holte diesen kleinen schwarzen Kasten heraus. Damit setzte sie sich zu mir wieder aufs Bett.
Alex drückte auf einen Knopf und dieses Ding leuchtete plötzlich und machte komische Geräusche, sie selber kicherte, als sie meinen erstaunten Gesichtsausdruck sah.
Dann zeigte sie mir Bilder von ihrer Wohnung, oder auch von ihrem Sohn und dessen Freundin. Oder auch von einer Feier, Halloween nannte sie es, bei Rafael! Als ich sie darauf ansprach, dass sie sehr beengt gewohnt habe und ja kaum Platz da war, sah sie mich ihrerseits überrascht an.
„Also mir hat es gereicht, ich musste es ja auch alleine sauber halten, Haytham. Vergiss das nicht.“
In meinen Augen immer noch unverständlich, wie soll man das völlig alleine alles schaffen? Alex erwähnte Geräte, welche ihr einige Arbeiten abnahmen, wie das Geschirr spülen zum Beispiel oder die Wäsche waschen.
„Damit ist es dann schon zu schaffen, aber man braucht trotzdem eine gewisse Disziplin und Struktur, sonst klappt es nicht.“ Worte einer wahren Templerin und das sagte ich auch so.
An manchen Tagen konnte ich ihre Launen dann erleben, umgekehrt war es nicht anders. Es war halt etwas beengt hier und es war kalt, bitterkalt muss ich mir selber eingestehen und ich freute mich auf die Wärme im Fort Arsenal!
Doch Nachts genoss ich ihre Nähe, ihren Körper und die Wärme, auch wenn wir nicht immer über einander herfielen. Ich erwähnte es ja schon, der Winter war unerbittlich!
Heute endlich legten wir beim Fort Arsenal an und ich war mehr als dankbar dafür, wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren zu können.
Gerade als wir von Bord gingen, eilte uns schon Christopher entgegen und begrüßte uns hektisch mit den Worten, wir seien wie gerufen gekommen. July sei schwer krank, es ginge ihr immer schlechter und Faith hätte sie nicht eine Minute seitdem mehr aus den Augen gelassen.
„Master Gist, ganz langsam... WAS ist hier los...?“ fragte Alex völlig irritiert, doch antworten konnte Master Gist nicht mehr, Shay war ebenfalls schon hierher geeilt!
„Alex, ich bin so froh, dass ihr wieder hier seid. July ist erkrankt und Faith hat die Medizin an dieses Blag gegeben... jetzt liegt meine Tochter im Sterben...“ meinte der Ire außer Atem und ich konnte Alex gerade noch halten bevor ihre Beine unter ihr nachgaben. Das waren Neuigkeiten, welche man nicht gleich bei der Ankunft erfahren möchte!
„Shay... was hat Faith getan? Ihr hattet doch eine ausreichende Dosis... warum?“ anstatt einer Antwort, zog Shay sie einfach hinter sich her mit den Worten
„Ihr werdet es sehen und ich hoffe, ihr könnt noch etwas tun. Faith weicht July seit Tagen nicht von der Seite und ist völlig geschwächt und ebenfalls kaum ansprechbar... ich weiß nicht mehr weiter!“ und ich folgte den beiden, nachdem ich Anweisungen für die Mannschaft gab, sich Unterkünfte bis auf weiteres zu suchen!
In der Eingangshalle wurden wir kalt von Master Williams begrüßt, was ich aber überging und einfach Shay nach oben folgte.
Dann standen wir im Kinderzimmer und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Meine kleine Schwester saß auf dem Fußboden, blass mit tiefen Augenrändern und ihr Mann kniete neben ihr. Maggie hatte July auf dem Arm, welcher es besser zu gehen schien... ich verstand gerade gar nichts, ich nahm lediglich eine leises „Danke Freya!“ von Shay wahr.
Bei Gott, was war hier bitte alles geschehen? Doch eine Erklärung erhielten wir nicht, stattdessen verließen wir alle das Zimmer, nachdem meine kleine Schwester den Kindern noch eine gute Nacht gewünscht hatte.
Master Williams, Shay und ich gingen schon einmal hinunter, Alex wollte noch auf Faith warten. Einer Eingebung folgend blieben wir aber am Fuße der Treppe stehen und gerade als ich fragte, was passiert war, erschienen Alex und Faith auf dem Absatz und kamen hinunter.
Es war nur ein Bruchteil einer Sekunde, doch wir sahen alle, wie Faith die Augen plötzlich verdrehte, Alex ihr noch zurief, sie solle aufpassen und Shay und Lucius konnten sie gerade noch auffangen.
Man trug sie wieder hinauf ins Schlafzimmer und brachte sie ins Bett, wo sie jetzt schweißnass und schwer atmend lag.
In einem Ton, welcher keine Widerworte duldete, fragte Alex, was hier passiert sei. Doch auch der Ire druckste nur herum. Dann schrie sie ihn schon fast an mit den Worten „Shay... SPRECHT!“
Und er antwortete, aber sehr leise.
„Anscheinend hat Freya ihr die Krankheit von unserer Tochter gegeben!“ … Freya? Was hatte diese Göttin nun damit zu tun?
„Wo sind die Medikamente die ich euch gab?“ kam es mit einem bösen Tonfall von Alex. Als Shay nun erzählte, dass nur noch diese Schmerzmittel vorhanden seien, trat in die Augen meiner Verlobten ein alarmierter Ausdruck.
Faith hatte Cillian das Medikament für July gegeben, somit war kein Vorrat mehr vorhanden und jetzt verstand ich auch, warum Master Cormac so zornig war.
Meine Verlobte bat dann auf einmal einen der Diener, eine Tasche von Bord der Jackdaw zu holen, auf welcher ein rotes Kreuz war. Ich würde sie später darauf ansprechen, was es damit auf sich hatte.
Sie saß weinend auf der Bettkante und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wir konnten eigentlich nur beten und hoffen, dass es nicht schlimmer wurde. Meine Hand lag nach wie vor auf ihrer Schulter und ich versuchte sie so ein wenig zu beruhigen.
Alex setzte sich jetzt ganz auf das Bett und wechselte in einem fort die kalten Tücher, damit das Fieber nicht noch mehr stieg.
Dann endlich erschien der Diener mit der besagten Tasche und sie wühlte nervös darin herum. Ein erfreuter Aufschrei und sie hielt triumphierend ein kleines Glasfläschchen in die Höhe.
Dann nahm sie so eine Spritze, wie sie mir erklärte, und zog das Mittel auf. Bevor sie uns aber bitten konnte, wir mögen uns umdrehen, taten wir es schon, dieses Medikament wurde in den Allerwertesten verabreicht. Wie es DA wirken sollte entzog sich mal wieder meiner Kenntnis, doch ich war ja auch kein Arzt!
Kurz erklärte sie nun, dass noch 6 weitere Dosen verabreicht werden müssen, alle 6 Stunden ungefähr, dann sollte es überstanden sein. Das beruhigte uns alle ein wenig, auch wenn man immer noch diese tiefsitzende Angst verspürte.
„Shay, was war bitte hier los in den letzten Tagen. Ich meine, ich kann es mir jetzt so langsam denken, aber ich will es genauer wissen!“ fragte Alex mit Tränen in den Augen und strich Faith eine Strähne aus dem schweißnassen Gesicht.
Gerade als der Ire antworten wollte, fing Faith an zu reden und Alex´ Blick deutete uns, wir mögen bitte hinausgehen. So gingen wir drei nun hinunter in den Salon und die ganze Situation war mehr als angespannt.
Lucius war mir immer noch nicht wohlgesonnen und Shay, ja mit ihm hatte ich noch ein Hühnchen zu rupfen, wegen seines unerlaubten Verschwindens! Er ließ aber nur den Kopf in seine Hände gleiten und atmete schwer, als er wieder hoch sah, merkte ich, dass er eigentlich etwas sagen wollte.
„Master Cormac, was war hier los? Man kann die Anspannung förmlich spüren hier!“ meinte ich jetzt fordernd.
„So wie es aussieht, hat sich meine Tochter bei dem Blag von Caroline angesteckt!“ kam es in einem so schnippischen Ton von ihm, welchen ich mir eigentlich verbiete.
„DAS haben wir schon verstanden und weiter? Das wird ja nicht alles gewesen sein.“
Er erzählte, dass alles ein wenig ruhiger wurde, als er wieder hier war. Nur kam er nicht wirklich mit Cillian zurecht, man setzte ihm Liam in klein vor die Nase, was ihn immer wieder an seine Tat erinnerte. Diese Wut konnte ich nachvollziehen, auch mir würde so etwas schwer fallen zu akzeptieren!
Als der Junge dann aber krank wurde, hatte er Faith immer wieder verboten das Medikament, welches für July angedacht war zu nutzen. Doch irgendwann sah seine Frau keinen anderen Ausweg mehr und verabreichte ihm doch die Spritzen. Er erholte sich schnell, doch kurz darauf wurde seine Tochter krank, obwohl sie eigentlich nicht in die Nähe des Kranken gekommen war! DAS war tatsächlich etwas seltsam, aber ich hoffte, würden wir dafür bald eine Erklärung bekommen.
Ab diesem Zeitpunkt wich Faith keinen Millimeter von der Seite ihrer Tochter, was zum einen löblich war, doch auch ihre Gesundheit litt darunter.
Kurz bevor wir dann alle hier im Kinderzimmer standen, schien mal wieder einer der Vorläufer oder in diesem Falle die Göttin Freya eingegriffen zu haben und hatte meiner kleinen Schwester dieses Scharlach übertragen, damit July überlebte. Deswegen lag sie jetzt krank im Bett!
Wir zogen uns dann aber alle drei für eine kurze Zeit zurück, ein wenig Schlaf sollten wir alle bekommen. Mrs. Marge teilte mir dann noch mit, dass meine Verlobte bei Faith blieb und sie sie in zwei Stunden wieder wecken sollte.
Etwas zerknirscht ging ich in unser Gästezimmer und versuchte in den Schlaf zu finden, doch es wollte nicht so recht gelingen. Immer wieder geisterten mir Bilder von einer immer kränker werdenden Faith im Kopf herum und diese ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Es muss gegen drei gewesen sein, oder auch etwas später, als ich dann aufstand und ich mich wieder anzog. Auf der Galerie traf ich auf die anderen beiden Herren und wir beschlossen, einen Blick auf die Patientin zu werfen. Gerade als wir eintraten, hörte ich noch
„... was du nicht brauchst und schon gar nicht darfst, Faith Cormac!“ in einem harschen Befehlston von meiner Verlobten. Da schien es Faith wohl doch schon besser zu gehen.
Shay und Lucius standen nun an ihrem Bett und begutachteten sie eingehend. Für meine Begriffe sah sie tatsächlich etwas besser aus. Natürlich noch blass, aber nicht mehr in Schweiß gebadet.
Neben mir stand Alex und hielt meine Hand, als ich fragte, was als nächste passierte, erklärte sie mir, dass noch 5 weitere Spritzen anstehen würden. Wir mussten abwarten, was dann geschah, doch man sah, dass dieses Medikament gut anschlug und ich muss gestehen, dass ich darüber doch mehr als froh war.
Dann stand Master Williams vor uns und bat uns, ihm zu folgen. Über Alex Gesicht huschte ein ängstlicher Blick gefolgt von einem „Muss das jetzt sein“ Ausdruck.
Wir gingen gemeinsam hinunter in Shays Arbeitszimmer, Lucius schloss hinter uns die Tür und bat uns Platz zu nehmen. Und er kam auch gleich auf den Punkt!
„Master Kenway! Ihr wisst, ich bin nicht glücklich mit dieser neuen Konstellation, die ihr und meine Tochter getroffen habt. Und ich weiß, ich hatte die Verlobung lösen lassen, doch... es widerstrebt mir immer noch, dass ihr und auch Faith so einfach VOR meiner offensichtlichen Entscheidung über meinen Kopf hinweg bestimmt habt.“
Mir lag auf der Zunge, dass er ja nicht anwesend war und wir alle davon ausgehen mussten, dass er verstorben sei, weswegen wir ihn auch schlecht hätten fragen können! Doch bevor ich etwas sagen konnte, funkelte er Alex giftig an, welche nun wirklich am wenigsten dafür konnte. Nunja, ein wenig war es schon ihre Schuld, aber das brauche ich sicherlich nicht auch noch ausführen.
„Mrs. Frederickson, ihr wollt also Master Kenway ehelichen? Warum, wenn ich fragen darf?“ in diesem Moment spürte ich, wie Alex sich verschloss und sich im Geiste zurückzog, ihre Ruhe strahlte plötzlich auch auf mich ab.
„Weil ich ihn liebe und gelernt habe, was es heißt, Kompromisse einzugehen!“ knappe Worte und ich wusste, mehr würde sie ihm nicht erlauben zu erfahren, vorerst nicht!
„Ihr seid Assassine, wie soll das gut gehen? Für ein paar Monate wird es sicherlich funktionieren und dann? Es wird immer eine Barriere, ja gar eine Mauer geben, welche ihr nicht überwinden werdet.“ das fragte ausgerechnet ER?
Wie hatte sich Lucius bitte seine Ehe damals vorgestellt? Ich tat meinen Gedanken kund und erntete einen bösen Blick, welcher mich aber nicht mehr in Angst und Schrecken versetzte.
„DAS waren andere Zeiten, Master Haytham, denkt ihr nicht?“
Natürlich dachte ich nicht so, die Zeiten ändern sich, das ist richtig, doch die Liebe zu einem Menschen bleibt bestehen. Neben mir merkte ich, wie Alex eine Augenbraue anerkennend hochzog. Ich stand für sie und mich ein, machte klar, dass wir zusammengehörten. Egal ob es den Leuten nun passte oder nicht!
Plötzlich erschien, im wahrsten Sinne des Wortes, mein Vater wie aus dem Nichts und Master Williams sah ihn ungläubig an. Diese Reaktion hatte Vater ebenfalls bei mir hervorgerufen und ich vermutete auch bei Alex damals.
Ohne Umschweife, wie es immer seine Art war, stellte er Lucius jetzt zur Rede und ich sah mich als 9 jährigen Jungen wieder vor ihm. Diese Art schlug er immer an, wenn wir etwas „zu bereden“ hatten!
„Master Williams! Wovon reden wir hier gerade? Ihr urteilt über meinen Sohn und seine Entscheidungen! Wer bitte gibt euch das Recht dazu?“ der angesprochene Herr stammelte nur vor sich hin, bekam aber auf seine Frage, wie das möglich sei, keine Antwort. Im Gegenteil!
„Ich warte auf eine Antwort! Und glaubt mir, ich weiß, dass Haytham wie ein Sohn für euch ist und auf eine gewisse Weise freue ich mich für ihn. Doch es gibt euch nicht das Recht, über seinen Kopf hinweg zu entscheiden. Nicht EUCH und auch nicht Lady Melanie.“ Vaters Tonfall nahm bedrohliche Züge an und ich duckte mich leicht aus Gewohnheit.
„Bei allem Respekt, aber es geht hier um weit mehr als nur zwei Menschen, die sich lieben. Hier geht es um...“ wieder konnte er nicht aussprechen!
„Genau darum geht es in diesem Moment, Lucius. Und die beiden wissen darum! Mrs. Frederickson und Haytham sind darauf vorbereitet! Und denkt für einen Moment daran, wie eure Mutter auf Liz reagiert hat damals! Sie war alles andere als begeistert, möchte ich meinen! Und mein Sohn wird diese Frau hier heiraten, ob es euch nun passt oder nicht! Meinen Segen habe ich den beiden bereits vor langer Zeit gegeben. Ich habe Mrs. Frederickson nicht ohne Grund meinen Sohn anvertraut. Sie wird an seiner Seite stehen, egal was es kostet!“ Vaters Atem ging schwer und ich wusste, er riss sich zusammen um nicht lauter zu werden und aus der Haut zu fahren!
„Das verstehe ich nicht, wie könnt ihr euch so sicher sein, dass sie die Richtige für euren Sohn ist?“
Master Williams wusste von Faith, dass Alex aus einer anderen Zeit stammte, doch wie viel sie ihm im Detail berichtet hat, entzog sich meiner Kenntnis. Wir mussten aber auch nichts weiter sagen!
„Sie ist mir im wahrsten Sinne des Wortes in Nassau damals vor die Füße gefallen und von da an hatten wir eine gewisse Verbundenheit, die bis heute anhält. Dank dieser Götterähnlichen Wesen ist es mir deshalb auch möglich, sie zu leiten und ihr in Kämpfen beizustehen. Ja, sie hat noch zu lernen, dieses Jahrhundert ist nicht einfach zu meistern. Doch sie ist willensstark und weiß, was sie tut. Und bedenkt, Master Williams, Alex ist diejenige die für eure Tochter alles tun würde und gerade jetzt auch wieder alles tut!“
Wieder wurde mir bewusst, dass die Verbindung zwischen den beiden etwas ganz eigenes unerklärliches war, doch es war wieder diese Eifersucht, die sich einen Weg bahnte in mir!
„Dann werde ich wohl mit dieser Entscheidung leben müssen. Genauso, wie ich einfach Master Cormac als Schwiegersohn vorgesetzt bekommen habe. Verzeiht mir, wenn ich damit noch so meine Probleme habe. Haytham, ihr wisst, dass wir euch nichts Böses wollen. Im Gegenteil, gerade mir lag am Herzen, dass ihr, ebenso wie ich, eine Frau an eurer Seite haben solltet, welche euch gerecht wird und die euch liebt. Und wie ich sehe und mir jetzt eingestehen muss, habt ihr sie bereits gefunden.“
In Lucius Gesicht lag plötzlich so etwas wie Ruhe, ob es nun an Vater lag oder er sich einfach selber im Klaren über seine eigene Ehe wurde, konnte ich nicht sagen.
Er erhob sich langsam und kam um den Schreibtisch herum.
„Mrs. Frederickson, es … tut mir leid, wenn ich die ganze Zeit so schlecht von euch gedacht habe. Ihr müsst umgekehrt aber auch unsere Beweggründe verstehen...“ bei diesen Worten, reichte er Alex die Hand, welche sie etwas irritiert entgegennahm.
„Lucius, sie weiß, warum ihr so reagiert. Und auch ich kann es verstehen, wir sind nicht dumm. Doch es geht hier auch um Vertrauen und... wenn ich das sagen darf, Mrs. Frederickson hat in ihrer Zeit tatsächlich ein Gleichgewicht, einen Waffenstillstand, zwischen Bruderschaft und Orden erreicht. Dass können nicht viele von sich behaupten und ich bin der Meinung, dass sollte man honorieren. Findet ihr nicht?“ sprach Vater mit Stolz in der Stimme und sah zu Master Williams.
Dieser wandte seinen Blick an Alex und fragte stotternd, wie das möglich sei und wie sie das geschafft hätte.
„Master Williams, es war einzig und alleine meiner Hartnäckigkeit und meinem Durchhaltevermögen geschuldet. Und ich habe keine der beiden Seiten verraten, belogen oder betrogen. Mein schlechtes Gewissen verbietet es mir schon. Ich werde das gleiche hier nicht erreichen, dessen bin ich mir bewusst. Aber ebenfalls einen Waffenstillstand oder in einigen Bereichen eine gewisse Zusammenarbeit wäre für beide Seiten von Vorteil. Ohne die wäre ich jetzt zum Beispiel auch nicht HIER! Auch bin ich mir bewusst, dass ich bald eine Entscheidung treffen werden muss.“
In dieser Erklärung erwähnte sie diese Gründe, welche sie auch mir schon dargelegt hatte. Eine Zusammenarbeit war unerlässlich gewesen, nur so war es ihr möglich wieder hierher zukommen.
„Dann lasst mich einen kleinen Anfang machen und euch meinen Segen ebenfalls aussprechen.“ er nahm meine und Alex Hand und legte sie zusammen!
„Ich wünsche euch für die Zukunft nur das Beste und möge sie so verlaufen, wie ihr es geplant habt.“ mit diesen Worten ließ er uns los und reichte Vater die Hand.
„Master Kenway, es ist mir immer noch unheimlich, euch hier wieder zusehen. Doch ich entschuldige mich für mein Verhalten.“ Master Williams hatte einen freundschaftlichen Ton angeschlagen, was mich nicht wunderte, ich ging davon aus, dass auch er zu einer Erkenntnis gekommen ist.
„Ich denke, dass lässt sich einrichten, Master Williams. Aber... höre ich irgendwelche Klagen bezüglich eures Verhaltens oder dem Verhalten eurer Mutter gegenüber meinem Sohn und meiner Schwiegertochter, seid gewarnt, ich kann auch ganz anders...“ sprach Vater jetzt eine nicht ganz ernst gemeinte Warnung aus, jedoch sollte Lucius klar sein, dass ihm Unheil drohte, sollte negatives zu ihm durchdringen!
Ich hörte wie Alex neben mir plötzlich erleichtert seufzte und musste grinsen dabei, mir ging es nicht anders.
Vater schloss uns beide noch in seine Arme und wünschte uns nur das Beste. Auch sollten wir nicht vergessen, dass er immer an unserer Seite blieb. Dann verschwand er wieder in diesem Nebel und Master Williams sah für einen Moment staunend hinterher.
Wir konnten es alle nicht verstehen und gerade als Lucius diesen Gedanken aussprach, flog die Tür zum Studierzimmer auf und eine weinende July rannte auf ihren Großvater zu.
„Opa, Mama und Papa streiten sich schon wieder. Ich habe Angst!“
Er nahm die Kleine auf den Arm und ich sah, wie Alex uns beide anblickte. Wir nickten stumm, sie solle sich darum kümmern, Faith war wie ihre Schwester.
Sie verschwand schnell und ging die Treppe hinauf.
Wir gingen unterdessen mit meiner Patentochter in den Salon und verabreichten ihr Plätzchen, damit sie sich etwas beruhigte. Ich fand es erstaunlich, wie schnell sie sich erholt hatte, doch ich vermutete diese Freya hinter diesem schnellen Genesungsprozess.
Es dauerte nicht lange, da hörten wir irische und schottisch-gälische Flüche und wie eine Tür laut zugeworfen wurde! July erschrak wieder, genau wie ihr Bruder!
Die beiden Streithähne nahmen keinerlei Rücksicht und ich hoffte, dass meine Verlobte eine gute Streitschlichterin abgab.
Vor Wut schnaubend erschien Shay bei uns, nahm sich ein großes Glas Whiskey und ließ sich auf eines der Sofas fallen. Die Kinder trauten sich nicht in seine Nähe, was auch definitiv besser war.
Aber ich ließ es mir nicht nehmen, ihn auf den Streit anzusprechen. Und wieder pöbelte er mich in einer Art und Weise an, die mich wütend machte, auch ging mir wieder die Rüge durch den Kopf, welche er noch zu bekommen hatte!
Dazu war aber sicherlich später noch Zeit.
Also ließen wir den Iren sich einfach beruhigen und widmeten uns den Kindern.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erschien meine Verlobte wieder hier bei uns und ich sah, dass ihr Kleid an der Schulter völlig nass war.
Mit einem bösen Blick auf Shay bat sie ihn unter vier Augen zu sprechen, was er ohne Widerworte akzeptierte und sie mit sich zog. DAS schmeckte mir so gar nicht, niemand behandelt meine Verlobte so grob, auch das kam mit auf die Liste für Shays Rüge!
Jetzt saßen Lucius und ich hier wieder alleine und es breitete sich eine etwas unangenehme Stille aus, welche Master Williams aber durchbrach.
„Haytham, versteht mich bitte. Auch ihr hattet am Anfang dieses Misstrauen und hegtet Zweifel an der Loyalität von Mrs. Frederickson. Ihr kennt sie jetzt besser als ich und ich hoffe wirklich, dass sie den Orden nicht verraten wird.“
In diesem Moment beschloss ich ihn in unsere Pläne, zumindest was den Beitritt in den Orden anging, einzubeziehen.
„Ihr meint, Mrs. Frederickson ist soweit die Bruderschaft hinter sich zu lassen?“ auch ihm erklärte ich nun diese moralischen Zweifel, welche wir Alex noch nehmen mussten und das wäre nur möglich, wenn wir ihr entsprechend entgegen kämen.
„Habt ihr ebenfalls schon Pläne für die anstehende Hochzeit, Haytham?“ natürlich fragte er das und ich gab den März an. Das wir das ganze vorziehen wollten, würden wir in den nächsten Tagen hoffentlich kundtun können.
Zu mehr kamen wir aber nicht, weil Alex wieder im Salon erschien, während Shay die Treppe hinauf ging.
„Fragt mich jetzt nicht, ich kann nur hoffen, dass Shay und Faith eine Aussprache hinbekommen. Und mal ganz im Ernst... WAS bitte war hier in den letzten Monaten los?“ kam es schwer seufzend von ihr und sie ließ sich auf dem Sofa nieder.
Es war an Lucius sie aufzuklären, über alles war auch ich nicht im Bilde.
„Nun, wo soll ich anfangen, Mrs. Frederickson. Ich kam Anfang diesen Jahres hierher zurück, weil es Probleme gab, die Master Lee verursacht hatte. Er war der Verwalter von unserem Anwesen und vom Fort Arsenal, sowie den laufenden Geschäften hier, doch wir wurden beide von ihm enttäuscht, oder Junge?“
Ja, das hatte ich Alex grob erklärt und auch da hatte ich noch etwas zu erledigen mit Charles. Doch jetzt war er erst einmal in England und musste seine Strafe verbüßen!
„Er hat bei einem Spiel in einer Taverne das Haus verspielt und die Geschäfte von Shay und Faith fast in den Ruin getrieben. Wir hatten Glück, dass eine befreundete Familie das Haus von Lady Melanie erworben hat und uns dies mitteilte. Nun, um es kurz zu fassen, ich reiste mit Lady Melanie und meinem Vater hierher und brachte mit den beiden alles wieder in Ordnung. In dieser Zeit hatte Faith ihre Freundin als Zimmermädchen angestellt und Shay bekam den Sohn seines ehemaligen Freundes vorgesetzt. Was habe ich auf Faith eingeredet, die beiden weg zuschicken, aber sie ist genauso stur wie ihre Mutter. Da kann man gleich mit einer Wand reden, die hört wenigstens zu und haut nicht ab, wenn es ihr nicht passt, was jemand zu ihr sagt. Leider ist das eine scheußliche Angewohnheit meiner Tochter, aber das werde ich jetzt nicht noch näher erläutern.“
Diese Bezeichnung mit der Wand traf durchaus auch auf Alex zu und ich sah, wie ihr derselbe Gedanke durch den Kopf ging!
„Auf jeden Fall war mein Schwiegersohn eines Tages mitten in der Nacht verschwunden und eigentlich wollte ich ebenfalls wieder nach London, aber ich blieb auf Bitten meiner Tochter, auch weil sich jemand um die Geschäfte kümmern musste, Faith hat dafür einfach kein Händchen. So vergingen die Monate und ich versuchte für Faith da zu sein, aber außer ihrer Freundin ließ sie keinen wirklich an sich ran. Im September tauchte zu unserem Übel das alte Dienstmädchen wieder auf, warf Faith öffentlich vor, eine Hexe zu sein. Ihr könnt euch denken, wie Faith das Ganze mitnahm und ich musste ihre Aufzeichnungen verbrennen, sonst wäre sie auf dem Scheiterhaufen gelandet. Es war sehr knapp, nur ein paar Minuten später und die Soldaten hätten diese gefunden.“ Diese Zeit muss schlimm gewesen sein, ich kannte sie nur aus den Briefen von Lucius und das las sich schon wie ein Albtraum!
„Danach kam ich an sie gar nicht mehr ran und zum Glück tauchte dann endlich Shay wieder auf. Die erste Woche war noch in Ordnung, doch dann wurde der Junge krank. Faith verbot ihren beiden Kindern mit Cillian zu spielen und keiner außer den beiden Frauen durften zu ihm. Sie nutzte das Mittel, welches für July gedacht war und eigentlich dachten wir alle, dass July die Krankheit nicht bekommen würde, doch drei Wochen später hatte sie es. Faith, sie heulte stundenlang, machte sich Vorwürfe und versuchte alles, um ihre Tochter zu retten. Nun ich kann Shay voll und ganz verstehen, aber ich verstehe auch meine Tochter, warum sie so gehandelt hat. Nun wisst ihr was vorgefallen ist, Mrs. Frederickson!“
Das Ganze jetzt erzählt zu bekommen, hörte sich noch schlimmer an und ich hoffte, dass hier bald wieder Ruhe einkehrte und dass Alex´ Versuch, die beiden wieder zu versöhnen gelungen war.
Ich sah, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen, sie machte sich Vorwürfe nicht hier gewesen zu sein und ich nahm sie kurzerhand einfach in die Arme!
Doch auch Lucius versicherte ihr noch einmal, dass sie keine Schuld träfe, er wisse über ihre Zeitreisen Bescheid!
„Master Williams, dass ihr um meine Herkunft Bescheid wisst, war mir bewusst. Dennoch ist es gerade für mich sehr schwer zu ertragen. Die letzten 3 Wochen seit meiner Ankunft hier sind einfach zu turbulent gewesen und... ich befürchte, es ist noch nicht zu Ende damit!“ damit hatte sie nicht unrecht, ich ahnte auch, dass wir noch lange keine Ruhe haben werden. Jedoch auf anderer Ebene, wie zum Beispiel die Geschichte mit der versenkten Fregatte des Dukes.
Mit der Begründung, dass sie mal nach Faith und Shay sehen wolle, weil der Ire noch nicht wieder hier unten sei, ging sie hinaus. Es dauerte nicht lange, da erschien sie aber mit einem sehr breiten Grinsen wieder im Salon. Auf meine Frage, was los sei antwortete Alex nur.
„Nunja, sagen wir so. Die beiden Streithähne haben sich fürs erste... versöhnt und ihre Differenzen beigelegt. Wir sollten sie jetzt ein wenig... alleine lassen!“ Darauf hätte ich auch selber kommen können und Master Williams musste ebenfalls grinsen und meinte nur „Aha!“
~~
Ich spreche selten Warnungen aus, aber in diesem Falle sollte ich es tun.
Es geht definitiv härter zwischen Alex und Haytham zu im Schlafzimmer!
Wer mit dieser Form der "Aggressionsbewältigung" (in diesem Falle ist es
nichts anderes!) Probleme hat, sollte bitte dieses Kapitel überspringen.
Es hat nichts mit häuslicher Gewalt oder sexualisierter Gewalt im
herkömmlichen Sinne zu tun. Ist auch nur eine "einmalige" Sache!
~~
Die "Haytham Puppe" auf dem Bild ist ein Weihnachtsgeschenk meines lieben Todesengel <3
So verbrachten wir eine Weile hier zusammen, während Alex sich mit Maggie um die Kinder kümmerte und ich noch ein paar Worte mit Lucius wechseln konnte.
Plötzlich tauchte Shay in der Tür auf, mit der Bemerkung, er hole nur etwas zu Essen für seine Frau und verschwand Richtung Küche.
Meine Verlobte wartete nicht lange und ging dann einfach hinauf, Frauen und ihre Neugierde!
Doch es dauerte nicht lange, da erschien sie hier unten wieder und lehnte sich völlig erschöpft an mich und konnte kaum das Gähnen unterdrücken. Als ich ihr sagte, dass sie doch jetzt einfach etwas Schlaf finden sollte, kam ihre Fürsorge für mich wieder durch.
„Ich weiß, aber... ich kann dich doch hier nicht alleine einfach sitzen lassen, mi amor.“
Für eine Weile herrschte ein wenig Ruhe und Master Williams kümmerte sich neben Maggie um July und Cadan.
Mit einem Male sprang meine Patentochter auf und rief laut „Mama, du bist wieder gesund!“ und auch Cadan eilte ihr hinterher.
Doch nicht nur die beiden eilten auf meine kleine Schwester zu sondern auch eine ziemlich wütende Preußin!
Wir sahen alle, dass Faith sich kaum auf den Beinen halten konnte und Maggie und Alex ihr gerade noch so die Kinder abnehmen konnten.
„Was machst du störrisches Weib hier unten, du gehörst ins Bett, verdammt nochmal!“ kam es in einem so kalten Befehlston, dass selbst ich zurückzuckte!
Sie wolle Torte backen... diese Frau war ja noch sturer als meine Verlobte, was vermutlich an dem schottischen Blut lag!
Und wieder kam es eiskalt von Alex! „Du legst dich ins Bett, jetzt sofort!“
Doch es war Lucius der einsprang und die Frauen maßregelte.
Meine kleine Schwester gab klein bei und ging dann mit ihrem Sohn und Alex wieder hinauf, während wir mit July und Shay wieder hier im Salon warteten.
Was für ein hin und her hier herrschte, war dafür, dass wir gerade ein paar Stunden anwesend waren, schon anstrengend.
Ich genoss aber gerade ein wenig die Stille, July saß bei Lucius auf dem Schoß und ließ sich vorlesen. Shay hingegen saß völlig übermüdet am Kamin und ich beschloss, ihn später zurecht zuweisen. Wir sind ja noch länger hier.
Als Wilma ankündigte, dass das Abendessen fertig sei, gingen wir hinüber und mussten nicht lange warten, da erschienen auch Alex und Faith. Sie sah jetzt wieder etwas rosiger aus und nahm neben ihrem Mann Platz.
Auf Alex Gesicht schlich sich während des Essens ein Schleier aus Trauer und ich konnte plötzlich diesen Gedanken von ihr hören. Sie wünschte sich, dass ihre Mutter an der Tafel ihrer Vorfahren saß und auf sie anstieß!
Aber sie wäre nicht meine Verlobte, wenn sie diese trüben Wolken nicht augenblicklich verscheuchen würde. Meine Hand schloss sich leicht um ihre und ich erntete ein warmes Lächeln, sie verstand warum ich das tat.
Das Zubettbringen der Kinder war etwas schwieriger und wir hörten hier unten fröhliches Gekicher und Getrappel! July konnte einfach nicht stillhalten, was nur gerade jetzt etwas schlecht war, da Faith noch nicht wieder ganz auf den Beinen war. Maggie war aber mit hinauf gegangen, da konnten wir sicher sein, sie half tatkräftig mit.
Es dauerte nicht lange, als Faith auch wieder hier unten war, dass meine Verlobte fast im Stehen einschlief. Der Schlafmangel machte sich jetzt, wo sie zur Ruhe kam, bemerkbar. So verabschiedeten wir uns beide für die Nacht und gingen hinauf.
Für einen Moment beobachtete ich Alex, wie sie völlig erschöpft und achtlos ihre Kleidung auszog und einfach auf den Boden warf. Danach ließ sie sich aufs Bett fallen und deckte sich halbwegs zu.
Bevor sie jedoch ganz einschlafen konnte, leistete ich ihr Gesellschaft und fing an meine Finger auf Wanderschaft zu schicken.
Das wurde mit einem knurrenden „Das ist nicht fair, Haytham... ich bin völlig erschlagen.“ quittiert, doch es war mir egal, sie wusste, dass ich in unserem Bett nicht immer fair spielte.
„Und jetzt gib mir einen Kuss!“ meinte ich dann noch und meine Hand wanderte weiter über ihren Bauch zwischen ihre Schenkel und siehe da, so müde schien meine Verlobte doch nicht zu sein. Es war ein behutsames lieben, nach der Kälte auf der Jackdaw und den Tagen ohne ihre Nähe wollte ich Alex genießen. Mit einer geflüsterten Lobpreisung ihrer Götter und meinem Namen auf den Lippen schloss sie mich in ihre Arme und auch ich ließ los.
Langsam zog ich mich zurück und sie an mich heran.
„Haytham, hier hat alles vor ein paar Jahren angefangen!“ meinte Alex plötzlich und ja, das stimmte.
Sie hatte mich gequält und angeschrien, als ich diese Gehirnerschütterung mit den heftigen Kopfschmerzen hatte. Ich ließ es mir nicht nehmen, meine flache Hand auf ihrem Po landen zu lassen.
„Das habe ich gar nicht, ich... aber du...“ Ich musste leise lachen, ihr fehlten tatsächlich die richtigen Argumente und sie war endlich mal nicht so schlagfertig wie sonst.
Doch meine Worte wurden Lügen gestraft! „Männer sind schrecklich, wenn sie krank sind!“ meinte sie gespielt maulig und streckte mir die Zunge raus. „Und du kannst von Glück reden, dass ich die Kissen nicht doch noch zweckentfremdet habe, Haytham.“ kam es leise, ehe sie einschlief.
Ich gab ihr einen Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn und dankte ihr im Stillen für die Fürsorge damals, ich hatte sie nämlich nicht vergessen!
(das Datum stimmt eigentlich nicht für Shay
(12.09.1731, New York), aber ich habe
mich durch das Einbauen der Charaktere
vom Todesengel ein bisschen ihrer Geschichte
angepasst!)
Als ich meine Augen aufschlug, war es noch nicht ganz hell, aber ich spürte, dass ich etwas erholsamer als die letzten Wochen geschlafen hatte. Was nicht zuletzt an meiner Bettnachbarin lag, welche auch plötzlich anfing sich zu bewegen, so als spüre sie, dass ich sie ansah.
Mein Körper griff meinen Gedanken vor und zeigte ihr, dass der Morgen mit einigen netten Aktivitäten beginne würde. Auch meine Stimme war entsprechend rau, als ich Alex auf ihr nachgeholtes Schlafpensum ansprach.
„Ich weiß es noch nicht, aber ich denke, es könnte ruhig noch ein wenig mehr sein, mi amor!“ bevor sie sich jedoch zu mir drehen konnte, fing ich an sie mit Küssen zu bedecken, als dann ohne Ankündigung die Tür zu unserem Zimmer aufgerissen wurde...
Ich seufzte resigniert und leicht wütend! Es waren meine Patentochter und Cadan, beide belagerten jetzt unser Bett und ich wurde von July in Beschlag genommen. Alex half dem Jungen hoch und auch er fing an, uns zu ärgern.
Ich drohte Master Cormac noch eine Predigt an die sich gewaschen hatte, auch meine Verlobte würde Faith sicher noch ein paar Takte dazu sagen!
Doch bevor das Ganze ausarten konnte, schien Alex eine Idee zu haben, stand auf, zog ihr Hemd über und öffnete ihre Truhe. Da meine Patentochter neugierig war, eilte sie hinterher.
„Tante Alex, willst du schon wieder verreisen?“ fragte sie traurig.
„Nein, ich wollte nur etwas hier herausholen, kleine Maus.“ Nun stand July voller Erwartung neben ihr und wartete, was nun passiert. „July, das ist eine Überraschung für dich. Setz dich bitte kurz zu deinem Onkel aufs Bett und mach die Augen zu, ja?“
Und dieses Kind tat was ihm gesagt wurde und saß nun mit geschlossenen Augen und Händen davor auf unserem Bett.
Alex fand wonach sie suchte und es war wohl das Geburtstagsgeschenk für meine Patentochter.
Sie setzte sich mit zu uns aufs Bett und reichte das kleine, in Packpapier gewickelte, Geschenk an das Mädchen weiter.
„Du darfst deine Augen wieder aufmachen! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ meinte meine Verlobte lächelnd und July sah für einen Moment unschlüssig auf das Päckchen. Dann riss sie es auf und zum Vorschein kam eine Puppe! Aber nicht irgendeine, sondern... sie stellte mich dar! Haytham Puppe
„Das ist ja Onkel Haytham!“ sagte sie mit großen Augen! „Schau mal, das bist du!“
Mir fehlten einfach die Worte, wie kam man auf so eine Idee? Und vor allem, Alex hatte sie so anfertigen lassen, dass mein Ebenbild in der Meistertemplermontur daherkam, mitsamt meines Dreispitzes und das Ganze war gehäkelt. Die Details konnte man dennoch ausmachen und wer mich kannte, so wie July, wusste sofort, dass sie mich darstellte.
Cadan wurde aber langsam quengelig und meine Verlobte erklärte ihm jetzt in kurzen Worten, dass er ja nicht Geburtstag hätte. Aber es sei bald Weihnachten und dann würde er auch Geschenke bekommen. Das Versprechen auf ein extra Stück Torte heute Nachmittag versöhnte ihn dann ein bisschen.
Ich wollte jetzt aber wissen, WARUM sie so eine Puppe hat anfertigen lassen.
„Weil ihr July immer die Altair-Puppe abspenstig machen wolltet, da dachte ich, sie bekommt ihren Patenonkel dazu. Dann kann nichts mehr schiefgehen und es herrscht ein Gleichgewicht!“ meinte Alex jetzt breit grinsend. „July, du musst unbedingt Mama dein Geschenk zeigen, sie ist bestimmt schon ganz neugierig!“ Freudig sprang die Kleine vom Bett und rannte hinüber, zurück blieb ihr kleiner Bruder, welcher jetzt wieder traurig dreinblickte.
In diesem Moment fiel mir ein, dass ich ein paar meiner alten Zinnsoldaten immer in meiner Reisetruhe mitführte. Einfach aus Gewohnheit und aus sentimentalen Gründen, doch ich beschloss, dass sie bei Cadan gut aufgehoben sein werden!
Alex warf mir einen erstaunten Blick zu, als ich aus dem Bett stieg und an meine Truhe ging. Mit der kleinen Kiste in der Hand, stieg ich wieder zu den beiden auf die Decke und reichte dem Junge mein altes Spielzeug.
Meine Verlobte half Cadan nun, den Deckel zu öffnen und als sie sah, was sich darin befand, warf sie mir einen erschrockenen aber auch gleichzeitig traurigen Blick zu.
„Sie gehören jetzt dir und denke immer daran, es ist wichtig, dass es einen Befehlshaber und einen Stellvertreter gibt. So ist deine Truppe immer gut aufgestellt!“ erklärte ich ihm und bemerkte, wie Alex die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.
Dein Gespräch damals mit Birch, in dem kleinen Flur! Haytham... ich... hörte ich sie in meinem Kopf, ich unterbrach sie jedoch. Ja, aber ich denke, sie sind bei Cadan doch erst einmal gut aufgehoben. Und es sind nicht alle. Ein anderer Teil ist immer noch in London! Langsam konnte ich meine eigenen Gefühle wieder verbergen und drückte Alex zur Beruhigung, dass sie sich um mich nicht sorgen müsse, die Hand.
Dies war wieder einer der Punkte, der mich in meinem Wunsch, sie zu heiraten, bestätigte! Alex verstand mich, wie kaum jemand anderes und stand mir bei. Nun war es aber an mir, den jungen Mann zu seinem Vater zu schicken, damit auch er sein neues Spielzeug zeigen sollte! „Papa helfen!“ hörte ich ihn freudig rufen und mit einem Satz war er aus dem Bett und aus der Tür.
Für einen Moment herrschte Stille zwischen uns, ich kämpfte mit meinen Erinnerungen und wusste nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte.
Dann hörte ich mit einem Male die Stimme meines Vaters, welcher Alex maßregelte. Zum tausendsten Mal, Alex. Nein, du hättest nichts ändern können. Wir wussten noch nicht genug, aber jetzt sind wir weiter und JETZT musst du einen entscheidenden Punkt ändern!
Anscheinend kämpfte auch sie mit diesen Gedanken der Trauer und ihren eigenen Erinnerungen.
„Mein Vater hat recht, aber ich kann nichts gegen meine Trauer tun, die mich immer wieder heimsucht.“ musste ich mir meine eigene Schwäche eingestehen und das machte mich verdammt wütend!
„Nein, dagegen kann man nie etwas tun. Man kann nur weitermachen und die Erinnerungen in Ehren halten, mi amor.“ meinte sie leise und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
Plötzlich brach diese Wut aus mir heraus und ich erwiderte ihren Kuss, aber ich konnte mich kaum beherrschen und spürte, dass darin pure Aggression lag. So etwas hatte ich noch nicht erlebt, wollte ich das überhaupt?
Ich entschuldigte mich sofort bei Alex, ich wollte ihr keine Angst machen mit meinem unkontrollierten Verhalten. Ihre Worte gaben mir aber wieder die Bestätigung, dass wir zusammen gehörten!
Ihre Hände legten sich auf meine Wangen. „Unterdrücke diese Gefühle nicht... wir sind uns einig, schon vergessen, mi amor?“ sie sprach leicht stockend und ich sah in ihren Augen, dass sie wusste, was sie erwarten würde. Und ich wollte sie, jetzt!
Ich ließ meiner Wut und Aggression jetzt freien Lauf und in meinen Bewegungen nahm ich dieses unkontrollierte wieder wahr, doch ich machte weiter. Für Widerworte seitens meiner Verlobten war keine Zeit und auch kein Raum, ich nahm mir diese Frau einfach!
Im Gegenzug konnte ich in ihren Augen die Lust sehen, welche sie bei meinem Verhalten spürte. Sie wollte es und ließ es zu, dass ich keine Rücksicht mehr nahm!
Ich kam hart und diese Erlösung war unglaublich befreiend. Schwer atmend sackte ich auf ihrer Brust zusammen und stammelte nur, dass ich sie nicht verlieren will und bei ihr sein will.
Leise hörte ich „Ich werde bei dir bleiben!“
Als ich sicher sein konnte, dass meine Stimme wieder mir gehörte, entschuldigte ich mich noch einmal, aber Alex ließ mich nicht ausreden.
„Haytham, hast du es schon vergessen. Wir waren uns einig und wenn ich etwas nicht will, dann werde ich dir das auch sagen!“ sie drängte sich wieder an mich und ich wusste, wir waren wieder einen Schritt weiter.
Dann klopfte es und im ersten Moment war ich versucht zu sagen, dass wir nicht mehr gestört werden wollen, doch es war nur Magda, welche das Frühstück ankündigte.
Mir war danach, mich bei Alex zu bedanken und erntete einen fragenden Blick. Es war einfach dafür, weil sie mich schon so lange erträgt und ich musste einfach grinsen.
„Ja, es war nicht immer leicht. Gerade mit der Gehirnerschütterung...“ seufzte sie theatralisch, aber ich unterbrach sie einfach.
Sie hatte mich einfach damals aus dem Bett gezerrt, obwohl ich krank war. Diese Bilder brachten mich aber dann doch zum Lachen.
„Das hab ich nicht, du hast... ja, du hast recht. Aber auch nur, weil du mich mal wieder geärgert hast! Haytham... die ganze Geschichte ist einfach... so absurd. Was erzählen wir nur irgendwann unseren Enkelkindern?“ jetzt war es Alex, welche etwas ungehalten kicherte.
Wir würden die Wahrheit sagen, im Grunde war es eine wunderbare Geschichte für lange Winterabende am Kamin. Bei diesem Gedanken beruhigten sich meine Nerven wieder, was ich durchaus begrüßte. Meine Verlobte bekam noch einen langen Kuss und dann bestand ich darauf, dass wir aufstanden. Länger wollte ich sie ohne ihre Kaffeedosis nicht ertragen, meinte ich mit hochgezogener Augenbraue.
„Hey... ich bin sehr gnädig heute morgen, mi amor!“ wieder diese lockere Zunge und meine Hand landete auf ihrem etwas malträtierten Hintern, mit den Worten, dass aber auch nur sie das dachte!
Im Esszimmer waren bereits alle versammelt und ich warf gleich einen mahnenden Blick Richtung Master Cormac, welchen ich mir heute noch zur Brust nehmen sollte. Nicht nur wegen dieses Weckkommandos, sondern immer noch wegen seiner monatelangen unentschuldigten Abwesenheit vom Orden!
Faith und Alex warfen sich ähnliche Blicke zu und es kam nur ein Danke fürs Zurückschicken der Kinder und meine Verlobte meinte, dass hätte sie doch gerne gemacht! Ja, dieses extrem zynische Verhalten war durchaus reizvoll, musste ich mir eingestehen.
Alex kam auf die Puppe zu sprechen, doch Faith war nur erstaunt, dass sie überhaupt an diesen Geburtstag gedacht hatte und siedend heiß fiel mir nun auch ein, dass ich dem Hausherrn noch gar nicht gratuliert hatte. Auch meine Verlobte gratulierte nun etwas verlegen, weil sie nicht gleich daran gedacht hatte.
Für eine Weile widmeten wir uns einfach dem Frühstück, bis Alex plötzlich einfach los preschte.
„Shay, habt ihr zufällig Zimmermänner und Handwerker an der Hand, welche die Schäden an meiner Brig zu einem guten Preis beseitigen könnten?“
Shay fragte lachend, ob wir uns mit einem Eisberg angelegt hätten und ich bemerkte, dass meine Verlobte etwas sagen wollte, sich aber dagegen entschied.
Also erzählte ich, was vorgefallen war und alle Anwesenden am Tisch bekamen große Augen. Als ich dann auch noch sagte, dass wir das erstaunlicherweise heile überstanden hatten, fuhr mich Alex wütend an.
„Erstaunlicherweise? Ich wusste was ich da tue, Haytham!“
Sie zu ärgern machte mir Spaß, eindeutig!
Außerdem sprachen wir noch Zoe und Jones an und den Eigentümer der versenkten Fregatte, mit den Worten, dass wir nun abwarten mussten.
Nach dem Frühstück ging ich mit Alex zur Anlegestelle, Shay hatte Gist beauftragt, nach Handwerkern zu schicken!
Als wir nun bei Tageslicht vor der Jackdaw standen, wurde mir ganz anders. Sie hatte ziemlich gelitten und sah wirklich sehr mitgenommen aus. Ich hoffte, dass die Reparaturen schnell erledigt werden konnten.
Dann erschien auch Christopher und bestaunte die Brig seinerseits.
„Sie ist eine Schönheit, Mrs. Frederickson. Ich habe gerade nach dem Zimmermann und einigen Handwerkern geschickt. Ich vermute aber mal, die Jackdaw wird an Land leichter zu reparieren sein. Dort drüben ist der Trockendock-Bereich, sie wird mit Sicherheit dorthin geschleppt.“
Und nun kam wieder das schlechte Gewissen bei meiner Verlobten durch! Sie konnte es nicht ertragen, dass sie nicht selber für den Schaden aufkommen und dass sie keinerlei finanzielle Hilfe leisten konnte. Auch als ich ihr wiederholt versicherte, dass sie sich keine Gedanken zu machen brauchte, war Alex bockig wie ein kleines Mädchen!
Sie drehte sich jetzt zur Morrigan um und stand für einen Augenblick mit einem völlig versonnen Blick da. Master Cormac sah auch oft so aus, wenn er sein Schiff betrachtete und ich musste schmunzeln, eine solche Liebe für ein Segelschiff zu empfinden ist schon seltsam.
Wir wurden aus den Gedanken gerissen, der Zimmermann war eingetroffen und sprach mich auch gleich an.
„Du meine Güte, Mister! Gegen was wolltet ihr antreten, gegen drei Men of War?“ es war Alex, welche antwortete und erntete für einen Bruchteil einer Sekunde einen erstaunten Ausdruck im Gesicht des Mannes. Er riss sich aber sofort zusammen und überging seinen Fehler gekonnt.
„Verzeiht, Ma´am, ich … das kriegen wir aber schon wieder hin, wir werden sie rüber zu den anderen bringen und auf Land hieven. Ist einfacher dann!“ seine Manieren hatte er anscheinend vergessen und stellte sich nun vor als Julian Tobbsen!
Nach einem ausführlichen Gespräch und der Begehung des Schiffes, klärte man die Einzelheiten mit der Instandsetzung. Mr. Tobbsen sollte regelmäßig Bericht erstatten und er ging von ungefähr 14 Tagen aus, doch es könnte auch etwas länger dauern. Neben mir sah ich, wie Alex schweren Herzens ihre Brig diesen Herren überließ, doch sie konnte ja schlecht den ganzen Tag die Arbeiten überwachen!
So langsam wurde es Zeit fürs Mittagessen, doch wir trafen nur Lucius im Esszimmer an, welcher alle Hände voll zu tun hatte mit den beiden Kindern. Wo waren Faith und Shay schon wieder abgeblieben?
Als die Kinder nun ihren Mittagsschlaf antraten, saßen wir im Salon und meine Verlobte meinte etwas gedankenverloren, dass sie sich eine Beschäftigung suchen musste, damit sie Geld verdiente. Gerade als ich sie wieder darauf hinweisen wollte, dass das nicht nötig sei, sprang Lucius dazwischen.
„Könnt ihr mit Zahlen umgehen, Mrs. Frederickson?“ in ihren Augen konnte ich plötzliche Begeisterung sehen!
„Ja, kann ich. Wir sprechen hier von Buchführung, Haushalts- und Geschäftsführung nehme ich an?“ fragte sie aufgeregt nach.
„Ganz genau so ist es, stimmt es nicht, Haytham? Das Geschäft von Faith wäre ja fast vor die Hunde gegangen, dank dieses... unfähigen Tölpels Lee!“ Also suchte er eine Art Stellvertreter für diese Angelegenheit und ich muss gestehen, dass er nun meine Verlobte einbinden wollte, erfüllte mich mit einem gewissen Stolz.
Master Williams erzählte noch, dass Charles einfach alles aufs Spiel gesetzt hatte, ohne einen Gedanken an den Verlust zu verschwenden! Lee hatte es nur Lady Melanie zu verdanken, dass er noch lebte, weil sie große Stücke auf ihn hielt.
Bei mir flaute diese Euphorie immer weiter ab. Dachte ich bei meiner Ankunft damals ´54 in Boston noch, dass dieser junge Mann es weit bringen würde, war es jetzt nur noch der Gedanke „Hoffentlich überlebt er“.
Lucius bat uns nun, ihm in Master Cormacs Arbeitszimmer zu folgen. Dort fing er an, Alex alles zu erklären, wie die Waren von A nach B kommen, wer zuständig ist, wo man Hilfe bekommt.
Die Schiffe und entsprechende Waren wurden erläutert, er listete sie alle auf. Es war ein mittlerweile doch sehr umfangreiches Unternehmen geworden, allmählich konnte ich verstehen, warum Faith so ihre Probleme bekam. Es fehlte die Übersicht und da meine kleine Schwester es nicht so mit Zahlen hatte, fiel es ihr natürlich immer schwerer. Was mir leid tat, im Grunde liefen diese Verkäufe und Einkäufe fast wie von alleine.
Charles hatte nur einfach nicht dieses diplomatische Wesen, um sich mit den Geschäftspartner auch zu einigen. Sondern er hat einfach abgerechnet, im wahrsten Sinne des Wortes. Er hatte keinerlei Gespür für Gewinn oder Verlust!
Plötzlich meinte Master Williams, dass ich mir doch bitte die Füße vertreten sollte und es war ein eindeutiger Hinweis, dass ich ab jetzt nicht mehr zuhören sollte. Also gab es tatsächlich einige Geschäfte welche unter ferner Liefen gehandelt wurden, geahnt hatte ich es schon, doch jetzt wurde es zur Realität. Ich hoffte, dass Alex alles unter einen Hut bringen konnte!
Da es für mich nicht viel zu erledigen gab, machte ich mich auf den Weg zum Trockendock um die Reparatur der Jackdaw zu inspizieren.
Die Handwerker hatten gerade begonnen, das Schiff lag erst zwei Stunden hier, doch alle waren begierig darauf zu erfahren, wie die Beschädigungen zu Stande gekommen sind.
Also fing ich an, ihnen von einer Fregatte zu erzählen... ich spann Seemannsgarn würde man sagen. Doch es dauerte nicht lange und die anwesenden Herren lauschten der Geschichte. Man wollte die Schätze der Jackdaw rauben, welche noch vom alten Besitzer in Verstecken verblieben waren... Irgendwie machte es mir Freude, solche Hirngespinste zu verbreiten und ich sah, dass man mir gebannt zuhörte.
Endlich erschienen am späten Nachmittag dann auch Faith und Shay wieder im Fort, aber eine Erklärung erhielten wir nicht.
Als meine kleine Schwester jedoch mit einem Glas Portwein aus der Küche kam, nahm Alex es ihr mit den wütenden Worten ab, sie sei noch krank!
Wir versammelten uns alle im Salon und feierten die Ehrentage meiner Patentochter und ihres Vaters.
Während des Abendessens sah ich, wie Alex mal wieder nur einige Bissen zu sich nahm, mit der Begründung das Korsett sei schuld. Ich sah aber, dass es einen anderen Grund hatte. Hase! Sie konnte es nicht essen, ihre Erklärung damals war erschreckend. Sie hätte zugesehen, wie ihr eigener Hase geschlachtet wurde als sie noch klein war und dann auf dem Tisch zum Mittag landete. Danach habe sie nie wieder diese Tiere angerührt.
Gegen Abend bekamen Cadan und July ihr versprochenes Bad, sie hatte nämlich eine Miniatur der Morrigan bekommen und wollte sie auch gleich einweihen.
Lucius, Alex und ich warteten derweil im Salon und unterhielten uns über die Geschäfte. Master Williams erklärte unter anderem noch, dass meine Verlobte in den nächsten Tagen die anderen Geschäftspartner kennenlernen sollte. Von Alex ging eine gewisse Aufregung im positiven Sinne aus, sie schien sich auf diese Aufgaben zu freuen.
Etwas später erschienen Eheleute Cormac auch wieder und man berichtete uns, was heute Nachmittag alles vorgefallen war.
Shay hatte Caroline fortgeschickt, mit der Bitte sich bei den Grants im Appel Pie einzufinden. In seinem Hause wollte er sie nicht mehr untergebracht wissen, wie ich schon schrieb, verständlich in meinen Augen!
Jedoch war Faiths Freundin nicht dort angekommen! Sie fanden den kleinen Cillian fast erfroren bei einer toten Bettlerin und einen Abschiedsbrief seiner Mutter! Diesen reichte mir meine kleine Schwester nun mit den Worten, ich solle ihn bitte in Augenschein nehmen. Das tat ich und nahm eine eigenartige Aura und leichte Spuren wahr, welche aber nicht von Caroline stammen konnten.
Mich beschlich ein ungutes Gefühl und ich bat alle, mir zu folgen. Ich hatte eine Vorahnung, man mag es auch Eingebung nennen, wo wir suchen mussten.
Ich war schon fast draußen mit den anderen, als Alex meinte, sie müsse sich wohl erst umziehen. Sie verschwand in Windeseile mit Magda nach oben und erschien kurz darauf im Ornat wieder in der Eingangshalle!
Lucius blieb im Fort um auf die Kinder aufzupassen, während wir unterwegs seien.
Ich nahm kurzerhand den Weg über die Dächer, so hätten wir einen besseren Überblick und ich konnte die Spur weiter ausmachen.
Wir blieben aber nicht lange alleine, um uns herum schlichen rote Auren vorbei und verteilten sich. Also bildeten wir für einen Teil dieses Trupps einfach einen kleinen Hinterhalt auf einem der Flachdächer.
Ich nahm vier Männer war, welche sich gezielt auf uns zubewegten. Faith und Alex hatten sich hinter zwei Vorsprüngen versteckt, während Shay und ich bei zwei kleinen Schuppen ein Versteck fanden.
Die ersten beiden Assassinen wurden von den Frauen niedergestreckt, während Shay leise den Dritten ausschaltete.
Der Vierte im Bunde kniete nun vor mir und ehe ich ihm den Tod bringen konnte, sprach er „Schöne Grüße vom Duke, er weiß wo ihr und eure Hure sich verstecken!“ ohne ein weiteres Wort stieß ich ihm meine Klinge ins Herz.
Diese Meuchelmörder waren also von Ironside geschickt worden, das ging zu schnell für meinen Geschmack. Wie konnte er in so kurzer Zeit benachrichtigt werden? Shay bot noch seine Hilfe bei diesem Problem an, in meiner Wut jedoch, meinte ich nur, er hätte ja wohl selber genug eigene Aufgaben zu erledigen!
Für weitere Überlegungen hatten wir keine Zeit, unten in einem der Hinterhöfe machte ich eine Leiche aus. Ich ließ mich ohne ein weiteres Wort vom Dach hinunter gleiten und trat neben die Tote.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Faith sie erkannte und es musste Caroline sein.
Ich aktivierte meinen Blick erneut, nahm aber überhaupt keine Spuren, keine verblassenden Auren wahr! Nichts! Es war wie verhext, wie konnte es angehen, dass ich nichts sah? Es war, als hätte man sie hier nur abgelegt und anschließend alles gesäubert!
Ich gab Alex den Befehl, dass sie meine kleine Schwester umgehend zurück zum Fort bringen soll, wir würden uns hier um die Tote kümmern. Sie tat wie ich befahl und die beiden zogen sich zurück.
„Master Cormac, wir müssen Caroline jetzt erst einmal an einen sicheren Ort bringen.“ und er hatte auch schon eine brillante Idee, er griff seinen Vorschlag wieder auf und meinte, das Appel Pie sei die perfekte Lösung und die Grants seien vertrauensvolle Personen.
Gesagt getan und kurz darauf hatten wir die Tote in ein altes Laken gewickelt und sie auf einen Karren gelegt.
In der Taverne angekommen, wurden wir etwas verwirrt angesehen, als wir unser Anliegen unterbreiteten. Doch Alexander nickte nur und wir brachten Caroline in ein Hinterzimmer, wo sie bis zur Beisetzung bleiben würde. Shay und Faith würden sich dann um alles weitere kümmern.
Auf dem Rückweg zum Fort Arsenal fragte mich Master Cormac, ob ich bei der Verstorbenen irgend etwas ausmachen konnte. Leider musste ich das Verneinen und es war seltsamerweise unangenehm, es fühlte sich wie ein Versagen an!
Wieder kochte leichte Wut in mir hoch, welche noch von dem Hohn des getöteten Assassinen zu meinen Füßen angestachelt wurde.
Alex und ich würden die kommenden Tage mit der Suche nach dem Duke verbringen müssen, er musste in der Nähe sein. So schnell konnte kein Bote sein, wenn Ironside eigentlich noch in Philadelphia sein sollte!
Beim Fort angekommen sahen wir von weitem schon, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte.
Es lagen einige Leichen auf dem Vorplatz, welche von den hier stationierten Soldaten und der Morrigan Besatzung beiseite geschafft wurden. In mir stieg die Angst hoch, dass meiner Verlobten etwas zugestoßen ist und auch Shay eilte nun Richtung Eingang.
Im Salon wurden wir fündig und erleichtert stellte ich fest, dass es allen gut ging. Nur Master Williams hatte eine tiefe Schnittwunde an der Schulter, welche Faith behandeln wollte.
Sie erschien einen Augenblick später mit dem Verbandsmaterial und machte sich an die Arbeit. Alex hatte sie kurzerhand zur Assistentin ernannt, welche ihr nun half. Während dieser Arbeit sah ich, wie meine kleine Schwester aufblühte und es genoss, endlich wieder jemandem helfen zu können. Leider würde sie diese Tätigkeit hier nicht mehr ausüben dürfen, es sei denn, sie wollte wirklich noch auf dem Scheiterhaufen landen!
Als Master Williams versorgt war, setzten wir uns im Salon noch zusammen und ich erklärte Lucius, was alles vorgefallen war. Ich konnte Faith ansehen, dass sie diesen Verlust nicht so einfach wegstecken würde und sie tat mir unendlich leid.
... ein Verhör ist kein Kaffeekränzchen ...
Plötzlich meldete sich Alex zu Wort. „Könnte es sein, dass der Duke wusste, dass Caroline zu euch gehört und sie deshalb getötet hat, um uns nach draußen zu locken, damit er das Fort angreifen kann?“
Eine berechtigte Frage, auch wenn ich mir ernsthaft Sorgen um den Geisteszustand Ironsides machen würde, wenn er so unbedacht handeln würde. Aber meine Verlobte führte ihre Gedanken weiter!
„Und ich muss dringend zu meinem Schiff. Haytham, wenn die Wind davon bekommen haben, wo wir sind, dann wissen die auch, wo die Jackdaw ist. Das Ganze geht mir eigentlich viel zu schnell, der Duke selber dürfte doch gar nicht hier sein, oder?“
Da war sie wieder, ihre Angst, die Jackdaw ganz zu verlieren. Gerade im Moment lag sie wie auf dem Präsentierteller im Trockendock.
Meine Worte beruhigten sie aber keines Falls, das wusste ich. Ich tat aber kund, dass ich auch davon ausgehe, dass der Herr sich hier ganz in der Nähe aufhalten muss, vermutlich wegen einiger Schmuggelaufträge die er wieder einmal an Land gezogen hatte!
„Ich muss los, es tut mir leid, aber ich kann die Brig nicht unbewacht lassen!“ damit war Alex aufgesprungen und eilte aus der Tür.
Ich konnte ihr nur noch einen Fluch hinterherschicken, sie handelte mal wieder etwas kopflos und übereilt meiner Meinung nach! Aber ich folgte ihr trotzdem, alleine konnte ich sie schlecht dorthin lassen, wer weiß, was oder wer dort auf sie lauert!
Kaum waren wir im Hafenbereich des Trockendocks angekommen, sah ich schon diverse rote Auren umherschleichen.
Alex kletterte auf ein zu reparierendes Schiff und verschaffte sich so einen eigenen Überblick. 5 Assassinen machte ich bereits auf der Jackdaw aus und auf der Straße hier unten waren zwei weitere, ebenso waren zwei Personen auf einem der Lagerhausdächer. Ich übernehme die beiden dort auf dem Dach und du bitte die dort drüben, an der Hauswand. Hörte ich meine Verlobte in meinem Kopf und bat sie noch, vorsichtig zu sein.
Ich hielt mich im Schatten der Wände der umstehenden Gebäude und schlich mich so lautlos auf die beiden Gestalten zu. Sie bemerkten mich nicht und so hatte ich das Überraschungsmoment auf meiner Seite.
Ehe sich der andere Herr versah, war auch dieser bereits tot noch bevor er den Boden berührte.
Ich warf nun einen Blick nach oben und sah, dass auch Alex die beiden Beobachter dort ausgeschaltet hatte. Sie kletterte wieder hinunter und kam auf mich zu. Auf dem Weg zur Brig fragte ich nach, ob es schwierig war.
Nein, die hiesigen Assassinen müssen schwerhörig sein, oder blind oder beides. Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht! Sieh an, sie sind schon hinein geklettert. Haytham, übernimm die beiden hier unten noch und ich versuche über eine der Kanonenluken hinein zu gelangen. Ich bat sie wieder um Vorsicht, ich wollte meine Verlobte unverletzt wiedersehen.
Sie verschmolz mit der Dunkelheit ebenso wie ich und ich machte mich lautlos auf den Weg, die Wachen vor der Brig zu eliminieren!
Die beiden liefen eine Art Patrouille und so hatte ich leichtes Spiel. Der erste Herr lief mir quasi in die Arme und segnete schnell das Zeitliche. Sein Kumpan wurde jedoch misstrauisch, als er ihn nicht mehr sah und kam jetzt ebenfalls auf die Seilrolle zu, hinter welcher ich hockte.
Gerade als der Assassine an mir vorbeikam, brachte ich ihn mit meinen Klingen zu Fall, indem ich ihm in die Kniekehlen schnitt. Danach brauchte ich meine Schneide nur noch über seine Kehle ziehen und auch er war Geschichte.
Jetzt vernahm ich aus dem Schiff ein Poltern, aber es kam kein Kampfeslärm. Das war hoffentlich ein gutes Zeichen und mit meinem Blick sah ich eine rote Aura oben an Deck, welche sich auf die Kapitänskajüte zubewegte.
Leise kletterte ich an der Seite empor und zog mich mit Schwung das letzte Stückchen hoch, landete aber lautlos auf den Holzbohlen. Noch hatte mich dieser Meuchelmörder nicht bemerkt, somit konnte ich auch ihn überwältigen, ließ ihn aber am Leben. Er bekam lediglich einen rechten Haken von mir verpasst, als er auf mich losgehen wollte.
Dann hörte ich Schritte auf der Treppe zum Zwischendeck und meine Verlobte erschien mit einigen unschönen Blutflecken auf der Kleidung. Also war sie erfolgreich gewesen.
Ich hingegen befahl diesem knienden Individuum vor mir, jetzt besser den Mund aufzumachen und drehte sein Gesicht in Richtung von Alex. Seine Augen wurden groß und er atmete etwas hektisch.
„Ich hasse es, wenn man mir meine Sachen klauen oder wegnehmen will. Also, wo ist euer verehrter Duke, hmmmm? Sprecht schon, oder soll ich euch noch ein paar nette Narben schenken?“ kam es in diesem kalten Ton von ihr.
„Euch werde ich überhaupt nichts sagen, Templerschlampe! Ihr seid nicht besser als dieser Cormac! Alles Verräter!“ er spukte ihr die Worte förmlich vor die Füße!
Im Stillen waren wir uns einig geworden, dass wir Antworten wollten. Also zog ich ihn auf seine Beine, für einen Moment war er verwundert und fragte, ob er einfach gehen könne. Weit gefehlt, dachte ich noch so bei mir, schubste ihn in die Kajüte und fesselte ihn an einen Stuhl. Alex baute sich jetzt vor ihm auf.
„So, dann wollen wir mal anfangen.“ und hatte ihr Stiefelmesser gezückt und hielt es an seine Wange. Ich ermahnte sie lautlos, es langsam angehen zu lassen und erinnerte sie daran, tief durchzuatmen.
„Wo ist der Duke of Ironside gerade? Wie es scheint, nicht in Philadelphia, sonst hättet ihr hier alle nicht so schnell wissen können, wo wir sind! Also... WO IST ER?“ kam es eiskalt von meiner Verlobten.
„Ich... woher soll ich das wissen...“ Der Gefangene zitterte nun leicht, ihre Worte schienen Wirkung zu zeigen.
„Weil du ihn kennst und du zu seinen Stiefelleckern gehörst, du Idiot! Also... nochmal! WO IST ER?“ Die Klinge des Messer drückte sie nun dicht unter dem Auge des Mannes ins Fleisch.
„Ihr werdet mich doch sowieso umbringen, also brauche ich auch gar nichts sagen. Na los, macht schon, dann hab ichs hinter mir.“ Alex´ Art änderte sich in diesem Moment, sie schien eine Entscheidung getroffen zu haben, eine grausame, wie ich feststellen musste. In ihren Augen loderte eine Entschlossenheit auf, welche ich so noch nicht gesehen hatte.
Langsam schritt sie um den Stuhl hinter den Assassinen und kniete sich dann hin. Ich fragte mich, was sie vorhatte, doch als ich den ersten Knochen brechen hörte, war mir klar, dass sie anfing ihn zu quälen.
Die Finger, Alex wollte sie ihm einzeln brechen!
Er heulte auf, sagte aber immer noch keinen Ton!
„Ihr habt noch viel mehr Finger und ich habe viel Zeit. Also, erzählt mir, was ich hören will!“ hörte ich die harten und kalten Worte von meiner Verlobten.
„Ich... bin nur ein Laufbursche... mir ...“ Der nächste Finger musste dran glauben und der Assassine keuchte auf und wurde immer blasser im Gesicht, soweit ich das in diesem Dämmerlicht hier ausmachen konnte. „Er sagt nie....“ und der dritte Fingerknochen brach, ich hätte so eine skrupellose Art von Alex nie erwartet! „Ahhhh, verdammt... du dämliche Templerhure! Was soll das?“ Niemand nennt meine Verlobte eine Hure und damit hatte er meine Faust in seinem Gesicht!
„Wofür war das , du scheiß ...“ schrie er jetzt mich an.
„Dafür, dass du meine Verlobte schon wieder beleidigst und das auch noch in meiner Gegenwart!“ Ich hatte mich zu ihm hinuntergebeugt und ihm diese Worte leise und kalt entgegen gebracht.
Ich hörte ein weiteres Mal die Knochen brechen und ich konnte gerade noch zurückweichen, als der Assassine sich vor Schmerzen übergab. Ich drehte mich etwas zur Seite, der Geruch war wirklich widerlich!
„Bei Odin, was seid ihr für ein Weichei. Es gibt noch ein paar Knochen und ich habe immer noch Zeit!“ Dieser Tonfall war schon erschreckend, er war abgeklärt und man hatte den Eindruck, es würde ihr Spaß machen!
„Er ist... in dem großen Anwesen... im East Village... gehörte mal einer Jensen! Und jetzt lasst mich gehen!“ brachte er schwer atmend raus, doch gehen würde er sicherlich nicht mehr.
Alex zog wieder ihr Messer, sah mich kurz fragend an und als ich leicht nickte, zog sie es über seine Kehle. Völlig abgeklärt, wie es schien. Aber ich sah, wie sie aus der Tür eilte und folgte ihr.
Draußen nahm ich sie in den Arm und spürte ihr Zittern. Mehr als, dass es erledigt ist und vorbei ist, konnte ich gerade nicht sagen.
„Bei Odin, warum finde ich das gerade so befreiend? Ich habe es... sogar ein bisschen genossen, es war wie eine Genugtuung...“
Alex würde sich noch daran gewöhnen müssen, dass man eben nicht jeden Menschen retten kann.
„Aber auf der anderen Seite, tun mir diese Männer leid. Es ist gerade ein wenig verwirrend!“ ich versuchte eine Erklärung zu finden und meinte leise „Das wird es hoffentlich auch immer bleiben, wenn man erst aus Gewohnheit tötet ohne jegliches Gefühl, wäre es noch viel schlimmer.“
Dies schien sie zu beruhigen und nun kam eine berechtigte Frage von ihr.
„Was machen wir jetzt mit den Leichen? Wir können sie schlecht hier lassen.“
Für diese Art Aufräumarbeiten hatten wir unsere Leute und nun würde Alex sie kennenlernen, damit sie in Zukunft weiß, auf wen sie zurückgreifen muss.
Ich zog sie hinter mir her, noch hätten wir ein wenig Zeit, die Leichen waren etwas versteckt und nicht gleich zu sehen.
Wir kamen in die ärmeren Viertel der Stadt, wo die Gassen voller Unrat und Matsch und allem Möglichen waren.
Es dauerte nicht lange, da standen wir vor dem Haus von Mr. Thomas Edgyu, einem 49jährigen Waliser, welcher bereits seit einigen Jahren für uns arbeitete. Auf mein Klopfen reagierte niemand, also tat ich es jetzt kräftiger und oben öffnete sich ein Fenster, aus welchem mich Thomas wütend anbrüllte.
„Wer stört um diese Uhrzeit?“ Als er dann meinen Namen vernahm, entschuldigte er sich umgehend, er habe mich im Halbdunkel nicht sofort erkannt.
Kurz darauf saßen wir in einem schummrigen Wohn- und Esszimmer. Ich erklärte ihm, was vorgefallen war und was nun zu tun sei, auch entlohnte ich ihn schon einmal.
Dieses Gespräch dauerte nicht lange und war nicht sonderlich ausführlich, aber Alex wusste nun, wer ihr bei der Beseitigung von Leichen helfen würde. Es muss schon fast 2 Uhr gewesen sein, als wir endlich Richtung Fort Arsenal unterwegs waren.
„Ich bin so wahnsinnig erschlagen jetzt, ich will nur noch ins Bett, mi amor!“
Ich konnte nur zustimmen, nahm ihre Hand und zog sie hinter mir her mit schnellem Schritt. Ich bemerkte aber, dass sie leichte Probleme hatte, Schritt zu halten und grinste ein wenig. Ich unterschätzte ihre Größe von Zeit zu Zeit.
Beim Fort angekommen kam uns Mrs. Marge aus Richtung Küche entgegen und beäugte uns skeptisch. Wir müssen ziemlich schäbig ausgesehen haben und Alex erklärte es mit einer anstrengenden Nacht in der Taverne und berief sich auf „Männer“ und Marge wüsste ja Bescheid. Frauensolidarität war mitunter anstrengend, musste ich mir eingestehen.
Oben im Gästezimmer entledigten wir uns nur schnell der Kleidung und fielen beide fast zeitgleich ins Bett.
Alex lag mit Arm und Bein wie immer um mich und ich musste ihr einfach noch einmal sagen, dass ich heute wieder Stolz auf sie war. Sie hatte sich als wahre Templerin erwiesen und ich ließ sie wissen, dass ich sie über alles liebte.
Mein Kuss in ihre Halsbeuge rief eine Gänsehaut bei ihr hervor und ich lächelte zufrieden in mich hinein.
„Danke!“ kam es leise von ihr und sie schmiegte sich noch enger an mich. „Ich liebe dich auch, Haytham!“ hörte ich sie schläfrig sagen und genoss diese Worte mal wieder, ich konnte sie nicht oft genug hören!
Was mich geweckt hat, kann ich nicht sagen, nur soviel, dass ich ein eigenartiges Gefühl plötzlich hatte.
Es fühlte sich an, als wäre jemand hier gewesen in unserem Zimmer, nicht als wir schliefen, sondern vorher bereits. Leise stand ich auf, Alex schlief noch. Es war noch nicht richtig hell und ich ging hinüber zu meiner Truhe.
Als ich sie geöffnet hatte, traute ich meinen Augen nicht! Alles war durchwühlt und meine eigene Ordnung war dahin! Ich fluchte laut und schlug den Deckel wieder zu.
Plötzlich hörte ich ein erschrockenes „Was ist los?“ von meiner Verlobten, natürlich habe ich sie mit diesem Poltern geweckt!
Sie wartete aber auf keine Antwort, sondern sprang aus dem Bett, als sie realisierte, dass etwas mit unseren Truhen nicht stimmt! Auch ihre war völlig durcheinander, wir konnten aber von Glück sagen, dass alle wichtigen Unterlagen und Gegenstände in der gesicherten Stahltruhe im Templerzimmer unten versteckt waren.
„Haytham, fehlt etwas? Wer ist hier eingebrochen? Und... warum?“ kam es jetzt besorgt von Alex.
Was darüber hinaus noch eigenartig ist, dass ich nicht die geringsten Spuren ausmachen konnte. Wie gestern schon mit Caroline, war nichts auszumachen!
Ich teilte ihr nun meine Vermutung mit, dass es sich um einen der Lakaien vom Duke handeln muss, der es wohl doch unbemerkt hier herein geschafft haben muss. Auch das Fehlen der Spuren erzählte ich ihr.
„Haytham, ich könnte mir denken, warum hier jemand die Sachen durchwühlt hat und warum man auf der Jackdaw ebenfalls gesucht hat.“
Dann wäre es von Vorteil, wenn sie mich aufklärt, ich hatte nämlich nicht den blassesten Schimmer!
In mir tobte immer noch die Wut über diesen Einbruch und das hörte man auch in meinen Worten, sie kamen harscher als ich wollte!
„Ich habe Seekarten, persönliche Notizen und das Logbuch der HMS Iron Duke an mich genommen. Ich gehe davon aus, die Damen und Herren hätten sie gerne wieder in ihrem Besitz.“ erläuterte sie mir ihre Gedanken und Alex hatte Recht, danach musste der Einbrecher Ausschau gehalten haben und vermutlich nach den persönlichen Schriften von Master Montegue!
Etwas beruhigter schloss ich meine Verlobte nun in meine Arme und dankte ihr, dass sie so umsichtig war, ihre Stahltruhe zu verstecken.
Lange hielt sie es aber nicht aus und meinte nur, ihre Füße würden gleich erfrieren und sie wolle sich Hausschuhe zulegen! Eine gute Idee und dann klopfte auch schon Magda und kündigte das Frühstück an.
Lieber würde ich noch ein paar Minuten mit meiner zukünftigen Frau im Bett verbringen, doch ich bekam das Versprechen, dass wir später sicherlich noch Zeit dazu haben werden. Besitzergreifend legte ich meine Hände auf ihren Po und meinte nur, dass ich sie beim Wort nehmen werde! Meine Worte erzielten genau die Wirkung, wie ich sie haben wollte, ihr Gesicht lief feuerrot an und ich grinste breit.
Beim Frühstück verlor meine kleine Schwester keine Zeit und fragte, ob wir die Brig beschützen konnten!
„Ja, es waren jetzt auch nicht so wahnsinnig viele von ihnen. Neun insgesamt und mit einem hatten wir noch einen netten Plausch!“
Alex´ Art eine solche Quälerei so positiv zu umschreiben war faszinierend und ich erklärte, WIE wir den Herren dann zum Sprechen gebracht hatten. Sie erntete von allen Anwesenden erstaunte Blicke!
„Was denn? Sollte ich ihn lieb fragen und auf einen Tee einladen, damit wir das ausdiskutieren können? Aus dem Alter bin ich nun wirklich raus und... wenn ich ehrlich bin, hier kann ich meine erlernten und trainierten Fähigkeiten endlich vernünftig einsetzen.“
Ja, ihre eigenwillige Ausdrucksweise war Teilweise für uns hier schwer zu verstehen, sie klang etwas unbekümmert würde ich sagen. Aber sie hatte Recht, Alex konnte nun so kämpfen, wie es mein Vater vorgesehen hatte.
Auf Faiths Frage, ob er auch geredet hätte, erklärte ich in Richtung von Shay, dass der Duke in eben diesem riesigen Anwesen Hof hält. Mit einem Mal sah ich, wie das schlechte Gewissen in ihm hochkam.
„Hopes Anwesen, schätze ich mal. Dort wurde vor ein oder zwei Wochen tatsächlich von einem möglichen Einzug eines neuen Besitzers gesprochen. Verdammt, ich hätte dem mehr nachgehen sollen. Es tut mir leid, Master Kenway!“ kam es nun leise entschuldigend von ihm. Doch ich winkte ab, er konnte es ja nicht wissen.
Zumal er auch noch nicht so lange wieder hier ist, dazu noch das ganze Drama hier mit der Familie.
Ich würde mich mit Alex dort erst einmal umsehen, am besten gleich heute morgen. So wären wir etwas geschützter durch die ganzen Anwohner dort, die ihren täglichen Arbeiten und Erledigungen nachgingen.
Meine Verlobte meinte dann freudig, dass ihr das wunderbar passt. Sie müsse sowieso noch Besorgungen machen! Meine Neugierde siegte und ihre Antwort hätte ich mir schon fast denken können.
„Ich brauche noch Geschenke für die Kinder, Haytham. Ich hatte eigentlich vorgehabt, July die Puppe zu Weihnachten zu schenken. Aber ich muss gestehen, in dem ganzen Vorbereitungstrubel bei mir, sind alle andere Feierlichkeiten vergessen gewesen!“
Also machten wir uns in warme Umhänge gehüllt auf den Weg Richtung East Village. In einigen Geschäften machten wir Halt und sie erledigte ihre Einkäufe. Alex hatte sich genau überlegt, wer was mag und ich sah, dass sie hoffte, das July und Cadan sich über die Geschenke freuen würden.
Als wir in der Nähe des Anwesens waren, spürte ich diese Veränderung. Sie zeigte sich in Form von einer anderen Bevölkerungsschicht, hier wohnten die besser betuchten Bürger! Wie damals schon, fand ich die große Villa mit dem riesigen Grundstück sehr beeindruckend und wir schlenderten die Straße davor entlang. Es war schnell klar, dass hier jemand Angst vor Übergriffen hatte, die Wachen waren allgegenwärtig und in großer Zahl um das Grundstück verteilt.
Wir lauschten den vorüber gehenden Passanten und erfuhren, dass dieser Neuzuzug sehr imposant erschien, genau wie das Anwesen, man aber den Eigentümer nicht selber gesehen habe. Man freue sich aber auf die ersten Gesellschaften und auch seine Tochter musste ja in die Reihen mit aufgenommen werden. Alex und ich sahen uns beide nur fragend an. Der Duke war verheiratet, aber hatte keine Kinder! Also wer ist dann mit ihm zusammen hier eingezogen? Ich hoffte, dass sich das auch noch aufklären würde.
Ich versuchte meiner Verlobten nun in groben Zügen das Grundstück mit dem Gebäude zu beschreiben. Ich hatte noch eine dunkle Vorstellung davon, als ich damals mit Shay und Lucius wegen July hier war.
Es würde sich aber wahrlich schwer hier eindringen lassen, bei den ganzen Wächtern, geschweige denn, man könne über die hohen Mauern ungesehen gelangen. Frustriert atmete ich jetzt aus und auch Alex war nicht begeistert, doch noch konnten wir hier nichts ausrichten.
Da es schon fast Mittag war, machten wir uns auf den Rückweg. Aber nach ein paar Schritten fiel mir ein, dass ich über ein Hochzeitskleid für Alex nachgedacht hatte. Sie hatte einige Kleider dabei, das wusste ich. Doch keines wäre angemessen.
Also schleifte ich sie in Richtung eines Geschäftes, bei welchem ich wusste, dass der Schneider nur hochwertige Stoffe nutzte und sauber arbeitete. Dort angekommen, war auch ihre erste Frage, warum ein neues Kleid anschaffen, sie hätte ja welche! Ich führte sie ins Innere und überlegte mir, dass sie sich einfach selbst ein Bild von der Qualität der Arbeit machen sollte.
Mr. Gready begrüßte uns freudig und hieß uns in seinem bescheidenen Geschäft willkommen. Ich erläuterte, weswegen wir hier waren und seine Augen leuchteten, als er uns einige Modelle zeigte.
Es dauerte nicht lange, da hatte der Herr ein wirklich schönes Exemplar gefunden und zeigte es meiner Verlobten. Ein schwarzer weit ausgestellter Überrock, über diesem lag ein Oberteil aus beigefarbener Seide, welches ähnlich eines Gehrocks gearbeitet war.
Alex´ Hochzeitskleid Ich hieß sie, es auch gleich anzuprobieren, damit eventuelle Änderungen vorgenommen werden konnten. Anschließend besprach ich noch den Preis mit Mr. Gready und dass das Kleid dann in den nächsten Tagen geliefert werden solle!
Als wir wieder draußen standen, schlang Alex ihre Arme um mich und hauchte mir ein leises „Danke!“ auf die Lippen! Mehr brauchte es nicht und ich war zufrieden!
Wir gingen nun aber wirklich zurück, es war bereits weit nach dem Mittagessen. Doch Alex schien es mit einem Male nicht mehr so eilig zu haben und ich konnte fühlen, dass sie es gerade genoss, mit mir alleine sein zu können.
„Wir müssen so langsam mitteilen, dass wir planen Silvester zu heiraten, mi amor. Ich möchte nicht noch länger damit warten. Sonst fühlt sich deine kleine Schwester überrannt und sie ist ja auch noch nicht wieder ganz gesund. Auch wenn ich im Moment noch Bedenken habe, wegen Caroline. Ihr Tod nimmt Faith ganz schön mit, sie tut mir so leid!“ hörte ich sie plötzlich leise sagen.
Darüber hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht und machte den Vorschlag, dass wir es heute Abend, wenn die Kinder im Bett sind, kundtun werden!
Als wir in die Eingangshalle traten, kam ein breit grinsender Ire die Treppe hinunter. Auf meine Bemerkung, er sähe aus, als hätte er gute Nachrichten bekommen, meinte er trocken „Nicht unbedingt, aber... interessante Nachrichten.“ und ging in sein Arbeitszimmer.
Meine Verlobte meinte dann, sie würde uns noch etwas vom Mittagessen besorgen und schob mich ins Esszimmer. Während des Essens kamen wir auf die Unterlagen des Kapitäns der versenkten Fregatte zu sprechen und waren uns einig, dass wir nachher einen Blick darauf werfen sollten.
Gestärkt gingen wir nun an die Arbeit und je mehr ich las, desto mehr stieg auch die Wut auf den Duke und diesen Montegue.
Sie schmuggelten nicht nur, sie handelten auch offiziell mit Pelzen, Tabak, Rum, feinen Stoffen und Tee zum Beispiel. In den persönlichen Aufzeichnungen las ich, dass man stolz sei, bereits so viele Schiffe der Templer auf den Grund des Meeres geschickt zu haben und es die lukrativen Geschäfte noch weiter festigte.
An Alex gewandt meinte ich in Gedanken dann, wir sollten kein Schiff mehr ohne Begleitschutz segeln lassen. Dann warf sie ein, sie könne ja ihre Jackdaw zur Verfügung stellen, doch das ginge zu weit.
Als hätte er neben uns gestanden, hörte ich die Worte meines Vaters, die Alex darüber belehrten, dass das nicht zur Debatte stand. Die Brig gehörte hierher und sollte bei uns in der Nähe bleiben, wir würden sie immer wieder selber benötigen. Auch ich äußerte diesen Gedanken! Somit war für mich klar, dass ich nach potentiellen Begleitschiffen Ausschau halten würde und bat auch meine Verlobte um das gleiche. Durch die Geschäfte hätte sie Kontakt zu verschiedenen Kapitänen und verfügte über entsprechende Verbindungen!
Ich hegte die Hoffnung, dass das eine ausreichende Maßnahme sei. Zusätzlich setzte ich jetzt ein Schreiben auf, welches alle derzeit beschäftigten Schiffe warnen sollte, auf der Hut zu sein!
Die gesicherte Truhe verstauten wir wieder im Geheimversteck und gerade als wir aus dem Zimmer kamen, wurden wir von großem Trubel in der Eingangshalle empfangen! Plötzlich geisterte ein drittes Kind hier herum und ich erkannte tatsächlich diese Ähnlichkeit zu Liam O´Brian und auch Alex bemerkte es.
Hatte meine kleine Schwester Shay nun doch überzeugt, dass er hier bleiben kann, jetzt wo seine Mutter auch nicht mehr lebte? Der Junge konnte ja nun wirklich nichts dafür!
Alex´ nächste Worte verstand ich nicht und wunderte mich nur, wie sie auf so eine Idee kommen konnte.
„Ich glaube, so langsam herrscht Platzmangel und wir sind euch lange genug auf die Nerven gegangen. Haytham, wir sollten schauen, dass wir eine andere Bleibe finden...“ Sie vergaß, dass es genügend Angestellte gab, die Faith halfen und Platz wäre ja nun wirklich genug hier. Auch meine kleine Schwester meinte, wir sollten selbstverständlich bleiben, sie hätten mich ja schließlich eingeladen, Alex wäre eben der schöne Bonus dazu gewesen!
Damit war meine Verlobte überstimmt und wir würden hierbleiben!
Nachdem ein wenig Ruhe eingekehrt war, ging sie nun in Faiths Arbeitszimmer mit den Geschäftsbüchern, damit sie sich einen Überblick verschaffen konnte, weil sie in den kommenden Tagen die Geschäftspartner treffen würde.
Ich hingegen verbrachte den restlichen Nachmittag mit Lucius und Shay in dessen Arbeitszimmer, weil es um die Belange von Charles ging.
Dieser Mann hatte ernsthaft um eine bessere Unterbringung ersucht, seine derzeitige behage ihm nicht. Was hatte er gedacht, wo er seine Strafe verbüßen würde, sicherlich nicht in einer komfortablen Herberge!
„Haytham, wie lange wird Master Lee eigentlich fort sein, bis seine Zeit abgesessen ist?“ fragte mich Faiths Vater nun.
„Master Williams, das weiß ich selber nicht genau, ich habe noch kein Urteil erhalten, in welchem sein Strafmaß festgelegt wurde. Entweder ist es auf dem Seeweg verschollen oder man hat es überhaupt noch nicht beschlossen!“
Bisher hatten auch meine Informanten nichts weiter verlauten lassen! Also hieß es Geduld haben. Noch würden wir nicht nach England aufbrechen, ich würde die offizielle Hochzeit auch erst einmal abwarten wollen!
Auch sprach ich meinen Gedanken hinsichtlich einer Aufnahme in den Orden für Alexandra an. Shay willigte ohne groß etwas zu erwidern ein. Lucius warf jedoch Bedenken in den Raum.
„Meint ihr wirklich, sie wird eine würdige Templerin abgeben, Haytham? Versteht mich nicht falsch, sie ist tüchtig was das Geschäftliche angeht und weiß sich zu artikulieren und zu benehmen. Doch sie stammt aus einer völlig anderen Zeit.“
Was hatte das bitte mit dem Beitritt in den Orden zu tun, fragte ich mich und sprach es auch laut aus.
„Ihr Verhalten und ihre Ansichten sind vielleicht nicht immer konform mit unseren Lehren.“ erklärte mir Lucius seine Bedenken.
Also erklärte ich ihm, genauso wie Alex es mir erklärt hatte, dass die Ansichten der Assassinen in ihrer Zeit eher den Lehren der Templer in unserer Zeit ähnlich waren und eben umgekehrt der Orden in ihrer Zeit eher den Ansichten der Bruderschaft hier glich.
„Eine interessante Aussage! So scheinen sich die Grenzen immer wieder zu verschieben und neue Ebenen zu eröffnen. Beizeiten sollte ich mich einmal mit Mrs. Frederickson zusammensetzen. Wenn ihr es erlaubt, Haytham. Und vertraut mir, ich will eurer Verlobten nichts böses!“ in seinen Augen konnte ich sehen, dass er ihr gegenüber mittlerweile ein gewisses Wohlwollen hegte und ich beruhigte mich innerlich.
Als es Zeit fürs Abendessen war, war Alex immer noch nicht wieder aus dem Zimmer gekommen.
Leise klopfte ich und fragte, ob alles in Ordnung sei, bekam jedoch für einen Moment keine Antwort. Vermutlich war sie wieder zu vertieft und bekam nichts um sich herum mit. Also klopfte ich etwas lauter und hörte ein leicht erschrecktes „Ja, alles in Ordnung. Ich … bin nur irgendwie hier abgetaucht.“ und damit öffnete sie die Tür und ihr Kopf schien förmlich zu rauchen. Ein sehr interessanter Anblick, wie ich fand und lächelte sie an. Ihre Liebe zu Büchern, egal WELCHEN anscheinend, war faszinierend. Ich meinte aber nun, dass sie eine Pause machen solle, da das Abendessen bereits fertig sei.
Meine Hände lagen um ihre Taille und ich konnte nicht anders, ich gab ihr einen vorsichtigen Kuss. Wie gerne hätte ich sie jetzt einfach unter mir!, ging es mir durch den Kopf und zu spät merkte ich, dass man mir diesen Gedanken vermutlich ansah.
„Mi amor, später... ich muss noch die Bücher wieder verstauen und dann sollten wir die anderen nicht warten lassen.“
Leider hatte sie Recht, aber ich ließ es mir nicht nehmen ihr mitzuteilen, dass ich mich sehr auf später freuen würde, ob nun im Bett oder egal wo. Auch Alex´ grüne Augen verdunkelten sich weiter und mit den Worten „Später, Master Kenway! Ich werde auf jeden Fall dort sein, wo ihr mich haben wollt!“ löste sie sich von mir und verstaute die Unterlagen in einer Truhe hier.
Während des gesamten Essens glitten meine Gedanken immer wieder in die Gosse! Was war es, was Alex hatte, dass mich so wahnsinnig machte? Ich drängte diese doch sehr anzüglichen Bilder in den Hintergrund und versuchte mich auf das eigentliche Geschehen zu konzentrieren.
Als wir später dann im Salon saßen, lehnte meine Verlobte sich plötzlich an mich und meinte, der Wein würde sie in Kuschellaune versetzen. Das war mir tatsächlich schon aufgefallen in den letzten Tagen und zog sie ein Stück dichter an mich.
Faith gesellte sich dann zu uns, nachdem die Kinder im Bett waren und erst jetzt fiel mir auf, dass Maggie auch hier war und neben Lucius saß. Ich sah sie skeptisch an und wollte schon zu einer Frage ansetzen, als meine Verlobte mich lautlos ermahnte.
Lass das, Haytham. Du machst sie sonst noch nervös. Ich weiß, wovon ich rede, genauso hast du mich damals auch gemustert!
Als ich erwähnte, dass das etwas ganz anderes gewesen sei und Maggie ja das Kindermädchen hier sei, fiel sie mir ins Wort.
Na und? Ich war Zimmermädchen, wo ist da der Unterschied? Lass es bitte einfach. Wir bekommen sicherlich eine Erklärung, mi amor! Das wollte ich auch hoffen!
Jetzt war es an mir, das Wort an die Anwesenden zu richten, da wir ja unsere Hochzeitspläne heute verkünden wollten.
Im ersten Moment wusste ich nicht so recht, wie ich anfangen sollte, doch ich besann mich auf meine Erziehung und sah auf Alex hinunter, als ich zu reden begann.
„Alexandra und ich haben euch etwas mitzuteilen. Wir haben beschlossen, unsere Hochzeit vorzuziehen! Und zwar auf den 31. Dezember diesen Jahres bereits und die offizielle Feier findet wie geplant im März statt. Es wäre auch nur die eigentliche Trauung, nichts weiter und nur Master Williams, ihr Shay und du Faith wäret anwesend. Master Johnson übernimmt die Zeremonie und seine Frau wird noch dabei sein. Also bitte, macht euch keine Gedanken um irgendwelche großen Essen oder ähnliches. Es ist im kleinen Rahmen, mehr nicht.“
Wir ernteten erstaunte Blicke und Alex fügte noch an, dass sie dem ganzen zustimmt und auch dem Orden beitreten will. Mit Shay und Lucius hatte ich das heute ja besprochen, also war es keine Neuigkeit hier.
„Es ist auch mein Wunsch, ... wenn wir ehrlich sind, können wir keine gemeinsame Zukunft planen. Ich möchte die Heirat und ich... möchte dem Orden beitreten, mit allen Konsequenzen...“ ihre Stimme zitterte und ich sah, dass sie mit den Tränen zu kämpfen hatte.
Ich schloss sie in meine Arme und sprach lautlos auf sie ein. Shhhhhh, ich weiß, es hört sich plötzlich etwas seltsam an, wenn man es so ausgesprochen hört. Doch ich stehe an deiner Seite. Das werde ich immer, mi sol! Ich hoffte, es würde reichen und gab ihr noch einen Kuss.
Meine kleine Schwester war die erste, die auf den Beinen war und uns zu unserem Entschluss gratulierte. Völlig aufgeregt umschlang sie Alex und küsste sie lange. Es war mir immer noch etwas unangenehm, gerade auch, weil Lucius mit anwesend war.
Alex teilte Faith nun noch mit, dass sie es gerne hätte, sie als Trauzeugin zu haben. Freudig willigte sie ein und dann beglückwünschte uns auch Shay.
„Alex, es freut mich, dass du diesen Schritt wirklich gehen wirst. Und ich weiß, er ist nicht leicht, doch ich weiß auch, du wirst für Haytham da sein.“
Diese Worte fand ich sehr passend und sie sollten meine Verlobte beruhigen, weil er wusste wovon er sprach!
Als nun Master Williams auf uns zukam, hatte sich ein nicht zu deutendes Lächeln auf sein Gesicht gelegt.
„Mrs. Frederickson, in den letzten Tagen überschlugen sich mal wieder die Ereignisse, ihr scheint ein Händchen für so etwas zu haben. Doch auch ich freue mich, dass ihr Master Kenway nun wirklich heiraten werdet. Meinen Segen habe ich euch gegeben und ich hoffe, ihr enttäuscht mein Vertrauen in euch nicht!“ meinte er nur und sah Alex dabei prüfend an.
„Master Williams, das habe ich nicht vor und ich werde meine Versprechen halten.“ war alles, was sie erwiderte und es schien als Antwort zu genügen.
Plötzlich hörte ich ein lautes erleichtertes Seufzen von Alex und ich sah noch, wie sie ihr Glas in einem Zug leerte und selig lächelte. Ihre Erklärung, dass sie sich unendlich erleichtert fühlen würde, war verständlich, auch ich war es!
Wir nahmen wieder Platz und nun war es an Master Williams, uns eine Erklärung zu geben, weswegen das Kindermädchen hier zugegen war. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.
Die beiden waren schon einige Jahre ein Paar, hatten es aber immer geheim gehalten. Wir alle wussten, vor WEM sie sich verstecken mussten! Lady Melanie würde es nicht dulden, dazu lag ihr zu viel an ihrer Familie und deren Ansehen in der Gesellschaft.
Als ich jetzt diesen verliebten Ausdruck in Maggies Gesicht sah, war ich versucht, sie zurecht zuweisen. Es war eine Angestellte... Alex unterbrach meine Gedanken aber im Stillen.
Haytham, nein. Nicht jetzt. Gib ihm meinetwegen wenn ihr alleine seit einen Seitenhieb, aber nicht vor allen hier. Für Maggie wäre es sicher nicht schön, oder?
Damit hatte sie ja Recht, ich wäre auch nicht begeistert gewesen, wenn mich damals jemand gemaßregelt hätte, bezüglich unserer Beziehung.
Die Themen drifteten nun ab in die Richtung, welches Essen man an unserer Hochzeit servieren würde, wie viele Gäste anwesend sein würden und wie der Ablauf wäre! Wir werden gegen Mittag getraut, dann gibt es das Essen und am frühen Abend werden die Kinder eine kleine Feier bekommen. Wenn diese dann im Bett sind, werden wir Erwachsenen entsprechend den Abend ausklingen lassen und ebenfalls um Mitternacht ein kleines Feuerwerk bestaunen können. Gegen 22 Uhr erklärte Alex, sie würde sich jetzt zurück ziehen wollen und zog mich mit hoch.
Im Gästezimmer angekommen schlang sie ihre Arme um meinen Nacken und küsste mich voller Verlangen und ich erwiderte es und drückte mich an sie.
Wir brauchten nicht lange um uns von den Kleidungsstücken zu befreien und als ich Alex jetzt auf meine Hüften hob, sah ich in ihren Augen diese Lust. Ein weiteres Mal, sagte ich ihr, dass ich sie liebte und küsste sie, bevor sie antworten konnte. Ihre Worte kamen lautlos in meinem Kopf an.
Das weiß ich, Master Kenway. Aber ich kann es gar nicht oft genug von euch hören. Ich liebe euch auch! Das war wie ein Stichwort und langsam drang ich in sie, ein leises Stöhnen auf ihren Lippen!
Langsam wanderten ihre Finger über meinen Rücken und mich überkam eine Gänsehaut dabei. Ich ließ sie für einen Moment gewähren, doch Alex´ Verlangen steigerte sich immer mehr und plötzlich lagen ihre Hände mit festem Griff auf meinem Po.
Kurzerhand umschloss ich ihre Hände wieder und hielt sie fest, mit den Worten, dass ich sie führen würde und sie dass auch wüsste.
Ich wollte dich doch nur noch mehr spüren! Ich sah dieses Betteln in ihren Augen und ich hatte Mühe, mich zu zügeln.
Mit einer Drehung lag ich unter ihr und sie saß auf meinem Schoss. Auch wenn ihre Hände nun wieder frei waren, ließ ich sie nicht machen, was sie will. Ich hatte meine Hände auf ihrer Hüfte und dirigierte sie in ihren Bewegungen. Sie stützte sich auf meiner Brust ab und folgte meinen Anweisungen, bis ich mit einem lauten Aufstöhnen kam und sie mit hinüber nahm.
Für einen Moment lag sie einfach an meiner Schulter und versuchte zu Atem zu kommen, so dachte ich. Doch dann nahm ich ein Schluchzen wahr. Hatte ich etwas falsch gemacht?, war der erste Gedanke der mir durch den Kopf ging. Auf meine Frage, ob alles in Ordnung sei, bekam ich eine sehr liebevolle Erklärung.
„Ja, es ist nur... ich weiß auch nicht. Ich habe nur gerade diese Erkenntnis gehabt, dass ich mich dir noch näher fühle, seit wir völlig lautlos mit einander reden. Es... ist einfach so viel mehr!“
„Genauso geht es mir auch und ich genieße es jedes Mal, Alex. Ich kann vermutlich nie genug von dir bekommen und wenn wir alt und grau sind, dann wird es hoffentlich auch nicht enden!“
Alex lag wieder unter mir und ich hielt ihr Gesicht in meinen Händen. Ich wollte meinen Worten Nachdruck verleihen und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann legte ich mich neben sie, deckte uns zu und schloss sie in meine Arme.
„Weißt du eigentlich, dass sich dein Geruch nicht verändert hat in den letzten zwei Jahren, mi amor? Ich würde dich vermutlich unter tausenden blind wieder finden!“ hörte ich sie reden mit einem leisen Kichern dabei.
Ich hoffte, sie würde nie in diese Lage kommen, teilen käme für mich definitiv nicht in Frage und ich ließ meine Hand auf ihren Po klatschen.
Ich vernahm ein mauliges „Aua“ von ihr und befand, dass es an der Zeit war, ihr einige angestaute Lektionen angedeihen zu lassen. Unter anderem sollte sie wissen, dass sie mich nicht zu maßregeln hatte, wie vorhin im Salon als es um Maggie ging.
Vor allem machte ich ihr klar, dass sie mir alleine gehörte, ohne wenn und aber. Ich genoss diese kleine Lehrstunde in vollen Zügen und bekam ihrerseits die Anerkennung zu spüren!
Später lag sie an mich geschmiegt und fuhr mit ihren schlanken Fingern über meine Brust. Ich brachte nur noch ein leises „Mach weiter, dass beruhigt mich, mi sol.“ zustande und war kurz darauf eingeschlafen!
Das Wecken übernahm ein Weckkommando von drei kleinen Kindern, welche sich gleich auf unser Bett warfen.
Meine Patentochter hatte ich aber schnell unter Kontrolle, ich schnappte sie mir, ehe sie auf mich drauf springen konnte und fing an sie durch zu kitzeln. Cadan und Cillian wurden Opfer einer ähnlichen Attacke meiner Verlobten, welche sichtlich Mühe hatte, sich gegen zwei Angreifer zu verteidigen.
Irgendwann sprang July aber aus dem Bett, völlig außer Atem und rief nur, ich solle aufhören.
„Wisst ihr, Opa Lucius ist sicher schon ganz traurig, dass ihr ihn nicht auch geweckt habt. Er wartet bestimmt schon auf euch!“ kam es mit einem breiten Grinsen von Alex und Cadan war der erste dem der Vorschlag gefiel.
Als die Tür wieder ins Schloss fiel, drehte ich meine Verlobte zu mir herum und erklärte ihr, dass ich dafür bestimmt noch eine Strafpredigt von Master Williams bekommen würde. Ich würde diese aber einfach an Alex weitergeben, damit sie auch etwas davon hätte.
„Master Kenway, ich werde mir eure Predigt sicher gerne anhören!“
Gerade als sie mich mit diesen leicht atemlosen Wörtern zu sich herunterziehen wollte, dröhnte ein lautes „MRS. FREDERICKSON!“ über die Galerie und Alex war im Nu auf den Beinen. Vorsichtig sah sie auf den Korridor, an dessen Ende ein etwas wütender Lucius stand.
„Das wird ein Nachspiel haben! Ihr solltet eure zukünftige Frau besser im Zaum halten, Master Kenway!“
Wir konnten aber ein Grinsen in seinem Gesicht wahrnehmen, als er sich umdrehte und wieder in sein Zimmer betrat.
Ich ging wieder ins Bett, im Grunde war es immer noch nicht Zeit zum Aufstehen, wenn wir ehrlich sind. „Wir sollten einfach aufstehen, was meinst du?“
Seit wann wollte Alex bitte freiwillig aus dem Bett? Ich winkte sie zu mir, ich hätte eine wesentlich bessere Idee, meinte ich nur und zog sie zu mir.
Als sie dann auf meinem Schoß saß, kam ein leises „Das … ist eine wirklich gute Idee...“ zu mehr Worten war Alex dann nicht mehr fähig, ich legte einen Finger auf ihre Lippen und nahm mir, was mir gehörte! Dieser Moment war wieder wie eine Notwendigkeit und meine Bewegungen zeigten ihr schon, was ich erwartete!
Gerade als Alex an mich geschmiegt lag und wir wieder ruhiger wurden, klopfte es und Magda kündigte das Frühstück an.
„Haytham, kann ich Magda nicht einfach als Zofe behalten? Sie macht eine großartige Arbeit und ich mag sie. Wir können ja sonst ein anderes Zimmermädchen für sie als Ersatz einstellen!“ meinte sie plötzlich und warf mir einen so tiefen bittenden Augenaufschlag zu, der mich dazu veranlasste, definitiv NICHT nein sagen zu können!
Nach dem Frühstück würden wir dann den Vertrag aufsetzen!
Ihre Freude war nicht zu übersehen und ich bekam ein „Danke, Haytham!“.
Als wir Magda später in das Arbeitszimmer von Shay baten, sah sie ziemlich ängstlich aus. Verstehe einer die Frauen, warum sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn doch gar nichts passiert ist.
Ich hieß sie sich zu setzen und sie fragte stotternd, ob sie etwas falsch gemacht hätte. Ihre Hände arbeiteten in ihrem Schoß und ich sah plötzlich meine Verlobte wieder vor mir, wie sie genauso auch schon vor mir gestanden hatte. Innerlich musste ich darüber schmunzeln, auch wenn es sich jetzt etwas unfair anhören mag.
„Wir haben beschlossen, dass wir euch eine andere Position in unserem Haushalt geben wollen. Und zwar die als Kammerzofe für meine Verlobte!“ sprach ich dann, um das Ganze abzukürzen und man sah förmlich, dass ihr ein Stein vom Herzen fiel!
„Master Kenway, Mistr.... Mrs. Frederickson! Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich freue. Das ist... Danke!“ hörte ich sie erleichtert sagen.
„Ihr habt mir in der kurzen Zeit bereits so gute Dienste geleistet, dass ich niemand anderen haben möchte, Magda.“ meinte Alex dann noch erklärend.
Nun war es an der Zeit für den Vertrag und die Verhandlungen über Bezahlung, freie Tage und ähnliches. Sie würde eine Kammer in der ersten Etage in Virginia beziehen, neben Mrs. Wallace.
Als alles besprochen war, ging sie dankend und freudestrahlend hinaus.
„Es fühlt sich gerade wieder so seltsam an, Haytham.“
Meine Verlobte stand am Fenster und sah auf ihren Verlobungsring. Ich legte meine Arme um sie und versuchte ihre Gedanken ein wenig zu erhellen.
„Alex, du wirst sicher noch einige Momente haben, in denen du vieles noch an dich heranlassen musst und ich werde dir dabei helfen!“ ich nahm ihre Hand in meine und betrachtete ihn ebenfalls! „Ich fand diesen Ring immer sehr faszinierend, gerade im Sonnenlicht wirft er ganze Regenbögen!“ meinte ich dann ebenso gedankenverloren, ich sah ihn vor mir, als meine Mutter ihn trug!
Als hätte Alex es gespürt, drückte sie nur meine Hand und in ihren Augen las ich, dass sie mich gerade verstand!
Faith nahm meine Verlobte nun wieder in Beschlag, da sie das Essen ausführlich planen wollte und das drumherum. Wobei ich nicht so ganz verstand, was an meinen Worten, dass es ein kleiner Rahmen war, nicht zu verstehen gab? Resigniert gab ich es auf Gegenargumente zu bringen und machte mich noch einmal auf den Weg zum Trockendock. Der Zimmermann hatte Bericht erstattet, doch ich wollte mich selber noch von der Arbeit überzeugen. Auch konnte ich so für einen Moment meine eigenen wirren Gedanken auf dem Weg dorthin sortieren.
Die Handwerker hatten bisher gute Arbeit geleistet und die Kosten hielten sich auch in Grenzen. Neue Kanonen waren schon geordert und die beschädigte Sektion war wieder voll Instand gesetzt worden.
Für einen Moment stand ich einfach an Deck und besah mir die Jackdaw, als ich eine Stimme in meinem Kopf vernahm.
Junge, es ist eine gefühlte Ewigkeit her, als du mit deiner Mutter, Jenny und mir hier standest. Warum du dich daran nicht erinnern kannst, weiß ich nicht. Vielleicht soll es so sein! Vielleicht ist es auch besser so! Du wirst nun neue und vor allem eigene Erinnerungen an die Brig bekommen und das ist unser Neuanfang, Haytham!
Er hatte Recht! Wir setzten sein Werk fort! Es fühlte sich immer noch unwirklich an, wenn Vater mit mir sprach. Aber es tat meiner Seele gut!
Langsam machte ich mich auf den Weg zurück zum Fort und fand Shay in seinem Arbeitszimmer vor.
Kurzerhand beschloss ich nun, dass es an der Zeit sei, ihn auf sein Fehlverhalten hinzuweisen. Als er mich sah, bat er mich hinein und ich schloss die Tür.
„Master Kenway, was kann ich für euch tun?“ und ich wusste, er ahnte, dass es keine freundschaftliche Unterhaltung werden würde.
Ohne Umschweife kam ich direkt auf den Punkt und fragte nach dem Grund seines so überstürzten Verschwindens und auch, WOHIN er unterwegs gewesen ist. Mein Ton ließ ihn wissen, dass ich keine Ausreden hören wollte.
„Sir, es war unbedacht von mir und im Nachhinein bereue ich es auch! Um auf eure Frage zu kommen, ich brach auf, weil ich das Gefühl hatte, hier nicht mehr gebraucht zu werden. Meine Frau kam anscheinend wunderbar alleine zurecht und hatte sich noch ein weiteres Kind dazu geholt, ohne meine Zustimmung! Ich fühlte mich übergangen!“
In seinem Blick lag echtes Bedauern und ein ziemlich schlechtes Gewissen.
„Und... Master Kenway, es tut mir leid. Ich hätte mich abmelden müssen und euch Bescheid geben müssen. Aber dafür war in diesem Moment keine Zeit!“
Ich wies ihn darauf hin, dass er sehr wohl Zeit gehabt hätte, spätestens als er dabei war, die Morrigan zu beladen!
„Da habt ihr wohl Recht, Sir!“ kam es jetzt leise von ihm.
Shays Argument, dass er auf See am besten nachdenken konnte, war durchaus plausibel. Wobei ich mich fragte, ob Gist da eine Hilfe gewesen sein kann, er plapperte teilweise ohne Unterlass!
Im Grunde war es nach drei Monaten dann soweit, dass er sich entschied, wieder zurück zukehren, zu seiner Familie. Er hatte gespürt, dass sie ihm alle fehlten und er seine Frau wieder haben wollte. Ich sah ihm aber an, dass er ihr wegen der Nacht mit King George noch immer nicht ganz verziehen hatte!
„Master Kenway, es war aber eure Verlobte, die mich auf den Boden der Tatsachen geholt hat. Als sie meinte, dass Cillian nichts für seinen Vater kann und ich Faith als Heilerin sehen solle, die sich verpflichtet hat, anderen zu helfen, wurde mir klar, dass ich ihr Unrecht getan hatte. Und wie ihr sehen könnt, lebt der Kleine nun hier und ich hoffe, er kann mir irgendwann auch verzeihen!“
Die Frage die sich mir nun stellte war etwas pragmatisch, hatte man Cillian wirklich erzählt, WER seinen Vater ermordet hat? Das konnte ich mir eigentlich beim besten Willen nicht vorstellen! Jetzt kamen in mir aber auch die Gedanken an den Mord an meinem Vater hoch. Mir hatte man auch nichts erzählt, mich im Unklaren gelassen, bis ich alles selber herausfand. War das der bessere Weg oder wäre es zum Wohle des Kindes, wenn man ihn einweihen würde? Nicht jetzt sofort, dafür war Cillian noch zu jung, aber eventuell sollte man es in späteren Jahren in Angriff nehmen. Doch ich behielt meine Gedanken für mich, dafür war gerade nicht die Zeit!
Es war soweit, dass ich sein Strafmaß festsetzen musste, doch noch war ich mir nicht ganz im Klaren, WIE ich ihn bestrafen sollte.
„Master Cormac, seid euch sicher, dass ich euch beizeiten eine entsprechende Strafe verbüßen lassen werde, doch noch ist es nicht an der Zeit! Aber behaltet es im Auge!“ meinte ich in meiner Rolle als sein Großmeister und er nickte nur mit einem „Ja, Sir!“
Wieder in der Eingangshalle staunte ich nicht schlecht, als eine riesige Tanne hineingebracht wurde. Ich erinnerte mich an ein Weihnachten bei Lady Melanie als ich jünger war und sie hatte ebenfalls einen geschmückten Baum im Familiensalon!
Ich setzte mich mit Lucius dazu und wir beobachteten das Schmücken und wie die Kinder mit großen Augen davor standen.
In diesem Moment erschienen meine Verlobte und Faith und ich sah, wie Alex ebenfalls große Augen bekam. Als sie kundtat, dass es doch eigentlich hier noch keine Tradition sei, erklärte Faith ihr, dass es dann jetzt wohl eine werden würde. Meine Verlobte sprach von einem Adventskranz, auf welchem vier Kerzen standen und die vier Wochen vor Weihnachten jeden Sonntag eine angezündet würde.
Als sie aber auf das Weihnachtsessen zu sprechen kam, dachte ich, ich hätte mich verhört. Kartoffelsalat und eine Art Wurst, ein einfaches Essen, damit die Dame des Hauses nicht so lange in der Küche stehen musste. Hier müsste sie es ja sowieso nicht, dachte ich noch, aber ich sah, wie meine kleine Schwester irgendetwas in dieser Richtung begann zu planen.
Alex verschwand dann wieder mit den Geschäftsbüchern im Arbeitszimmer und als ich Faith nun auf ihre Planung ansprach, meinte sie, es wäre doch für Alex schön, etwas Heimat hierher zu holen. Sie hätte vorhin den Eindruck gemacht, als würde sie ihr Zuhause schmerzlich vermissen und mir wurde wieder bewusst, dass es wirklich ein Weihnachten ohne ihren Sohn wäre!
So sollte es eben das Weihnachtsessen von Alex an Heilig Abend geben! Wenn ich ehrlich sein darf, gespannt war ich schon und freute mich insgeheim auch ein wenig darauf. Auch wenn ich nicht der Mensch bin, der gerne immer wieder Neues ausprobiert!
Während des Abendessens erhielten Alex und ich eine Nachricht, die uns ein Bote überreichte. Sie war vom Duke of Ironside und als ich sie gelesen hatte, stand ich ohne weitere Worte auf und zog meine Verlobte hinter mir her.
In der Eingangshalle fragte sie mich unsicher, was passiert sei. Auf meine Erklärung, dass er uns sehen wolle, kam nur ein „Wann?“ und da muss ich sagen, war ich etwas erleichtert. Er wollte uns am 27.12. sehen, also nach den Feiertagen, was mir gelegen kam. So hätten wir noch einen Moment um uns vorzubereiten.
Auch hatte ich jetzt eine Möglichkeit für Shay ihn zu bestrafen, er würde für unsere Sicherheit sorgen müssen, als Scharfschütze!
Alex´ konnte sich denken, weswegen er uns sprechen wollte und wie immer zählte sie eins und eins zusammen!
„Nein, nicht schon wieder so eine besch... blöde Duell-Geschichte!“
Sie hatte eines seiner Schiffe versenkt, mit einem Duell wäre das Ganze nicht abgetan. Mir kam ein anderer Gedanke, nämlich der, dass er wissen wollte, wer plötzlich an meiner Seite stand!
Und auch wenn es mir schwerfiel, ich musste meine Verlobte darum bitten, ihren Assassinen-Ornat zu tragen, vielleicht würde man den Duke so etwas milde stimmen können!
„Das glaube ich kaum, DU bist im Raum, also wird er... Moment, ich könnte versuchen ihn anhand unseres Beispieles davon zu überzeugen, dass man auch zusammenarbeiten kann!“
Das war eigentlich nicht das, was ich meinte, aber unrecht hatte sie nicht. Ich erklärte, was ich mit Shay dann vorhatte und sah, dass Alex das schlechte Gewissen plagte, weil es eisige Temperaturen waren und jemand stundenlang auf einem Dach ausharren musste, nur um uns zu schützen! Strafe muss halt sein!
„Wie viele Männer hast du eigentlich unter dir, ich glaube, ich habe das noch nie gefragt. Aber... wenn du es mir nicht sagen möchtest... dann...“
Richtig, ich hatte ihr nie von der Größe unseres neugegründeten Ordenszweig berichtet. Wann auch? Aber ich würde ihr in den nächsten Wochen alles weitere erklären und sie in die Reihen einweisen. In wenigen Tagen würde sie uns beitreten und dann müsste sie schon über die Rangfolgen und ähnlichem im Bilde sein!
Nach dem Essen verschwanden Faith und Alex plötzlich mit verschwörerischen Mienen und in mir wuchs wieder die Eifersucht.
Doch die beiden waren schnell wieder im Haus und meine Verlobte berichtete mir, dass Banfhlath, Faiths Stute, zwei Fohlen letzte Nacht bekommen hatte. Diese sollten ein Geschenk für die Kinder werden und bei dieser Erzählung hatte sie ein Leuchten in den Augen, wie immer wenn sie von Pferden sprach! Sie war aber entsetzt, dass Lee alle anderen Tiere verkauft hatte und ich spürte, dass ihr Hass gegen ihn wieder aufflammte! Noch war es aber nicht soweit für eine Rache, vielleicht würde sie auch nie die Gelegenheit dazu bekommen!
Nachdem July, Cadan und Cillian im Bett waren, ging ich mit Shay und Alex in das Arbeitszimmer von Master Cormac, um schon einmal grob einen Plan aufzustellen für das Treffen.
„Ich werde mit den anderen Männern gegenüber auf den Dächern Stellung beziehen und wir werden einige auf der Straße haben, ebenso sollten wir um das Grundstück noch ein oder zwei Patrouillen haben.“
Shay wusste, genau wo sie sich platzieren mussten, auch ein Grund, warum ich ihn im Orden haben wollte! Ich erinnerte ihn aber noch einmal daran, wenn wir bis spätestens Mitternacht nicht wieder vor den Toren erscheinen, dass dann der Zugriff stattzufinden hat! Er war derjenige, der das Anwesen auch im Innenbereich gesehen hatte.
Neben mir spürte ich, wie Alex sich schüttelte, anscheinend hatte sie mit meiner Templerrolle immer noch ihre Probleme.
Gegen 21 Uhr waren wir wieder im Salon und ließen den Tag ausklingen, auch wenn er nicht sehr ereignisreich gewesen war. Solche Zeiten sollte man auf jeden Fall genießen und ich tat es, mit Alex an meiner Seite um so mehr... doch ich schweife schon wieder ab.
Sie begann von ihrer Zeit zu berichten, nachdem sie wieder zuhause angekommen war in ihrem Jahrhundert. Als sie jedoch darauf zu sprechen kam, dass sie Marie de Scudéry in ihre Zeit geholt hatte, als eine Art Ausgleich, blieben allen die Münder offen stehen. Aber sie hatte eine einleuchtende, wenn auch haarsträubende Erklärung und ich sah wieder Master Cormac mit anderen Augen, auch wenn ich es nicht sollte!
„Der andere Shay hatte einfach ein so großes Desaster angerichtet, dass sie schon an Selbstmord dachte. Doch so kam ich an diverse wichtige Dinge, welche mir geholfen haben, meine Aufgabe und Suche fast abzuschließen.“ es klang unglaublich und nicht nur ich sah etwas verstohlen zu dem Iren hinüber.
Ich weiß, es war ein anderer, genau wie Alex einen anderen Haytham dort vor sich hatte. Es hört und fühlt sich einfach eigenartig an.
Marie hatte dann, kurz vor Alex´ Abreise, diesen Tobias Schäfer, Großmeister des dortigen Templerordens geheiratet. Shay formulierte es sehr gut, sie hätte da ja ganze Arbeit geleistet.
„Ich habe die beiden nur vorgestellt, aber danke!“ lachte sie leise und man konnte ihre Erleichterung sehen, dass sie nicht mehr hinter dem Berg mit ihrem alten Leben halten musste.
Es dauerte aber nicht lange, da nickte meine Verlobte immer wieder an meiner Schulter ein und verabschiedete sich dann verständlicherweise für die Nacht. Natürlich folgte ich ihr, nicht ganz ohne Hintergedanken.
Magda half ihr noch beim Entkleiden und als sie dann in die Decke gedreht auf dem Bett lag, konnte ich nicht anders. Ich kroch mit darunter und begann mit meinen Fingern ihren Körper zu erkunden.
Das brachte mir ein gähnendes „Mi amor, ich bin wirklich müde. Ich bin zu nichts mehr fähig...“ ein.
Ich ließ mich nicht beirren und setzte mein Tun fort mit den Worten, dass sie mich nicht so schnell loswerden würde. Bei diesen Worten war es, als öffnete sich Alex wie von alleine und ich raunte nur ein „Na also, warum nicht gleich so?“ und ließ sie meine Finger weiter in sich spüren.
Als wir dann später aneinander geschmiegt lagen, entschuldigte ich mich noch dafür, dass ich sie von ihrem wohlverdienten Schlaf abgehalten hatte und hoffte, sie wäre mir nicht allzu böse.
„Hmmmm... ich könnte dir böse sein, Haytham. Aber ich will es nicht, ... es war einfach zu schön und jetzt halt mich einfach fest.“ Diese Worte mit dem schläfrigen Unterton und ihrem eigentümlichen Akzent waren es, welche mich weiter bestärkten, sie ist die Richtige für mich! Langsam schlief auch ich ein...
Es war Heiligabend! Ein Tag wie jeder andere, so war es bisher immer gewesen. Dieses Jahr jedoch war ich vereint mit meiner zukünftigen Frau und wie sollte es anders sein, war ich vor ihr wach. Das war aber ihrem sehr unruhigen Schlaf von letzter Nacht geschuldet. Sie hatte sich immer wieder hin- und hergedreht, hatte viel gesprochen, doch verstanden hatte ich leider kein Wort.
Als sie nun ihre Augen aufschlug und mich ansah, erschien dieses warme Lächeln auf ihrem Gesicht und ein leises „Guten morgen, mi amor!“
Was sie geträumt hatte, konnte mir Alex nicht sagen.
„Ich kann mich nicht wirklich erinnern, Haytham. Eigentlich habe ich gar nichts geträumt und wenn... dann vermutlich von der Bescherung!“ diese wäre aber erst morgen früh! Dennoch konnte ich die Freude auf Geschenke verstehen, auch wenn wir uns als Erwachsene nichts schenken würden. Zumal die Zeit für ein adäquates Geschenk auch gefehlt hatte.
Während des Frühstücks sah ich meine Verlobte förmlich aufblühen, als sie den Kaffee trank. Immer noch sehr faszinierend, ihre Hingabe für dieses Getränk!
Die Kinder benahmen sich ausgesprochen gut heute, was Master Williams zu verdanken war, welcher ihnen gesagt hatte, dass sie bei schlechtem Benehmen morgen keine Geschenke bekommen würden.
Ich konnte mich ebenso an diese oder ähnliche Worte meiner Eltern erinnern vor Weihnachten! Für einen Moment wünschte ich mir wieder eigene Kinder... ich verwarf diesen Wunsch jedoch schnell wieder. Im Grunde wusste ich, dass ich bereits Vater war, doch es nagte dieser leise Wunsch an mir, mit Alex ein gemeinsames Kind zu haben.
Abgelenkt von meinen Gedanken, bekam ich nur am Rande mit, wie meine kleine Schwester meine Verlobte bat, ihr bei den Vorbereitungen für das heutige Essen zur Hand zu gehen.
Das passte mir nicht und beide Frauen wussten das auch, doch es schien ihnen egal zu sein, Alex ging freudig mit in die Küche. Dafür würde ich ihr noch eine Lektion erteilen! Es gehörte sich für sie nicht, in der Küche zu stehen!
Tief durchatmend trat ich nun in die Eingangshalle und Shay bat mich mit in den Salon. Heute standen keine Termine oder Gespräche an und somit hatten wir etwas Freizeit. Als ich dann meine Patentochter mit ihren Puppen spielen sah, während Cadan und Cillian einer Geschichte von Lucius lauschten, setzte ich mich mit zu ihr auf den Boden. Master Cormac tat es mir gleich und wir waren uns einig, da sie nun ein Ebenbild von mir hatte, dass sie Altair ja nicht mehr benötigen würde. Sie war eine hartnäckige Persönlichkeit, July ließ sich nicht beirren, hatte sogar immer wieder eigene handfeste Argumente und oft sah ich Faith in ihr. Oder sollten wir stattdessen lieber versuchen, ihr eine Einigung zu erklären?
Dieser Gedanke war gar nicht so abwegig, sie ist die Zukunft und soll ja unsere Ideale weitertragen. Wäre es da nicht von Vorteil, diesem Mädchen die Vorteile einer Übereinkunft zu erklären?
Bevor wir jedoch dort ansetzen konnte, erschienen Faith und Alex und kündigten das fertige Essen an. July klammerte sich plötzlich an mein Bein und wollte unbedingt getragen werden, aber in einem Ton, welcher doch sehr ungehörig war. Als ich sie fragte, ob sich das für eine junge Dame gehörte, rannte sie davon mit den Worten, sie sei sowieso schneller als ich. Ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen und sah ihr hinterher.
Jedoch nicht, ohne meiner kleinen Schwester einen tadelnden Blick zuzuwerfen, der ihr sagte, dass ich meine zukünftige Frau nie wieder in einer Küche sehen wollte!
Als meine Verlobte nach dem Essen mit den Geschäftsbüchern wieder im Arbeitszimmer verschwinden wollte, hielt ich sie auf.
„Mi sol, ich würde es begrüßen, wenn ich dich nicht noch einmal in der Küche antreffe! Du weißt, dass ich das nicht mag, es gehört sich für dich nicht. Und ja, ich weiß, dass du sonst auch alles alleine gemacht hast, doch hier brauchst du es nicht!“
Eigentlich ein Argument, welches Hieb- und Stichfest war!
„Ich weiß, Haytham. Aber so habe ich einen besseren Überblick über dieses Jahrhundert, verstehe es als eine Art Lehrstunde!“ und natürlich kam ein Gegenargument. Doch bei dem Gedanken, ihr noch mehr Lehrstunden, sogar hier und jetzt, angedeihen zu lassen, wanderten meine Bilder im Kopf in die Gosse!
„Dann solltet ihr heute Nacht euren Lehrplan im Kopf haben, Master Kenway! Ich glaube nämlich, ich habe so einiges wieder vergessen!“
Dieses Weib verstand es, mich um den Finger zu wickeln und wieder einmal lief mir bei diesen Worten eine Gänsehaut über den Körper. Ihre Wirkung verfehlte ihr Ziel nicht, doch sie ging einfach weiter an mir vorbei ins Arbeitszimmer und schloss demonstrativ die Tür!
Am Nachmittag wurden die Kinder nach draußen gescheucht und die Damen folgten. Mir war es aber lieber im Warmen zu bleiben, ich hatte mal wieder ein Buch entdeckt, welches ich noch nicht kannte und wir drei Herren genossen diese Stille für einen Moment!
Irgendwann hörte man ein Getrappel von Kinderfüßen und sie alle waren wieder im Haus. Durchnässt und mit roten Wangen, aber glücklich. Die drei wurden kurzerhand wieder in trockene Kleidung gepackt und kamen wieder in den Salon, wo sie sich aufwärmen konnten.
Von Faith und Alex fehlte jedoch jede Spur und als mein Blick zu Shay ging, sah ich, dass er den gleichen Gedanken hatte. Die beiden hatten sich zurückgezogen, doch wohin, entzog sich unserer Kenntnis und ich wollte auch nicht sofort nach ihnen suchen. Auch wenn es mir unter den Nägeln brannte, stattdessen versuchte ich mich abzulenken.
Ungefähr eine Stunde später waren July und die Jungs nicht mehr zu halten, sogar Maggie hatte ihre Probleme sie alle unter Kontrolle zu halten. Im Eingangsbereich erwischten wir sie wieder, wie sie sich von draußen Schnee geholt hatten und hier drinnen damit umherwarfen.
Mit einem Male öffnete sich die Tür im hinteren Bereich und heraus traten meine Verlobte und meine kleine Schwester. Wütend schritt ich auf sie zu und funkelte Alex nur an, meine Frage, wo sie gewesen wären erübrigte sich, als ich ihre Haare sah. Sie waren nass, ebenso wie die von Faith! Und ich wusste in diesem Moment, WAS die beiden Frauen dort gemacht hatten!
Hatte ich Alex nicht schon darüber belehrt, dass ich diese Alleingänge nicht haben wollte?
„Ich habe sie einfach vermisst, mi amor. Es war eine kleine Auszeit und wir konnten unser Wiedersehen ein wenig... genießen. Sei mir nicht böse, ab jetzt bin ich wieder ganz für dich und dein Wohl da!“
Grollte ich ihr wirklich, oder war es einfach nur dieser Gedanke, nicht eingeweiht zu sein, nicht genau zu wissen, was die beiden Frauen für einander fühlten? Es war mir gerade einerlei und ich drohte ihr an, dass wir uns darüber noch später ausgiebig unterhalten würden.
Mit ihrer süffisanten Antwort hätte ich rechnen müssen. „Ich freue mich schon darauf, Master Kenway!“ kam es nur lüstern von ihr und sie ging mit schwingenden wunderschönen Hüften an mir vorbei die Treppe hinauf! Verdammt, diese Frau war... hinreißend!
Als Alex wieder unten erschien, hatte sie ihre Haare geflochten und in einem ordentlichen Zopf lagen sie nun in ihrem Rücken. Während des Essens blieb es ruhig, die Kinder taten ihr Bestes und aßen ordentlich.
Doch ich nahm diesen leeren Blick von Alex wahr und wusste, sie dachte an Yannick. Es war das Essen wie sie es von zuhause kannte, doch ER war nicht anwesend. Wieder einmal versetzte es mir einen Stich, weil sie alles aufgegeben hatte für eine Zukunft mit mir, hier in diesem Jahrhundert.
Sie sah zu meiner kleinen Schwester, welche sie nur liebevoll anlächelte und ich konnte nicht anders, ich drückte Alex´ Oberschenkel als Zeichen, dass ich zu ihr gehörte.
Du bist und bleibst meine Nummer eins, mi amor! Aber lass mir diese Momente mit deiner kleinen Schwester! hörte ich sie lautlos in meinem Kopf! Umgekehrt bat ich sie, mir dafür Zeit zugeben, damit ich mich daran gewöhnen konnte! Ich teilte halt nicht gerne und Alex gehörte MIR! Ein „Ich liebe dich, Haytham“ war alles was sie sagte und ich umgekehrt hören wollte!
Wir saßen danach noch im Salon und ließen den Abend ausklingen. Die Kinder durften noch aufbleiben, da sie eh viel zu aufgeregt wegen der morgigen Bescherung waren!
Alex versank plötzlich in sehr dunklen und trüben Gedanken, doch ehe ich etwas sagen konnte, sprang mir Faith zur Seite.
„Alex, er wird das nie vergessen! Diese Erinnerungen hat er für sein ganzes Leben!“ ihre Gedanken schweiften gerade an diesen Feiertagen zu ihrem Kind.
Ich hoffte, dass Yannick die Nachricht erhalten würde für unsere Hochzeit und betete, dass er erscheinen möge!
„Das weiß ich, mo rionnag!“ kam es wie selbstverständlich von meiner Verlobten auf einmal und ich sah sie nur erstaunt an. Als ich sie darauf ansprach, dass sie plötzlich sogar schottisches Gälisch sprach und meinte, die lange Zeit im Bad hätten den beiden nicht gut getan, grinste sie mich nur an. Diese Frau war einfach... erstaunlich, in vielerlei Hinsicht!
An diesem Abend muss ich gestehen, war Master Williams entspannter und ruhiger gewesen. Vermutlich, weil er seine Beziehung nicht mehr verheimlichen musste, zumindest vor uns nicht mehr. Eine Veränderung, welche ich durchaus begrüßte!
Es dauerte aber nicht lange, bis ich spürte, dass Alex völlig erschöpft an mir lehnte und ein ständiges Gähnen versuchte zu unterdrücken. Also verabschiedeten wir uns für die Nacht und gingen hinauf.
Alex schmiss sich einfach auf das Bett und starrte zu dem roten Baldachin hinauf.
„Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass es die Geschenke nicht an Heilig Abend gibt.“
Ich stand vor dem Spiegel und versuchte diese vermaledeite Halsbinde zu lösen und erwiderte nur, dass wir ihr dann wohl endlich unsere Traditionen zeigen sollten!
Mir entwich lautstark ein „Verdammt!“ weil sich die Tücher verknotet hatten.
„Mi amor, lass mich das machen, du reißt es sonst entzwei!“ meinte Alex, als sie auf mich zukam. Es war diese selbstverständliche Art mir zu helfen, welche ich noch nicht verinnerlicht hatte. Ich war eigentlich ein Einzelgänger.
Als sie nun so vor mir stand und mich von dem Dilemma befreien wollte, fragte ich einfach, warum es gerade eine Frau war, warum gerade Faith!
Ein fremder Mann wäre natürlich unverzeihlich, da mache ich auch kein Hehl draus, das würde die Trennung bedeuten. Doch in diesem Falle wusste ich nicht so recht, wie ich agieren sollte.
Alex mied wissentlich den Augenkontakt und versuchte sich zu erklären.
„Ich kann es dir nicht sagen, es ist eine Verbundenheit, welche ihr Männer vermutlich so nicht nachvollziehen könnt. Es ist nicht so, dass wir euch verlassen würden oder euch nicht lieben! Im Gegenteil! IHR gebt uns eine gewisse Sicherheit, in welcher wir uns so … entspannt bewegen können. Ich liebe sie, Haytham. Sie ist … wie meine Schwester... ich kann es nicht wirklich erklären!“
Ich nahm ihre etwas zittrigen Hände in meine und erklärte mich.
Sie beide sind sich einfach mehr als ähnlich, dass hatte ich damals schon gesehen. Faith war eine Frau, die einzige zu dem damaligen Zeitpunkt, welche mich zurechtweisen konnte. Dann hatte ich einen anderen Gedanken in meinem Kopf.
War es doch wirklich dieses Schicksal, welches mich mit ihr vereinen wollte?
„Ja, das ist es und wenn ich ehrlich sein darf, man muss dir ab und zu auch einfach mal sagen, was Sache ist. Männer sind mitunter sehr schwer von Begriff!“ Bei diesen Worten fiel es mir schwer mich zu beherrschen und meinte nur, sie solle mir dann ebenso ein paar Lektionen beibringen! Ich zog sie an mich und konnte nicht leugnen, dass Alex genau spürte, was gerade in mir vorging.
„Master Kenway, dann solltet ihr mich jetzt aber meine Arbeit machen lassen, sonst...“ zu mehr ließ ich sie nicht kommen, das war alles, was ich brauchte.
Ich hob sie einfach nur noch mit hochgeschobenen Röcken auf meine Hüfte und brachte uns zum Bett, wo ich sie unter mir hatte und sie nahm. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, auch Alex war mehr als bereit.
Lautlos wies ich sie noch darauf hin, leise zu sein, die Aufmerksamkeit sollte nicht uns gelten. In ihren Augen glühte förmlich diese Lust und diese Hingabe, welche mich antrieb und sie zu ihrem Höhepunkt bringen ließ.
Irgendwann lagen wir uns in den Armen und sie strich mir gedankenverloren durch die Haare.
„Ich liebe dich, Haytham!“ hörte ich sie murmelnd an meiner Brust und konnte nur sagen, dass ich sie ebenso lieben würde. Es war Bestimmung, oder? Wir gehörten zusammen... Gedanken, mit denen ich in den Schlaf glitt!
Ein leises „Guten morgen, mi amor.“ mit einem vorsichtigen Kuss weckte mich plötzlich. Doch mehr als ein „Hmmmmmmm...“ brachte ich nicht zustande. Hatte ich wirklich so tief geschlafen, war Alex tatsächlich VOR mir wach?
Im Grunde war es gerade egal, wir hatten keine Termine oder ähnliches und ich schlang meine Arme um meine Verlobte und zog sie zu mir, mit den Worten „So früh schon wach, mi sol?“ doch Alex wäre nicht sie selbst, wenn nicht eine passende Gegenfrage kommen würde.
„So früh noch NICHT wach, mi amor?“ kicherte sie an meiner Brust und meine Finger glitten über ihren Rücken und hinterließen eine Gänsehaut. Ich hatte tatsächlich völlig tief geschlafen, was wirklich selten ist und mich erstaunte.
„Es freut mich, dass du auch mal richtig schläfst und nicht immer in dieser Halb-Wach-Und-Schlaf-Phase verweilst.“
Mitunter war das sicherlich der Gesundheit nicht zuträglich, leider ließ es sich in einigen Situationen nicht vermeiden!
Als Alex begann, ihre langen Finger über meine Brust hinunter zu meinem Bauch gleiten zu lassen, kam mir in den Sinn, dass ich keine Hände wollte, ich wollte SIE! Kurzerhand hob ich Alex auf meinen Schoß und genoss diesen Körper und diese Frau einfach.
Als wir das Esszimmer später betraten, fanden wir nur Lucius und Maggie vor. Von den Kindern keine Spur, kurz nach uns erschienen auch Shay und Faith.
Also konnten wir noch einen Moment diese Stille genießen, welche nicht lange währte, schon flog die Tür auf und herein stürmte Cadan! Faith bedachte ihn mit einem zornigen Blick und den Worten, er könne die Tür auch leise öffnen.
Der Junge begann zu weinen und seine Geschwister stimmten mit ein. Faith versuchte alle drei zu trösten und als sich alle beruhigt hatten, nahmen sie ihre Plätze ein. Damit war es fürs erste vorbei mit der Ruhe.
Im Salon zitierte meine kleine Schwester nun die Kinder auf ein Sofa und deutete ihnen still zu sein.
Es war erstaunlich, aber sie saßen brav da und warteten, was nun passieren würde.
Jeder erhielt die gleiche Anzahl an Geschenken, was ich sehr befürwortete, weil klein Cillian sich nicht außen vor fühlen sollte. Weswegen Alex und ich auch noch nach einem passenden Geschenk für ihn gesucht hatten!
Nun war es meine Verlobte, welche ihre Präsente an July, Cadan und Cillian gab und erntete freudige Gesichter. Ich konnte sehen, wie sie sich entspannte und sie nahm die anderen Geschenke.
Sie überreichte sie an Faith und Shay. Er bekam einen glänzenden neuen Sextanten, ich wusste, der alte war leider zu Bruch gegangen!
Meine kleine Schwester erhielt ein Mikroskop, welches etwas anders aussah, als die, die ich bisher zu Gesicht bekommen hatte. Sie hatte diese Geschenke bei einer Art Auktion ersteigert, wie sie mir erklärt hatte. Die Cormacs bedankten sich und ich sah, wie Alex die Erleichterung ins Gesicht stand.
Doch plötzlich änderte sich Alex´ Gesichtsausdruck und ich konnte ihn nicht mehr deuten. Sie hielt ein weiteres Geschenk in der Hand, es war länglich und sie starrte darauf. Unschlüssig stand sie nun vor mir, nicht wissend, ob sie es mir geben sollte oder nicht.
„Mi amor, ich hatte dir versprochen, dass ich auch noch etwas für dich habe!“ hörte ich sie leise sprechen und ein „Pack es einfach aus.“ kam noch hinterher.
Für einen Moment war ich versucht es nicht zu tun, es war ein eigenartiges Gefühl gerade und ich sah zu ihr auf.
Vorsichtig schlug ich das Papier zur Seite und sah auf dem Holz ein Symbol mit einem Amboss und einem Schmiedehammer! Es prangte dort noch ein Name „Grondau, Suhl“! Das sagte mir nichts und ich ließ die Verschlüsse langsam aufschnappen. Als ich den Deckel anhob traute ich meinen Augen nicht...
Vor mir lag das Kurzschwert, welches ich zu meinem 8. Geburtstag von Vater geschenkt bekommen hatte!
Ungläubig sah ich zu meiner Verlobten und ich war einfach sprachlos... ich konnte nur ein paar Worte stammeln! Es sah aus wie neu! Das war aber unmöglich, ich hatte es auf Korsika verloren! Ich stellte den Kasten beiseite und nahm meine Verlobte in die Arme, mir fehlten die Worte und ich befürchtete, wenn ich den Mund aufmachte, würde ich in Tränen ausbrechen.
Verzeiht, aber ich dachte, dieses Schwert sei verloren, jetzt lag es wie neu vor mir!
Und dann nahm ich plötzlich die Präsenz meiner Eltern wahr.
„Ja, es ist das Kurzschwert, welches ich Haytham zu seinem 8. Geburtstag geschenkt habe! Und jetzt wisst ihr auch, warum ich der Meinung bin, dass diese Frau an die Seite unseres Sohnes gehört!“
Vater sprach diese Worte mit einer gewissen Macht aus, die keine Widerworte duldete! Mutter trat zu Alex und sah ihr lange in die Augen.
„Dass du es gefunden hast und hast wieder herrichten lassen ist einfach ein wunderbares Geschenk.“
Wir sahen alle, dass sie beide den Tränen nahe waren. Alex hatte gezeigt, dass sie mehr als Willens war, mir zur Seite zu stehen! Sie hatte mir und uns gezeigt, dass sie fähig war und mich glücklich sehen wollte.
Meine Mutter trat auf mich zu und sah auch mir lange in die Augen. Aber es war nicht die Mutter, die ich zuletzt sah, sondern die Frau, welche mich liebevoll behütete. Es fühlte sich an, als würden wir gerade die Zeit zurückdrehen!
„Und dieses Mal passt du gefälligst besser darauf auf, mein Liebling!“ Dieser Nachdruck in ihrer Stimme mit diesem verschmitzten Lächeln war Zeichen genug, dass sie mir nicht grollte.
Mutter stand mir und meiner zukünftigen Frau gleichermaßen zur Seite! Als ich ihre Lippen auf meiner Stirn fühlte mit diesen warmen Worten befürchtete ich, mein Verstand würde gleich aussetzen. Ich vermisste sie unendlich! Leider verschwanden Mutter und Vater wieder in diesem Nebel mit den Worten, sie wünschen uns noch ein frohes Weihnachtsfest.
An meine Verlobte gerichtet meinte ich mit stockenden Worten, dass ich es nie wieder gut machen könne! In ihren Augen lag eine Zuversicht und zugleich Trauer um den Verlust meines Vaters, welche mich für einen Moment zurück schrecken ließ.
„Das brauchst du auch nicht. Es reicht mir, dass du dich darüber freust und ich hoffe, dass du es auch benutzen wirst!“
Alex hielt mich fest oder ich sie, in diesem Moment war es einerlei.
„Es ist wunderschön, ich hatte ja keine Ahnung. Wo hast du es gefunden, Alex?“ riss uns meine kleine Schwester aus den Gedanken.
Es sei schnell erzählt, doch sie würde es uns später noch berichten. Mit einem Augenzwinkern verschwand Faith dann mit den Kindern nach draußen und ich wusste, dass nun noch die Fohlen als Geschenk kamen.
Wir blieben hier und ich genoss für einen kurzen Moment diese Stille, meine Nerven dankten es mir. Alex lehnte an mir und schien diese Ruhe ebenfalls zu genießen.
Master Williams unterbrach diese Ruhe jedoch mit den Worten „Ich hatte euch völlig falsch eingeschätzt, Mrs. Frederickson und ich sehe jetzt, dass ihr für Haytham ebenfalls nur das Beste wünscht. Dieses Geschenk ist wirklich einzigartig und eure Entschlossenheit bei der Suche muss ich einfach honorieren.“
Er nahm ihre Hand und gab ihr mit einer leichten Verbeugung einen Handkuss. Damit war das Misstrauen um ein weiteres Maß gesunken, wie ich zufrieden bemerkte.
Ich hingegen hatte nun das Schwert an mich genommen und wog es in der Hand. Es war wunderbar ausbalanciert und fühlte sich wie damals an.
Dieser Schmied verstand anscheinend sein Handwerk und Alex bemerkte, dass man sowas nur schwer finden würde in ihrer Zeit, sie hätte ganz Deutschland, ich nahm an sie meinte Preußen, absuchen müssen, um diesen Herren zu finden. Das Schmiedehandwerk war im 21. Jahrhundert dabei auszusterben und wieder einmal fragte nicht nur ich mich, sondern Lucius ebenso, warum solch wichtige Berufe ausstarben?
Eine Erklärung würde Alex uns bei Zeiten noch geben und ich war gespannt darauf, wenn ich ehrlich bin! Ich las das Zertifikat welches dabei lag und ich muss sagen, Herr Grondau war ein gründlicher Mensch. Alles hatte er haarklein analysiert und aufgeschrieben. Material, Beschaffenheit... sogar das ALTER konnte er datieren und das war natürlich für mich erstaunlich, wie man das herausfinden sollte nach all den Jahrhunderten!
Ich erzählte Alex von meinem 8. Geburtstag, als ich dieses Schwert bekam und auch von der Androhung von Prügel, wenn ich es ohne Erlaubnis von Vater an mich nahm. In ihren Augen sah ich Unglaube, Angst und auch Skepsis.
„Das hört sich wirklich brutal an mit der Prügel. Ich weiß ja, dass Edward streng war, aber... ich würde und ich habe meinen Sohn nie geschlagen. Für meine Zeit ist das einfach völlig undenkbar!“ Meine Verlobte war wirklich in einer anderen Epoche aufgewachsen und das merkte ich nun.
Ich versuchte eine verständliche Erklärung, nicht nur Vater, sondern auch meine Lehrer nahmen hin und wieder Rohrstock oder Lineal zur Hilfe, um mich zurechtzuweisen. Wie bitte sollte man auch anders die Kinder erziehen? Blankes Entsetzen trat in ihre Augen und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass wir in Erziehungsfragen vermutlich noch des öfteren aneinander geraten würden.
„Nein, ich hätte nie Hand an dich gelegt, Haytham. Und nein... sieh mich nicht so an, nicht nur wegen deines Vaters, sondern auch... weil ich es nicht konnte. Auch wenn ich manchmal etwas sauer war.“
Herr Gott, war ich damals wirklich so unerträglich? Und jetzt? Was war ich nun in ihren Augen? Wieder einmal keimte diese Ungewissheit in mir auf, warum Alex jetzt doch an meiner Seite war, obwohl sie eine gewisse, ich möchte es nicht aussprechen aber ich muss, Abneigung gegen mich hatte?
Auch war dieser Gedanke, dass sie mich so lange kannte immer noch verwirrend. Mit einem Male schoss es aus Alex heraus.
„Du warst eigentlich echt süß, Haytham!“
Für den Bruchteil einer Sekunde wusste ich nicht, was ich sagen sollte und auch Alex saß etwas verschüchtert plötzlich da.
Gerade als ich breit grinsend mich für das Kompliment bedankte, erschien Faith und wollte wissen, was so amüsant sei.
Im Stillen versicherte ich Alex, dass ich ihr noch zeigen würden, WAS ich wirklich bin! Diese Worte riefen mal wieder genau den Effekt hervor, den ich erwartet hatte und in ihren grünen Augen lag wieder diese dunkle Lust, welche mich auf mehr hoffen ließ!
Mit einem seltsamen Gefühl erwachte ich relativ früh und versuchte es zu ergründen. Lag es an diesem Treffen mit dem Duke? Oder hing ganz allgemein etwas in der Luft? Auch fühlte es sich kälter an als sonst.
In diesem Moment spürte ich ein leichtes Zittern von meiner Verlobten neben mir, welche sich enger an mich schmiegte. Dann war es wirklich kalt hier, aber leider musste ich sie aus dem Bett scheuchen, auch wenn ich am liebsten noch mit ihr hier geblieben wäre.
„Guten morgen, mi amor. Aber wir hätten doch noch einen kleinen Augenblick?“ nicht nur in diesen Worten, auch in ihrem Blick lag ein regelrechtes Betteln. Es fiel mir schwer, nicht doch noch auf diese verlockende Einladung einzugehen.
Und nur um sie zu ärgern, stieg ich auf ihrer Seite aus dem Bett, so war ich noch den Bruchteil einer Sekunde über ihr und konnte ihren verklärten Blick wahrnehmen. Wir würden es auf später verschieben und dann in Ruhe den anderen genießen, ohne Zeitdruck!
Nach dem Frühstück instruierten wir die Männer, welche zu unserem Schutz ausgesucht worden waren. Sie alle waren Kampferprobt und verfügten allesamt über einige Jahre an Erfahrungen, unter anderem auch im Observieren!
6 Scharfschützen, darunter auch Shay, würden auf den Dächern gegenüber und rum um das Anwesens platziert sein, 10 Mann würden die Straßen als Fußgänger im Auge behalten und um das Grundstück wurden nochmal 12 Mann postiert, welche in Gruppen von 4 Patrouille gingen. Damit sollten wir ausreichend Sicherheit haben und ich sah, dass Alex entsprechend erleichtert war.
Wir aßen dann noch zu Mittag und dann war es auch soweit, wir mussten uns fertig machen.
Wenn ich ehrlich sein soll, hatte ich schon ein etwas mulmiges Gefühl bei diesem Treffen. Es wäre auch für meine Verlobte eines der ersten Ereignisse, welches sich nicht um einen Empfang oder ähnliches drehte. Sie müsste sich jetzt beweisen, ob sie Durchsetzungsvermögen besaß und sich zusammenreißen konnte. Doch ich war in dieser Beziehung eher zuversichtlich, gerade auch, weil wir diese lautlose Kommunikation mittlerweile hatten. Woher diese mit einem Male rührte, war mir immer noch nicht ganz klar. Ich nahm es fürs erste als gegeben hin.
Dann erschien Alex hier unten in dem Ornat, welchen Magda ihr mit den tadelnden Worten „Tragt bitte das nächste Mal keine toten Tiere von der Straße, Mrs. Frederickson. Die Blutflecken sind schwer zu entfernen!“ gereinigt ausgehändigt hatte.
Als wir in der Nähe des Anwesens anlangten, ließ ich meinen Blick über die Umgebung schweifen, nahm aber nur die üblichen roten Auren direkt bei der Villa war. Alex neben mir sah sich ebenfalls um und stimmte mit mir über ein, dass nichts außergewöhnliches auszumachen sei.
Wir näherten uns den Wachen am Tor und der Ornat zeigte Wirkung, wie erhofft!
„Halt, wer seid ihr und... was wollt ihr?“ fragte man uns mit einem skeptischen Blick auf meine Verlobte gerichtet.
Ich stellte mich vor, ebenso Alex und dass uns ihre Lordschaft bereits erwarten würden.
Ohne weitere Fragen ließ man uns ein und auf dem Grundstück übernahm ein weiterer Mann unsere Führung und brachte uns ins Innere der Villa. Man ließ uns nun im Salon alleine und für einen kurzen Moment konnten wir die Nerven noch beruhigen. Selbstverständlich fiel Alex´ Blick auf die ganzen Bücher und ich sah, dass sie es bedauerte, diese Werke hier verstauben zu sehen!
Dann erschien der neue Hausherr, Duke of Ironside, Master Elias Lestrange! Die Gerüchte um seine Erscheinung waren nicht gelogen, dieser Herr war ein Stück größer als ich mit langen bereits ergrauten Haaren und fast schwarzen Augen. Diese sahen uns nun durchdringend an, als würde er uns auflauern wollen.
Zu meiner Überraschung erschienen hinter ihm Zoe und Jones! Da wurde mir einiges klar! Die beiden sollten spionieren und ihm Bericht erstatten, doch warum man auch das Mädchen mit eingespannt hatte, erschloss sich mir nicht wirklich! Jones hätte doch gereicht, oder war er in den Augen des Dukes unfähig? Das würde sich jetzt hoffentlich klären!
Die beiden schlichen hinter ihm her, geduckt und eingeschüchtert, trauten sich kaum aufzusehen! Vermutlich mussten sie sich schon eine Strafpredigt von ihm anhören, wenn nicht sogar schlimmeres erdulden, was mir persönlich aber recht egal sein konnte!
„Mrs. Frederickson, Master Kenway, es freut mich, euch dann doch endlich persönlich kennenzulernen.“ dieser zynische und übertrieben höfliche Ton war genau das, was ich vermutet hatte.
Master Lestrange würde uns beide erst einmal unter die Lupe nehmen und wenn er sicher sein kann, dass wir ungefährlich sind, von seinem hohen Ross kommen.
„Meine Nichte habt ihr ja bereits kennengelernt, nehme ich an! Und Jones... nunja, den ebenfalls!“
Er tat meinen ehemaligen Kammerdiener mit einer wischenden Handbewegung ab. Dann hatte man seine Nichte fälschlicherweise als seine Tochter vermutet, nur Jones passte irgendwie nicht mit ins Bild. Dieser würdigte mich auch keines Blickes, sondern starrte auf seine Füße, genau wie es auch Zoe tat.
Der Duke bat uns nun Platz zu nehmen und man reichte uns Getränke. Dachte ich die ganze Zeit noch, dass meine Verlobte die Verschwiegenheit in Person sei, so änderte sich dies nun schlagartig.
Wir konnten sie lesen! Sie hatte Angst, man könne ihr etwas in den Wein gemischt haben und auch Master Lestrange hatte diese Gedanken sehen können!
„Mrs. Frederickson, ihr glaubt doch nicht wirklich, ich würde euch auf der Stelle hier vergiften wollen, oder? Wo bliebe da der Spaß?“ hörte ich ihn überheblich lachen und ich musste mich selber maßregeln, nicht aus der Haut zu fahren! In Gedanken bat ich Alex nun eindringlich, sich zu verschließen, es kam in diesem Moment drauf an, nichts preiszugeben.
Und dann sah ich, wie sich diese Ruhe über sie senkte! Innerlich atmete ich tief durch und schon hörte ich die kühle Stimme meiner Verlobten.
„Nein, eure Lordschaft, aber man kann nie vorsichtig genug sein!“
„Ich komme gleich zu meinem Anliegen, weswegen ich euch gebeten haben, mich hier in meinem Anwesen zu besuchen. Mrs. Frederickson, ihr habt mir einen großen Verlust gebracht!“ kam es nun kalt und mit einer deutlich herauszuhörenden Wut in seiner Stimme.
„Das ist mir bewusst, eure Lordschaft, doch man griff meine Jackdaw einfach an. Also musste ich mich verteidigen. Ihr hättet sicherlich nicht anders gehandelt!“ für den Bruchteil einer Sekunde trat ein erstaunter Ausdruck auf sein Gesicht, dann war er wieder verschwunden und er machte weiter im Text.
„Aber musstet ihr sie gleich versenken und auch gleich den Kapitän zu Davy Jones schicken?“
Gerade als ich etwas sagen wollte, kam Alex mir zuvor. „Er ließ mir leider keine andere Wahl, er griff mich ohne Vorwarnung an und ich, wie ich bereits sagte, verteidigte mich nur.“ ich spürte, dass sie sich zusammenreißen musste!
„Das hörte sich aber von der überlebenden Besatzung etwas anders an, Mrs. Frederickson! Ihr sollt es gewesen sein, die meine Fregatte angriff und auch Master Montegue kaltblütig hingerichtet hat!“ Der Duke wurde lauter und merklich ungehaltener, weil er Lügen hinter ihrer Aussage vermutete.
Alex richtete sich weiter auf und ließ sich nicht beirren! „So ist es aber nicht gewesen, seht, die HMS Iron Duke ging in Schussposition, hätte ich wirklich einfach abwarten sollen und meine Brig versenken lassen sollen? Wir wissen beide, dass wir unsere Schiffe nicht einfach aufgeben würden, sie sind ein Teil unseres Lebens und essentiell zum Überleben!“
Sein Blick war fest auf meine Verlobte gerichtet.
„Was ist mit den Waren an Bord geschehen, Mrs. Frederickson? Die verbliebene Mannschaft sprach davon, ihr hättet alles an euch genommen!“ kam ein plötzlicher Themenwechsel und seine Stimme nahm an Schärfe zu!
Nun war es an Alex zu berichten, dass man nichts an sich nehmen konnte und das schmeckte Lestrange gar nicht. Mit der Aussage auf den Lippen, dass sie ein Vermögen hat untergehen lassen, funkelte er sie wütend an und war aufgestanden.
Neben mir konnte ich jetzt doch ein wenig die Nervosität spüren und hoffte, sie lege sich gleich wieder. Dann erhob sich auch meine Verlobte, doch abhalten konnte ich sie davon nicht. Ihr Blick war ebenso kalt, wie der des Dukes.
„Eure Lordschaft, genau das ist passiert. Doch vergesst nicht, ich habe mich nur verteidigt und mich gegen wüste Beleidigungen gewehrt! Ich lasse mich nämlich nicht als Templerhure von einem daher gelaufenen Kapitän betiteln, der mich nicht einmal kennt!“ hörte ich die eisigen Worte von Alex!
Elias ging einen Schritt zurück und sah zu mir mit einer, nunja, ziemlichen Verachtung. Seine nächsten Worten klangen auch genauso!
„Mrs. Frederickson, wie ich hörte, paktiert ihr mit … diesen … Leuten! Was bitte sollen wir davon halten? Ihr wisst selber, dass WIR uns gegen die Lehren der Templer stellen!“
Wenn ich gerade noch dachte, dass der Ruhemantel meiner Verlobten Löcher bekam, so hatte ich mich definitiv geirrt.
„Das weiß ich, eure Lordschaft, doch beide Seiten könnten von einem Austausch profitieren. Wenn auch nicht auf allen Ebenen, das würde sicher noch Jahrtausende dauern, doch eure Waren könntet ihr sicherer transportieren, weil ihr mehr Schiffe zur Verfügung hättet. Und umgekehrt wäre es sicherlich hilfreich, wenn man … nunja, die Möglichkeit hätte, ein leises Verschwinden einer Person zu ermöglichen. Meint ihr nicht auch? Ich habe es des öfteren erlebt, dass man sich eine verbindende Konstellation durchaus vorstellen und auch ausbauen kann. Wie gesagt, es basiert in erster Linie auf Vertrauen, welches aufgebaut werden sollte. Denkt ihr nicht!“
Es schien, als hätte sie bereits einen Plan! Und wieder fragte ich mich, warum ich nicht eingeweiht war? Sie ließ mich wieder einmal im Unklaren!
In mir kam Wut hoch, auf beide Personen!
Die Reaktion von Elias war dann aber doch anders als erwartet. Man hatte ihm von Alex als zänkisches Weib berichtet. Sie sei ungenießbar, launisch und ungerecht! Ich konnte nur eine Augenbraue hochziehen, davon hatte ich bei den Angestellten gegenüber nie etwas gesehen!
Völlig ruhig erklärte sie sich jetzt „Sir, ich bin sicherlich nicht sehr einfach in meiner Art, doch ich weiß, was ich will und wie ich es durchsetzen kann. Und nur, weil ich mir nicht immer über den Mund fahren lassen, heißt es nicht, dass ich unfähig bin. Sondern ich möchte mein Gegenüber kennenlernen, damit ich nicht unwissend bleibe. Und da wären wir wieder bei dem Punkt der Zusammenarbeit. Ein Vertrauensbonus ist immer schwer, ich weiß das. Wenn ich euch enttäusche, dann habt ihr jedes Recht mich zu jagen, Master Lestrange!“
Langsam schritt der Duke zurück zu seinem Platz. In seiner Stimme klang echte Anerkennung mit, als er meinte, ihm wäre eine solche Frau noch nie begegnet, die sich ihm so entschieden entgegen stellte!
Das war damals auch neu für mich und ich musste mich daran gewöhnen.
„Eure Lordschaft, bedenkt einfach, dass wir alle unsere eigenen Interessen haben und verfolgen wollen. Da ist es in erster Linie egal, ob nun Bruderschaft oder Orden. Ich weiß, Zoe und Jones haben euch ein Bild vermittelt, welches sehr verzerrt ist. Doch ich habe ihnen nicht erlaubt, einen Einblick in mein oder unser Tun zu bekommen. Ihr habt sie als Bedienstete fungieren lassen und diesen werde ich sicherlich nicht meine Absichten kundtun. Wo dachtet ihr hin?“ Nun saß auch Alex wieder und man sah, sie war wieder etwas ruhiger geworden!
In diese aufkommende Stille sprach ich den Duke nun direkt an. Im Grunde gab es keinen echten Konflikt und man hätte nicht gleich angreifen müssen.
„Sir, wenn ihr erlaubt, würde ich auch etwas beisteuern wollen, meine Verlobte hat Recht und warum sollte man sich angreifen, wenn es eigentlich keinen Konflikt gibt? Ihr habt die Jackdaw verfolgen lassen, nur weil ICH an Bord war. Man hätte da sicher auch andere Wege gefunden, denkt ihr nicht?“
Mit einem beiläufigen „Ja, das mag sein, Master Kenway.“ tat er es ab. Irgendetwas hatte sich gerade verändert, doch ich konnte es noch nicht deuten!
Wieder trat diese Stille ein und ich sah nur, wie Lestrange mit schwarzen Augen meine Verlobte anstarrte. Man konnte förmlich ein Band zwischen ihnen sehen, doch keiner sagte ein Wort oder bewegte sich. Es war mehr als unheimlich, aber ich konnte nichts machen. Keiner der beiden reagierte gerade!
Ein breites wissendes Grinsen erschien auf Zoes Gesicht und zum ersten Mal, seit unseres Eintreffens, sah sie mich an. Ebenso grinste Jones mich schief an.
Kurzerhand ließ ich meinen Blick über die beiden gleiten, doch es war wie immer blau-neutral. Seltsamerweise nahm ich aber diesen goldenen Schein bei meinem ehemaligen Zimmermädchen nicht mehr wahr!
Plötzlich war es, als erwachten Elias und Alex wieder und meine Verlobte meinte völlig verwirrt, sie wisse nicht was sie sagen solle, doch freue sich auf die gemeinsamen Geschäft und Gewinne! WIE BITTE? Ihr Blick ging etwas fahrig von mir zum Gastgeber, welcher uns völlig freundschaftlich noch zum Abendessen einlud!
Ich verstand die Welt gerade nicht mehr und als ich Alex in Gedanken ansprechen wollte, war es, als wäre dort eine Mauer. Sie schüttelte entschuldigend den Kopf.
Ich ließ mich nicht wie einen dummen Jungen behandeln, ich wollte eine Antwort und fragte nach einer Erklärung für diesen plötzlichen Sinneswandel der beiden!
„Es gibt eine vorsichtige Einigung, Haytham, eine Annäherung, welche aber noch ausgebaut werden muss. Alles andere erkläre ich dir später!“ sprach Alex leise und drückte beschwichtigend meine Hand.
Dann meldete sich Elias zu Wort.
„Master Kenway, in Kürze werdet ihr erfahren, worum es geht. Es ist nichts, worüber ihr euch sorgen müsstet. Ich kann euch nur zu eurer Verlobten gratulieren, sie ist... eine Bereicherung, auch wenn ich selber noch etwas skeptisch bin. Den Verlust meiner Einnahmen durch die gesunkene Ware lasse ich fürs erste außen vor. Wir werden uns in Zukunft sicherlich einig werden!“
Was bitte hat das alles zu bedeuten? Ich wurde immer wütender und hätte Alex gerne meine Meinung kund getan, doch hier vor aller Augen wäre es unangebracht. Dann musste das eben warten, bis wir wieder im Fort sind!
Ich tat, was ich am besten konnte. Ich verbarg meine Emotionen, bis ich sie rauslassen konnte und spielte dieses aberwitzige Spielchen jetzt mit.
Während des Essen wurde nicht von Geschäften gesprochen, erst als wir wieder im Salon waren. Doch vorher kam eine Erklärung auf die von mir ungestellte Frage, wo Zoe und Jones plötzlich hin verschwunden seien!
„Ich habe von meiner Nichte erfahren, dass sie eine Frau aus purer Rachsucht ermordet hat, welche mit Mrs. Cormac bekannt war und das nur um euch aus dem Arsenal zu bekommen und bestrafen zu können. Außerdem hat sie gestanden sich auch an eurem Hab und Gut vergriffen zu haben. Ich vermute, die durchwühlten Truhen und Schränke sind euch aufgefallen! Sie hatte keine Berechtigung dazu und ich muss mich für sie auch noch einmal entschuldigen. So ein Verhalten wird in der Bruderschaft nicht geduldet und ich gehe davon aus, dass Mrs. Frederickson darüber Bescheid weiß. Ebenso wie ihr im Orden ein solches Verhalten nicht dulden würdet, Master Kenway! Ich habe sie und Jones vorerst im Keller in eine Zelle sperren lassen. In einigen Tagen werde ich darüber entscheiden, WANN die Hinrichtung stattfinden wird. Ich werde euch rechtzeitig in Kenntnis setzen, sofern ihr das wünscht, Master Kenway, Mrs. Frederickson!“
Er lässt seine eigene Nichte hinrichten? Der Duke schien seinem Ruf jetzt gerecht zu werden, dass er unnahbar und eiskalt sein konnte.
Als wir Platz genommen hatten, wurden die Details dieses Handelsabkommens besprochen und ich muss sagen, ich war durchaus beeindruckt, von der Flotte des Dukes. Er besaß insgesamt 23 Schiffe, alle schwer bewaffnet und immer mit Geleitschutz unterwegs. Er handelte mit allem, was nicht niet- und nagelfest war und das sehr erfolgreich, wie es schien.
Zum ersten Mal erlebte ich nun auch meine Verlobte in ihrem Element. Sie jonglierte mit Zahlen für Einkauf und Verkauf, handelte neue Preise aus und das wie auf einem Basar! In diesem Moment keimte wieder der Stolz hoch und verschob die Wut auf Alex nach hinten.
Gegen 22 Uhr konnten wir das Anwesen endlich wieder verlassen und kaum, dass wir vor dem Tor erschienen, eilte uns Shay fragend entgegen.
„Master Cormac, bitte. Lasst uns morgen früh alles erklären... Faith sollte anwesend sein … und... ich brauche jetzt Schlaf.“ kam es gequält aus Alex´ Mund und ich machte mir plötzlich Sorgen um sie.
Im Arsenal angekommen brachte ich sie noch zu Bett und spürte, dass sie völlig erschöpft war, nicht unbedingt körperlich, aber es schien, als könne sie nicht mehr richtig sprechen.
In der Hoffnung, dass wir morgen dann das Gespräch suchen würden und es ihr wieder besser ging, gab ich ihr einen gute Nacht Kuss und ging leise hinunter in den Salon.
Dort warf ich noch ein paar Scheite in den Kamin und nahm mir ein großes Glas Whiskey.
Meine Gedanken, meine Wut und die ganzen angestauten Emotionen musste ich fürs Erste ordnen.
Ich starrte in das Feuer und fing an, an diesen Moment zu denken, in welchem sich Alex und Lestrange nur angestarrt hatten. Es war, als kommunizierten sie im Stillen, genau wie meine Verlobte mit mir. Also war es von meiner Seite aus Eifersucht, dass sie mit einer weiteren Person so eine enge Verbundenheit spürte! Doch wie war das mit Elias überhaupt möglich? Hinter seiner Person musste also noch mehr stecken!
Ich versuchte diese Wut zu analysieren, welche sich Bahn zu brechen schien in meinem Inneren und wie ein Feuer aufloderte. Alex hatte mich nicht in ihre Pläne eingeweiht!
Sie hatte mich wie einen dummen Schuljungen dastehen lassen und sie hatte die Führung übernommen. Würde sie diese auch weiterhin übernehmen, wenn es um unser beider Sicherheit ging? Im Grunde wäre ich nur der Laufbursche dann und nichts weiter.
Doch wir sollten zusammen kämpfen, gemeinsam etwas erreichen.
Plötzlich spürte ich eine große Distanz zwischen uns und hatte das Gefühl, diese nicht mehr überwinden zu können. Nicht solange meine Verlobte ihren Weg alleine beschritt, ohne an meiner Seite zu sein. War das aber nicht genau ihre Aufgabe, war es nicht das, was mein Vater ihr abverlangt hatte als Versprechen? Warum ließ sie mich dann jetzt eiskalt stehen?
Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und versuchte wieder eine Ordnung in meinem Kopf herzustellen.
Wie aus weiter Ferne hörte ich ein „Haytham... Sprich mit mir!“ neben mir und jemand rüttelte an meiner Schulter.
Es war Alex, welche mich besorgt ansah, doch es war mir einerlei. Ich entschuldigte mich dafür, sie nicht bemerkt zu haben mit den Worten, ich sei in Gedanken gewesen. Wie automatisch legte ich meinen Arm um sie, doch mit vor Entsetzen geweiteten Augen stand sie abrupt auf und setzte sich auf das gegenüberliegende Sofa.
„Was ist los, mi amor?“ Dieser Befehlston in ihrer Stimme passte mir nicht und ich beschloss ihr meine Meinung zu sagen.
Ich wollte wissen, warum sie mich nicht eingeweiht hat in ihre Pläne, ich wollte eine Erklärung für diese stille Kommunikation zwischen ihr und dem Duke. Ich ließ meine Enttäuschung über ihr Verhalten jetzt raus, sie sollte wissen, wie es gerade in mir aussah!
„Haytham, woher sollte ich das alles vorher wissen? Ich war genau wie du völlig überrumpelt. Und … ich habe dich nicht außen vor gelassen, sondern ich musste erst einmal selber die Grenzen abstecken. Glaub mir, es ist für mich eine neue Ebene zu reden. Dass der Duke auf einer Wellenlänge mit mir ist, wusste ich doch nicht. Aber er scheint mit den Göttern, so wie ich und Faith auch, im Einklang zu sein. Bitte... lass mich das erweitern!“ es war ein richtiges Flehen in ihrer Stimme zu hören und zum ersten Mal seit wir von dort weg waren, kam mir der Gedanke, dass Alex wirklich nicht wusste, was auf sie zukam.
Trotzdem, wo sah sie mich, wo stand ICH? Sie schien ihren Platz an der Spitze gefunden zu haben!
„Du bist an meiner Seite, so wie ich an deiner Seite stehe, wie es eine Schildmaid eben tut! Wir werden gemeinsam für unsere Zukunft kämpfen.“ So einfach machte ich es meiner Verlobten aber nicht, sie würde sich nicht hineinreden lassen, wenn sie einmal in Fahrt ist! Genauso wie bei dem Kampf mit der Fregatte!
Also sagte ich es auch so, dass ich ihr lediglich wie ein Schoßhund folgen dürfte! Meine Stimme hatte an Kälte zugenommen, dass konnte ich spüren und sah, wie sie sich schüttelte!
Gut so, Alex sollte wissen, dass ich mich nicht abhängen lasse! Sie versuchte verzweifelt eine weitere Erklärung!
„Darum geht es dir, Haytham? Wer das SAGEN hat? Wir führen den Kampf gemeinsam! Ich werde DIR zur Seite stehen, egal was kommt. Darüber muss ich nicht diskutieren. Aber auch ICH habe meine Aufgaben bekommen, vergiss das nicht. Du bist bald mein Mann, mein Ehemann... und wir werden eine weitere Ebene unserer Beziehung betreten und erleben! GEMEINSAM! Was heute vorgefallen ist, werde ich noch erklären, doch... es ist nicht so einfach.“ Wollte ich das wirklich alles immer noch? Zu diesen Bedingungen wie sie zum jetzigen Zeitpunkt standen?
Angst kroch in mir hoch, dass diese Frau mich eiskalt hintergehen und belügen würde! Was war so schwer, mir das Ganze jetzt zu erklären? Wo war der Haken an der Sache? Ich warnte Alex, dass sie mich nicht enttäuschen oder belügen sollte und mein Ton war befehlend und mehr als kalt! Ich konnte gerade nicht anders agieren!
„Nein, das werde ich nicht und hatte ich auch nicht vor!“ Sie wurde laut und ich hörte ihre eigene Enttäuschung über meine Worte daraus! „Weil ich dich liebe und ich gehöre zu dir, hast du das schon vergessen?“ kam es so leise, regelrecht eingeschüchtert und enttäuscht, dass ich diese perverse Freude wieder verspürte, sie so verunsichern zu können!
Mit einem Male veränderte sich wieder etwas zwischen uns, als ich sie so ansah, wie sie zusammengekauert auf dem Sofa saß. Die Wut, die Eifersucht... alles klang ab und in meinem Kopf hörte ich regelrecht meinen eigenen Tadel, dass ich ihr unrecht getan hatte!
Alex würde mich weder hintergehen, noch belügen oder enttäuschen! Verdammt noch eins, warum musste es immer so kompliziert sein zwischen uns? Ich stand auf und ging zu ihr hinüber. Sie sah erwartungsvoll, aber zugleich leicht ängstlich zu mir auf.
„Du bist mein! Und ich will dich an meiner Seite! Es fühlte sich vorhin einfach eigenartig an, als du so mit ihm gesprochen hast! Ich liebe dich, mi sol!“ waren die einzigen Worte, die ich herausbrachte und dann schloss ich die Arme wieder um sie und küsste Alex.
Aus diesem Kuss wurde mehr und wir verloren uns hier vor dem Kamin ineinander, Zeit um nach oben zu gehen, blieb einfach nicht!
Ich demonstrierte meiner Verlobten meinen Besitzanspruch! Sie gehörte mir alleine und bevor sie lauter werden konnte, befahl ich, sie solle gefälligst still mit mir sprechen! Sie nahm alles wieder auf wie ein Schwamm und ich spürte, wie sie unter mir zerfloss! Ich ließ die gesamten angestauten Emotionen heraus und ließ es mir nicht nehmen, meine Handabdrücke auf ihrem Hintern zu hinterlassen!
Vermutlich könnten gerade einige hier im Haus nicht schlafen, doch es war mir einerlei. Mein Höhepunkt war völlig unkontrolliert, ich nahm Alex mit hinüber und spürte ihre Kontraktionen!
Langsam kamen wir wieder zu Atem und ich redete Alex ein weiteres mal ins Gewissen, mich nicht noch einmal so im Unklaren zu lassen.
„Verzeih mir, Haytham, es war nicht meine Absicht. Es gibt einiges, was du noch nicht weißt. Ich muss vieles vorher klären! Vertrau mir einfach noch einen Moment, mi amor! Bitte!“ Tief in mir wusste ich, dass es viel mehr geben würde, was wir zu bewältigen hätten und mein Vertrauen in meine zukünftige Frau war berechtigt! Wir mussten dringend an unserer Kommunikation arbeiten und bei diesen Worten lächelte ich sie versöhnlich an.
Wir waren wieder EINS! Und es fühlte sich einfach richtig an. Allmählich wurde ich aber müde und beschloss, wir sollten zu Bett gehen. Kurzerhand hob ich sie auf meine Arme und brachte sie wieder ins Bett!
Ein schmerzerfülltes Stöhnen ließ mich erschreckt erwachen! Es war Alex, welche sich ihre Hand an die Stirn hielt und kreidebleich im Gesicht war. Meine Frage war vermutlich unnötig, doch ich fragte, was los sei.
„Mein Kopf zerspringt gleich, das war einfach zu viel für meinen Geist gestern, befürchte ich! Ich sollte Faith nach einer Schmerztablette fragen. So kann ich den Tag nicht überstehen, es tut mir leid.“
So hatte ich sie wirklich noch nicht erlebt, sogar mit der gebrochenen Nase war sie ohne größere Probleme in der Lage das Bett zu verlassen. Diese Kopfschmerzen müssen schlimmer sein, als ich es ermessen kann. Ich machte den Vorschlag, dass ich Faith nach dem Medikament frage und legte ihr einen kalten Lappen auf die Stirn. „Das wäre lieb, danke.“ hörte ich es nuschelnd unter der hochgezogenen Bettdecke.
Unten im Esszimmer warf man mir gleich fragende Blicke zu und ich bat meine kleine Schwestern um dieses Schmerzmittel. Sie bot sich auch gleich an, es Alex selber hinauf zubringen, damit sie sich vergewissern konnte, dass es nichts Schlimmeres ist. Da kam wieder die Heilerin in ihr hoch und es tat mir für sie sehr leid, dass sie ihre Berufung hier nicht mehr ausüben konnte. Und schon war sie nach oben verschwunden. Ich sah, dass auch Shay wusste, wie Faith unter der Anschuldigung der Hexerei litt und ihre Arbeit im Hospital vermisste.
Ich setzte mich und versuchte einen neutralen Eindruck zu machen, doch in mir tobten noch immer leichte Zweifel von gestern.
„Master Kenway, ist etwas gestern vorgefallen?“ hörte ich die zögerliche Frage vom Iren.
„Ich denke, wir werden nachher, wenn meine Verlobte wieder auf den Beinen ist, darüber berichten. Soviel kann ich sagen, es ist nicht das, was ihr erwarten würdet!“ war meine recht kurze und kryptische Antwort. Für mehr war ich einfach nicht in der Lage, ich befürchtete sonst nicht mehr an mich halten zu können, aufgrund meiner Zweifel in der letzten Nacht.
Im Laufe des Vormittags wechselten wir, Faith und ich, uns ab, um über Alex zu wachen. Sie schlief friedlich und meine Schwester erklärte mir, dass es tatsächlich eine Art von Kopfschmerz gab, der über die normalen Schmerzen hinaus ging. Man könne nur abwarten, doch sie gab sich zuversichtlich, noch brauchte man keinen Eimer vor das Bett stellen, wegen der hochkommenden Übelkeit. Ich wurde immer unruhiger im Laufe des Tages, weil ich im Grunde die Neuigkeiten erzählen wollte und sah, dass sie alle darauf erpicht waren.
Nach dem Mittagessen erschien ein Bote mit einer Nachricht des Dukes für mich und Alex. Für einen Moment überlegte ich, ob ich sie ohne ihr Beisein öffnen sollte. Ich tat es einfach und traute meinen Augen nicht.
Mrs. Frederickson, Master Kenway,
ich möchte euch hiermit mitteilen, dass ich einen Termin für die Hinrichtung meiner Nichte Zoe und eures Kammerdieners Jones anberaumt habe. Die weiteren Beteiligten der katastrophalen Nacht im Fort Arsenal werden später entsprechend bestraft!
Mir schwebt der 5. Januar im neuen Jahr vor. Mit dem 10 Uhr Turmschlag! Seien wir ehrlich, wer will schon das alte Jahr mit so etwas lästigem beenden? Wenn gewünscht, dürft ihr auch weitere Zeugen mit hinzuziehen, welche sich von der Endgültigkeit dieser Strafe und dem eintretenden Tod überzeugen möchten.
Es werden nur die allgemeinen Steinschlosspistolen in Erwägung gezogen um den tödlichen Schuss zu geben! Solltet ihr jedoch Einwände haben, werde ich sie natürlich abwägen und in dieses Spektakel einbeziehen.
Mit wohlwollenden Grüßen verbleibe ich
Duke of Ironside, Elias Lestrange, Esq.
zu euren Diensten!
********
Ich las vermutlich 20 Mal über diese Zeilen! Dieser Mann war einfach eiskalt und skrupellos!
„Haytham, ist alles in Ordnung? Du siehst aus, als hätte man dir gerade eine Gruselgeschichte erzählt!“ hörte ich die leise Stimme meiner kleinen Schwester und schrak herum.
Im ersten Augenblick war ich drauf und dran, ihr schon davon zu berichten, doch ich wollte, dass Alex dabei war. Schließlich ist sie genau wie ich darin involviert und ich sollte sie nicht außen vor lassen.
Und schon schlichen sich wieder diese fiesen Gedanken ein... meine Verlobte hatte es doch genauso gemacht, oder? Ich schüttelte meinen Kopf um diese Dinge zu verdrängen. Also sagte ich lediglich, dass wir später im Beisein von Alex darüber reden werden.
Am frühen Nachmittag ging ich wieder in unser Zimmer, um nach meiner Verlobten zu sehen und als ich sie dieses mal ansprach, reagierte sie. Etwas verschlafen und noch nicht ganz wieder im Hier und Jetzt, aber sie öffnete die Augen und blinzelte zu mir auf.
Auf meine vorsichtige Frage, wie es ihr jetzt ginge, meinte sie nur „Wesentlich besser, mi amor. Es war wohl nur zu viel der geistigen Unterhaltungen gestern. Zumal die, die ich mit Elias hatte, irgendwie eine Ebene anders war. Jetzt wo ich darüber nachdenke, ist er mir etwas unheimlich.“ in einem Plauderton.
Es ging ihr eindeutig besser und das freute mich wirklich. Wie gewohnt schreckte sie jetzt ganz hoch, als ihr klar wurde, dass es schon Nachmittag war und sie den ganzen Tag verschlafen hatte. Ihr schlechtes Gewissen schlug zu.
Ich konnte sie aber beruhigen, dass sie nichts verpasst hatte und wir uns alle nur Sorgen gemacht hatten. Das einzig interessante wäre die Einladung von Lestrange gewesen, welche sie noch nicht gelesen hatte.
„Oh, so schnell ist er mit dieser Entscheidung? Wann soll sie stattfinden und weiß Faith bereits davon?“
Ich erklärte, dass ich auf sie warten wollte und klärte sie über das Datum auf. Auch erzählte ich, dass er sehr ins Detail gegangen war.
„Dann sollte ich mich wohl endlich mal aus dem Bett begeben, was meinst du?“ Ihr alter Tatendrang war wieder zurück und ich half ihr aus dem Bett. Kaum dass sie stand, schwankte sie gefährlich und wäre beinahe ohnmächtig geworden. Ich gebot ihr Einhalt und meinte, sie hätte den ganzen Tag geschlafen und solle es langsam angehen lassen.
Ich überwachte sie also bei ihrer Wäsche und beim Einkleiden und... verdammt... meine Gedanken wanderten immer tiefer in sehr unziemliche Gegenden, wenn ich sah, wie sie die Strümpfe hochzog und festband! Man könnte meinen, sie mache es absichtlich so langsam!
„Haytham, hol deine Gedanken aus der Gosse.“
Auch ich war nicht immer ein verschlossenes Buch wie es schien und ihr lüsterner Ton brachte keine Abkühlung, im Gegenteil! Und ich ließ kurzerhand meine Finger über ihre Wangen zum Hals und Dekolletee wandern! Alex griff meine Hand und sah mich mit diesem lustvollen Blick an.
„Später, mi amor. Bedenke, ich hatte weder Kaffee noch etwas zu Essen!“ DAS war wirklich keine gute Kombination bei ihr und ich nahm Abstand, sicher ist sicher!
Nachdem meine Verlobte ihren geheiligten Kaffee und zwei belegte Brötchen bekommen hatte, konnte man sie förmlich aufblühen sehen. Die Lebensgeister waren zurück!
Seufzend lehnte sie sich an mich und ich konnte mir ein leicht verliebtes Grinsen nicht verkneifen, ich fand es immer noch eigenartig, wenn sie so offen mit ihrer Zuneigung mir gegenüber umging.
Leider war es jetzt Zeit, von gestern Abend und dem Sendschreiben zu berichten. Als ich Maggie bat mit den Kindern hinaus zugehen, warf mir Master Williams einen bösen Blick zu, aber dieses Gespräch wäre nicht für Kinderohren geeignet, das würde er gleich erfahren.
Dann fing Alex an von dem gestrigen Abend zu berichten. Aus ihr sprudelten die Worte nur so heraus und sie sprach die neuen Aufträgen an und von den einhergehenden neuen Möglichkeiten. Faith warf völlig entsetzt ein, dass dieser Mann ihre Freundin eiskalt ermordet hatte.
„Nein, nicht er war es. Es war Zoe! Sie war sauer auf Haytham und mich, sie wollte Rache für den Rauswurf! Und dann hat sie sich gedacht, so würde sie uns auf jeden Fall aus der Reserve locken. Was ja auch wunderbar geklappt hatte, doch sie wurde hier nicht fündig, als sie heimlich hier einstieg.“
Im Grunde war es aber eine Familie, wenn man es genau nahm. Master Lestrange hingegen schien die Familienbande nicht so eng zu sehen, wenn er seine Nichte einfach so hinrichten lassen wollte.
Wir kamen nun auch auf die Frage, weswegen ich überhaupt keine Spuren sehen konnte, nicht einmal Ansatzweise hatte ich etwas erkenne können. Faith war zurecht verunsichert, auch sie konnte sich das Ganze nicht erklären! Ich hegte die Hoffnung, dass sich dieser ganze Nebel irgendwann lichten würde und wir Klarheit bekamen!
Das unsere Truhen durchsucht worden sind, wussten sie ja alle schon, also erwähnten wir es nicht explizit, dass Zoe und ihre Leute hier eingedrungen waren. Alex kam auf die „Einladung“ von Lestrange zu sprechen und ich sah in Faiths Gesicht einen grimmigen Ausdruck und ihre Worte waren dem angeglichen!
„Ich will dabei sein, ich will sehen, wie sie stirbt. Am liebsten würde ich sie selber...“ Shay hielt sie von einer weiteren Ausführung ihrer Gefühle ab und das war gut so. Wir konnten sie alle verstehen, jeder hier in diesem Raum hätte dieselben Gefühle und Gedanken!
Alex meinte leise, dass Faith uns dann begleiten solle, nur so würde sie ihren Frieden finden. Im Grunde stimmten wir alle dem zu und ich erhob mich, um dem Duke of Ironside meine Nachricht zu übermitteln.
Als ich kurz darauf wieder zu den anderen stieß, waren Master Williams und meine Verlobte gerade im Begriff aufzubrechen! Das hatte ich völlig vergessen!
Heute sollte Alex Dimitri kennenlernen, einen der Geschäftspartner! Wohl war mir nicht dabei, weder Shay noch ich konnten ihn leiden. Ich sollte meine zukünftige Frau mit einem gutaussehenden Mann alleine lassen... ich atmete tief durch und sagte mir, dass ja auch Master Williams zugegen war, was sollte da schon passieren?
Alex bat mich einen Blick auf die Jackdaw zu werfen, um nach zu sehen wieweit die Reparaturen fortgeschritten waren. Vielleicht würde mich das wirklich ablenken und in ihrem Blick sah ich, dass sie wusste, was ich gerade über dieses Treffen dachte!
Als ich von der Besichtigung der Brig zurück war, wusste ich nicht so recht, was ich tun sollte. Die Stunden schienen nicht verstreichen zu wollen! Die Kinder waren zu Bett gebracht und ich lief hier völlig ziellos umher!
„Es wird alles gut sein Bruder und nun setz dich auf deinen Hintern. Nimm ein Buch und lies oder nerve Shay.“ kam es irgendwann einfach genervt von Faith!
Nun gut, dann würde ich den Iren halt noch einmal über sein Fehlverhalten aufklären! Und als wäre es das Stichwort gewesen, dauerte es nicht lange und Lucius und Alex erschienen wieder. Beide waren etwas durchgefroren, aber wohlauf und sehr zufrieden wie es schien.
Nachdem beide mit Tee und den Resten des Abendessens versorgt waren, wurde uns Bericht erstattet.
Dimitri war tatsächlich erst einmal über Alex hinweg gegangen und hatte sie nicht beachtet. Erst als sie ihm die Geschäfte erläuterte und ihr Wissen kundtat, registrierte er, dass er kein Dummerchen vor sich sitzen hatte.
Ich hatte schon bemerkt, dass Alex nicht ganz nüchtern war und sie erklärte es auch mit den Worten, dass sie ja wissen müsse, WAS sie so an Waren handelte!
Musste man deshalb gleich den halben Wodkavorrat trinken?, ging es mir durch den Kopf. Doch ich bin etwas ungerecht, ich hatte mir mit Master Cormac auch das eine oder andere Glas guten irischen Whiskeys gegönnt...
Im März würde dann dieser Russe zu unserer Hochzeit nach Virginia kommen, damit er sich ein eigenes Bild von den Lagern und ähnlichem machen konnte.
Ich gab jetzt meinen Bericht ab, wie lange wir noch auf die Jackdaw werden verzichten müssen, aber ich sah einen freudigen Ausdruck in Alex´ Gesicht. Nur noch zwei Wochen, dann wäre sie wieder einsatzbereit! Plötzlich meinte meine Verlobte leicht stöhnend, dass sie dringend einen Rückzugsort bräuchte, weil sie ihre Eindrücke und Gedanken ordnen müsse. Kurzerhand bot Faith ihr wieder das Arbeitszimmer an und sie nahm es dankend an.
Auch nahm sie mit einer gewissen Röte im Gesicht etwas ganz anderes dankend an... Die beiden Frauen hatten sich ebenfalls wortlos ausgetauscht! Faith schien jedoch überrascht von dieser Kommunikation zu sein!
Ein Gähnen von meiner Verlobten zeigte mir, dass es spät war und wir zogen uns zurück. Als wir auf unserem Zimmer waren, fing Alex an sich auszuziehen und ich sah sie für einen Moment einfach nur an.
In mir war immer noch diese Eifersucht auf den Russen und dieser Gedanke, dass ich nicht zugegen war bei diesem Gespräch. Also fragte ich ohne Umschweife, was sie von diesem Mann hielt!
„Er ist etwas seltsam am Anfang, aber wenn man sich ordentlich mit ihm unterhält, ist er doch sehr umgänglich.“ manchmal fragte ich mich, ob diese Frau mich absichtlich falsch verstehen wollte, DAS meinte ich nämlich überhaupt nicht! In meinen Worten hörte ich selber diesen Unterton, welcher gewisse Besitzansprüche geltend machte.
„Oh, du meinst... Haytham, ich bitte dich! Er ist mit Danja zusammen. Ja, er sieht verdammt gut aus, aber das ist mir egal. Ich habe dich und meine schmutzigen Gedanken schulde ich immer nur dir. Er ist... einfach ein Geschäftspartner. Ich weiß, wie man solche Dinge trennt, Haytham!“ Ihr Ton hatte etwas tadelndes, zickiges angenommen! Das wiederum zeigte mir aber, sie würde ihn mir nicht vorziehen!
„Du glaubst doch nicht, dass ich mit jedem gutaussehenden Mann, der mir begegnet ins Bett steige? Haytham, ich liebe dich und ich will nur dich! Niemanden sonst!“ Bei diesen Worten legten sich ihre Hände um mein Gesicht und sie gab mir einen mehr als verlangenden Kuss, welcher mich versöhnlich stimmte! Meine Hände legten sich völlig automatisch besitzergreifend auf ihren Hintern!
Mit den Worten, dass ich ihr trotzdem zeigen würde, wem sie gehörte, lag sie schneller auf dem Bett, als sie gucken konnte.
Sie würde keine Zeit haben, einen einzigen Gedanken an einen anderen Mann zu verschwenden und ich demonstrierte ihr mein Verlangen.
Ihrerseits bekam ich die volle Hingabe, welche ich erwartet hatte! Ich würde es auch in Zukunft nicht gerne sehen, wenn sie sich mit anderen Männern traf ohne mein Beisein!
Es waren kleinere Lektionen, welche sie begierig wieder in sich aufnahm und ich wusste, sie würde morgen noch meine Hände auf ihrem Po spüren können!
Dafür waren diese Stunden ja auch gedacht!, kam es mir breit grinsend in den Sinn.
Ich erwachte mit einer gewissen, wie soll ich es sagen, Vorfreude und Nervosität. Unsere Hochzeit rückte näher und heute kämen dann die Eheleute Johnson bereits vorbei. Es musste noch der Ablauf der Zeremonie besprochen werden und Kleinigkeiten ausgearbeitet werden!
Außerdem sollte meine Verlobte heute auch gleich in den Orden mit aufgenommen werden, doch davon wusste sie noch nichts. Alex war in den letzten Tagen, genau wie ich auch, immer nervöser geworden und hatte mittlerweile die Angewohnheit, einfach aus einem Raum zu rennen, weil sie in Tränen ausbrach.
In mir wuchs deshalb die Angst, sie könnte einfach wieder in ihre Zeit verschwinden, weil sie es sich doch anders überlegt hätte. Aber ich schüttelte diesen völlig absurden Gedanken von mir, ich konnte mir so ein Verhalten von ihr einfach nicht vorstellen, oder doch?
Neben mir bewegte sich Alex jetzt und ich sah sie breit grinsend an, ich wusste, was jetzt kommen würde. Sie fand es immer noch erschreckend, dass ich so früh wach war und sie beobachtete.
Wieder einmal erklärte ich ihr, warum ich das tat. Ich fand diese völlig entspannten Gesichtszüge mit dieser hellen Haut und diesen wunderschönen Lippen einfach hinreißend! Da kann man nur schwer den Blick abwenden!
„Womit habe ich dich verdient, Haytham?“ ihr liefen die Tränen bei diesen Worten über die Wange und ich wischte sie vorsichtig weg und meinte leise, dass es Schicksal sei! Alex schmiegte sich wieder an mich und für einen kurzen Augenblick, konnten wir uns noch entspannen, bis Magda uns Bescheid gab, dass das Frühstück fertig sei!
Während Alex ihren Kaffee in Händen hielt, sah ich, dass sie unruhig hin und her rutschte, die Nerven waren wirklich zum Bersten gespannt bei ihr. Bei mir nicht minder, muss ich gestehen!
Als dann William mit Catherine angekündigt wurde, hatte ich die Befürchtung, meine Verlobte nähme jetzt sofort reiß aus! Doch sie begrüßte die beiden höflich, wenn auch etwas kühl und dann... ja sie rannte aus dem Zimmer.
Bevor jedoch meine kleine Schwester reagieren konnte, eilte Mrs. Johnson ihr hinterher. So langsam wurde es mir immer unheimlicher und ich hatte die Befürchtung, sie wolle mich wirklich nicht mehr heiraten! Faith beruhigte mich in diesem Moment und meinte, dass das normal sei und ich mir keine Sorgen machen musste.
Kurz darauf erschien Alex mit Catherine wieder im Salon, jetzt etwas beruhigter und sagte, es sei wohl die Nervosität. Ja, das hatten wir alle schon bemerkt. Wir versuchten mit vereinten Kräften, sie abzulenken, doch weit kamen wir nicht, weil Mrs. Marge weiteren Besuch ankündigte.
Erstaunt sah ich mich um, doch niemand wusste, wer noch erscheinen sollte. Dann watschelte ein kleiner Junge in den Salon und brüllte lautstark auf Deutsch „OMA!“ und blieb stehen. In diesem Moment konnte man in Alex Gesicht förmlich jede erdenkliche Emotion sehen und sie erhob sich langsam, ging auf den Kleinen zu. Als sie vor ihm kniete und ihn ansah, traten hinter ihm seine Eltern ein! Es war Yannick und ich vermutete dessen Frau an seiner Seite.
Die drei sahen sich für einen Augenblick einfach nur an, ehe meine Verlobte aufsprang und ihren Sohn stürmisch in die Arme schloss! Er hatte also die Botschaft erhalten und ich freute mich, dass es wirklich geklappt hatte.
Nach der Begrüßung, bei der wir erfuhren ihr Enkel hieße Alexander Fabian, wollten wir uns gerade wieder setzen, als Yannick meinte, er sei nicht allein hier erschienen.
Und dann wurde es voll hier! Der Mentor, William Miles, von Alexandra erschien und neben ihm zwei Herren aus den hohen Assassinen-Rängen, sowie Tobias Schäfer mit seiner Frau Marie. Auch hier kamen drei Angehörige des Ältesten Rates mit dazu, welche wir nun alle nacheinander begrüßten!
Marie sah mich und Shay für einen Moment seltsam an und dann fiel es mir wieder ein. Sie kannte uns ja nur aus der anderen Welt, in welcher wir nicht unbedingt die Freundlichsten gewesen waren. Ich hoffte, sie würde diese Assoziation nicht zu stark haben, ich wusste nämlich von meiner Verlobten, dass sie große Probleme damit hatte, während sie drüben war!
Während dieser ganzen Umarmungs- und Vorstellungsrunde hatte Alex nicht ein einziges Wort gesagt. Es sah aus, als wäre sie nicht anwesend, ihr Blick war leer und ihre Gesten waren fahrig.
Ich befürchtete, sie würde gleich in Ohnmacht fallen, weil auch ihr Gesicht immer mehr an Farbe verlor. Ihr Mentor stand vor ihr und sie fragte, was das hier werden solle! In einem Ton, der völliges Unverständnis vermittelte!
Er nahm ihren linken Ringfinger und fuhr über die Tätowierung dort. Da wurde mir klar, dass man ihr heute ihre moralische Entscheidung abnehmen wollte.
Innerlich war ich erleichtert, so konnte ich sie mit ruhigem Gewissen später in den kolonialen Ritus aufnehmen. Doch bis dahin musste sie aus der Bruderschaft erst einmal entlassen sein.
Ich fragte dann Mr. Schäfer, warum er hier ebenfalls erschienen ist und er klärte mich auf. „Wir haben uns beraten und in den letzten Jahren sind wir, einige Orden und viele Bruderschaften, weiter zusammengewachsen. Und das dank Alexandras Werk. Wir werden sie in den deutsch-niedersächsischen Ritus als Großmeisterin aufnehmen und ihr weitere Rechte einräumen. Das wird sie euch dann sicherlich auch noch erläutern. Sie wird es nämlich auch schriftlich erhalten, Master Kenway.“
Als ich mich nun zu meiner Verlobten umdrehte, sah sie immer noch aus, als würde sie gleich umkippen und ich drehte sie zu mir. Ihre grünen Augen ruhten auf mir und ich fragte im Stillen, ob sie bereit sei für diesen Schritt!
„Ich weiß es nicht!“ kam die ehrliche Antwort und ich versuchte ihr beizustehen, indem ich nochmal erklärte, dass ich voll und ganz hinter ihr stehen würde. Doch sie würde heute, hier und jetzt, die Entscheidung treffen müssen.
Ein Nicken von ihr und dann führte Faith sie hinaus und nach oben ins Gästezimmer. Mr. Schäfer hatte mir gesagt, dass Alex eine Meistertempler-Montur erhielt, welche schon nach oben gebracht worden war! Ich war gespannt, wie das Ganze gleich von Statten gehen würde.
Wie seine Mutter, hatte auch Yannick wenig gesprochen in der letzten Stunde. Er kam auf mich zu, als hätte er meine Gedanken lesen können und fragte mich, ob es nicht doch zu überraschend für seine Mutter käme? Ich versicherte ihm, dass man Alex leider vor vollendete Tatsachen stellen musste, sonst würde man noch bis in alle Ewigkeiten auf eine Antwort warten müssen. Ein breites Grinsen bestätigte mir, dass ich mit dieser Aussage Recht hatte.
„Es fühlt sich für mich seltsam an, dass sie bald auf einer anderen Seite stehen wird und das nicht nur in einem anderen Jahrhundert ...“ meinte er etwas gedankenverloren, doch ich konnte ihn beruhigen. Sie würde ja nicht gänzlich die Bruderschaft verlassen, sondern intern noch weiter agieren. So hatte es mir ihr Mentor gerade noch erklärt. Trotzdem fühlte es sich auch für mich eigenartig an!
Mr. Miles und Mr. Schäfer baten uns alle mit ins Templerzimmer und als ich eintrat, sah ich, dass etwas in dem Kaminfeuer hing. Eine Art Stempel! Wofür...? Dann dämmerte es mir, die Tätowierung! Alex hatte schon angedeutet, solange diese sichtbar auf ihrer Haut war, könne sie dem Orden nicht gänzlich beitreten!
Wollte ihr Mentor ernsthaft dieses Zeichen wegbrennen? Für einen Moment schüttelte ich mich und ließ es jetzt auf mich zukommen.
Dann erschien meine Verlobte mit ihrem Sohn und stellte sich vor den großen Tisch! Sie trug eine schwarze Montur, welche wie angegossen an ihr saß. Yannick blieb an ihrer linken Seite und ich wurde gebeten mich rechts neben sie zu stellen.
Alex hatte immer noch nicht gesprochen und ich machte mir langsam ernsthaft Sorgen um ihren Geisteszustand! Mr. Miles ergriff das Wort, er sprach in seiner Muttersprache und nicht auf Deutsch!
„Alexandra, wir honorieren dich und deine Leistung, welche du in den letzten Jahren gezeigt hast. Die Bruderschaft hat dir zu verdanken, dass es Frieden und eine Einigung gibt! Wir wünschen uns, dass es so bleibt, du hast den Grundstein gelegt, welcher nun ausgebaut werden muss!“ für einen kurzen Augenblick sah ich eine gewisse Traurigkeit in seinem Gesicht, welche ich ob des Verlusts von Alex nachvollziehen konnte. „Aber um dein Vorankommen zu sichern, werde ich dich aus der Bruderschaft entlassen! Du wirst jetzt einen anderen Weg einschlagen und beide Seiten weiter festigen. Du bist nicht länger den Lehren der Assassinen verpflichtet! Wir werden dein Andenken aber weiterhin ehren und weitertragen!“
Er holte das Siegel aus dem Kaminfeuer und bat Yannick, ihr den Ring vom linken Finger zu nehmen.
Mit einem Male kam Bewegung in Alex und sie sträubte sich, wollte ihre Hand wegziehen! Ich hörte sie schwer atmen und die Worte von ihrem Sohn, sie solle ihm jetzt vertrauen! Dann nahm ihr Mentor ihre Hand und drückte für den Bruchteil einer Sekunde das glühende Metall auf das Assassinensymbol. Danach reichte er es Tobias, welcher es beiseite legte.
„Ab diesem Moment gehörst du zum inneren Kreis der Bruderschaft. Dein Titel bleibt weiterhin bestehen! Niemand wird deine Arbeit hinterfragen und du wirst dein Wissen an uns weitergeben.“ auch diese Worte waren von Traurigkeit gespickt!
Alexandra erwiderte lediglich „Das werde ich, Mentor!“ Auch ihre Stimme war leise und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Yannick war gerade dabei, die Wunde zu verbinden, als schon Mr. Schäfer vortrat. Wir wurden Zeuge, wie es in ihrer Zeit mit dem Eintritt in den Orden ablief.
„Alex, wir sind dir gefolgt und du bist aus freien Stücken vor uns getreten.“ seine Art ähnelte meiner eigenen Templerart und ich musste leicht grinsen.
„Master Kenway, nehmt bitte den Ring vom Finger eurer Verlobten!“ Doch auch hier wollte sie mir ihre Hand entziehen, aber ich hielt sie entschieden fest und nahm ihr schweren Herzens das Schmuckstück ab.
Mrs. Alberts, eine Dame des Ältesten Rates, trat nun vor und stellte ein kleines Kästchen auf den Tisch, darin befand sich ein goldener Ring mit Tatzensymbol. Gleichzeitig hatte Mr. Schäfer seine Waffe entsichert und hielt sie nach unten gerichtet an seiner Seite.
„Triff deine Entscheidung, Alexandra! Nimm es an oder... verweigere!“ In diesen wenigen Worten lag so viel Befehlston, dass ich mich selber straffte.
Meine Verlobte starrte auf den Ring, dann zu mir und zu Mr. Schäfer und wieder auf das Kästchen. Doch ihre Entscheidung war gefallen und sie griff nach dem Ring!
Mit einem erleichterten „Gute Entscheidung!“ von Tobias, steckte dieser seine Waffe weg und nahm ihr das Schmuckstück ab. In diesem Moment war ich froh, dass Alex nachher eine Kette mit dem Templerkreuz erhalten würde. Es schien schon fast wie abgesprochen zu sein...
Als der Treueschwur anfing, stand ich für einen Moment mit offenem Mund dort. Es waren die Worte, welche auch wir nutzten. Also hatte sich daran schon mal nichts geändert, was mich innerlich seltsamerweise beruhigte. Aber ich schweife ab... Dann kam der entscheidende Satz, mit welchem man ihr den Ring ansteckte.
„Du bist jetzt eine Templerin. Möge uns der Vater des Verstehens leiten.“
Nun trat Mrs. Alberts noch vor und legte eine lederne Mappe auf den Tisch.
„Frau Frederickson, auf Beschluss des Ältestenrates der Orden in Europa, erheben wir euch in den Stand einer Großmeisterin. Ihr seid für die Erkundung und Erforschung der alten Kolonien verantwortlich. Ihr gehört von nun an dem deutsch-niedersächsischen Ritus an!“
Ich sah plötzlich wie Faith mit völligem Unverständnis auf diesen Satz reagierte. Ich würde ihr später die Beweggründe erklären müssen, das sollte nicht zwischen ihr und uns stehen!
Was sich aber seltsam anhörte war „die alten Kolonien“! Ich ertappte mich wieder dabei, dass ich diesen Wunsch hatte, einmal in Alexandras Zeit reisen zu können!
Doch jetzt war es vorbei, meine Verlobte war Templerin und ich nahm sie einfach in den Arm und beglückwünschte sie. Auch alle anderen taten es mir gleich, plötzlich löste sie sich von allen und eilte hinaus! Es war keine Flucht, es war diese Ruhe, welche Alex für einen Moment brauchte. Sie musste kurz alleine sein und ich verstand sie.
Aber lange hielt es mich nicht und als klein Alex auch noch anfing nach seiner Oma zu betteln, ging ich hinaus und suchte meine Verlobte. Noch wären wir ja nicht fertig und sie war ohne Umhang hinaus geeilt, bei den eisigen Temperaturen!
Ich fand sie auf der hinteren Kaimauer, sie hatte ihre Arme um sich geschlungen und stand zitternd in der untergehenden Sonne. Ich trat hinter sie und schloss meine Arme um sie, doch sie erschrak nicht, sondern versuchte sich sogleich zu erklären.
„Mi amor, es tut mir leid, ich wollte nicht fliehen, aber ich brauchte einen Moment!“
Wir wussten es, darüber sollte sie sich keine Sorgen machen. Die letzten Wochen waren für uns, gerade für Alex besonders schwer und sie hatte viel Neues erlebt, lernte ununterbrochen und nun war sie auch noch Großmutter und Templerin.
Bei meinen Worten drückte ich sie einfach fester an mich, um ihnen mehr Nachdruck zu verleihen!
„Ich möchte heute niemanden mehr sehen, ich will nur noch mit dir alleine sein, Haytham....“ sprach sie leise an meine Brust gelehnt, doch leider musste ich sie enttäuschen. Unsere Zweisamkeit müsste warten, bis alles andere erledigt war, sie hätte mindestens noch zwei Aufgaben für heute.
„Und die da wären?“ hörte ich sie frustriert seufzen.
Vorerst erzählte ich lediglich von klein Alex, welcher nach ihr verlangte. Sie sollte ihn wenigstens ins Bett bringen! Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen und sie fragte mich, ob ich mitkommen würde. Ohne ein weiteres Wort nahm ich ihre Hand und wir gingen wieder hinein.
Im Salon kam der kleine Mann auch gleich freudig auf uns zugeeilt, leicht stolpernd, aber er kam ohne hinzufallen bei uns an. Alex nahm ihn hoch und wir gingen in das Gästezimmer von ihrem Sohn, wo Faith eine Wiege hatte aufstellen lassen für Alexander.
Dieser Anblick von meiner Verlobten mit einem Kleinkind auf dem Arm, rief den Wunsch in mir wieder hervor, mit ihr Kinder zu haben und ein trauriger Schauer umspülte meine Gedanken!
Sie wickelte ihn, erzählte leise noch etwas und dann schlief dieser kleine Junge langsam ein. Wir standen da und sahen ihn beide einfach nur an.
„Mein Sohn hat ein eigenes Kind! Ich kann es immer noch nicht glauben!“ kam es leise staunend von meiner Verlobten.
Mir fiel die Ähnlichkeit zu ihr auf, gerade wo er wie jetzt friedlich schlief. Bei diesen Worten ließ ich meine Lippen ihren Nacken berühren und ich spürte diesen Schauer, welcher von ihr ausging.
Alex drehte sich zu mir um und schlang ihre Arme um meinen Nacken.
„Das hat er und ich fühle mich alt, weil ich jetzt eine Großmutter bin. Willst du mich wirklich immer noch heiraten?“ Was war das für eine Frage, natürlich wollte ich sie noch heiraten! „Wenn man es genau nimmt, bin ich gerade Großvater geworden. Auch wenn es nur der Stiefgroßvater ist, der seine Verlobte immer noch heiraten möchte!“ gab ich deshalb als Antwort, doch leider musste ich diese Idylle beenden.
Auf dem Weg in den Salon meinte ich dann, sie würde es gleich verstehen, was noch anstand. Unten waren alle in feucht-fröhlicher Stimmung und auch hier unterbrach ich die Gäste ungern, doch wir sollten Alex noch in den kolonialen Ritus aufnehmen, wo sie ebenfalls in den Rang als Großmeisterin erhoben werden würde.
Ich hoffte, ich könnte es Faith dann bald in Ruhe erklären, wobei ich aber davon ausging, dass ihr Vater sie bald entsprechend selber berufen wird! Wir gingen alle noch einmal hinüber, neben mir stand Shay und auf der anderen Seite Lucius.
Links neben Alex nahm ihr Sohn Platz und zur Rechten stand Faith, welche die zitternde Hand von meiner Verlobten hielt. Sie wusste, was jetzt kam! Ich atmete tief durch...
„Wir sind noch einmal hier zusammen gekommen um Mrs. Alexandra Frederickson in unsere Reihen aufzunehmen. Ich habe mich mit Master Cormac und Master Williams bereits darüber beraten und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass meine zukünftige Frau an meiner Seite stehen sollte. Ohne Wenn und Aber. Und da heute ihre Indoktrination bereits einmal stattgefunden hat, ist es jetzt an der Zeit, sie in den kolonialen Ritus aufzunehmen, damit wir unsere Ziele gemeinsam erreichen können.“
Meine Worte waren vorsichtig gewählt und ich sah mich im Raum um, erntete aber keine Einwände! Also holte ich die Kette aus meiner Rocktasche hervor und begann den Treueschwur auf ein neues. Dieses mal jedoch sprach meine Verlobte lauter, deutlicher und war gefasster!
Es war Shays Aufgabe, ihr die Kette umzulegen und die ganze Zeit hatte sie mich nicht aus den Augen gelassen. Ich sah sogar ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht!
„Ihr seid nun eine Templerin des kolonialen Ritus, außerdem werdet ihr auch hier in den Stand einer Großmeisterin erhoben, um eure Arbeit ohne Hindernisse fortsetzen zu können.“
Und damit waren wir in erster Instanz vereint, übermorgen würde dann der zweite endgültige Schritt folgen!
Shay beglückwünschte sie nun als erster und danach reihten sich alle anderen ebenfalls ein. Für einen kurzen Moment drang ich in ihren Geist und meinte, dass ich mich auf die gemeinsame Zukunft mit ihr freue und ich sie über alles liebe!
„Das weiß ich, Haytham, und ich liebe dich ebenso und ich freue mich auf unsere Zukunft!“ Ein langer inniger Kuss besiegelte das Ganze und man riss uns mit einem gemeinschaftlichen Geräusper aus dieser kleinen Zweisamkeit!
Freudig meinte Faith an die Gäste gewandt, dass wir darauf jetzt anstoßen sollten und wir begaben uns wieder in den Salon. Ich war in diesem Moment zufrieden und glücklich, ein Gefühl, welches ich lange nicht mehr erlebt hatte und ich genoss die Gesellschaft der anderen!
Alex erhob dann ihr Glas und bedankte sich bei uns allen für das entgegengebrachte Vertrauen und sie freue sich auf die gemeinsame Arbeit! Kurz darauf wurden dann aber die Delegation des Ältestenrates und die Assassinen wieder verabschiedet.
Bis auf Alex Familie, Tobias mit Frau, William und ihr bester Freund Rafael, würden sie nun gehen. In Shays Arbeitszimmer verabschiedeten wir sie.
Wieder zurück schien meine Verlobte etwas einzufallen.
„Yannick, wie lange bin ich bei euch schon weg? Ich meine, ich bin stolz auf dich, dass du Vater bist, aber ich verstehe das nicht. Es war oder besser ist eigentlich angedacht, dass ihr die Truhe Ende 2021 bekommen solltet.“
Yannick erklärte es leicht lallend und ich musste grinsen.
„Das hätten wir auch, aber sie war in einem ziemlich desolaten Zustand, Mom. Man hatte vermutlich in den Jahren mit vielen Mitteln versucht sie zu öffnen, doch niemand hat es geschafft. Und wir haben sie auch erst im Januar 2023 bekommen.“
Diese Zahlen waren immer noch völlig fantastisch!
„Es war schwierig sie aufzubekommen. Die Fingerabdruck-Schlösser waren nicht mehr richtig in Takt. Du kannst dir vorstellen, wie lange unsere Techniker daran gesessen haben.“ meinte jetzt William. „Und als sie dann offen war, brauchten wir einige Monate, alles zu sortieren und aufzuarbeiten. Als wir dann deine Anweisungen fanden, haben wir sie ausgewertet und sind dir gefolgt.“
Alex war sichtlich froh, dass sie es getan hatten! Wir aßen noch zu Abend und als ich spürte, dass meine Verlobte immer wieder an meine Schulter fiel vor Müdigkeit, verabschiedeten wir uns und gingen hinauf.
In unserem Zimmer nahm ich sie in den Arm und versuchte mich zu erklären.
Es war einfach noch so unwirklich, nicht real, aber es fühlte sich richtig an. Alex war ein Stück näher an meiner Seite und so sollte es hoffentlich auch bleiben!
Langsam begann ich, sie aus dieser neuen Montur zu befreien.
Erst jetzt kam ich dazu, sie mir genauer anzusehen. Es war schwarzer schwerer Stoff für den Mantel und die Hosen, dazu ein weißes Hemd und darüber, was ungewöhnlich ist, ein schwarzes Korsett aus Seide mit filigranen Stickereien. Ihre Beine verschwanden in fast Oberschenkelhohen Stiefeln! Diese Kombination stand ihr, dennoch befreite ich sie davon und sie half mir ebenso mit meiner Kleidung!
„Ich werde sicherlich auch so meine Zeit brauchen, ehe ich alles realisiert habe, mi amor. Fangen wir einfach klein an und ich zeige dir meine Dankbarkeit!“ kam es plötzlich lasziv von meiner Verlobten und sie ließ sich an mir heruntergleiten.
Als ich dann ihre Lippen spürte, wie sie mich umschlossen, konnte ich kaum an mich halten und brachte nur ein „Jesus, ich habe deinen Mund vermisst!“ heraus und meine Hand griff in ihre Haare. Ihr Blick ruhte auf mir und es war diese Hingabe, welche mich um den Verstand zu bringen schien.
Ich zog sie langsam wieder hoch und führte Alex zum Bett. Meine Lippen erkundeten nun meinerseits ihren Körper und als ich mit meiner Zunge zwischen ihren Schenkeln eintauchte, konnte ich mir ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen. Über diese „Vorfreude“ von ihr war ich schon beim aller ersten Mal überrascht.
Wir würden uns später darüber unterhalten, sprach ich sie im Geiste an und erntete ein leises „Das sollten wir tatsächlich, Master Kenway!“ Stück für Stück glitt ich wieder hoch und umschloss ihren Mund mit meinen Lippen! Begierlich schob sie mir ihr Becken entgegen und ich nahm sie einfach.
Dieser Einklang war immer wieder berauschend, doch dieses mal war auch noch ein bisschen mehr Verbundenheit mit im Spiel und ich genoss ihre Bewegungen, wie sie mich weiter auf meinen Höhepunkt zutrieb.
Mehr als ihren Namen an ihrem Ohr hauchen konnte ich nicht und als wäre es ihr Stichwort, ließ auch sie sich fallen und kam laut stöhnend. Ihre Hände fuhren über meinen Rücken und hielten mich fest, bis wir beide wieder ruhiger wurden und mit einem langen Kuss löste ich mich von ihr.
Als sie dann in meinen Armen lag, meinte ich, dass ich mich auf übermorgen freuen würde!
„Du hast interessante Themenwechsel, mi amor. Aber ich freue mich auch schon, auch wenn ich ziemlich nervös bin, immer noch!“ grinste sie mich an. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach gespielt maulig nachfragen, ob ich so schrecklich sei.
„Nein, Master Kenway, seid ihr nicht. Nicht immer, nur ab und zu im Bett, aber... das ist etwas anderes.“
Diese süffisanten Worte unterstrich sie noch, indem sie mir in die Brust biss. Na warte, das gibt eine sofortige Lehrstunde in gutem Benehmen und ich griff ihr Kinn mit den Worten, wenn sie noch Appetit hätte solle sie es einfach sagen.
Dieses Weib provozierte mich wo sie nur konnte und ich ließ mich darauf ein, ich genoss es einfach!
„Du verstehst es, mir etwas beizubringen, Haytham. Dafür liebe ich dich übrigens auch!“ hörte ich sie leise sprechen und ich versprach, dass ich mein Bestes geben würde. Leider wäre meine Schülerin stellenweise unbelehrbar!
„Ich liebe aber deine Wiederholungen, mi amor. Also verzeih mir, dass ich nicht alles sofort verinnerliche!“ Warum wusste ich, dass sie das sagen würde?
Entspannt konnten wir die wohlverdiente Nachtruhe antreten und ich gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn, doch Alex war bereits eingeschlafen...
Der gestrige Tag verlief ruhig und mit ein paar kleineren Planungen für den heutigen Tag. Meine Meistertempler-Montur musste ich anprobieren, wir hatten noch einmal mit Master Johnson die Einzelheiten für die Zeremonie an sich besprochen und auch Alex hatte die Anprobe für ihr Kleid, welches ich leider noch nicht sehen durfte. Es würde Unglück bringen, wenn ich sie vorher darin sehen würde, hatte man mir erklärt.
Am gestrigen Morgen durfte ich dann auch meine Vaterfähigkeiten zeigen, in dem ich unseren Enkel beruhigen musste, welcher lautstark nach seiner Oma brüllte. Doch Abends war er mit mir nicht mehr böse, im Gegenteil, ich bekam eine Umarmung und ein „Opa Nacht!“ von klein Alex.
Auch musste ich meiner Verlobten in der letzten Nacht wiederholt eine Lehrstunde geben, bezüglich ihrer Wiederworte! Wir Herren waren nämlich am Nachmittag nicht mit hinaus gegangen um mit den Kindern und den Damen den Schnee zu genießen. Genau das hielt Alex mir dann vor und meinte, alles was ich jetzt noch vor hätte, müsse ich alleine machen. Nein, das würde ich ganz bestimmt nicht und ich nahm mir, was mir gehörte! Umgekehrt dankte sie es mir wenig später mit einem seligen Lächeln und einem langen Kuss.
Als ich heute früh erwachte, lag ich für einen Moment einfach still da und betrachtete meine Verlobte mal wieder. Auf ihrem Gesicht lag ein Lächeln, welches mich, warum auch immer, zuversichtlich stimmte und ich weckte sie mit einem leisen „Guten Morgen“.
Ein „Hmmmmmmm“ war alles was ich bekam und man sah, die ganze Aufregung erwachte wieder mit ihr zusammen.
Sie umklammerte mich plötzlich, so als suche sie Schutz!
Natürlich fragte ich nach, ob es die Aufregung sei und erntete ein tadelndes „Was dachtest du sonst? Ich mache bestimmt irgendwas falsch oder verplappere mich, stolpere über meine Füße oder... ich weiß es nicht. Wahrscheinlich vergesse ich sogar meinen eigenen Namen!“ und Alex brach in Tränen aus.
Ich versuchte sie zu beruhigen, indem ich ihr versicherte, dass sie alles meistern wird. Auch dass sie nicht alleine sei und dass ich genauso nervös war, sehr sogar, wenn ich ehrlich sein darf!
„Warum?“ fragte sie mich völlig erstaunt und jetzt war es an mir, mich zu erklären.
Ich würde ja ebenfalls zum ersten Mal heiraten, anscheinend hatte sie das vergessen.
Aber ich grinste sie an und Alex wurde ruhiger, gab mir einen kurzen Kuss und stieg aus dem Bett „Dann sollten wir aufstehen und frühstücken, bis ich in diesem Kleid stecke und meine Haare fertig sind, vergeht ein halbes Jahrhundert, mi amor! Und ich will dich dieses Jahr noch heiraten!“
Ihre Füße hatten noch nicht ganz den Boden berührt, da hörte ich derbe Flüche von ihr!
Mein Versuch, ihr noch einmal zu erklären, dass es halt im Winter so ist, wurde ignoriert. Vermutlich weil ich dabei lachen musste.
„Ja, draußen schon. Aber dass es in einem Haus so kalt ist, ist für mich immer noch ungewohnt und jetzt hör auf zu lachen, dass ist nicht witzig.“ und schon flog ihre Bürste auf mich zu. Ich sollte sie lieber in Ruhe lassen, bis sie ihren Kaffee hatte. Bis dahin würde ich meinen Mund halten!
Außerdem musste ich auch aufstehen und als ich angezogen war, half mir Alex bei der Rasur, band meine Haare und lächelte mich mit diesem verträumten Blick im Spiegel an. Meine eigene Nervosität stieg plötzlich, als ich sie so sah, wie sie hinter mir stand und mir wie selbstverständlich zur Hand ging!
In wenigen Stunden würde sie Mistress Kenway sein!
Als wir ins Esszimmer traten, hatte man den Eindruck, es herrsche Krieg.
Neben mir nahm ich Alex´ Blick Richtung unseres Enkels wahr und dieser verstummte augenblicklich, sah zu seiner Mutter, welche ihm erlaubte aufzustehen. Kaum hatte sie es ausgesprochen riss der Kleine sein Frühstück dabei mit hinunter und stand mit zitternden Lippen vor dem Malheur.
Meine Verlobte hob ihn hoch und ich hörte, wie sie leise sagte „Nein, ich bin dir nicht böse, Alexander!“ dann fiel sein Blick auf mich und er brüllte ihr ein „Opa ARM!“ in die Ohren.
Etwas überrascht nahm ich ihn auf den Arm und Alex ging einfach zu ihrem Platz. Ich selber setzte mich mit dem Jungen und wir versuchten gemeinsam ein paar von den Brötchen zu ergattern. Er brabbelte die ganze Zeit vor sich hin und zeigte auf einige Gegenstände, leider verstand ich nicht alles, es war halb deutsch, halb englisch und noch etwas anderes.
Nachdem alle fertig waren, erschienen schon die Eheleute Johnson. Master Johnson hatte sich in einen seiner besten Anzüge gezwängt, von denen ich wusste, dass sie für ihn unbequem waren. Schlimmer waren eigentlich nur noch die Uniformen der Soldaten!
Kurz darauf kamen die Gäste aus Alex´ Zeit und auch diese Herren hatten ihre Probleme mit der Kleidung. Ich wusste von Yannick, dass seine Alltagskleidung praktischer und legerer war, er hatte es mir beschrieben. Mir kamen die drei Kleidungsstücke in den Sinn, welche meine Verlobte mir damals gezeigt hatte.
Nur Marie bewegte sich hier völlig natürlich, man spürte, sie kam aus dieser Zeit!
Dann war es an der Zeit, dass Alex ihr Kleid anzog und gerade als sie nach oben gehen wollte, stöhnte Mr. Schäfer laut auf „Verdammt!“ und eilte mit Mr. Miles hinaus.
Wir sahen uns alle fragend an, bekamen aber kurz darauf eine Erklärung.
Die beiden Herren betraten wieder den Salon und hinter ihnen hatten zwei der Diener jeweils eine Kiste in der Hand. Ich sah meine Verlobte fragend an, sah aber, dass sie ahnte, was sich darin befand.
„Alex, das Wichtigste hätten wir fast vergessen. Wir haben ein kleines Hochzeitsgeschenk für dich!“ kam es von ihrem Mentor und dann stellte man die Kisten auf den Tisch.
Über Alex´ Gesicht lief ein Strahlen und ich hörte sie auf deutsch sagen „Ihr seid doch echt nicht ganz frisch, oder?“ und sie schloss die beiden Herren in ihre Arme. Mir erschloss sich jetzt der Zusammenhang einfach nicht, ich war nicht der einzige hier im Raum, der immer noch fragend da stand.
Es war Mr. Miles, welcher eine Flasche daraus hervorholte und nun sah ich auch, was es war. Oder zumindest vermutete ich, dass es sich um Champagner zu handeln schien. Wir hatten aber doch ebenfalls welchen hier, warum war das ein Geschenk?
Als man Alex animierte ein Glas zu trinken, es würde die Nerven beruhigen, trat ich neben sie. Vormittags sah ich es nicht gerne, wenn sie zum Alkohol griff, ganz allgemein hatte ich damit ein Problem.
„Keine Sorge, mi amor. Nur ein Glas und du solltest ihn probieren, er ist unglaublich lecker!“ meinte sie jetzt euphorisch, als hätte sie meine Gedanken wieder gelesen.
Gekonnt fing sie an die Flasche zu öffnen und ich fand es erstaunlich wie leicht ihr das von der Hand ging.
Mrs. Marge brachte nach Aufforderung von Alex einige Gläser und sie goss großzügig von dem Sekt ein, es war kein Champagner, wurde uns noch erklärt. Sie war in ihrem Element, es war als könne ich doch ein wenig von ihrer Zeit erleben und beobachtete meine Verlobte dabei.
Als alle ein Glas in Händen hielten, ließ es sich Mr. Miles nicht nehmen, einen Trinkspruch auf Alex und mich zu erheben.
Du meine Güte, dieser Sekt war, nun ja, gewöhnungsbedürftig. Er war sehr, sehr trocken und ungewohnt im Geschmack! In das Gesicht meiner Verlobten trat aber ein seliger Ausdruck beim ersten Schluck und ich ahnte, dass sie auch so etwas vermisst hatte, also ließ ich sie gewähren.
Nun drängte Faith aber noch einmal, dass sie sich umziehen müsse und Alex goss sich ein weiteres Glas ein, grinste mich an und verschwand hüftschwingend nach oben!
Ich hatte noch etwas Zeit was das Ankleiden anging und so fragte ich Mr. Schäfer ein wenig über das 21. Jahrhundert aus. Meine Fragen beantwortete er bereitwillig.
„Master Kenway, als Mrs. Frederickson mir damals mitteilte, sie würde euch persönlich kennen, traute ich erst meinen Ohren nicht. Versteht mich nicht falsch, aber ihr habt einen tiefen Eindruck für den Orden allgemein hinterlassen. Ich freue mich daher, dass ich euch nun ebenfalls persönlich kennenlernen durfte!“ für einen kurzen Augenblick, wusste ich nicht so recht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich fühlte mich geehrt, keine Frage, aber gleichzeitig stellte ich mir die Frage, WAS hatte ich getan.
Es war etwas frustrierend, wenn ich ehrlich sein soll.
Ich sah, wie Mr. Miles sich angeregt mit Faith und Shay unterhielt und auch dort konnte ich sehen, dass es eine gewisse Neugierde auf beiden Seiten gab.
Dann sprach mich einer der Diener an, dass es auch für mich nun Zeit sei, mich umzuziehen. Meine Montur hatte man in das Gästezimmer von Lucius gebracht, wo ich mich nun einkleiden ließ. Ich war gespannt, wie Alex nachher aussehen würde und wieder stieg die Nervosität in mir.
Ich hatte Shay den Ring für sie gegeben, es war einer der meiner Mutter gehörte.
Als ich vor ein paar Tagen die Schmuckschatulle von ihr geöffnet hatte, sprach sie zu mir und meinte, dass Mrs. Frederickson an unserem Hochzeitstag die rechtmäßige Besitzerin dieser Schmuckstücke werden solle! Ihr stimmte mein Vater voller Inbrunst zu und zeigte auf eben diesen Ring, welchen ich ihr heute anstecken werde. Die Worte meiner Eltern hatten einen sehr seltsamen Unterton, so als wollten sie sichergehen, dass ich wirklich verstand, dass der Schmuck NUR für Alex bestimmt sei! Der Ehering
Nach der Trauung werde ich ihr also mein Hochzeitsgeschenk geben und hoffe, sie wird nicht enttäuscht sein.
Wir hatten leider keine Zeit mehr gehabt um richtige Eheringe anfertigen zu lassen, aber das konnte auch noch warten bis zur offiziellen Hochzeit im März!
Der Diener klopfte noch den imaginären Staub von meiner Kleidung und meinte, ich sähe fantastisch aus!
Unten erwarteten mich schon die anderen Gäste und wir gingen zum Templerzimmer hinüber, wo ich mich vor dem Kamin noch einmal an William wandte, ob wir auch nichts vergessen hätten.
„Master Kenway, wie ich euch kenne, habt ihr bis ins kleinste Detail alles geplant, vorbereitet und analysiert. Glaubt mir, es ist alles in bester Ordnung!“ lächelte er mich an und wir warteten auf Alex.
Es dauerte nicht lange, bis die Türen geöffnet wurden und sie am Arm ihres Sohnes den Raum betrat.
Mir stockte für einen Augenblick der Atem, sie sah in diesem Kleid einfach umwerfend aus. Dazu kamen ihre leuchtenden grünen Augen, welche auf mich gerichtet waren und wir beide blendeten alles und jeden gerade aus!
Langsam kam sie auf mich zu und dann reichte mir Yannick die Hand seiner Mutter mit den Worten. „Passt gut auf meine Mutter auf, Master Kenway!“ leider versagte meine Stimme in diesem Moment und ich konnte lediglich nicken. Alex stand vor mir, lächelte mich liebevoll an und hielt meine Hände.
Dann begann Master Johnson seine Ansprache und bat als erstes, dass die anwesenden Gäste sich setzen mögen. Ich gebe es nicht gerne zu, doch ich hörte bloß mit einem halben Ohr der Rede von ihm zu, so nervös war ich. Als er mich dann aufforderte mein Ehegelübde zu sprechen, musste ich mich ein paar mal Räuspern, ehe ich meine Stimme wiederfand. Und bei meinen Worten stiegen Alex die Tränen in die Augen!
Seitdem du in mein Leben getreten bist,
sehe ich die Welt in einem ganz anderen Licht.
In einem Licht, welches dunkle Gedanken vertreibt,
schlechte Laune überstrahlt und
das mich sogar schlechtes Wetter genießen lässt,
weil ich weiß, dass ich die Zeit dann mit dir verbringen kann.
Nie habe ich mich wohler gefühlt, als in deiner Nähe.
Du beruhigst mich und machst mich glücklich.
Du bewirkst, dass ich nichts in meinem Leben bereue,
weil mich alles letztendlich zu dir geführt hat und
mich zu dem Menschen gemacht hat, in den du dich verliebt hast.
Allein das gibt mir genügend Selbstvertrauen und Zuversicht,
mich jeder Herausforderung im Leben zu stellen.
Du bereicherst mein Leben und
ich bin unendlich dankbar dafür.
Ich liebe dich.
Ich endete und dann steckte ich ihr den Ring an. Ihr Blick lag auf ihrer linken Hand und ich spürte, dass sie zitterte, sie hatte leichte Panik in ihren Augen. Warum wusste ich jedoch nicht sofort. Jetzt war sie an der Reihe und ihre Worte für mich waren wie Balsam und ich sog sie in mich auf!
Ich kann dir nicht versprechen,
dass niemals dunkle Wolken
über unserem Leben
schweben werden,
oder dass die Zukunft
nur Regenbogen bringt.
Ich kann dir nicht versprechen,
dass morgen perfekt wird,
oder dass das Leben einfach wird.
Was ich dir versprechen kann, ist
meine ewige Zuneigung,
meine Loyalität, meinen Respekt,
und meine bedingungslose Liebe ein Leben lang.
Ich kann dir versprechen, dass
ich immer für dich da sein werde,
um dir zuzuhören, deine Hand zu halten,
und dass ich immer mein Bestes geben werde,
um dich glücklich zu machen,
damit du dich geliebt fühlst.
Ich kann dir versprechen, dass
ich dich durch jede Krise begleite,
mit dir träume,
mit dir aufbaue,
dich immer ansporne
und dich unterstütze.
Ich kann dir versprechen, dass
ich deine Beschützerin sein werde,
dein Beistand, deine Beraterin,
deine Freundin, deine Familie,
dein Alles.
Wunderschön gesprochen! Jetzt erkannte ich auch, warum in ihr Panik hoch kroch, sie hatte keinen Ring, welchen sie mir anstecken konnte.
Für mich war das jetzt in diesem Moment nicht wichtig, für sie aber schon und wie abgesprochen sprang Yannick plötzlich auf, zog sich einen silbernen Ring von seinem Finger und legte ihn ihr in die Hand.
Bevor sie etwas sagen konnte, schloss er entschieden ihre Hand und nickte unmerklich, dann setzte er sich wieder auf seinen Platz. Immer noch mit zittrigen Fingern und Tränen auf den Wangen, steckte sie ihn mir an.
„Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau! Master Kenway, ihr dürft eure Frau jetzt küssen!“ hörte ich die Stimme von William wie aus weiter Ferne und konnte meinen Blick nicht von meiner FRAU lassen!
Es schien mir eine Notwendigkeit, diesen Augenblick zu verinnerlichen und mir einzuprägen! Als ich dann im Geiste zu ihr sagte „Ich liebe dich, Mistress Kenway!“ erhielt ich eine ebensolche stille Antwort „Ich liebe dich, Master Kenway!“ erst dann, gab ich ihr einen Kuss, welcher noch länger hätte sein können, muss ich gestehen.
Langsam kamen wir wieder im Hier und Jetzt an und die anwesenden Gäste applaudierten.
Natürlich gratulierte uns Master Johnson als erstes, und Shay und Faith folgten und hießen Alex nun in der Familie willkommen. Als Lucius jetzt auf uns zutrat, bekam ich für einen Moment ein mulmiges Gefühl, sein Gesicht war unergründlich.
„Mistress Kenway, ich beglückwünsche euch ebenfalls zu eurer Hochzeit und möge eure Zukunft so sein, wie ihr sie wünscht.“ mit diesen Worten nahm er ihre Hand und gab ihr einen Handkuss. Dann war ich an der Reihe.
„Master Kenway, seid gut zu eurer Ehefrau und ich wünsche auch euch alles erdenklich Gute für die Zukunft!“ eine gefühlte Ewigkeit schüttelten wir uns die Hände, einiges war noch unausgesprochen zwischen uns. Irgendwann sollte ich mit ihm noch einmal das Gespräch suchen.
Nun waren die anderen an der Reihe und eine Umarmung folgte der nächsten, die Glückwünsche waren ebenso herzlich! Auch die Kinder durften endlich wieder frei herumlaufen, ich muss sagen, während der Zeremonie waren sie alle brav auf ihren Stühlen geblieben.
Unser Enkel stand neben mir und verlangte lautstark auf den Arm genommen zu werden und wer bin ich, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Seine kleinen Arme legten sich um meinen Nacken und er erzählte mir wieder etwas.
Wir verließen danach das Zimmer und im Eingangsbereich stand das etwas dezimierte Personal des Forts um uns zu beglückwünschen.
Es war Mrs. Marge, welche im Namen aller Bediensteten uns alles Gute wünschte und ich sah, auch sie hatte Tränen in den Augen.
„Ich wünsche euch alles erdenklich Gute für die Zukunft, Mistress Kenway. Master Kenway, auch euch wünsche ich nur das Beste. Wer hätte das vor ein paar Jahren noch gedacht.“
Natürlich durfte die Anekdote nicht fehlen, wie ich Alex das erste mal hier traf und sie mich nicht hereinlassen wollte. Ich erwiderte lächelnd, dass wohl niemand damit gerechnet hatte.
Dann standen wir für einen Moment alleine hier vorne und Alex betrachtete den Ring genauer. Über ihr Gesicht ging ein liebevolles Lächeln und ich erklärte ihr, dass es einer der Ringe von Mutter war. Im selben Atemzug sagte ich, dass sie es so wollte, als meine Ehefrau stünde er ihr zu. Vater war mit ihrer Entscheidung selbstverständlich einverstanden, weil sein Herz an dieser Verbindung hing.
„Es ist noch so unwirklich, Haytham.“ kam es leise von ihr und gerade als ich etwas sagen wollte, unterbrachen uns Shay und Faith. Das Essen sei serviert und heute stünde uns als Brautpaar die Kopfseite des Tisches zu, also nahmen wir dort Platz.
Das Essen war einfach fantastisch, das Küchenpersonal war Goldwert und das teilte ich meiner kleinen Schwester auch mit, welche vor Stolz fast geplatzt wäre.
Nach dem ersten Gang war ich an der Reihe, meine Rede zu halten. Ich hatte lange überlegt, was ich sagen sollte und jetzt war es so, dass ich ein klein wenig durch die Neuzeit-Gäste improvisieren musste.
Ich bedankte mich für das Kommen aller und für die Glückwünsche. Bei Familie Cormac bedankte ich mich im Namen meiner Frau für die großzügige Gastfreundschaft und dass sie das alles so kurzfristig haben einrichten können. Eheleute Johnson erhielten auch einen Dank, vermutlich hätten sie heute am Silvester Abend auch andere Pläne!
Und ich sprach von Alex´ Eltern welche heute leider nicht mit anwesend sein konnten, genau wie meine es nicht seien. Auch wenn es damit anders gelagert wäre, doch ich schweife schon wieder ab.
Yannick versicherte ich noch einmal, dass ich gut für seine Mutter sorgen werde und sie nie im Stich lassen würde! Natürlich durfte unser erstes Treffen nicht fehlen, welches ich in kurzen Worten noch einmal zusammen fasste und meinte, dass ich draußen schon fast Wurzeln geschlagen hätte, weil man mich einfach angestarrt hatte. Dafür erntete ich amüsierte Gesichter und ein Lachen.
Shay ließ es sich ebenfalls nicht nehmen ein paar Worte zu sagen und beglückwünschte uns noch einmal. Mr. Miles war der nächste Redner und auch er erzählte einige Anekdoten von Alex und ihrer Arbeit. Ich hörte gebannt zu, er sprach von ihrer Reise nach Korsika, welche sie ohne seine wirkliche Erlaubnis einfach als eine Art Urlaub abgetan hatte. „Mistress Kenway war schon immer dickköpfig und wenn ich das sagen darf, besonders dann wenn es um euch ging, Master Kenway!“ lachte er und sie funkelte ihn böse an, anscheinend war es ihr unangenehm. Mir nicht, ich fand es interessant zu erfahren, was so in ihrer Zeit alles passierte ohne mich!
Als sich jetzt Yannick mit seinem Glas erhob, sah ich, wie Alex´ begann zu zittern. Ich nahm ihre Hand und drückte sie einfach.
„Master Kenway, Mutter, ich bin froh, dass ich mit meiner Familie heute hier sein kann und eure Hochzeit erleben darf. Und ich weiß, vor ein paar Jahren war ich da noch ganz anderer Meinung, Master Kenway.“ grinste er nur.
„Jetzt sehe ich meine Mutter hier wie sie strahlt und weiß, dass sie glücklich ist. Glücklich mit euch und mit ihrem Leben. Sie hat das gefunden, was ich auch gefunden habe. Einen Menschen, mit dem man alt werden möchte. Eine Person, die einen ohne Worte versteht und einem Halt gibt. Ich werde nicht immer hier sein, ich werde meine Mutter nicht vor euch schützen können, doch ich weiß jetzt, dass ich das auch nicht tun muss. Ich musste es noch nie. Das, Master Kenway, habt ihr mir an einem meiner letzten Tage hier damals klar gemacht und ich danke euch dafür. Ich trinke auf meine Mutter, welche einen großen Schritt getan hat, um ihre Ziele zu erreichen und auf euch Master Kenway, dass ihr meine Mutter so lange schon ausgehalten habt.“ Die Lacher waren auf seiner Seite und auch ich konnte mir ein Prusten nicht verkneifen.
Dann erhob ich mich und ging auf ihn zu. Etwas musste ich noch klären, eine Kleinigkeit, welche sich vielleicht übertrieben anhört, doch in gewisser Weise war ich sein Stiefvater ab jetzt.
„Yannick, ich hatte es dir versprochen, deiner Mutter wird hier nichts passieren. Nicht solange ich es verhindern kann. Und da wir jetzt eine Familie sind, nenne mich einfach Haytham. Im Grunde bin ich ja jetzt dein Stiefvater.“ es kam etwas steif über meine Lippen, doch ich hoffte er verstand, was oder wie ich es meinte.
Für einen Moment sah er mich perplex an, dann lächelte er und klopfte mir auf die Schulter mit einem leisen „Danke!“.
Im Hintergrund hörte ich lautes Schluchzen und als ich mich umsah, saß meine Frau neben ihrer Freundin und weinte! So langsam kochten einige Emotionen über, auch meine!
Allmählich wurden aber die Kinder unruhig, also beendeten wir das Essen und als der Nachtisch verdrückt war, wurden sie auf uns losgelassen. Wir gingen hinüber in den Salon, wo ich dankbar für ein gutes Glas Whiskey war, welches mir Master Cormac reichte.
„Master Kenway, ich kann es immer noch nicht fassen, dass ihr nunmehr verheiratet seid!“ kam es grinsend von ihm.
„Ich auch nicht, Shay, ich auch nicht.“ und klopfte ihm auf die Schulter. Dann verabschiedete ich mich kurz und ging hinauf in unser Zimmer um die Schmuckschatulle zu holen.
Als ich damit wieder erschien, sah man mich fragend an. Ich stand vor meiner Frau und reichte ihr dieses Kistchen.
„Meine Eltern waren sich einig, dass du, als meine Ehefrau, diesen Schmuck haben sollst. Er gehörte meiner Mutter, sie hat ihn gehütet, wie ihren Augapfel. Jetzt sollst du ihn haben!“ erklärte ich ihr und als sie es berührte konnte auch ich eine plötzliche Wärme fühlen, die davon ausging!
Wir hörten ein „Haytham, ich...“ und ihr wich jede Farbe aus dem Gesicht. Gerade rechtzeitig konnten wir sie auf eines der Sofas setzen und Faith reichte ihr ein Glas Whiskey.
„Du bist so weiß im Gesicht, als hättest du ein Gespenst gesehen, mein preußisches Weib!“ äußerte Faith besorgt und Alex sah sie leicht verwirrt an.
„Mo rionnag, es war so ähnlich. Aber... ich kann euch noch nicht davon erzählen.“ Diese Worte kamen fast tonlos über ihre Lippen und das machte mir Angst.
Und jetzt begann eine Erzählung darüber, was sie alle in den letzten beiden Jahren in ihrer Zeit erlebt hatten. Stellenweise ist es hanebüchen, wenn man mich fragt.
Doch auf der Suche nach den Reiseartefakten war man unter anderem in Russland gewesen, dort hatte man von einer alten Dame einen Ring bekommen. Bei diesem stellte sich heraus, dass Alex´ Großvater als Kriegsgefangener diesen bei Ausgrabungen gefunden hatte.
Man war nach Finnland gereist um den Ring von Loki zu bekommen, jeder der vier Runenringe brauchte das passende Schmuckstück!
Die Templer in der Zeit hatten auch ein paar der Ringe gefunden und man trug nach und nach alles zusammen. Gemeinsam erforschten sie dann die Hintergründe und studierten diese Artefakte.
Als meine Frau auf das Brisingamen von Freya zu sprechen kam, sah ich Angst in Faith Augen und unbewusst, griff sie sich an den Hals wo eine Kette war, welche sie nie ablegte. Das fiel mir jetzt erst auf, wenn ich ehrlich bin. Aber ich sah schon, dass Alex´ und sie still kommunizierten, dass hieß, sie wusste darüber Bescheid.
Als sie danach auf diese Schmuckschatulle zu sprechen kam und ihren Traum erzählte, wurde mir klar, dass wir durch mehr als das Schicksal verbunden waren. Meine Mutter war die Hüterin des Schmuckkästchens der Göttermutter. Sie war, laut Alex, Fulla!
Meine Eltern hatten ebenfalls eine Aufgabe gehabt, auch wenn mir das erst in diesem Moment wirklich bewusst wurde.
Aber Alex war noch nicht fertig und berichtete, genau wie sie es mir auch gesagt hatte, von der Verunglimpfung ihres Namens durch Lady Melanie. Lucius konnte lediglich den Kopf schütteln, sagte aber nichts. Genau wie Faith ebenfalls nichts sagte, weil sie sprachlos war.
Was allerdings jetzt kam, klang im ersten Augenblick so, als wäre Alex nur deswegen zurück gekehrt, nicht wegen mir! Sie hatten herausgefunden, wo sich der letzte einfache Armreif befand. Beim britischen Ritus, an welchen Alex ja nicht mehr heran kam!
Also forschte man weiter und ihr wurden entsprechende Unterlagen zugespielt, welche aussagten, dass meine Schwester Jennifer diesen im Besitz hätte. Was war nur mit den Kenways los, fragte ich mich plötzlich. Warum WIR? Jenny hatte ihn, laut Alex´ Aussage als Geschenk im Topkapi Palast erhalten und trug ihn angeblich dauerhaft.
Im Klartext hieß das, wir müssten nach London um dieses letzte Artefakt zu bekommen! Aber was kam dann?
„Dann weiß ich es noch nicht, ich gehe davon aus, dass es wie in den Träumen sein wird, die ich mit Faith hatte...“ Ein Blick in ihre Richtung sagte mir, dass sie wusste worum es ging, hatte aber mit niemandem darüber gesprochen. Also fing dieses mal meine kleine Schwester mit ihrem Bericht an.
Die beiden Frauen waren sich im besagten Traum begegnet und es war wohl wie eine Art andere Realität, wenn ich es richtig verstanden habe.
Sie hatten auf Anticosti eine Höhle betreten, in welcher sie auf eine leuchtende Wand stießen. Davor stand ein steinerner Sockel, auf welchem diese Artefakte platziert werden sollten, und dann würde sich angeblich ein Tor öffnen.
Ich gebe das Ganze verkürzt weiter, die Götter schienen auch noch mit im Spiel zu sein und das bringe ich beim besten Willen nicht mehr alles zusammen.
Faith hatte den Traum an einem Stück während des Fiebers, meine Frau jedoch in Bruchstücken und auch schon VOR Faith. Das hört sich einfach völlig wahnsinnig an!
Trotz alledem musste ich Alex ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen, was wäre, wenn es nicht der richtige Armreif sei, oder meine große Schwester gar nicht wirklich im Besitz dieses Ringes ist.
Sie war ein hohes Risiko eingegangen, einfach hierher zureisen! Doch wie immer ließ sie sich nicht beirren und pochte darauf, dass es schon der richtige sei, bisher seien sie immer richtig geleitet worden! Nun gut, dann würden wir nach unserer offiziellen Hochzeit im März nach London reisen.
Für diesen Satz bekam ich ein leises liebevolles Dankeschön und einen Kuss.
Weiter konnten wir nicht sprechen, weil die Kinder wieder in den Salon gestürmt kamen. Kurz darauf ging Alex hinaus mit dem Hinweis, sie bräuchte frische Luft und gerade als ich ihr hinterher wollte, hielt mich Faith auf.
„Lass mich gehen, Bruder!“ Recht war es mir nicht, aber vielleicht war es auch besser so. Es dauerte nicht lange, da betraten die beiden wieder den Raum und man sah, dass es meiner Frau sichtlich besser ging.
Als es dann dunkel wurde nach dem Abendessen, bekamen die Kinder ein Feuerwerk, welches Bailong, der Bruder eines Geschäftspartners meiner Frau, beigesteuert hatte. Die vier waren völlig begeistert und bestaunten die bunten Lichter.
Alex hatte unseren Enkel auf dem Arm, als dieser plötzlich wie aus heiterem Himmel rief „Oma gelb!“ und breit grinste. Wir sahen uns überrascht an und meine Frau meinte aufgeregt, sie müsse Yannick davon berichten.
Aber mein Stiefsohn hatte seine Gabe geschenkt bekommen, nicht vererbt, wie konnte er sie dann weitergeben? Diese Vorläufer waren ein seltsames Völkchen und wurden mir immer unheimlicher.
Ich ließ meinen Gedanken nun freien Lauf und dachte über mein bisheriges Leben nach, was alles passiert war und wie rasant sich in den letzten drei Jahren alles entwickelt hatte. Seit ich in den Kolonien war, schien es lauter Neuerungen und Änderungen zu geben. Diese Schnelligkeit der Veränderung machte mir Angst und gerade in diesem Moment sprach mich meine Frau auf meine Gedanken an und fragte ob alles in Ordnung sei.
Als ich ihr erklärte, dass mir das alles etwas Angst mache, sah sie mich liebevoll an „Ich weiß, was du meinst. Aber wir beide können es steuern und sollten ab und zu für eine Ruhepause sorgen, mi amor.“ sie sprach mir aus der Seele und wenn wir wieder daheim in Virginia sind, sollten wir wenigstens für ein paar Wochen zur Ruhe kommen. Ich vermisste unser Zuhause mittlerweile und wünschte mir nichts sehnlichster, als mit Alex, als meine Ehefrau an meiner Seite, zurückzukehren. Ich schlang meine Arme um sie und bedeckte sie mit meinem Umhang, weil ich ihr Zittern spürte.
Alex brachte danach unseren Enkel zu Bett, welcher sich nicht mehr von seiner Mutter anfassen ließ. Ich wartete einen Moment und ging ebenfalls hinauf und stand etwas unschlüssig an der Tür.
Ich hörte, wie meine Frau ihrem Enkel ihre Geschichte erzählte und auch, wie sie leicht weinte, als sie an die Stelle kam, wo es um meinen Vater ging. Ich sagte es ja bereits, die Emotionen waren heute dabei hochzukochen!
Dann trat sie auf die Galerie und sah mich überrascht an, aber ich nahm sie einfach in meine Arme.
„Hast du etwa die ganze Zeit hier gewartet, mi amor?“ ich beschloss, sie auf andere Gedanken zu bringen und meinte, ich würde sie sicherlich nicht mit einem anderen Mann alleine in einem Zimmer lassen. Ich merkte selber, dass meine Zunge mittlerweile etwas schwerer geworden war durch den irischen Whiskey.
„Ich will auch nur mit MEINEM Mann in einem Zimmer sein.“ hauchte sie mir an mein Ohr und fuhr mit ihrer Zunge an meinem Hals entlang.
Gerade als ich sie an das Geländer drückte und sagte, dass wir dringend an ihrem nicht tragbaren Benehmen arbeiten sollten, hörten wir von unten ein lautes Räuspern. Es war Master Cormac, welcher mit einer hochgezogenen Augenbraue lachend dort stand und meinte, wir sollten lieber wieder hinunter kommen.
Alex genoss an diesem Abend noch einige Gläser von ihrem Hochzeitsgeschenk, aber ich tadelte sie nicht. Sie sollte sich gerade heute wohlfühlen und nicht so viel grübeln!
Um Mitternacht gingen wir alle wieder hinaus und bestaunten erneut ein Feuerwerk, welches jetzt etwas größer ausfiel und auch in der Stadt sah man diese Lichter aufsteigen. Als ich meine Frau ansah, stand sie weinend neben mir und hielt meine Hand. Ich sah in ihren Gedanken, dass sie ihre Eltern, Großeltern... ihre Familie vermisste. Sie sah sie aber in der großen Halle Odins am Tisch sitzen und das schien sie zu beruhigen.
Auf meine Frage, wie ich ihr diesen Schmerz nehmen konnte erwiderte sie lediglich „Gar nicht, er wird mich den Rest meines Lebens begleiten. Aber ich weiß, dass sie alle in der großen Halle sind und auf mich hinabblicken. Irgendwann werde auch ich dort sitzen, über unsere Familie wachen und auf die Götter anstoßen!“ erklärte sie mir unnötigerweise, doch ich konnte spüren, dass ihre eigenen Worte sie gerade wieder beruhigten.
Kurze Zeit später verabschiedeten sich alle nach und nach für die Nacht. Nicht alle blieben hier, einzig Yannick und seine Familie würden im Fort übernachten. Für einen Augenblick saßen wir mit Faith und Shay alleine im Salon und genossen einfach die Stille.
Alex´ jedoch hatte andere Pläne, zog mich hoch und wir beide verabschiedeten uns für die Nacht. Man warf uns ein süffisantes Augenzwinkern zu und wünschte uns, in genau diesem Tonfall, eine angenehme Nachtruhe!
Im Zimmer angekommen, warf sich Alex aufs Bett und ich hörte ein „Bekomme ich jetzt noch meine Hochzeitsnacht, Master Kenway?“ mit leicht lallender Stimme und ich musste breit grinsen.
Natürlich würde ich ihr diese noch bescheren, dass war mein Plan gewesen. Also fing ich ohne weitere Worte an, sie aus ihrem Kleid zu befreien und... Herr Gott... wie viele Lagen waren das bitte?
„Und jetzt sag noch ein einziges Mal, dass DEINE Kleidung unbequem ist, mi amor!“ kam es lachend von ihr und im Grunde tat sie mir wirklich leid. Das muss ein unglaubliches Gewicht sein, was sie den ganzen Tag mit sich herumgetragen hatte.
Als sie im Unterkleid vor mir stand, befreite sie mich genauso von den restlichen Sachen und ließ ihr letztes Kleidungsstück mit einem lüsternen Blick in meine Augen über ihre Schultern gleiten!
Ich betrachtete sie für einen Moment einfach und hob sie dann auf meine Hüfte, trug sie zum Bett und als ich über ihr war, drang ich in ihren Geist. Wir würden eine weitere Ebene betreten, genauso fühlte es sich in diesem Augenblick an. Wieder war etwas dazu gekommen, wieder hatten wir eine tiefergehende Entwicklung erlebt.
Dann lass sie zu, mi amor. Bitte, lass mich nicht so zappeln. Wenn ich wollte könnte ich... nein, ich wollte sie ebenso haben, sie fühlen, ihre Hingabe sehen...
Als ich dieses mal mit ihr schlief, mit meiner Frau, war es wirklich intensiver und ich fühlte eine unglaubliche Verbundenheit mit ihr. Es schien, als würde sie in meinem Körper sein, als würde etwas durch meine Adern pulsieren im Einklang mit ihrem Herzschlag! Ich fühlte mich befreit und ich ließ mich in unserer Verbundenheit treiben! Meine Hand hielt ihre Arme fest, während ich mit der anderen ihren Oberschenkel fest an mich drückte. Ich wollte, dass sie sich bewegte, mich spüren ließ, was sie brauchte. Natürlich sollte sie leise sein, doch das war leichter als gedacht, ich bedeckte ihren Mund mit Küssen und vernahm dieses wohlige Raunen bei meinen Bewegungen.
Mein Höhepunkt war wahnsinnig intensiv und ich fühlte mich für einen kurzen Augenblick wie schwerelos und ich spürte wie sie mir folgte. Schwer atmend lag ich an ihrer Brust, atmete ihren Duft ein und meine Lippen küssten sanft ihre Haut, die ein wenig salzig schmeckte.
Auf meine Frage, wann dieses Verlangen eigentlich aufhören würde, da ich nie die Finger von ihr lassen konnte, kam ein leises „Ich hoffe nie, Haytham!“ Uns beiden war jedoch auch klar, dass wir, während wir Aufträgen nachgingen oder auf Missionen unterwegs waren, aufeinander verzichten mussten.
„Wir sollten diese Momente ausnutzen, mi amor.“ Ich ließ mich neben ihr nieder und deckte uns mit den Worten, dass wir das auf jeden Fall tun sollten, zu. Es dauerte nicht lange, dann hörte ich ein genuscheltes „Ich liebe dich!“ von Alex und ich hätte vor Glück platzen mögen!
Die folgenden Zeilen lesen sich fantastisch, ja schon fast ausgedacht und unwirklich! Auch ich kann es noch nicht ganz in Worte verpacken, doch ich sollte von Anfang an berichten.
Meine Frau war wie immer in meinen Armen eingeschlafen und auch ich fand schnell in meine Träume. Mit einem Male fühlte ich eine Kälte neben mir, eine Leere und schlug vorsichtig die Augen auf. Alex war nicht neben mir und ich schreckte hoch. Hastig zog ich mir meinen Morgenrock über und gerade als ich die Tür öffnete, hörte ich von unten aus dem Salon eigenartige Gesänge!
Nicht nur ich war wach wie ich feststellte, auch alle anderen Bewohner! Mit einer gewissen Angst im Bauch ging ich hinunter, es könnten ja auch wieder irgendwelche Assassinen sein, die sich hier unerlaubt Zutritt verschafft haben. Doch wir sahen weder diese Meuchelmörder noch sonst irgendwelche fremde Personen.
Alex kniete vor dem Kamin und wiegte sich hin und her, während sie, vermutlich in der alten Sprache ihrer Vorfahren, sang!
Vor ihr waren vier Kästen aufgereiht, wir sahen einen Ring welcher wie eine Schlange geformt war, einen Anhänger, eine Kugel mit seltsamen Symbolen darauf und die Schatulle meiner Mutter.
Alle Gegenstände strahlten ein konstantes warmes Leuchten ab, welches meine Frau umgab. Zu spät bemerkten wir, dass Alexander sich zwischen uns einen Weg bahnte und zu seiner Großmutter ging. Wie war er alleine und unbeschadet die Treppe herunter gekommen?
Als er vor ihr stand, legte sie ihre Hand auf seine Brust und auch er schien plötzlich von Innen zu leuchten. Wir konnten sehen, wie sich auf seiner Brust Zeichen formten und ich konnte nicht anders, ich kniete mich neben meine Frau und hielt sie fest.
Fasziniert sah ich zu, wie der Junge noch drei weitere Symbole bekam. Beim letzten spürte ich, wie mich eine Frische und Wärme zugleich umgab und in mich drang. Dann lag unser Enkel in ihren Armen und das Leuchten verschwand langsam, genauso wie die Gegenstände aufhörten zu strahlen.
Ich hörte plötzlich ein Keuchen und schweres Atmen, so als wäre sie eine weite Strecke gerannt. Sie zuckte kurz und man sah, dass sie mehr als erschrocken war! Als ich sie fragte, ob sie wieder wach sei, meinte sie leise „Ja... ich glaube schon. Was... ist passiert? Ich habe doch nur... Bei Odin! WAS habe ich getan?“ und sah ungläubig in die Runde!
Niemand sagte etwas, sondern sie zogen sich alle schweigend zurück, nachdem ich nickend andeutete, dass wir morgen darüber reden werden.
„Oma, ich will Bett. Kuscheln!“ kam es lautstark von unserem Enkel und ich bat Yannick, da er der einzige hier war, der die Truhe ebenfalls verschließen konnte, die Artefakte wieder dort zu verstauen.
Währenddessen führte ich meine Frau und klein Alex hinauf in unser Zimmer. Dort legte ich sie beide einfach ins Bett und zog die Decke über uns, doch für einen Moment konnte ich nicht einschlafen. Dann erreichten mich Bilder von einem Feuer, an welchem ich mit Alexandra saß und meditierte.
Ich wurde ruhiger und fiel in einen traumlosen Schlaf!
Ich wurde wach von ungewohnten Bewegungen neben mir. Als ich die Augen aufschlug, blickten mich kleine grüne Augen an, welche Miniaturausgaben von Alex´ sein könnten! „Opa! Spielen!“ rief klein Alex freudig und ich deutete ihm, leise zu sein.
„Alexander, du musst leise sein, deine Großmutter schläft noch. Wenn sie wach ist...“ doch zu mehr kam ich nicht, er drehte sich zu ihr um, kuschelte sich an sie und fing an, mit ihren Haaren zu spielen.
Ich hatte auf englisch mit ihm gesprochen, ich wusste nicht einmal, ob er mich verstanden hatte. Ich fragte ihn einfach und erstaunlicherweise nickte er und sah mich wieder grinsend an, widmete sich dann aber wieder seiner Großmutter.
Sie sah anders aus, auch in diesem dämmrigen Licht konnte ich erkennen, dass ihre Gesichtszüge jünger aussahen. Vielleicht täuschte ich mich aber auch nur.
Ich strich unserem Enkel über den dunkelblonden strubbeligen Schopf und rückte näher an die beiden heran. Dann schlug meine Frau die Augen auf und sah versonnen auf ihren Enkel.
Dieser nahm es jetzt als Einladung, weil ich ja sagte, er solle warten bis sie wach ist, und warf sich auf mich. Er hatte sich eindeutig zu viel bei meiner Patentochter abgeschaut!
„Schätzchen, lass deinen Opa doch erst mal wach werden. Komm, es ist noch dunkel und es gibt noch kein Frühstück.“ kam es leicht tadelnd aber auch belustigt von meiner Frau und der kleine Mann legte sich etwas widerwillig zwischen uns.
Gähnend meinte ich dann nur, dass ich sie liebe.
„Ich dich auch... aber ich würde wirklich gerne noch schlafen... es war eine eigenartige Nacht!“
Wo sie Recht hatte... Und tatsächlich, wir hatten noch etwas mehr als zwei Stunden Ruhe und Schlaf! Eine Wohltat! Doch dann hatte uns der Alltag wieder, die anderen Kinder waren wach und taten dieses lautstark auf der Galerie kund!
Nun gut, wir standen auf und Alex schickte unseren Enkel zu seinen Eltern. Kurz darauf waren wir fertig angekleidet und meine Frau stand prüfend vor dem Spiegel.
Jetzt im Tageslicht sah ich ihre Veränderung noch deutlicher! Sie war wirklich jünger geworden, ihre grauen Strähnen waren aus den Haaren verschwunden, ebenso gab es keine kleinen Fältchen mehr um die Augen.
Zu spät bemerkte ich, dass ich sie anstarrte und Alex wurde prompt nervös.
„WAS? Sehe ich so schrecklich aus!“ kam es etwas zickig von ihr. Als ich ihr meine Beobachtungen mitteilte, besah sie ihr Spiegelbild genauer und stand plötzlich mit offenem Mund davor.
Langsam drehte sie sich zu mir und sie schüttelte nur ungläubig den Kopf, sagte aber nichts. Jetzt sah ich es aber selber, auch ich hatte jüngere Gesichtszüge und meine Haare waren wieder fast schwarz, nichts war mehr von dem Grau zu sehen!
Es kam nur ein „Idun!“ von Alex und sie erklärte sich.
„Haytham, sie sagte, sie hat mir ein paar Jahre geschenkt, weil sie meine Sehnsucht spüren konnte. Dann bist du ebenfalls nicht leer ausgegangen!“
Damit lagen ihre Hände auf meinen Wangen und in ihren Augen glitzerten Tränen... hieß das jetzt, dass wir die Möglichkeit bekommen haben, ein Kind zu bekommen? In mir wuchs eine Hoffnung, welche ich eigentlich schon ad Akta legen wollte!
Als ich diesen Gedanken äußerte, nickte sie heftig und schlang dann ihre Arme um meinen Nacken. In diesem Kuss lag Sehnsucht, Hoffnung und unser gemeinsamer Wunsch!
„Aber wir sollten uns vielleicht noch ein wenig Zeit damit lassen, mi amor. Ich würde dich gerne noch eine Weile für mich alleine haben!“ Dieser Satz war typisch für Alex, doch das wäre das kleinste Problem, merkte ich nur an und lächelte sie an.
Während des Frühstücks verdüsterte sich plötzlich die Miene meiner Frau und ich bekam es mit der Angst zu tun. Wollte sie einen Mord begehen und plante ihn bereits?
„Ich kann es dir jetzt nicht hier erklären, nicht bei Tisch. Aber... es gibt ein paar Überlegungen, welche ich dringend mit meiner Schwester besprechen muss, hinsichtlich meines wieder jungen Alters.“ kam es als Erklärung.
Natürlich, daran hatte ich im ersten Moment nicht gedacht, ich bin halt ein Mann, ich muss mir um diese Frauenprobleme keine Gedanken machen. Vermutlich ab jetzt schon, doch das würde sich sicherlich einspielen. Alex war es ja schon gewohnt, davon konnte ich einfach ausgehen!
Die letzten Tage verliefen friedlich und ohne große Vorkommnisse. Wir hatten Yannick und die anderen Neuzeit-Gäste verabschiedet, was Alex mit großer Traurigkeit tat. Doch wir wussten, wir würden sie irgendwann wiedersehen!
Auch war die Jackdaw jetzt fast vollständig repariert, davon hatte ich mich mit Shay gestern überzeugt. Als wir zurückkamen, erschienen Faith und Alex oben auf der Treppe und kamen langsam hinunter. Ein Blick zu dem Iren sagte mir, dass auch er wusste, was die beiden während unserer Abwesenheit getan hatten. Das würde ein Nachspiel geben!
Als wir später alleine waren in unserem Zimmer, sprach ich meine Frau direkt an, was sie gemacht hätte.
„Was meinst du?“ war alles was sie leise fragte und in mir kochte Eifersucht und eine gewisse Wut hoch, weil sie sich abermals widersetzt hatte.
Ich stand jetzt hinter ihr, meine Hand umschlang ihren Hals und die andere ließ ich unter ihre Röcke gleiten und griff zu.
„Ich... wir haben nur...“ kam es jetzt stammelnd von meiner Frau und in meinem Kopf tobten die wildesten Fantasien.
Ich befahl ihr, mir zu sagen, was sie getan hatten und ich musste mich mehr als nur zusammenreißen, nicht gleich über sie herzufallen! Also legte ich ihre Hände auf die Kommode, hob ihr Unterkleid hoch und meine Augen hefteten sich auf ihr Spiegelbild.
In ihr konnte ich lesen, dass sie diese Art von mir so noch nicht kannte und etwas erschrocken war. Alex ließ mich aber gewähren und ich nahm sie, ohne wirklich Rücksicht zu nehmen, während sie mir die Einzelheiten schilderte. In meinem Kopf hatte ich die Bilder, welche mich zu meinem Höhepunkt trieben.
Als ich Erlösung fand, krallte ich meine Hände in ihre Hüfte und drückte zu! Ich hörte einen zischenden, schmerzerfüllten Laut aus Alex Mund, doch sie sagte nichts.
Sie solle nicht vergessen, dass sie mir gehört!
„Nein, ich werde es nicht vergessen, mi amor!“ kam es schon fast entschuldigend von ihr und ich brachte sie ebenfalls noch über die Schwelle.
Später im Bett schmiegte sie sich wieder an mich und ich entschuldigte mein doch recht wüstes Verhalten gerade.
„Solange ich auch auf meine Kosten komme, Haytham, ist es doch in Ordnung!“ hörte ich die schläfrige Stimme an meiner Brust, wir waren wieder EINS und ich konnte mich entspannen.
Am heutigen Tage würde die Hinrichtung stattfinden, welche Master Lestrange angeordnet hatte. Ganz wohl war mir dabei nicht, im Grunde ist es eine doch recht seltsame Art, ein Familienmitglied so zu Tode kommen zu lassen. Auch wenn man wusste, dass die Bruderschaft, genau wie der Orden, keine Selbstjustiz duldete!
Alex schlief noch und ich machte mich schon einmal fertig. Sie so zu sehen, ist immer wieder ein traumhafter Anblick, doch ich schweife ab.
Als ich fast fertig war, rief ich nur, sie solle aufwachen! Blinzelnd sah sie in meine Richtung und meinte maulend „Oh bitte, jetzt schon?“ und zog sich die Decke wieder über die Ohren.
Ich griff mir diese aber einfach und zog sie mit Schwung von ihr, was sie mit einem „Du kannst mich mal...“ quittierte und sich die andere Decke vom Fußende nahm.
Erwähnte ich schon, dass ich von Zeit zu Zeit das Gefühl hatte, sie würde mich absichtlich provozieren? Ich ließ meine flache Hand auf ihren wohlgeformten Hintern klatschen mit den Worten, dass ich eine solche Ausdrucksweise am frühen Morgen nicht gutheiße.
Ein lüsternes „hmmmmmmmmmmm“ kam unter der Decke hervor und ließ mich breit grinsen.
„Schon gut... ich steh ja schon auf! Du bist echt fies morgens!“ und sie stieg fluchend und meckernd aus dem Bett. Was für ein hinreißender Anblick!
Nach dem Frühstück machten Faith, Alex und ich uns auf den Weg zum Duke of Ironside, um der Hinrichtung beizuwohnen. Wir hingen unseren Gedanken auf der ganzen Strecke nach.
Ich hoffte, Faith würde ihre Rache heute bekommen und darin Frieden finden!
Am Tor hieß uns eine Wache einfach hinein zugehen, Master Lestrange erwarte uns bereits im hinteren Bereich des Anwesens. Dort angekommen sahen wir ihn auch schon und er begrüßte uns, als wären wir zum Abendessen verabredet.
Er beglückwünschte Alex noch zur Hochzeit und wandte sich dann meiner kleinen Schwester zu.
„Lady Cormac, es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen.“
Auch mir überbrachte er noch die besten Glückwünsche und bat uns dann, ihm zu folgen.
Wir gingen ein Stück weiter und dann um eine Ecke, dieses Grundstück war wirklich riesig! Und das mitten in New York.
Dort an der Wand sahen wir Zoe und Jones stehen mit bereits verbundenen Augen!
„Lady Cormac, da ich nun weiß, dass ihr ein sehr persönliches Interesse an dieser Hinrichtung hegt, lasse ich euch den Vortritt.“ Man sah ihm an, dass er meine kleine Schwester verstand! Hatte er selber schon einmal so eine Erfahrung machen müssen?
Plötzlich griff Alex in ihren Rücken und zog ihre Waffe aus dem 21. Jahrhundert hervor, reichte sie Faith mit den Worten „Du musst sie noch entsichern, dort, und dann einfach den Abzug drücken!“
In Faith Augen sah ich, dass sie zögerte! Sie würde jemanden wissentlich umbringen, nicht nur bestrafen.
„Ich habe euch allen nur einen Gefallen getan! Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt!“ hörten wir die keifende Stimme von Zoe plötzlich. Doch keiner von uns wusste, was sie DAMIT schon wieder meinte.
Mir ging durch den Kopf, dass dieses Mädchen nicht ganz richtig im Kopf war, anders würde sich ihr Verhalten nicht erklären lassen! Auch Alex schien den gleichen Gedanken zu haben und sie schüttelte leicht den Kopf.
Dann traten zwei Gefolgsleute von Lestrange links und rechts neben Faith und warteten auf weitere Anweisungen. Elias gab den Befehl zum Anlegen und ich sah, wie Jones und Zoe sich versteiften und anfingen zu zittern!
Der Befehl zum Abfeuern kam und ich sah, wie mein ehemaliges Zimmermädchen mit einem feinen Loch in der Stirn hintenüber fiel. Faith hatte gut gezielt, doch ich sah, wie sie ebenfalls zitterte und Alex lautlos ihre Waffe reichte.
Sie drehte sich ohne ein weiteres Wort um und ging.
Meine Frau deutete mir, ich solle ihr folgen, was ich auch tat, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass auch Jones nicht mehr am Leben war. Hoffentlich war damit jetzt alles geklärt und bereinigt!, ging es mir durch den Kopf.
Vor der Villa auf der Straße hielt ich meine kleine Schwester auf und fragte sie, ob mit ihr alles in Ordnung sei. Sie bejahte es und bat mich aber darum, sie alleine gehen zu lassen. In ihren Augen war eine tiefe Trauer zu sehen und ich befürchtete schon, dass sie ihre Tat bereute. Jedoch wird sie an Caroline gedacht haben, dieser Verlust ging ihr sehr nahe und es tat mir schrecklich leid für sie.
Ich lehnte an einer der Häuserwände und wartete auf Alex.
Was hatten die beiden noch zu besprechen? Aber es dauerte nicht lange, da erschien sie wieder vor dem Tor, kam auf mich zu und sah sich dann fragend um. Ich erklärte ihr, dass meine kleine Schwester bereits zurück zum Fort ist und ich dankbar dafür war, dass sie ihr die Waffe gegeben hatte.
„Sie sollte ihre Rache bekommen, Haytham. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden lieber tot sehen will, als lebendig!“ Auch sie war nun ruhiger wie es schien und wir gingen ebenfalls zum Arsenal zurück.
Am Abend bat mich Alex dann aus heiterem Himmel, ihr in Faiths Arbeitszimmer zu folgen. In mir schrillten tausende Alarmglocken! Hing es mit der Besprechung mit dem Duke zusammen? Vorsichtig hakte ich nach, konnte aber dann aufatmen. Vorerst!
„Es ist nichts schlimmes, aber ich hatte dir ja gesagt, dass du noch nicht alles weißt und dass ich vorher noch einiges klären muss. Aber jetzt kann ich dir alles erzählen, setz dich bitte und lass mich einfach sprechen!“
Sie nahm seufzend auf einem der Sofas Platz und begann mir zu berichten!
„Es gibt einige Geschäfte, welche an der Obrigkeit vorbeigehen, welche eben unter der Hand laufen. Auch diese habe ich mit übernommen, aber ich verspreche dir, ich werde vorsichtig sein, Haytham.“ geahnt hatte ich so etwas ja schon, doch es jetzt von ihr zu hören, war etwas anderes.
Wenn das auffliegt, hätten wir nämlich ein Problem. Und das konnte ich mir nicht leisten, nicht in meiner Position als Großmeister!
„Das ist mir bewusst, doch ich kann die Plantage zusätzlich als Lager nutzen, hier oder in Boston sind die stillen Lager nicht mehr ganz sicher. Es wimmelt mittlerweile von so vielen Soldaten überall, dass wir keine andere Wahl haben, als vieles auszulagern. Zumal wir dort auch die Flussanbindung haben, dass ist ideal, Haytham!“
So ganz wollte mir diese Sache nicht schmecken, ich hoffte einfach, ich könne ihr da Vertrauen und auf ihr Geschick hoffen!
„Ja, kannst du. Ich kenne schon so einige Tricks und Kniffe, wie ich Waren ungesehen von A nach B bekomme. Vieles können wir eh mit den normalen Aufträgen verbinden, da bekommt kaum einer Wind davon.“
Ihr Enthusiasmus war mal wieder ansteckend.
„Also schön, ich bin auch dabei. Wenn es aber zu brenzlig wird, dann lass dir rechtzeitig etwas einfallen, mi sol! Ist das klar?“ war dann alles was ich sagte und in meinem Hinterkopf hatte ich bereits eine weitere Lektion für Alex angedacht. So ohne weiteres lasse ich mich eben nicht in irgendwelche windigen Geschäfte verwickeln!
„Ja, das werde ich dann tun, Haytham!“ ihre Arme schlangen sich um meinen Nacken und sie gab mir einen dankbaren Kuss!
„Mi amor, ich kann sehen, was du gerade denkst und ich freue mich darauf!“ So war es auch gedacht!
Wieder bei den anderen, wurde nun Lucius noch auf den neuesten Stand gebracht und er erinnerte Alex auch gleich an ihre kommenden Verpflichtungen.
„Eine gute Idee, wie ich finde. Und übermorgen werden wir übrigens dann ein Treffen mit Maria und Long haben, Mistress Kenway. Richtet euch auf einen langen und mit viel Essen gespickten Tag ein. Ach ja, und ihr werdet sehr, sehr viele Kinder um euch herum haben!“ kam es lachend von Master Williams und Faith war zuversichtlich, dass Alex das schon verkraften würde.
Später in unserem Gästezimmer, erhielt sie die versprochene Lektion und nahm alles wie immer begierig in sich auf. Als sie an mich geschmiegt im Bett lag, hörte ich sie leise kichern und hakte nach!
„Ich habe gerade beschlossen, ich sollte auch noch bequeme weiche Sitzgelegenheiten in mein Sortiment mit aufnehmen! Mein Hintern dankt es mir bestimmt und der von Faith...“ ihr Gesicht lief knallrot an und ich konnte mir denken, was wohl gerade in einem anderen Schlafzimmer vonstatten ging.
Sie sollte es in Erwägung ziehen, es gäbe sicherlich die ein oder andere Ehefrau, welche Bedarf hätte. Nicht nur meine eigene Frau!
„Anscheinend habe ich eine Marktlücke gefunden, mi amor!“ meinte Alex gähnend und schlief langsam ein.
Mir ging jedoch die Hinrichtung nicht aus dem Kopf und ich zerbrach ihn mir, warum ein Mensch so dermaßen kaltblütig sein konnte. Ich kam aber zu keiner Lösung, zumindest heute nicht mehr, da auch mir die Augen jetzt zufielen und ich mich nicht mehr konzentrieren konnte.
Die letzten Tage waren geprägt von Frachtlisten prüfen, Aufträge abarbeiten, Schiffe koordinieren und die Bücher führen. Auch war ich mit Alex einen Nachmittag zur Jackdaw gegangen und sie war nun fast fertig, was meiner Frau ein Leuchten in den Augen bescherte!
Nach dem Treffen mit Long und Maria, kamen wir auf das Thema Kinder, weil Long und Bailong eine riesige Schar gezeugt hatten. Ich stellte mir Alex inmitten dieser ganzen kleinen Schreihälse vor. Als ich sagte, mir würden zwei schon reichen, sah sie mich erstaunt an.
„Wir haben uns noch nie darüber unterhalten, Haytham. Doch da ich jetzt wieder schwanger werden kann... also, ich weiß gar nicht, wie viele Kinder ich haben wollen würde.“ eines hatte sie ja schon, aber wie viele würde sie mit mir haben wollen?
„Das stimmt, aber wann hatten wir auch mal diesen ernsthaften Gedanken, mi sol? Bisher war es immer so, dass... du halt nicht mehr empfangen konntest. Also hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht. Doch jetzt... aber lass uns vielleicht wirklich erst einmal eine Weile für uns. Ich will dich richtig kennenlernen!“ Im Grunde mussten wir uns tatsächlich noch finden und kennenlernen, ging es mir durch den Kopf.
An diesem Morgen bat Master Cormac meine Frau zu einem Gespräch unter vier Augen! Für einen Moment bekam ich ein flaues Gefühl im Magen, war etwas vorgefallen, von dem ich noch nichts wusste?
Nach einer gefühlten Ewigkeiten erschienen die beiden wieder, verloren aber kein Wort darüber, was sie besprochen hatten.
Faith versuchte mich zu beruhigen. „Wenn etwas gravierendes passiert wäre, dann wärst du sicherlich der erste der davon erfahren würde, Bruder!“ Da hatte sie vermutlich recht.
Nach dem Mittagessen zogen sich Alex und Faith um und verschwanden für einen „Spaziergang“ wie sie mitteilten. Erstaunt sah ich ihnen nach, das Wetter sah nicht nach solch einer Aktivität aus und ich wollte schon Einwände erheben.
Doch Shay hielt mich davon ab. Für einen Augenblick saß ich mit Lucius im Salon und wir kamen noch auf die Schiffsbewegungen und die Stärke der britischen Soldaten zu sprechen, welche sich hier in New York immer mehr breit machten. Unter dieser Flut von Rotröcken litten die Geschäfte empfindlich, kaum ein Käufer traute sich irgendwo, wo eine Gruppe Soldaten stand, in die Nähe. Leider konnten wir nichts gegen diese Übermacht im Moment unternehmen.
Gegen 15 Uhr fragte mich der Ire, ob ich ihn auf ein Ale ins Appel Pie begleiten würde. Diese Frage kam so überraschend, dass ich sofort einen Haken dahinter vermutete! Und ich sollte recht behalten!
In der Taverne angekommen, bestellte er auch gleich zwei Krüge und wir ließen uns etwas abseits an einem Tisch nieder. Shay schien nervös und trank seinen ersten Becher in einem Zug leer, sah dann zu mir herüber, sagte aber immer noch nichts.
„Shay, was habt ihr mir zu sagen? Ihr benehmt euch so, als hättet ihr etwas verbrochen!“ meinte ich dann in einer etwas autoritären Stimme, so langsam kam mir das alles merkwürdig vor.
Er räusperte sich. „Also, ich... Faith und ich haben... wir... Alex wird das hiesige Bordell mit übernehmen!“ und sein Blick wanderte in seinen wieder aufgefüllten Becher!
Perplex sah ich ihn an und langsam dämmerte es mir, warum ihm das unangenehm war und warum auch meine Frau mir noch nichts erzählt hatte.
„Ihr habt diese Geschäfte an meine Frau abgetreten, Shay? Ist das euer Ernst?“ ich wurde etwas lauter! Ich verurteile keine Prostituierten oder das Gewerbe an sich, ich persönlich hatte mich bisher aber von diesen Etablissements ferngehalten!
Shay wurde nun förmlich! „Master Kenway, es ist nur das reine Überwachen des Geschäftes und die Verwaltung der Informanten. Alexandra wird nicht … also ihr wisst schon! Wo denkt ihr hin? Das würde ich nie verlangen, auch nicht von Faith!“
Ich atmete tief durch und nahm einen kräftigen Schluck, im Grunde kippte ich den Becher ebenfalls einfach hinunter! Nein, das würde er nicht tun und Alex würde sich umgekehrt nicht in so ein Branche schieben lassen!
„Verzeiht Shay, dass ich für einen Augenblick meine Frau dort vor mir gesehen habe. Also wird sie die Damen dort mit überwachen und entsprechend die Kontakte instruieren und das Finanzielle regeln, habe ich euch da richtig verstanden?“ meinte ich jetzt etwas versöhnlicher, ich sah nämlich, dass Shay das schlechte Gewissen plagte.
„Genauso ist es... Haytham.“ kam es fragend und ich nickte nur.
Der Rest des Nachmittags war dann entspannter und mir wurde mal wieder bewusst, dass ich einige meiner Prinzipien oder eben selbst auferlegten Verhaltensregeln abändern musste.
Vor allem musste ich lernen, auf die Durchsetzungskraft meiner Frau zu bauen!
Es wurden noch weitere Krüge geleert, ehe wir uns gegen Abend wieder aufmachten zum Fort!
Dort angekommen betrat ich zufrieden mit mir selber den Salon und sah Alex gedankenverloren am Fenster stehen. Vermutlich machte sie sich Gedanken, wie sie mir das Ganze mit dem Bordell erzählen sollte.
Ich legte meine Arme von hinten um sie und fragte, was los sei. Ich wollte dieses Spielchen ein wenig auskosten, ihre Unsicherheit in solchen Dingen mir gegenüber war immer wieder eine Freude. Und ich weiß, ich klinge unfair, aber so war es nun einmal.
„Nichts, mi amor. Aber ich habe heute noch ein weiteres Geschäft mit übernommen!“ kam es leise von ihr und sie drehte sich zu mir um. Ich spürte, dass das Ale aus mir sprach, als ich sagte, sie solle sich nicht übernehmen.
„Keine Sorge, es ist nur das Bordell hier in der Stadt. Ich kann darüber wichtige Informationen sammeln und es kommt wie gerufen, wenn du mich fragst.“
Für einen Moment war ich versucht, ihr von meinem Gespräch mit Shay zu berichten, ließ es aber.
Stattdessen tat ich leicht entrüstet und musste ein breites Grinsen unterdrücken.
„Nein, mi amor. Ich agiere ausschließlich im Hintergrund. Es gibt nur einen einzigen Mann, mit dem ich das Bett teile und der bist DU!“ sie drückte sich an mich und gerade als sie mich küssen wollte, verzog sie etwas das Gesicht, machte aber in ihrem Tun weiter! Und dann huschte die Erkenntnis über ihr Gesicht, als sie begriff, dass ich schon im Bilde war! Wir verbrachten eine entspannte Nacht und Alex zeigte mir, dass sie wirklich nur mich in ihrem Bett dulden würde!
Wir konnten in den letzten Tagen die Geschäfte unter Dach und Fach bringen, hatten die Informanten und eingeschleusten Mittelsmänner instruieren können.
Mit Shay hatte ich ebenfalls noch nach Hinweisen über den Verbleib der Schatulle gesprochen und er würde weitersuchen, da er bereits eine Ahnung hatte. Konnte mir jedoch noch nichts konkretes mitteilen, in den kommenden Wochen wollte er mich dann entsprechend unterrichten.
Meine Frau hatte dann noch ein überraschendes Gespräch mit dem Duke. Sie bekam den Auftrag, ein Handelsschiff mit der Jackdaw nach England zu begleiten, an dessen Bord wichtige Fracht war. Von welcher Art Fracht die Rede war, wollte oder konnte sie mir nicht sagen.
Im Grunde war es sogar eine wunderbare Möglichkeit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. So konnten wir auch meine Schwester Jennifer endlich besuchen!
Faith war an diesem Abend diejenige, die als erste anmerkte, dass etwas mit dem Duke nicht stimmen würde. Alex hingegen meinte, er sei wirklich etwas eigenartig, aber würde entsprechende Nachforschungen anstellen. Ihr fielen die Bücher der nordischen Götter wieder ein, davon hatten wir schon des öfteren gesprochen und auch er hatte sie bereits darauf hingewiesen.
Und was natürlich in den letzten Tagen nicht fehlen durfte, war mal wieder eine ihrer kleinen Auszeiten mit Faith! Zum ersten Mal hatte ich den Eindruck, dass es ihr egal war, wie hart meine Strafe ausfallen würde, ebenso sah man es bei meiner kleinen Schwester.
Die beiden Frauen sahen in solchen Momenten nichts anderes mehr und blendeten das Geschehen um sich herum aus!
„Master Kenway, ich habe den Eindruck meine Frau findet auch noch Gefallen daran, wenn ich sie zurechtweise.“ grinste mich Shay eines Nachmittags an und ich konnte nur das gleiche von mir geben. Wir nahmen es als gegeben hin und wenn ich ehrlich sein darf, ich profitierte im Grunde ja von einer entspannten Ehefrau!
Dann war Alex eines Nachmittags ohne mich aufgebrochen, sie hätte noch eine dringende Besorgung zu machen, ehe wir nach Virginia aufbrachen! Leider wollte sie mich nicht in ihre Pläne einweihen, sagte kryptisch, ich würde es beizeiten dann sehen.
Auch hatten wir noch gemeinsam Eheringe anfertigen lassen, damit wir im März vorbereitet waren. Meiner war breit und golden mit einem Templerkreuz darauf, Alex hatte sich einen extra fertigen lassen, welcher das Symbol der Bruderschaft mit dem des Ordens verband und ebenfalls Gold war, jedoch etwas schmaler als mein Ring.
Mir wurde Alex´ jüngeres Alter jetzt auch vor Augen geführt, als ich bemerkte, dass sie ihre Blutungen hatte. Sie selber war alles andere als glücklich darüber und hatte eine entsprechende Laune. Als ich ihr anbot, in einem der anderen Zimmer zu schlafen, sah sie mich perplex an.
„Nein, das war es nicht, was ich damit sagen wollte. Aber... du solltest wissen, dass ich launisch bin und etwas ungenießbar bin.“ damit konnte ich leben und ich demonstrierte ihr meine Liebe zu ihr auch in diesen Tagen!
„Es gibt zwar mehr Wäsche, aber ich will dich und lasse mich nur selten von etwas aufhalten!“ meinte ich aufmunternd und eine leichte Röte stieg ihr ins Gesicht, auch wenn sie in diesen 4 Tagen sehr blass war!
Nun standen wir an diesem kalten grauen Januarmorgen vor der Brig und waren Abreise bereit. Faith und Alex konnten sich nur schwer voneinander lösen und im Grunde tat es mir auch leid, doch wir mussten in unsere eigene Zukunft aufbrechen!
Meine Frau verabschiedete sich von Shay mit den Worten „Wenn ich noch einmal mitbekomme, dass du einfach die Morrigan nimmst und wortlos verschwindest, dann finde ich dich, ist das klar, Käptn Cormac?“
In seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus und seine Antwort beruhigte Alex. „Warum sollte ich das noch einmal machen? Ich weiß jetzt, wohin ich gehöre und dass wir alle über den Tellerrand schauen müssen. Danke, Alex!“ eine Umarmung, dann gingen wir an Bord.
Alex ließ Segel setzen und wir standen am Heck und sahen den kleiner werdenden Menschen am Kai nach. Mit einem Male klammerte sich meine Frau an mich und fing an zu weinen.
„Du wirst sie wiedersehen, WIR werden sie wiedersehen. Jetzt aber lass uns UNSER Leben richtig anfangen, unsere Zukunft einläuten, mi sol!“ sprach ich leise, als ich meine Arme um sie legte und versuchte ihr Zittern zu beenden.
„Ich freue mich darauf!“ und dabei lächelte sie mich mit leicht verheulten Augen an.
Als wir heute an unserer Plantage anlegten, überkam mich ein wohliger Schauer. Dieses Gefühl von „wieder nach Hause kommen“, mit meiner Frau und ab jetzt würden wir hier richtig gemeinsam Fuß fassen, war überwältigend. Alex schien es nicht anders zu gehen, als sie von Bord schritt und kurz am Steg stehen blieb, sah ich wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
Mrs. Wallace war mit einigen der Angestellten hier um uns in Empfang zu nehmen. Lange hielt es sie aber nicht und eilte auf meine Frau zu.
„Mistress Kenway, ich freue mich, dass ihr ab jetzt ganz zu Master Kenway gehört.“ rief sie und ich erwiderte lediglich, dass ich das vor ein paar Jahren auch noch nicht habe kommen sehen.
Im Haus war es wohlig warm nach den eiskalten Tagen und Nächten auf See. Unsere Truhen wurden nach oben gebracht und auch gleich ausgepackt. Alex orderte gleich ein Bad für später, was mich freute und auf mehr hoffen ließ.
Sie hatte sich jetzt im Salon vor den Kamin gesetzt und wärmte sich bereits auf. Ich hingegen ging in die Küche und bat um ein Glas des guten Rums. Natürlich erntete ich ein Grinsen meiner Haushälterin, was ich vermutlich jedem anderen verboten hätte, doch bei Mrs. Wallace musste ich einfach eine Ausnahme machen.
Damit bewaffnet ging ich zu meiner Frau, reichte es ihr und meinte, damit könne sie sich etwas von innen wärmen.
„Ich habe immer noch dieses Gefühl, als wäre es nicht wahr. So als wäre es ein Traum, aus dem ich gleich aufwache, Haytham!“
Ich teilte diesen Gedanken mit ihr und meinte, wir sollten die Zeit ab jetzt einfach fürs erste genießen. Dabei ließ ich meine Lippen über ihren Hals wandern und es dauerte keine Sekunde, da hörte ich meine Frau schwer atmen. Wir sollten uns endlich dem Bad widmen, befand ich und zog Alex mit hinunter hinter mir her.
Ihr Fuß berührte das warme Wasser und ich vernahm ein lautes lustvolles Stöhnen ihrerseits. Sollte ich gleich nicht ebensolche Töne von ihr hören, dann Gnade ihr Gott, teilte ich mit stockendem Atem mit und nahm hinter ihr Platz.
Ihre Finger glitten an meinen Oberschenkeln entlang und sie lehnte sich an mich, sodass ich meine Arme um sie schließen konnte. Mit meiner Geduld war es aber nicht gut bestellt heute nach den 11 Tagen Abstinenz auf der Jackdaw und Alex war auch der Ansicht, jetzt oder nie.
Sie drehte sich zu mir um und ließ sich langsam auf meinem Schoß nieder, ebenso vorsichtig drang ich in sie ein und wir beide konnten ein lautes Aufstöhnen nicht unterdrücken. Im Geiste ermahnte ich sie, leise zu sein und sich endlich zu bewegen! Im Grunde war das völlig unnötig, sie zerfloss einfach wieder und ich genoss diese Frau, wie sie mich auf meinen Höhepunkt zutrieb.
„Nimm mich, Haytham!“ kam es lauter als sie wollte aus ihrem Mund und wer bin ich, ihr diesen Wunsch abzuschlagen. Ich schwelgte in dieser Nähe zu ihr, ihrem Geruch und ihren Händen, welche sich an mich klammerten! Und die stille Bitte von ihr, sie kommen zu lassen, brachte auch mich über die Schwelle und wir konnten froh sein, dass die dicken Wände diese lauten Lobpreisungen verschluckten.
Entspannt begann ich, als ich wieder bei Atem war, ihr bei den Haaren zu helfen. Die hatten wirklich gelitten auf See, aber es war schnell erledigt und als wir dann zufrieden und sauber im Esszimmer Platz nahmen, war es wirklich wieder wie Zuhause angekommen zu sein.
Das Essen war eine Wohltat, auch wenn der Smutje sein bestes gegeben hatte, es war halt nicht wie hier. Leider klopfte der Alltag schneller an, als uns lieb war. Es hatte sich einiges an Post für mich angesammelt in den letzten Wochen und auch Mr. Robinson hatte schon einen Termin für morgen. Vermutlich aber nur, um mitzuteilen, wie es mit der Bürgerwehr gelaufen war.
Zwei Briefe beantwortete ich gleich nach dem Essen, sie kamen von zwei Herren, welche sich für den Posten des Kammerdieners bewerben wollten. Da ich dringend einen Ersatz brauchte, bestellte ich die beiden umgehend hierher. Bei den anderen Sendschreiben handelte es sich lediglich um die üblichen Belange von Händlern, den Pächtern und ähnlichem. Ich konnte Alex so noch ein wenig in die Arbeit hier auf der Plantage einweisen, doch ich sah, dass ihr gegen 23 Uhr die Augen zufielen und sie wünschte mir schon einmal gute Nacht.
Ein seltsamer Moment, bisher waren wir immer gemeinsam zu Bett gegangen. Manchmal hat man wirklich absurde Gedankengänge, weil es ja nichts Schlimmes ist, dennoch ist es... ja es ist halt Alltag, an welchen wir uns von nun an gewöhnen mussten.
Lange hielt es mich aber auch nicht mehr auf den Beinen, es war ein langer Tag und morgen könnten wir weitersehen. Als ich ins Schlafzimmer trat, bot sich mir ein hinreißender Anblick. Alex lag mit einem aufgeschlagenen Buch auf ihrer Brust schlafend da. Vorsichtig nahm ich es ihr ab und zog mich ebenfalls aus! Im Bett schloss ich sie in meine Arme und wie immer kam ein wohliges Seufzen und sie entspannte sich weiter.
Der erste Tag nach unserer Rückkehr war für Alex leider mit Krämpfen geebnet, doch sie schlug sich da tapfer und arbeitete ihre Angelegenheiten ab.
Nun hatte sie die Pächterfrauen auch noch unter sich, welche sie alle 2 oder 3 Tage trainieren würde und ihnen die Kampfkunst näher bringen sollte. Die Damen wollten sich ebenso verteidigen können, sollten ihre Männer auf den Feldern oder eben bei den eingesetzten Wachdiensten sein.
Verständlich, auch wenn ich hoffte, dass meine Frau sich nicht zu sehr übernahm mit Aufgaben. Wie immer wimmelte Alex alles ab mit den Worten, sie hätte es im Griff.
Die üblichen Empfänge standen an und wir verschickten die Einladungen zur offiziellen Hochzeit. Wenn es so bliebe, hätten wir ungefähr 60 Gäste und ich arbeitete mit Alex die Sitzordnungen aus, das Essen besprachen wir ebenfalls, Blumenschmuck und ähnliches übernahm sie selber.
Während dieser ganzen Einzelheiten fiel mir auf, dass sie souveräner heranging, nicht mehr so nervös und unbeholfen. Alex lernte schnell und wieder einmal war ich stolz auf sie.
Für mich kamen die Wochen, in welchen ich mich um das Saatgut kümmern musste, das erste Probeanpflanzen stand auch an.
Zum anderen überwachte ich den Bau von 4 weiteren Lagerhäusern entlang des Flusses und der Anlegestelle für die „anderen“ Waren. Wir kamen gut voran und ich war zufrieden mit dem bisherigen Verlauf.
Außerdem bekamen die Crewmitglieder ebenfalls ihre Unterkünfte hier, wo sie mit ihren Familien, wenn vorhanden, wohnen konnten!
Zwischenzeitlich hatte sich auch ein Arzt hier mit angesiedelt, welchen wir dringend brauchten. Der nächst gelegene Doktor wäre sonst mindestens 6 Stunden entfernt!
Meine Frau stand im regen Briefkontakt mit Faith und auch mit dem Duke, was mich auf der einen Seite freute, jedoch wenn sie die Briefe meiner kleinen Schwester erhielt, verschwand Alex immer und war für eine Weile nicht mehr zu sehen!
Unsere Informanten hatten bislang leider immer noch nichts konkretes über den Verbleib der Schatulle herausfinden können, was auch Shay nicht gerade glücklich stimmte.
Die Spur, welche ihn für kurze Zeit ein weiteres Mal nach Albany führte, war eine Sackgasse. Ärgerlich und ich fragte mich, wo man sie hingebracht haben könnte, wo würden die Assassinen sie haben wollen.
Des öfteren war ich in Versuchung Alex zu bitten, ihre Version dieses Artefaktes einfach zu nutzen, doch das wäre zu riskant. Wir müssten Yannick kundtun hierher zu reisen um uns die Kiste zu übergeben! Im Grunde hatte sie Recht und ich musste es mir Zähneknirschend eingestehen.
So vergingen die ersten Wochen unseres neuen Alltags und ich konnte meine Frau kennenlernen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ihre Launen waren während ihrer Blutungen ein wahres auf und ab und ich wusste nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte. Ich ließ sie in Ruhe, bevor ich noch eine Furie wecken würde.
Heute sollten die Cormacs eintreffen und zwar über den Seeweg.
Meine Frau konnte nicht stillsitzen und das machte mich ehrlich gesagt wahnsinnig und auf meine Worte, dass es doch nur Faith sei, maulte sie mich auch gleich entsprechend an.
„NUR Faith? Also ich finde, das ist Grund genug, dass ich mich freue, mi amor!“
Also beließ ich es dabei, Streit war das Letzte was ich heute wollte.
Wir hatten gerade das Frühstück beendet, als Alex auch schon aufsprang und sich im Hinausgehen ihren Umhang schnappte.
Auf meine Frage, was sie vorhätte, rief sie mir über die Schulter zu „Ich will an der Anlegestelle auf sie warten, sie hatte geschrieben, dass sie mit der Morrigan anreisen!“
Und schon war sie mit Fenrir in Richtung des Anlegers unterwegs.
Nun gut, ich tat es ihr gleich und holte meinen Mantel, ließ meine Stute satteln und die Kutsche bereit machen, dann folgte ich ihr.
Ein paar Benimmregeln hinsichtlich der Begrüßung von Gästen als Ehepaar musste ich ihr wohl doch noch angedeihen lassen. Das ließe sich sicherlich wunderbar in ein paar nächtliche Lektionen verpacken und schon waren meine Gedanken wieder in der Gosse. Diese Frau war einfach... unmöglich, aber umwerfend!
Ich sah von weitem schon, wie sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat. Langsam näherten sich die Segel der Morrigan. Als ich neben Alex trat und sie in den Arm nahm um sie etwas zu wärmen, erklärte ich ihr, dass wir die Familie zusammen in Empfang nehmen sollten.
„Du hast Recht, verzeih mir, mi amor!“ sie sagte es zwar neutral, doch ich wusste, dass Alex von Zeit zu Zeit genervt von zu viel Etikette war, was ihrer lockeren unbedachten Zeit geschuldet war!
Wie sollte es auch anders sein, die Morrigan hatte kaum festgemacht, schon rannten die beiden Frauen aufeinander zu und lagen sich küssend in den Armen. Shay unterband dieses Mal rigoros ihr Handeln und beide lösten sich mit bösen Blicken in unsere Richtungen voneinander.
Nach der obligatorischen Begrüßung stieg ich mit den Kindern, Shay, Lucius und Maggie in die Kutsche, die Frauen machten jedoch keine Anstalten es uns gleichzutun.
Stattdessen schwangen sie sich auf Fenrir und trabten gemächlich los. Das konnte ja jetzt dauern!, seufzte ich im Stillen und sah, dass auch Master Cormac alles andere als begeistert war.
Beim Herrenhaus angekommen, wurde das Reisegepäck von Lucius und Maggie in eines der Kinderzimmer gebracht und das von den Cormacs in das Gästezimmer, weil Alex darauf bestand, sie in ihrer Nähe haben zu wollen.
Manchmal fragte ich mich, ob ich auch ein Mitspracherecht hatte, was die Belange meiner kleinen Schwester angingen, besann mich dann aber wieder auf diesen Einklang von Faith und Alex. Die Antwort lautete NEIN!
Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen die beiden Frauen dann auch endlich hier an.
„Da seid ihr ja, wir dachten schon, ihr habt euch verirrt.“ kam es säuerlich von Master Cormac und er sprach mir aus der Seele, doch unternehmen konnten wir vermutlich nichts.
Für einen Moment saßen wir im Salon, sodass sich alle etwas akklimatisieren und aufwärmen konnten, als dann Mrs. Wallace weiteren Besuch ankündigte.
Wir brauchten nicht lange rätseln, ein lautes „OMAAAAAAAAA!“ reichte uns allen und in Alex´ Augen trat ein freudiges Leuchten! Diesmal war Yannick mit Frau und Kind alleine hierher gekommen und mein Stiefsohn begrüßte seine Mutter stürmisch mit den Worten „Mom, es ist so schön, dich wieder zusehen!“ eine leise Eifersucht stahl sich wieder in meinen Kopf, diese Verbundenheit war nur den beiden vergönnt!
Nach dem Mittagessen wurden die vier Kinder ins Bett gebracht und wir hatten einen Moment der Ruhe. Alexander bestand jedoch darauf, dass ihn seine Großmutter zu Bett brachte, was meine Frau nur zu gerne tat und dabei selig lächelte.
Als Yannick mit seiner Mutter wieder hinunter kam, unterhielt man sich über die Neuigkeiten aus dem 21. Jahrhundert und man sah Alex förmlich an, dass sie es nicht nachvollziehen konnte und regelrecht wütend wurde. Anscheinend war auch in ihrer Zeit nicht alles so zum Besten bestellt, was mir etwas Angst machte, wir wussten auch noch nicht, wie es sich hier entwickeln würde.
Melissa und Yannick wurden jetzt von meiner Frau durchs Haus und den Garten geführt, für die Felder und alles andere drumherum war einfach nicht die Zeit.
Wir anderen setzten uns auf die hintere Terrasse, es war angenehm warm mittlerweile geworden in der Nachmittagssonne.
Plötzlich sah ich, wie mir Melissa einen bösen Blick zuwarf, aber sofort ein wissendes Nicken hinterherschickte. Zu gerne hätte ich gewusst, über was sie sich unterhalten hatten, obwohl ich grundsätzlich kein so neugieriger Mensch war.
Mittlerweile war auch die komplette Kinderschar wieder hier unten und machte den Garten unsicher! Maggie und Melissa hatten alle Hände voll zu tun und immer wieder sah ich, wie Alex sich erheben wollte. Doch ich hielt sie zurück.
Bis zu dem Moment, wo Cillian plötzlich anfing zu jammern und klein Alex einfach seinen aufgeratschten Arm nahm während die beiden ein goldenes Leuchten umgab.
In Sekundenschnelle war meine Frau auf den Beinen, schnappte sich unseren Enkel und war verschwunden!
Fragend sah ich zu meinem Schwiegersohn, welcher mich aufklärte, dass unser Enkel gewisse Heilungskräfte seit jener Neujahrsnacht besaß. Die beiden Eltern waren immer dabei, ihm beizubringen, dass er es nicht in der Öffentlichkeit tun sollte. Yannick erklärte mir, dass es tatsächlich eine Art Hexenjagd werden könnte, wenn das herauskam und die beiden versuchten ihrem Sohn Einhalt zu gebieten. Was alles andere als leicht war.
Dann erschien Alex wieder mit unserem Enkel und bat Melissa um ein Gespräch unter vier Augen, wenn es ruhiger geworden ist.
Als dann am Abend alle Kinder im Bett waren, konnten wir etwas ausspannen und genossen die kühle Abendluft für einen Moment, ehe wir uns in den Salon zurückzogen. Der Wintergarten war mittlerweile schon für morgen entsprechend umgeräumt worden. Links und rechts gab es die Stuhlreihen mit einem Mittelgang, welcher zur Stirnseite und zum Kamin führte. Dort würde morgen der Friedensrichter stehen und uns gesetzmäßig trauen!
Für einen Moment hielt ich hier inne und stellte es mir vor, leider hatte ich kein Bild vor Augen von Alex´ Hochzeitskleid. Mein Anzug war, laut ihrer Aussage, dem angepasst. Doch noch konnte ich mir nichts darunter vorstellen!
Natürlich drifteten die Gespräche von Lucius, Shay und mir in die Richtung der politischen Ereignisse. In Boston, New York, Philadelphia wuchs immer mehr der Widerstand gegen die britische Krone und wieder einmal kam die Frage auf, wer es schaffen sollte, alles unter einen Hut zu bekommen.
Mit einem Male sah ich, wie Yannick den Mund öffnete und gerade etwas dazu beitragen wollte, als Alex ihn in einem Ton maßregelte, den ich so von ihr noch nicht kannte. Sie fuhr ihm mit den Worten und einer hochgezogenen Augenbraue über den Mund „NEIN! Sollten sie nicht! Und jetzt... Ruhe!“
Mein Stiefsohn sah seine Mutter etwas zweifelnd an, ehe er lachend meinte „Es klappt immer noch, Mom.“
Zu gerne hätte ich gewusst, wer hier später in den Kolonien Oberhaupt werden würde.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Faith und meine Frau wieder einmal eines ihrer stillen Gespräche hatten.
„Ah, Frauengespräche ohne Worte. Mi sol, du weißt, dass ich das nicht mag!“ meinte ich nur mahnend.
„Mi amor, ich gehöre dir alleine, das weißt du doch!“ mir fehlten die Worte, ihre Art machte mich des öfteren sprachlos, weil sie eigentlich immer ein Gegenargument hatte, oder das letzte Wort oder ähnliches. Ihre sarkastische Art musste ich ebenso noch lernen!
Der Abend verlief ruhig, nach und nach verabschiedeten sich die Gäste, bis ich mit Alex alleine hier saß.
Doch ich musste noch einmal auf das Gespräch bezüglich der Fähigkeiten von unserem Enkel kommen und meine Frau beruhigte mich mit den Worten, dass es ein Lernprozess war, welchen Melissa und Yannick jetzt haben würden, ebenso müsste Alexander lernen, sich zusammenzureißen.
Zum ersten Mal fiel mir auf, dass Alex ruhiger und entspannter war, wenn ihr Sohn anwesend war und ihre Gesichtszüge wurden weicher.
So saß sie neben mir und als sie sich an mich lehnte, spürte ich, wie auch sie diese Ruhe genoss. Ihre Nähe und ihr Duft brachten meine Fantasie wieder auf ungehörige Pfade und als ich leise vorschlug, dass auch wir zu Bett gehen sollten, willigte sie lüstern lächelnd ein.
Alle Lektionen konnte ich ihr heute nicht mehr angedeihen lassen, stattdessen bekam sie lediglich meinen Widerwillen bezüglich dieser stillen Konversation mit Faith zu spüren! Ein leises und erschöpftes „Ich liebe dich, mi amor!“ reichte mir und sie schlief neben mir ein.
Morgen würde sie meine Frau sein, ganz offiziell! Alex war es vermutlich noch nicht bewusst, doch wenn ich wollte, wäre sie mein Eigentum... im Grunde wussten wir beide, wir waren unser beider Eigentum! Ich gehe aber davon aus, dass ich diesen Gedanken nicht näher zu erläutern brauche!
Wir hatten zusätzlich vor einiger Zeit bereits einen Ehevertrag aufgesetzt, welcher hoffentlich alles abdeckte. Zukünftige Kinder, Enkel und weitere Familienangehörige inbegriffen.
Ich schreckte an diesem frühen Morgen hoch, weil etwas an meiner Bettdecke zerrte. „Opaaaaa. Bett!“ hörte ich die hohe Stimme unseres Enkels und ich hob ihn mit halb geschlossenen Augen hoch. „Opa spielen!“
Klein Alex war wie seine Großmutter, er gab keine Ruhe, ehe er nicht seinen Willen bekam. Ich deutete ihm, leise zu sein und flüsterte, er solle auf die Geräusche, welche seine Großmutter machte, hören.
Anscheinend fand er es lustig und kicherte vor sich hin. Zum ersten Male wurde mir bewusst, dass meine Frau wirklich seltsame Geräusche von sich gab im Schlaf. Es war wie ein leises Säuseln, ähnlich der Luft, welche sich im Kamin verfing.
Gebannt saß er nun neben mir und beobachtete Alex. Immer wieder stupste er sie an, doch sie reagierte nicht wirklich, im Gegenteil, sie zog die Decke weiter hoch.
Dann endlich schlug sie die Augen auf und Alex warf sich mit Inbrunst auf ihre Brust. Ich konnte die Luft aus ihren Lungen entweichen hören, der kleine Mann war schon ziemlich schwer.
„OMAAAAA WACH!“ kam es freudig von unserem Enkel und ein mürrisches „Ja, mein Schätzchen, ich bin wach. Danke.“
Ich konnte nicht an mich halten und lachte etwas ungehalten.
„Mi sol, du hast überhaupt nichts bemerkt. Wir sind schon eine ganze Weile wach und haben uns über deine seltsamen Geräusche beim Schlafen unterhalten!“
„Das freut mich ja für euch beide. Aber... warum seid ihr BEIDE schon wieder wach. Es ist doch noch so früh.“ sie zog klein Alex zwischen uns, doch er dachte nicht daran dort zu bleiben!
„Opa und Oma Hofzeit“ und meine Frau musste ihrerseits jetzt prusten. Der kleine Mann kuschelte sich urplötzlich an mich und hatte seinen Daumen im Mund.
„Mit deinem Opa kuschelst du und mich bespringst du einfach... so so.“ meinte Alex grinsend. Uns dämmerte, wer ihn geschickt hatte und warum. Da wollte jemand noch etwas Ruhe haben. In diesem Moment kam mir eine Idee!
„Alexander, aber du musst mal dringend deine Mutter wach machen! Sonst verpasst sie ja alles!“ das würde funktionieren. Doch plötzlich trat ein erschrockener Ausdruck in das kleine Gesicht.
„Mama nicht da?“ ganz so schlimm wollte ich es gar nicht klingen lassen, doch er stürmte regelrecht aus unserem Schlafzimmer!
Wir hörten nebenan ein lautes „Verdammt... nicht jetzt!“ als eine Tür aufgerissen wurde...
„Mi amor, auch mein Sohn hat mal ein paar Minuten mit seiner Frau verdient, findest du nicht?“
Ich sah sie belustigt an, aber nein... warum sollte Yannick es besser haben als ich?
„Master Kenway, wir haben jetzt noch ein paar freie Minuten und ich dachte mir...“
Diese Worte ließen meine Fantasie gleich wieder in die Gosse rutschen, besonders wieder diese Betonung meines Namens... wie machte sie das eigentlich?
Wir nutzten unsere kurze freie Zeit ausgiebig und irgendwann lag meine Frau zufrieden lächelnd neben mir, bis dann Magda das Frühstück ankündigte.
„Dann mal los, mi amor. Wir haben heute noch etwas vor.“ kam es euphorisch von Alex und in meinem Enthusiasmus ließ ich sie meine Hand auf ihrem Po spüren, was mir ein wohliges Seufzen bescherte.
Das Frühstück war... nunja... laut und kinderreich, aber wunderbar normal und entspannend.
Nach und nach erschienen die Gäste, welche auf das Gästehaus verteilt wurden und ich spürte, dass Alex nun doch nervös wurde. Aber es war mehr der Anzahl der geladenen Gäste geschuldet, als ihrer Unsicherheit. Die Angestellten leisteten einen guten Dienst und brachten sie alle sorgsam unter.
Als nächstes fuhr eine doch recht protzige Kutsche vor und ich wusste, wer darin saß. Kein geringerer als der Duke of Ironside mit seiner Gemahlin. Dieser Auftritt sollte nicht wirklich demonstrieren, wer das Sagen hatte. Es war einfach sein Standard, welchen wir hinnahmen, sein Titel kam ja auch nicht von ungefähr. Zu Alex´ Bedauern teilte Elias ihr mit, dass sie heute noch in der Nacht abreisen würden, weil noch wichtige Geschäfte warten würden.
Alex teilte dem Friedensrichter mit, welcher ebenfalls gerade eingetroffen war, dass ihr Sohn sie an mich übergeben würde. Bis gestern wussten wir ja nicht, ob Yannick hier sein würde, aber ich war froh, dass er auch dieses mal dabei sein würde!
Der Ablauf sah vor, dass Alex sich in dem Lesezimmer umziehen würde, von dort durch den Mittelgang im Wintergarten anschließend mit ihrem Sohn kommen würde. Ich selber würde in unserem Ankleidezimmer meine Garderobe anlegen und wieder durchfuhr mich dieser wohlige Schauer, dass ich immer noch nicht wusste, WIE Alex aussehen würde.
Mrs. Fischer, soweit war ich im Bilde, hatte ihr Hochzeitskleid angefertigt und wenn ich meiner Frau vertraute, war es mehr als perfekt geworden! Das war also ihr Alleingang in New York gewesen!
Dann war es soweit und wir wurden getrennt, doch nicht bevor ich ihr den Brautstrauß überreichen konnte. Diesen hatte ich persönlich zusammengestellt und ihre Augen füllten sich mit Tränen, jetzt wurde es ernst und das wurde ihr UND mir bewusst. Nach dem Ja-Wort war es offiziell!
Mit einem Kuss ging ich hinauf und überließ Alex ihrer Kammerzofe, welche seltsamerweise ebenso Tränen in den Augen hatte.
Michael, mein neuer Kammerdiener, war ein schlanker schwarzhaariger Brite, welcher seine Arbeit von Klein auf gelernt hatte. Er war zurückhaltend, aber nicht schleimerisch, er war ruhig, aber nicht still... im Grunde eine gute Mischung und er verstand es, meine Wünsche im Voraus zu erahnen!
Als ich dann in meinem Anzug vor dem Spiegel stand, zögerte ich ein paar Sekunden und in seinen Augen las ich, dass er verunsichert war.
„Michael, ihr habt nichts falsch gemacht. Ich überlege nur, wie meine Frau neben mir aussehen wird. Noch habe ich sie nicht in ihrem Kleid gesehen!“ seine Miene erhellte sich.
„Master Kenway, ihr seht fantastisch aus und eure Frau wird ebenso strahlend neben euch stehen!“ ich lächelte ihn dankend an.
Ein wenig stieg die Nervosität in mir als ich hinunter ging und mich vor den Friedensrichter stellte. Neben mir nahm Shay wieder seinen Platz ein, uns gegenüber stand Faith und lächelte mich zufrieden an.
Nun öffnete sich die Flügeltür zum Lesezimmer und Yannick erschien mit seiner Mutter am Arm. Mir blieb der Mund offen stehen, dieses Kleid war... es war fantastisch!
Wir waren irgendwann überein gekommen, dass WEISS keine geeignete Farbe für sie und mich darstellte, da wir bereits mit Kindern in die Ehe gingen.
So war dieser Rotton, welcher mit meinem Gehrock und den Kniehosen im Einklang war, genau das Richtige.
Langsam kamen die beiden auf uns zu und ich sah, dass Alex einfach nur noch strahlte, auch sie hatte verinnerlicht, dass es ab heute kein Zurück mehr gab. Doch es war nicht der Gang zum Scheiterhaufen oder zum Galgen... sie hatte keine Angst mehr!
Sobald mir Yannick ihre Hände reichte, ließen wir uns nicht mehr los und der Friedensrichter begann mit der Zeremonie. Wir hatten die Gelübde so belassen, weil ich wirklich sehr gerührt von Alex´ Worten war im Dezember.
Nachdem sie mir den Ehering angesteckt hatte, hieß ich den Friedensrichter kurz inne zu halten. Ich wollte Yannick den Ring wiedergeben, welchen er Alex damals gegeben hatte. Also winkte ich ihn zu uns und Alex, wie auch Yannick sahen etwas erschrocken aus. Dann stand der junge Mann vor mir und ich erklärte mich.
„Du hast deiner Mutter im Dezember mit deinem Geburtsring ausgeholfen, doch das kann ich nicht annehmen, er verbindet dich und sie für immer. Du sollst ihn jetzt wieder bekommen, mein Sohn!“
Sein Blick ging perplex von mir zum Ring.
„Danke, Mas ... Haytham!“ dann umarmten wir uns und es bedurfte keiner weiteren Worte!
Nun war es der Friedensrichter, welcher uns mit einem Räuspern darauf hinwies, das Alex und ich nun ganz offiziell Mann und Frau waren.
„Master Kenway, ihr dürft eure Frau jetzt küssen. Und jetzt dürft ihr es auch offiziell!“
Aus den Reihen der Gästen vernahmen wir ein leises Gelächter, sie wussten alle, wir waren schon viel länger so vertraut miteinander. Dennoch war es ein vorsichtiger Kuss, welchen ich aber einfach genoss.
Unser Enkel rannte auf uns zu, klammerte sich an Alex´ Röcke.
„Oma nicht alleine! Alex auch?“ ein sehr rührseliger Moment wenn man mich fragt, wie konnte er schon jetzt den Wunsch haben, nicht allein sein zu wollen. Doch ich verdrängte diesen Gedanken. Heute zählte meine Frau... niemand anderes!
Ich hatte aber die Rechnung ohne klein Alex gemacht, welcher mich mit einem stillen Gespräch unvermittelt vereinnahmte.
„Großvater, du musst auf Großmutter aufpassen! Ich werde auch über euch wachen, aber versprich mir, dass du gut zu ihr bist. Ich kann nicht immer bei euch sein. Aber ich habe meine Großmutter lieb und will nicht, dass ihr Böses widerfährt. Nicht alles werde ich von euch abwenden können, aber ich werde da sein...“ diese Worte sprach kein 2jähriger Junge, sie wurden von einem der Götter, oder der Vorläufer gesprochen und für einen Moment war ich versucht, Alexandra mit hinzuzuziehen. Ich ließ es, als ich sah, sie verstand, worum es in dieser Zwiesprache gerade ging.
Dann war es an der Zeit, dass wir die eigentlichen Feierlichkeiten begingen und als wir den Wintergarten verließen, stand das gesamte Personal, angeführt von Mrs. Wallace in der Eingangshalle.
„Ihr habt gut für unseren Master Kenway gesorgt, auch wenn er das nicht immer gleich bemerkt hat, Mistress Kenway. Ich freue mich, dass ich heute hier sein kann und eure Hochzeit erleben darf.“ kam es lächelnd von ihr und Alex konnte kaum ihre Tränen zurückhalten.
Ja, wer hätte das noch vor einigen Jahren gedacht, ich sicherlich nicht. Ich hatte nie einen Gedanken an eine Hochzeit verschwendet, es hatte sich nie ergeben oder es wäre halt zum Scheitern verurteilt gewesen.
Für einen kurzen Moment stieg mir dieser Gedanke in den Kopf, was wäre mit Ziio gewesen? Aber es wäre keine Option gewesen und nachdem sie mich fortgeschickt hatte, hatte ich auch keine Chance mehr... doch das ist ein anderes Thema, welches ich sicherlich später noch einmal aufgreifen werde und auch zur Sprache bringen MUSS! Alex hatte es ebenfalls schon angedeutet, das Ganze war längst noch nicht beendet!
Für heute strich ich aber diese trüben Gedanken beiseite, es war einfach nicht die Zeit dafür und ich muss gestehen, ich liebte dieses Weib, welches mich seit einigen Jahren bereits zur Weißglut treiben konnte, über alles.
Nach dem Abendessen endlich, war es an der Zeit, dass unser erster ganz offizieller Tanz anstand. Ab jetzt mussten wir uns niemandem mehr erklären, niemandem mehr die Beweggründe kundtun... wir waren verheiratet!
Immer noch klang es seltsam, doch in mir breitete sich ein gewisser Frieden aus, welcher auch auf Alex zu liegen schien!
Irgendwann sah ich, wie meine Frau ihre Schwiegertochter unterhakte und sie herumführte. Sie tat das, was ich damals ebenfalls bei Faiths und Shays Hochzeit getan hatte, sie nahm Melissa unter ihre Fittiche, damit sie nicht ganz so unsicher war.
Ich nahm mir meinen Stiefsohn und stellte ihn entsprechend den anwesenden Herren vor.
„Haytham, ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, aber diese Menge an Informationen kann man doch gar nicht an einem Abend behalten.“ kam es irgendwann von ihm und ich hörte Alex´ Worte daraus.
Auch ihm erklärte ich, dass er nicht alles verinnerlichen musste, da er nicht immer hier anwesend sein würde. Es war mehr der Höflichkeit geschuldet und da er nun mal der Sohn meiner Frau war, sollte er unsere Nachbarn und Freunde auch kennenlernen.
Wir kamen vor Melissa und Alex bei den Eheleuten Lestrange an und ich spürte, wie Yannick plötzlich vor Ehrfurcht leicht zusammensackte. Elias hingegen war die Freundlichkeit in Person und mein Stiefsohn entspannte sich etwas. Wir hatten eine kleinere Unterredung, in welcher der Duke und die Duchess ihre Anerkennung aussprachen.
„Master Frederickson, ihr seid wie eure Mutter redegewandt und wie ich hörte, seid ihr einer der Besten in der Bruderschaft.“
Master Lestrange wusste, dass auch sein Gegenüber von den Zugehörigkeiten wusste.
„Eure Lordschaft, ihr ehrt mich. Natürlich werde ich weiterhin der Bruderschaft dienen und das Werk meiner Mutter fortsetzen. Auch mein Sohn ist auf dem besten Weg dorthin!“ damit hatte er die Worte des Dukes bestätigt, welcher nun anerkennend nickte.
Mit einem Male meinte Yannick, er müsse mir dringend noch ein kleines Geschenk überreichen und bat Lucius, William, Shay und John ihm ebenfalls zu folgen. In der Küche wurden wir misstrauisch beäugt, doch man brachte die mitgebrachten Flaschen aus dem kühlen Keller hinauf.
Es waren drei an der Zahl und es war ein Pfefferminzlikör, was für mich im ersten Moment eher widerlich klang. Doch... nach drei Gläsern schmeckte er wirklich gut. Ich hielt mich dennoch etwas zurück, weil ich wusste, dass meine Frau noch eine gewisse Erwartung an mich haben wird!
Wir verbrachten einige Zeit hier in der Küche bis die Uhr dann ein Uhr schlug und wir beschlossen wieder zu den anderen Gästen zu stoßen.
Freudig eilte ich auf Alex zu. Als ich ihr sagte, dass ich mich freue, sie endlich für ein paar Sekunden für mich alleine zu haben, bemerkte sie natürlich meinen Zustand.
„Haytham, bei Odin. Was hast du bitte alles in dich hineingeschüttet!“
Da ich es nicht wirklich wusste, konnte ich auch nur eine vage Auskunft geben. Als wir so beieinander standen, hörten wir, dass die Gäste übereinkamen, dass nun die wohlverdiente Hochzeitsnacht anstand und Alex Gesichtsfarbe nahm einen sehr dunklen Rotton an.
Da nun eh alle wussten, was noch passieren würde, verabschiedete ich mich und meine Frau für die Nacht. Auch bedankte ich mich noch einmal für das Erscheinen, die zahlreichen Geschenke und Glückwünsche. Auch Alex bedankte sich und dann gingen wir hinauf, im Rücken die wissenden Blicke, dass wir... nicht schlafen gehen würden.
Ich öffnete die Tür, hielt aber inne. Diese Frau gehörte jetzt mir! Ich konnte machen was ich wollte mit ihr... doch wollte ich das? Wollte ich, wie so viele schmierige Ehemänner, mein Weib knechten? Es war aber unser Raum, das waren Alex´ Worte. Dort war es keine Frage des Anstandes oder das, was so einige Herren von Ehe verstanden! Wir waren uns einig und was dort, wenn die Tür geschlossen war, passierte gehörte uns!
„Haytham, ist alles in Ordnung mit dir?“ hörte ich die besorgten Worte von ihr.
„Du bist jetzt offiziell meine Frau!“ sagte ich nur und sie sah mich fragend an. „Theoretisch könnte ich jetzt mit dir machen, was mir gerade in den Sinn kommt.“ erklärte ich weiter und Alex verstand postwendend, was ich meinte. Ich nahm sie in den Arm und ließ meine Hände besitzergreifend auf ihren Hintern wandern.
„Das könntest du, aber wirst du es auch in die Tat umsetzen?“
Da war es wieder... ich brauchte mich in dieser Beziehung nicht erklären, auch Alex wollte es so und genoss unsere wohligen Momente der Zweisamkeit.
Ich umschlang sie einfach und trug sie in unser Schlafzimmer. Für einen Moment sah ich sie schweigend an, befahl ihr aber dann sich umzudrehen.
Und ich kann es ab jetzt nicht mehr richtig rekonstruieren, doch es war wie in einem Fieberwahn. Ich befreite sie aus ihrem Kleid, umgekehrt tat sie es mir gleich bei dem Anzug...
Für einen Moment standen wir uns schwer atmend einfach gegenüber, bis ich meine Hand in ihren Nacken gleiten ließ und sie auf die Knie drückte, während ich auf der Bettkante saß! Sie solle es richtig machen, sprach ich in ihrem Geist und ihre Hingabe war der Schlüssel für mich.
Ich hob sie nach einem Moment des Genusses auf meinen Schoß!
Jetzt wo wir so offiziell verheiratet sind, fühlt es sich tatsächlich noch um einiges intensiver an, Mistress Kenway. Bewegt euch, oder muss ich euch an eure ehelichten Pflichten erinnern?
In Alex´ Augen las ich, dass sie ebenso fühlte, sie wollte es und ihre Bewegungen waren unkontrolliert, brachten mich aber meinem Höhepunkt näher!
Nein, ihr müsst mich nicht daran erinnern, Master Kenway!, war alles, was sie mir noch mitteilte...
Als sie wie aus einem Reflex plötzlich unter mir lag, war ich selber erschrocken!
Ich fühlte etwas um uns herum, etwas, was mich antrieb sie als meine Ehefrau zu nehmen. Es war, als würde mir jemand diesen moralischen, immer noch im Hinterkopf sitzenden Knoten lösen.
Unser beider Erlösung kam laut, hart und sehr intensiv, ihre Hände hielten mich dabei fest und griffen in meine Haare! Es war... anders! Doch ich spürte dieses Wohlgefühl in mir und war mir sicher, dass es genauso richtig war!
Als sie mich einfach nur küsste, wusste ich wieder es war der richtige Weg, die richtige Entscheidung.
Ich deckte uns beide zu und hielt meine Frau fest.
Erst jetzt kam mir der Gedanke, dass vermutlich auch sie diese Präsenz gespürt hatte. Ich fragte also, ob ich mir das Ganze nur eingebildet hätte.
„Ich hatte auch so ein Gefühl, aber was oder wer sollte es gewesen sein und vor allem, WARUM?“ war die berechtigte Frage!
Sie schmiegte sich seufzend an mich und plötzlich ging von ihr eine Wärme aus, die mich an Fieber erinnerte. Doch gerade als ich diesen Gedanken äußerte sah ich, wie unter der Decke die Sonnentätowierung strahlte!
Ihr Hand griff meine und legte sie zitternd auf ihren Bauch. Ich wusste nicht was es zu bedeuten hat.
„Haytham, ich glaube uns wurde gerade dabei geholfen, ein Kind zu bekommen!“ kam es fast tonlos von ihr.
Es war nur... es war keine viertel Stunde her... wie...
Ohne darüber nachzudenken ließ ich meinen Blick über sie wandern und erschrak! In ihrem Bauch tobte ein Orkan und dieser strahlte eine violette Aura ab.
Ihr ganzer Körper war warm und pulsierte... es war unbeschreiblich! Ich teilte ihr meine Beobachtung mit.
„Wir werden Eltern, Haytham!“ schluchzend lag sie in meinen Armen und auch ich konnte mich kaum beherrschen.
Gefühle, für die es keinen Ausdruck gab, erfüllten mich!
Langsam beruhigten wir uns und in Alex´ Augen trat wieder eine gewisse Lust, welche ich gerne erwiderte!
Meine Äußerung, dass wir vielleicht auf Nummer sicher gehen sollten, traf ihre Wollust und wir verloren uns abermals in dieser, unserer offiziellen Hochzeitsnacht!
Mir ging noch einmal dieser Gedanke durch den Kopf „Du wirst Vater!“ und ich spürte ein Lächeln, welches sich auf mein Gesicht stahl.
Als ich an diesem Morgen erwachte, herrschte in mir eine Art Frieden. Dieses Gefühl, welches Alex einmal als „in sich ruhen“ beschrieb, war es gerade. Für einen Moment betrachtete ich meine Frau und es war wirklich unglaublich, doch sie hatte rosige Wangen. Morgens war sie für gewöhnlich eher blass, bis der Kaffee ihren Kreislauf anregte.
Sie lag mit dem Rücken an mich geschmiegt und meine Hände fuhren wie von alleine über ihren Körper. Leise meinte ich, sie solle aufwachen und gab ihr einen Kuss in die Halsbeuge, was sie mit einem leisen Seufzen quittierte. Sie rückte noch näher an mich, nahm meine Hände und legte sie um sich.
„Ich will nicht aufwachen, ich will weiterschlafen!“ erwähnte ich schon einmal ihre morgendlichen Launen? Diese Worte kamen maulig aus ihrem Mund und veranlassten mich, ihr zu zeigen, dass ich so ein faules Verhalten nicht dulden würde.
Langsam kamen wir wieder zu Atem und ich wusste, dass sie mich verstanden hatte, weil ihre Augen noch ein bisschen grüner leuchteten und ein warmes Lächeln in ihrem Gesicht lag! Meine Arme hielten sie immer noch fest und meine Hände strichen vorsichtig über ihre Haut.
Dabei fiel mir auf, dass es ein anderes Fühlen war, sie war weicher und geschmeidiger.
„Das liegt daran, dass sich das Gewebe darauf vorbereitet ein Kind wachsen zu lassen, mi amor! Reine Chemie und Biologie.“
Woher wusste sie so etwas?
„Allgemeinwissen, Haytham. Und vergiss nicht, ich war schon einmal schwanger. Ich habe halt viel gelesen!“ ihre Hand griff hinter sich in meinen Nacken. „Ich liebe dich, mi amor! Und ich freue mich auf unser Kind!“
Diese leisen liebevollen Worte trieben mir die Tränen in die Augen, es war immer noch völlig unfassbar für mich.
Magda kündigte in diesem Moment das Frühstück an und gerade als Alex meinte, wir sollten aufstehen, musste ich noch einmal meine Hand über ihren Bauch gleiten lassen.
„Woher weiß man jetzt, wann dieser kleine Mensch auf die Welt kommt?“ war etwas, das mich brennend interessierte.
„Hmmm... 40 Wochen ungefähr. Ich schaue nachher einmal nach, dann kann ich es dir sagen, mi amor!“ ich war im Begriff nachzurechnen, ließ es aber, weil mein Kopf noch nicht ganz wieder im Hier und Jetzt war.
Im Esszimmer wurden wir mit wissenden Blicken begrüßt, doch bevor eines der Kinder, speziell Cadan und Alexander, etwas sagen konnten, ergriff Faith das Wort.
„Die Nacht scheint euch beiden gut bekommen zu sein, Alex!“ grinste sie breit und zwinkerte ihr zu.
Zum ersten Mal trank Alex keinen Kaffee, was mich ehrlich erstaunte, stattdessen verlangte sie nach Tee! Vermutlich bekäme ich in den nächsten Tagen eine Erklärung dafür.
Nach dem Frühstück brachen die Hochzeitsgäste auf, wünschten uns noch alles Gute und hofften auf ein baldiges Wiedersehen! William hingegen hatte Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten, er hatte mal wieder zu tief ins Glas geschaut! Doch er gelobte Besserung, was seine Frau entschuldigend ebenfalls noch einmal sagte.
Wir hatten für die nächsten Tage keine Verpflichtungen mehr und waren dementsprechend entspannt, nur meine Frau nicht so ganz.
Als wir dann Abends im Bett lagen, musste ich Alex schon fast befehlen, zur Ruhe zu kommen! Den ganzen Tag über war sie oft nervös gewesen, oder einfach weit weg mit ihren Gedanken.Wir erwarteten alle kein Wunder, sie brauchte Zeit zum Verarbeiten und, wie Faith es meinte, sich und unser Kind zu finden.
Langsam beruhigte sie sich in meinen Armen, wie immer eigentlich. Diese Reaktion brachte mir jedesmal einen wohligen Schauer, weil ich diese Momente, in denen ich ihr diesen Halt geben konnte, genoss!
Wenn ich mich auf eine ruhige Nacht gefreut hatte, so hatte ich die Rechnung ohne meine Frau gemacht.
Mit einem Male fing sie im Schlaf an zu schreien, schlug um sich, wie sie es damals getan hatte, als sie in der anderen Welt bei Marie war! Ich versuchte sie zu beruhigen, doch mein Reden brachte nichts, also hielt ich sie eisern fest und fühlte eine Kälte von ihr ausgehen, welche mir Angst machte. Es war wirklich wie damals und ich befürchtete, sie sei wieder in einer Parallelwelt gefangen.
Ich schrie sie förmlich an, die Augen aufzumachen und dann wurde die Tür aufgerissen.
Faith, Shay und sogar Master Williams mit Maggie stürmten herein!
„Haytham, was ist...“ entsetzt sah meine kleine Schwester auf Alex und erst jetzt schlug sie die Augen auf und sah mich voller Panik an!
Etwas stimmte nicht, sie verzog das Gesicht. Ich konnte Alex gerade noch loslassen, als sie schon aufsprang und sich in die Waschschüssel erbrach.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, auf der einen Seite aus Erleichterung, auf der anderen aus Angst, vor dem was ihr widerfahren war!
Kraftlos ließ sie sich an der Kommode runterrutschen und Faith kniete sich vor sie.
Auf die Frage, was sie geträumt hätte, traute ich meinen Ohren nicht, auch wenn meine Frau sehr leise sprach!
„Sie wollten mich vergewaltigen, ich war in einer Gefängniszelle, es war kalt und es stank erbärmlich...“ sie fing an zu zittern und wurde von Faith zurück ins Bett gebracht.
Wie aus dem Nichts hörten wir alle eine dunkle, drohende Stimme! Du hast in deine Zukunft gesehen! Alles was du versuchst zu verhindern oder zu ändern, wird andere Konsequenzen nach sich ziehen! Bedenke das!
In Alex grüne Augen trat Panik und Angst!
„Ich glaube, es ist wie eine Warnung für mich, dass ich nichts ändern darf!“ über ihre Wangen liefen die Tränen und ich wusste, WORAN sie dachte. Meinen Tod, welchen wir alle schon gesehen oder eben beschrieben gelesen hatten!
„Ich habe das Gefühl, als würde ich meinen Verstand verlieren. Ich werde verrückt, fühlt es sich so an?“ sie sah sich fragend in der Runde um, doch ehe jemand antworten konnten, trat unser Enkel ins Zimmer. Er kletterte einfach aufs Bett und dann …
Du brauchst vor diesen Träumen keine Angst haben, du kannst sie verhindern. Sie sind kein Schicksal, nur das was du jetzt tust ist Schicksal. Rette meinen Großvater, versöhne ihn mit meinem Onkel und diese Bilder werden nicht zur Realität. … waren die Worte der Götter aus seinem Mund!
Bei diesen Worten konnte man spüren, wie sich Alexandra beruhigte und langsamer zu atmen begann. Ein „Oma kuscheln!“ zeigte, dass der Kleine wieder nur er selbst war und lag quer über meiner Frau und schlief langsam ein. Es war Yannick, welcher nun ungläubig fragte, WAS das gerade bitte war.
„Ich habe nicht den blassesten Schimmer und ehrlich gesagt, bin ich viel zu erschlagen, als das ich mir darüber Gedanken machen könnte.“
Ihre Stimme klang erschöpft, als hätte sie nächtelang nicht geschlafen!
„Es tut mir leid, wenn ich euch so erschreckt habe, doch ich weiß auch nicht, was gerade mit mir passiert.“
Auch diese Worte hörten sich müde an, waren jedoch mit einer gehörigen Portion schlechtem Gewissen gepaart! Lucius ergriff das Wort und meinte, wir sollten alle jetzt etwas Schlaf finden, da es erst vier Uhr früh war. Meine Frau lächelte ihn dankbar an und alle gingen mit den Worten, dass sie uns noch ein paar geruhsame Stunden wünschten, hinaus.
„Es tut mir wirklich leid, mi amor. Ich wollte euch nicht so erschrecken. Ich hoffe nur, dass ich solche Träume nicht noch öfter haben werde.“
Alex wusste sich nicht anders auszudrücken, wenn sie Schuldgefühle plagten, dass wusste ich. Also sagte ich nur, dass ich es für sie hoffte, das eben keiner dieser Albträume sie mehr heimsuchen würde!
Als ich ihr meine Befürchtung erzählte, sie für immer verloren zu haben, sah sie mich wieder mit Tränen in den Augen an, gab mir einen langen liebevollen Kuss und schmiegte sich, samt unseres Enkels an mich. Ich ließ die Decke über uns gleiten und uns waren noch ein paar Stunden Ruhe und Schlaf vergönnt!
Während des Besuchs der Cormacs und Master Williams, erfuhr ich, dass er beabsichtigte eine benachbarte Kiefernplantage, auf welcher Terpentin hergestellt wurde, käuflich zu erwerben.
Ich kannte den derzeitigen Besitzer und wusste auch, dass er händeringend einen Käufer suchte. Er war aber bekannt dafür, dass er Sklaven hielt, welche unter schlimmsten Bedingungen gehalten wurden. Die Aufseher dort waren die reinsten Sadisten und ließen ihren Frust und ihre Wut an diesen armen Menschen aus.
Ich erinnerte mich an ein Gespräch mit Alex, als dieser Geruch von Terpentin herüberwehte, was nicht sehr oft vorkam, nur wenn der Wind ungünstig stand.
Ich hatte ihr also über die Zustände dort berichtet und in ihre Augen trat eine solch lodernde Wut und gleichzeitig tiefe Trauer, dass mir sofort klar war, dass wir nie eine Einladung von dort annehmen würden.
„Ich will nichts mit solch einem Pack zu tun haben, Haytham!“ kam es aufgebracht und entschieden von meiner Frau.
Alex begann mir zögerlich von den späteren Unruhen hinsichtlich des Sklavenhandels und der Sklaverei an sich zu berichten.
Es würden deswegen auch erneute Kämpfe ausgefochten werden und die Sklaven wären dann später freie Menschen! Jedoch würde es bis dahin noch lange dauern, was sie natürlich bedauerte und vermutlich am liebsten beschleunigen würde.
In diesem Moment war ich erleichtert, dass ich mich gegen Sklaven und für die Auswanderer entschieden hatte. Sicherlich hatte ich dadurch nicht so hohe Einkünfte wie andere Pflanzer, ich konnte aber immer noch ohne schlechtes Gewissen morgens in den Spiegel schauen.
Jetzt saß Lucius vor mir und erzählte von seiner Besichtigung dort und von den Zuständen auf der Plantage.
Es war grausam, viele der Sklaven waren unterernährt und krank. Von den ganzen Striemen auf den Körpern ganz zu schweigen, welche von ausufernden Bestrafungen der Aufseher stammten. Der Umgangston dort war entsprechend scharf und menschenunwürdig, was aber den Eigentümer kaum kümmerte. Zumindest machte es den Eindruck.
Außerdem mangelte es an Nahrungsmitteln für die dortigen Schwarzen, sie mussten von der Hand in den Mund leben.
„Master Kenway, wir werden die Verhandlungen vorantreiben und es wird so laufen, dass Dimitri mit Danja vorab schon dort nach dem Rechten sehen wird. Die Aufseher werden umgehend entlassen und ich hoffe inständig, dass sie nicht zurückkommen werden um sich zu rächen. Auch werde ich diesbezüglich Wachen dort einstellen! Ich gehe davon aus, dass auch ihr hier für die Sicherheit sorgen werdet?“ fragte er mich und das war eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Zumal ich mit den Pächtern diese Sicherheits- Patrouillen bereits hatte!
„Das hört sich hervorragend an, Master Kenway. Faith werde ich auf die Suche nach Aminata (Auftritt Aminata in "Jeder will die Welt beherrschen" vom Todesengel222) schicken, da sie sicherlich schneller das Vertrauen der derzeitigen Sklaven erlangen kann und an ihrem Beispiel können wir dann auch erklären, was wir genau vorhaben. Es wird wie mit euren Pächtern laufen, nur das die Menschen dort nicht offiziell bezahlt werden, sondern unter der Hand.“ nun hörte ich ihn tief seufzen, weil ihm Alex´ moralische Grundzüge bekannt waren. „Ich bin mir nur noch nicht sicher, wie eure Frau reagieren wird. Ich hoffe doch, ihr werdet sie entsprechend zügeln!“ meinte er dann in einem schon fast befehlenden Ton.
„Nein, das werde ich nicht, weil ich es auch nicht kann, Master Williams. Alexandra wird im ersten Moment alles andere als begeistert sein, davon könnt ihr ausgehen. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass sie es verstehen wird. Aber es wird sicherlich etwas dauern!“ erklärte ich ihm meine Sichtweise.
„Ich hoffe es. Wir werden dort auch einige Umbauarbeiten vornehmen müssen, welche aber ebenfalls von dem Russen überwacht werden, ab und an wäre ich dennoch dankbar, wenn ihr ebenfalls ein Auge darauf haben könntet. Sofern es eure Zeit zulässt. Spätestens in zwei Jahren sollte alles fertig gestellt sein und dem Umzug dann nichts mehr im Wege stehen!“ dieser letzte Satz kam mit einem Lächeln, da auch Master Williams wusste, dass Faith und Alex dann nicht mehr so weit auseinander leben würden und ihre Beziehung eventuell sogar noch tiefer gehen könnte.
„Alex wird sich sicherlich freuen, wenn eure Tochter in ihre Nähe zieht, Master Williams. Auch wenn sie zu ungeduldig sein wird und vermutlich auch am liebsten selber Hand anlegen würde, damit der Umbau und der Umzug schneller von Statten gehen kann!“ und ich hatte das Bild im Kopf, in welchem meine Frau dort am Haus arbeitete! Bei diesen Worten grinste Lucius mich an und nickte eifrig.
„Wir sollten sie jetzt wohl dazu bitten, was denkt ihr, Master Kenway?“ so zögernd hatte ich diesen Mann selten erlebt, es war schon fast so, als fürchtete er Alex´ Zorn!
Ich erhob mich und ging auf die Suche nach meiner Frau, welche im Salon saß und gerade dabei war, an ihren Fähigkeiten zu arbeiten. Als ich sie bat, mit in mein Arbeitszimmer zu kommen, sah sie sich hilfesuchend nach Faith um, doch die sagte keinen Ton, da sie sich denken konnte, worum es jetzt gehen wird.
Im Arbeitszimmer angekommen, bat ich sie Platz zu nehmen und Alex beäugte Lucius misstrauisch, setzte sich aber.
Er begann ihr von seinem Kauf zu erzählen und prompt kochte sie schon fast über vor Wut und Zorn, ließ ihn aber an Master Williams aus
„Master Williams, das kann nicht euer Ernst sein!“ ihr Ton passte mir ehrlich gesagt überhaupt nicht, Gefühlsschwankungen hin oder her!
„Lasst mich das erklären, Mistress Kenway. Ich weiß, wie ihr über Sklavenhandel und die Arbeit mit ihnen denkt. Euer Gatte hat mich diesbezüglich schon vorgewarnt! Also wartet ab, was ich zu sagen habe!“ versuchte es nun Faiths Vater in einem scharfen Tonfall!
Bockig wie eine 4jährige sagte Alex nur „Bitte, fahrt fort!“ und ich musste an mich halten, sie nicht zu rügen!
Lucius erklärte jetzt auch ihr, wie es laufen würde und ihre Augen wurden immer größer, ebenso der Hass und die Wut! Dann platzte es aus ihr heraus!
„Master Williams, erzählen könnt ihr mir viel, erst wenn ich sicher sein kann, dass ihr Wort haltet, werde ich meine Meinung ändern...“ sprach sie in einem Ton, den ich mir verbiete und welcher mich veranlasste sie entsprechend zu maßregeln!
„Alex, reiß dich gefälligst zusammen! Du weißt, dass du dem Wort von Master Williams Glauben schenken kannst und du weißt ebenso, dass auch Faith sicher nicht gewillt ist, diese jetzigen Zustände beizubehalten!“ versuchte ich sie zur Einsicht zu bringen!
Plötzlich erhob sie sich und verschwand mit einer genuschelten Entschuldigung!
Zurück blieb ein sprachloser Lucius und meine Wenigkeit.
Meine Frau vergaß über all diese Geschichten der Sklaverei auf der Plantage, dass sie bald ihre Schwester im Geiste in ihrer Nähe haben würde. Das müsste doch eigentlich überwiegen, so hatte ich es zumindest gedacht.
„Master Kenway, ihr solltet eurer Frau das Ganze noch einmal in Ruhe erklären. Und nein, ich bin ihr nicht wirklich böse, erwarte aber eine gewisse Entschuldigung, da ich nicht für die derzeitigen Zustände dort verantwortlich bin!“ kam es jetzt versöhnlicher von Master Williams.
„Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie so aus der Haut fährt, Master Williams. Es tut mir aufrichtig leid!“ versuchte ich schon mal im Vorfeld für Frieden zu sorgen.
Dann ging ich auf die Suche nach meiner Frau.
„Haytham, was ist bitte mit Alex passiert? Sie rannte förmlich in den Garten und war bitterlich am Weinen. Ich habe mich aber nicht getraut, hinterher zugehen.“ fragte Faith leise und sah mich vorwurfsvoll an.
Also erklärte ich ihr, was gerade vorgefallen war und erntete ein „Aber warum freut sich Alex nicht einfach darüber, dass wir etwas verändern wollen?“ eine berechtigte Frage, wie ich fand.
„Weil sie gerade durcheinander ist und nicht das große Ganze überblickt. Dazu kommt, dass ich wohl bei ihr den Eindruck erweckt habe, nunja, nicht auf ihrer Seite zu stehen!“ jetzt war ich es, der leise wurde.
In Alex Augen musste es wahrscheinlich wirklich so aussehen, als wäre ich nicht ihrer Meinung. Ohne weiter mit meiner kleinen Schwester zu reden, ging ich in den Garten und weiter durch zu der alten Weideneiche.
Von weitem sah ich, wie sich neben Alex etwas in Nebel auflöste! Also hatte mein Vater schon mit ihr gesprochen und ich hoffte, er hatte sie etwas zur Vernunft bringen können!
Langsam ging ich auf die Bank zu, auf welcher meine Frau Platz genommen hatte und ihre Hände auf ihrem Bauch ruhen ließ.
In ihrer Stimme klang Verwirrung mit, aber sie erzählte von meinem anderen Sohn und was wir planten.
Plötzlich schien es, als würde sie mich hinter sich spüren und fragte in einem recht kühlen Ton „Haytham, was gibt es?“ Ich setzte mich einfach neben sie mit einem tiefen Seufzen und fragte, was da gerade los war. Warum sie so reagiert hatte, da ich in diesem Moment ratlos war.
„Ich weiß es nicht! Der Gedanke ist für mich nicht auszuhalten, dass … Haytham, sie kaufen eine von Sklaven bearbeitete Plantage! Und bis die Änderungen in Kraft treten können, werden diese Menschen weiterhin geknechtet, geschlagen oder schlimmeres! Ich kann das nicht ertragen...“
Auf ihren Wangen sah ich wieder Tränen und ihr Blick heftete sich auf den Fluss, sie wandte sich mir nicht zu.
Mit einem erneuten tiefe Seufzen versuchte ich das Ganze noch weiter zu erklären. „Dimitri wird in den nächsten Wochen bereits dafür sorgen, dass die Aufseher verschwinden und er wird versuchen, sich mit den dortigen Sklaven zu verständigen. Vergiss nicht, auch sie müssen erst einmal Vertrauen aufbauen, bevor sie frei sein können, oder nicht? Auch sie benötigen Zeit dafür. Und wenn du das nicht glauben willst, solltest du regelmäßig dort vorbeischauen und dir ein eigenes Bild machen. Doch ich denke, man kann dem Russen vertrauen, er besitzt Durchsetzungsvermögen und wird sich ebenfalls nicht an dem Leid der Menschen laben. Im Gegenteil!“ ich hatte Alex´ Hand ergriffen und versuchte so dem Ganzen Nachdruck zu verleihen!
Wenn ich mit Verständnis gerechnet hatte, wurde ich nun enttäuscht. „Wenn du meinst!“ kam es in einem mehr als gelangweilten Ton, welcher mich jetzt veranlasste, aufzustehen und zu gehen.
Sie musste mit ihren Gefühlen alleine zurecht kommen... Plötzlich griff sie nach mir und sah mich bittend an.
„Geh nicht, bitte! Ich bin verwirrt und weiß nicht wohin mit mir, mit meinen Gefühlen und...“ und es brach erneut eine ganze Flut an Tränen aus ihr heraus.
Was in Gottes Namen machte diese Frau nur gerade durch? Ich hielt sie fest und versicherte ihr ebenfalls, dass ich nach dem Rechten sehen werde und einschreite, sobald mir etwas auf der Plantage nicht passen würde!
Als sie sich etwas beruhigt hatte, fragte sie mich traurig „Warum hast du aber vorhin so reagiert? Es war, als ständest du nicht auf meiner Seite, mi amor?“
Ich hatte also wirklich diesen Eindruck erweckt, das war eigentlich nicht meine Absicht gewesen!
Ich versuchte meiner Frau zu erklären, dass ihr Ton einfach unangebracht war und dass sie in diesem Zusammenhang noch lernen musste, ihre Gefühle zu zügeln. Gerade wenn es um politische Ansichten ging, wie hier mit den Beschäftigten einer Plantage!
Aber ich versicherte ihr wiederholt, dass ich hinter ihr stehe und sie nie fallen lassen würde!
„Dann werde ich wohl mal mit Lucius reden.“ kam es kleinlaut aus ihrem Mund und ich musste etwas schmunzeln, weil auch eine gehörige Portion schlechtes Gewissen zu hören war.
Ja, sie sollte das Gespräch mit Master Williams suchen. Langsam gingen wir wieder hinein und im Salon trafen wir ihn wieder an, als er gerade mit seiner Tochter diskutierte. Alex bat ihn mit in ihr Arbeitszimmer, was Faith jedoch mit einem fragenden Blick quittierte, welchen meine Frau ignorierte.
„Haytham, was wird das jetzt? Mein Vater war außer sich gerade und das nur, weil Alex ihn im Grunde schon als einen Sklaventreiber hingestellt hat.“ ihre Worte waren zornig, aber ich konnte ihr den Wind aus den Segeln nehmen und berichtete ihr aus meiner Sicht das Gespräch.
„Ich will hoffen, dass sie sich wieder fängt. Sie kann doch nicht ernsthaft glauben, dass ich so etwas wie Sklavenhaltung dulde!“ Auch Shay versuchte sich einen Reim auf das Ganze zu machen, aber wir sollten jetzt abwarten.
Es dauerte auch nicht lange, da erschienen die beiden wieder hier unten und man sah, sie hatten eine Übereinkunft.
Alex würde mit Dimitri gemeinsam über die angehenden Arbeiten wachen, gerade auch, weil der Russe hier wegen seiner Waren regelmäßig zu Gast sein würde.
Etwas beruhigter konnten wir nun den Tag ausklingen lassen.
Später im Schlafzimmer hatte sich Alex wie immer an mich geschmiegt und ich war zu neugierig, also fragte ich, ob mein Vater tatsächlich vorhin ebenfalls mit ihr gesprochen hatte.
„Ja, auch er hat mir alles noch einmal dargelegt und erklärt. Er hat mich ermahnt, immer mal wieder für meine eigene Ruhe zu sorgen, da er nicht möchte, dass es seinem Enkel in meinem Bauch schlecht ginge.“
Gespielt mahnend meinte ich dann „Also, Mistress Kenway! Ab jetzt ist für euch jede Aufregung untersagt!“ und über ihren Körper lief ein Schauer.
Ich sorgte jedoch für eine Aufregung, welche meine Frau mit wohligem Stöhnen und meinem Namen auf den Lippen entspannen ließ. Sie fühlte sich seit der Schwangerschaft einfach fantastisch an!
„Ich liebe dich, mi amor!“ hörte ich sie leise sagen, als ich uns zugedeckt hatte und Alex nahm mich wieder mit Arm und Bein in Besitz.
Wir würden uns nie wieder gehen lassen, komme was da wolle!
* Aminata ist eine Figur aus der Fanfiction "Jeder will die Welt beherrschen" vom Todesengel222! Im angefügten Link ist der Abschnitt, in welcher die Dame ins Spiel kommt, damit ihr wisst, WER gemeint ist! (ich selber werde sie nicht weiter in meiner eigenen Story mit drin haben.)
Wenn ich jetzt sage, dass ich meine Frau von Zeit zu Zeit verflucht habe, komme ich mir schäbig vor. Doch in diesen ersten Monaten war es nicht immer leicht für mich, ruhig zu bleiben. Ich gab mein Bestes und versuchte sie zu unterstützen, lernte für mich dazu, aber immer wieder hatte ich den Eindruck, es wäre nicht genug für sie.
Umgekehrt muss ich sagen, habe ich bemerkt, dass Alex oft einfach ihre Gefühle nicht zügeln konnte. Ihr schlechtes Gewissen war oft zu spüren oder auch zu sehen, wenn sie mal wieder versuchte mich zu besänftigen.
Im Grunde wuchsen wir gerade noch enger zusammen und lernten den anderen wesentlich intensiver kennen, als ohne diese Schwangerschaft.
Ihre Launen legten sich aber nach und nach, dafür traten Essgewohnheiten an den Tag, bei denen ich mich arg zusammenreißen musste, weil die Kombination widerlich war! „Mi amor, es schmeckt aber wirklich großartig, glaub mir!“ bekam ich immer wieder von meiner Frau zu hören!
Alex hatte mittlerweile auch ausgerechnet, wann unser Kind ungefähr zur Welt kommen würde und ich war so euphorisch mit einem Male, weil es eventuell zu meinem Geburtstag soweit sein könnte. Innerlich hoffte ich natürlich darauf, es wäre fantastisch und das ließ ich Alex auch wissen, nicht nur einmal!
Der Arzt, welcher vor ein paar Wochen hier war, um sie zu untersuchen, war mehr als erstaunt über das Wissen meiner Frau.
„Master Kenway, eure Gattin besitzt schon fast das Wissen einer Heilerin! Man könnte den Eindruck gewinnen, ihr bräuchtet mich gar nicht!“ lachte er bei seiner Verabschiedung! Nunja, in Alex´ Zeit schien man vieles als Allgemeinwissen vermittelt zu bekommen. Wie immer fand ich diesen Gedanken mehr als spannend.
Ich hatte jetzt mit der ersten Erntezeit zu tun und versuchte alles unter einen Hut zu bekommen.
Vor ein paar Tagen, es war nach dem Frühstück, wollte ich mich bei Alex verabschieden und trat auf die hintere Terrasse, da sah ich wie sie versonnen barfuß auf dem Rasen stand und ihren Bauch hielt! Dieser Anblick war mal wieder einer dieser Momente, welcher einfach wunderschön war, aber auch einer, in denen ich ein wenig eifersüchtig wurde.
Alex konnte unser Kind fühlen, seine Nähe wahrnehmen, die Bewegungen innerlich spüren und man sah, wie sie es genoss. Ich legte wortlos meine Hände von hinten um ihren Bauch und hielt die beiden fest. „Das tut gut, mi amor!“ kam es leise und meine Frau lehnte sich an mich.
Gestern erhielt ich einen Brief meiner großen Schwester aus London, sie teilte ihre Freude über meine Hochzeit mit und beglückwünschte mich zur Vaterschaft!
Bruder,
ich bin ehrlich etwas sprachlos, dass ist doch alles sehr überraschend! Dennoch freue ich mich für dich und deine Frau!
Und wenn ich ehrlich sein darf, ich würde sie gerne wiedersehen! Es ist mir ein Bedürfnis, die Frau erneut in den Arm nehmen zu können, welche uns eigentlich hätte schützen können, es aber nicht durfte. Ich verstehe ihre Beweggründe und auch, dass sie so überstürzt damals abreiste. Vater hat immer wohlwollend und in einem doch recht liebevollen Ton von ihr gesprochen.
Ich erinnere mich, als er mir von Alexandras Auftauchen im Old Avery in Nassau berichtete oder von der Expedition auf Great Inagua! Sie hat so viel mit Vater erlebt, was uns verwehrt blieb! Auch wenn es nur kurz war, deine Frau hat ihn besser gekannt als wir, vermute ich einfach!
Sei nicht eifersüchtig, es ist lange vorbei! Bedenke, dass sie dich geheiratet hat und ihr nun ein Kind erwartet! Innerlich könnte ich platzen, weil ich wissen will, wie mein Neffe oder meine Nichte aussieht, nach wem er oder sie kommt!
Ihr seid hier immer willkommen, dass weißt du Haytham. Dein Zimmer steht dir immer zur Verfügung und ich habe sogar vom Dachboden einige deiner Spielzeuge herunterbringen lassen. Vielleicht könnt ihr es ja weitergeben, im Grunde wäre es schön, wenn ihr einen Sohn bekommt.
Ich habe noch ein paar Zeilen an Alex beigelegt, bitte gebe sie weiter und du kannst sie ruhig lesen. Es ist keine geheime Botschaft enthalten. Haytham, ich sehe dich vor mir, wie du schon wieder das Gesicht verziehst bei diesem Gedanken.
Alex hat mir einige Ratschläge erteilt, welche ich in den schlimmen Tagen für mich nutzen konnte. Halte an dieser Frau fest, sie weiß, was sie will und wird dir sicherlich unerschütterlich zur Seite stehen!
In Liebe,
deine Schwester Jennifer
Wo der Brief noch unpersönlich begann, endete er weitaus inniger, als je zuvor. Ich befürchte aber, dass ich mich Jenny nie weiter annähern kann, da uns zu viel entzweit. Nur unser Vater ist uns gemein, sonst nichts! Oder habe ich etwas übersehen?
Als meine Frau die Zeilen gelesen hatte, welche meine Schwester für sie geschickt hatte, brach sie in Tränen aus und ich sah wieder einmal dieses schlechte Gewissen! Sie machte sich Vorwürfe, Jenny nicht geholfen zu haben, meinen Vater im Stich gelassen zu haben und im Grunde uns alle ins Verderben gestürzt zu haben.
Doch all mein Zureden brachte nichts, das konnte ich spüren. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass Alex diese Reise für sich und ihren inneren Frieden antreten musste! Bis dahin... würde noch einige Zeit vergehen. Leider konnten wir nun fürs erste nicht mehr reisen.
Nachdem meine Frau einen wütenden Brief von Madame De L´Isle erhalten hatte im Juli, war sie immer unruhiger geworden. Ich wusste, diese Frau war doch recht skrupellos und hatte einen hohen Rang im Templerorden inne.
Madeleine war außer sich, dass man sie übergangen hatte, was die Geschäftspartner anging und sie war nicht gewillt, Alex als ebenbürtig zu betrachten. Ihre Schimpftiraden in dem Schreiben waren eindeutig und … ich möchte sie hier einfach nicht wiedergeben.
Alex erzählte mir davon und wir mussten eine Reise nach New Orleans planen, besser gesagt, sie hatte es schon vorbereitet, wie es ihre Art nun mal war. Ganz geheuer war es mir nicht, da die Stürme in der Region um diese Jahreszeit ziemlich willkürlich sein konnten. Jedoch waren Madame De L´Isles Anweisungen klar, sie hätte ja nicht Ewigkeiten Zeit und wollte wissen, wer sich hinter der Preußin verbirgt!
Jetzt standen wir bei der Jackdaw, bereit aufzubrechen und ich hörte ein erleichtertes Seufzen, was mich neugierig machte.
„Ich bin nur froh, dass unser Kind hier in Virginia zur Welt kommt!“ Im Grunde war es doch egal, oder nicht? „Nein, ist es nicht. Ich möchte, dass unser Kind dort zur Welt kommt, wo es auch aufwachsen und leben wird!“ wieder einmal war ich über ihre Gedanken, welche sich als sehr bodenständig herausstellten, erstaunt. Trotzdem beließ ich es dabei und wir brachen auf.
Während der Fahrt dorthin hatten wir einige Turbulenzen, jedoch hielten sie sich in Grenzen, was alle freute.
Im Hafen von New Orleans konnte man die Präsenz der Spanier deutlich sehen und mich überkam ein doch recht mulmiges Gefühl. Wie immer versuchten die verschiedenen Königreiche sich Land zu sichern, obwohl hier eigentlich eindeutig der französische Einfluss zu spüren war.
Man würde abwarten müssen, aber ich sah, dass auch Alex genau über dieses Thema nachdachte! Natürlich hatte sie Kenntnis, wie es hier bald zugehen wird und ich konnte nur ein resigniertes Seufzen von mir geben.
Wir hatten kaum einen Fuß auf festem Boden, da kam uns schon ein Herr entgegen, welcher uns zum Anwesen von Familie de Granpré und De L´Isle bringen sollte. Somit hatten wir keine Verschnaufpause, was besonders Alex zu verärgern schien, verständlich in ihrem Zustand. Sie war durchgeschwitzt und konnte kaum laufen in ihren Schuhen, dennoch hielt sie sich wacker.
Beim Anwesen wurden wir in den Salon geführt und man hieß uns warten. WARTEN... es waren gefühlte Stunden und innerlich wurde ich immer ungehaltener, weil diese Frau absichtlich diese Verzögerung herbeirief.
Meine Abneigung ihr gegenüber wuchs, obwohl ich bisher immer nur von ihr gelesen hatte, oder eben Erzählungen gelauscht hatte. ALLE waren jedoch der einstimmigen Überzeugung, dass Madeleine eine gewisse Ungehobeltheit an den Tag legte, weil sie sich ihrer Position zu sicher war! Vielleicht konnten wir sie ja von ihrem hohen Ross heute holen. Ich hoffte es.
Als dann die Hausherrin die Güte hatte, hier zu erscheinen, ließ mich meine gute Erziehung sie entsprechend begrüßen. Ich stellte meine Frau vor und mich ebenso. Mit einem gewissen Widerwillen reichte sie uns ihre Hand, was weder mir noch Alex entging. Nun gut, wir würden darüber hinwegsehen, fürs Erste möchte ich betonen!
Ihre Worte waren ihrem Brief angepasst „Mistress Kenway, da seid ihr ja endlich. Das wurde auch Zeit, wenn ich das so sagen darf. Was fällt euch ein, euch in meine Geschäfte einzumischen! Ich suche mir meine Partner lieber selber aus und ganz sicher würde ich niemals...“ Sie fiel mit der Tür ins Haus, eigentlich eine Eigenschaft, welche Alex entgegen kam, doch in diesem Falle war sie mehr als unangebracht!
„Ah, unsere Gäste sind eingetroffen.“ Monsieur de Granpré erschien mit diesen Worten! „Mistress Kenway, Master Kenway. Ich freue mich, euch hier begrüßen zu dürfen. Ihr müsst meine Gattin entschuldigen, sie fühlte sich einfach völlig überrannt, als sie von den neuen Geschäftspartnern erfuhr.“ Seine Worte klangen entschuldigend.
Meine Frau hatte ebenso den gleichen Gedanken und tat es ohne Umschweife kund, leise und bestimmt!
„Ich denke, ihr müsst euch nicht für eure Frau entschuldigen, Monsieur de Grandpré. Ich hätte früher selber daran denken können. Doch leider verhinderten persönliche Ereignisse einfach diese Reise und ein entsprechendes Gespräch. Und auch Mrs. Cormac hat sich nichts dabei gedacht, da ich bisher auch immer zuverlässig gearbeitet habe!“
Nun wurden die Getränke gereicht und ich sah, wie Alex den Alkohol hinaus schmeckte. Seit sie schwanger war, verzichtete sie völlig darauf und bat um einen Tee.
„Verzeiht, aber hättet ihr einen Tee für mich. Ich erwarte ein Kind, da sind diese Getränke leider ungeeignet für mich, weil ich sie nicht mehr vertrage.“
Augen rollend orderte Madame De L´Isle diesen für sie. Kurz darauf waren wir dann alle versorgt und Madeleine begann ihrem Unmut weiter Luft zu machen.
„Mistress Kenway, wie ich hörte, habt ihr noch weitere Geschäftspartner mit ins Boot holen können?“ ihr Ton war hierbei unterkühlt, trotz der draußen vorherrschenden Temperaturen.
„Ja, einer der wichtigsten ist Master Elias Lestrange. Ein Schmuckhändler seit Generationen und sehr zuverlässig, Madame De L´Isle. Ich hoffe in Zukunft, wenn wir unter anderem dann auch nach London reisen, noch weitere geschäftliche Beziehungen eingehen zu können. Ich würde das Geschäft gerne erweitern und ausbauen.“
Alex sprach den Kaffee an, welcher das Sortiment bereichern sollte. Ebenso erzählte sie von den lukrativen Einnahmen durch den Tabak- und Weizenhandel! Aber die Templerin vor uns war nicht leicht zu beeindrucken, im Gegenteil, ihre nächsten Worte waren kalt und mit einer gehörigen Portion Missfallen gespickt!
„Mrs. Cormac hatte auch schon dahingehend etwas angedeutet. Mir ist nicht wohl dabei, euch in meine Liste von Händlern mit aufzunehmen, Mistress Kenway. Euer Geschäftssinn mag beachtenswert sein, dennoch kenne ich euch nicht.“ und damit hatte sie bei meiner Frau einen wunden Nerv getroffen, welche auch gleich entsprechend reagierte.
„Dann solltet ihr euch nach einer anderen Transportmöglichkeit in Zukunft für den Wein und die anderen Waren umsehen, Madame De L´Isle. Ich bin nicht gewillt, mit euch zu handeln, wenn ihr euch an mir als Person stört.“ ich konnte spüren, wie Alex sich komplett zurückgezogen hatte! Wir hatten die Macht über die Schiffe, Madame De L´Isle besaß keine eigenen Handelsschiffe, nur ihr Mann!
Ich versuchte meinerseits noch einmal den Handel in ein positives Licht zu rücken. „Madame De L´Isle, niemand ist gewillt, diesen Handel abzubrechen. Auch wenn ihr sicherlich schnell eine andere Transportmöglichkeit finden werdet, davon bin ich überzeugt. Doch bedenkt die letzten Jahre der guten Zusammenarbeit und bisher ist alles zu eurer Zufriedenheit zum Abschluss gekommen. Oder seht ihr das anders? Zumal ihr in der Vergangenheit zusätzlichen Schutz hattet durch unsere Flotte!“ Meine Worte stießen, wie es schien, auf taube Ohren. Für einen Moment herrschte Stille, in welcher Madeleine uns immer wieder missbilligend musterte.
Plötzlich hörten wir ein zähneknirschendes „Ich denke, ich sollte es auf einen Versuch ankommen lassen, Master Kenway. Mistress Kenway, aber seid versichert, dass ich in Zukunft nicht noch einmal so vor vollendete Tatsachen gestellt werden möchte. Mein Einfluss ist weitreichend bekannt und auch ich kann euch durchaus schaden!“
Dieser Satz war ein gefundenes Fressen für meine Frau. Sie verlor die Geduld, sprang auf und funkelte ihr Gegenüber grimmig an.
Auf ihre bissige Frage, womit sie so eine unverschämte Art verdient hätte, bekam sie auch eine Antwort. Madeleine ging es unter anderem um die fragwürdige Herkunft meiner Frau und wie sie in den Besitz der Jackdaw gekommen ist. Nichts leichter als das, dachte ich und tischte den beiden nun die alte Geschichte wie damals allen anderen schon auf.
Als Alex dann noch meinte, sie hätte dadurch den Vorteil, dass sie wisse, wie sie sich unter solchen „Schurken“ verhalten musste, fragte die Dame, ob sie überhaupt mal wieder in Nassau gewesen sei.
Wir mussten es beide verneinen, würden aber sicherlich, wenn unser Nachwuchs auf der Welt war, einmal dorthin segeln. Ich selber, wie gesagt, war auch noch nicht dort!
Jetzt war es Monsieur de Grandpré, welcher etwas verhalten fragte, wann es denn soweit wäre mit unserem Kind. „Wir vermuten Anfang Dezember.“ meinte Alex leise.
„Dann sollten wir auf den baldigen Nachwuchs und weitere erfolgreiche Geschäfte anstoßen, was meinst du, Madeleine?“ Der Hausherr sah seiner Gattin lange in die Augen und dann änderte sich ihre Haltung etwas, sie entspannte sich. Er hätte Recht und sie würde sich freuen, wenn wir in regelmäßigem persönlichen Kontakt blieben.
Das ließe sich sicherlich einrichten, also luden wir sie zu uns nach Virginia ein. Dort konnten sich die Eheleute auch gleich ein Bild von den Lagern und unserem „Geschäftssinn“ machen.
Alex besprach mit Monsieur de Granpré den neuen Geschäftszweig des Kaffees, was nicht ganz uneigennützig war, vermutete ich schmunzelnd.
Ich hingegen unterhielt mich mit Madeleine über die Probleme, welche sie mit einigen windigen Unterhändlern hatte. Ihr Wein war mehrmals gestreckt worden, oder gar ganz ausgetauscht worden! Sie hatte alle Hände voll zu tun, alles immer und immer wieder in Ordnung zu bringen!
Man lud uns noch zum Abendessen ein und ich sah, dass meine Frau dankbar dafür war. Als wir gerade beim Nachtisch waren, erschien Avéline und begrüßte uns herzlich. Sie hatte sich zu einer hübschen jungen Dame entwickelt, wie ich feststellte und hatte sicherlich genügend Verehrer.
„Darf ich euch dann auch einmal begleiten, Vater?“ Ihr Vater begrüßte es natürlich, so konnte sie in seine Fußstapfen treten und das Geschäft sicherlich später auch übernehmen.
Etwas in ihren Augen sagte mir aber, dass es nicht ganz so nach ihrem Geschmack war. Aber sie war gut erzogen und ließ es sich nicht weiter anmerken!
Als wir auf dem Weg zu unserer Herberge waren, kam ich mit Alex auf das Thema der immer mehr vordrängenden Spanier hier und dass es sicherlich auch bald zu Auseinandersetzungen kommen wird. Da stimmte sie mir ohne Umschweife auch zu und merkte an, dass sie hoffte, dass unsere Kinder nie solche Schwierigkeiten erleben würden. Leider kämen wir aber nicht daran vorbei, ging es mir durch den Kopf.
In unserem Zimmer angekommen, half Magda meiner Frau in ein Nachthemd zu kommen und dann saß sie seufzend auf dem Bett. Ich bat sie, sich einfach hinzulegen, der Tag war anstrengend genug.
„Anstrengend und aufregend. Dein Sohn ist jetzt gerade wachgeworden und... aua!“ jaulte sie auf und griff sich in die Seite.
Da würde jemand später sehr nachtaktiv sein, vermutete ich einfach und erntete ein
„Ich hoffe es nicht, ich hätte schon ganz gerne die Nächte zum Schlafen, mi amor.“ Während ich fragte, ob sie das ernst meinte mit dem Schlafen, ließ ich meine Hand über ihren Körper auf Wanderschaft gehen.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber mach ruhig weiter. Vielleicht fällt es mir dann ein, mi amor!“ kam es leicht atemlos aus ihrem Mund und wir waren uns einig, dass man die Nacht auch anders nutzen konnte.
Wir hatten unsere Unterkunft für eine Woche angemietet, nur um auf Nummer sicher zu gehen. Also wollten wir wenigstens heute noch den Tag mit einem Gang durch die Stadt verbringen.
Alex hatte ein Bekleidungsgeschäft von Faith empfohlen bekommen. Mit einer Kutsche ließen wir uns dorthin bringen, da der Weg zu Fuß zu weit gewesen wäre für meine Frau!
Sie erstand einigen Stoff, ließ sich die Schnittmuster kopieren und besprach die Preise. Es war wirklich sehr erlesene Seide und Baumwolle darunter und ich freute mich auf die neue Garderobe, welche aber bis nach der Geburt warten musste.
Wieder an der frischen Luft gingen wir über den naheliegenden Markt, wo ich an einem kleinen Stand zwei Bücher erstand. Don Quijote und Amadis de Gaula. Die Verkäuferin starrte mich entgeistert an, als ich in meinem höflichsten Spanisch sie darauf hinwies, dass ich wüsste, worum es in diesen Büchern ginge.
Und ich könnte sie auf unserer Rückreise nutzen, Alex damit etwas vom Spanischen beizubringen. Bisher waren wir nicht dazu gekommen, genauso wie mir durch den Kopf ging, dass sie auch meine Tagebücher noch nicht begonnen hatte zu lesen! Wir würden sicherlich später dazu kommen und ich werde meine Frau beizeiten darauf ansprechen!
In einer kleinen Schmiede blieb ich wie angewurzelt stehen und sah an der Wand ein wunderschönes Kurzschwert hängen! Es war schon älter, aber tadellos in Schuss, wie ich erfreut feststellte. Ich fragte den Herrn mit der schweren Schürze, was er mir darüber berichten konnte.
„Oh, Mister das hat man mir überlassen, als Pfand, aber nie wieder ausgelöst. Vor etlichen Jahren konnte ein Herr meine Arbeit nicht bezahlen. Wollt ihr es einmal genauer ansehen?“ kam es im Kauderwelsch aus Englisch und Französisch!
Kaum dass ich die Klinge in Händen hielt, wusste ich, dass dieses Schwert meinem Sohn gehören sollte! Der Schmied verlangte 10 Schilling dafür, was ich für angemessen hielt, wenn ich ehrlich bin.
„Seit wann bist so entscheidungsfreudig, mi amor? Normalerweise hättest du länger für die Verhandlungen gebraucht.“ hörte ich die ungläubige Stimme meiner Frau. Auch ich änderte mich immer mehr und hatte feststellen müssen, dass man nicht immer alles analysieren muss. Dies hier war nun ein Spontankauf, welchen ich definitiv NICHT bereuen werde, da es eine Investition für meinen Sohn darstellte!
Aber es wurde Zeit, dass meine Frau sich ausruhen konnte, da ich sah, dass sie blass geworden war und bei jedem Schritt gequält die Luft einsog.
So fuhren wir in die Herberge und aßen zu Mittag. Anschließend konnte Alex sich ausruhen und genoss es, dass ich ihre Füße massierte. Ihr Geräusche dabei waren mehr als zweideutig und ließen mich grinsen! Nachdem wir uns dann frisch gemacht hatten, beschlossen wir, noch einmal loszuziehen.
Leider war es nur ein kurzer Ausflug, da meine Frau plötzlich mit dem Kreislauf zu tun bekam und ich sie gerade noch in eine Kutsche setzen konnte, ehe sie mir zusammenbrach.
So machten wir uns einfach auf den Rückweg und beschlossen, am morgigen Tag wieder abzureisen. Wir hatten ja auch alles soweit besprochen und von Madeleine hatten wir heute früh einen Brief erhalten. Ihre Worte darin waren freundlich, sie freue sich auf den Besuch im Winter bei uns daheim. Und es waren die üblichen Plaudereien enthalten, so dass Alex einige Male verwundert über die Seite las!
Umgekehrt ließen wir die Eheleute wissen, dass wir früher als geplant aufbrechen werden, aufgrund von gesundheitlichen Problemen.
Dann endlich standen wir am nächsten Morgen an Deck der Jackdaw, alles war verstaut und Abreise bereit.
„Mistress Kenway, ich weiß, es geht gerade nicht. Ich frage mich jedoch, ob wir wirklich irgendwann einmal nach Nassau kommen werden.“ kam es aufgeregt von unserem ersten Maat. Alex erklärte ihm dann auch noch einmal, dass wir planten beizeiten dorthin zu segeln, aber erst, wenn unser Nachwuchs alt genug war. Bei diesen Worten lief ein breites Grinsen über sein Gesicht und ich konnte mir denken, er hatte Bilder von wilden, trunkenen Piraten im Kopf!
Wir waren vor zwei Wochen heile hier wieder angekommen und waren von den schlimmsten Katastrophen verschont geblieben. Doch kaum wieder zuhause, wartete der Alltag auf uns!
Eines Abends beim Essen, erzählte mir meine Frau dann von ihren Ergebnissen des Kampftrainings mit den Pächterfrauen.
„Haytham, du glaubst gar nicht, wie sich diese Damen alle verändert haben. Sie sind selbstsicherer und verfügen über einen gewissen Tatendrang plötzlich, welcher einfach faszinierend ist!“ ihr ganzes Gesicht strahlte dabei und ich muss gestehen, in den letzten Wochen sah sie oft so aus! Sie blühte regelrecht auf und ich musste mir eingestehen, dass auch Alex körperlich arbeiten musste, um einen Ausgleich für sich und ihren Geist zu haben. Mir ging es oft nicht anders, im Gegensatz zu meiner Frau hatte ich aber die Arbeit in den Lagern und auf den Feldern.
Ich half, wo ich konnte und verausgabte mich oft so sehr, dass ich einfach nach dem Abendessen ins Bett fiel und einschlief.
Des öfteren hörte ich dann ein frustriertes Seufzen meiner Frau, welche noch andere Aktivitäten geplant hatte! Während dieser anfänglichen Monate der Schwangerschaft, in welchen Alex oft einfach einschlief, ging es mir ähnlich.
Jetzt aber... vermutlich würde sich jeder Mann glücklich schätzen, doch ich war einfach zu müde. Meine Frau hatte sich aber schnell auf eine Alternative umgestellt und zwar der Morgen, was mir durchaus recht war. So begingen wir sehr oft den Morgen mit der uns beider so schmerzlich vermissten Zweisamkeit, auch wenn ich mich immer mehr mit den Lektionen zurückhielt.
Ich erinnere mich noch an ein Dinner bei den Donovans, welches Alex erst gar nicht wahrnehmen wollte, weil sie sich wie ein Walfisch fühlte. Ihr Bauchumfang war schon nicht zu übersehen, doch ich fand nicht, dass es unästhetisch aussah, im Gegenteil. Sie trug unser Kind unter ihrem Herzen, da war es normal, dass man das irgendwann auch äußerlich sah! Ich war stolz und wollte, dass Alex sich nicht versteckte.
Trotzdem musste ich sie an unsere Verpflichtungen erinnern.
Wenn wir wieder daheim wären könnte sie sich den ganzen Tagen komplett nackt in unserem Bett räkeln! Ich würde ihr sicherlich gerne Gesellschaft leisten. Aber auch dieser Gedanke stimmte sie nicht wirklich friedlich, im Gegenteil.
„Hol deine Gedanken aus der Kloake deiner schmutzigen Gedanken, Haytham Kenway!“
Wir verbrachten einen ruhigen Abend bei den Donovans und ich sah, wie einige der Damen sehnsuchtsvolle Blicke auf Alex´ Bauch warfen.
Ich wusste von einigen der Herren, dass ihre Frauen sich ebenfalls Kinder wünschten, sie aber nicht damit gesegnet wurden. Mir persönlich tat es schon leid, doch ich war in der glücklichen Position, dass wir gerade Nachwuchs erwarteten, weswegen ich vermutlich nicht ganz so neutral daher kam, wie es von mir immer erwartet wurde. Der Alkohol tat seinen Rest muss ich zu meiner Schande gestehen.
„Haytham, ihr müsst aber zugeben, dass ein schwangeres Weib schon sehr anstrengend ist und dazu diese Essgewohnheiten! Ich sag euch, mir wurde bei meiner Gattin des öfteren mehr als übel!“ kam es von einem der Herren, welcher drei Jungs hatte, und alle stimmten mit wissendem Gelächter ein.
„Da habt ihr Recht, auch die Launen zu Beginn sind nicht zu verachten!“ und damit hatten wir ein sehr interessantes Thema, welches uns eine sehr lange Zeit beschäftigte.
Schwankend erhob sich irgendwann der Gastgeber und deutete, es sei schon spät!
Ich erlöste nun meine Frau von dem Geschnatter der anderen Damen und wir verabschiedeten uns für die Nacht. Es war ein langer Tag und eine lange Fahrt und so weiter. Das übliche Gerede und wir gingen hinauf in unser Zimmer.
Als ich mich nun ins Bett fallen ließ, wedelte Alex mit der Hand vor ihrer Nase herum! Das hatte ich völlig vergessen, der Geruch von Zigarrenrauch und Whiskey haftete noch an mir...
„Schon gut, mein Geruchssinn ist nur wesentlich feiner, seit ich schwanger bin. Es wird sich sicher wieder legen!“ kam es gähnend von Alex und sie lehnte sich an mich. Meine Hand legte sich wie selbstverständlich auf ihren Bauch und ich spürte die Bewegungen dort drinnen.
Ich konnte nicht anders, ob es der Alkohol war oder einfach meine sich bahnbrechenden Gefühle, hob ich ihr Nachthemd und küsste ihren Bauch!
Mit einem Male trat unser Kind mit voller Wucht an meine Lippe und ich schrak zurück. Das tat wirklich weh!
„Nicht böse sein, mi amor. Dein Sohn hat dir nur seine Liebe gezeigt.“ Unser Sohn... woher Alex es wirklich wusste, entzog sich meiner Kenntnis, doch tief in mir hoffte ich darauf, das sie Recht behielte!
Am nächsten Morgen reisten wir nach dem Frühstück wieder ab und zuhause in der Eingangshalle ließ Alex umgehend ihre Schuhe einfach von ihren Füssen schnippen und stöhnte wohlig dabei.
Ich konnte mir eine zweideutige Bemerkung, bezüglich dieser Geräusche und unserer nächtlichen Aktivitäten nicht entgehen lassen!
Die Schwangerschaft nahm für mich ungeahnte Dimensionen an, in denen ich immer wieder erfahren musste, dass meine Frau mehr als unleidlich war.
Ihre Stimmungsschwankungen nahmen wieder zu und oft wusste ich gar nicht, was ich falsch gemacht haben könnte.
Mrs. Wallace versuchte mich immer mal wieder aufzuklären, doch vergebens, wenn ich ehrlich sein soll. Ich verstand kein Wort!
Und wenn ich weiterhin ehrlich sein darf, war ich froh, als endlich Faith ihren Besuch ankündigte und ich etwas entlastet wurde.
Leider hatten sogar einige meiner Vertragspartner die Launen meiner Frau abgekommen, was sie alle mit einem wissenden Grinsen abtaten und mich mitleidig ansahen.
Dennoch war es mitunter immer schwieriger, sie bei Laune zu halten und auch meine Ausbrüche waren nicht immer friedlich.
So hatten wir einen kleinen Disput während eines Abendessens, in Zuge dessen eines der Mädchen nicht sofort Alex´ Wunsch nach ihrem Wasser nachkam.
„Verdammt nochmal, ich hatte es vor einer Ewigkeit schon gesagt, das kann doch nicht so schwer sein! Soll ich hier verdursten oder muss ich erst selber zum Brunnen laufen?“ und gerade als Alex sich etwas schwerfällig versuchte zu erheben, meinte ich nur, sie hätte es doch gerade erst vor ein paar Minuten gesagt... aber auch ich wurde nicht verschont!
Sie fuhr mich gleich an, ich wüsste ja gar nicht, wie sie sich gerade fühlen würde. Nein, das wusste ich tatsächlich nicht, wie auch?
Innerlich konnte ich oft nur noch mit den Augen rollen und machte gute Miene zu bösem Spiel, im Grunde stand ich hier auf verlorenem Posten. Niemand konnte mir beistehen, nur Michael mein Kammerdiener hörte sich meine Schimpftiraden an.
Natürlich nur, wenn meine Frau nicht in der Nähe war, sonst würden hier sogar noch Köpfe rollen, dachte ich mir des öfteren.
Dann endlich kamen die Cormacs an und, darf ich es sagen?, ich wäre am liebsten auf die Knie gefallen! Auch wenn ich die Begrüßung nicht guthieß, wie auch Shay mal wieder, waren wir uns ausnahmsweise einig, dass wir unsere Frauen einfach in Ruhe lassen sollten.
Wir verbrachten die Tage nun mit den Berichten über die Geschäfte und das, was nicht mehr in den Briefen zu besprechen war.
Ich zog mich mit Master Cormac ein oder zweimal zurück, einfach nur, weil ich ihm meinen Unmut kundtun musste.
„Haytham, ihr wisst, Frauen sind mitunter nicht immer zu verstehen. Ich habe es ebenso erlebt und muss sagen, sie war zeitweise mehr als unausstehlich. Doch glaubt mir, es wird sich alsbald ändern! Habt Vertrauen!“ diese Worte machten mir wieder etwas Hoffnung und ließen mich meine Frau etwas friedlicher sehen.
Am heutigen Abend war Alex schon zeitig zu Bett gegangen und gerade als ich mir die Füße vertreten wollte, sah ich, wie sie etwas außer Atem an der Treppe stand.
Ich hatte die letzten Wochen immer mehr Angst um sie, um unser Kind und einfach um alles. Meine Sorge mag völlig unbegründet sein, trotzdem war sie in mir und ich wollte meine Frau beschützen!
„Es ist nichts, ich musste nur mal kurz wohin, Haytham. Du kannst unbesorgt wieder zu den anderen gehen.“
Das war mir schon oft aufgefallen, auch mitten in der Nacht, dass sie einfach aufstand und verschwand!
Wieder im Salon erklärte mir Faith, dass das nicht ungewöhnlich ist und ich mir keine Gedanken darüber machen sollte.
„Haytham, dieses Kind nimmt einen großen Platz ein und tritt... nun ja... man muss halt des öfteren wohin! Oder man bekommt einen Tritt in den Magen. Du hast es vorhin erlebt, oder nicht? Da wird es einem schon mal schlecht! Doch es dauert nicht mehr lange. Wenn ich mir Alex und ihren Umfang ansehe, dann werdet ihr bald Eltern sein!“ ihre Hand legte sich beruhigend auf meine und ich war etwas zuversichtlicher.
Heute Morgen wurde ich von Alex´ Bewegungen wach und ich muss zu meiner Schande gestehen, ihr wohlgeformter Hintern schmiegte sich an mich und ich konnte mich nicht zurückhalten.
Also ließ ich meinen eigenen Gefühlen freien Lauf und hörte kurz darauf ein wohliges Stöhnen meiner Frau. Ich hatte nicht einmal Ansatzweise angefangen...
„Dann mach einfach weiter und sieh, was dann passiert!“ raunte sie mir entgegen und ich ließ es mir nicht zweimal sagen!
Wir hatten jetzt für uns Positionen gefunden, in denen wir uns ausleben konnten. So ließ sich Alex auf meinem Schoß nieder und lehnte sich nach hinten, stützte sich auf meine Oberschenkel und … Herr Gott... ihre Bewegungen... es war einfach ein wahnsinnig gutes Gefühl, welches mir zeigte, dass wir immer noch im Einklang waren, auch wenn wir ein paar... Dispute hatten!
Ich hatte mich mit Lektionen zurückgehalten, was mir sehr schwer fiel, doch ich konnte auf meine Frau zählen! Sie würde sie sich wiederholen, wenn ihr danach war!
Doch heute konnte ich mich nicht wirklich beherrschen und nahm mir, was mir gehörte. Alex kniete kurze Zeit später vor mir und ich nahm sie einfach, meine Hand lag in ihrem Nacken und drückte sie aufs Bett. Es musste sein, erklären konnte ich es nicht.
Als ich langsam wieder zu Atem kam, zog ich sie an mich und meine Finger bescherten ihr ebenfalls einen Höhepunkt, welchen sie mit einem spitzen Aufschrei kundtat und dann an mir lehnte. Diese Momente waren immer wieder einzigartig mit meiner Frau!
Leider konnten wir nicht für ewig hier im Bett verweilen, also machten wir uns auf, dass auch wir noch etwas vom Frühstück abbekamen.
Unten im Esszimmer herrschte schon das gewohnte geklärte Chaos, wenn Familie Cormac anwesend war. Nur störte es mich immer weniger, am Anfang war es... nunja, etwas unangenehm, da ich so etwas nicht kannte. Und jetzt war es ein Gefühl von „Zulassen“, unsere Besuche später würden vermutlich ebenso chaotisch von statten gehen mit unserem Nachwuchs!
Apropos... meine Patentochter stand plötzlich vor Alex und sah auf ihren Bauch.
„Tante Alex, kann ich mal meinen Cousin sehen?“ ihre Augen leuchteten und man merkte, sie war wissbegierig.
„Wenn du dich konzentrierst July, dann kannst du zumindest das Leuchten sehen. Versuch es einmal!“
Ein Moment, welcher mir wieder zeigte, dass meine Frau mit Kindern wusste umzugehen. Ihr Instinkt, ihre Art war darauf ausgelegt, da sie wusste, wie man kindgerecht etwas erklärte.
Das ganze versetzte mir jedoch wieder einen kleinen Stich, weil ich so etwas nie kennenlernen konnte, also sog ich alles in mich auf und versuchte es zu verarbeiten!
July hingegen übte ihren Adlerblick, sie sah die Umrisse ihres kleinen Cousins und sprang dann freudig auf meinen Schoß mit den Worten „Dann habe ich bald noch jemanden zum Spielen!“ ich nahm sie in den Arm. Ich freute mich auf diese kommende Zeit, wo die Kinder gemeinsam aufwachsen konnten.
An diesem Dezembertag wurde ich zusehends nervöser, weil Alex immer öfter ihren Rücken hielt, sich unruhig versuchte richtig hinzusetzen... es machte mich wahnsinnig, wenn ich ehrlich sein darf. Gerade als sie wieder bei uns im Salon erschien und sich wieder hin- und herwandt, kam mir Faith zuvor.
„Alex, was ist los? Du bist die ganze Zeit schon unruhig und zappelst so rum!“ meine Worte!
„Es ist nichts, aber so langsam tut mir einfach jeder Knochen weh und diese Rückenschmerzen gehen schon den ganzen Tag nicht weg!“ kam es jammernd und stöhnend von meiner Frau!
Mit einem Satz war meine kleine Schwester aufgesprungen und befahl ihr, umgehend nach oben zu gehen!
Alex und auch ich, sahen sie erschrocken an. Was bitte war jetzt so schlimm an Rückenschmerzen? Meine Frau tat aber, wie ihr gesagt wurde und die beiden Frauen verschwanden nach oben.
Im Augenwinkel bemerkte ich, wie Shays Augen blitzten und ich sah ihn auffordernd an.
„Shay... ihr möchtet etwas sagen?“ fragte ich zögerlich.
„Haytham... also... ich möchte nicht vorgreifen, aber richtet euch auf die Geburt ein!“ mehr sagte er nicht, brauchte er auch nicht. In seinem Blick sah ich eine gewisse Erkenntnis!
Bevor ich jedoch noch näher darauf eingehen konnte, erschien Alex wieder in der Tür, hielt sich schwer atmend dort fest und sah mich atemlos an. Alarmiert stand ich vor ihr und sie gab mir eine Erklärung.
„Unser Sohn macht sich auf den Weg, das waren keine Rückenschmerzen den ganzen Tag! Das waren... AHHHHHHHHHH!“ ihre Hand krallte sich in mein Hemd und auch schmerzhaft in meine Haut!
Plötzlich war ich nicht mehr ich selber, sondern ich folgte nur noch den Worten von einer Person. Fürs erste war es glaube ich Faith!
Man schob uns in unser Schlafzimmer, wo die Mädchen alles vorbereiteten, ich hörte, wie Mrs. Wallace dem Doktor und Mrs. Thrope Bescheid geben ließ.
Meine kleine Schwester fragte mich dann irgendwann, ob ich bei Alex bleiben wollte! Natürlich wollte ich das!
„Dann krempel die Ärmel hoch, Bruder! Du wirst deiner Frau nämlich im wahrsten Sinne des Wortes unter die Arme greifen!“ Dieser resolute Satz machte mir schon ein wenig Angst, weil ich so etwas noch nie erlebt hatte und mich auch niemand instruiert hatte. Doch, Shay hatte es versucht, aber es war eher wie in einem Märchen, da auch er bei keiner Geburt seiner Kinder dabei war!
Die Zeit verging wie in Trance... ich hielt meine Frau, wenn sie wieder eine Wehe hatte. Ich versuchte ihr gut zuzureden, wenn die Schmerzen sie wieder übermannten! Irgendwann bat sie mich, die unteren Rückenwirbel zu massieren und stöhnte dabei als würde ich... doch lassen wir das.
Es müssen Stunden gewesen sein und ich sah diese Frau immer zu auf und ab laufen, unterbrochen von den Wehen, während derer sie sich entweder an mich krallte oder an die Kommode oder den Bettpfosten!
Ihre Kenntnis darüber, wie sie sich selber Erleichterung verschaffen konnte, war erstaunlich und ich konnte etwas aufatmen. Wenn auch nicht immer, es kam im Laufe der Stunden zu immer häufiger werdenden Klammerattacken, weil die Schmerzen wohl ebenfalls weiter zunahmen.
Ich hätte sie Alex gerne abgenommen und zum ersten Mal wurde mir bewusst, was Frauen auf sich nahmen, wenn sie ein Kind erwarteten. Es war nicht einfach mal so das Kind zu gebären, nein... Faith fing an mich aufzuklären! Im Grunde hatte ich nie gewusst, wie eine Frau... also... woher sollte ich das auch wissen! In diesen doch intensiven Momenten mit Alex wurde es mir dann auch klar.
Dann bat meine kleine Schwester Alex sich hinzulegen, weil sie noch einmal kontrollieren wollte, wie weit die Geburt fortgeschritten war! Verlegen drehte ich mich weg und Abbigail sah mich lächelnd an.
„Master Kenway, ihr müsst nicht wegsehen, es ist völlig normal und es ist eure Frau!“ diese Worte taten mir gut und ich folgte ihnen. Ich war kein Arzt und kannte die genaue Anatomie einer Frau nicht, doch fand ich es faszinierend, dass Faith wusste, dass es nun nicht mehr lange dauern würde.
Meine Frau sei bereit, sie müsse sich nur darauf einlassen. In diesem Moment glitt eine gewisse Erleichterung über Alex´ Gesicht und sie erhob sich wieder, begann wieder mit der Wanderung im Schlafzimmer.
Auf meine Frage, ob man nicht etwas gegen die Schmerzen machen konnte, meinte Faith nur, nein, dafür wäre es jetzt zu spät, weil es nicht mehr lange dauern konnte.
Mit einem Male schwang Faith herum und öffnete die Tür.
„Wie spät ist es, Shay?“ brüllte sie hinunter und ich hörte ein „3 Uhr ist es!“ damit schloss sie die Tür. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Bruder!“ ich konnte nicht anders... „Dann hat mein Sohn mit mir zusammen Geburtstag!“
Alex Arme legten sich um meinen Nacken, doch bevor sie normal antworten konnte kam nur ein „Wenn es nach mir geht, auf jeden Faaaaaaaaaaall...!“ damit hatte sie mir dann den Ärmel fast abgerissen, was mich erschreckte! Diese Kräfte waren mir unheimlich!
Plötzlich hielt sie inne, blickte mit großen Augen an sich herunter und dann sah ich ebenfalls diese Pfütze zu ihren Füßen.
„Faith, das war die Fruchtblase!“ mehr kam nicht und ich spürte eine zunehmende Unruhe von Alex.
Sie wanderte noch einige Male hin und her, ließ sich dann aber auf die Knie sinken. Ich setzte mich auf die Bettkante in ihrem Rücken und hielt Alex fest, mehr konnte ich ab jetzt nicht tun!
Die Schmerzen, die Wehen... sie nahmen meine Frau völlig in Anspruch, sie nahm nichts mehr wirklich wahr. Faith musste sie immer wieder ans Atmen erinnern...
„Haytham, wir können den Kopf schon ein bisschen sehen!“ hörte ich Faith mit einem Male und ich sah, wie Alex´ Hand zwischen ihren Schenkel lag. Es war ein Wunder... ich kann es nicht anders beschreiben, nie zuvor hatte ich mir diesen Moment vorstellen können! Und dann kamen plötzlich Verwünschungen, Beschimpfungen und... sehr unflätige Flüche aus dem Mund meiner Frau, welche mich an ihrem geistigen Zustand zweifeln ließen! Faith konnte sich ein Lachen kaum verkneifen und ich muss gestehen, diese Worte machten mir schon Angst.
Doch dann sagte Faith leise zu mir, ich solle auf meinen Sohn sehen. Dieser lag nun zwischen Alex´ Beinen, welche schwer keuchte und versuchte zu Atem zu kommen.
Dieses kleine rosige Häuflein war mein Sohn? Ich ließ mich von der Bettkante gleiten und umfasste meine Frau, welche erst jetzt realisierte, dass unser Kind auf der Welt war. Alex ließ mich los und nahm unseren Sohn auf den Arm, völlig selbstverständlich und obwohl er noch nicht in Tüchern war... dieser Moment war wieder eine Erfahrung mehr, es war natürlich und wir wuchsen in diesem Moment als Familie zusammen.
Faith reichte ein gewärmtes Handtuch vom Kamin und Alex schlang es um unser Kind.
„Ich liebe dich wirklich, mi sol!“ mehr brachte ich nicht zu Stande und ich fühlte, wie mir Tränen der Freude über die Wangen liefen und auf Alex´ Schulter tropften.
Ihr Blick war wieder einmal hinreißend, vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, doch auch ich konnte nicht immer meine Gefühle verbergen!
Wie selbstverständlich lag unser Kind plötzlich an ihrer Brust!
„Da hat schon jemand Durst. Das liegt eindeutig in der Familie!“
Nein, nicht ganz... doch ich musste selber lachen, ganz unrecht hatte sie ja nicht und ich musste auch an Vater denken.
Ich vernahm ein schmerzhaftes Stöhnen von ihr und dann ein friedliches Ausatmen, während unser Sohn zum ersten Mal gestillt wurde.
Doch ich nahm auch wahr, dass Alex wieder Krämpfe hatte, dieses mal jedoch nicht so schmerzhaft wie die Wehen vorher. Abbigail reichte Faith eine Schüssel und man deckte diese zu, als... ich weiß eigentlich nicht, was dort passierte, doch Faith erklärte mir, dass es um die Nachgeburt ginge. Das was unser Kind im Bauch von Alex am Leben hielt!
Diese Vorstellung war schon recht hanebüchen, doch ich nahm es so hin.
Als dann Abbigail wieder im Schlafzimmer erschien und mitteilte, dass alles vollständig sei, konnte ich ein erleichtertes Ausatmen der Damen hier vernehmen. Eine Erklärung von Alex bekam ich noch, ehe sie mir unseren Sohn einfach in den Arm legte.
„Zu viele Frauen sterben in diesem Jahrhundert am Kindbettfieber. Wenn die Nachgeburt nicht ganz aus dem Körper ist, kommt es unter anderem zu Entzündungen!“ Ich war kein Arzt, es klang aber plausibel.
Meine Frau wurde gewaschen, wieder neu eingekleidet, wenn auch nur in ein sauberes Nachthemd und lehnte dann neben mir am Kopfende unseres Bettes.
Wir wurden jedoch jäh unterbrochen, weil der Doktor eingetroffen war! Dieser bat mich dann in einem freundlichen aber bestimmten Ton hinaus. Ich blieb einfach im Ankleidezimmer und wartete. Es dauerte aber nicht lange und er gratulierte mir zu meinem Sohn und zu meinem Geburtstag und dann war er verschwunden!
Ich befürchte ich habe mich in diesen Momenten immer und immer wiederholt! Aber unser Sohn hat mit mir gemeinsam Geburtstag!
„So brauche ich mir nicht so viele verschiedene Daten merken, hat auch etwas positives, mi amor!“ lächelte mich Alex an und gab mir einen Kuss!
Die Mädchen hatten wieder für Ordnung hier gesorgt und ich beneidete sie ehrlich gesagt nicht, für den Berg an Wäsche, welcher nun anstand!
Ich ließ mich neben meiner Frau wieder auf unserem Bett nieder und nahm unseren Sohn auf den Arm. Plötzlich sah sich Alex fragend um.
„Wo soll unser Sohn jetzt schlafen, Haytham?“
Er würde natürlich in seinem Kinderzimmer gegenüber schlafen, ich verstand Alex´ Frage im ersten Moment nicht. Doch ich sollte eine Erklärung bekommen und zwar in einem Ton, welchen ich selten bei meiner Frau erlebt habe.
„Ich soll alle vier Stunden hinüber tapsen, mitten in der Nacht, wenn ich den Kleinen stillen will? Kommt nicht in Frage, er bekommt fürs erste seine Wiege hier in unser Schlafzimmer!“ da sprach die Mutter aus ihr!
„Bevor das noch eskaliert zwischen euch beiden, wir haben noch keinen Namen für den neuen Erdenbürger! Wie soll er heißen?“ Diese Frage von Faith holte uns ins hier und jetzt zurück.
Wir hatten keinen bestimmten Namen festgelegt, einfach immer mal wieder darüber spekuliert, was uns gefallen würde. Nun sah ich in Alex´ Augen plötzlich eine Art Erkenntnis und sie lächelte mich versöhnlich an, nachdem sie vorsichtig über die Wangen unseres Sohnes streichelte.
„Edward Haytham Kenway!“ sie sagte es in einem so liebevollen wie auch ehrfürchtigen Ton, der mich veranlasste ihr einen langen Dankeskuss zu geben!
Er trägt den Namen seines Großvaters und meinen weiter, zudem hat dieser kleine Mensch auch noch mit mir gemeinsam Geburtstag. Ja, ich wiederhole mich!
In mir spürte ich diese Freude, diese Liebe für ihn und meine Frau, meine Gefühle erlebten zum ersten Mal ein wahres Chaos, welches ich kaum bändigen konnte.
„Dann werde ich das mal verkünden und ihr... klärt den Rest, aber bitte leise!“ damit drehte sich meine kleine Schwester um und verkündete auf der Galerie lautstark „Wir haben ein neues Familienmitglied, Edward Haytham hat das Licht der Welt erblickt!“
Zu meinen ganzen Gefühlswirren gesellte sich jetzt auch noch Stolz dazu!
„Haytham, ich bitte dich. Lass Edward hier bei uns für die erste Zeit. Es wird ja nicht für immer sein, doch wenn ich ihn stille, ist es für mich so einfacher und ich will ihn in meiner Nähe haben!“
Ich konnte es im Grunde schon verstehen, trotzdem fiel es mir schwer über meinen anerzogenen Schatten zu springen. Es war eine Unart, dass die Kinder bei den Eltern schliefen. Also machte ich einen weiteren Vorschlag, bezüglich der Kindermädchen, welche ihr Edward dann bringen würden.
Hatte ich mit einer Zustimmung gerechnet, wurde ich enttäuscht und erntete ein entsetztes
„Wie? Du meinst, ich müsste nicht einmal aufstehen? Bei aller Liebe, aber nein. Ich sorge schon für unseren Sohn, gerade Nachts. Tagsüber ist es etwas anderes, da wir ja auch Verpflichtungen haben. Aber... nein, nachts bleibt er hier!“
Mit diesen Worten lehnte sie sich an mich und strich unserem Sohn wieder über die Wange. Da wurde mir bewusst, dass ich von nun an auch selber wieder lernen musste.
Ich musste lernen, mir eine eigene Erziehung anzueignen. Eine, die für Alex und mich einen Kompromiss bot, damit wir nicht in den eingefahrenen Wegen verharren.
Wir würden das gemeinsam aber schaffen und ich wusste tief in mir, dass Alex mich unterstützen und mir helfen wird.
Plötzlich klopfte es zögerlich und Magda trat ein. „Mistress Kenway, es ist Besuch für euch eingetroffen!“ kam es leise von ihr und Alex reagierte etwas unwirsch, was aber in ihrem Zustand meiner Meinung nach verständlich war.
„Wer ist es und dann um diese Uhrzeit?“
„Es ist euer Sohn, also... der Große, meine ich.“ Magda schien plötzlich ein wenig Angst zu haben, noch etwas zu sagen und stammelte diese Worte leise. Mit einem Satz richtete Alex sich auf und sah mich mit großen leuchtenden Augen an. Ich legte ihr Edward in den Arm und sagte, dass ich mit Yannick kurz reden werde.
Auf meine Frage, ober er ruhig hereinkommen könne, weil sie ja nur im Nachthemd hier lag, bekam ich wieder einen kleinen Einblick in die Gepflogenheiten ihrer Zeit.
„Ja, er kennt mich ja auch von zuhause in meinen Schlafsachen, mi amor.“ grinste sie mich breit an!
Also ging ich hinaus und erst jetzt sah ich, wer alles versammelt auf der Galerie stand. Neben Faith und Shay, waren die Kinder ebenso vertreten mit Maggie und ich sah Yannick mit seiner Frau und unserem Enkel ebenfalls dort stehen.
In seinen Augen sah ich, dass er ebenso mit seinen Gefühlen kämpfen musste, als er mich bemerkte. Ich nahm sie alle drei in die Arme und Melissa schluchzte sofort.
„Haytham, wie geht es meiner Mutter? Ist alles gut verlaufen? Kann ich zu ihr? Wie heißt mein kleiner Bruder eigentlich?“ sprudelten die Worte aus ihm heraus!
„Er heißt Edward Haytham, deiner Mutter und ihm geht es gut, sie sind noch ein wenig erschöpft. Und ja, sie wartet schon auf euch!“ und mit einer Handbewegung deutete ich, sie können ruhig eintreten.
Ich selber stand an das Geländer gelehnt da und starrte nach unten!
„Haytham, ist alles in Ordnung? Ich meine, bis auf die Müdigkeit vermutlich.“ sprach Faith mich leise an und ich sah Besorgnis in ihren Augen.
„Mir geht es gut, wirklich. Es ist einfach völlig überwältigend und ich kann gerade meine Gedanken und Gefühle nicht kontrollieren!“ ich sprach im Grunde nur die Wahrheit.
„Was haltet ihr davon, wenn wir alle auf euren Sohn anstoßen und... verzeiht, ich habe noch gar nicht gratuliert!“ kam es entschuldigend von Shay und er schüttelte meine Hand und gratulierte mir überschwänglich zu meinem Geburtstag und meinem Sohn!
Gerade als wir hinunter gehen wollten, erschien Yannick mit klein Alex auf dem Arm, welcher eingeschlafen war.
„Leg ihn in Edwards Kinderzimmer hier nebenan. Und dann sollten wir Shays Vorschlag in die Tat umsetzen. Ich habe mir sicherlich ein Glas guten Whiskeys verdient!“
Solche Ideen habe ich noch nie gehabt, geschweige denn war ich jemand, der sich so schleifen ließ. Aber heute musste es einfach sein.
Die Uhr unten schlug 5 mal und mir wurde bewusst, dass ich nun 24 Stunden wach war, aber kein bisschen Müdigkeit verspürte.
„Das ist noch der Adrenalinpegel, wenn der erst einmal abklingt... aber das weißt du ja selber, Haytham!“ erklärte Faith noch und machte sich daran, Maggie die Kinder zu überlassen und ging dann hinüber ins Gästezimmer. Sie hatte sich definitiv Schlaf verdient, aber ich bedankte mich noch einmal bei ihr.
„Das habe ich doch gerne gemacht, Bruder!“ ein Kuss auf meine Wange und dann war sie verschwunden.
Jetzt war auch Yannick wieder anwesend und so konnten wir hinunter gehen. In meiner Euphorie beschloss ich, den Vorratskeller zu plündern, weil ich tatsächlich in einer gewissen Feierlaune war.
Kurz darauf standen drei Kisten guten irischen Whiskeys im Salon und wir ließen es uns schmecken.
Ich weiß noch, dass wir dann kurze Zeit später die Arbeiter und Angestellten nebenan im Haus weckten und ich ihnen die freudige Botschaft überbrachte, dass ich Vater geworden sei! Wir ließen sie mit uns anstoßen und ab da... ich muss gestehen, ich weiß nicht mehr allzu viel. Shay und Yannick klärten mich noch auf, was jetzt alles auf mich zukommen würde und dass die eigenen Kinder sowieso immer die besten seien...
Irgendwann fand ich mich im Schlafzimmer wieder und einer wütend dreinblickenden Ehefrau gegenüber! Doch sie war nicht alleine, Faith und Melissa standen auch plötzlich mit im Raum und zogen ihre Männer mit hinaus, jede mit ebenfalls einem todbringenden Blick.
Als sie alle das Zimmer verlassen hatten, stand ich etwas unschlüssig vor unserem Bett und betrachtete meine Frau und meinen Sohn.
Dann sah ich vor meinem geistigen Auge Ziio, welche ebenfalls ein Kind auf dem Arm hatte und jetzt brach mein schlechtes Gewissen heraus. Ich ließ mich auf die Knie fallen und ließ meinen angestauten Gefühlen freien Lauf.
Ich hatte aber nicht mit Alex´ Besorgnis gerechnet! Sie strich mir über die Wange und fragte was los sei, irgendwie schämte ich mich und war gewillt, nichts weiter zu sagen. Ich tat es aber trotzdem.
„Dieser Gedanke, dass ich bereits einen Sohn habe, welchen ich aber nie gesehen habe, für den ich nicht da sein konnte. Bin ich deswegen ein schlechter Vater, Alex?“
„Nein, bist du nicht. Du hast es ja nicht gewusst, lediglich geahnt. Dafür kann man dich nicht bestrafen, Haytham. Und wir werden einen Weg finden, dass es keinen Konflikt zwischen dir und deinem anderen Sohn geben wird. Ich habe es dir versprochen!“ diese Worte beruhigten mich und als ich in ihre Augen sah, wusste ich, dass wir das schaffen werden! Ein leises „Danke!“ brachte ich noch heraus, legte mich dann mit auf das Bett und gab ihr noch einen Kuss.
„Vielleicht solltest du jetzt etwas schlafen, mi amor? Wir können ja nachher noch auf deinen, oder besser euren Geburtstag anstoßen.“ hörte ich sie noch sagen, aber es klang eher belustigt und nicht ernstgemeint. Aber mir war irgendwie nicht mehr danach, etwas zu trinken.
Ich erwachte irgendwann am späten Mittag und mein Kopf schien zu platzen! Als ich langsam klarer sehen konnte, fiel mir auf, dass weder Frau noch Kind hier waren. Zu meinem Erstaunen stand aber nun Edwards Wiege am Bett! Etwas mühsam richtete ich mich auf und strich mir durchs Gesicht um die letzte Müdigkeit noch abzustreifen.
Nachdem ich dann ein wenig kaltes Wasser im Gesicht hatte, meine Haare wieder ordentlich waren, dank Michael, welcher mir nun auch noch zu meiner Vaterschaft gratulierte, ging ich hinunter.
Dort erwartete mich das übliche Chaos. Faith zog mich zum Sofa, wo meine Frau mit unserem Sohn auf der Brust eingeschlafen war. Dieses Bild war einfach wunderschön! Vorsichtig nahm ich Edward auf den Arm, damit Faith Alex wecken konnte. Sie sollte vielleicht lieber in unserem Bett ihren Schlaf nachholen.
Mit einem Male fuhr sie erschrocken hoch und rief „Wo ist Edward?“ in ihrem Gesicht sah ich die Panik und mir wurde klar, dass sie soeben wieder diese tiefen Gefühle einer Mutter zeigte. Ich ging mit Edward auf sie zu und sagte, sie bräuchte sich keine Sorgen zu machen.
„Entschuldige, aber … mach so etwas nie wieder sonst...“
Ja, was sonst passieren würde, war mir durchaus bewusst. Ihre Verwünschungen und Flüche hatte ich vorhin durchaus verstanden! Bei diesen Worten, erntete ich großes Gelächter der anderen Herren, sie alle schienen ebenfalls schon einmal verflucht worden zu sein!
Wir verbrachten einen entspannten Nachmittag und feierten ein wenig meinen Geburtstag. Doch weder Yannick noch Shay noch ich rührten etwas alkoholisches an, was uns wissende Blicke unserer Frauen einbrachte.
Jetzt klärte man mich auch auf, warum Mrs. Wallace plötzlich nicht mehr in der Küche zu finden sei, sondern dort ihre Stellung die junge Tabea eingenommen hatte. Sybill war ab jetzt Edwards Kindermädchen, was mich persönlich freute, da ich dieser Frau vertrauen konnte.
Alex erzählte mir die doch recht traurige Geschichte meiner ehemaligen Haushälterin und ich verstand, warum meine Frau so gehandelt hatte. Sybill und ihrem Mann waren drei Kinder geschenkt worden, von denen aber keines das erste Jahr überlebte. Zu allem Übel verstarb ihr geliebter Harold dann auch noch plötzlich bei einem Unfall auf See.
„Es freut mich, dass wir niemand fremdes mehr einstellen müssen, mi sol!“ und gab ihr einen vorsichtigen Kuss!
Das Abendessen kam mir sehr gelegen, mein Magen brauchte dringend feste Nahrung, ebenso die anderen Herren, wie es schien. Während des Essens war Sybill das erste Mal in ihrer neuen Funktion an unserer Seite und ich sah, wie Edward Junior völlig ruhig auf ihrem Arm lag. Nun wurden alle anderen Kinder auch zu Bett gebracht und Alex ging mit Mrs. Wallace ebenfalls hinauf.
Noch war ich nicht in meiner Rolle als Vater angekommen, was Yannick und Shay bemerkten.
„Haytham, es dauert, bis man sich daran gewöhnt hat. Aber mach dir keine Sorgen, du bist ja nicht alleine!“ hörte ich meinen Stiefsohn und der Ire pflichtete ihm bei.
„Glaubt mir, bald ist es in Fleisch und Blut übergangen. Doch so lange Alex den Kleinen stillt, werdet ihr vorerst noch nicht allzu viel zu tun haben.“ grinste er mich an. Vermutlich nicht., ging es mir durch den Kopf.
Es wäre aber keine Herrenrunde, wenn man nicht doch noch auf das Thema Zweisamkeit mit der Ehefrau kommen würde. Man klärte mich auf, dass es nun erst einmal eine gewisse Zeit der Abstinenz geben würde, welche aber überschaubar sei. Vermutlich würde meine Frau mich diesbezüglich auch noch unterrichten.
Wo war sie eigentlich abgeblieben? Melissa und Faith waren bereits wieder unten, doch von meiner Frau fehlte jede Spur.
Mrs. Wallace erschien kurz darauf und flüsterte „Master Kenway, eure Frau ist beim Stillen eures Sohnes eingeschlafen, ich habe sie nicht wecken wollen.“
Ich hatte mich eh schon gefragt, warum Alex noch so wach war, eigentlich hätte sie im Stehen einschlafen müssen.
Ich blieb daher noch hier unten, diese Ruhe wollte ich ihr nun lassen, damit sie sich erholen konnte. Und so erzählte uns Yannick von den Fortschritten, welche unser Enkel machte bezüglich dieser Heilungskräfte. Mittlerweile konnte er es ganz gut kontrollieren und sie arbeiteten weiter daran. Die üblichen Themen durften natürlich auch nicht fehlen und wieder einmal bemerkte ich, wie Yannick etwas einwerfen wollte, Melissa ihn jedoch zurück hielt.
„Es würde mich brennend interessieren, was ihr alles schon wisst!“ etwas gedankenverloren ging dieser Satz an meinen Stiefsohn.
„Vieles hat meine Mutter ja schon erzählt, aber eben nicht alles. Ich weiß, du würdest gerne aufgeklärt werden, aber... das ist unmöglich!“ kam es leise und entschuldigend von ihm. ER konnte ja nichts dafür, es war halt so und ich musste meine Neugierde entsprechend zügeln lernen.
Als es schon kurz vor Mitternacht war, verabschiedete ich mich für die Nacht und ging hinauf. In unserem Schlafzimmer bot sich mir ein hinreißendes Bild, welches ich förmlich in mich aufsaugte. Alex lag voll bekleidet auf dem Bett und hielt Edward immer noch an ihrer Brust, beide aber schliefen tief und fest! Sybill fragte noch, ob wir noch etwas bräuchten, doch ich entließ sie leise für die Nacht.
Ich zog mich aus und legte mich vorsichtig zu meiner Familie. Auf einen Ellbogen gestützt betrachtete ich die beiden jetzt eingehend und versuchte herauszufinden, wem unser Sohn nun eigentlich ähnlich sah.
Er hatte dunkle Haare, so wie ich und klare blaugraue Augen, wie aus einem Reflex zählte ich die Finger und Zehen nach. Ein kleines Meisterwerk, wenn man mich fragt! Aber eine Ähnlichkeit mit einem Familienmitglied fand ich nicht.
Langsam wachte Edward auf, fing an sich zu bewegen und ein leises Weinen war zu hören. Mit einem Male war Alex hellwach und sah sich erschrocken um.
„Mi sol, du bist wieder wach.“ ich gab ihr einen vorsichtigen Kuss.
„Ich muss eingeschlafen sein, das tut mir leid!“ Ihr schlechtes Gewissen war ab und an für mich unverständlich, niemand machte ihr Vorwürfe, im Gegenteil. Diese Ruhestunden brauchte sie nach dieser langen Nacht einfach und damit hat es sich.
Ich sah Alex beim Stillen zu und war fasziniert, was die Natur eigentlich alles möglich gemacht hat.
Meine Frau hatte diesen seligen Ausdruck im Gesicht, welchen ich oft gesehen habe, wenn sie an Yannick dachte oder unseren Enkel. Aber auch während der Schwangerschaft, wenn sie vorsichtig die Hände auf ihren Bauch legte.
Edward hatte einen gesegneten Appetit, grinste sie anschließend und fing an, seine Windel zu wechseln. Dann legte sie mir meinen Sohn in die Arme, welcher mich etwas verschlafen ansah und blinzelte.
Was jetzt kam, war... unfair und ich musste an die Worte von Yannick denken. „Es gibt jetzt eine Abstinenzzeit...“ und meine Frau begann sich langsam zu entkleiden, zu waschen und gerade als sie ihr Nachthemd überstreifte, sah sie zu mir herüber.
Alex ahnte meine völlig unpassenden Gefühle, meine dunklen Augen werden mich wohl verraten haben!
„Haytham... nein. Es tut mir wirklich leid, aber... die nächsten Wochen wirst du auf mich verzichten müssen.“
Alex erklärte mir nun, dass es ungefähr sechs Wochen seien, in denen wir aufeinander verzichten mussten. Umgekehrt bat ich sie jedoch, sich nicht so vor mir zu bewegen, sie wusste doch, wie ich auf sie reagierte. Ich bin halt auch nur ein Mann!
Bei diesen Worten kicherte sie leise und kam zurück zum Bett. Ich ließ es mir aber nicht nehmen, ihr einen langen Kuss zu geben. Alex nahm mir Edward ab und legte ihn vorsichtig in seine Wiege und auch er bekam noch einen Gute-Nacht-Kuss.
Ich drehte die Petroleumlampe herunter und meine Frau schlang Arm und Bein wie gewohnt um mich.
Meine Gedanken jedoch geisterten weiter umher, so richtig wollte mein Kopf nicht zur Ruhe kommen. Ich hatte jetzt zwei Söhne, einen Stiefsohn und sogar ein Enkelkind!
Konnte ich dem ganzen überhaupt gerecht werden? Was passiert, wenn ich in der Erziehung Fehler mache? Was wird aus Edward später einmal werden? Ich atmete tief durch, küsste Alex auf die Stirn und atmete ihren Duft ein.
Wir waren jetzt eine Familie...
Diese ersten Wochen als frischgebackener Vater waren nicht einfach. Weder für mich, noch für meine Frau, geschweige denn für die anderen Besucher.
Mir wurde deutlich vor Augen geführt, dass Alex die wichtigste Person im Moment noch für Edward war, solange sie ihn stillte. Des öfteren hatte ich angemerkt, dass Mrs. Wallace sie entsprechend entlasten sollte, da wir ja auch eigene Verpflichtungen hatten. Trotzdem pochte sie darauf, selber für unseren Sohn sorgen zu können und demonstrierte es mir auch immer wieder. Nachts hatte ich demnach überhaupt kein Mitspracherecht und tagsüber kam es darauf an, was anstand.
Kurz nach Weihnachten mussten wir uns von Yannick und seiner Familie verabschieden, was meiner Frau wieder sehr schwer fiel. Plötzlich wollte ihr Sohn etwas sagen, doch sie verbat ihm rigoros den Mund, mit den Worten, dass sie nicht alles wissen musste und vor allem durfte. Eine letzte Umarmung, dann waren sie wieder in ihrer Zeit! Dieses mal war es ein Abschied auf unbestimmte Zeit, weil wir nicht wussten, wann wir uns wiedersehen würden.
Als Silvester vor der Tür stand, kündigte sich auch der Duke of Ironside mit seiner Gattin an. Ebenso würden noch zwei unserer Nachbarn mit uns feiern, vermutlich, um den Nachwuchs sehen zu können. Der neueste Tratsch musste weiterverbreitet werden.
Familie Cormac blieb noch für ein paar Wochen, auch aus dem einfachen Grund, weil wir weitere Spuren zur Schatulle bekommen hatten. Es waren einige Briefe und Dokumente in unseren Besitz gelangt, nicht immer freiwillig, wie ich den beiliegenden Schreiben des öfteren entnahm. Außerdem konnten sie so den Aufbau der Nachbarplantage im Auge behalten.
Edward entwickelt sich prächtig und ich bin immer noch der Meinung, dass ihm das Stillen sehr gut bekommt! Da sind Alexandra und ich uns einig, auch Faith hatte es schon gesagt, da sie ja Caden auch sehr lange gestillt hatte.
Unser Sohn befand aber in der Neujahrsnacht, dass er dieses Feuerwerk nicht mochte und lauthals anfing zu brüllen. So stand meine Frau mit ihm auf dem Arm im Wintergarten und sah einfach von dort aus zu. Faith gesellte sich zu ihr und wünschte ihr liebevoll ein frohes neues Jahr.
Ich musste tief durchatmend, ebenso wie Shay und wir beide genehmigten uns noch einen kräftigen Schluck des Whiskeys.
„Sir, es ist immer noch seltsam zwischen den beiden!“ meinte der Ire irgendwann völlig gedankenverloren und ich konnte ihm nur zustimmen.
Aber es waren diese, wenn auch seltenen, Momente der Zweisamkeit, in denen mir meine Frau immer wieder ihre Zuneigung zeigte. Nach wie vor umschlang sie mich nachts und hielt mich damit bei sich und umgekehrt ließ ich sie ebenso nicht los.
Auch ließ Alex es sich nicht nehmen, mir die Zeit der Abstinenz etwas zu erleichtern, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war recht ungeduldig in dieser Beziehung, auch wenn ich es nicht gerne laut äußere. Dennoch waren wir ein fast perfekt eingespieltes Team mittlerweile, wohlgemerkt nur FAST!
Am Neujahrsmorgen bat der Duke meine Frau überraschend zu einem Gespräch unter vier Augen, was mich misstrauisch werden ließ. Ich war in alle geschäftlichen Belange mit eingeweiht und wusste um die teils brisanten Frachten, welche Elias in Auftrag gab!
Als beide aus dem Arbeitszimmer von Alex kamen, sah ich, wie sie etwas verunsichert dreinschaute.
Auf meine Frage, ob alles in Ordnung sei, nickte sie lächelnd, doch ich konnte sehen, dass sie über etwas nachdachte. Auch wenn meine Neugierde mal wieder durchzubrechen drohte, hielt ich mich zurück und befasste mich mit einigen Pächterproblemen, zur Ablenkung!
Mit Shay hatte ich einige Kleinigkeiten besprochen, was das Artefakt anbelangte. Wir konnten davon ausgehen, dass sie mittlerweile irgendwo in Europa herumgereicht wurde. Einer unserer Informanten in Spanien hatte dazu etwas aufgeschnappt, als eine große Fregatte aus den Kolonien im Hafen von Madrid anlegte! Es war erschreckend, wie schnell die Assassinen doch von A nach B gelangen konnten! Selbst zwei Kriegsschiffe unserer Templerflotte konnten sie nicht stoppen, geschweige denn, dass diese Schiffe überhaupt gesichtet worden wären. Es war stellenweise wie verhext.
„Master Kenway, macht euch keine Sorgen. Wir werden sie schon noch auftreiben, ich gab euch mein Wort und ich werde es auch halten!“ diese Worte waren mehr als zuversichtlich und ich hoffte, er würde Recht behalten. Bis dahin blieb uns nur der Spur weiter folgen.
Am 12. Januar verabschiedeten wir Familie Cormac, was mir nicht so schwer fiel, im Gegensatz zu Alex. Schon in der Nacht hatte sie geweint und wollte, dass sie noch blieben.
„Warum dauert es noch so lange, bis sie hierherziehen können! Das ist doch echt bescheuert...“ maulte sie herum und war in ihre alte Art gefallen.
Ändern konnten wir es leider nicht, aber es wäre ja in absehbarer Zeit anders, wenn sie hierher zogen! Doch auch Faith und Shay hatten ihre Verpflichtungen, nicht nur mein Auftrag trieb sie an, sondern auch noch die Befehle von Lucius! Sie würden bald nach London aufbrechen, weil sie dort gebraucht wurden, als Vertretung für Lady Melanie und Lion.
Kein Wunder also, dass Alexandra so betrübt war, als wir bei der Morrigan standen und ihnen hinterher winkten. Als die Segel nicht mehr auszumachen waren, stiegen wir wieder in die Kutsche und fuhren zurück. Ab jetzt mussten wir alleine fürs erste zurecht kommen. Doch da war ich zuversichtlich.
Wir hatten ein paar Tage später eine Einladung für einen Empfang bei den Whittners bekommen. Und ich geriet wieder in mein altes Muster, dass das Kindermädchen in dieser Zeit über unseren Sohn wachen wird.
„Ich weiß, Haytham. Aber Sybill wird uns dennoch begleiten und für die Mahlzeiten deines Sohnes kann ich mich ja kurz zurückziehen.“ diese Worte kamen leise, aber bestimmt aus ihrem Mund. Mrs. Wallace ging in ihrer Tätigkeit als Kindermädchen wirklich auf und es war für mich eine Erleichterung, auch weil Edward sie augenscheinlich gern hatte.
Meine Frau überließ ihn für einen Moment Sybill und verschwand in der Küche. Die nächsten Tage mussten besprochen werden, was die Arbeiten im Haus anging und ich ging schweren Herzens in mein Arbeitszimmer. Auf dem Schreibtisch sah ich schon den Stapel an liegengebliebener Papiere, Briefe, Verträge und diverser langweiliger Anfragen! Gerade als ich das erste Schreiben beantwortet hatte, kam meine Frau herein und gab mir einen langen Kuss!
Erstaunt sah ich sie an und fragte grinsend, wofür der wäre!
„Was denn, mi amor? Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich dich liebe!“ Ich liebte diese unkonventionelle und natürliche Art an dieser Frau und antwortete etwas atemlos, ich könne diesen Satz nicht oft genug von ihr hören!
„Ich liebe dich, Master Kenway, über alles!“ kam es jetzt gehaucht an meinem Hals und ihren Kuss erwiderte ich mit einem solchen Verlangen, weil ich sie einfach vermisste!
„Wenn du mich suchst ich bin in meinem Arbeitszimmer, mi amor!“ in Alex´ Augen lag ein gewisses Bedauern und so ging sie hinaus. Ich atmete ein paar mal tief durch und versuchte mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren.
Es war nicht leicht, doch schon bald war ich wieder bei einem der Briefe, die ich mir mit Mr. Donovan regelmäßig schrieb. Wir hatten einen regen Austausch, was die Qualitäten der letzten Ernte anging, oder auch die diesjährig erwartete Menge an Weizen und so weiter. Er erzählte hin und wieder einige Anekdoten von zuhause und über seine Familie. Dieser Briefwechsel war immer erfrischend, wie ich fand und lenkte mich jedesmal ab.
Plötzlich erschien Alex mit Edward auf dem Arm in meinem Arbeitszimmer und lächelte mich an. Auch diese Abwechslung tat immer wieder gut und ich nahm ihr unseren Sohn ab.
Du meine Güte, man könnte meinen er nimmt stündlich zu und wächst auch so schnell.
„Ganz unrecht hast du nicht, mi amor. Die Babys wachsen wirklich sehr schnell, dagegen kann man keine Anziehsachen nachkaufen.“ kam es lachend von Alex, dann wurde sie etwas nachdenklich und sah von mir zu Edward.
„Weißt du eigentlich, dass er dir wirklich sehr ähnlich sieht? Ich habe immer dich vor Augen, wenn ich Edward jetzt ansehe.“ mit einem Male liefen ihr Tränen über die Wange und ich strich vorsichtig darüber.
Im Grunde war es immer noch ein mehr als eigenartiger Gedanke, dass diese Frau mich schon so früh kennengelernt hatte. Wir würden für verrückt erklärt werden, wenn wir diese Geschichte jemandem auftischen würden. Natürlich würde aber unser Sohn davon erfahren und gerade als ich noch weiter ausholen wollte, sah ich einen dunklen Schleier über Edwards Augen gleiten und sprang erschrocken auf.
War es wirklich möglich? Ich war plötzlich völlig aufgeregt und sah Alex nur staunend an, als ich ihr meinen Ausbruch erklärte.
„Bist du dir sicher, Haytham? Ich... habe davon noch gar nichts bemerkt. Aber... das ist ja fantastisch!“ euphorisch sagte ich, er würde also auch diesbezüglich noch Lehrstunden bekommen und freute mich innerlich schon darauf!
„Nein, er hat ein Pensum, welches er schafft und wo er auch noch Zeit haben wird zum Spielen.“ kam es jetzt etwas entsetzt von meiner Frau und mit einem scharfen Unterton sagte sie „Sag mir nicht, du hast das wirklich alles schon im Voraus geplant!“
Nein, natürlich hatte ich nichts explizit ausgearbeitet und geplant, soweit waren wir noch lange nicht, aber Gedanken hatte ich mir schon hin und wieder gemacht! Ich wollte einfach eine fundierte Ausbildung und hervorragende Bildung für unseren Sohn!
„Das will ich ja auch, aber bitte nicht mit so einem vollen Terminplan. Doch wir haben noch ein wenig Zeit bis dahin und wer weiß, vielleicht ist Edward dann auch nicht mehr alleine.“ hörte ich Alex leise sagen und ich musste bei diesen Worten grinsen.
Sie plante anscheinend auch schon weiter im Voraus, doch das gefiel mir und dafür gab ich ihr einen langen Kuss. Wenn wir ehrlich waren, waren wir uns ja einig, aber wir mussten kleinere Kompromisse eingehen!
Wir waren in den letzten Wochen dazu übergegangen, im Wintergarten die Mahlzeiten einzunehmen, da es etwas familiärer war und das große Esszimmer nur für Empfänge oder große Essen genutzt werden sollte.
Während des Mittagessens, Mrs. Wallace hatte Edward wieder in seine Wiege gebracht, stocherte meine Frau völlig lustlos in ihrem Essen herum. Ich war doch etwas in Sorge, ob ihr etwas auf den Magen geschlagen war so plötzlich.
„Es ist so still am Tisch und mir fehlen die Cormacs einfach. Warum muss man nur immer so weit auseinander wohnen, dass man nicht einfach so auf einen Kaffee dorthin kann! Das dauert noch ewig, bis sie hier sein können!“ und wieder brach sie in Tränen aus.
Seit der Geburt waren mir wieder diese Gefühlsschwankungen von Alex aufgefallen. „Die Hormone!“ kam es des öfteren etwas unwirsch und es klang mehr als frustriert!
Da wir aber beide noch Arbeit vor uns hatten, ging meine Frau nach dem Essen wieder hinauf und ich begab mich ebenfalls wieder in mein Arbeitszimmer.
Zwischenzeitlich hatte ich einen weiteren Stapel an Korrespondenz bekommen, welche ich nur schnell nach den Absendern sortierte, nach wichtig, unwichtig und ab ins Feuer!
Irgendwann rauchte mir der Kopf von den vielen Zahlen und dem ständigen nachrechnen, ob der Preise für den Einkauf und die gebotenen Summen.
Als ich wieder aufsah, war es bereits Abend und eines der Mädchen teilte mir mit, dass das Essen fertig sei.
Im Wintergarten fand ich aber keine Ehefrau vor, also ging ich hinauf und fand sie stillend auf dem Bett vor. Ich konnte von diesem friedlichen Anblick der beiden einfach nicht genug bekommen und sah einfach schweigend zu, während ich Edward über seine dunklen Haare strich.
„Das ist es auch, mi amor. Wenn ich bedenke, das ist jetzt schon über 20 Jahre her, dass ich einen kleinen Jungen gestillt habe, kommt es mir immer noch völlig unwirklich vor!“
Gerade als ich sagte, man sähe ihr diese Jahre nicht mehr an und ihr einen Kuss gab, klopfte es! Wie ich diese Störungen doch hasste! Der Diener kündigte einen Besucher an. Jetzt noch? Widerwillig ließ ich meine Frau alleine und ging hinunter.
Es war aber nur der Aufseher, Mr. Robinson, welcher mir noch den letzten Bericht der Wachen übermittelte. Bisher war es zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen und da die meisten Frauen jetzt auch mit den Waffen umgehen konnten, kehrte so etwas wie Ruhe in den Reihen der Pächter ein.
„Master Kenway, eure Frau hat wirklich gute Arbeit geleistet. Und die Männer sind euch und eurer Gattin sehr dankbar. Das sollte ich auf jeden Fall noch ausrichten!“ bei diesen Worten war ich mal wieder ein kleines bisschen mehr Stolz auf meine Frau!
Nachdem er sich verabschiedet hatte, ging ich in den Wintergarten, wo Alex bereits auf mich wartete. Edward war schon wieder in seiner Wiege und schlief tief und fest versicherte sie mir.
Doch etwas in ihrem Gesicht ließ mich misstrauisch werden und ich hakte nach. „Mi sol, du siehst aus, als hättest du heute noch etwas vor. Musst du noch länger an den Briefen arbeiten? Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir etwas Zeit für uns hätten.“ meinte ich vorsichtig.
„Nein, ich habe nichts geplant, außer ein wenig diese Ruhe hier zu genießen.“ und das kam so beiläufig von ihr, als hätte sie eigentlich genau darauf keine Lust. Verstehe einer die Frauen!
Als wir das Essen beendet hatten, bat mich Alex plötzlich mit in die Waffenkammer. Sie hätte ein paar Probleme gemeldet bekommen, bezüglich einiger der Pistolen und müsste es dringend mit mir abklären! Als ich fragte, ob das nicht auch bis morgen Zeit hätte und ich mich schon wieder umdrehen wollte, zog sie mich entschieden hinter sich her in den Keller.
Hier stieg mir ein Duft von Rosen entgegen und ein Dunstschleier lag in der Luft. In diesem Moment konnte ich ihre Entschlossenheit gerade verstehen und hoffte auf mehr, als nur das Bad!
Ihre Hände schlossen sich in meinem Nacken und sie sah mit diesen warmen grünen Augen zu mir auf.
„Mi amor, ich dachte, nach den ganzen Tagen mit Besuch und Verpflichtungen, würdest du gerne ein wenig im warmen Wasser entspannen.“
Solange ich dabei nicht alleine sei, hätte ich keine Einwände und wie aufs Stichwort begann meine Frau, mich zu entkleiden!
Doch etwas ließ mir keine Ruhe, ich wollte sie zu nichts drängen. Ich fragte deshalb vorsichtig nach, ob es wirklich in Ordnung sei und ob sie mich wirklich wollte.
„Es ist alles in Ordnung und ich will es, ich will dich. Ich musste schon viel zu lange auf dich verzichten!“ kam es stockend von ihr und ihr Mund bedeckte mich mit Küssen!
Langsam hob ich meine Frau hoch und trug sie zur Wanne. Vorsichtig ließen wir uns in das warme Wasser gleiten und Alex ließ sich gleich auf meinem Schoß nieder!
Es brauchte weder Worte, noch Hände... ich glitt in sie und konnte ein lautes Aufstöhnen einfach nicht verhindern! Ich hatte diese Nähe vermisst, diese Haut, dieses Gefühl sie wieder ganz zu spüren... ich genoss diesen Rausch mit ihr und im Grunde war es wie ein kleiner Neubeginn.
Als ich kam, nahm ich Alex mit hinüber und dieser Augenblick war wie immer faszinierend, wie sie laut meinen Namen rief und sich an meine Brust fallen ließ.
Wäre das Wasser nicht kalt geworden, hätte ich diese Nacht hier mit ihr verbringen können. Schweren Herzens erhoben wir uns und als sie anfing sich abzutrocknen, erhaschte ich diesen Blick auf ihren Körper.
Vom Feuer und den Kerzen beschienen überkam mich eine erneute Woge von Verlangen nach ihr und ich trat hinter sie.
„Nicht so schnell, Mistress Kenway, ich bin noch nicht fertig mit euch!“ bei diesen Worten legte ich ihre Hände auf die Wäschekommode und hielt Alex so fest.
Und ohne groß nachzudenken nahm ich sie ein weiteres Mal. Dieses mal hinterließen meine Hände wieder Spuren auf ihrem Hintern, was mit lautem und wohligem Stöhnen quittierte wurde.
„Wie habe ich dich vermisst, mi sol! Lass mich nie wieder so lange warten!“ Ich ließ meinen Worten meine Bewegungen in ihr folgen und mein Höhepunkt war unglaublich intensiv!
Ich ließ meine Finger zwischen ihre Schenkel gleiten und ließ sie ebenfalls ein weiteres Mal kommen. Für einen Moment standen wir so da, sie lehnte immer noch mit dem Rücken an mir, während sie langsam wieder zu Atem kam.
„Das war einfach fantastisch, mi sol!“ Bei diesen Worten spürte ich eine Gänsehaut auf ihrer Haut und befand, dass sie dringend in wärmere Kleidung kommen sollte. Fürs erste sollte der Morgenrock reichen.
Entspannt gingen wir wieder hinauf, da kam uns auf der Treppe zum Schlafzimmer bereits Mrs. Wallace entgegen und berichtete leise, dass Master Edward tief und fest schliefe. Ich entließ sie für heute und wir gingen in unser Reich.
Als ich anfing meine Haare zu flechten, da Michael bereits für heute entlassen war, sah ich im Spiegel Alex´ verträumtes Gesicht wieder.
„Lass mich deine Haare machen, wenn ich morgens schon nicht mehr daran darf.“ Diese Worte kamen ein bisschen beleidigt bei mir an, aber ich wusste, sie liebte diese Momente, also ließ ich sie gewähren.
Was soll ich sagen, ich genoss diesen stillen Moment zwischen uns. Spürte ihre Finger in meinen Haaren und ihre Nähe hinter mir! Gedankenverloren flüsterte ich, ich würde gerne jetzt die Zeit anhalten! Es solle so friedlich bleiben, ich griff hinter mich und zog Alex näher an mich.
„Das würde ich ebenso gerne, Haytham. Ich habe es mir schon oft gewünscht. Genauso wie ich mir oft dachte, dass einige Momente einfach bildlich festgehalten werden müssten!“ sprach sie leise. Ich konnte sie kaum verstehen, da ihre Stimme tränenerstickt klang.
Ein leises Wimmern aus der Wiege ließ sie schlagartig wieder ernüchtern. Sie band meine Haare noch schnell, dann war sie schon bei unserem Sohn. Edward gähnte herzhaft auf ihrem Arm und ich sah, wie er seinen Mund bewegte, als suche er nach etwas.
„Er ist sehr zielstrebig, mi amor. Das muss ich ihm lassen! Er wird mal einen guten Templer abgeben!“
Ich hatte mich bereits ins Bett gelegt und mir eines der neueren Büchern genommen, als ich ihren fragenden Blick auf mir ruhen sah. Ich konnte nicht an mich halten und musste sie ärgern. „Und mir sagen, ich würde zu viel für unseren Sohn im Voraus planen, mi sol.“ ein leises Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. Aber im Grunde hatte sie recht, das war eine gute Eigenschaft für den Orden!
Alex legte sich seufzend aufs Bett, mit dem Rücken zu mir und legte Edward an.
„Erst jetzt wird mir bewusst, worüber wir uns Gedanken machen müssen, Haytham. Ein wenig macht mir das Angst, es ist alles noch weit weg, aber eigentlich auch nicht mehr. Ach ich weiß auch nicht, ich mache mir wieder viel zu viele Gedanken!“ Sie schüttelte sich kurz und ich legte meine Arme um sie.
„Nein, du denkst wie eine Mutter, oder nicht? Du hast auch bei Yannick so gedacht und tust es noch. Ich sehe es oft in deinen Augen, dass du über ihn und sein Leben nachdenkst, wenn du wieder diesen Blick in die Ferne hast, mi sol.“
Über ihre Schultern hinweg sah sie mich lächelnd an.
„Ich weiß nicht was ich gerade erschreckender finde, dass du mich so beobachtest oder dass deine Auffassungsgabe so hoch ist.“
Ich weiß, es ist eine schreckliche Angewohnheit, doch auch bei Alex konnte ich sie nicht abstellen. Meine Entschuldigung, dass ich sie nicht in Verlegenheit bringen wollte, erntete Erstaunen.
„Das ist es nicht, es ist nur diese Art von dir. Ich fand sie damals schon ein wenig, naja, unheimlich.“
Ich war unheimlich? Na warte, ich würde ihr schon zeigen, dass ich das Gegenteil sein konnte.
„Haytham, nicht jetzt! Gedulde dich!“ Aber nicht, dass es nachher heißt, ich hätte sie nicht gewarnt!
Nun drehte sie sich für das weitere Füttern um und wir lagen uns Angesicht zu Angesicht gegenüber. Meine Gedanken waren soeben wieder sehr weit in den Sumpf meiner schmutzigen Fantasien gerutscht.
„Das ist nicht fair, Master Kenway!“ Wie sie lüstern meinen Namen betonte, war auch nicht gerade fair!
Als Edward dann satt und zufrieden wieder in seiner Wiege lag, löschte ich das Licht, stand auf und zog Alex einfach mit hoch und in das Ankleidezimmer. Leise schloss ich die Tür und zündete einen Kerzenleuchter an.
Dann lehnte ich mich an eine der Kommoden und zitierte sie einfach mit einem Fingerzeig zu mir. Alex stand nur wenige Zentimeter vor mir und ich küsste sie leidenschaftlich, meine Hand griff in ihren Nacken und dirigierte sie auf die Knie, was sie ohne Widerworte tat. Ihre Lippen gaben mir den Rest, als wir uns ein weiteres Mal ineinander verloren!
In den letzten Wochen nahmen wir uns immer wieder diese Momente, in denen wir alleine sein konnten. Es war einfach ein gewisser Ausgleich, welchen ich brauchte. Auch meine Frau war wie ausgehungert nach dieser Zweisamkeit!
Der Empfang bei den Whittners war wie erwartet nett, das Essen wieder sehr erlesen und die Gespräche... nunja, sie waren um diese Jahreszeit eher von Geplänkel geprägt. Alex musste sich von einigen der Damen entsetzte Äußerungen anhören, als sie verkündete, dass das Kindermädchen mitgekommen sei, weil sie unseren Sohn noch stillte. Zum wiederholten Male musste ich ihr zustimmen, dass es so genau richtig war und sie die anderen schnatternden Gänse einfach ignorieren sollte. Für diese Bemerkung bekam ich einen liebevollen Kuss mit dem Wort „Danke!“. Erst jetzt erfuhr ich eigentlich, als wir an diesem Abend wieder in unserem Zimmer waren, dass es die beste Verhütung sei und wir... geschützt seien. Wie das funktionieren sollte, war mir nicht wirklich klar, ich baute auf ihre Erfahrung und ihr Wissen.
Am heutigen Morgen saßen wir beim Frühstück und ich war in die Zeitung vertieft, in welcher dermaßen verworrene Zeilen standen, dass ich mich fragte, wo ich eigentlich lebte. Meine Frau war seltsam ruhig und beobachtete mich, ich ließ mir aber nichts anmerken.
Sollte etwas sein... „Haytham, ich hätte da noch ein wichtiges Anliegen!“ als wenn ich es geahnt hätte! Was dann auf meine Frage, was los sei, kam verschlug mir fürs erste die Sprache!
„Es... ist so. Master Lestrange hatte mir bei seinem Besuch zu Silvester einen Auftrag für eine Lieferung gegeben, welcher aber noch etwas Zeit hätte. Es müsste etwas nach London gebracht werden und ebenfalls etwas von dort geholt werden. Über Frankreich müssten wir eine weitere Lieferung abgeben und den Rest wieder hierher bringen.“
Ich sagte nichts, so etwas war eigentlich nichts dramatisches oder neues, also wartete ich ab.
„Es ist ein … Auftrag, welchen nur ich erledigen kann und soll. Er wünscht keine Zwischenhändler, da die Ware zu wertvoll sei. Meine Jackdaw wird mit einem anderen Schiff, einem bewaffneten Handelsschiff, nach London segeln müssen. Und das spätestens Mitte März!“
Bei diesen Worten duckte Alex sich regelrecht, was ich gar nicht von ihr kannte, also schien es ihr wirklich unangenehm zu sein, mir das mitzuteilen. Zu Recht, muss ich betonen! Stimme ich nicht zu, kann sie nicht aufbrechen, ganz einfach! Ich atmete ein paar mal tief durch und versuchte eine Antwort zu finden.
Ich stand ohne ein Wort auf und ging ans Fenster! Warum sie mir nicht gleich davon berichtet hat, wollte ich wissen! Ließ ihr aber keine Gelegenheit zum Antworten. Ich erklärte ihr, dass es für Edward zu früh sei, weil auch das Wetter auf dem Atlantik zu schnell umschlagen konnte.
Ein paar mal atmete ich noch tief durch und versuchte meine Wut über diese... es war keine Lüge, doch Alex stellte mich eigentlich vor vollendete Tatsachen! Das war ein Unding!
„WARUM IN DREI TEUFELS NAMEN NIMMST DU SO ETWAS AN?“ Bei diesen Worten, welche nicht geschrien waren, sondern einfach nur lauter waren als von mir gewohnt, zuckte meine Frau erneut zusammen. „Ich habe Verpflichtungen, Haytham. Das hast sogar du zu mir gesagt und bisher habe ich sie immer eingehalten oder nicht?“ diese Worte kamen so leise, dass ich sie kaum hörte!
Musste dieses Weib IMMER das letzte Wort haben? Ich setzte mich wieder an den Tisch und sah sie einfach an. Ob sie nicht wisse, wie gefährlich diese Reise für unseren Sohn werden könnte, fragte ich herausfordernd.
„Ja, das weiß ich, Haytham. Aber ich weiß auch, dass Edward beschützt wird und DU weißt es auch! Und... ich würde gerne endlich zu Jennifer kommen. Es liegt mir schon seit Monaten auf der Seele und wir könnten es wunderbar verbinden, oder nicht?“ ihre Tränen konnte sie nicht mehr zurückhalten, doch es war mir in diesem Moment egal.
Sie untergrub meine Autorität, was mir von jeher ein Gräuel war und ich konnte damit nicht umgehen. Sie dachte ganz bestimmt nicht nur an Jennifer, nein, sie wusste, dass auch Familie Cormac bereits in London sein würde! Warum sie nicht einfach ehrlich zu mir sein konnte, wollte ich jetzt wissen.
„Auch wenn du es mir nicht glaubst, aber ich hatte daran gar nicht mehr gedacht, Haytham!“ sie versank förmlich auf ihrem Stuhl und wurde immer leiser! Ich sah, dass ihr gerade bewusst wurde, wenn ich mich weigerte und der Überfahrt nicht zustimmte, sie nicht einfach so aufbrechen konnte. Ihr schlechtes Gewissen würde es ebenso verbieten.
Doch bevor ich etwas erwidern konnte, erschien ein aufgeregter Bote bei uns. „Master Kenway, es ist dringlich. Ich muss heute noch eine Antwort bekommen und sie unverzüglich an Master Franklin weiterleiten. Das Schiff mit der Post geht heute Nachmittag, Sir. Ich werde also so lange warten.“ Ein Diener brachte ihn in die Küche, wo er sich aufwärmen konnte und etwas zu trinken bekam.
Ich öffnete ohne weiter auf meine Frau zu achten den Brief, hörte jedoch, wie sie die Nase hochzog. Wenn man mich in Rage bringen wollte, dann hatte sie es mit dieser Ankündigung und diesen Geräuschen geschafft!
Ich atmete wieder tief durch und las das Schreiben von Master Franklin.
„Du stehst mit Benjamin Franklin in Kontakt? Das hattest du gar nicht erwähnt, Haytham.“ Alex benutzte nur noch selten meinen Vornamen, eigentlich nur wenn sie mir nicht wohlgesonnen war.
Also erzählte ich von der Begegnung mit Benjamin in Boston, als ich ´54 dort eintraf und dass ich danach immer mal wieder einige Treffen mit diesem doch sehr interessanten Mann hatte. Seine Ansichten bezüglich der Politik oder auch der Wissenschaft waren spannend und interessant. Wir hatten eine interessante Unterredung was die Frauen anging, bei denen er mich überraschte. Man solle eine jüngere Frau als Gemahlin nehmen, wenn man Kinder wünschte und sich eine ältere Dame als Geliebte nehmen.
Heute war das für mich keine Option mehr, da ich verheiratet war, damals jedoch hatte ich mir ernsthaft Gedanken darüber gemacht. Ebenso hatte ich einige „Experimente“ diesbezüglich gemacht, auf welche ich aber nicht näher eingehen werde!
Doch was erzählte ich überhaupt, Alexandra wusste von wem ich sprach, vermutete ich. Ihr Gesicht sprach schon wieder Bände!
„Ich kenne diesen Herren tatsächlich, nur noch nicht persönlich. Aber er geht mit großartigen Entdeckungen und Erfindungen in die Geschichte ein. Bei Odin, ich würde ihn wirklich gerne persönlich kennenlernen.“ sie freute sich gerade wie ein Kind auf Weihnachten und... diese Freude und Euphorie stimmten mich wieder etwas versöhnlicher!
Im Grunde wusste ich, dass wir um diesen Auftrag des Dukes of Ironside nicht herum kamen, weil wir schon einmal einen solchen abgeben mussten.
„Dann wirst du in London ja die Gelegenheit dazu bekommen, mi sol.“ ich ließ es mir nicht nehmen, sie noch ein wenig zappeln zu lassen, zumal dieser Fehltritt heute sicherlich noch in einer nächtlichen Lektion enden wird!
Ich erklärte, dass er mich nach London einlud, einem seiner Vorträge beizuwohnen, weil ich in Philadelphia damals nicht anwesend sein konnte. Bis Ende Juli sei er noch in England und würde sich freuen, mich wiederzusehen. Da Ben noch nicht wusste, dass ich verheiratet war, sprach er nur mich persönlich an! Doch das störte Alex nicht im geringsten.
„Haytham, sieh mich nicht so böse an. Somit haben wir einige Gründe mehr dorthin aufzubrechen. Bitte, vertrau mir. Ich sorge auch wirklich dafür, dass unserem Sohn nichts passiert. Wir können jetzt mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen und …“
Es war zum Verzweifeln, diese Frau hatte immer Gegenargumente und konnte einem sofort den Wind aus den Segeln nehmen.
„Mi sol, wenn ich dich so euphorisch reden hören, dann könnte ich dich einfach nur in den Arm nehmen. Diese Art ist einfach ansteckend! Also schön, wir werden nach London reisen! ABER... du sorgst für die Mannschaft und den Proviant und alles andere. Auch bedenke, dass du Stellvertreter für die Geschäfte hier brauchst. Wenn das alles geregelt ist, erst dann werde ich ganz zustimmen, dass wir abreisen!“ gab ich zur Antwort und ließ mich in meine Templerart fallen, was meiner Frau natürlich nicht entging!
„Kein Ding, Haytham. Ich bin schon unterwegs...“ da war wieder diese seltsame Wortwahl von ihr doch... „Verzeih mir, ich meinte nur, dass ich mich sofort darum kümmere!“
Mit einem Satz war Alex aufgesprungen, warf ihre Arme um meinen Hals und gab mir einen langen Kuss zum Dank! Nun... das stimmte mich noch versöhnlicher, doch ich sagte es ja schon, dass würde sie heute Nacht noch einmal von mir zu hören und auch spüren bekommen.
Den Rest des Vormittags sah ich diese Frau nicht mehr, im Gegenteil, Mr. Hargreaves erschien zwei Stunden später und ich hörte, wie Alex hin und her lief. Zum einen, um unseren Sohn zu stillen, dann wieder um ihre Angelegenheiten zu regeln.
Fasziniert stand ich am Fuße der Treppe, wo sie mich nicht bemerkte und sah ihrem geschäftigen Treiben eine Weile zu.
Sogar das Mittagessen ließ Alex ausfallen, weil sie... beschäftigt war! Wieder einmal erstaunte mich diese Frau, wie aus dem Nichts konnte sie zur Höchstform auflaufen! Und auch das erfüllte mich mit einem gewissen Stolz. Nichts ist schlimmer als eine unselbstständige Frau, welcher man jede Kleinigkeit erklären musste, dafür hätte ich auch ehrlich gesagt keine Zeit!
Doch als es langsam dunkel wurde, ging ich hinauf, auch ich hatte meine Arbeiten erledigt und hoffte auf ein bisschen Ruhe jetzt und freute mich auf meinen Sohn!
Vorsichtig klopfte ich an die Tür ihres Studierzimmers und hörte ein leises, müdes „Herein!“
Alex saß am Kamin mit einer Tasse Tee in der Hand und sah etwas erschöpft aus. Meine Frage nach ihrem Befinden, beantwortete sie lächelnd und gleichzeitig euphorisch.
„Es ist alles in Ordnung, keine Sorge, mi amor. Ich habe alles erledigt, geplant und bin jetzt sehr zufrieden mit mir selber!“
Ihre Hand deutete auf den Schreibtisch, auf welchem sich einige Papiere befanden, aber alle sorgsam aufgereiht und... es waren Listen! Alex hatte alles penibel aufgeschrieben, von den zu packenden Sachen, über den Proviant, die Stellvertreter und bis zu den einzelnen Stationen auf unserer Reise! Es war alles geplant! Ich konnte nicht anders, als sie völlig erstaunt anzusehen!
„Alex, das ist unglaublich, was du auf die Beine stellen kannst, wenn du in kurzer Zeit etwas organisieren sollst. Ich glaube, dann werde ich wohl einfach zustimmen, oder?“ ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen.
„Es ist eine Wohltat zu wissen, dass ich dich mit wichtigen Sachen einfach betrauen kann und jetzt auch weiß, dass es reibungslos laufen wird!“
Damit nahm ich sie in meine Arme und gab ihr einen Kuss in den ich meine Anerkennung legte!
Bevor jedoch daraus mehr werden konnte, hörte ich Edward weinen.
„Ich glaube, da möchte noch jemand eine gute Organisation sehen, mi amor.“ lachte Alex und verschwand über die Galerie ins Schlafzimmer!
Ich ging ebenfalls hinüber, als Mrs. Wallace mir bereits entgegenkam. „Mistress Kenway ist heute so voller Tatendrang, dass es eine reine Freude ist, Master Kenway. Sogar Master Edward ist heute so aufgeregt!“ diese Worte kamen so glücklich von ihr, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte. Sybill schien ihre Berufung gefunden zu haben!
Als ich eintrat, saß Alex mit Edward auf dem Arm in ihrem neuen Schaukelstuhl am Kamin und erzählte ihm von seiner ersten großen Reise!
Ich kniete mich neben die beiden und hielt die kleine Hand meines Sohnes. Meine Gedanken, was aus ihm wohl werden würde, sprach ich aus und meine Frau antwortete einfach wie gewohnt! „Ein guter Mensch!“
Natürlich würde er das, daran glaubte ich fest.
„Er wird Templer, wie seine Eltern. Gleichzeitig bekommt er alle Werte gelehrt, welche wichtig sind, um ein Gleichgewicht beizubehalten, Haytham!“ diese Worte hörten sich für einen Moment seltsam an, doch Alex hatte Recht damit. Edward würde diese Verbindung zwischen der Bruderschaft und dem Orden kennenlernen und ich hoffte, er würde sie auch weiter stärken!
Wir waren eine seltsame Familie, das befand nicht nur ich. Auch Alex grinste bei diesen Worten! „Sind wir, aber wenigstens keine langweilige Durchschnitts-Familie!“
Als Alex unseren Sohn nach einem Gute-Nacht-Kuss und seinem Lied in die Wiege legte, stand sie für einen Moment gedankenverloren dort und sah ihn an.
„Haytham, was ist, wenn ich etwas falsch mache?“
Ich wusste nicht, was sie meinen könnte. Wir würden sicherlich noch Fehler machen... Als sie weitersprach verstand ich es erst.
„Ich weiß nicht, ich habe Angst, dass Edward falsche Entscheidungen trifft, er an die falschen Menschen gerät und...“
Ich trat hinter sie und umschlang sie mit meinen Armen. „Wir werden ihm alles beibringen, was wir wissen, unsere Werte und unsere Sicht auf die Welt. Was Edward dann daraus macht, liegt einzig und allein an ihm und er wird wissen, was er zu tun hat! Glaub mir!“
Ich spürte, wie Alex sich etwas entspannte. Für einen Moment standen wir so da und sahen unserem Sohn beim Schlafen zu.
Der Tag der Abreise stand an und ich muss gestehen, ich freute mich mal wieder nach London zu kommen.
Ich war das letzte mal vor über 6 Jahren dort gewesen und auch nur kurz, da ich in den Kolonien gebraucht wurde. Das war, wenn ich richtig lag, kurz bevor Alex ihren großen Auftritt mit der Brig in New York hatte. Ich war erst wenige Monate davor wieder eingetroffen und hatte Shay in den Orden aufgenommen.
Während meiner Abwesenheit hatte sich Colonel Monro um ihn gekümmert! Ich betrauere immer noch seinen Tod, er wäre vermeidbar gewesen, hätte George und dass muss ich so sagen, direkt auf Shays Befehl gehört! Doch heute ist es zu spät um darüber nachzudenken, wir haben dem Colonel ein anständiges Begräbnis geben können, welches ihm angemessen war!
Ich versuchte nun diese trüben Gedanken erst einmal zu verdrängen, weil wir endlich an Bord der Jackdaw konnten.
Mrs. Wallace stand sichtlich aufgeregt neben mir.
„Master Kenway, wie ist es denn in London und wird es eurer Schwester nicht zu viel, wenn so viele Personen anreisen?“ fragte sie mich. Da konnte ich sie aber beruhigen.
„Mrs. Wallace, London ist eine wunderschöne Stadt und ich denke, ich werde für meine Frau, Edward und euch gerne den Fremdenführer mimen! Was meine Schwester anbelangt, nun, sie hat genügend Personal. Wir werden vermutlich nicht weiter ins Gewicht fallen.“ ich vernahm ein erleichtertes Ausatmen ihrerseits.
An Bord richteten wir uns kurz ein, dann ließ Alex Segel setzen und wir verließen die Anlegestelle. In ungefähr drei Stunden würde die Jackdaw in der Cheasapeak-Bay eintreffen um dort das zu eskortierende Handelsschiff treffen.
Mrs. Wallace bezog Quartier mit Alex´ Kammerzofe direkt unter ihrer Kajüte und mein Kammerdiener Michael nächtigte direkt daneben. Während Alex nun die drei herumführte, ihnen das Schiff näherbrachte, damit sie sich nicht verlaufen konnten, ging ich mit Edward auf dem Arm über das Deck.
Ich erklärte ihm, wo wir gerade seien und zeigte auf einige Sachen, wie das Ruder zum Beispiel. Als ich auf den kleinen Mann hinuntersah, lag er schlafend in meinen Armen mit dem Daumen im Mund. Ich hatte vergessen, dass unser Nachwuchs nach dem Stillen meistens gleich wieder einschlief, dennoch erzählte ich weiter und lächelte ihn an. Ich war stolz und zufrieden in diesem Moment!
Am späten Vormittag trafen wir auf die White Moon und deren Kapitän, Mr. Higgins. Während meine Frau sich mit ihm besprach und die Waren für den Auftrag in Augenschein nahm, blieb ich an Bord der Jackdaw.
Es dauerte nicht lange, da bekam ich das Gespräch der beiden mit, in dem es um eventuelle Angriffe ging und wie man dann handeln wolle. Sie legten eine Taktik fest, da es vermutlich so schnell, wenn es drauf ankam, nicht mehr möglich sei miteinander zu kommunizieren.
Kurz darauf kam Alex zufrieden zurück. Sie berichtete mir, dass es 15 große Truhen seien, die Elias in London und Frankreich haben wollte. Zwei seien etwas anders und hätten das Assassinen-Symbol und einige Runen eingeprägt auf dem Deckel!
„Die Anordnung erschließt sich mir nur nicht, wenn ich ehrlich sein soll.“ grübelte sie laut vor sich hin, ich vermutete, dass sie spätestens in Bristol erfahren würde, worum es genau geht.
Doch Edward riss sie aus ihren Gedanken und meine Frau zog sich mit unserem Sohn und Mrs. Wallace zum Stillen zurück.
Jetzt nahmen wir Fahrt auf und ich stellte mich auf die Brücke neben Mr. Hargreaves, welcher in seinem Element war. Er genoss es, mal wieder auf See zu sein.
Wir unterhielten uns noch über die eventuellen Stürme oder Unwetter, mit welchen wir definitiv zu rechnen hatten. Beide waren wir uns aber einig, dass wir hofften, heile und unbeschadet die Überfahrt zu überstehen.
„Ich gebe mein Bestes, Sir! Auch die Mannschaft wird sich ins Zeug legen. Gerade auch, weil ja euer Sohn dieses mal mit an Bord ist!“ in seiner Stimme klang eine gewisse Inbrunst, welche mir zeigen sollte, ich bräuchte mir wirklich keine Sorgen machen.
Das tat ich dennoch, auch wenn sie sich in Grenzen hielt im Moment!
Gerade als meine Frau wieder an Deck erschien, sah ich, wie Magda an die Reling eilte, sich darüber hing und sich übergab. Da war jemand nicht seefest, wie es scheint!
Der erste Maat sah belustigt in die Richtung und sagte leise, am besten bliebe das Mädchen einfach an Deck. So würde einem auch nicht so schnell schlecht werden.
Alex war aber schon bei ihr und strich Magda über den Rücken. Dann drehte sie sich um, sah mich lächelnd an und ging hinunter.
Nach ein paar Minuten kam sie wieder, reichte ihrer Kammerzofe etwas, was diese vorsichtig in den Mund steckte und darauf herumkaute. Für einen Augenblick blieben die Frauen dort stehen und sahen auf das Meer. Anschließend kam Alex auf die Brücke, Edward lag in seinem Tragetuch warm eingepackt und schlief.
Ich fragte nach dem Befinden ihrer Kammerzofe. Hoffentlich würde diese Übelkeit bald vergehen.
„Ich hoffe, dass der Ingwer hilft, ansonsten muss ich einen Tee aus Bilsenkraut und Stechapfel probieren. Der würde aber widerlich schmecken und ich würde das gerne vermeiden.“
Alleine der Gedanke an einen Tee aus irgendwelchen Kräutern brachte mir Übelkeit, ich schwor auf den englischen Tee!
Von meiner Frau hatte ich jedoch auch schon gehört, dass sie, gerade jetzt während des Stillens, Tee mit Fenchel trank. Es würde Edward beruhigen. SIE trank ihn doch, nicht unser Sohn! Auf meine Frage hin, wie das zusammenhing, lächelte sie mich an. Es wäre einfach so. Vieles in ihrem Wissensschatz erschloss sich mir nicht, der ich aus einer anderen Zeit stammte. Wieder einmal fragte ich mich, was sie eigentlich alles gelernt haben muss und wie voll ihr Kopf deswegen sein muss.
Mal abgesehen davon, dass Alexandra ja auch hier noch lernen musste. Irgendwie tat sie mir ein wenig leid. Sie würde für den Rest ihres Lebens aus dem Lernen nicht mehr herauskommen, dazu kamen ja auch noch die Fähigkeiten der Götter und der Vorläufer.
Als es kühler wurde gegen Abend, gingen wir hinunter in die Messe, damit Edward nicht zu sehr fror. Alex begann ihm von der Reise zu berichten und wo wir noch überall hinkommen werden.
Unter anderem hatte sie geplant nach Preußen in ihre „alte“ Heimat zu reisen. Eines der Besatzungsmitglieder schnappte es auf und sagte freudig, dass sich Alex´ Familie sicherlich freuen wird, sie wieder zu sehen und den Enkel ebenfalls!
Über ihr Gesicht legten sich dunkle Wolken und sie musste an sich halten, nicht in Tränen auszubrechen. NIEMAND würde uns dort erwarten, das war unmöglich.
„Wir werden sehen, aber ich freue mich, einfach mal wieder dort sein zu können.“ hörte ich sie mit einem gequälten Lächeln leise sagen.
Nach dem Abendessen war es für unseren Sohn ebenfalls Zeit für seine Mahlzeit, was er mit lautem Weinen auch allen kundtat!
Seinem Unmut machte er schnell Luft, das war mir schon aufgefallen und das recht laut, auch wenn ich keine Vergleichswerte habe.
Gerade als ich in die Kajüte kam, hörte ich noch, wie Alex sagte, er solle langsam machen, niemand würde ihm das Essen wegnehmen! Nein, vermutlich würde sich niemand in die Nähe dieser Frau trauen, während sie ihr Kind fütterte!
„Ich verteidige eben gerne meine Familie, mi amor. Aber Edward ist so hektisch am Trinken, dass er sich immer verschluckt.“ kam es leicht amüsiert aber auch besorgt von ihr.
Plötzlich huschte ein Schleier über ihr Gesicht, sie nutzte den Blick. Misstrauisch fragte ich nach, ob sie etwas bemerkt hätte.
„Ich weiß nicht, ich dachte, ich könnte die Quelle für diese Nervosität von Edward ausmachen. Doch ich sehe nichts. Du vielleicht?“ doch auch mein Sinn förderte nichts zu Tage.
„Nein, auch ich sehe nichts. Nicht einmal vergangene Auren kann ich wahrnehmen. Vermutlich ist die Seeluft alleine schuld, mi sol!“
Ich setzte mich zu den beiden aufs Bett und schlang meine Arme um sie. Im Grunde war ich selber mehr als erleichtert, nicht auf die verblassende Aura meines Vaters hier zu stoßen.
Ich fing an, unserem Sohn von meinem Zuhause zu erzählen, wie ich es noch von damals kannte und wie es jetzt aussah. Im Grunde hatte sich nicht viel verändert und mir wurde bewusst, dass Alex das erste Mal, nach über 20 Jahren und dem Neuaufbau, wieder in der Villa sein würde.
Ich erzählte von meinem Kinderzimmer, von der Köchin, welche mir immer heimlich etwas zu essen zusteckte, auch wenn es gleich das Abendessen geben würde. Ich erzählte von dem Garten mit den Obstbäumen und der daraus selbstgemachten Marmelade.
Irgendwann bemerkte ich, dass es ruhig geworden war und sah in zwei aufmerksame Gesichter, welche mir zugewandt waren.
„Erzähl ruhig weiter, ich höre dir gerne zu, wenn du von damals erzählst, mi amor.“ ein Quietschen von meinem Sohn sollte wohl das gleiche ausdrücken und ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen.
Also erzählte ich davon, wie ich meine große Schwester immer und immer wieder überreden wollte, mit mir zu spielen. Sie aber keine Lust hatte und wenn ich nicht aufpasste, eine ihrer Handarbeitsnadeln in den Arm bekam.
„Bei Odin, das tut doch weh!“ kam es von meiner Frau entsetzt.
„Ja, das tat es auch. Das war Sinn und Zweck ihrer Attacke. Ich hatte es dann irgendwann aufgegeben und habe sie in Ruhe gelassen.“
Der erste Tag auf See neigte sich dem Ende und gegen 22 Uhr legte Alex sich mit Edward hin.
Ich hingegen musste mich noch meiner Arbeit widmen, welche ich mitgenommen hatte, da wir sicherlich nicht so schnell wieder nach Virginia kommen würden. Mit einem frustrierten Seufzen, weil ich mich auch lieber zu meiner Familie gelegt hätte, setzte ich mich an den Schreibtisch und fing an, die Papiere durchzusehen.
Meine Frau war schnell eingeschlafen und gab wieder diese eigenartigen Geräusche von sich, was mich schon oft amüsiert hatte und welche sogar unser Enkel amüsant fand. Irgendwann werde ich Edward ebenfalls darauf aufmerksam machen!, ging es mir grinsend durch den Kopf.
Ich hatte mir vermutlich das Ganze etwas zu schön geredet und befand nun, dass mich schon die kleinste Kleinigkeit in Rage versetzen konnte.
Meine Frau tat ihr bestes, eben genau das zur Perfektion auszubauen, so schien es und wir gerieten des öfteren aneinander. Jedes mal wurde uns aber wieder bewusst, dass wir noch nicht lange zusammen lebten, wir uns noch weiter aneinander gewöhnen mussten!
Am meisten störte mich der nächtliche Platzmangel, weswegen ich ab und an bei meinem Kammerdiener Zuflucht suchte. Dort hatte man ein provisorisches Rollbett mit dazugestellt, was alles andere als bequem war.
Ich war schon oft längere Zeit auf See gewesen und wusste um die Zustände auf einem Schiff! Dennoch war es dieses mal irgendwie anders und mich störte... ja einfach ALLES.
Etwas, was sogar mir extrem auffiel war, dass unser Sohn kaum noch von Alex weg wollte. Er schrie es förmlich aus, wenn Mrs. Wallace nur in seine Nähe kam.
Ändern konnte ich aber im Moment leider nichts, also ergab ich mich meinem oder besser unserem Schicksal und versuchte mich zusammenzureißen.
Heute zum Beispiel war ein Tag, welcher mich friedlicher stimmte, als ich an Deck trat.
Meine Frau stand mit Edward auf dem Arm an der Reling und erzählte ihm vom Meer, von Schiffen und, wie sollte es anders sein, von Piraten! Dann erschien ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie sich unserem Sohn zuwandte, welcher in den letzten Wochen angefangen hatte, etwas unverständlich vor sich hin zu plappern.
Ich ging langsam hinüber zu den beiden und schlang meine Arme mitsamt meines Umhanges um sie, mit den Worten, dass diese Momente, sie lächeln zu sehen, sehr selten waren.
„Ich weiß und es tut mir leid, dass es so schwierig ist im Moment. Aber ich hoffe, es wird sich bald wieder etwas legen und sich entspannen.“
Das hofften wir alle vermutlich. Mrs. Wallace näherte sich mit einer Tasse Tee für meine Frau und lächelte mich an. Alex nahm ihn dankend entgegen und wie aufs Stichwort, nahm Sybill ihren kleinen Schützling an sich, welchem das ganz und gar nicht passte und das mal wieder lautstark kundtat.
Meine Frau ließ sich dieses mal aber nicht beirren, sagte leise, sie sei doch direkt neben ihm und ließe ihn nicht alleine. Auch sei sein Vater doch hier, er bräuchte keine Angst zu haben. Edward sah nicht begeistert aus, aber er wurde leiser und schniefte nur noch hin und wieder.
Langsam entfernte sich Mrs. Wallace von uns, bis sie am Bug bei Magda und Michael stand.
Moment, war das etwa abgesprochen von den beiden Damen?, ging es mir durch den Kopf und Alex erklärte sich daraufhin „Ja, unser Sohn muss lernen, dass wir für ihn da sind, er aber auch andere Bezugspersonen in seinem Leben haben wird. Es fällt mir schwer, aber es muss sein.“
Diese Aussage erstaunte mich, gerade aus ihrem Mund war es eigenartig zu hören. Trotzdem hatte sie Recht, wir würden für ihn da sein, ihn beschützen und genau das würden wir ihn lehren.
Alex hatte sich zu mir gedreht und ich sagte leise, dass ich sie liebe! Es war einer dieser Momente, die mich wieder zur Ruhe brachten und welche ich immer genoss. Ihr Kopf lehnte sich an meine Brust und ich hörte ein ebenso leises „Ich dich auch!“ und ihre Arme schlangen sich unter meinem Umhang um mich.
Diese Idylle hätte für ewig währen können, wenn es nach mir gegangen wäre. Doch es sollte in dieser Nacht ganz anders kommen.
Ich hatte beschlossen, dass man das Rollbett in unsere Kajüte bringen sollte, da ich einfach die Nähe zu meiner Frau und unserem Sohn vermisste. Auch wenn es dadurch noch ein wenig beengter wurde hier, es wäre ja nicht auf Ewig so!, redete ich mir ein!
Es konnte noch nicht lange gewesen sein, nachdem ich eingeschlafen war, als ich laute Stimmen und Getrampel vernahm. Zudem schien der Wellengang enorm zugenommen zu haben und wir schreckten alle drei gleichzeitig hoch. Hastig zogen wir uns an und eilten an Deck und bereuten es sofort.
Uns schlug ein eisiger Wind entgegen und der Regen peitschte über die Bohlen hinweg!
„Alex geh mit Edward hinunter in die Messe! Hier ist es jetzt zu gefährlich, dort habt ihr es wenigstens wärmer als in der Kajüte!“ ich musste schon gegen den pfeifenden Wind anbrüllen, damit sie mich verstand. Edward schrie wie am Spieß, während Alex mit ihm hinunter eilte.
Leider war es zu spät, sich in eine abgelegene Bucht zu flüchten, wir waren mitten auf dem offenen Meer!
Ich versuchte hier oben zu helfen, wo ich konnte. Immer wieder schlugen die Wellen über uns zusammen. Man hatte den Eindruck, der Sturm wurde stündlich mehr und vor allem kälter!
Wir büßten drei Segel ein, außerdem verstarben zwei Männer leider, bei dem Versuch die Taue zu sichern. Einer wurde von einem herabfallenden Haken tödlich verletzt und die andere arme Seele wurde von einer der Kanonen zerquetscht. Ich wünsche niemanden diesen Anblick, es war grauenhaft!
Auch für mich wurde es immer schwieriger, den Halt nicht zu verlieren.
Wir kamen kaum gegen das immer wieder über uns hereinbrechende Wasser an und unter Deck hatte man auch genug mit dem Wasser abpumpen zu tun.
Im Morgengrauen hatten wir es immer noch nicht überstanden, doch ich sah, wie Alex von unten hochkam und in unsere Kajüte eilte. Mit einem dicken Bündel kam sie wieder, ging aber ohne mich zu beachten an mir vorbei, verständlicherweise, weil sie auf ihre Schritte achten musste!
Immer wieder kam uns die White Moon sehr nahe, bekam aber jedes mal noch den Dreh, sich abzuwenden von uns. Aber man sah auch dort an Deck das hektische Treiben, welches auf einige Schäden hindeutete.
Gegen Mittag kam noch ein heftiger Hagel hinzu und die Wellen türmten sich immer weiter auf.
Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich den völlig absurden Gedanken, dass irgend jemand nicht wollte, dass wir in England heile ankamen! Ich schüttelte diese Bilder aber ab und machte mich daran, weiter die Jackdaw vor dem Sinken zu bewahren, was zunehmend schwerer wurde.
Plötzlich hörten wir den Ausruf, welchen man nicht gebrauchen kann.
„WASSEREINBRUCH IN DER UNTERSTEN SEKTION!“ und es eilten einige Männer hinunter, um dort auszuhelfen!
Die Hagelkörner waren so groß wie Wachteleier und schlugen kleine Löcher in einige Segel und ihr Aufprall auf der Haut war extrem schmerzhaft.
Als es gegen Abend ging, erschien Alex an Deck, rannte aber hinüber zur Kajüte.
Wieder draußen, sah ich, sie hatte sich umgezogen und half nun hier mit! Ich bemerkte in ihren Augen, auch wenn die Witterung wahnsinnig schlecht war, dass sie einfach Angst um ihr Schiff hatte.
Auch sie half, wo sie konnte, band die Taue fest oder brachte neue an, wo es nötig war. Immer wieder kamen neue Meldungen von Wassereinbrüchen oder von zerfetzten Segeln. Es blieb nicht bei den drei zu unserem Verdruss!
Mittlerweile war ich fast 48 Stunden wach und auf den Beinen, doch der Adrenalinpegel putschte mich auf und sorgte dafür, dass ich weitermachen konnte. Dann krachte es und wir sahen einen Blitz direkt neben der Jackdaw ins Wasser tauchen und dann brüllte jemand, dass etwas im Unterdeck Feuer gefangen hatte!
Der Hagel ließ jetzt aber Gott sei Dank langsam nach, dafür schlug der Regen von der Seite übers Schiff und der Wind hatte solche Kraft, dass man sich festhalten musste!
Am Mittag, so vermutete ich jetzt einfach, schlug das Wetter wieder von jetzt auf gleich um und wir fuhren der Sonne entgegen!
Erleichtert atmete ich aus und nahm meine Frau, welche zitterte und vor Erleichterung weinte, in die Arme.
„Wir haben es überstanden, mi sol!“ hörte ich mich mit krächzender Stimme sprechen, da ich mich in den letzten Stunden oder besser Tagen sehr verausgaben musste.
Es nieselte lediglich noch leicht und Alex meinte, sie würde jetzt Edward holen um ihn in Ruhe wieder stillen zu können. Leider hatte er nichts bei sich behalten, wie so einige andere Personen hier an Bord auch, sogar Magdas Übelkeit war zurück. Das konnte man niemandem verdenken bei solch einem hohen Seegang. Selbst mir war es nicht immer wohl gewesen und das sollte schon etwas heißen!
Ich ging hinter meiner Frau und unserem Sohn in die Kajüte, um mir ebenfalls trockene Sachen anzuziehen. Michael erschien damit er mir dabei half, da alles an meinem Körper klebte und meine Finger noch taub waren.
Alex hingegen wartete noch, bis mein Kammerdiener gegangen war und zog sich dann um.
„Mi amor, das war... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!“ ihre Stimme zitterte immer noch leicht und ich nahm sie in den Arm.
„Ich weiß, ich weiß. Aber wir haben es überstanden und ich hoffe, wir kommen nicht erneut in so einen Sturm...“ bevor ich jedoch weiter reden konnte, fing mein Sohn an zu weinen und verlangte nach seinem Essen. Er war blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen, was ihm ein unheimliches Aussehen bei diesem Licht hier verlieh.
Ich ging hinaus und ließ die beiden ihre Ruhe ausnutzen, damit Edward wieder etwas in den Magen bekam. Jetzt hatte auch der Nieselregen aufgehört und ich atmete tief durch. Langsam schritt ich über das Deck und fing an, die Schäden in Augenschein zu nehmen. Die Zimmermänner hatten bereits begonnen, die Schäden zu beseitigen. Mittlerweile hatt man die White Moon mit der Jackdaw gesichert.
Kurz darauf erschien meine Frau in trockenen Sachen neben mir mit unserem Sohn, welcher jetzt wieder friedlich schlief.
„Oh es tut mir für unseren Schatz unendlich leid, dass er das erleben musste.“ auf meiner Zunge lagen die Worte „Ich hatte dich gewarnt, dass das Wetter sehr unbeständig zu dieser Jahreszeit ist!“ doch ich verkniff sie mir, ich wollte mich nicht schon wieder streiten!
Man erlebt mich selten euphorisch oder überschwänglich, doch als wir den Hafen von Bristol erreichten, kannte meine Freude keine Grenzen!
Die letzten Wochen waren eine reine Qual gewesen, wenn ich ehrlich sein darf! Meine Frau machte mir das Leben mit ihrer Zeterei schwer, weil man es ihr nie Recht machen konnte. Sogar unser Smutje musste darunter leiden, sowie einige der Besatzungsmitglieder!
Dazu kam noch, dass Edward immer lebhafter wurde und man ihn nicht immer unter Kontrolle halten konnte. Man konnte meinen, auch er wäre froh, bald wieder festen Boden unter den... Füßen zu haben.
Wir hatten kurz vor unserem Aufbruch noch eine Mitteilung erhalten, dass nicht der kleine geschützte Hafenbereich angesteuert werden sollte, sondern der ganz normale. Dort sollten wir eine Unterkunft beziehen und der Geschäftspartner von Elias würde sich später mit uns in Verbindung setzen.
Gesagt getan! Als ich endlich dieses vermaledeite Schiff, verzeih mir Vater!, verlassen konnte, war es eine Wohltat. Jedoch brauchte ich einen Moment, um mich an diesen nicht mehr schwankenden Untergrund zu gewöhnen.
Alex hatte sich eines ihrer besseren Kleider übergezogen und machte sich jetzt mit Mr. Hargreaves auf zum Hafenmeister. Dort würden sie auch noch Einzelheiten erfahren, was den Händler beträfe.
Mit den Bediensteten und Edward bestieg ich eine Kutsche und suchte uns eine Unterkunft, welche in der Nähe des Hafens sein sollte. Der Kapitän der White Moon hatte uns eine kleine beschauliche Pension empfohlen, welche etwas gehobenere Ausstattungen hatte.
Nach ungefähr einer halben Stunde wurde ich fündig und besah mir die Räumlichkeiten. Die Eheleute, welche diese Pension führten waren ungefähr 50 Jahre alt und man hörte eindeutig, dass sie von hier kamen.
„Master Kenway, ihr reist ohne eure Frau? Das...“ ereiferte sich die Frau des Wirtes, Mrs. Eve Hammond!
„Nein, meine Gattin ist noch beim Hafenmeister, sie wird später zu uns stoßen.“ dabei lächelte sie Edward an. Als sie jedoch näherkam, wich mein Sohn zurück und griff um meinen Nacken. Fremden gegenüber war er scheu und zurückhaltend, was ich persönlich beruhigend fand.
Unser Zimmer war sehr geräumig mit angrenzendem Ankleidezimmer, welches noch eine Durchgangstür zu Mrs. Wallaces Kammer hatte. Eine Wiege würde man uns auch noch ins Zimmer bringen. Magda und Michael bezogen kleine Kammern am Ende des Flures, welche aber fast an unser Zimmer anschlossen.
Ich entließ die beiden für den Nachmittag, als unsere Garderobe verräumt war und Mrs. Wallace wickelte meinen Sohn neu, bevor auch wir wieder hinunter gehen konnten. Edward wurde immer lauter, weinte und ließ sich nicht beruhigen.
Also machte ich mich kurzerhand auf den Weg Richtung Hafen, um Alex dort in Empfang zu nehmen. So wäre unser Nachwuchs auch etwas abgelenkt und ich ebenso.
Von weitem sah ich Mr. Hargreaves und Alex in ein Gespräch vertieft. Als ich näher kam, lächelte mich meine Frau an, bemerkte aber das kleine jaulende Bündel auf meinem Arm und sofort trat Besorgnis in ihre Augen! Um sie nicht unnötig zu beunruhigen, sagte ich, ihm gefiele wohl unsere Unterkunft nicht. Ein Grinsen legte sich auf ihr Gesicht, als sie unseren Sohn übernahm.
„Oh, Edward, bist du etwa auch noch wählerisch was das Schlafen angeht?“ Seine kleine Hand lag mit einem leisen Patsch auf ihrer Wange und sein Schniefen war mehr als laut, doch er war ruhiger geworden.
Als Alex mir sagte, dass wir in den nächsten Tagen von dem Händler, Mr. Bradshaw, kontaktiert würden, machte sie den Vorschlag, dass wir uns die Stadt doch etwas genauer ansehen könnten.
Da Michael und Magda uns erst gegen Abend wieder antreffen würden, befand ich, dass es eine gute Idee sei. So hatten wir die Möglichkeit, etwas zu entspannen. Doch vorher sollten wir noch Mrs. Wallace Bescheid geben, damit sie uns begleiten und ab und an Edward übernehmen konnte.
Angekommen bei der Pension, blieb meine Frau für einen Moment staunend stehen.
„Die ist größer als ich dachte, mi amor. Das hätte ich hier nicht erwartet.“ mit offenem Mund ging sie weiter und ich zeigte ihr unser Reich. Auch hier blieb sie sprachlos für einen Moment stehen. Ich erklärte ihr noch, dass wir auf Wunsch Frühstück, Mittag- oder auch Abendessen bekommen würden.
Ich zeigte ihr ebenfalls wo unsere Diener ihre Unterkünfte hatten und wo Sybills Zimmer war.
Unser Sohn lag jetzt auf dem Bett. „Ich werde mich etwas frisch machen und dann wäre ich dankbar, wenn ich etwas zu trinken bekäme. Kaffee wäre mir ja am liebsten...“ hörte ich meine Frau leise sagen! Das konnte Alex vergessen, sie hatte mir selber erklärt, dass es für Edward nicht gut sei, so lange sie ihn stillte!
„Na, das kann ja noch ewig dauern. Aber da muss ich wohl durch, mi amor. Und DU auch!“
Sie streckte mir doch allen ernstes die Zunge bei diesen Worten raus! Mit wenigen Schritten war ich bei ihr und ergriff fest ihren Hintern!
„Mi sol, deine Lektionen nehmen so langsam Dimensionen an, welche ich nicht in einer Nacht abarbeiten kann. Also... zügel dich gefälligst oder ich schleife dich postwendend in die nächste dunkle Seitengasse...“
Nach diesen Wochen ohne Zweisamkeit mit meiner Frau, konnte ich mich nur schwer beherrschen, nicht über sie herzufallen! Ihr ging es anscheinend ähnlich!
„Das hört sich verdammt gut an, Master Kenway!“ flüsterte sie leise an meinem Ohr und ich spürte ihre Lippen auf meinem Mund…
… dann hörten wir ein vergnügtes Quietschen vom Bett!
Edward hatte sich auf den Bauch gedreht und robbte auf das Kopfende zu! Alex war wieder ganz Mutter, was mich immer noch erstaunte, WIE sie so schnell umschwenken und umdenken konnte!
„Schätzchen, du bist aber von der flinken Truppe, kann das sein?“ hörte ich sie grinsend sagen, dann drehte sie unseren Sohn wieder auf den Rücken. Doch das gefiel ihm nicht, er wollte seine neue Fähigkeit gleich erneut testen und lag kurz darauf wieder auf dem Bauch.
Etwas grübelnd stand meine Frau dort und sah auf ihn hinunter, was mich veranlasste zu fragen, ob es zu früh sei oder wir uns Sorgen machen müssten?
„Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern. Aber es ist doch schön, wenn unser Sohn schnell mobil werden will, dann sollten wir ihn lassen!“
Es war über 20 Jahre her mit Yannick, aber da es etwas positives war, sah ich ebenso stolz auf meinen Sohn, welcher nun aber genug hatte und anfing zu weinen.
Alex ergab sich ihrem Schicksal und stillte ihn im Bett, da hier leider kein Schaukelstuhl wie in Virginia vorhanden war. Dieser Anblick... es ist einfach friedlich und eine Freude, den beiden zuzusehen, wie sie im völligen Einklang sind. Doch ich schweife ab!
Ich setzte mich derweil an den Schreibtisch und ging einige Schreiben durch, welche ich für William und Jonathan noch überarbeiten musste.
Die Aufstellung von den Männern, wie wir weiter fortfahren würden und vor allem, wie wir die Vorläuferstätte für uns sichern konnten. Ich befürchtete, dass die Indianer nicht immer glücklich über diesen Vorstoß waren, genauso wenig wie darüber, dass ihnen immer mehr Land geklaut wurde. Man muss es so sagen! Sie wurden stellenweise einfach gar nicht gefragt, sondern es wurden Hektarweise die Partien verkauft!
Master Johnson sollte sich diesbezüglich intensiver mit den Eingeborenen-Stämmen gut stellen und versuchen sie auf unsere Seite zu holen.
UNSERE Seite! Das klingt mitunter falsch! Wir, der Templerorden, arbeiteten weder mit der Krone zusammen noch mit den Patrioten oder sonstigen Zweigen, welche sich jetzt begannen zu formieren.
Gerade als ich die Anweisung fertig hatte, sich vorläufig noch einmal etwas zurückzuziehen, hörte ich meine Frau, wie sie leise mit Edward erzählte, als sie ihn wickelte und in ihr Tragetuch legte.
Ich drehte mich um, doch sie sprach gar nicht wirklich mit ihm, sondern ich hörte ihre Gedanken! Das war mir schon sehr oft aufgefallen!
Wenn Alex mit unserem Sohn beschäftigt war, war es ab und an, als würden ihre gedachten Worte in meinem Geist ankommen.
Ich grinste und sagte, ich könne sie schon wieder lesen, oder besser hören.
„Aber das ist doch praktisch, dann brauche ich nicht alles erklären. Schlecht nur, wenn ich gerade mal wieder über dich lästern möchte, das wäre dann eher suboptimal für mich, oder?“
Lästern... so so, ja das wäre für ihren ansehnlichen Po nicht zuträglich und ich demonstrierte meinen Besitzanspruch auch entsprechend! Bevor ich jedoch über diese Frau herfiel, schob ich sie aus dem Zimmer!
Unten im Gastraum erwartete uns das Kindermädchen und wir aßen noch zu Mittag. So gestärkt machten wir uns auf den Weg durch diese kleinen verwinkelten Gassen und Straßen.
Es war für mich ein neuer Eindruck, da ich Bristol nur aus kleinen und recht sporadischen Erzählungen meines Vaters kannte. Er hatte nicht viel über seine Vergangenheit gesprochen, nur über Bristol und dass er sich hier erst gar nicht wirklich wohlfühlte, hatte er berichtet. Alex wurde immer aufgeregter und ihre Euphorie war schon wieder ansteckend, ebenso die von Sybill.
„Diese Art von Handel kenne ich halt nicht und finde es spannend. Ich merke auch, dass ich noch viel lernen muss, auch wenn ich ein gewisses Grundwissen mitbringe.“ hörte ich meine Frau sagen, filterte aber nur das „LERNEN“ hinaus und raunte ihr ein „Das wirst du definitiv!“ zu.
Warum brachten alleine ihre Worte, ihre Art WIE sie sie aussprach, meine Fantasie nur immer wieder in diese Gosse? Verdammt noch eins... ich musste mich ablenken, also führte ich die Damen einfach weiter, bis wir vor einem Geschäft ankamen, welches Spielzeuge feilbot.
Für einen Moment stand ich einfach da und besah mir das Schaufenster. Dort waren allerlei Holzfiguren zu sehen. Von Pferden über exotische Tiere bis hin zu den einheimischen Tieren, wie Hunde oder Katzen. Auch sah ich kunstvoll aus Stoff gefertigtes Spielzeug und sogar Zinnsoldaten, am Rande des Fensters bemerkte ich ein kleines Holzschwert und einen passenden Schild dazu... meine Gedanken drifteten in meine Kindheit...
… in unseren Freizeitraum. Parieren, blocken, kontern, Balance, Beinarbeit ... diese Worte hallten in meinem Kopf nach und ich sah meinen Vater vor mir, wie er mich lehrte, mit dem Schwert umzugehen.
Wie er immer und immer wieder diese Worte von sich gab … mich korrigierte, wenn ich wieder einmal nicht richtig stand ...
Sein freundlicher, aber immer scharfer Blick ... und dann sah ich mich... oder besser UNS... Vater hob ich mich hoch und hielt mich über seinem Kopf.
„Ja, lass deinen Geist frei, Haytham! Lass es zu!“ hörte ich seine Stimme! Leap of Faith... er wollte es mir beibringen, aber kam nicht mehr dazu, er hatte nie die Zeit, mit mir zu spielen!
Stattdessen hatte ich Lehrer und Kindermädchen! Ich schüttelte mich und sah meinen Sohn an! Nein, ich würde mich mit ihm beschäftigen, ich würde mir die Zeit nehmen und er sollte Spielzeug bekommen, welches ich so nie kennengelernt hatte!
Ohne ein Wort zu sagen, das Sprechen fiel mir gerade aus erfindlichen Gründen etwas schwer, schob ich die Damen in das Geschäft! Der Inhaber sah uns für einen Moment etwas skeptisch an, doch als er Edward in seinem Tragetuch sah, wusste er Bescheid.
Der Herr erzählte mir, was es mit den handgeschnitzten Figuren auf sich hatte, wie viele er auf Lager hätte und dass man auch nach Hause liefern würde!
DAS war mein Stichwort und ich, es ist mir beinahe schon unangenehm das zuzugeben, doch ich war in einen Kaufrausch verfallen und orderte vermutlich den ganzen Laden! Doch ich wollte, dass es meinem Sohn an nichts mangelt, ich wollte, dass er das bekommt, was ihm zusteht und dass er nie das Gefühl haben sollte, etwas zu verpassen!
Diese ganzen Gedanken gingen mir durch den Kopf und es verwirrte mich ehrlich gesagt. Wer hätte gedacht, dass mich ein eigenes Kind so verändern könnte?
Tief in meinem Hinterkopf regte sich jedoch wieder das schlechte Gewissen! Es gab noch ein Kind! Würde Alex aber Recht behalten? Wird es eine Annäherung geben, ohne Konflikte, ohne Vorwürfe? Doch wie würde das aussehen? Mein Blick wanderte zu Edward und ich sah, wie seine Augen aufmerksam auf mir ruhten und plötzlich leuchteten.
„Vater, Mutter hat es dir versprochen und sie hat immer ihre Versprechen gehalten! Sie wird euch zusammen bringen und dann können wir das Schicksal erfüllen!“ dann erlosch dieser Schimmer und er plapperte vor sich hin!
Ich musste an die frische Luft und zwar schnell, also schob ich meine Familie mitsamt des Kindermädchens nach draußen, nachdem ich den Herren bezahlt hatte und atmete einige Male tief durch!
War es, weil wir in der Heimat meines Vaters waren, dass diese Gefühle und Gedanken so durchbrachen? Lag es daran, dass ich nun mit meiner Frau und unserem Sohn vereint war?
Dieses ganze Chaos in mir wollte nicht weichen. Ich wusste nicht, mit wem ich reden sollte. Also tat ich, was ich am besten konnte! Ich verschloss mich, machte einfach weiter!
Ich nahm Edward auf den Arm und etwas erstaunt sah mich Alex an, doch ich ließ mich nicht beirren!
„So, jetzt hast du vermutlich soviel Spielzeug, dass dein Zimmer überquillt, aber du sollst dich nicht langweilen und ich verspreche dir, dass ich mir immer Zeit nehmen werde, mit dir zuspielen.“
Diese Worte taten mir gut. Sie brachten mich wieder etwas in die Realität!
Plötzlich hörte ich ein gemeinsames Schluchzen und sah, wie Sybill sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht wischte, ebenso meine Frau. Was hatte ich getan, dass sie in Tränen ausbrachen?
„Du bist ein wundervoller Vater, weißt du das, mi amor?“ mehr sagte Alex nicht und gab mir einen liebevollen Kuss.
Mrs. Wallace nahm sich nun Edward und sagte, sie würde in die Pension zurück gehen, dort könnte sie mit ihm ein bisschen mit dem neuen Spielzeug spielen. Ich sah aber, dass sie mir und meiner Frau etwas Zweisamkeit gönnen wollte. Ich willigte ein, ebenso Alex. Von uns beiden bekam unser Nachwuchs noch einen Kuss und von mir die Ermahnung, er solle sich bei Sybill ordentlich benehmen, dann gingen die beiden von dannen.
Bevor mein Weib sich noch umentscheiden konnte, zog ich sie hinter mir her und ich... ja, ich streifte auf der Suche nach ein wenig Privatsphäre umher!
Ich konnte nicht mehr auf meine Frau verzichten, ich wollte sie, JETZT! Und mir kam nach kurzer Suche eine verlassene Scheune sehr gelegen. Ich sah mich hier um, doch niemand schien Notiz von uns zu nehmen! Vorsichtig öffnete ich die Türe und schob Alex hindurch!
Ein „Master Kenway, ich...“ unterband ich, indem ich ihren Mund mit meinen Lippen versiegelte. Ich konnte und wollte mich nicht mehr zügeln!
Ihre Röcke waren schnell hochgeschoben während ich sie auf einen der Kistenstapel hob und... nahm sie einfach! Alex war bereit, wie immer und ich konnte mich fallen lassen!
„Bei Odin, ich habe dich vermisst, Haytham!“ hörte ich sie keuchen, als ich in sie eindrang!
Wir liebten uns, schnell, hart und einfach weil es notwendig war.
Diese Frau, dieser Körper und ihre Nähe hatten mir gefehlt und ich brauchte sie. Ich brauchte diesen Ausgleich! Es dauerte nicht lange bis sie ihren Höhepunkt hatte. Ich genoss diesen Anblick von ihr, weil sich Alex völlig verlor, während sie alles andere ausblendete. Ihr ganzer Körper schien sich nur auf mich zu konzentrieren.
Diese Abstinenz war einfach wieder zu viel und ich muss es unumwunden zugeben, in dieser Beziehung war ich nicht gerade der geduldigste Mensch. Doch ich musste mich nicht weiter erklären!
„Es war zu lange, ich weiß. Ich verspreche dir, dass ich mir etwas einfallen lassen werde, damit wir ab und zu ganz alleine sein können, mi amor! Leider werden wir aber einige Durststrecken noch vor uns haben.“
Wahre Worte, welche mich wieder in das Hier und Jetzt brachten. Wir hatten einige Missionen zu erledigen, wir mussten unser Schicksal und das unseres Sohnes erfüllen!
Im Grunde waren diese Momente zwischen Alex und mir nur ein nettes Beiwerk zum Ausgleich!
Als ich mich vergewissert hatte, dass uns niemand beobachtet beim Verlassen des Gebäudes, vernahm ich mal wieder diese Gedanken meiner Frau. Dieses mal waren es welche aus ihrer Jugend und sie trieben mir eine gewisse Röte ins Gesicht.
Wie jung muss sie gewesen sein um einen jungen Mann in einer Scheune ... also ... Ich tat mein Erstaunen entsprechend kund, wenn auch etwas gespielt und übertrieben, ich wollte Alex nicht zu sehr verunsichern.
„Als wenn du immer wie ein Mönch gelebt hättest, Master Kenway.“
Nun... nein, das hatte ich gewiss nicht! WARUM gab sie mir gerade das Gefühl, ich müsste ein schlechtes Gewissen haben? Frauen waren manchmal extrem manipulativ! Verdammt!
Meine nicht ganz reinen Erinnerungen konnte ich in diesem Moment jedoch nicht verbergen und erntete eine neugierig hochgezogene Augenbraue. Nein, ich würde Alex sicher nicht über die Waschfrauen oder Herbergsfrauen berichten, welche mir Trost gespendet hatten damals. Was zählte, war das was hier und jetzt geschah.
Langsam gingen wir wieder auf die belebten Straßen und in Richtung der Herberge.
„Mir wird gerade bewusst, dass wir in der Nähe von dem Ort sind, wo dein Vater damals mit seinen Eltern gelebt hat.“ meinte Alex plötzlich nachdenklich, also war sie sich dessen ebenso bewusst.
Kaum dass wir es im Kopf hatten, hörten wir meinen Vater!
Es freut mich, euch hier begrüßen zu dürfen. Es hat sich vieles verändert seit damals, Haytham. Alles erkenne ich nicht wieder, aber wenn ihr wollt, könnte ich euch ein wenig herumführen.
Ich hatte ihn selten so enthusiastisch fröhlich erlebt und jetzt beflügelten mich diese Worte.
Meine Frau schlug dann aber vor, das ganze noch um ein oder zwei Stunden zu verschieben, da unser Sohn sicherlich wieder Hunger hatte.
Ihr Satz „Ich verärgere ja immer nur sehr ungerne einen Kenway, das weißt du doch!“ entlockte Vater UND mir ein „Das wäre mir aber neu, Alex!“
Ein Schnauben ihrerseits, aufgrund dieser Solidarität, und ein grinsendes Kopfschüttelnd reichte mir, wir hatten den Nagel auf den Kopf getroffen!
Vor der Pension angekommen, kamen uns Magda und Michael schon entgegen. Hand in Hand! Ich halte nichts von Beziehungen innerhalb des Hausstandes was das Personal anging. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, ließen die beiden sich los und erröteten bis unter die Haarspitzen.
In Alex Gesicht trat ein wissendes Lächeln, anscheinend war diese Liaison für sie nicht weiter schlimm und ich seufzte innerlich. Ein weiterer Punkt, was ihre Liste an Dingen betraf, welche sie verinnerlichen musste. Ich sah so etwas nun mal nicht gerne, so wurde es mir auch immer von Reginald beigebracht!
Unsere Diener hatten sich ebenfalls die Stadt angesehen und waren beide sehr angetan, da weder Michael noch Magda bisher viel von der Welt gesehen hatten. Als ich London erwähnte, strahlte mein Kammerdiener.
„Darauf freue ich mich auch schon, Master Kenway.“ Fürs erste brauchten wir sie nicht und sie hatten noch ein paar freie Minuten.
Im Zimmer erwartete uns ein fröhlicher Edward junior inmitten eines Bergs aus Spielzeug und strahlte über beide Ohren.
An Sybill gewandt fragte ich, ob sie bisher zurecht gekommen sei.
„Master Kenway, euer Sohn liebt die Pferde anscheinend, alles andere ist bisher liegen geblieben.“ lachte sie und sah auf ihren Schützling. „Eine Vorliebe, die er von seiner Mutter hat, wie ich vermute.“ Ihr Blick ging zu Alex.
„Vermutlich, Sybill. Aber seien wir ehrlich, wer mag diese majestätischen Tiere NICHT?“ Für eine Weile saßen wir mit den beiden auf dem Boden und auch ich bemerkte schnell, dass er eines der Pferde aus Stoff, einen Schimmel, nicht mehr losließ und es versonnen betrachtete.
Dann kam mir ein ganz anderer Gedanke. War es nicht eigentlich Zeit für Edwards nächste Mahlzeit? Meine Frau sagte aber nichts und spielte mit ihm, erzählte ihm Geschichten über die Tiere.
Irgendwann, es dämmerte bereits, fing unser Sohn dann doch an zu weinen und verlangte nach seinem Essen. Wieder einmal fiel mir auf, dass er eine – ich weiß nicht wie ich es genau beschreiben soll – gewisse Aggressivität an den Tag dabei legte. Immer wenn er etwas wollte oder eben NICHT wollte, tat er es sehr lautstark kund und man sah auch in seinem Gesicht den Unmut!
Ich mag mich aber auch täuschen und werde beizeiten Alex darauf ansprechen.
Mrs. Wallace wickelte Edward bevor wir hinunter gingen zum Abendessen, was mich wunderte. Meine Frau machte keine Anstalten ihn anzulegen und etwas verwirrt sah ich den beiden Damen zu, wie unser Sohn neue Sachen anbekam.
Unten im Gastraum nahm Sybill ihren Schützling auf den Schoß und begann ihn mit zerstampften Kartoffeln zu füttern. Mit großer Begeisterung nahm er sie an und schien gar nicht genug davon zu bekommen.
„Mrs. Wallace, kann es sein, dass mein Schatz lieber mit uns gemeinsam isst und nicht mehr gestillt werden möchte?“
Also hatte sie mit Absicht abgewartet, was ich persönlich gut fand, so konnte Edward sich weiter entwickeln. Wenn auch sehr schnell, wenn ich es recht bedenke! Sybill erklärte aber, er sei ja schon 5 Monate alt und er könnte ruhig mit den normalen Speisen beginnen.
Wenn es ihm schmeckt, solle er es ruhig probieren. Diese Einstellung gefiel mir ebenso und ich mischte mich nicht weiter ein.
Was jedoch nicht so gut war, war dass unser Sohn versuchte mit den Händen zu essen und beschmierte nicht nur sich, sondern auch sein Kindermädchen! Ein leises Kichern seitens meiner Frau brachte mich dazu, selber zu grinsen, Tischmanieren kämen dann später dran als Lektion!
Alex wusch unseren schmutzigen Nachwuchs gründlich und legte ihn dann in seine Wiege.
Wie immer sah ich fasziniert dabei zu, wenn sie ihm vorsang! Ihre Haut schien zu schimmern oder besser gesagt von innen zu leuchten. Ob sie es selber wahrnahm wusste ich nicht, unterbrach Alex aber auch nicht, da ich mir diese Worte versuchte einzuprägen. Es sei ein alter dänischer Dialekt, hatte sie mir einmal erklärt.
Für heute musste die Besichtigung Bristols mit meinem Vater als Fremdenführer dann wohl warten. An mich geschmiegt, schlief Alex dann später auch zügig ein, genau wie ich selber. Der Tag war lang gewesen.
Ein lautes Gebrüll aus der Wiege riss uns aus dem Schlaf und meine Frau stand schlaftrunken auf, holte den Schreihals ins Bett und stillte ihn.
„Mi sol, ich dachte, unser Sohn hat beschlossen nicht mehr gestillt zu werden.“ fragte ich gähnend.
„Etwas unentschlossen, der junge Mann, wie es scheint.“ lachte sie leise und strich ihm eine Strähne aus dem nassen Gesicht.
Vermutlich würde es jetzt etwas chaotisch werden, meinte sie noch, da es etwas dauert, bis man das Kind ganz abgestillt hätte. Ich zog die beiden in meine Arme, in der Hoffnung, dass wir noch ein wenig Schlaf bekommen könnten.
In den letzten Tagen hatten wir dann tatsächlich noch eine Rundführung von meinem Vater erhalten und ich hörte ihm einfach nur zu, wie er uns alles erklärte, zeigte und einige Anekdoten zum Besten gab.
Diese Stadt war im Grunde uralt, der Hafen ein beliebter Umschlagplatz für allerlei Waren, darunter auch ab und an nicht ganz legale Dinge!
Wenn du weißt was ich meine, Haytham. Kam es in einem verschwörerischen Ton von ihm und ich verstand sehr wohl, auch Alex wusste darüber Bescheid. Ich hatte vergessen, dass du ja selber solche Waren handelst, liebste Schwiegertochter. Auch das kam in einem mehr als ironischem Ton, welcher mich breit grinsen ließ.
Gestern hatten wir nun endlich eine Nachricht des Händlers bekommen, mit welchem wir uns hier treffen sollten.
Mr. Bradshaw erwartete uns heute gegen 16 Uhr in seinem Geschäftshaus, etwas außerhalb der Stadt. Eine Kutsche würde uns abholen und dorthin bringen. Mr. Higgins würde uns begleiten, sagte Alex, doch warum erschloss sich mir nicht.
Während wir dort wären, würde sich Sybill um unseren Sohn kümmern und sie erhielt tatkräftige Unterstützung von Michael und Magda. Die beiden schienen sich zu mögen, ich traf sie aber nie wieder Händchenhaltend an, oder bei anderen Intimitäten! Nur ihre Blicke konnten sie nicht verstecken, was Alex hin und wieder ein freudiges Lächeln ins Gesicht trieb. Ich derweil seufzte nur wieder.
Ich hatte mich heute farblich meiner Gattin angepasst in dunkelgrün. Mein Kammerdiener bestätigte, es stehe mir und es sei ja auch die Farbe der Hoffnung.
„Da habt ihr vermutlich Recht, Michael. Dann hoffen wir mal, dass die Verhandlungen gut verlaufen werden nachher!“ sagte ich etwas nachdenklich, wurde aber hellwach, als ich meine Frau sah.
Ich würde ja sagen, sie könne auch in Lumpen gehüllt daher kommen und sähe immer noch fantastisch aus, doch das käme ihrer Aussage, ich solle einfach in ein Handtuch gehüllt einen Empfang geben, sehr nahe.
Vor der Tür mussten wir nicht lange warten bis die Kutsche erschien, ebenso wie Mr. Higgins. Die Truhen waren bereits am Vormittag zu Mr. Bradshaw gebracht worden, somit mussten nur noch wir dorthin!
Auf dem Weg konnte ich in Ruhe noch einmal einen Blick auf Bristol werfen, auf die vielen unterschiedlichen Menschen hier!
Der Handel hat die Stadt wachsen lassen und das ist auch gut so. Der Hafen liegt günstig und ist nicht so sehr von der Witterung oder den Gezeiten abhängig! Hörte ich meinen Vater wieder in meinem Kopf.
Eine halbe Stunde später hielten wir vor einem sehr imposanten Gebäude, welches ich schon fast als kleines Chateau bezeichnen würde. Der Herr hatte Geschmack, was auch Alex nicht entgangen war. Doch ihre Gedanken konnte ich wieder hören, wie sie über das Alter dieser Gemäuer nachdachte.
Mir wurde mal wieder bewusst, dass meine Frau sich dringend eine andere Zeitrechnung angewöhnen sollte, sie war hin und wieder im 21. Jahrhundert bei solchen Sachen.
Ich weiß, es ist immer noch ungewohnt. Ich arbeite daran! Ihr Lächeln war aber wie zu erwarten zuversichtlich!
Wir wurden in den Salon der Familie gebracht und man hieß uns warten, doch nicht lange, dann erschien der Hausherr samt Gattin! Er war ungefähr 60 Jahre alt und hatte eine gewisse Präsenz, welche seine Autorität noch unterstrich. Seine Frau war um die 50 mutmaßte ich und etwas fülliger, was nicht wirklich meinen Vorlieben entsprach. Aber jeder wie er mag.
Nachdem man sich bekannt gemacht hatte, wurde Tee und etwas Gebäck gereicht und wir kamen fürs erste auf neutrale Themen.
Dabei blieb es jedoch nicht allzu lange.
„Es freut mich euch endlich persönlich kennenzulernen, Mistress Kenway, Master Kenway. Master Lestrange sprach nur gut über euch und hat euch mir wärmstens empfohlen.“
Finley Bradshaws Worte waren echt, kein oberflächliches daher Gerede! Dennoch war etwas an ihm, was mich aufhorchen und wachsam sein ließ, WAS genau es war, konnte ich nicht sagen.
Alex kam nun auch gleich zur Sache und erkundigte sich, ob die Truhen zu seiner Zufriedenheit unbeschädigt hier eingetroffen seien. Ich spürte, dass sie etwas nervös wurde.
„Alles zu meiner Zufriedenheit und ich muss sagen, ich mag es, dass ihr gleich auf den Punkt kommt. Ich nehme an, der Duke hat bereits mit euch über die Summe gesprochen, welche ich gedenke zu bezahlen?“ ein leichter lauernder Unterton war in seine Stimme getreten. Er testete meine Frau, inwieweit sie sich mit den Geschäften und allgemein mit diesen Belange auskannte! Kluger Mann!
„Durchaus, Master Bradshaw. Jedoch ging es noch darum, welche Truhen in euren Besitz übergehen sollten. Darüber hat sich Master Lestrange leider ausgeschwiegen.“ kam es souverän von Alex und der Ruhemantel lag über ihr, ich konnte ihn regelrecht sehen!
„Ich habe kurzfristig mit dem Duke korrespondiert und wir haben ausgehandelt, dass eine der schweren verschlossenen Truhen ebenfalls schon hier bleiben wird.“
Finley stand auf, holte einen Brief von einem in der Nähe stehenden Tischchen und reichte ihn meiner Gattin! Darin bestätigte Elias die Worte von Mr. Bradshaw und der Preis wurde dort ebenso neu berechnet!
Als Alex dann anmerkte, man solle doch jetzt die Waren einmal persönlich in Augenschein nehmen, damit wir sicher sein könnten, dass wirklich nichts zu Schaden gekommen sei, willigte der Händler ein und bat uns, ihm zu folgen!
In seinem Arbeitszimmer, welches eigentlich eher einem großen Freizeitraum glich, sah ich an den Wänden Deckenhohe Regale mit unzähligen Büchern darin. Neben mir spürte ich ein leichtes Zittern. Alex sah sich mit großen Augen um und nahm diesen Geruch in sich auf. Ihre Liebe zu Büchern kam wieder durch, auch Bradshaw entging ihre Reaktion nicht!
„Master Lestrange erwähnte eure Leidenschaft für Bücher, Mistress Kenway. Ihr könnt euch gerne, wenn wir das geschäftliche erledigt haben, hier umsehen.“ mit einem Lächeln unterstrich er seine Worte.
Im Raum standen 5 größere Tische, welche zu diesem Zweck leergeräumt waren um die Truhe abstellen zu können. Nicht alle, es waren 7 und eben die Behältnisse, welche mir Alex beschrieben hatte.
Der Hausherr öffnete die Truhen nacheinander, doch die mit Runen besetzten rührte er nicht an.
Ich sah ein Glitzern und Funkeln aus dem Inneren der anderen Behältnisse, was einfach unglaublich war. So etwas hatte selbst ich noch nicht zu Gesicht bekommen, von Mr. Higgins ganz zu schweigen, welcher nun lachend sagte „Das ist wirklich ein Vermögen, was hier mal so auf den Tischen steht! Ich glaube, wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich noch vorsichtiger gesegelt.“
Ich war mir sicher, dass Mr. Bradshaw mit einigen Schmuckstücken schon die eine oder andere Gattin glücklich gemacht haben wird. Er hatte einen Blick für Diamanten. Er erklärte uns, woran man einen guten Schliff erkannte, WER Hand angelegt hatte und so weiter.
Es war ein faszinierendes Gespräch. Dabei konnte ich einen Blick auf ein Collier mit den passenden Ohrringen werfen. Amethyste, gefasst in Silber mit kleinen Diamanten drumherum! Es sah fantastisch aus und würde Alex sicherlich gut stehen! Ihr Geburtstag!, schoss es mir in den Kopf. Ich würde mich mit Mr. Bradshaw bezüglich dieses Geschenkes noch in Verbindung setzen. Meine Frau musste ja nicht alles wissen!
„Wenn ihr Mistress Kenway und mich jetzt entschuldigen würdet, Gentlemen. Wir werden jetzt die Übergabe besprechen.“ riss er mich aus meinen Überlegungen und ich sah fragend zu meiner Frau.
Mi sol, wenn etwas ist, dann sag etwas und ich werde da sein. Mir ist gerade nicht sehr wohl, dich hier mit ihm alleine zu lassen. Ließ ich sie meine Gedanken wissen.
Mir passiert schon nichts, du kannst unbesorgt sein, mi amor. Aber ich bin froh, dass du in meiner Nähe bist.
Hörte ich sie umgekehrt in meinem Geiste. Mit Mrs. Bradshaw, welche bisher noch kein einziges Wort gesprochen hatte und Mr. Higgins verließ ich das Arbeitszimmer etwas unfreiwillig.
Im Salon bat die Hausherrin dem Kapitän und mir einen Brandy an, welchen wir dankend annahmen. Ihre Stimme war sanft, aber nicht schüchtern und leise, sondern schon bestimmend.
„Ihr müsst meinen Gatten entschuldigen, es geht um weit mehr als nur den Schmuck und die zu zahlende Summe. Finley ist ein vorsichtiger Mensch müsst ihr wissen, Master Kenway.“ entschuldigte sie sich für ihren Ehemann, doch ich konnte seine Reaktion schon verstehen.
Verhandlungen betrieb man nicht in großen Gruppen und schon gar nicht, wenn jemand wie Mr. Higgins dabei war. Dennoch störte es mich ein wenig, Finley mit meiner Frau alleine zu lassen!
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, oder kam es nur MIR so vor?, bis Mr. Bradshaw mit Alex am Arm wieder im Salon erschien. Beide sahen zufrieden aus, auch wenn auf dem Gesicht meiner Frau eine leichte Verwirrung lag. Anscheinend waren aber die Verhandlungen von Erfolg gekrönt, wie ich jetzt vermutete.
„Ja, das waren sie, Master Kenway. Ihr habt eine tüchtige Ehefrau an eurer Seite. Sie weiß, was sie will und wie sie es durchsetzen kann. Ihr Verhandlungsgeschick ist bemerkenswert.“ kam es lobend von Finley. Auf den Wangen der Angesprochenen war plötzlich eine starke Röte erschienen. Alex hatte immer noch Probleme mit Komplimenten umzugehen, doch warum? War so etwas in ihrer Zeit vielleicht nicht mehr üblich und man verzichtete darauf?
Nun stießen wir mit dem soeben gereichten Champagner auf das erfolgreiche Geschäft an, bei dieser Gelegenheit baten uns die Eheleute noch zum Abendessen zu bleiben. Ganz recht war es mir nicht, da wir Edward doch sehr lange alleine ließen deswegen, aber wie sagte ich es auch meiner Frau immer wieder? „Wir haben Verpflichtungen!“ Also musste auch ich mich an solche Dinge halten.
Gegen halb neun brachte uns die Kutsche wieder zu unserer Herberge, wo wir schon sehnsüchtig von unserem Sohn und dessen Kindermädchen erwartet wurden. Edward zappelte so lange herum, bis Alex ihn auf dem Arm hatte und sich erkundigte, ob er artig gewesen sei.
„Wir haben noch auf euch gewartet, Mistress Kenway, Master Kenway, Master Edward war sehr unruhig heute Nachmittag, aber brav.“ bei diesen Worten war Alex sofort in Alarmbereitschaft und besah sich unseren Nachwuchs genauer!
„Vielleicht sind Zähne unterwegs? Er ist auch etwas warm finde ich, oder täusche ich mich.“ grübelte Alex.
Doch sie entließ das Kindermädchen für heute und ich setzte mich etwas müde auf das Bett. Michael würde gleich beim Entkleiden helfen, genau wie Magda sicherlich auch erscheinen wird.
Aber wie konnte man so etwas von Außen sehen, was die Zähne betraf?, fragte ich mich mal wieder. Meine Frau gab mir Edward auf den Schoß und erklärte mir, woran man das sah. An der roten etwas angeschwollenen Wange und dass er warm war, so als hätte er etwas erhöhte Temperatur.
„Das wird eine interessante Nacht.“ sprach sie leise und strich unserem Sohn vorsichtig über die dunklen Haare.
„Ich werde hinunter gehen und nach einem alten Kanten Brot fragen. Darauf kann Edward dann kauen, damit die Schmerzen etwas weggehen. Ich bin gleich wieder da, mi amor.“
Doch dieser fand das ganz und gar keine gute Idee und weinte, als Alex sich auch nur einen Millimeter Richtung Tür bewegte.
Um meinen Jungen abzulenken, schlug ich ihm vor, dass wir uns mit seinen Pferden beschäftigen sollten. Bei dem Wort sah er mich mit großen Augen an und das Weinen verstummte augenblicklich! Ja, er liebte diese Tiere wirklich!
Wir saßen jetzt hier auf dem Bett zusammen und ich erzählte, welches Pferd welche Rasse ist. Wir gaben ihnen Namen, nunja, ich gab ihnen Namen und Edward grapschte nach immer neuen Tieren, welche ich noch benennen sollte.
Ich hatte mich mittlerweile auf einen Ellenbogen gestützt auf die Seite gelegt, während ich meinem Sohn dabei zusah, wie er inmitten der ganzen Stofftiere saß. Nacheinander hielt er sie mir vor die Nase.
Ein leises „Ich würde zu gerne wissen, wie du mich siehst Edward.“ ließ mich hochschrecken! Herr Gott, ich war eingeschlafen! Ich entschuldigte mich bei meiner Frau, welche lächelnd sagte, dieser Anblick sei gerade sehr schön gewesen, wie Edward neben mir gesessen hatte und ein Auge auf mich gehabt hätte.
„Dieser Schleier huscht seit neuestem öfter über seine Augen, mi amor!“ sprach sie leise, als unser Sohn in seiner Wiege lag und wir unsere Diener entlassen hatten.
„Ob er uns in den normalen Farben sieht? Faith erzählte mal, dass Cadan einen anderen Sinn hatte und sie ganz bunt sehen würde.“
Das mussten wir dann wohl oder übel abwarten, bis unser Sohn richtig sprechen konnte. Ich hoffte, dass es nicht all zulange dauern würde.
Trotz der Tinktur von Mrs. Hammond, welche Alex bekommen hatte für Edward, schlief dieser überhaupt nicht richtig. Das hieß, WIR ebenfalls nicht. Erst in den frühen Morgenstunde konnten wir ein Auge zu tun.
Ich verfluche selten einen Morgen, schon gar keinen, an dem ich neben meiner Frau wach werde. Doch den heutigen hätte ich gerne einfach schon erledigt gehabt.
Ich fühlte mich wie gerädert. Mein Arm war eingeschlafen, weil Edward ihn als Kissen benutzt hatte, nachdem er endlich eingeschlafen war.
Vorsichtig zog ich ihn unter dem Jungen weg und sah, wie Alex sich ebenfalls langsam aufrichtete. Meine Übellaunigkeit entging ihr nicht.
„Dann bleib du ruhig noch liegen und versuche noch eine Stunde zu schlafen, mi amor. Ich werde schon mal hinunter gehen um mir meinen Tee zu holen. Und ich gehe davon aus, dass wir morgen dann nach London aufbrechen können!“ als Magda Alex eingekleidet hatte, verließen beide leise das Zimmer.
Kurz bevor ich wieder einschlafen konnte, flog die Tür auf und meine Frau stürmte herein.
„Haytham, wach auf. Wir müssen zum Hafen, jemand hat sich an der Ladung vergriffen. Mr. Higgins ist völlig außer sich.“ in Windeseile zog sie ihr Kleid aus und warf alles unachtsam auf den Boden.
Ich hingegen musste erst einmal registrieren, was passiert war, stand dann ich aber auf und begann mich ebenfalls anzuziehen.
Gerade als Alex ihre Jacke zur Montur überstreifen und den Kragen richte wollte, hörte ich ein „Autsch! Was zum Henker...“ aus ihrem Mund. Als ich sah was sie gestochen hatte, fehlten mir für einen Moment die Worte.
Es war ein kleines filigranes schwarzes Templerkreuz* mit Runen darauf!
Ich starrte sie über ihre Schulter im Spiegel an. „Du gehörst auch dazu?“ diese Frage erübrigte sich eigentlich, sie trug dieses Symbol, also war sie eingeweiht. Doch ihr Blick sagte etwas ganz anderes, er war ungläubig und völlig erstaunt!
Auf ihre Frage, WOZU sie gehören würde, gab ich eine mehr als dürftige Auskunft. Wir würden uns später darüber unterhalten müssen. Dieser Geheimbund innerhalb des Ordens hat ganz andere Befugnisse und ist fast ALLEN Brüdern und Schwestern, sogar einem Teil der Großmeister, übergeordnet. WER aber hatte Alex in diese Gruppe aufgenommen?
„Lass uns das nachher noch besprechen. Ich sage jetzt Sybill Bescheid und dann können wir aufbrechen!“ kam es jetzt ungeduldig von ihr. Wir überließen dem Kindermädchen unseren Sohn, dann eilten wir auch schon Richtung Hafen!
Hier herrschte bereits Hochbetrieb und wir spürten beide diese eigenartige Unruhe.
Ich ließ meinen Blick über die Menschenmenge streifen und wurde fündig. Es waren einige rote Auren anwesend, jedoch unternahmen sie nichts, im Gegenteil.
Als man uns bemerkte, verzogen sie sich vorsichtig, später könnte ich aber die Spuren nachverfolgen.
So schnell kommen sie nicht davon!, ging es mir durch den Kopf. Uns eilte ein aufgeregter Mr. Higgins entgegen und führte uns ohne Umschweife in den Laderaum. Man sah schon mit bloßem Auge, dass sich hier jemand an den Schlössern und Verschlüssen zu schaffen gemacht hatte. Aber anscheinend hatte man die Truhen nicht öffnen können.
Damit konnte ich zumindest Alex auch etwas beruhigen, welche aber selber sah, dass nichts entwendet worden war.
Diese Diebe hatten sich vermutlich über die Backbordseite durch eine der Kanonenluken den Zugang verschafft und waren somit gleich hier im Laderaum gelandet! An Mr. Higgins gewandt fragte ich in meiner Templerart „Wie viele Wachen habt ihr hier unten abgestellt, Mr. Higgins?“
Worauf er stotternd antwortete „Ich... also direkt hier im Frachtraum... also... keine. Sie stehen dort vorne an der Tür, Sir.“ gerade als ich etwas erwidern wollte, holte Alex aus!
„Das ist nicht euer Ernst, oder? Hat euch Master Lestrange nicht ausdrücklich erklärt, wie wichtig diese Fracht ist? Und gerade wenn ihr in einem Hafen vor Anker liegt, solltet ihr auch die Innenräume im Auge behalten! Zumal ich bei unserer Ankunft alle Wachen instruiert habe, wachsam zu sein, weil ich hier einige Leute habe herumschleichen sehen!“
Also hatte sie ebenfalls einige zwielichtige Personen schon bei unserer Ankunft hier gesehen!
„Ich kann mich nur entschuldigen, ich werde gleich die Wachen neu einteilen, Mistress Kenway.“ hörte ich den Kapitän unterwürfig um Verzeihung bitten.
Alex hörte aber nur noch mit halbem Ohr zu und fragte, ob ich sonst etwas ausmachen könne. Da dem nicht so war, beschlossen wir, uns auf der Jackdaw ebenso umzusehen, nur um sicherzustellen, dass dort nichts fehlte oder beschädigt worden war. Aber auf der Brig war alles beim Alten und die Wachen standen strategisch wirklich gut aufgeteilt, dass muss ich Mr. Hargreaves lassen!
Ich konzentrierte mich wieder auf die verbliebene Spur und machte einen leicht rötlichen Schimmer aus, welcher sich von den Schiffen weg Richtung der kleinen Gassen zog.
Diesem folgte ich zusammen mit meiner Frau, welche sich plötzlich fragte, ob die Assassinen wirklich nur auf der Straße unterwegs gewesen wären.
Natürlich waren sie das nicht, doch mein Sinn nahm mittlerweile auch kleinere fast unscheinbare Punkte wahr, was uns nun zugute kam. Zumal diese verblassenden Auren breit gefächert daherkamen, was mir das Ganze ebenfalls wesentlich erleichterte.
Abrupt blieb ich vor einem alten ziemlich heruntergekommenen Haus stehen und starrte es an. Ich sah 10 pulsierende rote Auren, welche sich um einen Tisch versammelt hatten im Erdgeschoss. Sonst konnte ich keine weiteren Spuren ausmachen, weder oben noch um das Gebäude drum herum.
Alex lehnte sich an die Tür und lauschte, die Damen und Herren sprachen Deutsch, soviel verstand ich auch.
„Und was machen wir jetzt? Der Boss wird uns was husten, wenn wir ohne den Krempel bei ihm ankommen! Warum muss auch immer alles in diesen ollen Kisten verpackt werden, VERDAMMT! Dieser Duke ist einfach eine Last geworden. Und jetzt hat er sich auch noch dieses verräterische Templerflittchen mit ins Boot geholt. Ich wusste, dieses Weib wird uns noch Ärger machen. Vielleicht sollten wir diesen Wichtigtuern und ihrem Blag mal einen Besuch abstatten?“ bei den letzten Worten sah ich die Angst in Alex´ Augen, aber auch mir kräuselten sich die Nackenhaaren. DAS wüssten wir definitiv zu verhindern!
Haytham, dass sind Deutsche. Ich dachte Faith hätte kurzen Prozess mit ihnen gemacht. Oder gibt es noch mehr von denen? Hörte ich sie in meinem Kopf.
Leider entzog sich das meiner Kenntnis, da ich zum einen noch nicht wieder mit Lucius gesprochen hatte und zum anderen war es eben die Angelegenheit des britischen Ritus. Aber soweit ich informiert bin, gibt es immer noch Splittergruppen, welche auch uns im kolonialen Ritus das Leben von Zeit zu Zeit schwer machen. Sprach ich in ihrem Geist! Soviel wusste ich nämlich. Es gab weitaus mehr Untergruppierungen als uns lieb waren!
Also? Auf drei und wir marschieren rein, oder hast du eine andere Idee? Gab sie ohne weiter darauf einzugehen von sich und man sah ihren Kampfgeist aufblühen!
Ich schlug vor, sie solle das hier über uns liegende Fenster in der ersten Etage nutzen, ich selber würde hinter dem Haus nach einem Eingang suchen. Drinnen würden wir uns wieder treffen.
Ohne weitere Worte kletterte meine Frau problemlos an der Holzwand empor und ich machte mich auf meinen eigenen Weg.
Ich schlich um dieses Gebäude und musste mich immer wieder unter Fenstersimsen ducken, um nicht entdeckt zu werden.
Im Hinterhof gab es ein verdorrtes Beet und allerlei Unrat, welcher bereits zum Himmel stank. An der hiesigen Hauswand machte ich eine Tür aus.
Wieder ließ ich meinen Blick über das Gelände hier streifen, nahm aber nur die im Inneren befindlichen Personen wahr und im Obergeschoss sah ich die helle goldene Aura von Alex.
Vorsichtig näherte ich mich nun dem kleinen Eingang und zuerst befürchtete ich, dass sie verschlossen war, doch nein! Zu meinem Glück konnte ich sie ohne weiteres öffnen, nur ein sehr leises Knartschen war zu vernehmen, als meine Stiefel die Dielen berührten.
Dies sollte vermutlich vor langer Zeit einmal die Küche dargestellt haben, zumindest nach dem Ofen zu urteilen. Ich setzte langsam einen Fuß vor den anderen, damit das Holz nicht wieder solche Geräusche von sich gab.
Ich näherte mich dem Zimmer, in welchem sich diese Assassinen versammelt hatten und lehnte mich lauschend an den Türrahmen. Auf der rechten Seite erschien Alex an der Tür und ich spürte ihren Blick zu mir herüberwandern.
Ich zähle bis drei, Haytham. Dann leg die Maske an! Hörte ich sie sagen.
Im ersten Moment dachte ich, sie ist nicht ganz bei Trost. Eine Rauchbombe auf engem Raum?
Sie vernebelt nicht so stark und hier herrscht reger Durchzug. Also werden wir schnell wieder klare Sicht haben, leider genau wie diese Gesellschaft dort am Tisch. Also... auf drei! 1... 2... 3!
Und ich konnte gerade noch den Stoff über Mund und Nase ziehen, still dankte ich aber dennoch meiner Frau für dieses kleine, praktische Geschenk.
Wir hatten tatsächlich das Überraschungsmoment auf unserer Seite und ich konnte zwei aufgeschreckte Herren gleichzeitig erledigen, dank meiner Klingen!
Dann wurde es komplizierter, drei Kämpfer griffen mich gleichzeitig an und sie waren nicht gerade untrainiert, wie ich feststellen musste. Ich hatte meine Mühe, sie zu blocken und den Hieben auszuweichen. Mit einem Tritt in die Körpermitte konnte ich für einen Augenblick einen meiner Angreifer außer Gefecht setzen und musste nur noch Zweien zeigen, dass es keine gute Idee war, sich mit mir anzulegen.
Einer der Säbel glitt nur Millimeter von meiner Wange an mir vorüber und ließ mich in ein erstauntes Gesicht blicken. Diesen unbedachten Moment nutzte ich und preschte nach vorne, hieb mit meinem Schwert von oben auf ihn ein, so das er sich nicht mehr rechtzeitig ducken konnte und ein tiefer Schnitt auf seiner rechten Schulter zurückblieb.
Aus den Augenwinkeln sah ich eine Schwertspitze auf mich zukommen, wich in einer geschmeidigen Bewegung nach links aus und konnte mich darunter hinwegdrehen.
Jetzt war ich im Vorteil und HINTER dem Angreifer. Mit meiner versteckten Klinge stach ich in die rechte untere Körperhälfte, auf Höhe der Nieren so hoffte ich!
Nun hatte ich aber den dritten Herren wieder am Hals, welcher ein wenig grün im Gesicht war und sich nicht so auf den Kampf konzentrieren konnte, wie es sein müsste. Ich machte kurzen Prozess mit ihm, in dem er mein Schwert einfach in den Bauch bekam und als er vornüber hing, schlug ich mit der Schneide in seinen Nacken. Als er auf dem Boden aufschlug, war er schon tot.
Nun noch der Letzte! Dieser erwies sich als hartnäckig und lästig. Wie eine Fliege, die sich nicht verscheuchen lässt und immer wieder um einen herumfliegt! Seinen Säbel hatte der Herr nun in der anderen Hand, das gereichte mir zum Vorteil und er hatte Mühe mit seiner ungeübten Hand einen richtigen Streich zu führen! Aber er versuchte es und das nicht gerade schlecht, leider fehlte ihm die Kraft um mich ernsthaft zu verletzen! Also dauerte es nicht lange, bis ich einen tödlichen Treffer in sein Herz landen konnte!
Ich sah noch, wie Alex hinter einem der Assassinen hereilte, die Treppe hinauf und hörte nur eine Anweisung in meinem Kopf Lass ihn am Leben. Wir brauchen Informationen! Ich bin gleich wieder da!
Sie soll dort oben aufpassen, gab ich noch mit auf dem Weg und ließ kurz meinen Blick nach oben wandern. Doch ich konnte nichts ausmachen und atmete etwas erleichtert aus.
Als ich mich hier nun umsah, bemerkte ich einen Verletzten, welcher sich das Bein hielt.
Der Unterschenkel stand in einem mehr als ungesunden Winkel ab. Er keuchte und stöhnte laut.
„Sir, ich bitte euch!“ jaulte er, als ich ihn anhob und versuchte auf einen Stuhl zu bugsieren. Ich konnte mich gerade noch wegdrehen, als er sich vor Schmerzen übergab.
Widerlich und jämmerlich, wenn man mich fragt! Plötzlich sah er nach oben und auch ich nahm wahr, was dort geschah.
Meine Frau entledigte sich der letzten ihr im Weg stehenden Person und das nicht gerade auf sehr freundliche Weise! Angst und Entsetzen traten in die Augen des Verwundeten. Ich konnte mir denken, was in ihm vorging. So wollte er nicht enden!
Kurz darauf erschien Alex hier unten und sah hasserfüllt auf den Herren vor sich!
„Dann wollen wir doch mal, oder was meint ihr?“ hörte ich sie in ihrer kalten Art sprechen.
Für einen Augenblick keimte ein wenig Mut in dem Mann auf dem Stuhl auf und er provozierte meine Frau, mit Erfolg, wie ich dann leider feststellen musste!
„Ihr könnt mich mal, ich habe gerade gehört, was ihr gemacht habt. Man hat uns schon vor euch gewarnt, miese Verräterin!“ dazu spuckte er ihr vor die Füße, doch bevor sie aus der Haut fahren konnte, ermahnte ich sie im Geiste!
Alex, stopp! Beruhige dich erst einmal und atme tief durch. Vergiss nicht, wir wollen Antworten! Tot nützt uns dieser Mann nichts! Deine Worte! Meine Worte passten ihr überhaupt nicht und sie verzog wütend das Gesicht!
Mit einem Schütteln brachte sie sich zur Ruhe, dann fuhr sie ruhiger fort mit der Befragung, oder eher dem Beginn dieser!
Auf die Frage, wer diesen Trupp geschickt hätte und warum man die Lieferung an sich bringen wollte, erntete sie nur Kopfschütteln!
„EURE Lieferung? Euch gehört davon gar nichts. Das sind Besitztümer, welche der Bruderschaft gehören und ihr werdet sie nicht an irgendwelche Halunken weiterverscherbeln! Ihr Templer glaubt wirklich, ihr könnt euch alles unter den Nagel reißen, oder?“ antwortete der Herr vor mir, mit seinem letzten bisschen Mumm, welches er noch aufbringen konnte.
Für diese Worte bekam er eine schallende Ohrfeige von Alex!
„Ihr habt Recht, diese Dinge gehören weder mir, noch den Templern. Aber sie gehören auch nicht den Assassinen. Aber ich gehe davon aus, dass ihr wisst, WER mich beauftragt hat! Und wenn ihr nicht wollt, dass ich euren Geist manipuliere, dann solltet ihr mir jetzt Namen nennen!“ anscheinend hatte dieser Mann immer noch nicht begriffen, wem er hier gegenüber saß!
„Ihr wisst doch gar nicht, worauf ihr euch da einlasst, Weib! Es gibt Mächte, welche euren Horizont übersteigen!“ hörte ich ihn schnippisch sagen, dann sah ich in Alex Gesicht, dass auch sie begriffen hatte, auf was er hinauswollte. Artefakte, Götter und Vorläufer!
„Vermutlich nicht, nein. Aber ich würde zu gerne diese Geschichte von euch hören, ihr scheint zu wissen, was oder wer dort am Werke ist! Oder habt ihr Angst, weil ich ja angeblich mit dem Teufel im Bunde stehe?“ sie spielte etwas mit ihm, gut!
Ich wies den Mann nun auch noch darauf hin, besser zu reden, ansonsten würde sein Knie nicht das einzige demolierte Körperteil bleiben!
„Ich werde vermutlich sowieso sterben, ob nun durch euch oder durch die Bestrafung meines Auftraggebers. Ihr wollt Namen? Ich gebe euch einen Namen, aber glaubt ja nicht, dass er euch einfach so mit offenen Armen empfangen wird.“
„DER NAME!“ Ihre Stimme hatte einen für mich völlig neuen Klang angenommen und ließ auch mich etwas zusammen zucken!
Doch auch der Verletzte schreckte zurück, als hätte man ihm einen Kinnhaken verpasst! „Artem Alexeeva“ keuchte er erschrocken!
„Geht doch... wie und wo kann ich mit diesem Herrn in Kontakt treten? Und ich rate euch, mir die Wahrheit zu sagen!“ immer noch dieser seltsame Tonfall!
Ein frustriertes „Es gibt Mittelsmänner, ihr könnt über John Williams mit ihnen in Kontakt treten...“ ließ mich aufhorchen. Leider nicht nur mich!
John Williams war kein geringerer als Lucius Williams´ Bruder! Waren wir wirklich inmitten einer Verschwörung oder fungierte John nur als Strohpuppe? Er würde den Templern niemals essentiellen Schaden zufügen, im Gegenteil, er war Teil des Gleichgewichts für die Familie Williams!
„Ich bevorzuge den direkten Kontakt! Ich verabscheue Laufburschen! Also... weiter!“ hörte ich meine Frau und sah, dass sie ebenfalls nicht gewillt war, sich mit den Williams´ zu zerstreiten! Dennoch müssten wir das Gespräch später mit ihnen suchen, daran führte kein Weg vorbei!
„Er... Ihr müsst euch nach Eugene Avdeyev umhören. Er hat ein Anwesen in Wjasma, etwas westlich von Moskau!“ kam es jetzt völlig resigniert von dem Assassinen, welcher nun wusste, dass er sein Leben gleich aushauchen wird.
Spätestens jedoch bei meinen Worten „Na also... es geht doch. War das jetzt so schwer?“ und ich fuhr mit meiner Klinge über seine Kehle. In mir tobte dabei wieder dieser Krieg von etlichen Gefühlen, welche ich versuchte zu unterbinden in solchen Momenten, doch ich sah in Alex Augen, dass sie wusste was in mir vor sich ging.
* Nicht zu verwechseln mit dem Anarchistischen Kreuz!
Für einen Moment standen wir vor dem Toten. Das schlechte Gewissen meiner Frau war förmlich zu sehen in ihrer Haltung und ihrem Gesicht!
„Diese Familie ist schon fast wie ein Albtraum, Haytham. Und ich... was soll ich jetzt machen? Ich kann und will Faith nicht hintergehen, aber kann ich auf ihre Hilfe, ihr Verständnis hoffen?“ sie flehte mich schon fast an, ihr beizustehen und sie zu beruhigen, doch das konnte ich nicht.
Wir würden jetzt vorsichtig einen Schritt nach dem anderen machen und schauen, wie es friedlich weitergehen kann.
Alex sah diese Verbindung von Orden und Bruderschaft in diesem Moment in weite Ferne rücken, was durchaus zutreffen konnte, wenn wir nicht achtgaben!
Bis dahin kehrte ihre praktische Seite wieder zurück.
„Wir werden jetzt hier aufräumen und die Kiste mitnehmen. Dann sehen wir weiter. Übermorgen werden wir nach London aufbrechen und ich werde, hoffentlich, Zeit haben, mich mit meiner Schwester darüber zu beraten!“
Alex hatte wirklich in den letzten Jahren gelernt, sich neutral zu verhalten. Ihr Wesen nahm mittlerweile auch immer gezügeltere Formen an, was mich freute!
Also gut, wir holten die zuständigen Herren um die Toten zu entfernen und dann schafften wir hier Ordnung.
Mit der Kiste zusammen erschienen wir gegen späten Nachmittag wieder in der Pension, wo uns ein traurig dreinblickender Edward erwartete. Doch dieser Blick galt nicht uns, sondern seinem Lieblingspferd, einem Schimmel, welchen er in den Unmengen an Spielzeug nicht wiederfand.
Kurzerhand setzte ich meinen Blick ein und fand schnell seinen Liebling. Mein Sohn tat seine Freude über den Fund mit einem lauten „Paaaaaaaaa“ kund. Er begann zu sprechen, er versuchte seine Mutter und mich zuzuordnen!
Doch tief in mir überkam mich wieder dieses ganze Durcheinander von Emotionen, welches von mir Besitz ergriff.
Ich ging einfach...
Auf dem Korridor lehnte ich am Geländer und sah auf das Treiben im Schankraum unter mir. Ich spürte Alex neben mir, hörte, wie sie ängstlich fragte ob alles in Ordnung sei.
Wie sollte ich das aber erklären? Diese ... Art ist nicht üblich für mich, ich habe alles im Griff, das hatte ich schon immer, so sollte es bleiben. Doch jetzt war es wieder dieses Gefühl, alles neu ordnen zu müssen, die Prioritäten neu zu setzen und die Angst nicht mehr allem gerecht werden zu können!
„Mein Vater hat mir beigebracht ihn VATER zu nennen, Edward jedoch...“ sagte ich stattdessen nur lapidar.
„Haytham, unser Sohn ist erst wenige Monate alt. Dieser kleine Mensch muss erst lernen, wie er spricht, wie er Buchstaben artikuliert und so weiter. Ich glaube auch DEIN Vater hatte nichts gegen die ersten Versuche von dir, ihn Papa zu nennen. Das ist einfacher für ihn, ein Anfang zum Üben!“
Nein, dass hatte ich nicht, ich war stolz auf dich, Sohn, als du mich überhaupt das aller erste mal richtig wahrgenommen hast. Und als wir dir die entsprechenden Manieren beibrachten, war es für mich seltsam, wenn du mich VATER genannt hast. Es mag sich eigenartig anhören, aber es bietet eine gewisse Distanz zwischen uns und auch zwischen dir und DEINEM Sohn wird es so sein. Lasst sie nicht zu groß werden! Hörte ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf, aber ich wusste nicht, ob ich dem ganzen überhaupt in irgendeiner Form je gerecht werden kann als Vater!
Meine Frau lehnte sich an meine Schulter „Mi amor! Bitte!“ ich sprach meine tiefste Angst aus.
„Das ist zu viel, Alex. Ich habe Angst, dass ich dem Ganzen nicht mehr gerecht werden kann. Der Orden, unser Sohn, meine und unsere Verpflichtungen, die Angst, dass euch etwas zustößt ... ich... kann das nicht!“ mit diesen Worten ließ ich sie mit unserem Sohn zurück und ging hinaus auf die Straßen.
Warum löste dieses eine Wort, welches mein Sohn zum ersten Male versuchte zu artikulieren, nur solch ein Wirrwarr in meinem Kopf aus? Mir war schon des öfteren der Gedanke gekommen, dass ich mich veränderte, seit Edward Junior auf der Welt war.
Mir erschloss sich aber nicht das WARUM! Ich wollte Antworten, Erklärungen... ich brauchte Ordnung!, schoss es mir in den Kopf.
Ziellos schritt ich die kleinen Gassen ab, wich automatisch den Passanten aus oder stieg über Pfützen.
Irgendwann stand ich an einem Steg im Hafen, welcher etwas ins Meer reichte und starrte auf das trübe Wasser. Plötzlich spürte ich die Gegenwart meines Vaters, welcher sich neben mir manifestierte und das entgegen aller Vorsicht in der Öffentlichkeit. Doch niemand schien Notiz von uns zu nehmen.
„Dich bedrückt immer noch der Gedanke deinem Sohn oder beiden Söhnen nicht gerecht zu werden, Haytham. Habe ich recht?“ sprach er neben mir. „Das ist völlig normal, auch mir ging es so mit dir oder auch als ich von Jenny erfuhr. Man wird IMMER diese Angst haben, auch wenn sie erwachsen sind, so wie du jetzt.“
Vermutlich hatte mein Vater damit Recht, aber was konnte ich gegen diese Emotionen tun, dass sie nicht immer die Überhand gewinnen? Darauf konnte er mir leider auch keinen Rat geben.
Stattdessen meinte er leise „Du hast meine Lehren nie vergessen, Haytham, dass macht mich stolz. Aber auch, dass du eigene Prinzipien hast, für die du einstehst. Ich konnte nicht lange genug für dich da sein, aber die kurze Zeit scheint dir bei deinen Entscheidungen geholfen zu haben. Und wenn wir ehrlich sind, was will ich mehr? Ich habe dich nie belogen und werde es auch nie tun! Deine Kinder sollten ebenso keine Lügen von dir erfahren, Haytham. Du bist Templer, du hast deinen Weg gewählt. Jetzt gehe ihn und lass deine Kinder entscheiden, welchen Pfad sie einschlagen wollen. Auch aus diesem Grund ist Alexandra an deiner Seite, sie ist ein gewisses Gleichgewicht und bringt die Inspiration für die Entscheidung eurer Kinder.“
„Gentlemen, ich unterbreche nur ungerne eure Konversation.“ hörte ich Alex leise hinter uns, wie abgesprochen legten Vater und ich einfach unsere Arme um ihre Schulter und zogen sie in unsere Mitte.
So standen wir jetzt etwas schweigsam da. Gemeinsam sahen wir der Sonne zu, welche langsam am Horizont versank.
„Wisst ihr eigentlich, dass ihr mich gerade zu Tränen rührt?“ kam es schniefend von meiner Frau und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Nein, das wussten wir nicht, aber wir lieben dich beide, jeder auf seine Weise.“ sagten Vater und ich wie aus einem Munde und lächelten diese Frau, welche uns beide zur Weißglut treiben konnte, an.
Mein Vater verabschiedete sich jetzt leise. Alex und ich machten uns auf den Weg zurück. Ich war etwas beruhigter, auch wenn ich sicherlich noch einige Momente erleben werde, die mich zweifeln lassen werden.
Als ich ihr sagte, dass ich oft dachte, sie würde sich zu viele Gedanken machen, antwortete sie lächelnd „Haytham, das ist aber einfach völlig normal. Die Angst um sein Kind ist grausig, ich bin aber zuversichtlich, dass wir BEIDE das hinbekommen werden.“ Das würden wir auf jeden Fall!
Zurück bei unserem Sohn, konnten wir aufatmen. Edward war dabei, seine ganzen Pferde wieder zu inspizieren und krabbelte von einem zum anderen. Der ganze Boden war mit dem Spielzeug übersät, doch das tat seinem Drang zu spielen keinen Abbruch.
Hin und wieder vernahm ich einen freudigen Ausruf und Mrs. Wallace lachte dabei, während sie erklärte, WAS er da in Händen hielt.
Während des Abendessens ließ sie Edward alles was er probieren wollte, zu sich nehmen, was seiner Mutter einen erstaunten Ausdruck im Gesicht verlieh. Die Menge von Kartoffeln und Gemüse war enorm, die er verputzte. Jedoch landete vieles auf ihm, auch Sybill war bedeckt mit Essensresten.
Als unser Sohn dann beschloss, dass er satt sei, übernahm Alex ihn.
„Na komm mein Schatz, du brauchst saubere Sachen und definitiv eine gründliche Wäsche. Wie bitte hast du auch noch Soße in deine Ohren bekommen?“ lachend gab sie mir noch einen Kuss, bevor sie nach oben verschwand.
Mrs. Wallace verabschiedete sich ebenfalls kurz darauf, da sie sich auch etwas sauberes anziehen wollte und so saß ich einen Moment im Schankraum mit dem Krug Ale in der Hand.
Du solltest lieber Wasser trinken, dass macht süchtig! Ging mir der Satz meiner Frau durch den Kopf, als es um ihr Trinkverhalten und die Gesundheit damals ging, kurz nach ihrer Ankunft hier... ich meine in dieser Zeit.
Immer noch überkommt mich ein schlechtes Gewissen, weil diese Frau so vieles aufgegeben hat, um bei mir sein zu können.
Mr. Hammond erschien am Tisch und fragte, ob alles zu unserer Zufrieden bisher sei.
„Ja, ist es, Mr. Hammond. Unser Sohn hat sich auch schnell eingelebt.“ dann sah ich, dass er mit etwas haderte. „Gibt es etwas, das ihr mir sagen möchtet, Mr. Hammond?“ ich befürchtete schon, dass unser Sohn zu laut schrie oder ähnliches.
„Ähm... ja Sir. Es geht um … also um eure Diener. Miss Magda und Mr. Michael. Sie... also sie teilen sich anscheinend ein Zimmer und... die beiden sind ja nicht verheiratet...“ oh, daher wehte der Wind!
„Ich verstehe, ich werde das umgehend klären. Verlasst euch auf mich!“ mit einer Verbeugung und einem „Danke!“ entfernte sich der Gastwirt.
Ich ging hinauf zu den Kammern der beiden.
Auf mein Klopfen öffnete mir mein Kammerdiener und sah mich erschrocken an. Entweder, weil er befürchtete etwas vergessen zu haben oder aber, weil ich, wie ich jetzt sah, ihn mit Magda überraschte!
Ich ging in mich und sah ihn tadelnd an. „Michael, der Herbergswirt sprach mich auf euer Verhalten an. Es ist ungehörig, dass ihr mit der Kammerzofe meiner Frau das Zimmer teilt! Ihr seid nicht verheiratet. Wenn der Wirt es will, könntet ihr ganz schnell vor einen Richter kommen, wegen unsittlichem Verhalten!“ immer noch erschrocken und mit offenem Mund sah er mich an, fand dann aber seine Sprache wieder.
„Master Kenway, es... es tut mir leid. Das kommt nicht mehr vor!“ hinter ihm erschien eine hochrote Magda, welche sich an ihm und mir vorbei stahl und in ihrer Kammer verschwand.
„Das will auch hoffen, Michael.“ gab ich in einer etwas autoritäreren Stimme von mir.
Aber wenn ich darüber nachdachte, hatten meine Frau und ich nicht ebenso Unzucht getrieben? Wir teilten auch das Bett schon lange bevor wir verheiratet waren... Ich meine, man kann nicht immer Ehemann sein um sein Verlangen zu stillen und im Grunde tat mir mein Kammerdiener etwas leid.
Ich hoffte, er würde seiner Gefährtin einen Antrag machen und alles in trockene Tücher bringen. Wir würden noch des öfteren in Gasthöfen unterkommen, in denen so ein Verhalten nicht gerne gesehen wurde!
Mit diesen Gedanken und einem leichten Grinsen auf dem Gesicht, ging ich zurück zu unserem Zimmer.
An der Tür blieb ich für einen Moment stehen und lauschte ihrem Gesang, bevor ich eintrat. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus und wieder sah ich, dass ihre Haut dabei schimmerte. Edwards Augen fielen bereits zu und im Nu schlief er, völlig entspannt und beruhigt.
Dieses Mal sprach ich meine Frau darauf an, ob ihr dieses Leuchten bewusst war.
„Nein, das habe ich nicht gewusst. Vielleicht wird unser Sohn deshalb ruhiger?“
Ich hatte meine Arme um sie gelegt und sah auf unseren Sprössling hinunter. Meinen Worten, dass mir das bei Edward und auch bei mir aufgefallen war, diese Ruhe die Alex verbreitete in solchen Momenten, ließ ich einen Kuss auf ihren Hals folgen. Sofort lief eine Gänsehaut über ihren Körper.
„Ich liebe deine Reaktion, mi sol.“ sagte ich und gerade als ich unter ihr Hemd greifen wollte... Unterbrach unser Sohn unser Tun mit lautem Gebrüll.
Seine Zähne brachten ihm diese Schmerzen, welche ich ihm gerne abgenommen hätte. Nicht nur ich, wie ich erneut bei Alex Gesichtsausdruck feststellte.
„Haytham wir brauchen etwas, worauf er herumkauen kann, ohne dass er es verschlucken kann nachts. Das lindert auch die Schmerzen...“
Mit dem kleinen Schreihals auf dem Arm, machte Alex sich auf die Suche. Ich sah mich ebenfalls nach etwas passendem um.
Edward war aber schneller und griff nach der Kette, welche meine Frau um den Hals trug. Sie war aus dem Schmuckbestand meiner Mutter und es freute mich, dass sie ihn umgelegt hatte.
Die Kette mit dem ovalen Anhänger war ein Geschenk meines Vaters gewesen zu ihrem zweiten Hochzeitstag, erinnerte ich mich plötzlich wieder. Mutter hatte mir die Geschichte dazu damals einmal erzählt... aber ich schweife schon wieder ab.
Wir legten Edward wieder in seine Wiege, als wir sicher sein konnten, dass er nichts verschlucken konnte und hörten eine Weile diese schmatzenden Geräusche. Und dann... herrschte Stille, ich sah noch einmal nach, nur zur Vorsicht! Seine Augen waren geschlossen, den Daumen im Mund, neben sich den Anhänger samt Kette und schlief friedlich.
Leise zog ich mich aus und legte mich zu meiner Frau, welche sich mit dem Rücken an mich schmiegte und leise meinte „Er ist dein Ebenbild, Haytham!“
Ich schloss Alex in meine Arme und gab ihr noch einen langen Kuss auf ihren Hals. „Ich liebe dich.“ hörte ich sie nuschelnd sagen.
Mit diesen Worten fielen diese Gedanken von vorhin einfach von mir ab und ich fand in einen traumlosen Schlaf.
Die letzten Tage in Bristol hatten wir damit zugebracht, die Schiffe zu beladen, Kutschen zu ordern und die Abreise vorzubereiten. Also nichts Spektakuläres, auch ließen sich die preußischen Assassinen nicht mehr blicken, zu meiner Freude.
Meine Frau hatte sich einen Nachmittag mit ihrer Montur und den Unterlagen, welche sie vom hannoverschen Orden bekommen hatte, zurückgezogen.
Es ließ mir keine Ruhe, wenn ich ehrlich sein soll. Warum bekam sie eine solche Macht, solch eine Stellung innerhalb des Ordens? Gab es etwas, das sie mir noch nicht erzählt hatte aus ihrer Zeit und den Bündnis-Vereinbarungen?
Auf der anderen Seite musste ich ihr glauben, dass sie keine Ahnung von all diesen Dingen hatte, ihre Augen sprachen vor ein paar Tagen Bände, als sie das schwarze Kreuz bemerkte.
Darauf am Abend angesprochen, bekam ich eine mehr als kryptische Antwort, die mich alles andere als zufrieden stellte!
„Ich glaube, ich kann noch nicht mit dir darüber reden. Es ist so unwirklich und niemand hat mich vorher in Kenntnis gesetzt. Ich fühle mich völlig überrannt!“ meine Umarmung brachte ihr aber nicht den Frieden, wie sonst immer. Ich ging nicht weiter darauf ein, Alex würde mich einweihen, wenn es soweit war.
Als wir in der Kutsche saßen, welche uns an unser Ziel bringen sollte, erklärte ich meiner Frau noch einmal, wie lange wir unterwegs seien. Sie müsse sich keine Sorgen machen. In drei oder vier Tagen wären wir in London und könnten unsere Mission fortsetzen, sie würde Jennifer wiedersehen. Zu meinem Leidwesen muss ich leider sagen, auch Faith. Ich kann nicht aus meiner Haut, diese Eifersucht treibt ein böses Spiel mit meinen Gefühlen!
Master Bradshaw hatte uns noch 10 Wachen zur Verfügung gestellt, welche unsere Überlandreise sichern sollten. Der Inhalt der Truhen, wie ich ja selber festgestellt hatte, war einfach zu wertvoll.
Auch hatte ich mich mit diesem Herrn bereits über die Schmuckstücke für meine Frau beratschlagt. Wir waren schnell übereingekommen, die kleine Schachtel mit diesem wunderschönen Collier und passenden Ohrringen lag jetzt gut versteckt in einer meiner Reisetruhen. Michael hatte mich beim Packen staunend auf diese Farben angesprochen.
„Master Kenway, da wird sich eure Frau sicherlich freuen.“ kam es anerkennend von ihm. Ich sah ihm an, er machte sich Gedanken, mit welchem Ring er Magda einen Antrag machen konnte. Beizeiten würde ich ihm vielleicht damit aushelfen, im Grunde lag es mir schon am Herzen, dass er und auch Magda in unserem Dienste blieben. Gerade Alex hing an ihrer Kammerzofe, weil die beiden sich seit geraumer Zeit auch ohne Worte verstanden.
Während wir nun unser Überlandabenteuer antraten, wurde mir bewusst, dass das Reisen alleine etwas anderes war, als mit der Familie und den Bediensteten.
Man musste des öfteren Rast machen, die Damen hatten immer wieder mit allerlei Beschwerden zu kämpfen und unser Sohn brauchte Bewegung!
Ich war froh, dass es nur ein paar Tagen waren und wir die Nächte in Wirtshäusern in kleineren Ortschaften verbringen konnten, durch welche wir kamen.
Alex jedoch war diese Zustände nicht gewöhnt und hatte es schwer, sich damit zu arrangieren. Aber wie immer, sie riss sich zusammen, auch wenn sie zusehends unleidlicher wurde.
Als ich von weitem die Häuser Londons sah, ging ein freudiger Ausruf von meiner Frau aus.
„Wir sind bald da!“ das klang so erleichtert, dass ich lachen musste.
In London selber wurde es nicht besser. Ich beobachtete Alex dabei, wie sie mit großen Augen die Umgebung und die Gebäude musterte! Einige Male sagte sie, dass sie dieses oder jenes erkennen würde, jedoch bezeichnete sie die Häuser anders.
Meine Frage, wovon sie spräche, quittierte sie mit „Oh, entschuldige... aber … bei Odin... ich bin gerade völlig überwältigt!“ Ja, das sah man eindeutig. Wenn ich gehofft hatte, dass auch unser Sohn etwas davon mitbekam, so wurde ich enttäuscht. Er lag entweder schlafend oder spielend in Alex´ Armen oder denen von Sybill, nahm aber vorerst von seiner Umgebung draußen nichts wahr.
Plötzlich wurde meine Frau still und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie sah den kleinen Park mit dem Pavillon, sie erinnerte sich, damit einhergehend schien sie wieder die Bilder von damals im Kopf zu haben.
Kurz darauf standen wir vor dem Tor. Ich spürte, wie sie sich losreißen und fliehen wollte! Ich ließ es nicht soweit kommen, stattdessen zog ich sie enger zu mir. Leise sagte ich, dass die Villa jetzt so aussehe nach dem Umbau.
Sie sah zu einem der Fenster im ersten Stock auf der linken Seite hoch. Fast tonlos kam ein „Haytham... ich habe Angst! Es fühlt sich so an, als würde ich alte Geister wecken!“ Da konnte ich sie nur bestätigen, im Grunde fühlte es sich auch für mich jedes mal so an.
Langsam gingen wir auf die Eingangstür zu, doch kurz bevor wir sie erreichten, wurde diese aufgerissen. Auf der Schwelle erschien meine große Schwester mit einem Strahlen im Gesicht!
Meine Frau neben mir sah Jenny mit großen Augen an. „Jenny?“ flüsterte sie ungläubig. „Alexandra?“ kam es ebenso leise von meiner Schwester.
Ich vernahm nur noch ein „Es tut mir leid!“ von Alex. Ich spürte, wie sie ihre Tränen und das schlechte Gewissen versuchte zu unterdrücken. Souverän versuchte Jennifer das Ganze zu klären.
„Du bist nicht schuld! Lass uns einfach einen kleinen Neuanfang beginnen und vor allem, kommt herein! Ich will meinen Neffen endlich kennenlernen!“
Also schob ich meine Frau voran hinein, wo sie im Salon wieder sprachlos dastand. Ich konnte sie sehr gut verstehen, es waren Erinnerungen, welche in ihrem Geiste auftauchten. Sogar unser Sohn war plötzlich hellwach und musterte seine Umgebung mit dem Adlerblick.
Zögerlich fragte Jenny, ob sie Edward auf den Arm nehmen durfte. Meine Frau hatte keine Scheu. Da unser Sohn meine große Schwester die ganze Zeit schon im Auge hatte, setzte sie ihn auf ihren Schoß.
„Du bist ja ein hübscher junger Mann, Edward. Ich bin deine Tante Jenny!“ Diesen Ton konnten vermutlich nur Frauen anschlagen, sogar bei Alex hatte ich ihn bemerkt, wenn sie mit Kindern im allgemeinen zu tun hatte.
Jennys Neffe sah sie mit seinen graublauen Augen weiterhin aufmerksam an, regte sich jedoch nicht, sondern schien ihr zuzuhören. Völlig unerwartet griff mein Sohn nach dem Anhänger an der Kette von Jennifer und fing an, darauf herumzukauen! Doch bevor meine Frau etwas sagen konnte, beruhigte sie uns, dass sie das schon von den Kindern der anderen Frauen wusste. Wir müssten uns keine Gedanken machen.
Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass Jenny selber nie das Mutterglück erfahren hatte. Immer wieder hatte sie Frauen gesehen, welchen Kinder beschert waren, doch nie selber durfte sie diese Erfahrung machen. In mir rührte sich nun doch ein leises schlechtes Gewissen. Hätte ich mich intensiver mit ihrer Suche beschäftigen sollen?, war eine der vielen Fragen in meinem Kopf!
Die Ablenkung folgte auf dem Fuße, indem meine große Schwester uns, besser gesagt Alex, herumführte.
Im Grunde hatten die Architekten alles so wieder aufgebaut, wie es VOR dem Brand war. Als wir im ehemaligen Studierzimmer meines Vaters standen, war es jedoch mit Alex´ Nervenstärke vorbei und sie sackte weinend auf die Knie. Immer und immer wiederholte sie, es täte ihr leid, dass sie doch etwas hätte unternehmen können.
Als mein Vater dann plötzlich erschien und meine Frau in seine Arme schloss um sie zu beruhigen, stand Jenny völlig perplex daneben und starrte unseren Vater an. „Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nichts ausrichten konntest? Ich bin immer noch da und werde immer da sein. Jetzt sei einfach für meinen Sohn, meine Tochter und für meine Enkelkinder da! Niemand macht dir einen Vorwurf! Das Schicksal, du hast es in Bristol selber erkannt, oder Alex?“
Natürlich, Jennifer hatte noch keine Ahnung von den ganzen Geschehnissen, ich hatte es nicht für nötig erachtet, es in meine Briefe zu schreiben. Warum auch?
„Wie ist das möglich?“ kam es jetzt von ihr, doch sie war nicht so zögerlich wie ich damals, sondern fiel ihm um den Hals.
„Jenny, ich bin es wirklich, oder auch nicht. Jesus, ich habe dich vermisst, Tochter!“ sprach er leise und drückte sie an sich! Alex´ Blick war versonnen auf dieses Bild gerichtet, aber ich konnte sie lesen. Mein anderer Sohn war als einziger der Kenway Familie gerade nicht mit anwesend, was ihr einen Stich versetzte. In diesem Moment fasste ich einen Entschluss! Wir würden alle zusammen einmal eine Reise antreten, wohin und wann stand noch in den Sternen! Doch ich wollte es und ich würde es auch umsetzen!
Irgendwann zogen sich die beiden Frauen zurück und überließen Sybill und mir Edward Junior. Es waren nicht nur gefühlte Stunden, sondern echte Stunden, welche vergingen, ehe beide Damen wieder hier erschienen. Sie kamen im rechten Moment zurück, mein Sohn hatte gegessen, er war müde und suchte seine Mutter.
Sie ging mit ihm hinauf und ich zeigte ihr unser Zimmer, mein altes „neues“ Kinderzimmer... das klingt alles sehr seltsam, wenn ich genauer darüber nachdenke. Sogar meiner Frau war dieser Gedanke gerade zu viel und zu kompliziert, was ich durchaus verstand.
„Ich war nie in deinem Kinderzimmer, mi amor!“ kam es fast tonlos von ihr. Leider konnte ich mich immer noch nicht an sie in der Zeit erinnern...
Unten im Salon kamen wir dann auf das Gespräch des Wiederaufbaus, welcher Alex zu interessieren schien. Sie fragte nach dem Architekten, dem Bauleiter, den Blaupausen und WER das ganze überwacht hatte. Warum sie so explizit nachfragte, wollte ich wissen und ob das gerade jetzt so wichtig sei, doch ich hatte die Rechnung ohne die Neugierde und Ungeduld meiner Frau gemacht!
„Nein, vermutlich nicht. Doch es gibt ein Kellergeschoss und ich frage mich, ob es noch zugänglich ist, oder ob es verschüttet wurde während der Wiederinstandsetzung.“
Und Jenny ergänzte das Ganze noch „Vater hat einen geheimen Zugang damals errichten lassen zu einem Raum unter dem Haus. Und wenn ich es recht überlege, hätte er dort alles verstecken sollen...“
Im Hintergrund erschien unser Vater. „Jesus, ihr habt Recht. Warum bin ich nicht damals schon darauf gekommen? Ich hatte doch das perfekte Versteck!“ Alex war es dieses mal welche ihn versuchte zu beruhigen, indem sie erklärte, dass er dachte, er hätte noch genügend Zeit uns alle einzuweihen. Damit hatte sie Recht...
Im kleinen Salon stand immer noch der Flügel, dorthin war mein Vater verschwunden und... mir kam eine Melodie in den Sinn! „Lowlands“ eines der Lieder, welches die Seemänner immer sangen, ich hatte es schon oft auf der Morrigan gehört oder auf der Jackdaw... Jenny und Alex spielten... und dann öffnete sich der Boden zur Linken! Es war also kein Traum! Ich hatte es also wirklich nicht geträumt, diesen Geheimzugang gab es wirklich!
Vater erklärte, dass es nur eine Person gab, die davon wisse. Meine Mutter!
„Tessa ahnte, dass es in der Zukunft wichtig werden könnte und ich bin heute froh, dass ich ihr irgendwann einmal die Pläne anvertraut habe damals!“ Plötzlich erschien meine Mutter ebenfalls neben uns und gab ihrerseits eine Erklärung ab.
„Ich dachte mir schon, dass du etwas damit bezweckt hast, Edward. Aber sei unbesorgt, ich habe damals alles überwacht und alle Arbeiter sind verschwiegen wie ein Grab.“
Ich spürte ein leichtes Zittern von meiner Frau, sie hatte Angst, die besagten Herren würden nicht mehr unter den Lebenden wandeln. Meine Mutter konnte sie aber diesbezüglich beruhigen, alle wären noch am Leben. Hätten aber die Anweisung bekommen, nichts davon nach außen zu tragen!
Mich hielt es jetzt aber nicht hier oben, ich wollte wissen, wie es im Kellergeschoss aussah und ging eiligen Schrittes die schmalen Steinstufen hinunter.
Es war stockdunkel hier unten und ich stieß mir den Kopf an einem der Querbalken, was mich laut fluchen ließ! Ich bat darum, hier doch bitte endlich für Licht zu sorgen. Ich hörte wie mein Vater tadelnd näher kam.
„Junge, wir kommen schon, warte...“ Als die Fackeln brannten, konnte ich mir einen Überblick verschaffen und staunte nicht schlecht. Es sah aus, als hätte mein Vater gerade erst den Raum verlassen!
Ringsum waren Regale mit Büchern, Truhen standen an den Wänden, in der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, auf welchem diverse Papiere und Karten lagen. An der Stirnseite dieses Raumes prangte tatsächlich die schwarze Flagge der Piraten!
Ich sah mich hier staunend einen Moment lang weiter um. Mir wurde klar, dass ich anscheinend vieles verdrängt haben muss oder besser mein Verstand hat vieles ausgeblendet.
Mir kam jedoch ein anderer Gedanke. Warum hatte Jenny mir nie davon erzählt, sie wusste ja davon. Wollte sie damit etwas vor mir verheimlichen...? Ohne groß nachzudenken, sprach ich meine Schwester darauf an und hörte selber wie ich in meine Templerrolle fiel.
Haytham, sie hat das sicherlich nicht mit Absicht gemacht, Jenny hatte es verdrängt! Es gibt hier keine Verschwörungstheorien! Bei diesen Worten in meinem Kopf spürte ich die Hand auf meinem Arm. Meine Frau versuchte mich zu beruhigen. Ich musste dringend an meinem Misstrauen arbeiten! Doch wenn es um Vater und unser Erbe ging, da wurde ich halt zögerlich und sah hinter jeder Ecke potentielle Feinde!
Mein Vater begann nun über diese Katakomben, deren Zugänge und ähnliches zu sprechen.
„Es ist wie eine Schleuse hier. Von hier gelangt man in die Katakomben von London, welche schon lange als verschollen oder verschüttet galten. Nahezu jedes Gebäude lässt sich so aus dem Untergrund betreten, man muss nur wissen WIE oder auch WO man hin muss!“
Faszinierend, muss ich schon sagen. Auch hätte er eine Art Karte des Untergrundes, welche in dem hiesigen Schreibtisch lag. Sicherlich hatte sich aber in den letzten Jahren einiges geändert, davon ging er aus. Aber die Grundzüge sollten noch vorhanden sein!
„Ihr müsst euch das wie ein unterirdisches Netzwerk vorstellen! Ungesehen gelangt man von einem Ort zum anderen. Und das kann durchaus essentiell sein!“
Mit einem Male sah ich nur, wie Alex schwer atmend stocksteif dastand, mit leerem Blick. Wir konnten sie alle lesen und es war erschreckend. Ihr Wissen brach sich bahn, kreuzte nun diese Erzählungen. Sie versuchte alles zu sortieren und aneinander zu reihen, dass es auch Sinn ergab!
Sie hatte Angst, das Lucius damalige Frau diesen Zugang auch ihrem Mann kundgetan hat, ob man dann im Williams-Anwesen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hätte und so weiter. Alex gesamtes schlechtes Gewissen kam hoch. In diesem Moment beschloss ich, das zu beenden.
Ich legte meine Arme um sie und sprach sie direkt an, sie solle sich beruhigen und einen Schritt nach dem anderen machen. Wie aus einem tiefen Traum geholt, holte sie schlagartig Luft, gleichzeitig sah sich verwirrt um.
Ihre folgenden Worte straften sie Lüge! „Es ist alles in Ordnung.“ schwankend wandte sie sich der Treppe zu und ging hinauf. Doch ehe ich hintergehen konnte, war Vater es, der ihr nach oben folgte.
Als ich dazu kam, hörte ich, wie sie ihre Ängste äußerte, dass Faith es nicht verstehen könnte!
„Sie wird dich aber sicherlich nicht gleich einen Kopf kürzer machen, wenn du es ihr erläuterst. Ich denke, wir sollten es jetzt erst einmal abwarten. Deine nächsten Geschäfte stehen noch an, das Treffen mit Franklin auch noch. Und vergiss nicht, du wolltest dich noch mit zwei weiteren Händlern hier treffen, um den Tabak mit aufzunehmen!“ irgendwie musste ich meine Frau ja beruhigen und auf andere Gedanken bringen. Hier und jetzt konnte sie erst einmal nichts ausrichten!
„Du hast recht, mi amor!“ kam es leise von ihr, ehe sie erschöpft meinte „Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich mich aber doch gerne jetzt zurück ziehen. Die Fahrt heute war wirklich anstrengend. Ich wäre dankbar für ein weiches Bett und reichlich Schlaf!“ Wir alle konnten es verstehen, ich würde auch bald nach oben gehen.
Meine Eltern verabschiedeten sich jetzt auch. Ich blieb jedoch mit meiner großen Schwester einen Moment hier stehen.
„Ich vermisse Vater wirklich, Haytham. Ihn hier wieder zusehen ist seltsam, aber es beruhigt mich irgendwie.“ traurig sah sie mich an und ich schloss sie in meine Arme! Mir ging es nicht anders, also verband uns doch noch etwas mehr!
„Ich würde gerne wissen, wie so etwas möglich ist und warum er uns immer noch beschützen will. Ist es wie Alex sagt, das Schicksal, was uns hier verbindet?“ fragte Jenny mich jetzt leise. Es ist eine Erklärung und ich vermutete, dass es so sei. Auch mir ist diese Frage schon sehr oft durch den Kopf gegangen.
Wir gingen noch einmal hinunter in den Kellerraum, ohne Vater fühlte es sich etwas verloren gerade an.
„Vielleicht sollten wir einmal die Truhen inspizieren und nachsehen, was wir finden? Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich doch sehr neugierig, Bruder!“ Jenny grinste bei diesen Worten breit. Im Grunde eine gute Idee!
Also begannen wir mit der ersten von vier Truhen auf der rechten Seite. Sie war weder verschlossen, noch war etwas wertvolles darin. Es lagen ein paar Bücher darin und auch alte Seekarten, ein zerbrochener Sextant und einiges Werkzeug zum Seeweg berechnen. Ein geordnetes Durcheinander würde ich es nennen.
Die zweite Kiste war gerade für mich ein emotionaler Moment, da in ihr die Assassinen-Montur meines Vaters lag, mitsamt seines Schwertes und einem Satz versteckter Klingen!
Daneben war noch eine schwere kleine Holzkiste. In ihr fanden wir zwei wunderschöne Steinschlosspistolen. Im ersten Moment hätte man meinen können sie seien nagelneu! Vorsichtig nahm ich sie in die Hand, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass gleich mein Vater hereinkam und mich schalt, die Finger von seinen Sachen zu lassen!
Würde ich später mit unserem Sohn auch so umgehen? Würde er auch solche Gedanken haben, wenn er erwachsen ist, oder sind das völlig normale Momente? Ich verdrängte das Ganze und wir sahen uns weiter um.
Jenny hatte einige der Bücher in Augenschein genommen. In eines vertiefte sie sich auch gleich. „Haytham, das ist ein handschriftliches Journal! Von Blackbeard!“ hörte ich sie staunend sagen und ich beugte mich ebenfalls darüber.
Mein Vater muss über die Jahre einiges hier angesammelt haben, ging es mir wieder durch den Kopf. Wir sollten ein paar freie Tage nutzen, um uns hier noch gründlicher umzusehen!
Im Schreibtisch lagen die besagten Seekarten und Untergrundzeichnungen, leider war die Tinte schon etwas verblasst, sodass einige Straßennamen nicht mehr deutlich zu erkennen waren. Auch damit würden wir uns dann später beschäftigen.
Ein Gähnen riss mich aus meinen Gedanken. Jenny wünschte mir eine gute Nacht, weil sie sich jetzt zurückziehen wollte. Wir löschten die Fackeln, schlossen die Luke und gingen schweigend nach oben.
Am Treppenabsatz blieb sie kurz stehen.
„Haytham, du warst nicht schuld, dass ich böse mit dir war. Es war Vater, welcher...“ ich ließ sie aber nicht ausreden, da Alex mir bereits diese Erklärung gegeben hatte.
„Ich weiß, belassen wir es einfach dabei und... versuchen ab hier weiter zumachen!“ Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn um das Ganze zu besiegeln.
Dann gingen wir in unsere Zimmer. Ich zitierte noch Michael zu mir, er musste mir bei den neuen Stiefeln helfen!
Als er mir bei meinem Schuhwerk half, sah ich, wie das Gesicht meiner Frau eine dezente Röte annahm. Ich konnte ihre Gedanken lesen. Bilder an einen Abend, an dem sie mir ebenfalls hierbei behilflich gewesen war, nicht nur dabei, gingen ihr durch den Kopf!
Mit einem Male schüttelte sie sich und widmete sich wieder ihrem Buch, aber ich musste trotzdem breit grinsen. Nur mit dem Hemd bekleidet ließ ich mich langsam auf das Bett und Alex´ Oberschenkeln sinken.
„Mi sol, es ist ein ganz neues Gefühl hier zu sein, jetzt wo du mit mir zusammen hier bist.“ erklärte ich mich leise „Ich hoffe, es ist ein angenehmes Gefühl, Haytham.“ ihre Finger fuhren langsam durch meine Haare mit einem verträumten Blick.
Es war durchaus ein sehr angenehmes Gefühl. Ich beschloss meiner Frau zu zeigen, WIE angenehm es war!
Ich drehte mich auf den Bauch, schob mich zum Kopfende, nahm ihr das Buch aus der Hand und gab ihr einen verlangenden Kuss, mit den Worten in ihrem Kopf So ein Gefühl ist es, mi sol. Und ich liebe dich!
Lächelnd hörte ich sie in meinem Geiste. Ich dich auch, mi amor. Bevor aus dieser Situation jedoch mehr werden konnte, hörten wir unseren Sohn vor Schmerzen wieder schreien. Er hatte immer noch mit den kommenden Zähnen zu kämpfen.
Alex holte ihn mit zu uns ins Bett, verabreichte noch einmal die Tinktur und gab ihm seine Kette. Ich konnte mir leider ein leicht frustriertes Seufzen nicht verkneifen, doch ich ergab mich unserem Schicksal und schloss meine kleine Familie in die Arme.
Meine Schwester hatte in den letzten Tagen eine neue Mixtur für Edward Junior fertiggestellt, welche schon fast einem Wundermittel gleichkam. Schmunzelnd sagte meine Frau eines Abends, ihre Fingerkuppe wäre taub dadurch. Zur Bestätigung träufelte sie auch mir etwas auf meine Fingerspitze und tatsächlich, man fühlte nichts mehr. Aber meine große Schwester wollte ihr Wissen nicht preisgeben, stattdessen hüllte sie sich mit einem wissenden Grinsen in Schweigen mit den Worten „Auch den anderen Kindern hat diese Tinktur geholfen! Vertraut mir einfach.“
Für heute stand nun ein Dinner bei Master Bradshaw in seinem hiesigen Anwesen an. Man würde noch zwei weitere neue Geschäftspartner begrüßen dürfen, über die Namen hatte er sich jedoch ausgeschwiegen.
Ich sah meiner Frau an, dass sie etwas nervös wurde, da so langsam Fahrt in die ganzen Dinge kam. Immer neue Wege bezüglich des Handels und der Einnahme eröffneten sich ihr. Bisher hatte sie alles unter Kontrolle, auch die Geschäfte in New York liefen glatt, trotz der anfänglichen Schwierigkeiten bezüglich Madame De I´Ilse.
Als ich jetzt selber eingekleidet war, trat ich in unser Zimmer. Erfreut sah ich, dass auch meine Frau bereits fertig war. Sie sah mal wieder hinreißend aus. Ich trat hinter sie um ihr genau dieses Kompliment zu machen.
Mittlerweile war ich dazu übergegangen ihre Kleidung zu begutachten, nicht weil ich sie kontrollieren wollte oder... vielleicht doch? Es war mein Wunsch, dass meine Frau ein gewisses Erscheinungsbild haben sollte. Ich duldete keine Falten oder lose Knöpfe und ähnliches! Wir hatten eine gewisse Stellung inne, welche ich auch entsprechend nach Außen repräsentieren wollte! Im Grunde brauchte ich mir aber keine Sorgen machen, bisher hatte ich nur ein einziges Mal um ein anderes Kleid gebeten, weil mir die Farbe einfach nicht an ihr gefiel.
Langsam glitten meine Finger über ihren Hals, hinunter zum Dekolleté wo sich eine Gänsehaut ausbreite. Bewundernd blieb mein Blick dort hängen. Sie ließ sich mit geschlossenen Augen nach hinten sinken, während ich meine Finger weiter wandern ließ. Leider war uns in den letzten Tagen keine Zweisamkeit mehr vergönnt gewesen! Ich erwähnte es ja schon, ich war in dieser Beziehung einfach nicht der geduldigste Mensch.
Mit einem tiefen Seufzen von ihr hörte ich sie leise sagen „Danke, mi amor. Du aber auch, aber du weißt ja, du könntest auch nur ein Handtuch...“ manchmal fragte ich mich, warum ich mir die Mühe machte, mich anzuziehen, musste aber dabei lachen.
Im Salon trafen wir dann auf meine Schwester und das Kindermädchen, welche beide mit Edward über Pferde sprachen und Geschichten erzählten.
Wir hatten uns gerade verabschiedet, nachdem ich noch eine Mahnung an unseren Sohn gerichtet hatte, artig zu sein, als ich schon sah, dass er sein Gesicht verzog und weinen wollte. Uns wurde aber versichert, wir könnten ruhig gehen, Master Edward wäre schnell wieder ruhig.
Alex hingegen stieg mit einem etwas schlechten Gewissen in die Kutsche!
Wir hatten, wie schon erwähnt, von Master Bradshaw Wachen gestellt bekommen, welche nun alles im Auge behalten sollten, damit nicht wieder Hand an die Truhen gelegt werden konnte. Ein Teil war bei der Jackdaw und der White Moon, ein weiterer Teil war hier stationiert. Mich beruhigte es etwas, dass die Herren verteilt auf dem Grundstück und im Haus waren, doch Alex fragte sich, ob sie überhaupt noch von Nöten seien.
Ich war ein Mensch, welcher lieber auf Nummer sicher geht. Man konnte nie wissen, hinter welcher Mauer mal wieder einer dieser schlecht informierten Assassinen lauerte!
Auf dem Weg zu Finley bat mich meine Frau mit einem tiefen Augenaufschlag, ich müsse ihr dringend die Stadt zeigen. Ich würde liebend gerne den Fremdenführer für sie spielen, wenn sie sich entsprechend revanchieren würde. Meine Worte verfehlten ihr Ziel nicht, ihr Gesicht hatte wieder diese wunderschöne, verlegene Röte angenommen. Wie schön, sie verstand mich einfach!
Unsere Kutsche hielt vor einem sehr beeindruckenden Bau aus Klinkersteinen mit einer breiten Eingangstreppe davor. Ich half meiner Frau hinaus und gemeinsam schritten wir die Stufen empor. Ein Diener brachte uns dann in den Salon, wo wir auf den Gastgeber warten sollten.
Alex´ Blick war wieder den ganzen Büchern und den Kunstgegenstände gewidmet, doch bevor sie sich näher damit befassen konnte, trat Master Bradshaw ein!
„Mistress Kenway, Master Kenway. Es freut mich, euch wiederzusehen.“
Die Begrüßung war herzlich und meine Frau lobte seinen guten Geschmack was Kunst anginge. Mich freute es, dass sie ein Auge für so etwas hatte.
Finley bedankte sich für das Kompliment und erwiderte, dass ihm sicherlich noch so das ein oder andere wichtige Stück in der Sammlung fehlte. Bei diesem Satz hatte er meiner Frau einen verschwörerischen Blick zugeworfen, was sie aber etwas zu irritieren schien.
Während wir auf die anderen beiden Herren warteten, kamen wir auf das Thema, dass der Handel nach Übersee immer schwieriger wurde, aufgrund der völlig absurden Steuern oder anderen Auflagen der Krone!
„Ich bin zuversichtlich, dass wir in Zukunft immer wieder neue Wege und Lösungen finden werden.“
Dieser Satz kam so bestimmt von meiner Frau, dass ich ihr das aufs Wort glaubte. Master Bradshaw stimmte ihr genauso zu. Wir würden Wege finden, weiter diese Beziehungen aufrecht zu erhalten. Mittlerweile gab es genügend Schiffe, Unterhändler, stille Lagerhäuser zur Not und so weiter!
Als dann Mr. Owens und Mr. Pritchard eintrafen, war es eine kurze Begrüßung, aber ich verspürte keinen Widerwillen oder Abneigung!
Aber fangen wir bei Mr. Owens an, ungefähr 60 Jahre alt, nicht viel größer als meine Frau und stämmig, mit einem freundlichen zufriedenen Gesichtsausdruck. Er war für die etwas luxuriöseren Dinge zuständig, sprich Gewürze, Tabak, Tee und, was meine Frau erfreute, Kaffee.
Mr. Pritchard hingegen war hochgewachsen, so meine Größe und um die 65. Man sah ihm seine Erfahrung förmlich in seiner Erscheinung an, er war Schmuck und Kunsthändler und das schon seit vielen Jahren!
Das Essen an sich verlief in den üblichen Bahnen, man riss sich zusammen, da eine Frau anwesend war. Dabei fiel mir auf, dass Mrs. Bradshaw gar nicht zugegen war. Im selben Moment hakte meine Frau eben deswegen nach.
„Master Bradshaw, ich vermisse eure Frau. Ich hoffe, es geht ihr gut?“
Seine Antwort war beruhigend, wenn ich das so sagen darf. „Oh, meiner Gattin geht es hervorragend, sie ist in Bristol geblieben und überwacht den Fortschritt eines Anbaus bei unserem Anwesen dort.“
Plötzlich hörte ich, wie Mr. Pritchard leicht verstohlen flüsterte, dass man den König beraubt habe. In einer Nacht- und Nebelaktion sei ihm ein altes und wertvolles Buch gestohlen worden. Bis jetzt wusste man aber nicht, WER hinter diesem Einbruch steckte, geschweige denn hatte man den Dieb fangen können!
Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich, wie meiner Frau ein Licht aufging, währenddessen sah ich den Namen Faith und... dann war sie wieder verschlossen. WAS bitte hatte meine kleine Schwester mit diesem Diebstahl zu tun? Bei nächster Gelegenheit würde ich einfach nachfragen, weil ich mir nicht erklären konnte, seit wann Templer so etwas taten! Gerade den König bestehlen, das konnte den Tod sogar durch SEINE Hand bedeuten!
Als wir den Nachtisch beendet hatten, begaben wir uns in das Arbeitszimmer des Gastgebers wo, wie auch in Bristol damals, die Truhen auf den einzelnen Tischen bereit standen.
Mr. Pritchard war der Kunst- und Schmuckexperte, hier und da bestaunte er die feinen Stücke. Als er jedoch meine Frau mit einem, für meinen Geschmack, zu lüsternen Blick und der Bemerkung „Das sind wahrlich wunderschöne Teile, Master Bradshaw. Ihr habt nicht zu viel versprochen und dazu noch überbracht von einer weit aus schöneren Lieferantin.“ bedachte, zog ich die Angesprochen besitzergreifend an mich.
Es war doch nur ein Kompliment, mi amor. Er schleift mich nicht gleich ins Bett und wenn, dann hätte ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Das kann sie gerne glauben, aber meine Eifersucht kennt in so einem Falle keine Grenzen!
Alex versuchte mich weiter mit ihrem Blick und dem Druck ihrer Hand auf meinem Arm zu beruhigen. Dann war sie für einen winzigen Moment weit weg. Mr. Pritchard findet keinen Gefallen an Frauen, mi amor. Er mag eher Männer wie dich. Obwohl er verheiratet ist! Vermutlich sollte ICH mir jetzt Sorgen machen?
Alex zwinkerte mir grinsend zu. Ich hingegen versuchte aus dem Herren jetzt schlau zu werden, suchte nach Anhaltspunkten für seine „Vorlieben“. Er versteckte sie gut, dass muss ich ihm lassen, Profi halt!
Er war aber auch Profi was das Verhandeln anging. Erneut wurde ich Zeuge, wie meine Frau geschickt mit Zahlen umging und die Preise aushandelte.
Sie hatte einen gewissen Spielraum, dass wusste Samuel natürlich, doch darüber hinaus machte es den beiden Freude, sich zu über- oder unterbieten, bis sie doch noch einen annehmbaren Preis erzielten.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Alex sei auf einem Basar und feilsche mit einem windigen Teppichhändler! Erstaunlich, wie souverän diese Frau sein konnte...
Nun kam Mr. Owens an die Reihe. Auch er war ein zäher Verhandlungspartner. Alex hatte aber noch nicht die Erfahrung, was den Tabak mit allem drumherum anging, also übernahm ich die Verkaufsgespräche.
Auch mir machte es Freude mit diesem Herren einen angemessenen Betrag auszufechten, bei welchem wir beide nicht leer ausgehen würden. Dazu kam dann nicht nur der Tabak sondern auch noch der Kakao, was auch mich persönlich freute, so erweiterten wir das ganze noch und konnten uns etwas unabhängiger von Faith und ihren Geschäften machen!
Vermutlich war das meiner Gattin noch gar nicht bewusst, doch sie arbeitete nicht nur für sich, sondern auch für meine kleine Schwester. Doch dazu sicherlich noch mehr...
Als dann alles unter Dach und Fach war, stießen wir noch auf die erfolgreichen Geschäfte an und unterhielten uns über die neuesten Gerüchte in der Stadt. Die neuen Partner im Bunde waren begierig zu hören, wie eine Frau an das Schiff eines Piraten gelangen konnte. Also gab sie ihre Geschichte zum Besten, in welcher einige Details fehlten, aber dennoch so viel Spannung lag, dass sie jeder glauben würde!
Kurz bevor wir aufbrechen wollten, sprach Mr. Pritchard noch eine Einladung aus, bezüglich seiner Enkelin, welche in die höheren Kreise heiraten würde dieses Jahr. Im Zuge dessen wurde für sie ein Empfang mit ihrem zukünftigen Gatten gegeben, um sie in die Gesellschaft aufzunehmen. Diese Zwangshochzeiten waren nicht nach meinem Geschmack und ich schwor mir, ich würde so etwas nie forcieren bei meinen Kindern! Auch aus Verkupplungsversuchen meines Vaters für Jenny hatte ich gelernt!
Wir kamen irgendwann gegen zwei Uhr nachts beim Anwesen wieder an und ich bemerkte Alex´ extreme Müdigkeit. Auf dem Weg nach oben erschien auch schon Mrs. Wallace, welche auch nicht besser aussah und wir entließen sie für die Nacht, nachdem sie uns noch mitteilte, dass Master Edward ganz ruhig schliefe.
Magda und Michael erschienen um uns aus der Kleidung zu helfen, danach konnten wir noch einen Moment am Kamin sitzen und genossen die Stille.
Ich sah einfach in diese bernsteinfarbene Flüssigkeit und war dankbar für meine Familie, meine Frau und meine Söhne! Natürlich sprach mich Alex darauf an und ich antwortete ehrlich.
Vor allem war ich heute wieder einmal stolz darauf, dass wir wie ein eingespieltes Team agiert hatten. Sie erwiderte mein „Ich liebe dich, mi sol“ mit einem leisen „Ich dich auch, Haytham!“
Unsere Blicke trafen sich und ich zog sie einfach hoch. Mein Weg führte uns ins Ankleidezimmer, wo ich leise die Tür schloss, mich dagegen lehnte und meiner Frau sagte, dass ich sie haben wollte. Nur aufgrund meines befehlendes Tones kam sie auf mich zu so dass ich sie auf meine Hüfte heben konnte, ging hinüber zum Sofa und nahm sie einfach.
Ich hätte Alex bereits auf dem Heimweg in der Kutsche nehmen können, doch es wäre kein geeigneter Moment gewesen. Ihr lauter werdendes Stöhnen unterband ich mit Küssen und spürte, wie sie darüber mehr als dankbar war.
Sie saß wenig später auf meinem Schoß und kam langsam wieder zu Atem, genau wie ich auch. Wieder einmal wurde uns beide klar, dass wir diese Momente der Zweisamkeit vermissten. Doch so lange Edward noch so klein war, mussten wir kleinere Fluchtmöglichkeiten finden. Alex bestätigte meinen Wunsch, indem sie sagte, wir würden schon diese Zeiten und Räumlichkeiten finden. Da vertraute ich auch ein Stück auf sie, mein Weib war einfallsreich und ich hatte es auch schon hier im Stall erfahren dürfen vor ein paar Tagen!
Leise gingen wir zurück ins Zimmer, wo unser Sohn immer noch friedlich schlief. Als wir ebenfalls im Bett lagen, schlang meine Frau wie aufs Kommando ihren Arm und ihr Bein um mich. Ich konnte nicht anders „Manchmal glaube ich, du hast Angst, ich könnte dir in der Nacht davonlaufen, mi sol.“ ich konnte ein Lachen nicht unterbinden.
„Wer weiß, vielleicht bin ich ja doch eine Furie, aber du traust dich nicht, etwas zu sagen.“ kam es gähnend. Ich ließ meine Hand auf ihrem ansehnlichen Hintern spielen und fragte nur, ob das als Erklärung reichen würde.
„Ja, das reicht, Master Kenway.“ kam es etwas atemlos, aber sehr schläfrig von meiner Frau.
Mir ging wieder dieser Gedanke durch den Kopf, was ich eigentlich ohne sie machen würde... ich wäre vermutlich ein zerknirschter mauliger Mann, welcher kein gutes Haar an irgend etwas lassen würde. Alex ließ mich spüren, dass man Gefühlen auch ab und an freien Lauf lassen sollte!
Langsam glitten die Bilder in meinem Kopf in eine Traumwelt, welche ich gerne besuchte....
Ich hatte mich heute noch einmal in das Kellergeschoss aufgemacht, während die Damen sich ihrer Dingen widmeten. Meine Neugierde ließ sich nicht wirklich zügeln, was für mich eigentlich untypisch war, doch ich gab diesem Drang nun einfach nach. Schließlich waren das Hinterlassenschaften meines Vaters!
Seine Montur und die Waffen lagen bereits auf einem der Tische und ich inspizierte nun die dritte Truhe.
Ich staunte nicht schlecht, zum Vorschein kam das Logbuch der „Queen Anne´s Revenge“, dazu entsprechende Bauzeichnungen, ein Dreispitz, welcher Thatch vermutlich gehört hatte.
Ehrfürchtig nahm ich ein Schwert in die Hände, auf welchem links und Rechts neben einem Skelettkopf E und T graviert waren. Die Pistolen, es waren drei an der Zahl, waren sorgsam in Leinen gewickelt, auch auf ihnen prangten diese Initialen!
Es war, als würde ich mein Erbe entpacken, so als sähe ich Vaters Erinnerungen und mich überkam ein stolzes wohliges Gefühl. Sogar Jenny hatte das alles noch nicht zu Gesicht bekommen, doch was würden uns diese ganzen Hinterlassenschaften noch offenbaren?
Die vierte Truhe beinhaltete alles, was mit Great Inagua einherging.
Baupläne des Herrenhauses, Zeichnungen der Insel, Wegbeschreibungen, Fauna und Flora! Als ich aber ein weißes Leinenkleid auspackte, überkam mich eine gewisse Eifersucht, war es wirklich eines, welches meine Frau trug zu der Zeit und warum hatte mein Vater es aufgehoben?
Neben einigem Maya-Goldschmuck, Büsten und Skulpturen dieser Epoche, lag auf dem Boden auch noch ein kleines Buch. Es entpuppte sich als Tagebuch meines Vaters aus dem Jahr, wo Alex auf ihn traf. Nein, ich … würde noch warten. Oder sollte ich es meiner Frau schenken? Wäre das ein Weihnachtsgeschenk, ein Geburtstagsgeschenk? Ich haderte noch mit mir und beschloss, Jennifer danach zu fragen, oder eben zur Not Faith. Je nachdem, wer mir eine zufriedenstellende Antwort gab! Seit wann war ich so unsicher?
Und zum ersten Mal traute ich mich nicht, meinen Blick über diese ganzen auf den Tischen ausgebreiteten Sachen gleiten zu lassen.
Ich hatte Angst. Angst, dass ich etwas entdecken oder sehen könnte, was mir nicht gefiel. Jeder Mensch hat diese Vorsicht in sich, doch mir war sie abtrainiert worden! Mir wurde eingetrichtert, dass ich nach vorne schauen musste, dem Unheil ins Auge, wenn nötig! Ohne mit der Wimper zu zucken!
Wieder einmal kehrten widersprüchliche Gefühle zurück und mein Verstand konnte damit nicht umgehen, wie auch?
Haytham, dich erwartet hier nicht der Tod, wenn du meine Sachen inspizierst! Ich habe sie mit Bedacht in die verschiedenen Truhen gepackt, damit du sie nach meinem Tode bekommst oder auch Jenny. Deine Schwester kennt meine Geschichte, sie wird dir sicherlich mittlerweile auch schon davon berichtet haben, nehme ich an. Nun ist es an der Zeit, dass auch du sie im Ganzen erfährst. Du brauchst lediglich deinen Blick über all das hier unten gleiten lassen!, meinte mein Vater neben mir.
In mir stieg jedoch wieder diese gewisse Ehrfurcht hoch. „Jenny hat mir einige Dinge erzählt und ich hatte oft den Eindruck, als würde sie es nur widerwillig machen, Vater.“ In sein Gesicht stahl sich leichte Belustigung.
Sie wird vermutlich verunsichert gewesen sein, dich einzuweihen ohne meine Erlaubnis. Ihr beide scheint da immer noch ein kleines bisschen Angst vor einer Strafpredigt meinerseits zu haben. Oder irre ich mich etwa, Sohn?
Nein, er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. „Du hast halt einen bleibenden Eindruck, was die Erziehung angeht, hinterlassen, Vater. Du kannst stolz darauf sein!“ gab ich jetzt ebenfalls breit grinsend zurück und nutzte ohne weiter darüber nachzudenken meinen Blick.
Es offenbarte sich tatsächlich so etwas wie eine Geschichte hinter den Gegenständen, welche mir zugeflüstert wurde. Wirklich beschreiben kann ich es gar nicht, doch ich sah es unter anderem auch förmlich vor mir. Kämpfe auf hoher See, ich sah einen Strand und ein Lagerfeuer... Wie lange ich so dastand, kann ich nur mutmaßen. Ich schreckte auf, als eine Hand sich auf meine Schulter legte und ich die Stimme meiner Frau hörte.
„Mi amor, wo warst du?“ blinzelnd sah ich in ihr besorgtes Gesicht.
Ich erzählte von meinen Eindrücken und dem Gespräch mit meinem Vater, als mir auffiel, dass er gar nicht mehr hier war.
„Edward versucht wirklich vieles nachzuholen und ich finde es großartig, mi amor! Dann lass ich dich weiter in diesen Erzählungen stöbern und werde...“ ich überging diesen Satz und zeigte auf das weiße Kleid. Nun war es an Alex sich hier staunend genauer mit zu befassen.
„Er hat es wirklich aufgehoben?“ dieser Unglaube in ihrer Stimme verwunderte mich ein wenig. Es war ein Erinnerungsstück, wie viele andere Dinge hier, musste ich mir eingestehen. Aber ich spürte, wie meine Eifersucht langsam schwand.
Alex, als du damals fortgingst von Great Inagua, da wusste ich nicht, wie es weitergehen wird. Du hattest dich in Schweigen gehüllt, mit dem vagen Versprechen zurückzukehren. Es mag sich dumm anhören, aber ich hatte es aufgehoben, falls du es noch einmal brauchen würdest. Vater stand neben meiner Frau und man sah förmlich die Verbundenheit der beiden. Aber nun brauchst du es ja nicht mehr, da mein Sohn hoffentlich für eine anständige Garderobe für dich sorgen wird! In seiner Stimme hörte man leises Lachen.
Doch dann wurde er ernst, als er auf das Tagebuch sah und Alex´ Blick folgte seinem. Plötzlich begriff sie, was es damit auf sich hatte und sah mich und Vater fragend an! Lies es einfach, wenn du Zeit hast, Alex. Und ich verspreche, ich habe nur die Wahrheit geschrieben!, grinste er breit und verschwand wieder.
Damit hatte sich meine Frage nach dem, ob ich es meiner Frau geben sollte, erübrigt und ich muss gestehen, ich war erleichtert. Vorsichtig strich sie mit zitternden Fingern über den ledernen Einband und schlug es auf. Ich stellte mich neben sie und legte meinen Arm um ihre Schulter zur Beruhigung, weil ich sah, wie ihr bereits die Tränen über die Wangen liefen.
Mein Vater hatte den Abend in Nassau beschrieben, als Alex plötzlich vor seinen Füßen lag und er im ersten Moment nicht wusste, was er davon halten sollte. Er sprach von ihrer Bitte, sie doch einfach mitzunehmen, obwohl er dringend davon abgeraten hatte, weil es unter Piraten und Freibeutern mitunter sehr rau zugehen konnte.
„Aber nein, dieses Weib ließ sich nicht beirren und wollte lieber auf einem Schiff eingepfercht mit Piraten segeln, als in Nassau zu versauern! Versteh einer diese Frauen, ich gebe es langsam auf!“ (*kein Zitat aus dem Buch von Oliver Bowden!*)
Ich hörte sie kichern und mit Schwung klappte sie das Tagebuch wieder zu. „Bei Odin, ich habe ja einen tollen Eindruck hinterlassen, Haytham! Ich denke, in den nächsten Tagen werde ich weiterlesen. Wenn du magst, kann ich dir ja vorlesen.“ ihre Stimme hatte sich wieder gefestigt und ich meinte, ich würde mich freuen, mehr aus dieser gemeinsamen Zeit zu erfahren. Nunja, nicht ALLES vielleicht.
Wir gingen nun gemeinsam wieder hinauf und ich würde die Tage dann sicherlich noch Gelegenheit bekommen, weiter in die Erzählungen einzutauchen.
Auf der hinteren Terrasse fanden wir meine Schwester und Mrs. Wallace, welche sich über London unterhielten. Jenny war in ihrem Element und beantwortete alle möglichen Fragen unseres Kindermädchens, weil diese ja noch nie hier war.
Als wir uns dazu setzten, machte unser Sohn so einen Radau, dass Alex ihn zu sich nahm und ihm einen Keks in die Hand drückte. Ein Strahlen lief über sein Gesicht und er begann genüsslich daran zu knabbern.
Ich hatte den Damen versprochen, ihnen London, meine alte Heimat und Geburtsort, etwas näher zubringen. An diesem sonnigen Tag machten wir uns auch gleich nach dem Frühstück auf den Weg. Mrs. Wallace war ganz aus dem Häuschen genau wie Alex, sie bestaunte die für sie ungewohnten Gebäude. Ab und an äußerte sie, dass diese teils noch unbefestigten Straßen in ferner Zukunft auch der Geschichte angehörten.
Der erste Weg führte mich zu dem Anwesen in Bloomsbury, in welchem wir damals untergekommen waren nach dem Brand. Meine Frau sah mich erstaunt an als sie sagte, sie hätte es sich irgendwie kleiner vorgestellt aufgrund meiner Beschreibungen. Ich konnte mich nicht mehr exakt daran erinnern, was genau ich damals geschrieben habe. Laut ihrer Aussage halt mit niedrigen Türen, eben „bescheidener“ als die Villa am Queen Anne´s Square. Meine Vergleiche schienen nicht ganz korrekt gewesen zu sein, ging es mir durch den Kopf.
Weiter ging es Richtung Royal Opera House, wo meine Frau mal wieder mit großen Augen davor stand.
„Diese Bauten sind einfach der Wahnsinn, Haytham. Sie sehen genauso aus wie jetzt, das ganze hat sich nicht wirklich verändert.“ Die Begeisterung in ihrer Stimme war wieder ansteckend, so dass auch Sybill mir da zustimmte.
Ich schlug nun den Weg Richtung White´s ein. Darum hatte Alex mich besonders gebeten, da es auch in ihrer Zeit wohl noch geöffnet hatte. Für einen Moment sah man eine leichte Enttäuschung, weil man, und das muss ich selber gestehen, sich doch etwas mehr darunter vorstellt.
„Ich freue mich, dass ich auch hierhin liefern werde, mi amor.“ hörte ich sie fröhlich sagen. Das Geschäft entwickelte sich langsam aber beständig, was natürlich auch mich freute!
Alex hatte mir im Vorfeld schon erzählt, dass sie noch nie in London war und den königlichen Palast nur von Bildern her kannte. Also führte mich der nächste Weg dorthin. Wie erwartete bescherte meiner Frau der Anblick mal wieder leuchtende Augen!
Ich ging in meiner Rolle als Fremdenführer regelrecht auf. Auch Edward blieb davon nicht verschont, in die Geschichte der Stadt eingeweiht zu werden. Für einen Moment sah er sich mit großen Augen um und schien mir zuzuhören, doch schon kurz darauf war er wieder eingenickt.
Da das Wetter heute mitspielte, beschloss ich, dass wir auch ein Stück zu Fuß gehen konnten. Ich steuerte dabei einen kleinen Park an, welcher gerade erst neu entstanden war. Erleichtert seufzend ließ sich das Kindermädchen auf einer der Bänke nieder. Unser Sohn bekam nun sein zweites Frühstück und wir genossen die Sonne für einen Moment.
Ich sah mich ein wenig um. Ich versuchte herauszufinden, was hier vorher war. Leider fehlten mir Anhaltspunkte, da ich nicht so oft hier war und als kleiner Junge habe ich nicht so sehr auf meine Umgebung geachtet.
Edwards Kindermädchen erhob sich etwas später und fragte, ob es noch mehr Sehenswürdigkeiten geben würde. Sie hatte sich demnach wohl erholt. Also machten wir uns wieder auf den Weg.
Gegen Mittag führte ich die Damen in ein kleines Wirtshaus, welches typisches englisches Essen anbot. Ich muss gestehen, ich vermisste mitunter in Virginia diese Speisen. Schon nach den ersten Bissen konnte ich aber Alex ansehen, dass sie mit diesen Gerichten nicht zurecht kam. Dabei war es nichts außergewöhnliches, wenn man mich fragt.
Unser Sohn hingegen hatte wieder einen gesegneten Appetit und ich bedachte meine Frau einfach mit einem Geht-doch-Blick, während sie sich etwas alkoholisches zum herunterspülen bestellte. Vermutlich würde sich Alex auch nie daran gewöhnen.
Es war aber nun an der Zeit, dass Edward seinen Mittagsschlaf hielt, weil wir am Nachmittag noch einmal zu White´s wollten.
Während Alex, bei der Villa angekommen, unseren Sohn gleich nach oben brachte, setzte ich mich zu meiner Schwester in den Salon und wir kamen auf den bevorstehenden Empfang der Pritchards zu sprechen.
„Ich bin gespannt, wen ich dort alles treffen werde, Haytham. Die Familie ist ja hinreichend hier in London bekannt. Nicht immer nur positiv, aber sie steht auch nicht permanent in den Schlagzeilen!“ in ihrer Stimme hörte ich einen belustigten Unterton, da ihr ihre Freundinnen des öfteren den neuesten Tratsch berichteten.
„Ich hoffe, wir können die Geschäftsbeziehungen weiter festigen mit unserem dortigen Besuch! Warst du schon einmal persönlich bei ihnen, oder hast du durch Hörensagen von den Neuigkeiten erfahren?“ hakte ich nach um vielleicht ein paar Details zu erfahren.
„Nein, ich selber war noch nie dort Gast. Auch wenn man mich ein paar Mal schon eingeladen hat, einfach weil man unseren Namen kannte und die entsprechenden Gerüchte. Aber du weißt, dass ich mich diesbezüglich etwas bedeckt halte.“ Jenny wollte einfach nicht mehr das Stadtgespräch sein, was einleuchtend war.
„Ich habe gestern ein paar Dinge über Vaters Vergangenheit erfahren, als ich die Sachen aus den Truhen inspiziert habe. Es war eine bewegte Vergangenheit, Jenny. Wusstest du wirklich über all das Bescheid?“ ich wollte es einfach wissen.
„Nicht alles, nein. Auch mir gegenüber hat Vater nicht alles preisgegeben. Was aber mehr daran lag, dass ich noch zu jung war und er mich nicht erschrecken wollte. Auch wenn die Geschichte mit der abgeschnittenen Nase des Kochs (* wird in dem Buch von Oliver Bowden zum Spiel beschrieben!) schon sehr widerlich klang.“ bei diesen Worten schüttelte sie sich, weil dieses Bild in ihrem Kopf auftauchte.
Alex erschien wieder bei uns und berichtete, dass unser Nachwuchs nun friedlich in seiner Wiege schlummerte. Er wäre von den vielen Eindrücken, wie auch von meinen Erklärungen sehr müde geworden. Jetzt musste ich mich noch dafür rechtfertigen, dass ich es für gut befand, Edward einfach etwas beizubringen. Ich weiß ja, er ist gerade etwas über 5 Monate alt, trotzdem bin ich der Ansicht, er kann nicht früh genug mit dem Lernen anfangen. Beide Frauen schüttelten nur ungläubig den Kopf.
„Mi amor, so war es ja nicht gemeint. Edward wird sicher bleibende Eindrücke behalten, lernen wird er aber erst später. Doch es schult ihn für die verschiedenen Sprachen, er sollte mindestens Deutsch neben seinem Englisch lernen. Der Rest wird sich dann ergeben.“ Die Einigung stand schon unausgesprochen fest und ich hoffte, unser Sohn hätte ein wenig von meinem Sprachtalent geerbt.
Nun klärte ich meine Frau und meine große Schwester auf, dass wir am Abend noch die Oper besuchen werden, was meine Frau mit großen Augen bedachte. Ich hatte bereits Sybill Bescheid gegeben, damit sie nach dem Abendessen Edward umsorgt und wir uns in Ruhe fertig machen können.
Nach dem Tee konnten wir uns auf zu White´s machen. Ich freute mich, dort einmal wieder Gast sein zu können. Dieses mal sogar als Familienoberhaupt. Mir war der letzte Besuch vor einigen Jahren mit Reginald, in keiner guten Erinnerung mehr geblieben.
Angekommen vor dem Etablissement wurde uns geöffnet, sofort schlug mir dieser vertraute Geruch nach Kakao, Zigarren und Parfum entgegen. Es war nicht unangenehm, muss ich gestehen. Als man uns mit allem versorgt hatte, hörte ich von Mrs. Wallace ein wohliges Seufzen. Sie genoss die Speisen und den Kakao, ebenso wie Edward junior.
Tadelnd wies Alex darauf hin, dass zu viel Zucker nicht gut für ihn wäre. Er würde ihn nur aufputschen.
Gerade als ich darauf eingehen wollte, erschien überraschend Mr. Simpkin an unserem Tisch. Ich hatte unseren Verwalter seit Jahren nicht mehr gesehen, spätestens als Jenny ihn rausgeworfen hatte, war die Verbindung abgebrochen.
Wir unterhielten uns kurz, er fragte nach unserem Befinden und ob alles zum Besten stand. Es war ein kurzes uninformatives Gespräch. Ich sah, dass Alex ihn misstrauisch beäugte. Ich muss gestehen, auch ich bin nicht ganz von seiner absoluten Loyalität überzeugt gewesen, alleine schon, weil seine enge Verbindung zu Reginald mich stutzen ließ!
Zum Abendessen waren wir wieder pünktlich in der Villa angekommen und man sah, wie Alex dankbar für das normale Essen am heutigen Tage war. Anschließend machte sie unseren Sohn bettfertig. Danach ließ sie sich von Magda einkleiden.
Als ich in unser Zimmer trat, konnte ich mir das übliche Kompliment einfach nicht verkneifen! Auch dieses Kleid war einfach perfekt an ihr und in ihren Augen sah ich, dass ich vermutlich wieder in einem Handtuch hätte erscheinen können...
Plötzlich holten mich ihre Worte in meinen Kopf ins Hier und Jetzt. Hol deine Gedanken aus der Gosse, Haytham Kenway. Dazu hast du später bestimmt noch Zeit. Was hatte mich verraten?
Unten angekommen erwartete uns Jenny bereits, auch sie begleitete uns heute Abend. Ich freute mich auf diesen Opernbesuch, welcher für meine Frau der erste in ihrem Leben war laut ihrer Aussage! Für mich lag so ein Unterhaltungsprogramm schon eine ganze Weile zurück, damals war ich mit meiner kleinen Schwester, Shay und Lady Melanie dort.
Mit einer Kutsche fuhren wir los. Ein etwas anderes Konzert (von Todesengel222)
Am Royal Theatre House angekommen, wurden wir zu unseren Logenplätzen geführt, von wo aus man einen fantastischen Überblick über das Geschehen hatte.
„Das ist völlig überwältigend, Haytham!“ hörte ich meine Frau neben mir mit großen Augen in die Runde schauen. Leider erschloss sich mir ihre Erklärung über das 21. Jahrhundert mal wieder nicht gänzlich, wie es dort aussehen würde, als sie einen Versuch startete, ihre Faszination zu erklären.
Wir genossen die ersten Akte und ich muss sagen, es war endlich einmal wieder Abwechslung die mich auf andere Gedanken brachte, wenn auch nicht ganz reine, doch das ist ein anderes Thema.
In der Pause reichte man uns Champagner und wir standen inmitten einer Gruppe von Freunden meiner Schwester. Plötzlich hörten wir ein aufgeregtes „Master Kenway!“ In dem Moment sah ich, wie Master Franklin eilig auf uns zukam.
Ich begrüßte ihn und stellte gleichzeitig Frau und Schwester vor. Für ein paar Sekunden stand Alex ihn anstarrend dort. Für sie war er eine bekannte historische Persönlichkeit, also war sie selbstverständlich überwältigt, mir ginge es vermutlich nicht anders.
Als sich alle wieder gefangen hatten, lud uns Benjamin noch einmal herzlich zu seiner Vorlesung am 28. Mai im Palast ein. Wir dankten ihm noch einmal dafür, ehe er wieder in der Menschenmenge verschwand.
Während der zweiten Hälfte konnte man die, nunja, Langeweile bei Alex spüren. Es war nicht ihre Musik, wie es schien. Ich nahm mir vor, sie nach ihren Vorlieben zu befragen. Vielleicht konnte sie mir ja ein paar Beispiele zeigen.
Gegen Mitternacht waren wir wieder in der Villa. Unausgesprochen verzichteten wir alle auf einen Schlummertrunk. Stattdessen gingen wir zu Bett.
Auf ihre große Müdigkeit und die nicht ganz ihrem Geschmack angepasste Vorführung angesprochen, meinte Alex lächelnd „Nein, nicht wirklich, aber da du uns den halben Tag auch noch durch die Gegend gescheucht hast, ist es doch auch kein Wunder, dass ich jetzt tot ins Bett fallen möchte.“ meine Hand wanderte wie von alleine auf ihren Hintern, weil ich sie am liebsten quicklebendig in meinem Bett haben wollte.
Für einen Moment, als man uns von der Garderobe befreit hatte, standen wir an der Wiege von Edward. Mich interessierte, ob er die Ähnlichkeit zu mir behielt.
„Das kann sich durchaus ändern. Bei einer Freundin sah die Tochter auch in den ersten Jahren aus wie der Vater, dann auf einmal wie ihre Mutter und bei Jungs kann es ebenso laufen. Wer weiß das schon, mi amor. Lass dich überraschen.“
Eine dieser Antworten, welche ich spannend fand, weil sie doch Wissen enthielt, welches ich nicht hatte.
Ich äußerte meinen Gedanken, dass unser Sohn nicht alleine bleiben sollte. Alex stimmte mir zwar grundsätzlich zu, doch sie würde gerne noch ein wenig Zeit haben, bis er laufen könne. Selbstverständlich hatte ich nicht direkt an heute Nacht gedacht.
„Dann ist es ja gut, mi amor. Nicht dass du gleich noch über mich herfällst und...“ Doch genau das wollte ich und zog meine Frau ins Ankleidezimmer!
Ich wollte sie fühlen, sie schmecken und ließ meine Zunge über ihren Körper wandern, als wir auf dem Sofa lagen. Meine Zunge glitt zwischen ihre Schenkel und ich spürte, wie sie bereit war. Gerade auch wie ihre Hand in meine Haare griff verdeutlichte dies und Alex bog sich mir entgegen!
Ich hob sie hoch und schon lag sie unter mir vor dem Kamin! Es war wieder dieses Loslassen und einfach dieses Eins sein mit meiner Frau, was mich vorantrieb. Plötzlich hielt mich aber etwas ab, es bis zum Ende zu machen, auch wenn ich mich nicht zurückhalten wollte.
In meinem Kopf hörte ich ihre Worte Brauchst du auch nicht, mi amor!, bei diesen Worten ließ ich mich weiter auf meinen Höhepunkt zutreiben. In Alex´ Stimme klang ein Urvertrauen in sich mit, welches mir deutlich machte, dass, wenn es Iduns Wille ist, wir wieder ein Kind bekommen. Vermutlich aber wirklich nicht gleich heute Nacht...
Hatte ich mit übernatürlichen Dingen gerechnet, so wurde ich enttäuscht. Es war nicht wie in unserer Hochzeitsnacht, leider. Auch wenn ich Alex bezüglich eines zweiten Kindes verstehen konnte.
Was mir aber einfach keine Ruhe ließ, war die Frage, wie sie in ihrer Zeit verhindert hatte, schwanger zu werden! Es gab sicherlich einige Möglichkeiten, auf welche ich nicht näher eingehen werde, da jeder seine eigenen Erfahrungen diesbezüglich gemacht haben wird. Waren wir im Moment noch unter dem Schutz der Götter? Würde es dann später wieder so sein wie bei Edwards Zeugung, dass wir wieder diese Präsenz um uns spüren konnten?
Sobald meine Frau die Augen auf hatte, stellte ich ihr diese Fragen und sie sah mich verständlicherweise völlig perplex an. „Ähm... also... da gibt es verschiedene Methoden... das... Haytham, bitte! Ich bin noch nicht mal richtig wach.“ Ich hätte aber zu gerne Antworten darauf, doch ich wusste, ich würde sie jetzt nicht einfach so bekommen.
Etwas frustriert stand ich auf und als ich in den Spiegel sah, hatten die Augen meiner Frau einen lüsternen Schimmer angenommen.
Sie fand also immer noch anziehend was sie gerade sah? „Ja, und es bringt mich auf sehr unanständige Gedanken, Master Kenway.“ dieser süffisante Unterton und die Betonung meines Namens... bevor ich jedoch darauf eingehen konnte, machte Edward sich bemerkbar.
„Maaaamaaaaaaaaa!“ kam es laut auf Deutsch aus der Wiege und im Bruchteil einer Sekunde stand Alex mit Morgenrock an seiner Seite. „Schätzchen... du hast Mama gesagt!“ Ihre Begeisterung konnte ich definitiv teilen und freute mich ebenso, dass unser Sohn weiter versuchte zu sprechen!
Sein Blick glitt in meine Richtung und wieder kam es auf Deutsch „Paaaapaaaaa!“
„Bei Odin, ich hab dich so lieb, Edward.“ wir sahen uns an und auch ich war den Tränen nahe. Der Stolz ließ mich in meiner Vaterrolle wachsen, aber ich ließ es mir nicht nehmen, ihn auf den Arm zu nehmen um ihm die englischen Begriffe zu erläutern. Ob unser Sohn das schon so verstand war fraglich, doch ich wollte auf Nummer sicher gehen!
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass es meiner Frau nicht ganz recht war, dass ich Edward gleich korrigierte. Ich ging davon aus, sie würde mich schon noch verstehen!
Bevor wir aber fertig angezogen zum Frühstück gingen, erzählte mir Alex noch von ihren heutigen Absichten. Sie wollte Jenny gerne auf den Armreif ansprechen, je eher desto besser. Sollte es der falsche sein, so konnten wir gegebenenfalls noch auf Yannick zurückgreifen. Auch mir wurde klar, dass eine Zeitreise für meine Frau gar nicht möglich war und sie hier „festsaß“ wenn alle Stricke reißen würden. Dieser Gedanke machte mir ein wenig Angst, doch ich verdrängte es und versuchte dem Ganzen positiv entgegen zusehen.
Wir erhielten heute von meiner kleinen Schwester eine Einladung zum Tee. Es war jedoch kein offizieller Anlass, aber da sie erfahren hatte, dass wir nun auch in London verweilten, war es selbstverständlich, dass sie meine Frau sehen wollte!
Alex strahlte über das ganze Gesicht beim Lesen und teilte dem Boten sofort mit, dass wir natürlich der Einladung zum 23. Mai folgen würden! Und was soll ich sagen, ab jetzt war sie unruhig und begann diese Zappelei wieder. Innerlich konnte ich lediglich Augen rollend daneben sitzen. Diese Frauen verstehe jemand!
Nach dem Mittagessen und als Mrs. Wallace Edward zu Bett gebracht hatte, saßen wir zusammen auf der Terrasse und Alex fragte nach diesem „Geschenk“! Sofort sah ich, wie in Jennys Augen das Misstrauen aufkeimte und sie uns forschend ansah.
„Warum fragst du danach, Alex?“ diese Worte waren nicht unbedingt abweisend, aber sehr kalt. Da kam unser Vater durch!, ging es mir durch den Kopf.
Meine Frau begann das Ganze nun weiter zu erklären!
„Ich hatte dir ja berichtet, dass wir noch auf der Suche nach einem Artefakt sind, welches ich nur hier bekommen kann. Als ich noch in meiner Zeit war, kam mir der britische Ritus in die Quere und verhinderte, dass ich diesen Armreif bekomme. Und ich weiß, dass du ein solches Schmuckstück besitzt. Jenny, es ist wirklich wichtig und denk daran, ich will dich nicht hintergehen oder sonst etwas. Nur anders kam ich nicht weiter und ich wäre dir unendlich dankbar, wenn ich wenigstens einen Blick darauf werfen könnte. Es kann auch sein, dass es doch nicht der richtige Gegenstand ist, was natürlich sehr ärgerlich wäre.“
Plötzlich entspannten sich Jennifers Gesichtszüge. „Verzeih mir, ich dachte schon, es geht um diesen ganzen Krieg zwischen Templern und Assassinen, wenn ich ehrlich bin, ich bin es leid, immer dazwischen zu stehen. Haytham, du weißt, wie ich das meine. Es ist nicht wegen dir, du bist mein Bruder!“ Ich konnte sie da sehr gut verstehen und im Grunde tat es mir leid, dass sie keiner Seite angehörte!
Als sie dann ins Haus eilte, um den Armreif zu holen, meinte Alex etwas tadelnd „Haytham, kannst du nicht etwas netter mit deiner Schwester umgehen. Du bist immer so wahnsinnig kühl ihr gegenüber.“
Jenny war mir gegenüber nicht anders, wir hatten den selben Vater. Aber im Grunde blieb es genau dabei. Wir würden erst jetzt ein wenig näher zusammenwachsen, doch ist es dafür nicht schon zu spät?
Dass Alex es gerne anders sehen wollte, war mir bewusst, aber sie konnte es nicht ändern!
Jenny kam wieder auf die Terrasse mit einem kleinen Holzkasten den sie Alex reichte. Zitternd nahm sie ihn an und starrte darauf, ohne eine weitere Reaktion!
„Wenn dieser Armreif wirklich so wichtig ist, warum habe ich ihn dann einfach bekommen? Ich verstehe das nicht.“ an Jennys Stelle hätte ich dasselbe gefragt.
„Die anderen Artefakte waren ebenso einfach aufzuspüren, ich verstehe es ja selber nicht. Wer ein wenig gegraben hätte, hätte sie alle in kürzester Zeit gefunden. Aber ich befürchte, es wird erst schwer, wenn alle zusammen vereint werden sollen. Oder zusammengebracht wurden, wenn ich alles richtig gedeutet habe, öffnet man damit einen Tempel oder zumindest ein Tor. Wohin das führt, vermag ich noch nicht sagen. Darüber schweigen sich die Götter und die Isu aus.“
Langsam öffnete sie nun den Deckel. Unweigerlich hielt ich die Luft an, es konnte auch das falsche Artefakt sein!
Geöffnet stand es nun auf dem Tisch vor uns und leuchtete ein wenig golden. Alex stieß erleichtert einen leisen Freudenschrei aus, als sie auf den Armreif sah. Jenny verstand nicht, warum er bei ihr nicht so schimmerte.
„Ich kann das auch nur damit erklären, dass mir die Götter und Isu eine entsprechende Fähigkeit gegeben haben, diese Artefakte zu finden oder auch verwenden zu können. Bei Odin, ich bin gerade völlig überwältigt und vor allem erleichtert!“
Wir mussten umgehend auch den Cormacs davon berichten, da Alex mir von diesen Träumen vorher schon berichtet hatte. Faith hatte in ihrem Fieberwahn von einer Höhle gefaselt, welche die beiden gefunden hatten. Es klang immer noch völlig absurd und ich verstand es wirklich nicht, auch Jenny sah ihre Schwägerin nur fragend an.
Jetzt hatte Alex alle Zeitreiseartefakte beisammen, doch was sollte nun weiter geschehen? Bisher waren uns keine weiteren Anweisungen gegeben worden.
Meine Frau meinte plötzlich, dass sie diese Nachricht nicht gerne schriftlich an Faith schicken wollte, weil es zu gefährlich sei. Da sprach die neue Templerin aus ihr, aber auch sie bemerkte ihre Übervorsicht.
Doch sie verfasste eine leicht kryptische Nachricht, welche nur ihre Schwester verstehen würde und übergab sie dem Boten, welcher mit einer der Wachen aufbrach. Jetzt sag noch jemand, ich sehe hinter jedem Busch eine Verschwörung!
Als Edward dann wieder wach war, erschien Sybill mit ihm hier draußen. Ich beschloss, dass wir den hiesigen Tierpark einmal besuchen sollten. Für unseren Nachwuchs wäre es sicherlich interessant und er würde sogar noch etwas lernen. Eine hochgezogene Augenbraue meiner Frau, zeigte mir, dass ich schon wieder zu viel von unserem Sohn erwartete. Ich konnte einfach nicht aus meiner Haut.
Im Tower angekommen, bestaunte aber auch Alex die Tiere. Jedoch aus einem anderen Blickwinkel, da sie es für falsch erachtete, diese so eingepfercht zu haben. Es wäre unnatürlich!
Ich ließ mich nicht beirren, weil ich es nicht ändern konnte und ich hatte es auch nicht anders kennengelernt.
Als wir aber an einem der Käfige vorbeikamen konnte ich Alex´ Gedanken lesen und diese waren mehr als böse. Sie stellte sich Charles in so einem Käfig vor und wollte ihm mehr als nur wehtun. Diese Frau hatte wirklich sehr schlimme Fantasien ab und an!
Meinem Sohn berichtete ich bei jedem Tier, wo es herkam, wie es hieß und was es frisst. Und ja, er würde es noch nicht verstehen, aber so konnte ich schon mal mein Wissen ein wenig weitergeben.
Bei dem Elefanten angekommen, sah Edward mit großen Augen auf das Tier, genauso wie bei dem Löwen, welcher majestätisch auf einem Felsen ruhte. Mir fielen auch wieder Geschichten über Leoparden oder Schlangen ein, welche ich auf meiner Suche nach Jenny gesehen hatte.
Ein müdes „Papaaaaa“ auf deutsch erinnerte mich daran, dass mein Sohn einfach noch zu klein war, um das alles aufnehmen zu können. Er hing an meiner Schulter mit geschlossenen Augen und war kurz vorm Einschlafen.
Meine Frau neben mir war wieder einmal den Tränen nahe. „Es ist einfach ein so hinreißendes Bild von euch beiden, mi amor.“ hörte ich sie leise sagen und sie strich Edward über die Wange.
Es wurde Zeit fürs Abendessen und wir machten uns auf den Rückweg. Und als wäre es das Stichwort für unseren Nachwuchs, war er hellwach, als wir am Tisch in der Villa saßen. Sein Appetit kannte keine Grenzen wie es schien.
Jenny und ich zogen uns in den Salon zurück, während Alex hinaufging um unseren Sohn fürs Bett fertig zu machen.
Wir kamen auf das Aussehen von Kindern zu sprechen, wem man ähnlich sehen würde. „Ich sehe, laut meiner Großmutter, tatsächlich meiner Mutter ähnlich. Aber oft bekam ich zu hören, ich hätte den Dickschädel meines Vaters.“ bei diesen Worten kicherte sie vor sich hin und ich stellte mir nun Caroline vor. Vater hatte sie mir gegenüber nie beschrieben, ich hatte mir nur ein eigenes Bild versucht zu formen. Jetzt, wo ich meine große Schwester betrachtete, konnte ich sie aber schon fast vor mir sehen.
Gerade als ich erzählte, dass Yannick ebenfalls große Ähnlichkeit mit seiner Mutter hatte, trat diese ein. Wir sahen sie beide an und mir ging auch durch den Kopf, ob Edward nicht doch etwas von ihr hatte.
Verunsichert fragte Alex dann „Habe ich etwas verpasst, oder erwartet ihr jetzt einen Zaubertrick von mir? Ihr seht so gespannt in meine Richtung.“
Um meine Frau nicht noch weiter zu verunsichern, erklärten wir unser Gespräch und wieder einmal versicherte sie mir, das Edward nach mir kam, ganz eindeutig.
Für eine Weile saßen wir noch so zusammen und schwelgten in den alten Zeiten, was mir immer mehr half, Jennifer besser zu verstehen. Umgekehrt spürte ich, dass sie mir gegenüber entspannter wurde und das war etwas, was ich nie erwartet hätte.
Später in unserem Zimmer sah Alex sich eine Weile um. „Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass dies hier dein altes Kinderzimmer war.“
Ich begann ihr zu erzählen, wie es damals aussah und dann hatte ich diese Bilder wieder in meinem Kopf von dem Überfall. Auch Tom sah ich wieder vor mir, wie er an die Mauer gelehnt dalag...
„Haytham, verzeih mir. Ich wollte dich nicht daran erinnern... ich bin manchmal einfach zu tolpatschig.“ ihre Hand lag beruhigend auf meiner Wange, in ihren Augen jedoch sah ich das schlechte Gewissen.
Wieder gingen mir die Fragen durch den Kopf, ob das wirklich alles vorherbestimmt sei und warum ich nicht eingeweiht war von Anfang an.
„Ich weiß es nicht und ich würde alles geben, endlich eine konkrete Antwort zu bekommen. Doch ich befürchte, darauf werden wir noch warten müssen, Haytham. Das einzige, was wirklich klar ist und was wichtig ist, ist dass ich dich über alles liebe, auch wenn es etwas gedauert hat. Ich bin jetzt hier und ich bleibe, wie ich es damals versprochen habe. Welchen Einfluss die Götter oder diese Isu haben können, weiß ich nicht wirklich, doch ich weiß, dass es ein richtiger Weg sein wird.“
Diese Erklärung reichte mir und ich schloss meine Frau in meine Arme mit den Worten, dass ich sie ebenfalls liebe! Eng umschlungen standen wir noch eine Weile so da und genossen diese Wärme und Nähe des anderen. Uns umgab wieder diese Ruhe und der Frieden!
Kurze Zeit später lag Alex dicht an mich geschmiegt und wir fanden beide in den wohlverdienten Schlaf.
Wenn ich das jetzt so aufgeschrieben lese, klingt es wie ein Hirngespinst. Es erinnert an die Neujahrsnacht nach unserer Hochzeit, als meine Frau die Götter anrief.
Ich sollte aber wohl von Vorne beginnen...
„Master Kenway, Sir, wo sind wir hier?“ vernahm ich Shays Stimme neben mir und sah mich etwas erschrocken um.
Wir standen in einer Höhle, oder besser gesagt, in einer großen Halle. Neben dem Iren und mir waren auch noch Faith und Master Williams mit anwesend.
Auf dem Gesicht meiner kleinen Schwester lag Erkenntnis und sie schien mehr zu wissen, als wir anderen.
„Wir sind in der Höhle aus Alex´ und meinen Träumen! Aber warum jetzt? Und wo ist deine Frau, Haytham?“
Eine Antwort hatte ich gerade nicht parat, weil ich mich dasselbe fragte.
Für einen Moment sah ich mich hier weiter um. Hinter uns gab es ein riesiges steinernes Tor, welches ein konstantes Leuchten von sich gab. Davor stand ein Sockel aus Stein, auf welchem Symbole eingemeißelt zu sein schienen, erkennen um welche es sich genau handelte, konnte ich aber nicht.
Dann vernahmen wir alle leise Schritte aus Richtung einer Öffnung und Alex kam zum Vorschein.
In ihren Augen sah ich, dass auch sie mehr als überrascht war, uns hier zu sehen!
Faith stürmte sofort auf sie zu und fragte, was das alles zu bedeuten hätte.
Also erklärte meine Frau in kurzen Worten, dass wir den letzten Armreif bekommen hatten und dass sie ebenso erstaunt sei, wie wir. Mit solch einer Geschwindigkeit der Geschehnisse hatte auch sie nicht gerechnet.
Plötzlich erklangen weitaus lautere Schritte, wie von einer großen Truppe Soldaten und aus Reflex griffen wir zu unseren Waffen, doch Alex hielt uns davon ab.
Um die Ecke schritten ungefähr 20 Mann in seltsamer Bekleidung mit Masken über den Gesichtern. Dazu hielten sie sehr eigenartige Waffen in den Händen und auf den Rücken. Aus Richtung meiner Frau vernahm ich ein erleichtertes Ausatmen und als sie sich ihnen näherte, nahmen sie ihre Masken ab.
Zum Vorschein kamen unter anderem Yannick, Raffael und Tobias. Ich starrte vermutlich wie ein verschrecktes Reh in ihre Richtung, da ich immer noch in Hab-Acht-Stellung war.
„Bei Odin, ich bin dankbar, dass ihr hier seid.“ und bei diesen Worten stürmte Alex auf ihren Sohn zu.
„Mom, ich habe dich so vermisst, aber jetzt werden wir hoffentlich EIN Rätsel lösen können. Es macht mich wahnsinnig mittlerweile.“ dabei drückte er seine Mutter an sich!
„Mich auch mein Schatz, mich auch.“
Wir durchliefen nun eine kurze Begrüßung, da meine Frau anscheinend keine Zeit mehr verlieren wollte, was ich durchaus nachvollziehen konnte.
Anschließend begann der Trupp damit, irgendwelche Geräte aufzubauen. Ich sah, wie Alex zufrieden dastand und alles überwachte. Also hatte sie entsprechende Anweisungen bereits hinterlassen.
Trotzdem nahm ich ihr Zittern war. Es war Faith, welche sich neben sie stellte und sie festhielt.
Nach einer kurzen Inspektion, welche zu ihrer Zufriedenheit war, gingen sie dazu über eine große Metalltruhe neben den Sockel zu hieven. Yannick kniete sich zusammen mit seiner Mutter daneben und sie legten ihre Daumen auf kleine dort angebrachte Plättchen. Alex hatte es mir bereits erklärt, dass mit einem Fingerabdruck ein Schloss geöffnet werden kann, so wie die Truhe, welche sie mit zu mir gebracht hatte.
Aus diesem Behältnis fischte sie eine weitere kleinere Kiste und entnahm ihr drei Teile, welche sie nun zusammenbaute. Ein kleiner runder Fuß, welcher unten auf den steinernen Sockel kam, dann schraubte sie eine Stange daran fest und oben auf, kam ein sternförmig angeordnetes Teil. Alles schien wie mit dem Stein zu verschmelzen und ich spürte allmählich ein leichtes Vibrieren.
Wir alle, vermutete ich, weil Shay und Lucius ebenfalls skeptisch das Treiben beobachteten. Keiner von uns wusste, WAS genau hier geschah, da wir von den Dingen die hier nun standen, nicht wussten, worum es sich handelte.
Plötzlich brach bei meiner Frau die Nervosität extrem durch. Sie platzierte schwer atmend und stark zitternd die vier Gegenstände aus der Neujahrsnacht auf dem Podest! Jetzt erkannte ich auch, dass es Runen waren, welche in den Stein gemeißelt waren.
Die Vibrationen wurden stärker und mit einem male vernahm ich leise Stimmen, welche um meine Frau herum zu sein schienen. Es war unter anderem Elias!
„Mistress Kenway, ich werde euch jetzt weiter führen. Hinter diesem Tor, hinter dieser Barriere werdet ihr mich in meiner wahren Gestalt sehen und erkennen. Nehmt zuerst die Armreife mit den Runen und richtet sie nach einem Kompass aus, ihr wisst wie das geht, ich habe es euch bereits angedeutet!“
In ihren Augen lag ein goldenes Leuchten und sie agierte wie in Trance, hob weitere kleinere Schachteln aus der Truhe, in welchen sich die Armreife befanden. Es ließ mir keine Ruhe und ich sprach sie ebenfalls vorsichtig an. Ich wollte wissen, was hier gerade passierte.
„Ich weiß es nicht, ich sage es dir später, aber lass mich jetzt einfach weitermachen.“ kam die atemlose Antwort.
Die vier Runenringe platzierte sie wie einen Kompass auf dem oberen Teil der Halterung. Je mehr dort angebracht waren, desto stärker bebte der Boden. Als dann auch der 8. und letzte einfache Ring daran hing, schien sich die Hölle zu unseren Füßen zu öffnen.
Wir alle wollten schon erschrocken in Sicherheit sprinten, doch man hielt uns wie mit einer unsichtbaren Hand auf.
„Mein Kind, jetzt folge mir und du wirst dein Vermächtnis erfahren!“ hörte ich nun Elias UND Finley, ich fragte mich aber, ob auch die anderen es wahrnahmen.
Ich sah mich noch einmal hier um, doch alle anderen standen wie betäubt da und starrten auf das Gold leuchtende Tor, welches sich jetzt öffnete!
„Haytham, folgt eurer Frau, auch ihr werdet jetzt euer Schicksal erfahren!“ sprach mich Master Lestrange persönlich an. Ich tat wie mir geheißen war und schritt langsam neben meiner Frau her.
Uns folgten Faith und Shay, Lucius allerdings machte keine Anstalten ebenfalls mitzukommen. In seinem Gesicht sah ich aber ebenfalls eine gewisse Erkenntnis, wusste er, was nun auf uns zukommen würde? Es war aber gerade nicht die Zeit für derlei Erklärungen und wir gingen weiter.
Vor uns sah ich, wie Gebäude entstanden die waberten, als schaue man in ein Feuer. In Alex Geist las ich, dass es ähnlich wie bei ihrem Albtraum auf Great Inagua sei.
Im nächsten Augenblick tauchten vier Gestalten in unserer Nähe auf, welche leuchtend und durchscheinend waren, aber es ging keine Gefahr von ihnen aus.
„Da bist du nun endlich, mein Kind und kannst deine Bestimmung empfangen.“ erklang eine männliche freudige Stimme, welche ich nicht kannte.
Mit einem Male waren Faith und Alex wie hypnotisiert, sie schienen einer Frau zu lauschen, welche aus der Reihe hervorgetreten war. In meinem Kopf blitzten Bilder auf und mit Erschrecken sah ich für den Bruchteil einer Sekunde Ziio vor mir!
„Das werde ich.“ hörte ich meine Frau leise sprechen und meine kleine Schwester nickte ebenfalls. Was hatte man den beiden gerade mitgeteilt?
Auf meiner Haut fühlte ich ein leichtes Kribbeln und sah, wie sich einige leuchtende Zeichen bildeten. „Du wirst es schon bald erfahren!“ hörte ich eine weibliche sehr friedliche Stimme in meinem Kopf. Ich kannte mich nicht hinreichend mit den nordischen Göttern aus, doch wer war hier vor uns? Würde man mich darüber wirklich noch aufklären? In mir stieg eine gewisse Nervosität empor, weil ich nun doch eingeweiht wurde.
Eingeweiht in die Geheimnisse, welche meine Frau und auch Faith bereits inne hatten. Und dann vernahm ich wieder die Worte der Gestalt vor uns.
„Du wirst von nun die Wächterin über Zeit und Raum und verwahrst das Wissen, welches sich dahinter verbirgt. Aber bedenke, dass du es niemals zu deinem Vorteil nutzen darfst. Auch wirst du nichts, was nicht änderbar ist beeinflussen können. Doch eine einzige Möglichkeit, EIN Leben zu retten, werden wir dir geben. Nutze sie im entsprechenden Moment weise, danach gibt es kein Zurück mehr!“
Zitternd stand meine Frau neben mir und ich griff ihre Hand zur Beruhigung, auch wenn ich diese selber gerade sehr gut gebrauchen konnte.
„Deine Schwester und du werdet dafür sorgen, dass alles im Gleichgewicht bleibt. Ihr beide werdet Seite an Seite uns und unsere Artefakte beschützen, es ist eure Bestimmung.“
Mit einem Male zuckte Alex neben mir zusammen und sah auf ihre linke Schulter. Im selben Moment fühlte ich ein Brennen auf meiner rechten Schulter und besah mir die Stelle. Dort prangte plötzlich ein schwarzer Rabe! Auf meine etwas perplexe und sicherlich dumme Frage, warum ich diese Tätowierung plötzlich hatte, antwortete meine Frau trocken „Weil Odin es so wünscht!“
Ich hörte jetzt Elias, welcher mir eine Einweisung gab.
„Du wirst mit meiner Tochter zusammen über die Menschheit wachen. Ihr seid von nun an meine Augen und Ohren! Eure stillschweigende Kommunikation reicht nun noch ein ganzes Stück weiter und wird dich ihr näher bringen! Ich werde dich leiten und dir zur Seite stehen, wenn nötig!“
Die plötzliche Erkenntnis, dass Master Lestrange tatsächlich der höchste der nordischen Götter war, traf mich eiskalt! Damit hatte ich nicht gerechnet! Odin persönlich erschien in einer goldenen Lichtgestalt vor mir!
Jetzt war es Alex, welche noch eine Unterweisung bekam und zwar hinsichtlich der Zeitreisen und ihrer neuen Fähigkeit, die Zeit entsprechend verändern zu können. Manipulieren und zu ihrem Vorteil nutzen darf sie ihre Macht nicht, dass war uns aber allen schon bewusst.
Darüber hinaus sah ich einen goldenen Armreif an ihrem rechten Handgelenk, welcher sich ihr anpasste und auf dessen Oberfläche die Runen wieder prangten. Das war ihr Werkzeug, welches sie von den Göttern erhielt um das Gleichgewicht zu erhalten, die Geschicke der Menschheit zu lenken und ihr Vermächtnis erfüllen zu können.
„Auch ich werde ein Auge auf euch und die Gefährten haben! Zusammen werdet ihr nun in eure Zukunft gehen und den Menschen zur Seite stehen!“ hörte ich jetzt noch die Stimme von Finley, doch... welcher Gott wäre er?
„Man kennt mich als Loki. Aber keine Sorge, ich bin kein böser Charakter. Nicht immer.“ hörte ich ihn weitersprechen. Master Bradshaw hatte Loki inne? Mir schwirrte so langsam der Kopf und ich fragte mich, wer die anderen beiden Gestalten waren.
„Du kennst mich schon, wir sind uns bereits begegnet. Auf der Morrigan, als ich Faith vor dem Ertrinken gerettet habe!“ etwas kryptisch diese Aussage, doch wie eine Eingebung, sah ich den Namen vor mir. FREYA! Ein Lächeln umspielte ihre durchscheinenden Gesichtszüge.
Als nun die zweite weibliche Figur hervortrat, wusste ich es schon, da bei jedem Schritt der Boden leicht strahlte und man den Eindruck bekam, sie erschaffe grüne Wiesen. Es muss Idun sein. Sie war es auch, welche Alex und mir einige Jahre geschenkt hatte.
„Dein analytischer Geist wird uns noch gute Dienste leisten, mein Sohn!“ hörte ich diese melodische Stimme in meinem Kopf.
Eine Frage stellten wir uns aber vermutlich gerade alle. Was machten Faith, Shay und Lucius hier, wenn es doch nur Alex und ich waren, die diese Wächterfunktion hatten?
„Sie sind wie Zeugen und es ist wichtig, dass du Verbündete hast, welchen du nichts erklären musst. Das wäre in Gefahrensituationen nur hinderlich. Aber deine Schwester hat, genau wie du auch, mein Symbol erhalten!“ erklärte Loki ihre Anwesenheit.
Er deutete auf ihren Bauch und ich sah auch Faith, welche sich über ihren strich. Die Sonnentätowierung, hatte meine kleine Schwester jetzt ebenfalls eine solche? Mein Geist fing schon wieder an, darüber nachzugrübeln, was passiert, wenn sie nun ebenfalls einem der Amulette zu nahe käme. Würde sie dann auch in eine andere Welt gezogen?
„Nein, deine Schwester wird nur mehr Verbundenheit mit deiner Frau spüren! Und es ist mein Zeichen, nicht Balders! In ihr ruht die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und so sieht auch ihr Symbol aus! Es kommt ab jetzt darauf an, dass es keine Missverständnisse mehr geben darf!“ sprach Loki leise zu mir.
In meinem Kopf formte sich eine Triskele und ich verstand, was dieser Gott meinte!
Zu unseren Füßen stiegen plötzlich kleine Dampfwolken auf und ich hatte das Gefühl, als würden wir aus dieser zerklüfteten Welt geschoben. Kurz darauf standen wir auch wieder vor dem Tor und es schloss sich langsam.
Ich war wie betäubt und wusste nicht so recht, was ich gerade fühlen sollte. Lucius eilte auf seine Tochter zu, fragte nach ihrem Befinden.
Ebenso sah mich meine Frau fragend an. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ich fühle mich anders. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand viel Wissen wie durch einen Trichter eingeflößt. Mein Kopf fühlt sich seltsam an.“ Shay stimmte mir nickend, aber schweigend, zu.
Yannick rannte auf seine Mutter zu und war ganz aus dem Häuschen.
„Mom, da seid ihr ja wieder! DAS war das abgefahrendste, was ich je gesehen habe! Da können die ganzen Blockbuster einpacken! Wir konnten sogar ein paar Bilder einfangen! Oh man, ich kann es gar nicht abwarten, die klein Alex zu zeigen!“
Ich verstand aber nur einen Bruchteil von dem was er sagte!
Alex fragte, ob sie sich das einmal ansehen könne und ging zu einem der Tische, auf welchem diese seltsamen Dinge standen.
Kurz darauf sah ich große Enttäuschung auf ihrem Gesicht. Es war nichts zu erkennen, aber auch dafür hatte sie eine plausible Erklärung. Niemand sollte diese Momente sehen können. Sie waren nur uns vorbehalten!
Gerade überkommt mich beim Schreiben ein leichtes schlechtes Gewissen, wenn ich ehrlich sein darf!
Tobias war ebenfalls aufgeregt und stellte ununterbrochen Fragen, welche Alex aber kaum beantworten konnte. Ebenso wenig konnte ich es. Es war einfach noch zu frisch und ich spürte, dass ich eine Weile brauchen werde, dass alles zu verarbeiten!
Rafael sagte dann, es sei an der Zeit, wieder aufzubrechen, was meine Frau mit einem traurigen Ausdruck bejahte. Doch als er erklärte, dass es ja noch ein langer Weg zurück wäre, sah sie ihn ungläubig an.
„Wie, ihr habt einen langen Weg vor euch? Ihr seid richtig hierher gereist?“
Die Erklärung folgte, wenn auch für meine Begriffe nicht ganz schlüssig. „Natürlich, wie sollten wir sonst hierher kommen? … oh, ich verstehe! Ihr seid... mit diesen Träumen wieder hier? Aber... du stehst doch vor mir und... das verstehe ich immer noch nicht. Wie soll das funktionieren?“
Leider konnten wir uns alle darauf keinen Reim machen.
Nun begann das Einpacken und die Verabschiedung. Weinend nahm Alex ihren Sohn in den Arm mit den Worten, er solle auf seine Familie achtgeben und sie liebe ihn!
Zu mehr kamen wir aber seltsamerweise nicht!
Es war, als reiße man mir den Boden unter den Füßen weg und ich stand plötzlich in einem hell erleuchteten Raum.
Vor mir erschien Elias und sah mich lächelnd an. „Ich weiß, ihr wünscht weitere Erklärungen. Es ist alles von den Schicksalsgöttinnen gewoben und wird euch nach und nach auf dem Weg begleiten! Euer Vater hat in Asgard eine wichtige Rolle inne, welche ihr beizeiten übernehmen werdet. Alex wird euch sicherlich über ihren Wunsch aufgeklärt haben, wie ihre Familie an meiner großen Tafel zu sitzen?“ in seiner Stimme klang ein ruhiger Ton mit und ich konnte es nur bestätigen.
„Dorthin wird sie, werdet ihr alle wenn es soweit ist kommen und dann sind wir richtig vereint! Bis dahin, Haytham, müsst ihr Geduld haben. Es werden noch große Hürden auf euch zukommen und ihr werdet Kämpfe austragen, welche selbst mir noch nicht bekannt sind! Und jetzt geht, euer Sohn wartet auf euch.“ seine Silhouette verschwand langsam und ich hörte gellende Schreie, kurz darauf war ich wieder in meinem alten Kinderzimmer. Neben mir meine Frau und unser Sohn lag in seinem Bett...
In der „keltischen“ Triskele als Symbol findet man ebenfalls eine Ähnlichkeit zu dem „Hrungnirs Herz“ oder dem Valknut bzw. eine Ähnlichkeit zu den Indogermanischen Symbolen.
Die dreifachen Wirbel können als Einheit von Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft gedeutet werden (Beispiel, die drei Nornen, Yggdrasil). Aber auch im keltischen Sinn als Erde, Himmel und Wasser. Oder Niederkunft, Leben sowie Tod.
In den keltischen Mythen spielt die Zahl neun eine „wichtige Rolle“ (die Zahl des Universums, die dreifachen Göttinnen) was wiederum eine „starke Ähnlichkeit“ zu den neun Welten bei dem Valknut hat.
Diese Schreie kamen aus dem Bett meines Sohnes, bevor ich aber reagieren konnte, eilte bereits Alex zu ihm und nahm ihn mit zu uns. Ich war immer noch durcheinander, ich wusste nicht, was ich von der letzten Nacht halten sollte.
Hatte ich überhaupt geschlafen? Fand das Ganze nur in meinem Geiste statt? Aber warum konnte ich alles fühlen und riechen?
Auf Alex´ Frage, ob Edward gut geschlafen hätte, hörte ich ein quiekendes „Daaaaaaa“. Als unser Sohn dann frisch gewickelt zwischen uns lag, fragte ich einfach, was das letzte Nacht war und ob es die Realität war.
„Real nicht ganz aber, doch, es war real! Ich trage diesen Armreif und die Tätowierung ja. Haytham, ich bin völlig verwirrt. Wir sollten ganz dringend mit Faith und Shay reden. Ich verstehe nur nicht, warum Lucius mit dabei war! Er hat am wenigsten mit dieser Isu Geschichte zu tun.“
Wenn ich das richtig verstanden hatte, fungierten er und die Cormacs wie Zeugen! Auf der anderen Seite, hatte er sehr wohl, MEHR damit zu tun. Es ging um leicht unerklärliche Dinge in der Familie Williams, in alles war auch ich nicht eingeweiht. Und Odins kryptische Worte waren wenig hilfreich gewesen.
Ich musste gerade wieder an den Vorfall denken, in welchem wir mit Faith zusammen in die Vergangenheit eintauchten. Aber es war anders als die Zeitreisen meiner Frau!
In Faiths Fall konnten wir nichts ändern, sondern waren nur Zuschauer wie bei einer Theateraufführung!
Das alles konnte ich ihr aber nicht erzählen, da es Lucius´ Aufgabe war und er hatte es ja angedeutet, dass sie noch viel zu besprechen hätten.
Und schon war sie wieder schnippisch mir gegenüber, weil man sie nicht aufklärte. Also sagte ich noch einmal mit Nachdruck, dass Master Williams ihr das alles noch erzählen wird.
„Weißt du, dass ich stolz auf dich bin, Alex?“ bemüht um einen Themenwechsel, sprach ich ihre bisherigen Erfolge an. „Du hast damals nicht gewusst, was du tust und bist völlig unwissend in diese Zeit gereist. Und jetzt sieh, wie weit du gekommen bist! Ich glaube, wir werden unseren Plan wirklich umsetzen können, Bruderschaft und Orden gütlich zusammen zubringen. Mittlerweile bin ich da sehr zuversichtlich!“
Auch das war etwas, was mich gerade beschäftigte. Als Dank bekam ich einen langen Kuss von meiner Frau und ihre Hand lag warm auf meiner Wange.
Dieser Moment währte nur kurz, weil Edward anfing, sich zwischen uns loszumachen und begann sich an mir hochzuziehen und kletterte dann auf meine Brust. Sein Kopf drehte sich zu Alex und sie lächelte ihn voller Liebe an.
Dieses Kind wird von Tag zu Tag schwerer und wie aufs Stichwort hörte ich „Papaaaaaa“ freudig von ihm und hatte seine kleine Hand patschend auf meiner Wange.
Ich erzählte Edward jetzt, dass dies mein altes Kinderzimmer gewesen sei und ich auch noch ein bisschen meines Spielzeuges hier hätte. Das würde ich ihm nach dem Frühstück zeigen, beschloss ich.
Im nächsten Moment sah ich in Alex Augen einen sehr merkwürdigen Ausdruck und hatte schon die Befürchtung, ich hätte etwas falsches gesagt.
„Mi amor, weißt du was ich mir gerade überlegt habe?“
Nein, und ich hoffte, es war nichts schlimmes, weil sie so seltsam dreinblickte, sprach ich zu Edward.
„Nichts schlimmes ihr beiden. Ich schwöre es. Aber ich hätte gerne eine bleibende Erinnerung an diese Zeit. Ich … hätte gerne ein Bild, Gemälde oder so etwas. Wenn ich dich mit Edward auf dem Arm sehe, denke ich immer, dass ich das irgendwie festhalten muss. Aber ich kann es ja nicht, leider. Könnte ich schon, ich weiß, aber das wäre nicht das gleiche!“
Das wäre wirklich eine wunderbare Idee, ich selber hatte ebenfalls schon darüber nachgedacht. Leider kamen aber immer wieder irgendwelche Sachen dazwischen und ich hatte den Gedanken ad Akta gelegt fürs erste. Wir würden es dann alsbald in Auftrag geben, meinte ich und in Alex Augen sah ich ein freudiges Leuchten.
Als ich einen erneuten Dankeskuss meiner Frau bekam, schubste mich unser Sohn weg. Ich musste ihn mal wieder daran erinnern, dass ich das durfte.
Ich drückte ihn an mich, was Edward es als Spiel- und Klettereinladung betrachtete. Leider klopfte es und das Frühstück wurde angekündigt.
Bei Sybills Stimme schoss Edwards Kopf herum und er wurde hibbelig. Also nahm sie den kleinen Mann schon einmal mit hinunter, wir würden dann nachkommen.
Gerade als meine Frau aufstehen wollte, zog ich sie unter mich und flüsterte, sie würde jetzt nirgendwo hingehen.
Wir haben ein paar Minuten für uns alleine und ich will dich! JETZT! Sprach ich sie im Geiste an und als wäre es ihr Stichwort zerfloss sie unter mir. Sieh mich an, Alex! Ich will in deine Augen sehen können! Ihre Erlösung kam ebenso schnell wie meine, was mich mehr als nur störte. Ich hätte es gerne länger genossen, aber Alex sagte, wenn wir mehr Zeit haben, dann würden wir das auch nachholen. Ich wusste, darauf konnte ich mich verlassen und gab ihr noch einen Kuss.
Es dauerte nicht lange, als wir beim Frühstück saßen, dass ein Bote mit einer eiligen Nachricht hereinkam. Faith bat uns bereits heute Nachmittag auf einen Besuch vorbeizukommen. Auch sie war von dieser letzten Nacht sicherlich noch überwältigt. Wir ließen mitteilen, dass wir die Einladung dankend annahmen.
Edward würden wir mitnehmen, was Mrs. Wallace freute, so sah sie auch mal wieder etwas anderes.
Wie versprochen ging ich mit meinem Sohn hinauf und wir suchten gemeinsam nach meinem Spielzeug. Als ich fündig wurde, nahm ich es mit hinunter und wir setzten uns in den Salon, so dass Edward sich ausbreiten konnte.
Alex hingegen wollte noch ein paar Papiere einpacken, welche sie Faith und Lucius dringend zeigen musste, im Bezug auf Lady Melanie, das schwarze Kreuz und so weiter. Es würde kein angenehmes Gespräch werden zu Beginn!, ging es mir durch den Kopf. Ich baute auf das Verständnis meiner kleinen Schwester!
Plötzlich drang eine Stimme in meinen Kopf und auch Edward schien etwas zu spüren! Es war Elias, welcher zu meiner Frau sprach und ihr erklärte, wie sie ein Portal mithilfe ihres Armreifs öffnen konnte oder wie sie über weite Strecken kommunizieren könnte.
Für einen Moment lauschte ich fasziniert, bis mich mein Sohn mit lautem Weinen aus den Gedanken holte.
Mrs. Wallace eilte hinauf, um Alex hinzuzuholen, weil wir ihn nicht beruhigen konnten. Auch schimmerte seine Haut mit einem Male, in seinen Augen lag ebenfalls ein Leuchten.
Nach einer Weile erschien das Kindermädchen völlig resigniert hier unten.
„Master Kenway, es ist unheimlich. Mistress Kenway reagiert überhaupt nicht. Sie steht da und starrt ins Leere! Ist sie krank?“ in ihrer Stimme klang Angst mit und sie sah auch Jenny hilfesuchend an. Dann bemerkte sie, dass auch ihr Schützling anders als sonst agierte und schüttelte sich leicht.
Ich drückte ihr Edward auf den Arm und ging wütend hinauf. Das ist nicht das erste Mal, dass Alex so weit weggetreten ist, doch es war uns immer möglich, sie wieder hierher zu holen.
Für einen Moment stand ich in der Tür zum Arbeitszimmer und Sybill hatte recht. Alex stand mit leerem Blick immer noch hier, zitterte aber leicht. Die Stimmen waren verklungen, ich hörte nichts mehr, also drang ich in ihren Geist. Besser gesagt ich versuchte es, aber es war vergebens.
Dann muss ich es eben auf die harte Tour machen! Ich packte ihre Schulter und schüttelte sie leicht.
Wie aus einem tiefen Traum sah sie blinzelnd und erschrocken zu mir auf.
„Verzeih mir, mi amor. Ich... habe gerade heraus gefunden, wie ich auf Entfernung mit den Menschen reden kann und... wie ich nun ein exaktes Zeitreiseportal öffnen kann. Haytham... es ist... ich bin völlig überwältigt.“
Das freute mich ja für sie, doch ich konnte in diesem Moment meine Wut nicht zügeln und fragte in einem kalten Ton, ob ihr das Ganze jetzt zu Kopf gestiegen sei. Ob ihre Familie ihr nicht mehr wichtig sei!
Doch bevor sie zu einer Entschuldigung ansetzen konnte, fuhr ich ihr weiter über den Mund und erklärte ihr, dass unser Sohn seit einer halben Stunde nach ihr verlangte und nicht zu beruhigen sei! Außerdem hatte ich dieses kurze Gespräch mit meiner kleinen Schwester noch mitbekommen, da wir aber nachher dorthin fahren würden, bräuchte sie jetzt auch keine Zeit damit vertrödeln.
Damit verließ ich das Zimmer und ging wieder hinunter, wo mein Sohn immer noch schniefend auf Jennys Arm war.
Als Alex endlich hier erschien, sah ich, dass ihr schlechtes Gewissen sie gerade heimsuchte! Das besänftigte mich, auch wenn es sich unfair anhört.
Jenny erzählte auf ihre Frage hin, was passiert sei, dass Edward dieses Leuchten umgeben hatte und mir wurde gerade dadurch bewusst, dass er ebenso in Verbindung mit den Göttern stand!
Wir versuchten nun meine große Schwester aufzuklären, woher diese Fähigkeiten kamen, wie sie weiter gegeben werden und wie man sie einsetzte. Sie selber hatte aber nie den Adlerblick üben können, da Vater ihr anscheinend nichts darüber gesagt hatte. Aber sie wollte jetzt nicht mehr mit entsprechenden Lehrstunden anfangen, sie wolle lieber so wie es jetzt war, für uns da sein.
Ich entschuldigte mich jetzt noch bei meiner Frau, dass ich vorhin so wütend war, bat sie aber auch gleich, daran zu arbeiten, beides unter einen Hut zu bekommen. Ihre Umwelt und ihre Gespräche gleichzeitig zu beachten. In diesem Punkt war ich aber zuversichtlich, da ich schon gesehen hatte, dass sie sich die Schuhe anziehen konnte, während sie dabei war unseren Sohn zu stillen.
Am frühen Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg zum Williams-Anwesen. Ich war schon eine Weile nicht mehr dort gewesen und war gespannt, ob es im Wintergarten wieder neue Pflanzen geben würde und wie Alex auf diese für London doch recht untypische Vielfalt reagieren wird.
Ich sah in Sybills Augen viele Fragen, ebenso meine Frau, welche sie nun aufforderte einfach zu fragen.
„Mistress Kenway, muss ich bei Master Edward jetzt etwas beachten, oder … Wenn er doch diese Möglichkeiten auch besitzt wie ihr... nicht, dass dem jungen Master Edward etwas zustößt, weil ich unwissend bin.“
Darauf konnten wir beide NOCH keine Antwort geben, aber Vorsicht war trotzdem geboten. Wir waren aber ja auch, fast, immer mit zugegen falls es mal zu seltsamen Vorfällen kommen sollte.
Ich spürte wie meine Frau immer aufgeregter wurde, weil sie begriff, welche Möglichkeiten sich ihr nun auftaten.
„Aber das Ganze ist so wahnsinnig spannend und ich würde am liebsten jetzt alles sofort wissen und erlernen und beherrschen... du weißt, ich bin nicht die geduldigste Person.“
Dem stimmte Mrs. Wallace verlegen kichernd zu, ebenso wie ich auch. Geduld war keine Stärke meiner Frau!
Beim Anwesen angekommen, brachte uns einer der Diener in die privaten Räume von Faith und Shay.
Man sah, dass Alex ihrer Schwester im Geiste am liebsten um den Hals gefallen wäre, doch erstaunlicherweise hielt sie sich zurück. Es war Alex also bewusst, dass es sich in dieser Umgebung nicht schickte. Also gab es eine einfache Umarmung und die obligatorischen Begrüßungen wurden ausgetauscht.
Edward wurde von den anderen Kindern sogleich in Beschlag genommen, was ihm für einen Moment erst einmal nicht geheuer war, doch als er Spielzeug sah, robbte er darauf zu. Mrs. Wallace, ebenso Maggie, würden ein Auge auf alle haben.
Wir setzten uns und ich fragte mich, ob Master Williams noch erscheinen würde. Es wäre mir nur recht, wenn auch er mit anwesend wäre bei diesem Gespräch.
Alex indes entschuldigte sich ihrerseits für das Überfallkommando letzte Nacht, da auch ihr nicht bewusst war, dass es so schnell ginge. Faith überging es aber, da auch sie die Geschehnisse noch nicht ganz verarbeitet hatte, es sei aber doch großartig, was nun möglich sei.
„Ja, das ist es. Aber damit einher gehen auch viele Verpflichtungen und Möglichkeiten und … es ist einfach überwältigend gerade. Dieses kommunizieren vorhin war schon so unglaublich, ich hätte heulen können!“
Die skeptische Frage meiner kleinen Schwester war berechtigt. „Ja, das ist es. Also brauchen wir wirklich keine Briefe mehr, Alex? Geht es … einfach so? Auch über den Atlantik zum Beispiel?“
Davon konnten wir nun ausgehen, da sie ja mit Elias, oder eben Odin, bereits gesprochen hatte und wie wir wissen, weilt er derzeit in Philadelphia oder New York, ganz genau waren wir nicht im Bilde.
Doch Alex erklärte es noch einmal, dass sie sich die Person im Geiste vorstellen muss, dann könne sie mit ihr reden!
Mit einem Male nahm Alex meine Hand und ich wusste, worauf sie nun kommen würde. Sie hatte die Unterlagen in einer Tasche mitgebracht und wartete im Grunde nur noch auf die Anwesenheit von Lucius. Welcher auch, sobald sie nach ihm fragte, durch die Tür kam.
Nach der Begrüßung verlor er keine großen Worte mehr.
„Mistress Kenway, dieser Traum, oder die letzte Nacht waren sehr eindrucksvoll. Auch wenn es nicht das erste Mal ist, so etwas in dieser Art zu erleben.“
Alex berichtete ihm von den vorangegangenen Träumen und das es dieses Mal noch ein wenig anders war. Shay stimmte ihr zu, weil Faith ihm davon berichtet hatte. Auch wenn meine Frau das Ganze in kleinen Häppchen damals geträumt hatte.
Für einen Moment erschien eine Mischung aus Skepsis und Misstrauen auf Lucius´ Gesicht. „Also hattet ihr damals schon eine gewisse Verbindung, ihr und meine Tochter?“
Alex hatte mir von einem Buch erzählt, welches wie ein Tagebuch geschrieben war. Faith hatte es hier in London angefangen und meine Frau fand es durch Zufall bei den deutschen Templern. Damit hatte sie oft dieses Gefühl, dass meine kleine Schwester ihr ganz nahe war. Ihr Zögern entging mir nicht, würde sie es Lucius auch erzählen?
„Ja, es gibt eine Art Verbindung, Master Williams. Diese Träume, bei mir waren es ja mehrere, waren genauso real wie das, was letzte Nacht passierte. Man konnte alles riechen und fühlen. Und wie ihr wisst, tragen mein Mann und ich nun eine Tätowierung.“
Nein, würde sie nicht, aber bei diesen Worten lächelte sie mich liebevoll an.
Alex begann weiter auszuholen und erklärte, wie es ihr nun möglich sei, zu kommunizieren, oder wie sie gezielt und exakt ein Zeitreiseportal öffnen konnte. Es wäre aber nur für Notfälle und keine Spielerei. Das hatten Odin und Loki noch eindringlich angemerkt!
In den nächsten Tagen würde sie erst lernen, damit richtig umzugehen. Wir alle mussten nun ein Stück anders denken und auf alles vorbereitet sein!, ging es mir durch den Kopf.
Wieder spürte ich den Druck ihrer Finger an meiner Hand. Es war an der Zeit, dass wir auf das Thema des schwarzen Kreuzes zu sprechen kamen. Ich gab ihr mit einem leichten Nicken zu verstehen, dass ich bei ihr sei.
Alex atmete tief durch und begann dann von den Vorkommnissen in Bristol zu berichten. Als sie bei den deutschen Assassinen anlangte, sog Lucius scharf die Luft ein, äußerte sich aber nicht!
Die Manipulation des Edenapfels war auch meiner Frau noch ein Rätsel, mittlerweile wussten wir aber, es hing mit den neu erworbenen Fähigkeiten, den Isu und den Göttern zusammen.
Und nun war sie bei John Williams Namensnennung angekommen.
„Dieser Herr erwähnte dann Namen, zuerst einen Russen, welcher für den geplanten Diebstahl angeblich verantwortlich sei. Doch als ich weiter nachhakte, gab er mir den Namen eures Bruders, Master Williams! Und jetzt komme ich auf mein eigentliches Anliegen, seht, ich bin beauftragt, diese Runentruhen in unregelmäßigen Abständen an verschiedene Eigentümer zu übergeben! Der Inhalt ist von großer Wichtigkeit und sollte NOCH nicht unter Verschluss gehalten werden, da er noch erforscht werden soll. Deshalb... nunja, soll eure Familie, auch wenn es eure Aufgabe ist, diese Artefakte NICHT bekommen!“ ihr war nicht wohl, das mitzuteilen.
Eiskalt meinte Lucius nur, dass sie ihn hintergehen würde!
„Wenn ihr das so seht, ja. Würde ich euch aber dann davon berichten? Im Grunde ist es jedoch nur zum Wohle der Menschen. Ich komme jetzt nämlich an den Punkt, der in meiner Zeit von Bedeutung ist. Ein großer Teil dieser Gegenstände in den Truhen ist für die Zukunft wichtig um den Erhalt des Bündnisses zwischen Templern und Assassinen zu sichern. Meine Aufgabe besteht darin, genau dass zu erreichen!“ in ihrer Stimme klang das schlechte Gewissen mit und in Lucius Augen sah ich wieder großes Misstrauen ihr gegenüber.
Der nächste Punkt jedoch, war noch schwerer zu erklären, abnehmen konnte ich es Alex aber leider nicht.
„Master Williams, da ist noch etwas, was ich euch sagen muss. Master Bradshaw bat mich meine Montur näher in Augenschein zu nehmen, was ich auch tat. Dabei fand ich unter dem Kragen versteckt ein kleines filigranes schwarzes Templerkreuz angeheftet, welches mit Runen beschriftet ist.“
Alex drehte den Saum ihres Kleides an der Schulter um, dort prangte das besagte Kreuz und ich sah mich drei Augenpaaren gegenüber, welche uns ungläubige Blicke zuwarfen.
Faiths Worte waren schon fast tonlos und voller Enttäuschung, dass ich Angst bekam, hiermit wäre das Gespräch beendet.
„Faith, ich gehöre nicht … dem hiesigen schwarzen Kreuz an, sondern dem in meiner alten Zeit. Trotzdem habe ich auch hier alle Rechte, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen, koste es was es wolle!“ Diese Worte waren in einem bestimmten und mehr als kühlen Ton verfasst. Es war reiner Selbstschutz, wie ich annahm.
Eine weitere Erklärung, in welcher Alex versuchte darzulegen, dass sie weder stehlen, noch einbrechen oder sie alle hintergehen würde, fiel auf fruchtbaren Boden. Ebenso konnte sie plausibel ausführen, warum sie einige Artefakte einfach nur nicht der Familie überlassen konnte.
Master Williams´ berechtigte Frage, warum man aber nicht einfach im 21. Jahrhundert danach geforscht hätte, weil man von dort mit mehr Möglichkeiten leichter an die Teile kommen könne, wurde von Alex wieder einmal entsprechend im Keim erstickt.
Alles was im 18. Jahrhundert in den Familienbesitz gelangte, blieb beim britischen Ritus und an den kam man leider nicht in Alex´ Zeit heran.
Und das einfach nur durch ein paar Zeilen, welche Lady Melanie verfasst hatte und damit meine Frau als den Staatsfeind erklärte, überspitzt gesagt.
Das wurde allen Anwesenden nun auch noch einmal vor Augen geführt und man sah, dass es Lucius etwas unangenehm war. Ändern konnte er aber leider nichts.
„Alex, kann ich dir da wirklich vertrauen, dass du mich und meine Familie nicht hintergehst?“ fragte Faith vorsichtig noch einmal nach und meine Frau versicherte ihr, dass sie keine bösen Absichten hegt! Sie hätte es wohl kaum hier offen gelegt, wenn sie hinter dem Rücken der Familie agieren wollte.
Wo wir wieder bei ihrem oft unangemessenem schlechten Gewissen ankamen, welches hier aber durchaus angebracht war!
„Als mir Master Bradshaw davon berichtete, war ich im ersten Moment selbstverständlich dagegen, weil es sich wirklich im Ersten Moment nach Verrat anhört. Jedoch ist es das nicht, ich beklaue euch nicht, sondern halte nur diese Artefakte und Dinge vorerst unter Verschluss. Ich bin wie ein Wächter für diese Sachen!“
Wir hörten die Stimme Elias´, welcher erfreut war, dass sie es von selber erkannt hatte!
„Mistress Kenway, das alles ist wirklich sehr abstrus und hört sich unglaublich an. Ich hoffe, ich kann meinen Bruder entsprechend anweisen, euch nicht zu behelligen. Oder habt ihr schon eigene Schritte in diese Richtung unternommen?“
Wir hatten bereits einen Boten nach Russland geschickt um in Wjasma nach Eugene suchen zu lassen, noch hatten wir keine Antwort bekommen und es würde sicherlich auch noch dauern.
Lucius war der Ansicht, dass sie ja entsprechend im Bilde sei und Alex bat noch einmal darum, dass er mit John ein Wort sprach. Es wäre nur von Vorteil, wenn auch er eingeweiht sei!
Noch waren wir aber nicht durch mit dem Gespräch und als hätte er es geahnt, fragte Master Williams „Mistress Kenway, ich weiß, ihr habt weiter recherchiert und seid fündig geworden. Mich interessiert, WAS ihr herausgefunden habt...“
Ohne darauf einzugehen, griff Alex in die Tasche und reichte die Papiere an unsere Gastgeber weiter. Darin ging es um ein Diadem, welches einen langsamer altern lässt, weswegen die Familie eine mehr als hohe Lebenserwartung an den Tag legte. Genau das war es, was Alex´ Leute auch stutzig gemacht hatte und man stieß auf diese in griechisch verfassten Chronikeinträge.
„Alex, du weißt davon?“ kam es wieder fast tonlos von meiner kleinen Schwester. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, sie sei völlig desillusioniert und enttäuscht!
Habe ich jetzt alles zerstört? Mi amor, ich habe Angst, dass ich... sprach Alex in meinem Kopf.
Nein, das hatte sie nicht, aber wenn man ihr umgekehrt so etwas vor Augen führen würde, würde auch sie erst einmal eine Zeit brauchen, um es sacken zu lassen!
Auch Shay war noch überwältigt und tat es auch kund, weil er es faszinierend fand, dass Alex trotz der Widrigkeiten Einblick bekam in diese Unterlagen.
„Nicht ICH hatte das, ihr haltet Kopien in den Händen, welche mir von einem Informanten zugespielt wurden. Ich kam ja nicht an die Briten ran!“ ihre Stimme war leise geworden und sie versuchte sich zu rechtfertigen.
„Mistress Kenway, ich bin auf der einen Seite enttäuscht, ob dieses Vertrauensbruches! Auf der anderen Seite, kann ich eure Beweggründe nachvollziehen, ihr hegt einen Wunsch, welchen ich auch lange in mir hatte und ich weiß, Haytham denkt mittlerweile auch wieder so. Frieden zwischen Templern und Assassinen und meine Familie war immer so etwas wie das Gleichgewicht. Mein Bruder ist, wie ihr ja wisst, Assassine. Somit hatten wir immer in beiden Lagern jemanden und man konnte uns nicht so schnell etwas anhaben. Ihr habt in eurer Zeit etwas geschafft, was wir uns wünschen. Und wenn ich euch nun richtig verstanden habe, dann sind Masters Bradshaw und Lestrange ebenfalls der Ansicht, dass es diese Übereinkunft geben soll?“ Lucius sprach diese Worte ruhig und gefasst aus, sah aber meine Frau forschend an.
„Genauso ist es, Master Williams. Master Bradshaw erwähnte auch schon einige hochrangige Assassinen, welche sich unserer Sache bereits angeschlossen haben. Natürlich ist auch der einhergehende Handel mit den entsprechenden Geschäften ein Grund, warum man mir dieses Vertrauen entgegen bringt. Doch im Grunde ist es ein Anfang und wir sollten, wenn ich so frei reden darf, dafür sorgen, dass es so bleibt und diese Annäherungen weiter vertiefen!“
Für einen kurzen Moment befürchtete ich, Master Williams würde sich gar nicht weiter auf etwas einlassen! Dann aber sah ich ein Lächeln auf seinem Gesicht und er nahm eine entspanntere Haltung an. „Wer hätte das vor ein paar Jahren noch gedacht, als ihr hier in diese Zeit sprichwörtlich hinein gesegelt seid und alles durcheinander gebracht habt. Mistress Kenway, ihr erstaunt mich immer wieder und ich muss sagen, meine Tochter hat in euch eine wirklich treue Freundin gefunden. Sie vertraut euch, also werde ich mein Bestes geben und mich dem anschließen. Leider kann ich von meiner Mutter nicht das gleiche behaupten, ihr wisst ja, sie ist sehr nachtragend. Was meinen Vater angeht, da denke ich, kann man aber sicherlich eine Einigung erreichen!“ Mit einem Handschlag besiegelte er nun dieses Gespräch und die erste Annäherung.
Neben mir spürte ich, wie Alex ein riesiger Stein vom Herzen fiel und sie sich kaum beherrschen konnte vor Erleichterung!
Es kamen noch ein paar lobende Worte von Lucius, in welchen er den Geschäftssinn und die Loyalität meiner Frau hervorhob! In den kommenden Tagen würde man sich dann zusammensetzen und über das weitere Vorgehen sprechen.
Außerdem würde Alex noch eine Liste anfertigen, welche Artefakte es galt zu sichern und welche nicht für Familie Williams bestimmt waren. Es würden ein paar Seiten werden, erklärte meine Frau grinsend.
Mit einem Glas Whiskey, welches meine Frau in einem Zug leerte, besiegelten wir das Ganze nun. Wir waren uns auch alle einig, dass es noch lange nicht ruhiger werden würde in den kommenden Jahren!
Während des Abendessens wurde das Essverhalten unseres Sohnes bestaunt. Wir erklärten, wie es zu diesen frühen normalen Mahlzeiten kam und das wir selber etwas erstaunt seien.
Wie aufs Stichwort zappelte Edward auf Alex´ Schoß herum und verlangte nach der Kette für seine Zähne.
Im Anschluss verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Heimweg. Es war ein langer Tag gewesen und ich hatte die Nacht noch nicht ganz verarbeitet. Mein Kopf würde mir für ein weiches Kopfkissen sicher danken!
In unserem Zimmer angekommen, machten wir uns gleich fürs Bett fertig und ich wir lagen noch nicht ganz, als uns ein gequältes „Mamaaaaa“ aus der Wiege alarmierte.
Ab da ging es im Minutentakt, da Edward sich den Magen anscheinend verdorben hatte, mit Windeln wechseln, Tücher holen und auswaschen. Vor allem war es schwierig ihn zu beruhigen. Ich versuchte mein Bestes, wenn ich schon nicht beim reinigen der Wäsche helfen konnte.
Gegen fünf Uhr in der früh schlief er endlich und auch wir konnten uns noch ein wenig ausruhen.
Was für ein Tag!, dachte ich nur und zog meine kleine Familie an mich und fiel langsam in einen ruhigen Schlaf.
Langsam wurde ich wieder wach, weil sich neben mir etwas bewegte und vor sich hin brabbelte. Auch Alex schlug die Augen auf und fragte ohne Umschweife, ob es Edward wieder besser ginge. Gerade als sie ihn etwas zu sich ziehen wollte, damit ich noch schlafen konnte, sah sie, dass auch ich bereits unseren Sohn bemerkt hatte.
Ich gab meiner Frau einen langen guten Morgen Kuss, doch mal wieder unterbrach unser Nachwuchs diese Zuwendung. Irgendwann würde er es auch verstehen, grinste ich und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht.
Als Sybill sich nun nach Edwards Befinden erkundigte, bat Alex sie hinein und sagte, sie solle sich für heute ausruhen. Mrs. Wallace brauchte ebenfalls den Schlaf, sonst würde sie im Stehen einfach schlafend umfallen, dass wollten wir nicht.
Aber meine ehemalige Haushälterin wäre nicht sie selber, wenn sie kein schlechtes Gewissen bekäme. Sie erinnerte uns an unsere Termine, welche wir aber heute gar nicht hatten. Also ging sie breit grinsend hinaus, wir sähen uns dann spätestens beim Abendessen wieder.
Kurz darauf kletterte unser Sohn mal wieder auf mich und lag über meiner Brust, gähnte herzhaft und schloss die Augen. Sein kleines Gewicht war erstaunlich und ich war wieder einmal der Meinung, dass er täglich zunahm.
„Ja, das stimmt. Sybill meinte auch schon, sie hätte die nächst größere Montur für Edward nehmen müssen, er wäre wieder gewachsen.“ bemerkte Alex jetzt.
Sie rutschte näher an uns und wir hatten noch ein wenig Schlaf.
Irgendwann war es aber Edward zu langweilig und er begann sich wieder zu regen. Also stand ich leise mit ihm auf und zog ihn soweit es ging an, genau wie mich auch. Seltsamerweise bemerkte Alex überhaupt nichts davon, sondern schlief friedlich weiter.
Unten im Esszimmer übergab ich Jenny ihren Neffen und bat die Haushälterin ein leichtes Frühstück für ihn zu machen, da er letzte Nacht mit dem Magen Probleme hatte.
„Oh du kleiner Schatz. Hast du zu viele Süßigkeiten in dich hineingestopft? Glaub mir, dein Vater konnte das auch!“ dabei warf sie mir ein breites Grinsen zu.
Ich hingegen genoss meinen Tee, hungrig war ich aber irgendwie noch nicht.
Gegen neun ging ich hinauf um meine Frau zu wecken, welche wirklich noch tief schlief!
Bei ihrem Anblick, wie sie nur halb zugedeckt so auf der Seite lag und mir ihr doch sehr ansehnliches Hinterteil präsentierte, konnte ich nicht anders.
Ich zog mich wieder aus und schloss sie in die Arme, bedeckte ihren Hals mit Küsse und sprach leise an ihrem Ohr, sie solle aufwachen.
Erschrocken sah sie sich um und war im Nu hellwach! Ich erklärte ihr, dass sie nicht verschlafen hatte und dass Edward unten bei Jenny sei. Bei diesen Worten zog sie mich zu sich herunter. Alex ahnte, was mir so vorschwebte.
Wir haben wieder einen kleinen Augenblick für uns, mi sol! Lass mich dich fühlen, ich will dich! Es waren diese kleinen gestohlenen Momente der Zweisamkeit, welche wir auskosten mussten und ich tat es auch dieses mal in vollen Zügen. Alex´ Leidenschaft brachte mich jedes mal wieder fast um den Verstand und es fühlte sich großartig an!
Wir bekamen dann noch ein verspätetes Frühstück als wir unten erschienen. Edward war mit einem der Mädchen und einer der Wachen im Garten.
Heute lag nichts weiter an und mir fiel ein, dass wir noch nicht wussten, was wir an dem Geburtstag meiner Frau machen sollten. Darauf angesprochen sah sie mich überrascht an, da sie ihn tatsächlich vergisst, aufgrund der Zeitreisen hat sie gar nicht mehr daran gedacht.
Sie würde gerne die Cormacs einladen, samt Master Williams und den Bradshaws. Das wäre das kleinste Problem, also verfasste sie entsprechende Einladungen, welche auch gleich per Bote überbracht wurden.
Als Alex dann auf ihr neues Alter zu sprechen kam, sie wurde nicht 48 sondern 28 jetzt, ging mir ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf. Sie war nun etwas jünger als Faith, ebenso war ICH jetzt auch jünger als Shay! Es ist ein sehr merkwürdiger Gedanke, wenn ich ehrlich bin!
Letzte Nacht hatten Alex und Sybill sich mit der Kleidertruhe unseres Sohnes notgedrungen beschäftigt und auch jetzt ging meine Frau hinauf. Kurz darauf kam sie die Treppe hinunter und merkte an, dass Edward dringend neue Kleidung bräuchte. Er würde so schnell wachsen, dass es nun doch knapp wurde!
Kurzerhand übergaben wir meiner Schwester die Aufsicht über unseren Sohn und machten uns auf den Weg, etwas passendes zu kaufen.
Mir fiel auf, dass es einige neue Geschäfte gab, welche auch etwas gehobenere Arbeiten anboten.
Unser Sohn erhielt eine ganz neue Garderobe, darunter waren auch zwei kleine Anzüge, da mir diese Kleider, welche er trug, nicht wirklich zusagten. Sie waren aber angebracht und praktisch für ihn, das war mir bewusst. Dennoch sollte er für besondere Anlässe auch ein paar bessere Stücke bekommen.
Mein Versprechen kam mir wieder in den Sinn, welches ich Alex damals in New York gegeben hatte, dass wir in London IHRE Garderobe ebenfalls noch aufstocken würden! Gesagt getan!
Das nächste Damenbekleidungsgeschäft gehörte uns und ich verfiel in einen Kaufrausch, welchen meine Frau mit staunenden Augen kommentierte. „Wann soll ich diese Kleider alle tragen, mi amor? Ich habe doch schon für Empfänge und Bälle entsprechende Modelle zuhause!“
„Mi sol, du wirst dich wundern. Bald werden wieder jede Menge Empfänge und Gesellschaften stattfinden, wenn wir in Virginia sind. Auch wirst du hier sicherlich noch dazu kommen, dass eine oder andere Stück zu tragen. Und wenn es nur für mich ist, weil ich dich gerne darin sehen möchte!“ gab ich als Erklärung und...
„DEN Wunsch werde ich euch natürlich gerne erfüllen, Master Kenway.“ kam es etwas atemlos an meinem Ohr. Ich wäre gerne darauf eingegangen, doch es gab hier keine Rückzugsmöglichkeit.
Wir aßen noch zu Mittag und Alex kam auf Mr. Simpkin zu sprechen, welcher ihr wohl nicht ganz geheuer war. Nun, mir auch nicht, wenn ich ehrlich bin. Einzig aus dem Grund, weil er eng mit Reginald zusammen gearbeitet hat.
Außerdem erklärte ich, wie es sich mit ihm verhielt, als Jenny dann das Anwesen übernahm und ihn kündigte.
Aber ihr ging noch ein anderer Gedanke durch den Kopf, welchen ich auch schon einige Male hatte, jedoch nicht so recht wusste, wie ich ihn äußern sollte. Es ging um das Grab meiner Eltern, sie würde gerne einmal dorthin, auch wenn sie wusste, dass es nervlich für sie eine Tortur sein wird.
Wir würden sicherlich einen Tag finden, an welchem wir mit Edward und Jenny gemeinsam dorthin gehen würden. Auch ich war schon eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen.
„Das ist doch auch verständlich, mi amor. Du bist ja nicht jede Woche hier in London, oder?“ Trotzdem plagte mich ein schlechtes Gewissen!
Pünktlich zum Abendessen kamen wir beim Anwesen an. Bevor ich reagieren konnte, sprang Alex aus der Kutsche und eilte auf den Eingang zu. Jetzt kam IHR schlechtes Gewissen hoch, dass sie Edward den ganzen Tag alleine gelassen hatte. Ich bat sie langsam zu machen, wäre etwas vorgefallen, hätte man uns benachrichtigt.
Im Salon stand sie für einen Moment in der Tür und betrachtete diese friedliche Idylle, in der unser Sohn spielte und Jenny ihm vorlas!
Plötzlich liefen meiner Frau Tränen über die Wange und in ihren Gedanken sah ich wieder Yannick und die Momente, welche die beiden hatten. Sie hatten sie alleine, ohne einen Vater, ohne eine Tante oder einen Onkel. Dennoch waren es ihre ganz eigenen Momente und das sagte ich ihr jetzt auch.
Ich zog Alex in die Eingangshalle, nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten. „Alex, Yannick ist dadurch aber kein schlechterer Mensch geworden. Du hattest und hast eine ganz eigene Beziehung zu ihm, sehr intensiv und ich weiß, dass dein Sohn ebenso denkt. Er weiß, was er an dir hat und er liebt dich! Vergiss das nicht!“
Ich hoffte, meine Worte würden reichen!
„Danke, mi amor!“ war alles, was ich als Bestätigung brauchte!
Bei Tisch staunte ich nicht schlecht darüber, was Edward alles aß. Er schien schon fast ausgehungert zu sein und griff gierig nach den Kartoffeln mit dem Gemüse. Sogar Mrs. Wallace konnte gar nicht so schnell schauen, wie ihr Schützling seine Portion alle hatte.
Jenny erklärte, dass er lediglich eine Kleinigkeit zum Mittag hatte, ebenso am Nachmittag, man wollte nicht seinen Magen reizen.
Anschließend hieß es für unseren Dreckspatz waschen und zwar gründlich!
Während Alex mit ihm nach oben ging und das übernahm, mit der Begründung, sie hätte heute erst sowenig Zeit für ihn gehabt, setzte ich mich mit meiner Schwester in den Salon.
Jennifer hatte den Vorschlag gemacht, eine Torte backen zu lassen anlässlich Alex´ Geburtstages.
„Was kann ich eigentlich deiner Frau schenken, Haytham? Mir fällt ehrlich gesagt gar nichts ein.“ fragte sie mich nun leise, so als wäre es ihr unangenehm.
Mir kam diese Liebe zu Büchern in den Sinn und dass sie selber gerne und viel schrieb. „Wie wäre es mit personalisierten Schreibutensilien? Mappe, Tintenfass, einen Federhalter und ein eigenes Siegel!“ Daran hatte ich überhaupt noch gar nicht gedacht. Alex hatte keinen Siegelring, welcher für ihre Korrespondenz genutzt wurde! Bisher nahm sie immer meinen!
„Oh, das ist großartig! Ich werde gleich morgen...“ Jenny unterbrach sich selber als meine Frau in der Tür erschien mit Edward auf dem Arm.
Wie immer reagierte sie säuerlich, weil man ein Gespräch unterbrach, wenn sie erschien.
„Nun warte doch einfach deinen Geburtstag ab.“ lachte meine große Schwester und etwas verlegen meinte Alex, dass sie daran gar nicht mehr gedacht hatte.
Edward hingegen gähnte bereits herzhaft, als Jennifer ihn auf den Schoß nahm, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Mit einem Male hörten wir ein lautes „NINI“ und er sah mit großen Augen zu meiner Schwester auf.
Auf Alex´ Gesicht sah ich eine Erkenntnis „Dann haben wir ja jetzt einen Spitznamen für dich!“
Jenny hingegen konnte kaum an sich halten und man sah ihre Augen vor Tränen überlaufen! „Er meint wirklich mich damit?“ sie drückte ihn dabei freudig an sich.
Ich konnte nicht anders, ich nahm die beiden nun in den Arm, weil auch ich diese Idylle einfach herzerweichend fand. „Natürlich meint er dich, er mag dich und anscheinend hat er dich in sein Herz geschlossen, Jenny!“
Sobald unser Sohn mich aber sah, brüllte er mir ein deutsches „Papaaaaa“ entgegen! Ich ließ es mir nicht nehmen und erklärte ihm das englische Wort mal wieder. Ich konnte Alex´ mit den Augen rollen sehen, in diesem Moment war es mir aber egal.
Ich ging an den Frauen vorbei und hinauf um ihn zu Bett zu bringen. Mir wurde bewusst, dass ich das noch nie getan hatte und gerade war es mir ein Bedürfnis.
Auf dem Weg die Treppe hoch, erzählte ich wie ich hier einige Male hinuntergefallen war und mir das Knie aufgeschlagen hatte. Oder auch wie ich auf der oberen Galerie gegen einen der kleinen Tische gestoßen war und mir eine böse Beule an der Stirn zugezogen hatte. Edward sah mich blinzelnd an und ich spürte, dass er schon fast schlief.
Ich legte ihn in seine Wiege, deckte ihn zu und saß dann für einen Moment einfach auf dem Bett und sah ihm beim Einschlafen zu.
Hatte mein Vater ebenfalls solche Erinnerungen? Hat er mich jemals zu Bett gebracht? Von meiner Mutter wusste ich, dass sie es bis auf wenige Ausnahmen immer gemacht hat.
Nein, das habe ich nicht, Haytham. Deine Mutter hat es übernommen. Es war mir einfach oft nicht möglich, weil ich Abends meistens mit Aufträgen zu tun hatte. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht! Jetzt wo ich dich hier sehe, bekomme ich ein schlechtes Gewissen, obwohl ich weiß, dass ich es nicht mehr ändern kann. Tu mir einen Gefallen und übernehme an meiner Statt diese Aufgabe hin und wieder für mich!
Vaters leise Stimme drang in meinen Geist und ich versprach, für Edward so da zu sein, wie er es sich für mich damals vermutlich auch gewünscht hatte.
Etwas schwerfällig erhob ich mich und atmete tief durch, als ich das Zimmer verließ, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass mein Sohn tief schlief.
Vor der Tür des Salons hielt ich inne, da ich das Gespräch zwischen Alex und Jenny nicht einfach unterbrechen wollte. Leider paarte sich das Ganze aber mit einer gehörigen Portion Neugierde, als ich meinen Namen hörte.
Ich hätte mich in den Jahren sehr geändert, laut Jenny. Ich wäre ein Perfektionist in Bezug auf Verschlossenheit geworden. Meine Schwester hatte aber meine positive Entwicklung bemerkt, als ich begann Alex in meinen Briefen zu erwähnen. „Er liebt dich, Haytham hat das gefunden, was er immer unwissentlich gesucht hat.“ hörte ich sie sagen und beschloss mich jetzt einzuklinken.
Ich räusperte mich und trat ein!
„Haytham, musst du dich immer so anschleichen?“ maulte Jennifer mich gleich an und ich schmunzelte, auch Alex unterstellte mir das gleiche immer wieder. Dabei war ich nur leise!
Wie beiläufig fragte ich, worum es denn so wichtiges ging in ihrer Unterhaltung.
Meine große Schwester erzählte von meiner positiven Entwicklung in den letzten Jahren und ich konnte es mir nicht verkneifen zu sagen, dass ich anscheinend einen sehr schlechten Eindruck bei beiden Damen hinterlassen hatte.
„Nunja, diesen Eindruck konntest du ja mittlerweile revidieren und ich bin dir dafür sehr dankbar, mi amor! Sonst hätte ich die Kopfkissen doch noch Zweckentfremden müssen!“ entgegnete Alex mit einer hochgezogenen Augenbraue und grinste breit.
Auf Alex´ besorgte Frage, ob alles geklappt hätte mit Edward, konnte ich nicht anders, als sie zu ärgern. Ich hätte ihn im Garten sich selber überlassen. Das brachte mir einen Stoß in die Seite mit ihrem spitzen Ellbogen ein.
Es war jetzt meine Schwester, welche uns von den heiratswütigen Herren berichtete, welchen sie einen nach dem anderen wieder hinauswarf. Vor meinem inneren Auge konnte ich es sehen und vermutete, dass es durchaus auch sehr beschämend für den einen oder anderen Mann gewesen sein muss.
Irgendwann verabschiedete sie sich leicht gähnend, während ich mit meiner Frau noch hier vor dem Kamin blieb.
Alex lehnte an meiner Schulter und ich konnte ihre Gedanken wieder hören. Das hier wäre alles was sie bräuchte um zur Ruhe zu kommen. Es ging mir nicht anders, es reichte, dass sie mit mir gemeinsam hier war und wir einen stillen Moment hatten!
Sie drehte sich zu mir um und wir beide wussten, was wir wollten. Trotzdem sagte ich noch, dass sie mich wirklich verändert hätte und ich ihr unendlich dankbar dafür sei. Auch würde ich es ihr gerne öfter zeigen, wusste aber nicht wirklich WIE!
Sei einfach bei mir, mi amor! Ich habe nie etwas anderes gewollt, ich wollte dich und ich wünsche mir, dass das so bleibt!
Für den Weg zum Bett hatte ich keine Zeit und ich beschloss, dass das Sofa für uns herhalten musste. Ich konnte ihre tiefe Liebe förmlich spüren und in ihren Augen sehen. Das war es, was mich dieses Mal über die Schwelle brachte, diese tiefe Verbundenheit mit meiner Frau!
Wie man seinen Geburtstag einfach so vergessen konnte, erschloss sich mir in Alex´ Fall immer noch nicht so wirklich. Sicherlich, sie hatte durch ihre Zeitreisen immer wieder zwei Kalender vor Augen, genauso, wie sie auch den Geburtstag ihres Sohnes nicht bedacht hatte damals.
Ich hatte es mir also zur Aufgabe gemacht, sie nun jedes Jahr daran zu erinnern, ob es ihr passte oder nicht!
Ihr heutiger Ehrentag war wie gemacht dafür und wie immer erwachte ich vor meiner Frau. Ich schlich mich mit Edward, welchen ich ermahnt hatte leise zu sein, zu Mrs. Wallace. „Übernehmt schon einmal die erste Stunde, Sybill. Wir werden dann später nachkommen.“ natürlich ahnte sie, worauf das hinaus lief und wünschte noch eine geruhsame Zeit. Also konnte ich beruhigt wieder zu Alex zurück. Sie lag immer noch schlafend da, rührte sich nicht. Ich wusste aber, was sie definitiv aus ihren Träumen holen und vor allem was sie sicherlich begrüßen würde.
Ich ließ meine Finger unter die Bettdecke gleiten und gleichzeitig küsste ich ihren Hals. Langsam begann sie sich zu regen und ein leises Stöhnen war zu hören, bevor sie ihre Augen ganz aufschlug. Sie lächelte mich mit diesem Blick, welcher eine tiefgrüne Farbe angenommen hatte an und schlang ihre Arme um meinen Nacken. Ich gratulierte meiner Frau und wünschte ihr, dass sie noch sehr viele von diesen Tagen erleben werde! „Oh von solchen Festivitäten kann ich nie genug bekommen, mi amor!“ hörte ich sie atemlos sprechen. Bevor sie jedoch auf die Idee kam, das Kommando zu übernehmen, umschloss ich ihre Arme wieder über ihrem Kopf und setzte mein Tun unbeirrt fort, mit den Worten, dass sie doch nicht ernsthaft gedacht hätte ich ließe sie gewähren. „Auch nicht wenn ich Geburtstag habe?“ kam es nun schmollend von ihr. Auch dann nicht, nein! Sie gehörte mir und ich würde es ihr gerne auch beweisen.
Wie aufs Stichwort ergab Alex sich sprichwörtlich und ließ mich sie nehmen, wie es mir beliebte. Ihre Bewegungen wurden unkontrollierter und fordernder, was mich antrieb mein Tempo entsprechend anzupassen! Aber ein kleines bisschen Freiheit gestand ich meiner Frau dann doch noch zu, hob sie auf meinen Schoß und ließ sie sich bewegen. Sie wusste sehr genau, was ihr Lust bereitete und wie sie mir ebenso helfen konnte. Ihre Hände stützten sich auf meine Brust und sie warf den Kopf in den Nacken, sodass ich freie Sicht auf ihre Brüste hatte und meine Finger konnte ich nicht länger stillhalten. Diese Hingabe ließ mich jedesmal schneller auf meinen Höhepunkt zusteuern! Ein gehauchtes „Oh bei Odin...“ trieb mich ebenfalls hinüber und ich brachte keuchend ein „Jesus...“ heraus.
Etwas zittrig ließ sich Alex auf meine Brust sinken und ich umschlang sie. In diesem Moment konnte ich ihre Gedanken lesen und ich muss sagen, dass sie mich wie eine Substanz beschrieb, welche sie völlig willenlos machte, schmeichelte mir selbstverständlich. Sie gehörte mir und ich hoffte, ich würde diese Wirkung noch sehr lange auf sie haben! „Ich liebe dich, Haytham!“ kam es plötzlich von ihr und ihre grünen Augen sahen mich immer noch etwas verklärt an. Diese Frau war meine Seelenverwandte, mein passendes Gegenstück... sie war einfach alles für mich. Das wurde mir mal wieder bewusst in diesem Moment!
Leider wurden wir schneller in die Realität geholt, als uns lieb war. Doch unser Sohn rief lautstark nach uns und Alex bat Sybill ihn einfach hochzubringen. Derweil zog ich mich an und bemerkte mal wieder den Blick meiner Frau in meinem Rücken. Diese Anerkennung gab ich gerne zurück, als sie sich ebenfalls langsam anzog.
Edward war wirklich übellaunig und brüllte das gesamte Haus zusammen. Wir hatten unsere Mühe, ihn zu beruhigen. Sobald ich aber Pferde erwähnte und begann, kleine Geschichten über unsere Tiere in Virginia zu erzählen, wurde er still und hörte zu. Sobald er alt genug ist, sollte er ein eigenes Pferd bekommen, man kann nie früh genug mit dem Reiten beginnen!
Unten im Esszimmer erhielten wir noch ein kleines Frühstück, was ich überaus begrüßte. Ich fühlte mich leicht ausgehungert. Es galt jetzt noch ein paar Vorbereitungen zu besprechen für das spätere Abendessen und den Besuch am Nachmittag. Mrs. Byrne war aber zuversichtlich, dass alles reibungslos klappen würde. Nach dem Mittag ging Alex mit unserem Sohn hinauf, um ihn zu waschen und für den Mittagsschlaf fertig zu machen. Als sie aber eine halbe Stunde später immer noch nicht wieder unten war, machte ich mir doch Sorgen und ging hinauf. Mit tränennassen Augen sah sie auf Edward in seiner Wiege und zitterte leicht. Meine Frage, ob alles in Ordnung sei, beantwortete sie mit den Worten, dass sie Angst hätte etwas falsch zu machen. Alex hatte eine gewisse Panik deswegen in sich, welche ich durchaus nachvollziehen konnte. Auch ich spürte hin und wieder diesen deutlichen Druck, alles richtig machen zu müssen. Wir würden aber gemeinsam dort hineinwachsen und uns gegenseitig stützen und stärken!
Es wurde aber Zeit, dass wir uns umzogen und als ich sah, was meine Frau für ein Kleid trug, war ich für meine Intuition mehr als dankbar. Der Schmuck aus Amethysten passte farblich perfekt dazu. Für einen kleinen Moment stand ich hinter ihr und betrachtete das Werk ihrer Kammerzofe, welches nahezu perfekt war und ich gab Alex einen vorsichtigen Kuss in die Halsbeuge. Ich bat sie nun die Augen zu schließen, spürte aber sofort ihre Verunsicherung, doch sie tat wie ihr geheißen. Auf leisen Sohlen ging ich ins Ankleidezimmer und holte das Schmuckset. Zurück in unserem Zimmer sagte ich flüsternd, sie könne jetzt wieder schauen.
Auf ihrem Gesicht sah ich Unglaube und Freude zugleich. Mein „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Alex.“ erwiderte sie mit einem leisen fast tonlosen „Danke!“ Anscheinend hatte sie bedenken den Schmuck überhaupt zu berühren, also ermutigte ich sie einfach. Er würde ja nicht beißen. „Mi amor, sie sind wunderschön, aber ich traue mich gar nicht, ihn anzulegen, aus Angst, dass ich ihn verlieren könnte. Das ist ein Vermögen, Haytham! Und... woher wusstest du, dass ich ein farblich passendes Kleid tragen würde!“ ich antwortete still in ihrem Kopf und erklärte, dass ich diesen Gedanken hatte, als wir bei Finley das erste Mal waren. Dieses Collier und die Ohrringe trugen förmlich ihren Namen und der Rest ist halt mein Geheimnis. Ein letztes Mal ließ ich meinen Blick über ihre Erscheinung gleiten und befand, dass ich sie so auf die Gäste loslassen konnte.
Unten erwartete uns bereits Jenny, welche ebenfalls den Schmuck bestaunte und dies auch kundtat. Kurz darauf, wir saßen gerade im Salon, erschienen die Eheleute Bradshaw. Es dauerte nicht lange und auch Shay und Master Williams wurden angekündigt. Enttäuscht sah Alex über die Schulter des Iren, weil sie Faith suchte. Diese ließ sich aber entschuldigen, da sie im Hospital gebraucht wurde. Natürlich hatte diese Arbeit Vorrang und meine Frau verstand es natürlich auch.
Wir konnten den Nachmittag entspannt im Garten verbringen, das Wetter spielte mit und die Kinder hatten somit auch Platz zum Spielen. Meine Patentochter übernahm wie selbstverständlich das Kommando und ich hoffte, das käme ihr später zugute und nicht, dass sie deswegen in Teufels Küche kam.
Mrs. Byrne brachte nun die von Jenny und mir bestellte Torte und meine Frau bekam große Augen! „Die ist ja riesig, mi amor. In meiner Zeit sind sie doch etwas kleiner gehalten!“ Ich freute mich, dass wir sie auch damit überraschen konnten! Unser Sohn schlug sich damit den Bauch voll und sein zufriedener Gesichtsausdruck reichte uns völlig. Er würde vermutlich nicht mehr viel zu Abend essen.
Ich unterhielt mich eine Weile mit Lucius über die Geschäfte und was wir bisher an zusätzlichen Waren mit in das Sortiment aufnehmen würden. Außerdem kamen wir mal wieder auf die Beziehungen zwischen den Kolonien und der britischen Krone, welche durch den neuen König nun hoffentlich etwas entschärft werden konnten. Im Grunde wusste ich aber von Alex, dass es vorerst keine Besserung geben wird, eher im Gegenteil. Mit Shay besprach ich noch die Suche nach dieser Schatulle, man hatte mal wieder windige Hinweise bekommen, dass irgendein Schiff mit entsprechender Ladung gesichtet worden sei. Auch meine Informanten waren sich mittlerweile mehr als sicher, dass sie hin- und hergereicht wurde, nur um die Wege zu vertuschen. Im Grunde lief es wie mit den gesicherten Runentruhen, welche meine Frau transportieren sollte. Ich hegte aber immer noch die Hoffnung, dass wir alsbald fündig werden würden!
Alex riss mich aus meinen Gedanken und fragte still, ob sie Mrs. Bradshaw so ohne weiteres auf Kinder ansprechen könne, oder ob es unschicklich sei. Man sollte solche Fragen nicht stellen, wenn die Ehemänner mit anwesend sind. So etwas besprach man, wenn man „unter sich“ war, sie hatte es ja schon des öfteren erlebt in Virginia.
Bis auf einen kleinen Zwischenfall, bei welchem unserem Sohn sein heiliger Schimmel von Cadan entwendet wurde, blieb der Nachmittag ruhig.
Pünktlich zum Abendessen erschien dann auch meine kleine Schwester, in ihrer Montur, welche vor Dreck strotzte! Ich begrüßte sie mit den Worten, ob sie sich nicht hätte wenigstens noch vorher umziehen können. Nein, sie hätte keine Zeit mehr gehabt und warf mir einen säuerlichen Blick zu. Das Wort Umziehen war dann das Stichwort für meine Frau und die beiden verschwanden nach oben. In mir kochte es schon wieder, da ich mir an drei Finger abzählen konnte, was dort gleich passieren würde zwischen ihnen. Auch Shay sah den beiden nur kopfschüttelnd hinterher.
Wir gingen schon einmal hinein und warteten im Salon auf Faith und Alex. „Master Kenway, der Schmuck steht eurer Frau wirklich ausgesprochen gut. Ihr habt ein gutes Auge für solche kleinen Details. Zumal das Kleid auch farblich wie darauf zugeschnitten sein könnte.“ holte mich Finley nun aus meinen Überlegungen. Jenny hatte so etwas auch schon einmal erwähnt, dass ich nicht unüberlegt etwas schenkte. Mit Finley besprach ich jetzt noch mein geplantes Weihnachtsgeschenk für Alex, da ich immer noch das Bedürfnis hatte, ihr eine Freude zu machen, so wie sie mir damals mit dem Schwert. Ich würde in den nächsten Tagen einen Termin mit ihm vereinbaren und dann würden wir uns sicherlich wieder einig werden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erschienen dann auch endlich wieder Faith und Alex und... Das Kleid meiner Frau wies ziemlich viele Falten auf und ihre Haare, sie lagen anders. Ich konnte nicht anders. „Das hat ja ganz schön lange gedauert, mi sol.“ brachte ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. Ebenso war Shay nicht glücklich mit diesem verspäteten Erscheinen. Mrs. Bradshaw sprang den beiden Frauen aber zur Seite, in dem sie erklärte, die Damen müssten sich schon Zeit lassen, damit sie präsentabel aussehen würden. Im Stillen drohte ich meiner Frau an, dass dies ein ernstes Nachspiel haben würde und ich muss es wohl doch zu hart vermittelt haben, weil sie zusammenzuckte und nur nickte.
Jetzt war Faith an der Reihe, ihr Geschenk an Alex zu übergeben und ich traute meinen Augen nicht! Es waren modifizierte versteckte Klingen! Diese hatten diesen Wurfhaken, mit welchem meine kleine Schwester sich schnell irgendwo hochziehen konnte. Mir behagte dieser Mechanismus nicht, ich würde meinem Sohn trotzdem noch beibringen, wie man ordentlich an einem Haus emporklettert oder schnell auf einen Baum gelangt! Es kann ja nicht jeder so faul sein, wie die beiden!
Es wurde Zeit für das Essen, ehe es kalt wird und Mrs. Byrne bat uns, im Esszimmer Platz zu nehmen. Meine Frau hatte mit der Haushälterin das irische Ragout kochen lassen, nach ihrer Anleitung und meine kleine Schwester zog fragend eine Augenbraue hoch. Berechtigt, wenn man mich fragt. „Alex, diese Vorliebe für das irische Essen, sollte ich mir da Gedanken machen, oder hat es...“
„Es ist einfach unglaublich lecker und auch wenn es sich seltsam anhört, es fühlt sich ein wenig wie zuhause an.“ gab sie als kurze Erklärung.
Mein Sohn saß auf meinem Schoß und verleibte sich das Püree ein und ich war froh, dass ich mich vorher gewappnet hatte. Servietten waren hier seit neuestem ein viel genutzter Schutz vor umherfliegendem Essen. Edward ließ sich nicht beirren, griff nach dem Fleisch und hin und wieder hörte man ein wohliges „naaaaaaaaam“ und lautes Schmatzen. Ja, die Tischmanieren!
Anschließend brachte man den gesamten Nachwuchs zu Bett und wir Erwachsenen machten uns auf in den Salon, die Damen hingegen ließen sich auf der Terrasse nieder. Mit Finley kam ich unter anderem noch einmal auf das Thema mit dem Handel und die einhergehenden Schiffsbewegungen. Wir waren uns einig, dass kaum eines der kleinen Handelsschiffe noch unbewacht über den Atlantik segeln sollte und mit Shay und Lucius kamen wir schnell überein, dass wir die Flotte durchaus noch erweitern konnten. Die Kaffee-Routen von Monsieur de Granpré waren unter anderem welche, die besonderen Schutz bedürften, weil es so wertvoll war.
Master Bradshaw genoss ein Glas des guten Portweins nach dem anderen, bis er leicht schwankend aufstand und meinte, er sollte jetzt lieber seine Frau schnappen und nach Hause zurückkehren. Mir ging durch den Kopf, dass er im Grunde einen der nordischen Götter darstellte, wusste seine Frau das? War sie darüber im Bilde, dass sie mit Loki verheiratet war und wenn ja, hatte sie auch einen göttlichen Beistand? Fragen auf die ich aber heute erst einmal keine Antwort mehr erhielt.
Er hatte Recht, es war schon spät und wir würden morgen alle wieder einen langen Tag vor uns haben. Auf der Terrasse wurden wir mit bösen Blicken empfangen, da die Damen wohl diese Ruhe vor uns genossen hatten. Als Finley mit seiner Gattin in die Nacht verschwunden war, verabschiedeten sich auch die Cormacs und Lucius. Auf Alex´ Frage, ob Faith bei Franklins Vorstellung auch anwesend sei, sah ich, wie ihr klar wurde, dass meine kleine Schwester derzeit nicht mit dem König in der Öffentlichkeit gesehen werden sollte. Dann waren auch sie mit der Kutsche in der Dunkelheit verschwunden.
Jenny wünschte uns ebenfalls noch eine gute Nacht und ging hinauf. Als ich nun mit meiner Frau im Salon stand und sie eindringlich betrachtete, sah ich, wie sie immer unsicherer wurde. Ich begann meine Weste aufzuknöpfen und schritt gemächlich ich auf sie zu und sie ging immer weiter zurück. „Alex, was hatte ich dir über diese heimlichen Momente mit Faith gesagt?“ fragte ich leise aber scharf! „Nicht ohne deine Erlaubnis, aber...“ ein Aber duldete ich nicht, auch nicht, wenn es ihr Geburtstag war! Ich zog sie fest an mich und sah in ihre dunkel gewordenen Augen! Ich ließ Alex unvermittelt los, ging zur Tür, schloss diese demonstrativ langsam ab und die Unsicherheit steigerte sich bei meiner Frau noch.
Mit schnellen Schritten war ich wieder bei ihr, drehte sie mit dem Rücken zu mir, fuhr mit meinem Daumen über ihre Lippen und schob derweil ihre Röcke hoch. „Ich hatte dich gewarnt!“ mit einem Aufkeuchen hing sie über der Sofalehne und ich nahm sie, da ich mich kaum noch beherrschen konnte. In ihrem Geist, befahl ich ihr mir zu erzählen, WIE sie Faith genossen hatte! Als sie splitternackt vor mir stand, ließ ich meine Lippen über ihren Körper wandern bis hin zu ihrer empfindlichsten Stelle. Meine Zunge liebkoste sie wie von alleine und ich genoss ihren Duft! Mehr brauchte Alex nicht erzählen! Ich zog meine Frau wieder hoch, griff mit meiner Hand in ihren Nacken und ließ sie so auf die Knie sinken. Ihr Mund gehörte MIR! Und das zeigte ich ihr nun, im Gegenzug ließ sie mich nicht aus den Augen und dieses Gefühl ihrer Lippen, wie sie mich umschlossen, gab mir wieder den Rest! Mit einem lauten „Jesus!“ ließ ich los und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Aber meine Frau sollte nicht leer ausgehen und ich bescherte ihr mit meinen Händen ihren wohlverdienten Höhepunkt, während dem sie sich an mich klammerte und ich nur ein gehauchtes „Haytham...“ vernahm! An meine Brust gelehnt kam sie langsam wieder zu Atem und hauchte „Ich liebe dich, Haytham!“ ich konnte es nur erwidern und schloss sie in meine Arme. Auch ICH gehörte meiner Frau und wir begegneten uns immer auf Augenhöhe, was mir wieder einen wohligen Schauer über den Körper trieb. Es war ein Geben und Nehmen, ein Gleichgewicht zwischen uns.
Ich erwachte heute, weil meine Frau schmerzvoll stöhnte neben mir. Sie tat es aber einfach ab und sagte, ich solle weiterschlafen. Leichter gesagt als getan, jetzt war ich wach, auch wenn es noch nicht einmal richtig hell draußen war. Edward schlief aber noch friedlich in seinem neuen Kinderbett, welches wir gestern von Freunden meiner Schwester geschenkt bekommen haben. Also zündete ich eine der Petroleumlampen an und begann zu lesen. Es war ein Buch, welches meine große Schwester aus dem Fundus eines älteren Ehepaares hatte. Wirklich spannend war es nicht, es war eine Abhandlung über das letzte Jahrhundert, in welcher ein Zusammenhang zwischen Krankheiten und Glauben hergestellt werden sollte. Wie sagte man so schön, Glaube könne auch Berge versetzen.
Alex kam wieder zurück und lehnte sich seufzend an meine Schulter. Mir fiel ihre unnatürliche Blässe auf und auf meine Frage, ob es das ist, was ich vermute, nickte sie stumm. Kurz darauf erschien Mrs. Byrne und reichte ihr eine Tasse Tee und am Geruch erkannte ich schon, es war dieses krampflösende Gebräu von Faith. Alleine bei dem Geruch drehte sich mir der Magen um, aber ich ließ mir nichts anmerken. So entspannt, begann ich einfach vorzulesen, bedacht leise zu sein, damit unser Sohn noch weiter schlief. Leider bemerkte ich schnell, dass Alex mit ihren Gedanken ganz woanders war. Ich merkte an, dass ich auch einem Stein vorlesen könne, der würde vermutlich besser zuhören.
„Entschuldige, aber ich versuche zuzuhören, den Tee nicht zu verschütten, die Krämpfe weg zu atmen, mir Gedanken über einen 40. Hochzeitstag zu machen UND auf unseren Sohn zu achten. Ich bin nicht Wonderwoman, mi amor!“ mir erschloss sich nicht, wer diese Wonderwoman war, doch Alex ließ es sich nicht nehmen, mir das zu erklären. Es gab in ihrer Zeit sogenannte Superhelden, gezeichnete Charaktere, welche alle eine spezielle Fähigkeit hatten. Unter anderem gab es einen Mann, der Spinnennetze aus seinen Händen verschießen konnte. Mir kräuselten sich bei dem Gedanken meine Nackenhaare! „Diese Helden brauchen aber nun mal immer eine besondere Fähigkeit, sonst wäre es ja langweilig, oder?“ eine merkwürdige Art den Kindern Heldenmut beizubringen!, ging es mir durch den Kopf.
Die ersten Sonnenstrahlen stahlen sich durch die Vorhänge und prompt erwachte unser Nachwuchs. Wie aufs Kommando schob sich Alex über mich, da Edward auf meiner Seite schlief, wegen der Zimmertür. Ich erhaschte einen Blick in den Ausschnitt ihres Nachthemdes, welches verrutscht war und schon waren meine Gedanken in der Gosse. Sie hätte nicht daran gedacht, vorher ihre Kleidung zu richten. Musste diese Frau immer das letzte Wort haben? „Ja, muss ich!“ und für diesen Satz landete meine flache Hand auf ihrem Hintern. Dieser Tee bewirkte Wunder musste ich mir eingestehen.
„MAMAAAAA“ brüllte es aus dem Bett und das riss mich von den unanständigen Bildern in meinem Kopf weg. Frisch gewickelt lag Edward jetzt zwischen uns und spielte mit Alex´ Haaren, bis Magda das Frühstück ankündigte. Heute stand endlich die Vorstellung von Benjamin Franklin im königlichen Palast an und ich muss gestehen, dass auch ich ziemlich nervös war. Wir würden auch dem Königspaar vorgestellt werden, über Franklin machte ich mir weniger Sorge. Er war ein umgänglicher Mensch, wenn auch sehr redselig beizeiten.
Im Laufe des Vormittags war meine Frau mit ihrer Zofe nach oben verschwunden, weil noch ein Kleid entsprechend des Anlasses ausgesucht werden musste und die Haare schon einmal etwas in Form gebracht werden sollten, damit es nachher nicht all zulange dauern würde. Diese Zeit nutzte ich und besah mir die Probeschmuckstücke von Finley, welche er mir gestern hatte zukommen lassen. Darunter waren wieder Sets, welche in dunklem Rot gehalten waren und kleinere reine weiße Diamanten ringsum hatten. „Haytham, die sehen fantastisch aus. Aber auch die Smaragde dort drüben würden Alex gut stehen.“ so stand ich mit meiner großen Schwester eine Weile zusammen und wir berieten, was ein passendes Weihnachtsgeschenk wäre. Im Hinterkopf hatte ich aber bereits auch für Jenny etwas zurückgelegt. Da sie von ihrer eigenen Mutter keinen Schmuck besaß, hoffte ich, konnte ich ihr eine Freude damit machen.
Beim Mittagessen erfuhr ich dann mal wieder die unglaublich anstrengenden Launen der Frauen während ihrer Blutung. Ich hatte lediglich gefragt, ob Alex sicher sei, dass wir heute Nachmittag zu der Präsentation gingen, weil sie doch sehr blass war. „Weil es dir unangenehm wäre, stimmt es? Aber keine Sorge, ich kann mich schon zusammenreißen.“ kam es schnippisch aus ihrem Mund und ich musste an mich halten, nicht aus der Haut zu fahren. Ich wies sie darauf hin, dass sie nicht im Traum daran denken sollte, dass wir die Veranstaltung eher wegen ihres Unwohlseins verlassen. Wenn sie darauf bestand, gut. Dann gingen wird dorthin. Und schon schoss mir ihr schlechtes Gewissen entgegen! „Verzeih mir, Haytham, es war nicht so gemeint. Aber ich fühle mich halt nicht wohl, nichts finde ich passt zu diesem Anlass und ich könnte bei jeder Gelegenheit heulen! Ich weiß, du meinst es nur gut!“ kam es leise und entschuldigend von meiner Frau.
Mit den Worten, sie solle ihre Launen nicht an mir auslassen, stand ich auf und ging auf die Terrasse. Ich brauchte etwas frische Luft um mich wieder zu beruhigen. Diese Art von Alex war teilweise wirklich mehr als unverschämt und wurde mir nicht gerecht. Aber ich erwähnte es ja bereits, mein Repertoire an Wissen über die Gemüter der Frauen hatte seine Grenzen. Es dauerte nicht lange, da schlangen sich ihre Arme von hinten um mich und ein genuscheltes „Es tut mir leid, mi amor.“ war zu hören. Ich versuchte meinerseits eine Erklärung. „Mi sol, auch für mich ist diese Zeit nicht leicht, mitunter kannst du nämlich sehr unfair werden. Glaube mir aber, dass ich es wirklich nur gut meine. Ich möchte nämlich nicht, dass du das Gefühl hast, ich zwinge dich zu irgendetwas! Ich weiß, dass du dich bei so einigen Anlässen schon arg zusammen gerissen hast in der Vergangenheit und ich bin auch stolz auf dich deswegen. Doch IMMER musst du es nicht, ja?“ damit war es mir ernst!
„Ich weiß es doch, aber diese Dinge sind für mich einfach wieder neu und ich muss mich noch daran gewöhnen, es ist zu lange her. Und wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich wie in meine Jugend versetzt in diesem Moment. Ich erlebe gerade eine völlig andere Welt!“ kam es schniefend und mir wurde klar, dass auch sie sich erst einmal finden musste. Also würden wir gemeinsam weiter darein wachsen. Ich nahm mir vor, meine Frau zu unterstützen wo ich konnte, auch wenn ich sicherlich nicht immer ruhig bleiben würde! „Haytham, ich vergesse immer wieder, dass du anders erzogen wurdest. Ich werde versuchen, dich einzubeziehen, doch nicht in alle Details, das verstehst du doch, oder?“ damit konnte ich leben und etwas beruhigter gingen wir wieder ins Esszimmer, wo uns ein Sohn erwartete, der in seinem Essen gebadet zu haben schien. Auch meiner großen Schwester sah man an, was es zum Mittag gegeben hatte und Alex entschuldigte sich für die fehlenden Manieren unseres Sohnes.
Jenny erwiderte, dass ich damals auch nicht anders gewesen wäre und sie gerade an meine ersten Essensversuche denken musste. Als ich Edward so betrachtete konnte ich es mir in etwa vorstellen und musste grinsen! Sybill übernahm jetzt ihren Schützling und ging zum Waschen mit ihm nach oben. Auch Alex sollte sich nun langsam fertig machen und mir fiel ein, dass ich nicht wusste was sie tragen würde. Sie zeigte mir ihr blaues Kleid mit den Kristallen und den passenden Schmuck dazu. Somit konnte ich mich farblich anpassen und als ich eingekleidet wieder in unserem Zimmer erschien, huschte ein anerkennender Blick von meiner Frau über mich. Gerade als sie sich erheben wollte, ließ sie sich wieder auf den Hocker sinken und ihr Gesicht war schlagartig weiß geworden. Das gefiel mir überhaupt nicht, doch sie tat es wieder ab mit den Worten, sie würde gleich noch einen Tee trinken, dann ginge es schon. Innerlich rollte ich nur mit den Augen und hoffte, dass meine Frau den Nachmittag heile überstehen würde.
Edward fand es heute nicht gut, dass wir ihn seinem Kindermädchen überließen und einfach gingen. Aber er musste sich auch an einige Dinge gewöhnen, darüber waren Alex und ich uns schon einig geworden. Doch das mütterliche schlechte Gewissen war nicht zu unterschätzen und es stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben, als wir in der Kutsche saßen. Das ganze paarte sich mit der Nervosität, dass sie einer – für sie – historischen Persönlichkeit gegenüberstehen würde UND dem König. Da konnte man schon etwas unruhig werden. Auch mir ging es nicht anders, sogar Jenny, welche sich auf diesem Parkett schon oft bewegt hatte, schien eine gewisse Unruhe inne zu haben. Sie sah heute um einiges jünger aus, wie mir schien und ich ertappte mich wieder dabei, dass ich mir ihre Mutter versuchte vorzustellen.
Beim Palast angekommen, fragte Alex mich dann noch, was Benjamin eigentlich vorstellen wollte heute. Leider konnte ich dazu nichts sagen, er hatte sich in Schweigen bezüglich seiner Arbeiten gehüllt. Man brachte uns in den Vorführraum, von welchem vier weitere Räumlichkeiten abgingen, in welchen Erfrischungen und kleine Häppchen angeboten wurden. Ich sah schon von weitem meinen Bekannten Franklin, welcher mit Lucius, Lion und Shay in einem Gespräch vertieft war. Als er uns aber bemerkte, machte er sich los und kam auf uns zu. Alex und Jenny wurden herzlichst von ihm begrüßt und auch mich bedachte er mit seiner so offenen Art.
Nun stellte Lucius noch seinen Vater Lion Williams vor und erst jetzt wurde mir bewusst, dass Alex ihn noch nicht kannte, weswegen sie die ganze Zeit so skeptisch geschaut hatte. Master Williams Senior bedachte meine Frau mit ein wenig zu viel Inbrunst in meinen Augen. Shays und Lucius´ Begrüßung war wie üblich, abgeklärt und professionell. Als das alles geklärt war, nahmen wir unsere Plätze ein und etwas verwundert fragte mich Alex „Anscheinend nimmt König George doch nicht an dieser Veranstaltung teil?“ Ich erklärte ihr kurz den Ablauf, dass der König gleich vorne bei Benjamin sitzen würde, nebst seiner Gattin und wir im Anschluss an diese Veranstaltung ihm dann vorgestellt werden würden. Das konnte Alex auch schlecht wissen., ging es mir durch den Kopf.
Wie aufs Stichwort, als Franklin vorne stand, erschienen King George und seine Gattin Charlotte. Ab jetzt sah man, dass der Wissenschaftler ganz in seinem Element war. Voller Freude und Enthusiasmus zeigte er seine neueste Erkenntnis, wie man eine elektrische Ladung sammeln und lagern konnte. Er hatte dieses Experiment, welches Shay bereits einmal in einem anderen Rahmen zu Gesicht bekommen hatte, weiter ausgebaut. Hin und wieder zuckte Alex zusammen, wenn es leicht blitzte oder es so seltsam knisterte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Lion ihre Hand drückte und ihr etwas zuflüsterte. Meiner Frau gefiel diese Annäherung nicht und sie entzog ihm ihre Hand langsam und lehnte sich näher an mich. Er tat es nicht wirklich erneut, oder? Um mich nicht unnötig aufzuregen, verfolgte ich das Geschehen vor uns weiter!
Franklin erklärte den Anwesenden nun eine Linse, welche er hochhielt, mit deren Hilfe könne man weit entferntes oder auch gleichzeitig nahe gelegenes besser erkennen. In diesem Moment ging mir meine Sehschwäche von damals durch den Kopf, welche sich aber von alleine gebessert zu haben schien. Alex neben mir meinte nur, man nenne es in ihrer Zeit eine Gleitsichtbrille. Interessant, also war dieser Mann vorne ein echter Wegbereiter, nicht nur auf dem Gebiet der Wissenschaft, sondern auch auf politischer Ebene. Auch das hatte meine Frau einmal kurz erwähnt, dass Benjamin großen Einfluss in späteren Jahren haben werde!
Nach ungefähr drei Stunden beendete er die Präsentation und wir erhoben uns von den Plätzen. Gerade als wir in Richtung des Königspaares gingen, sah ich wieder wie Lion meine Frau leicht zu sich zog und ihr wieder etwas zuflüsterte. In ihrem Gesicht sah ich, dass es ihr mehr als unangenehm war und ich legte meinen Arm besitzergreifend um sie. Dieser Mann konnte einfach nicht die Finger still halten, das wäre auch nicht das erste mal. Er war seiner Frau schon einige Male untreu geworden und das teilweise mehr als offensichtlich, unter anderem auch mit einigen Damen des Personals. Doch wer war ich, das zu beurteilen, wenn Lady Melanie ihn gewähren ließ, dann sollte es wohl so sein. Aber nicht mit MEINER Frau!
Wir standen vor King George und wie automatisch knickste Alex und zwar so tief, wie es sich gehörte, ohne dass ich groß etwas sagen musste. Erleichtert, dass sie wusste sich zu verhalten, kamen wir schnell ins Gespräch mit ihnen. Ich stellte fest, dass Alex, Faith und George eine große Gemeinsamkeit hatten. Bücher! Wenn es nicht den anderen Gästen gegenüber unhöflich gewesen wäre, dann hätten sie sich noch länger darüber ausgetauscht, doch wir sollten nun auch den anderen den Vortritt lassen. So machten wir uns auf um uns etwas zu trinken zu holen und schon wieder war es Master Williams Senior welcher meiner Frau ein Glas Champagner reichte und sie förmlich mit seinen Augen schon in einem Alkoven sah! Alex nahm das Getränk dankend entgegen, kippte es in einem Zug hinunter und schnappte sich auch gleich das nächste zu meinem Verdruss.
Shay und Lucius waren sich ebenfalls einig, dass Lion dringend lernen musste sich zu zügeln! Um aber das Thema in andere Bahnen zu lenken, sprach der Ire Alex auf die Vorstellung an. „Mistress Kenway, wie fandet ihr die Präsentation? Für euch muss es sich doch seltsam angefühlt haben, oder nicht? Ich meine, es wird nichts neues gewesen sein für euch?“ für den Bruchteil einer Sekunde sah sie ihn fragend an, bis ihr klar wurde, wir befanden uns in der Öffentlichkeit und sie war die Gattin des Großmeisters. Also brachte man ihr diese Höflichkeit ungefragt entgegen, etwas was sie noch lernen musste, wie es schien. „Master Cormac, es war nicht wirklich neu für mich. Aber sehr interessant zu sehen, wie Master Franklin die Elektrizität beschrieben und mal wieder demonstriert hat. Für meinen Geschmack etwas zu leichtsinnig, aber es ist ja nochmal alles gut gegangen!“ Sie unterbrach sich selber, da auch ich nicht im Bilde war, inwieweit Lion involviert war über die Zeitreisen! Anscheinend wusste er es bereits, zumindest machte er keinen erstaunten Eindruck!
Plötzlich winkte mir ein Herr mit seinem Gehstock zu und ich erkannte ihn als ein Mitglied des hiesigen – nicht ganz offiziellen – Rates, welcher noch von Reginald ins Leben gerufen wurde, wieder. Master Daniel Mormon, 56 Jahre alt, kurze ergraute Haare und einen Kopf kleiner als ich. Ich hatte ihn eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und entschuldigte mich bei meinen Begleitern. Ich war gespannt, was er für Neuigkeiten bezüglich der großen und ungewöhnlichen Assassinen Ansammlungen zu berichten hatte. „Master Kenway, es freut mich euch hier wieder zusehen! Wie lange ist es her? 8 oder 9 Jahre?“ begrüßte er mich freudig und schon waren wir in den alten Zeiten.
Er hatte tatsächlich bereits Erkundigungen eingeholt und war ebenso auf viele Ungereimtheiten gestoßen, bezüglich dieser Meuchelmörder. Ein Großteil war bereits seit Jahren hier und agierte im Untergrund. Ein anderer kleinerer Teil und das war das seltsame, war erst seit drei oder vier Monaten hier, hatte sich aber schon recht gut etablieren können. Es waren Preußen, Russen und sogar ein paar Franzosen unter diesen Neulingen. „Master Mormon, wie schätzt ihr die Situation im Moment ein und vor allem, wo sollte man ansetzen um sie gar nicht erst die Oberhand gewinnen zu lassen?“
Für einen Moment sah er mich etwas ratlos an. „Tja, das ist eine gute Frage. Man hat das Gefühl, als lösen sie sich, sobald man einen Meter zu nahe herankommt, einfach in Luft auf. Auch konnten wir noch keine Hauptquartiere ausmachen. Es gibt nur die üblichen Banden hier, die sich schon lange in London und Umgebung breit machen. Diese anderen Assassinen, nunja, sie sind wirklich eigenartig, wenn ihr mich fragt.“ diese Aussage stimmte mich nicht wirklich friedlich und ich hoffte, dass diese Halunken nicht unserer Spur gefolgt waren. Doch ich musste davon ausgehen und würde umgehend Alex davon berichten müssen. Wir mussten also weiterhin auf der Hut sein, nicht das uns wie in Bristol noch einmal eine Horde Assassinen überrannte. „Ihr glaubt, diese Gruppe ist involviert in dieser Diebstahlgeschichte von Bristol? Mir ist zu Ohren gekommen, dass dort... naja, ein paar unerwünschte Personen verschwunden seien.“ in seinem Gesicht sah ich, dass er genau wusste, dass ich das meinte.
„Wir sollten weiterhin Vorsicht walten lassen, Master Mormon. Aber ich wäre euch dankbar, wenn ihr die Schläfer schon jetzt informieren könntet, damit wir im Notfall zuschlagen können. Meine Gattin und ich werden noch eine Weile hier in London bei meiner Schwester verweilen in unserem Anwesen am Queen Anne´s Square.“ ein Lächeln trat in sein Gesicht. „Ich weiß, ich habe Miss Scott schon ein paar Besuche abgestattet.“ damit war dann alles gesagt, sie hatte ihn abgewiesen, doch dieser Mann war zu professionell, als dass er sich diese Niederlage ansehen ließe! Wir verabschiedeten uns noch und gerade als ich in Richtung von Lucius und Shay gehen wollte, eilte Benjamin auf mich zu.
„Master Kenway, wo habt ihr eure Frau Gemahlin versteckt? Ich suche sie schon, ich hätte ein kleines Präsent für sie. Mistress Kenway hat mir von ihrer Leidenschaft für Wissenschaft und Büchern erzählt, da dachte ich, ich könnte ihr meine Aufzeichnungen über die neue Linse schenken!“ ich sah das Gesicht von Alex schon vor mir, wie sie dieses Geschenk strahlend entgegennahm. „Master Franklin, ich werde sogleich auf die Suche gehen. Vermutlich ist sie an die frische Luft gegangen um sich die Beine zu vertreten.“ erklärte ich leichthin, da ich sie hier auch nicht sah. „Macht das, macht das... ihr findet mich... hier... irgendwo.“ und schon war er wieder in ein neues Gespräch verwickelt.
Ich ging nun zu Lucius und Shay und sah mich erstaunt um. „Master Kenway, eure Schwester ist mit einer Freundin in einem Gespräch und eure Frau ist... sie ist... nach draußen gegangen, gefolgt von meinem Vater!“ in meinem Kopf schrillten Alarmglocken und ich sah die beiden Herren vor mir wütend an. „Warum habt ihr ihn nicht aufgehalten?“ giftete ich zu unfreundlich, doch mir war gerade nicht nach Höflichkeiten. Ich machte mich auf, meine Frau zu suchen und gerade als ich auf die Terrasse trat, rannte sie förmlich in meine Richtung.
Erleichtert, dass es ihr gut ging, wollte ich fragen, wo sie gewesen sei. Doch meine Frage erübrigte sich, als Lion mit wütendem Ausdruck im Gesicht und einer roten Wange an uns vorbei in den Vortragsraum eilte. Auf meine Frage, was passiert sei, bekam ich ein schnippisches „Wenn du MIR jetzt etwas unterstellst, Haytham, dann hast du schlechte Karten. Der ach so respektierte Master Williams wurde doch tatsächlich handgreiflich und ich habe mich gewehrt!“ dieser verdammte Wüstling. Doch ich kam nicht dazu, ihm hinterher zugehen, weil Alex mich aufhielt und mir erklärte, dass er sie nicht noch einmal anfassen würde, da ich nicht der Einzige sein werde, der darüber informiert würde! Der Rest würde sich sicherlich innerhalb der Familie dann klären, zumindest konnte ich mir das bildlich für Faith vorstellen! Sie würde ihren Großvater schon zurechtweisen!
Da fiel mir ein, dass Benjamin ja nach ihr gesucht hatte und wie erwartet trat ein freudiger Ausdruck in ihr Gesicht, gepaart mit einer gewissen Schüchternheit. Das stand ihr, wie ich fand, ausgesprochen gut und als ich ihr das ins Ohr raunte, konnte ich den Schauer regelrecht selber spüren der sie überkam. Wieder einmal war ich erstaunt, welche Wirkung nur meine Stimme und Worte haben konnten auf diese Frau! Im Vortragsraum jedoch war besagter Wissenschaftler unter anderem mit Lion in eine Diskussion vertieft und Alex weigerte sich, jetzt dort hinzugehen. Stattdessen schnappte sie sich ein weiteres Glas Champagner, was ich nicht unbedingt gut hieß, sie hatte eigentlich schon genug. Ich ließ es als Beruhigungstrunk aber durchgehen und wir warteten, bis Ben auf uns zukam.
„Ah, Mistress Kenway, da seid ihr ja wieder. Ich hoffe, euer Unwohlsein ist wieder vorbei? Ich sagte es bereits eurem Mann, ich würde euch gerne ein von mir verfasstes kleines Buch schenken. Wie ich hörte, liebt ihr es, zu lesen und ich denke, damit könnte ich euch eine Freude machen.“ schossen die Worte nur so aus ihm heraus und reichte das kleine schwarze Buch meiner Frau. „Master Franklin, ich weiß gar nicht was ich sagen soll! Ich danke euch!“ ich konnte in diesem Moment nicht ermessen, wie es sich für Alex angefühlt haben mag, von einer Person, welche für sie so vieles erreicht hatte und eigentlich im wahrsten Sinne des Wortes in die Geschichte eingegangen ist, ein solches Geschenk zu bekommen.
Wir unterhielten uns jetzt über diese Möglichkeiten und Einsatzgebiete dieser Linsen. Als meine Frau dann einwarf, dass gerade Scharfschützen einen solch klaren und vor allem weiten Blick haben mussten, um ihr Ziel Punktgenau treffen zu können, sahen wir sie beide etwas sprachlos an. „Man könnte diese Linsen wie ein Fernrohr auf die Musketen zum Beispiel montieren und somit hätte man die Möglichkeit, sehr präzise Schüsse abzugeben! Voraussetzung ist natürlich eine ruhige Hand und ein Gewehr mit hoher Reichweite.“ Vermutlich wusste sie schon, dass so etwas in baldiger Zukunft entwickelt werden würde und Franklin grübelte schon über einem Prototypen. „Eure Weitsicht in solchen Dingen, Mistress Kenway, ist erstaunlich.“ kam es anerkennend von Ben.
So langsam wurde es aber Zeit sich zu verabschieden und gerade bei Lion fiel das ganze mehr als unterkühlt aus. Er würdigte Alex keines Blickes mehr, mir warf er nur einen zornigen Blick zu. WAS konnte ich für SEIN Verhalten, oder eben das meiner Frau? Ich beließ es für heute dabei, da ich bemerkte, dass Alex sich etwas verstohlen den Bauch hielt und auch Jenny entging diese Geste nicht. Gerade als wir in der Eingangshalle auf unsere Kutsche warteten, deutete Alex auf eine Frau, welche in ein Gespräch mit einem britischen Offizier dort stand. Faith? Was machte sie hier und auch meine Frau fragte mich das, doch ich konnte nur spekulieren. Aber mir ging Master Mormon durch den Kopf, hatten die britischen Soldaten einen gewissen Einfluss, wenn ja, warum mischte sich meine kleine Schwester dort ein? Für heute würden wir keine Erklärung mehr bekommen und Alex stieg kurz darauf dankbar in unser Gefährt, welches uns rumpelnd nach Hause brachte.
Zuhause angekommen, wurden wir von einem lauten freudigen „MAMAAAA“ begrüßt und Mrs. Byrne bekam den Auftrag für diesen Kräutertee. Während des Abendessens sah ich, dass Alex dringend etwas in den Magen brauchte, der Alkohol war ihr doch sichtlich zu Kopf gestiegen. Im Anschluss machte sie Edward fürs Bett fertig, mit der Bemerkung, sie hätte kaum Zeit heute für ihn gehabt. Auch in mir schlich sich ein gewisses schlechtes Gewissen, doch das wäre nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, wo unser Sohn uns den ganzen Tag nicht sehen würde.
Im Salon erzählte ich nun Jenny noch von den Handgreiflichkeiten des ehrenwerten Master Lion Williams. Mit großen Augen sah sie mich an. „Du meinst, er wäre mit Alex ins Bett gestiegen? Einfach so? Ich meine, er hatte auch in meine Richtung entsprechende Andeutungen gemacht, aber ich konnte mich noch zu einer Freundin retten... oh nein, ich hätte einfach dort stehen bleiben sollen. Verzeih mir, Haytham.“ Jenny konnte doch am wenigsten dafür und das sagte ich auch so. Als meine Frau auch wieder hier erschien, berichtete sie von den Vorkommnissen im Park. In diesem Moment war ich dankbar, dass Alex so geistesgegenwärtig gehandelt hatte, andere Frauen hier hätten es über sich ergehen lassen!
„Du hast ihm also wirklich eine Ohrfeige verpasst? Das hätte ich dir gar nicht zugetraut, Alex.“ meinte meine große Schwester leicht lallend, auch sie hatte dem Champagner zugesprochen. Für Frauen in diesem Jahrhundert wäre so ein Verhalten auch eher unüblich, Jenny vergaß, genau wie ich auch ab und an, dass meine Frau eine andere Erziehung eingebläut bekam. Ich konnte aber nicht anders und meinte leise „Mi sol, ich hoffe, dir geht es auf jeden Fall wieder besser und glaub mir, das nächste Mal werde ich dich vor ihm retten.“ warum meine Frau auf einmal diesen dunklen und gleichzeitig warmen Grünton in ihren Augen hatte, wusste ich nicht. Aber ihre Worte waren, ja, sie schmeichelten mir einfach! Auch wenn sie kitschig in mancher Ohren klingen mögen! „Mein mutiger Ritter in schimmernder Rüstung! Welches Mädchen träumt nicht davon, mi amor!“
Ich sitze hier und versuche das Geschehene irgendwie in Worte zu fassen, doch es fällt mir schwer. Oben steht das Datum des Empfangs, doch ich schreibe erst einige Tage später, da es mir unmöglich war, einen klaren Kopf zu bekommen!
Der ganze Tag war schon seltsam verlaufen, angefangen von Edward, welcher einfach nicht zu beruhigen war, hinüber zu einem einfach unangenehmen Gefühl von Unsicherheit. Etwas lag in der Luft, doch was genau, vermochten wir alle nicht zu sagen.
Meine Frau hatte sich bereits einen Tag vorher Gedanken über ihre Garderobe gemacht und mich entsprechend angewiesen, mich anzupassen.
Jenny konnte uns leider auf diesen Empfang nicht begleiten, da sie plötzlich von einer schweren Migräne ans Bett gefesselt wurde.
Es war einfach eigenartig, wir alle waren etwas ungehalten und, ja wir waren aufbrausend und schlechter Laune. Meine ließ ich dann auch noch an meinem Sohn aus, welchen Alex versuchte mal wieder mit Worten zu beruhigen. Er verstand es doch noch gar nicht, also konnte sie es auch genauso gut einfach sein lassen. Doch ihr Blick in meine Richtung war vernichtend, wir waren noch nicht ganz überein gekommen, was die Erziehung anging, wurde mir bewusst. Das müsste jetzt definitiv aber warten!
Doch was mich plötzlich irritierte, auch wenn es nur ein paar Worte waren, war die Verabschiedung Alex´ von Edward.
„Wir sind bald wieder da, min lille skat.“ Ich wusste aus ihren Erzählungen, dass es „mein kleiner Liebling“ hieß. DAS hatte sie noch nie zu ihm gesagt und mich überlief ein kalter Schauer.
Wie gesagt, der ganze Tag war sehr eigenartig und als wir dann in der Kutsche saßen, welche uns zu den Pritchards bringen sollte, wurde es nicht besser. Um sich abzulenken schnitt Alex nun ein anderes Thema an.
„Ich bin gespannt, wer dort alles zugegen sein wird, mi amor. Vermutlich lerne ich mal wieder einen Haufen neuer Menschen kennen, welche ich danach nie wieder sehen werde.“ genauso würde es vermutlich laufen. Aber wir hatten die Gelegenheit auch neue Geschäfte aufzutun, worauf ich mich persönlich doch ein wenig freute.
Außerdem wusste ich, dass auch einige Mitglieder des Rates eingeladen waren. Siedendheiß fiel mir ein, dass ich meiner Frau noch gar nicht von ihm berichtet hatte. Ich würde es also nachher im Laufe des Abends nachholen.
Das Anwesen der Familie Pritchard war entsprechend herrschaftlich und den Geschäften angemessen, was auch Alex nicht entging. Der Stadtteil St. Andrews Holborn war bekannt für besser betuchte Bürger.
Auf der hinteren Terrasse wurden wir auch gleich, weil wir zu den ersten Gästen gehörten, von Samuel begrüßt. Etwas schüchtern erschien dann ein junges Mädchen, ich schätzte sie nicht älter als 16 oder 17, hinter Master Pritchard. Er stellte sie uns als seine Enkelin vor. Das war also die junge Dame, welche heute in die höheren Kreise aufgenommen werden sollte? Eine gute Wahl, wie ich fand und auch Alex sah sie wohlwollend an.
„Darf ich euch meine Enkelin vorstellen? Miss Hannah Evelyne Forbes!“
Für einen kurzen Moment sah Alex etwas fragend in die Runde und ich las, dass sie Mrs. Pritchard suchte. Auch Samuel war das nicht entgangen und er erklärte sich. Seine Frau war vor 4 Jahren an einer schweren Vergiftung verstorben und seitdem lebte er allein hier. Wir sprachen ihm unser Beileid aus, da auch ich nicht im Bilde war, was mir auch unendlich leid tat.
„Macht euch bitte darüber keine Gedanken, Mistress Kenway, ihr konntet es ja nicht wissen und ich hätte vielleicht schon früher ein Wort darüber fallen lassen müssen.“ Zu mehr kamen wir nicht, da man uns nun seine Tochter, nebst Mann vorstellte.
Dieser Mr. Forbes war, wie soll ich es sagen, er war etwas lasch. Sein Händedruck war wie ein nasser Aal und auch seine Haltung und Sprache war schüchtern, leise und einfach unscheinbar. Mich schüttelte es ein wenig, doch Mrs. Forbes machte genau den gegenteiligen Eindruck. Sie machte die fehlende Präsenz ihres Gatten wett, möchte ich schon fast sagen!
Doch noch waren wir nicht durch und es erschien der zukünftige Gatte von Miss Forbes und mir blieb die Sprache weg. Vor uns stand ein kleiner dicker Mann, ohne Zähne, mit kleinen verkniffenen Schweinsaugen und klang, als hätte man ihn gerade kastriert. - Verzeiht mir Holden, ich weiß, es wird euch nicht gerecht! - er bot ein gruseliges Bild eines Mannes! Sogar meine Frau hatte mit einem Male Probleme ihre Sprache wieder zu finden und starrte ihn an. DAS war also der Duke of Wilshire?
„Mistress Kenway, man hat mir schon von euch berichtet und das sehr wohlwollend, wenn ich das so sagen darf. Und verzeiht meine forsche Art, aber ich würde zu gerne einmal einen Blick auf euer Geschäft werfen. Wie ich hörte, seid ihr und euer Ehegatte gerade unter anderem auch in den Tabakhandel mit eingestiegen. Ich habe ein Händchen für allerlei solcher Rauchwaren. Wenn ihr dann eventuell, so lange ihr hier noch in London verweilt, einen kleinen Teil eurer Zeit erübrigen könntet?“ Alex nickte, das ließe sich sicherlich einrichten und damit verschwand dieser Herr zufrieden, wie es schien, wieder unter den Gästen! Nun gut, ich musste ihn nicht heiraten, aber ich konnte mir an drei Finger abzählen, WER ihn auch nicht heiraten wollte. Das war arrangiert! Aber warum?
Die Antwort erhielten wir kurze Zeit später, als wir die Eheleute Bradshaw trafen. Auch Finley war nicht sonderlich gut zusprechen auf diesen Duke. Wir hörten ihn im Geiste sprechen Der Duke of Wilshire ist wirklich eine sehr merkwürdige Erscheinung, aber ich kann euch versichern, er ist harmlos. Jedoch befürchte ich, dass Miss Forbes keinen Gefallen an ihm findet. So etwas tut man seinem Kind nicht an, wenn ihr mich fragt! Auf Alex Frage, warum Mrs. Forbes auf solch eine eigenartige Idee gekommen sei, antwortete man ebenso wieder im Geiste Nun, es war die Entscheidung von Mr. Pritchard, nicht die der Tochter für Hannah! Samuels Schwiegersohn hat derzeit finanzielle Schwierigkeiten, weil er viel Geld beim Kartenspiel verloren hat und auch hohe Investitionen getätigt hat, welche nicht erfolgreich waren. Unter anderem der Schmuggel mit Medikamenten und diversen unerprobten Mitteln! Die Auswirkungen spürt ihr hier in London auch, ihr müsst nur einmal das Hospital besuchen!
Daher wehte der Wind und auch mir wurde klar, dass da etwas größeres hintenan stand. Diese Vergiftungen waren schon bekannt, dass hatte auch meine große Schwester bereits berichtet. Meine Frau dachte bereits daran, dass sie vielleicht einmal mit Lady Cormac darüber sprechen sollte, da diese sich im Hospital ja auskannte und sicherlich Wind von irgendwelchen Schmuggelgeschäften und Vergiftungen bekommen haben wird. Doch wir hatten noch eine Runde von Vorstellungen vor uns, also machten wir uns auf den Weg.
„Ach, schau einer an. Der Kenway-Sproß gibt sich die Ehre. Traut sich einfach so hier hin...“ und das war nur eine von vielen bösartigen Bemerkungen, welche ich mir anhören musste. Umgekehrt musste ich aber meine Frau davon abhalten, diese Personen in Grund und Boden zu stampfen! Sie war sichtlich wütend und aufgebracht, weil es auch gegen meinen Vater ging. Ich musste ihr regelrecht befehlen, sich zurückzunehmen, da es für Belehrungen hinsichtlich der Vergangenheit meines Vaters zu spät für Erklärungen sei. Widerwillig sah sie sich um und ich las in ihren Gedanken, dass sie so dem einen oder anderen gerne die Meinung gesagt hätte.
In diesem Moment wurde mir wieder ihre Loyalität zu meinem Vater bewusst. Die beiden hatten dieses gewisse Band, welches kaum jemand verstand auch ich nicht, geschweige denn Jenny. Doch es war da und es tat weh, weil ich nicht wusste, ob ich dort mithalten konnte. Plötzlich stutzte ich ob dieses Gedanken! Was waren das auf einmal für böse Gedanken, die in meinem Kopf spukten? Ich schüttelte mich und wandte meine Aufmerksamkeit wieder den anderen Gästen zu.
Nach dem Essen wurde nun der Empfang offiziell eingeläutet und zwar in Form des Tanzes des zukünftigen Brautpaares. Man sah eindeutig, dass Miss Forbes wenig bis gar kein Interesse an ihrem zukünftigen Gatten hegte. Auch meiner Frau sah ich an, dass sie dieses Mädchen gerne vor diesem Schicksal gerettet hätte. Doch es stand ihr nicht zu und wir mussten uns eingestehen, diese vorbestimmten Ehen waren einfach üblich hier, man heiratet nicht immer nur aus Liebe. WIR hatten diese Freiheit und ich war mal wieder sehr dankbar. Von den Eltern arrangierte Ehen sind nicht immer glücklich!
Im Laufe dieses Abends und diverser Tänze mit den verschiedensten Damen, welche mitunter mehr als unbeholfen daher kamen, wurde mir wieder einmal bewusst, was ich für ein Glück mit meiner Frau hatte. Eine der Frauen, welche ich über das Parkett führte war, ich bitte da um Verzeihung, aber sie war ein Trampel. Mir taten anschließend die Füße weh und ich war froh, als ich für einen Moment nach draußen an die frische Luft konnte. Jetzt verstand ich auch Alex´ Aussage, dass es mehr als unangenehm war, wenn die Herren zu große Füße hatten und immer unbeholfen auf ihren herumtraten. Mrs. Bradshaw hingegen war eine Wohltat und ich sah aus dem Augenwinkel, dass auch Alex mit Finley zufrieden war. Ein weiterer Pluspunkt für die geschäftlichen Verbindungen, wie ich fand.
Plötzlich erblickte ich Master Mormon, welcher mir zuwinkte und ich entschuldigte mich bei meiner Frau. Alex gab mir einen bestätigenden Kuss und bat mich lediglich, ich solle mich beeilen. Noch wollte ich nicht, dass sie von dem inoffiziellen Rat wusste, aber im Laufe der nächsten Tage würde ich sie einweihen, da wir die Schläfer für unsere Mission brauchen konnten!
Daniel und ich gingen in ein etwas abgelegenes Zimmer, welches vermutlich ein Lesezimmer sein musste. „Master Kenway, mir sind beunruhigende Dinge in den letzten Tagen zu Ohren gekommen. Und ich rede nicht von diesen Giften, die sich hier breit machen, oder die Assassinen. Es liegt etwas anderes in der Luft und wir tappen alle im Dunkeln!“ platzte er ohne Umschweife heraus. „Also habt ihr auch diese Stimmung bemerkt, die wie ein Damokles-Schwert über uns schwebt?“ erstaunt sah er mich an. „Ja, genauso würde ich es auch beschreiben! Haytham, verzeiht, aber ihr wisst ich respektiere euch, es ist wichtig, dass wir mehr Informationen bekommen. Hier braut sich mehr als nur die Bruderschaft zusammen. Und ich meine nicht die Gefolgschaft des britischen Ritus oder der britischen Bruderschaft. Hier ist tatsächlich mehr am Werke, als wir uns vorstellen können.“ in mir kroch eine Vermutung hoch, doch ich hielt mich noch zurück. „Daniel, glaubt ihr die Vorläufer, wie sie Reginald beschrieben hat, haben hier die Finger im Spiel?“
In seinen Augen sah ich, dass er ebenfalls genau das Gleiche dachte. „Wir müssen damit rechnen, denke ich! Ich habe bereits die derzeitigen verdeckten Brüder und Schwester informieren lassen und sie in Alarmbereitschaft geschickt. Sollten wir zuschlagen müssen, wäre es innerhalb weniger Stunden möglich.“ diese Worte beruhigten mich und ich war in diesem Moment dankbar, dass es diese Unterorganisation immer noch gab, welche mir jetzt gegenüber entsprechend loyal war.
Gerade als wir wieder zu der Gesellschaft gingen, sah ich Bilder in meinem Kopf und hörte die Stimme meiner Frau, welche mich mit Angst erfüllt bat, irgendwelche Schwerter zu finden. Man habe Edward und Mrs. Wallace entführt und sie würde ebenfalls gefangengehalten, aber ohne Waffen zur Verteidigung... Das letzte was sich sah, war ein wutverzerrtes Gesicht eines mir fremdem Mannes. „Haytham, was ist los?“ und Daniels Arme rüttelten an meinen Schultern. „Meine Frau... sie wurde entführt, genauso wie unser Sohn... ich muss... ich muss Finley finden!“ rief ich in meiner eigenen Panik und rannte in die Menge der Gäste. Master Bradshaw sah mich bereits und ich brauchte seltsamerweise nichts erklären, auch in seinem Blick sah ich, dass er Bescheid wusste. Dann dröhnte mir Elias Stimme in meinem Kopf. „Deine Frau ist in den Katakomben, der Zugang ist in deinem Anwesen. Beeil dich gefälligst! Ich habe sie alle unterschätzt!“ und ich sah einen Weg!
Ich rannte einfach auf den Hof, schnappte mir das nächstbeste Pferd und ritt im gestreckten Galopp zurück zu unserem Anwesen. Dort angekommen sah ich bereits die aufgescheuchten Leute und Jenny, welche trotz ihrer Migräne im Salon saß und bitterlich weinte. Doch dafür hatte ich keine Zeit. Ich eilte weiter zum Freizeitraum, ließ meine Finger über die Tasten gleiten und stürmte hinunter in den Keller. Dann weiter in die Katakomben, wo ich vor mir eine goldene Linie sah, welche mich regelrecht durch dieses Labyrinth führte. „Haytham, mein Kind ist in Schwierigkeiten! Du musst dich beeilen, auch dein Sohn ist dort!“ schrie man mich förmlich im Kopf an.
Ich eilte weiter und mit einem Male sah ich mehrere rote Auren vor mir auftauchen. Ohne darüber nachzudenken metzelte ich einen nach dem anderen nieder. Es war mir egal, wer wer ist. Meine Familie war in Gefahr und ich hatte plötzlich die Bilder von dem Angreifer vor Augen, welcher meine Mutter töten wollte. Nein, niemand würde es überleben ein weiteres Familienmitglied umgebracht zu haben! Meine Hände waren schon voller Blut und mein Atem ging schwer, doch es war irrelevant. Die goldene Linie als Wegweiser war beständig am Boden und ließ mich weiter rennen!
Plötzlich vernahm ich von der rechten Seite ebenfalls Kampfgeräusche und sah leuchtende goldene Auren, welche sich genauso mit diesem Abschaum abrackerten. Ich bemerkte Faith, Shay, Lucius und sogar Lion... auch sie waren hier? Hatte Alex auch dort Alarm geschlagen? Doch für Erklärungen war gerade keine Zeit, wir beseitigten einen Angreifer nach dem anderen, bis wir vor einer metallenen Tür standen. Bevor ichs mich versah, flog diese aus den Angeln, kurz nachdem Lion seiner Enkelin etwas ins Ohr geflüstert hatte. Nun gut, ich würde da später nachhaken, fürs erste war ich mehr als dankbar und eilte einfach weiter!
Hinter der nächsten Biegung strömten wieder neue Assassinen auf uns zu, auch diese wurden niedergestreckt, egal was es koste. Ich verfiel in diesen Blutrausch, welcher eigentlich nicht meinen Lehren entsprach, aber es war gerade notwendig! Dann ebbte diese Flut plötzlich ab und ich sah, dass eine dieser Wachen einen Schlüsselbund bei sich trug. Ich schnappte danach und als ich diese Zellentür öffnete bot sich mir ein Bild des Grauens. Meine Frau lag nackt am Boden, blutüberströmt und mit blauen Flecken am ganzen Körper, bewusstlos da. So schien es zumindest. Ihre Handgelenke und Knöchel waren so in eisernen Fesseln, dass es für sie keine Möglichkeit gegeben hatte, sich gegen diese Übermacht an Vergewaltigern zu wehren!
Ich schrie sie einfach an, zerrte sie hoch und warf die Decke von der Pritsche über sie. In diesem Moment erst nahm ich auch Mrs. Wallace wahr, welche dort saß mit unserem Sohn auf dem Schoß. Ihr Blick war leer und es machte den Eindruck als wäre sie geisteskrank! Edward schrie wie am Spieß und ich rief Faith zu, sie solle nach ihm sehen, während ich Alex hier raus brachte. Den nächsten Eingang zu dieser Zelle würden wir nun versiegeln... doch ich wusste nicht, ob das alles reichen würde... ich hatte meine Frau alleine gelassen... schutzlos... mein Sohn...
Während ich mit meiner Frau auf den Armen wieder zurück zum Anwesen eilte, tobte in mir ein wahnsinniges schlechtes Gewissen. Ich war unfähig meine Familie zu beschützen, genauso wie damals! Das würde mir niemand verzeihen können! Niemals!
In unserem Zimmer ließ ich Alex auf dem Bett nieder, deckte sie einfach zu und starrte auf diesen geschundenen Körper. Plötzlich stand Faith neben mir. Sie hatte gesehen, was die Männer ihr angetan haben. Ich war dankbar, dass sie mir keine Einzelheiten erzählte, da ich es mir vorstellen konnte. Widerwillig verließ ich das Zimmer, weil meine kleine Schwester Alex untersuchen wollte. Vor der Tür stand ich nun und zitterte. Von unten vernahm ich die Schreie meines Sohnes, welcher kaum zu beruhigen war. Mittlerweile waren auch die anderen hier eingetroffen, was mich nicht wirklich beruhigte, da ich mir Vorwürfe machte und befürchten musste, dass man mir mein Fehlverhalten vorhalten würde. Für den Rest meines Lebens!
Nach einer gefühlten Ewigkeit erschien Faith hier draußen und erklärte mir, ich solle Alex Zeit lassen. Sie nahm mich in den Arm, drückte mich. Aber irgendwie beruhigte es mich nicht, im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass auch sie mir diesen Fehler vorhalten würde. Bisher hatte ich kaum gesprochen und vermied es auch jetzt noch, da meine Stimme mir einfach nicht gehorchte!
Ich setzte mich auf die Bettkante und strich Alex vorsichtig über die Wange. In mir zerbrach etwas und ich fühlte eine Trauer, welche schon fast die über meinen Vater oder meine Mutter überwog! „Haytham, du bist nicht Schuld daran! Nur diese Widerlinge tragen Schuld daran!“ hörte ich die Stimme meines Vaters. „Haytham, mein Liebling, deine Frau plagen ebenso Schuldgefühle! Steh einfach an ihrer Seite. Halte ihre Hand, wenn es Not tut. Nimm sie in den Arm, wenn sie es zulässt. Hör ihr zu, wenn sie reden will! Alex wird wieder genesen, aber es braucht Zeit!“ beide verschwanden in diesem Nebel und ich fühlte mich etwas erleichterter.
Plötzlich regte sie sich und stöhnte schmerzerfüllt auf bei jeder Bewegung. Ich bat sie, einfach liegen zu bleiben, da sie noch nicht aufstehen sollte. Ich würde ihr alles bringen, was sie wünschte. Dann sah sie mich direkt an und brach in Tränen aus. „Es tut mir leid. Ich wollte euch nicht in Schwierigkeiten bringen. Ich bin einfach zu blöd mich zu verteidigen oder zu wehren!“ Meine Eltern hatten Recht, sie machte sich ebenso Vorwürfe! Aber warum? Aus Scham drehte sie sich von mir weg, doch ich beugte mich über sie und fragte, wer denn so etwas behaupten würde. Mit einem Ruck verkroch sie sich unter der Decke, als hätte sie Angst vor mir. „Geh weg, lass mich in Ruhe. Ich habe nur demonstriert, dass ich meiner Aufgabe nicht gewachsen bin, weil ich einfach unfähig bin!“ schrie sie mich an und ich erschrak regelrecht vor ihr. Ehe ich reagieren konnte, war sie aus dem Bett und wollte schon zur Tür hinaus. Ich war aber schneller und hielt sie fest.
„Alex, wie bitte hättest du DAS verhindern sollen. Da hätte sich niemand wehren können und... diese Männer werden dich sicherlich nicht mehr belästigen. Dafür haben wir gesorgt!“ sprach ich in der Hoffnung, dass ich sie damit beruhigen konnte, doch weit gefehlt. Ihre nächsten Worte trieften vor Selbstanschuldigung! „Ja, und alles, weil ich einfach unfähig bin!“ in meiner Panik umschloss ich sie mit den Armen um ihr so Halt zu geben.
Und wieder versuchte ich, ihr die die Schuldgefühle zu nehmen. Sie hätte sich nie wehren können, die Fesseln waren genau darauf ausgelegt! Und niemand machte ihr Vorwürfe, dazu kam noch, dass meine Frau bewusstlos war. Diese Assassinen waren einfach nur feige Widerlinge, welche kein Mitleid verdienten, sondern nur den Tod! Gerade als ich meine eigenen Vorwürfe kundtat, sah Alex mich an und wollte gerade sagen, was sie ihr angetan hatten. Doch sie schaffte es gerade so eben über die Waschschüssel und erbrach sich mit einer Heftigkeit, welche sie regelrecht schüttelte! Meine Gedanken möchte ich nicht näher erläutern, jeder wird sich denken können, was diese Perversen getan hatten!
Erschöpft lehnte Alex jetzt am Bettpfosten und fragte nach unserem Sohn. „Wo ist Edward? Geht es ihm gut? Haytham, was haben diese Schweine mit ihm gemacht!“ Ihre Stimme überschlug sich aber gleich wieder und sie wollte erneut aus dem Zimmer stürmen, abermals hielt ich sie zurück. „Mi sol, unserem Sohn geht es gut. Er ist nur völlig verwirrt gewesen und ich werde ihn gleich holen, doch ich wollte zuerst sichergehen, dass du einigermaßen wieder wach bist!“ das war nur die Wahrheit, auch Edward brauchte seine Zeit und ich befürchtete, dass er auch in späteren Jahren entsprechende Bilder vor Augen haben wird. Auch wenn er sie nicht deuten kann, wir würden ihn entsprechend aufklären müssen, sollte es notwendig werden!
Auf die Frage nach Sybill wurde ich noch ungehaltener, da man sie gezwungen hatte zuzusehen! Mein Atem ging entsprechend schwer und dann drehte sich meine Frau von mir weg, kletterte auf das Bett, drehte sich in die Decke und begann bitterlich zu weinen! Hilflos stand ich dort, doch ich konnte nichts machen. Sie ließ mich nicht mehr in ihre Nähe! Ich konnte auf der einen Seite ihre eigenen Vorwürfe verstehen, doch Alex war nicht schuld! Das musste sie doch sehen! ICH war derjenige, der nicht in der Lage war, die Familie zu beschützen.
Als ich aus dem Zimmer trat, hörte ich Elias Stimme in meinem Kopf, was für mich immer noch mehr als merkwürdig war. „Haytham, steh ihr bei! Mein Kind braucht nur Zeit und Erholung. Aufregung ist gerade mehr als unangebracht und versuche es erst gar nicht mit Worten! Nähe ist es, die jetzt wichtig ist! Denke daran!“ dann verhallte diese Stimme und ich war wieder alleine auf der Galerie. Mein Körper war plötzlich erschöpft und ich ging langsam die Treppe hinunter in den Salon. Mit mitleidigen Blicken betrachtete man mich, doch ich brachte keinen Ton heraus. Shay legte mir nur seine Hand auf die Schulter und reichte mir ein Glas Whiskey. Ich starrte in diese Flüssigkeit und fragte mich, wie sie mir helfen sollte.
„Haytham, ich bitte euch. Ich weiß, wie ihr euch fühlt. Denkt an die Zeit, als wir Faith aus Hermanns Gefangenschaft befreit hatten. Es braucht Geduld und den immer währenden Zuspruch. Seid für Alex da, hört ihr zu...“ seine Worte waren dieselben, welche auch meine Eltern mir schon sagten. „Shay, ich weiß das. Doch diesen geschundenen Körper zu sehen, versetzt mir einen Stich ins Herz. Ich war nicht dort, ich habe meine Familie nicht beschützen können...“ Ich spürte eine andere Hand auf meinem Oberschenkel. „Bruder, du bist ebenso wenig Schuld daran wie deine Frau. Und ich weiß, du denkst auch an damals! Niemand macht dir Vorwürfe wegen des Überfalls! Du hast Tessa beschützt und getan, was du als 10jähriger Junge tun konntest! Denk an Vaters Worte! Wir können ab jetzt weitermachen!“ Aber... vermutlich würde auch ich noch Zeit brauchen., ging es mir durch den Kopf.
Langsam beruhigte sich mein Geist und mein Körper kam zur Ruhe. Und dann nahm ich wahr, dass Edward nach mir verlangte, vermutlich schon eine ganze Weile, mutmaßte ich jetzt einfach. Ich nahm meinen Sohn auf den Arm und hörte plötzlich Worte in meinem Kopf. „Mutter macht sich schon Vorwürfe, genau wie du. Aber das ist unnötig. Ihr beide seid nicht schuld. Wir werden diese Brut vom Erdboden tilgen, dann herrscht Ruhe, ein für allemal! Ich verspreche es dir!“ Ich sah ihn mit großen Augen an und über sein kleines Gesicht glitt ein vorsichtiges Lächeln! „PAPAAAAAA!“ brüllte er und ließ sich auf meine Brust fallen! Herr Gott, wir waren eine wirklich mehr als seltsame Familie. Ich schloss Edward in meine Arme und ging mit ihm auf und ab, damit er sich ebenfalls etwas beruhigte, da ich sein Zittern spürte.
Faith hatte Mrs. Wallace bereits etwas zur Beruhigung gegeben und sie war bis auf weiteres von ihren Pflichten entbunden! Auch sie hatte ertragen müssen, nicht einschreiten zu können und ich möchte nicht wissen, wie es in ihrem Inneren gerade aussah. Ich vertraute auf die Heilkunde meiner kleinen Schwester, zur Not würde Jenny ebenso noch beruhigende Substanzen zur Verfügung stehen!
Dann stand Alex vor mir und sah mich mit großen Augen an, sagte aber nichts. Wortlos nahm sie Edward auf den Arm und strich ihm über den dunklen Haarschopf. „Es tut mir so leid für dich, Edward. Mommy passt in Zukunft besser auf, versprochen.“ dabei zitterte ihre Stimme gewaltig, aber sie riss sich zusammen. Plötzlich sah sie mich mit nassen Augen an. „Kannst du mir verzeihen, mi amor?“ Was sollte ich ihr verzeihen? Sie konnte nichts für mein Fehlverhalten, meine Unfähigkeit.
Ein vorsichtiges Lächeln trat in ihr Gesicht, ehe es sich wieder verdunkelte und sie nach Sybill fragte. Da wir unser Kindermädchen vorerst ruhig gestellt hatten, musste sie sich nicht auch noch darum sorgen. „Haytham sagte es bereits, diese Schweine... kann ich ihre Leichen sehen? Ich will mich vergewissern, dass sie auch wirklich tot sind!“ diese Worte presste Alex mehr hervor, als das sie sie sprach. Shay war es, der sich nun zu Wort meldete, bisher war er eher schweigsam gewesen! „Alex, glaub mir. Das ist keine gute Idee, aber du kannst sicher sein, dass wir sie alle einzeln in die Hölle geschickt haben!“ Alex Blick wurde klarer und sie ging ohne ein weiteres Wort zum Sofa und ließ sich mit Edward auf dem Arm vorsichtig darauf nieder. Die Schmerzen müssen unvorstellbar sein!, ging es mir durch den Kopf!
Die letzten Tage, ich schrieb es ja bereits, waren einfach unwirklich und ich watete wie durch Nebel. Immer noch hatte ich diese Schuldgefühle, sie wollten einfach nicht weichen. Meiner Frau ging es zwar wieder etwas besser, doch sie schreckte nachts oft hoch, aufgrund von Albträumen und im Zuge dessen, hatte sie mir eine Lippe blutig geschlagen. Ich hielt sie fest, um sie zu beruhigen, doch das genaue Gegenteil trat ein. Auch wachte ich ein paar mal auf und bemerkte wie meine Frau schlafwandelte. Ich dankte meinem leichten Schlaf.
Leider blieb auch unser Sohn nicht von bösen Bildern und schlechten Träumen verschont! Oft war es einfach nur möglich ihn zu beruhigen, in dem Alex im Geiste mit ihm sprach und ihn dabei auf dem Arm hatte. Edward tat mir unendlich leid, da er noch gar nichts richtig verarbeiten konnte. Wir konnten ihm nur beistehen.
Gestern waren Masters Bradshaw und Pritchard vorstellig geworden um sich nach dem Befinden meiner Frau zu erkundigen. Beiden Herren sah man ihre Befangenheit an und sie stammelten für einen Moment, dass man diese Tat nie ungeschehen machen könne und man es bedaure, dass es im Hause von Samuel dazu kam! „Mistress Kenway, seid euch meiner vollsten Unterstützung sicher, dass wir nie wieder so etwas erleben werden!“
Man hatte alle Zwischen- und Unterhändler ausgetauscht, ebenso würde uns nun in Frankreich, in Le Havre besser gesagt, eine Mme Laurette Jomphe in Empfang nehmen. Zusätzlich wurden uns jeweils 5 Meisterassassinen zur Verfügung gestellt, welche schon auf dem Weg zur Jackdaw und der White Moon waren, zusammen mit einer entsprechenden Nachricht. Wir mussten ab jetzt einfach auf Nummer sicher gehen und durften kein Risiko mehr eingehen! Auch mich beruhigte dieser Gedanke, muss ich ehrlich gestehen!
Master Bradshaw aber wies Alex noch einmal eindringlich darauf hin, dass die Geschäfte nicht unter diesem Verbrechen leiden durfte, da sie von größter Wichtigkeit seien und sie es nicht vergessen durfte. „Nein, Master Bradshaw, eine Erinnerung ist nicht nötig. Ich weiß sehr wohl um die Wichtigkeit. Doch mich interessiert, auf welche Schwerter es diese Assassinen eigentlich abgesehen hatten und wer sie geschickt hatte? Sie müssen doch einen Auftraggeber gehabt haben!“ Das war tatsächlich eine Frage, die mir auch schon durch den Kopf gegangen war! „Wenn wir richtig liegen, war es immer noch dieser Russe, Eugene Avdeyev, welcher sie in seinem Besitz haben will. Laut seiner Aussage sind es Familienerbstücke, doch beweisen konnte er es nie. Die Initialen deuten ebenso wenig darauf hin! Ich weiß, ihr habt schon entsprechende Erkundigungen eingeholt und ich kann euch versichern, dass wir dem ebenfalls nachgehen. Diesen Teil der Bruderschaft werden wir definitiv nicht überzeugen können, einer Einigung zuzustimmen!“ antwortete Finley leise, weil auch er befürchten musste, angegriffen zu werden!
Alex´ Gedanken zielten auf Rache für diese abscheuliche Tat, was ich durchaus verstehen konnte. Doch sie musste auf unser Urteilsvermögen bauen, da sie sonst Gefahr lief, einen kleinen Krieg vom Zaun zu brechen. Wir werden die Verantwortlichen finden und zur Strecke bringen! Die Bilder wird meine Frau nie aus ihrem Kopf bekommen, auch nicht, wenn sie selber Hand an die Meuchelmörder legen würde! Sie würde auf ewig damit leben müssen, was mir leid tat, aber ich würde für sie da sein und ihr beistehen, wenn sie es wünschte!
Während des Besuchs der Herren Bradshaw und Pritchard wurden wir Zeuge, wie auf Alex´ Haut Zeichen begannen zu leuchten, als sie unserem Sohn vorsang. Edward hatte seid seiner Entführung Angst, wenn er seine Mutter nicht sah und auch jetzt schrie er nach ihr. Sie nahm ihn auf den Arm und begann zu singen und langsam erschien dieses Leuchten auf ihren Armen und Händen, was sich auch auf Edward übertrug. Fasziniert sahen wir ihnen zu und als meine Frau sich erschöpft zurücklehnte, unser Sohn langsam auf ihrem Schoß einschlief, verabschiedete man sich still und leise.
Jenny bestaunte das Ganze ehrfürchtig mit großen Augen, aber wirklich erklären konnte ich es leider auch nicht. Als unser Sohn tief eingeschlafen war, nahm Sybill ihn und ging mit ihrem Schützling hinauf. Alex sah den beiden nach und brach in Tränen aus! Ich versuchte sie zu trösten, doch es schien aussichtslos zu sein. Ich vernahm immer wieder ein „Das ist alles meine Schuld!“ oder „Er wird mir das nie verzeihen!“ in mir zerbrach wieder etwas und ich wusste nicht, wie ich meiner Frau diese Schuldgefühle nehmen sollte. Auch mich plagten sie immer noch! „Niemand ist daran Schuld, mi sol! Weder du, noch ich oder Sybill!“ meinen Worten ließ ich eine feste Umarmung folgen, welche Alex dankend annahm und langsam versiegten auch ihre Tränen.
An einem Nachmittag stand ich mit ihr draußen im Obstgarten und sah unserem Sohn dabei zu, wie er seine Umgebung erkundete. Ich stand hinter Alex und meine Arme lagen um ihre Taille und dann lehnte sie sich plötzlich an mich mit einem tiefen Seufzen. Es freute mich, dass sie sich weiter erholte und die Nähe weiter zulassen konnte, so wie jetzt auch. Meine Angst um sie brachte mich fast um den Verstand und sie konnte es verstehen, ihr ginge es nicht anders, erklärte Alex leise. Auf ihre Zehenspitzen gestellt gab sie mir einen vorsichtigen Kuss und flüsterte „Ich liebe dich, Haytham!“ Mir wurde immer mehr bewusst, dass wir diese Zeit nur gemeinsam durchstehen konnten und ich schwor mir, in Zukunft für unsere Sicherheit zu sorgen. Koste es was es wolle.
Was mir jedoch nicht wirklich gefiel, war die Tatsache, dass meine Frau sehr oft zum Wein griff. Nicht nur zum Essen oder am Abend, auch vormittags und einfach, ja, zwischendurch. Teilweise war sie dann auch kaum ansprechbar und verschwand auf unserem Zimmer. Eines Abends, es war einen Tag vor Cillians Geburtstag, fand ich sie schlafend am Schreibtisch im Arbeitszimmer vor. Neben ihr eine fast leere Flasche Portwein! Erschrocken sah sie auf und ich bat sie eindringlich mal wieder, das Trinken sein zu lassen. Für alle Beteiligten sei es nicht gut! „Das weiß ich, Haytham, doch ich musste meinen Geist beruhigen und … es tut mir leid. Irgendwie mache ich gerade alles falsch!“ Immer wieder keimten weitere kleinere Schuldgefühle in ihr auf, aber ich versicherte ihr, dass dem nicht so ist. Wir wollten sie einfach zurück haben!
An dem besagten Abend beschlossen wir dann, der Einladung von Faith doch nachzukommen. Für Edward wäre es eine gute Ablenkung und nicht nur für ihn, wir alle brauchten einen kleinen Tapetenwechsel. Jennifer hatte sich aber bereits für den 15. Juni abends verabredet und würde uns nicht begleiten! Master Mormon hatte sie eingeladen, mit ihm die Oper zu besuchen. Anscheinend fand sie doch Gefallen an Daniel, was mich im Grunde freute, da die beiden sich vom Charakter her sehr ähnlich waren. Aber wir sollten nichts übers Knie brechen.
Als unser Sohn friedlich in seinem Bett schlief, standen wir eine Weile daneben und betrachteten ihn. Er hat noch viel vor und wird sicherlich auch einige Abenteuer bestreiten!„Ich hoffe, wir können dem Ganzen gerecht werden und unserem Sohn zur Seite stehen!“ seufzte meine Frau leise an meine Brust gelehnt. Wir waren dabei aber nicht alleine, wir hatten Unterstützung, welche wohl sonst kaum jemand hatte. Unsere Familie war tatsächlich sehr speziell musste ich mir eingestehen.
Alex lag später neben mir im Bett und starrte hinauf zum Baldachin. Völlig unvermittelt kam die Frage „Haytham, willst du mich noch?“ etwas irritiert fragte ich, warum ich sie denn nicht mehr wollen würde. Sie schob sich zum Kopfende hoch, umklammert die Bettdecke und starrte sie an. „Ich weiß nicht, aber du weißt ja, dass diese anderen Männer... was sie gemacht haben? Wie kannst du mich da noch haben wollen?“ jetzt war es an mir, mich aufzurichten und nach einer Antwort zu suchen. Ich wollte eigentlich meinen Arm um ihre Schultern legen, doch sie versteifte sich und schreckte ein wenig zusammen.
„Es fällt mir schwer, ehrlich gesagt. Dieser Gedanke, was diese ganzen Männer dir angetan haben, ist unerträglich. DU kannst aber nichts dafür und bist nicht Schuld, vergiss das nicht, Alex! Aber ja, ich will dich immer noch, das wird sich auch nie ändern, du bist meine Frau, die Mutter meines Kindes und ich liebe dich! Du weißt doch, wir sind eine Einheit und zeigen es dem Rest der Welt! Das waren deine Worte damals, weißt du noch?“ versuchte ich meine eigenen Gedanken zu erklären! „Ich weiß es noch, doch... ich fühle mich irgendwie... schmutzig, unrein könnte man auch sagen. Und deswegen weiß ich nicht, ob du so etwas wirklich noch haben wollen würdest.“ kam es leise nuschelnd von ihr und ihr Gesicht lief knallrot an. Sie schämte sich dafür? „Dieses Gefühl wird wohl auch noch eine Weile bleiben, doch ich werde alles in meiner Macht stehende tun, dir aus diesem Strudel von negativen Gedanken und Bildern zu helfen. Ich gab dir mein Wort, mi sol.“ startete ich einen erneuten Versuch, sie zu beruhigen, nahm ihre verkrampfte Hand in meine und gab ihr einen Kuss darauf.
Mein „Ich liebe dich, Alex!“ brachte eine Wandlung in ihrem Kopf wie es schien. Sie sah mich an und plötzlich schmiegte sie sich wieder an mich, umklammerte mich mit Arm und Bein! „Lass mich nicht alleine, Haytham. Versprich es mir!“ das Versprechen gab ich ihr gerne und strich meiner Frau sanft über die Wange. Alex würde mich nie wieder los werden!
Wie so oft erwachte ich vor meiner Familie und es war die erste Nacht gewesen, in der weder Edward noch meine Frau Albträume hatten. Beide hatten friedlich geschlafen, was mich freute. Auch für mich war es beruhigend und mein Schlaf war auch erholsamer als die letzten Wochen gewesen. Ich weckte leise Alex und als sie ihre Augen aufschlug, sah ich, dass auch sie erstaunt war, wie friedlich die Nacht gewesen war. Vorsichtig zog ich sie in meine Arme und konnte hören, wie sie tief einatmete. Ihre Nähe hatte mir, wenn ich ehrlich sein darf, gefehlt und ich genoss sie jetzt. Ein langer Kuss meiner Frau mit einem geflüsterten „Guten Morgen“, zeigte mir außerdem, dass auch die seelischen Wunden dabei waren sich langsam zu schließen. Ein weiterer Schritt war getan auf ihrem Weg der Genesung!
Kurz darauf machte sich Edward lautstark bemerkbar und meine Frau verpackte ihn in neue Windeln und als er zwischen uns lag, sah er erwartungsvoll von einem zum anderen. Also nahm ich ihn hoch und setzte mich ans Kopfende. „Guten morgen, Master Edward. Wie ich sehe, bist du auch schon putzmunter und wartest auf dein Frühstück?“ ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, weil mein Sohn mich mit offenem Mund anstarrte und dann ein „daaaaaaaaaa“ verlauten ließ. Er ließ sich auf meine Brust fallen und sah zu seiner Mutter, welche ihm über die dunklen Haare strich.
„Wir fahren heute zu Tante Faith und Onkel Shay! Da gibt es nachher dann mal wieder ganz viel Kuchen und Torte für dich, min lille skat. Und July, Cadan und Cillian sind auch da.“ Edward begann zu zappeln und brabbelte etwas unverständliches vor sich hin. Hatte er verstanden, was Alex gesagt hatte und freute sich wirklich auf diesen Besuch? Meine Frau riss mich aus meinen Überlegungen mit dem Ausruf, wir hätten ja gar kein Geschenk für den kleinen Cillian! Da konnte ich sie beruhigen, weil wir nämlich eines hatten. Ich hatte einen Diener beauftragt einen Satz geschnitzter Holztiere in einem passenden Kasten zu besorgen! Somit würden wir nicht mit leeren Händen bei den Cormacs erscheinen. Erleichtert kam ein „Danke, dass du daran in all dem Trubel gedacht hast, mi amor!“ und ich bekam einen langen Dankeskuss, welchen Edward mit einem lauten „Bäääääääääh“ quittierte und eine Hand landete zwischen uns.
Gerade als ich unserem Sohn erklärte, dass ich das durfte, weil ich seine Mutter genauso lieb hätte, wie er auch, begannen seine Lippen zu zittern und ich befürchtete, er würde gleich in Tränen ausbrechen. Doch bevor es dazu kommen konnte, kündigte Magda das Frühstück an und diese Nachricht ließ ihn aufhorchen.
Im Esszimmer bemerkte Jenny dann auch, dass Alex wesentlich erholter aussah und erleichtert war, dass es ihr langsam besser ging! Als ich ihr sagte, dass auch Edward ohne aufzuwachen durchgeschlafen hatte, hörten wir wie aufs Stichwort ein lautes „NINININI!“ und seine Arme reckten sich Richtung meiner großen Schwester. Alex setzte ihn auf ihren Schoss und begann selber zu essen und das mit einem Appetit, welchen ich bei dieser Frau nur selten sah. Ich wies sie darauf hin, dass wir ihr nichts vom Teller klauen würde und sie ruhig langsam machen könne. „Iff haff awer Hunger!“ sprach sie kichernd mit vollem Mund und ich schüttelte nur lachend den Kopf.
Alex hatte zwei Briefe erhalten, welche sie beantworten wollte und ging nach dem Frühstück hinauf in Vaters ehemaliges Studierzimmer. Einer war von Mrs. Forbes, welche ihre Hilfe anbot und mitteilte, dass ihre Tochter nun nicht mehr verlobt sei. Nach dem Vorfall auf dem Empfang hatte sich der Duke of Wilshire wohl einer Dame aus Manchester zugewandt. Es freute mich für Hannah, dass sie nun nicht diesen alten Widerling heiraten musste. Beim zweiten Brief runzelte meine Frau die Stirn. „Seltsam, der ist von einem holländischen Händler, welchen mir Master Pritchard vorgestellt hatte auf dem Empfang.“ Meine Frau würde mir sicherlich noch berichten, was dieser Herr von ihr wollte.
Jenny, Edward und ich gingen derweil hinaus in den Garten, da es dort angenehm warm war und die Sonne schien. Ich genoss diesen Frieden hier einfach und spielte mit meinem Sohn. Ich hatte mein Versprechen nicht vergessen, mir immer diese Zeit zu nehmen. Ich hielt diesen kleinen Mann jetzt über mich und wie abgesprochen, breitete er seine Arme aus und gluckste dabei. Edward konnte von diesem in die Luft geworfen zu werden, nicht genug bekommen. Mit einem Mal nahm ich die Gegenwart meines Vaters wahr und da stand er, auf der Terrasse neben meiner Mutter. Ich schritt langsam hinüber und mein Sohn machte einen etwas skeptischen Eindruck, was seine Großeltern anging. Dann aber huschte ein breites Grinsen über seine Gesicht und er reckte seine Arme nach meinem Vater.
Alex kam plötzlich der Gedanke, dass wir das Familienportrait wohl noch erweitern sollten. Im ersten Moment war ich doch etwas verwundert, aber sie hatte Recht. Es sollten ALLE mit drauf sein. Meine Mutter sah von einem zum anderen und schien verunsichert. Nicht ganz unbegründet, da es nicht so einfach zu erklären ist, wie es sein kann, dass die gesamte Familie zu sehen ist. Es dauerte nicht lange, da lag Mutter schluchzend an Vater gelehnt, weil auch sie dieses Idyll vermisste! Kurzerhand nahm sie sich ihren Enkel und drückte ihn an sich, was dieser lachend mit sich machen ließ.
Nach dem Mittagessen wurde Edward noch kurz hingelegt, damit er nicht ganz so quengelig später ist. Während meine Frau oben bei unserem Sohn war, erschienen zwei der verdeckten Brüder, welche ich hierher bestellt hatte. Die Sicherheit meiner Familie ging vor und ich hatte beschlossen, dass wir noch 6 weitere Wachen hier stationieren werden. Mr. Heatherwood und Mr. Thrift waren erfahrene Kämpfer und hatten bereits weitreichende Erfahrungen was den Personenschutz anging. „Master Kenway, ich danke noch einmal für dieses Vertrauen. Und ich kann euch versichern, wir werden nur absolut vertrauenswürdige Ordensmitglieder für euch abstellen!“ versprach Mr. Thrift stolz und ich wusste, ich konnte mich auf sein Wort verlassen.
Meine Frau erschien in der Tür und man begrüßte auch sie. Ich erklärte in kurzen Worten, was es mit diesem Besuch auf sich hatte und ich sah, wie Alex sich plötzlich entspannte! Diese 6 Wachen werden uns auch nach Virginia begleiten, was bedeutete, dass wir vermutlich ein paar Umbaumaßnahmen vor uns haben würden. Für heute würden uns bereits 4 Herren begleiten und ich hoffte auf das Verständnis der Cormacs. Die anderen Wachen teilten wir ebenfalls noch ein. Kurz darauf verabschiedeten sich die beiden Ordensbrüder auch schon. „Mistress Kenway, ich hoffe, so ein Vorfall wie bei den Pritchards wiederholt sich nicht noch einmal. Seid versichert, dass wir so etwas zu verhindern wissen!“ versicherte ihr Mr. Heatherwood beim Hinausgehen.
Es war nun an der Zeit, dass wir uns fertig machten und auch Edward musste bald geweckt werden. Fertig angezogen holte meine Frau unseren Sohn aus dem Bett, was dieser überhaupt nicht gut fand, weil er aus einem Traum geholt wurde. „Schätzchen, du kannst gleich auch noch ein wenig schlummern. Aber sonst kommen wir zu spät zu Tante Faith und du musst wissen, man sollte immer pünktlich sein.“ Eine Tugend die wir Edward dann wirklich auch noch einbläuen mussten, ich hasste nichts mehr, als zu spät zu erscheinen. Unten erwartete uns Mrs. Wallace und übernahm unseren Sohn, welcher nun einen seiner Anzüge anhatte.
Die vier Wachen waren bereits eingeteilt und die verbliebenen Brüder wurden strategisch auf dem Grundstück und im Haus verteilt. Auf dem Weg zum Anwesen war mir tatsächlich auch etwas wohler mit diesem Geleitschutz. Zwei Herren ritten hinter uns und zwei Voraus. Beim Williams-Anwesen angekommen brachte uns Mr. Hill in den Familiensalon, wo uns schon Shay erwartete. Sein Blick glitt zu unseren Begleitern und wir erklärten ihre Anwesenheit kurz. Vermutlich wäre dieser Schutz hier nicht von Nöten, doch wir wollten auf Nummer sicher gehen. Kurz darauf erschien meine kleine Schwester in der Tür, humpelnd und kam langsam auf uns zu. Als sie Alex in die Arme schloss, sah ich, wie meine Frau sich versteifte. Diese Nähe war noch nicht das, was sie zulassen konnte.
Auf dem Weg Richtung Terrasse knickte Faith um und fluchte laut. Shay konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und fragte, ob sie sich das nun zur Gewohnheit machen würde. „Nein lauf du mal in diesen Absätzen“ natürlich sprang Alex ihr bei mit den Worten, sie solle doch einfach ihre Schuhe ausziehen. Wie aufs Kommando schnippte sie Faith von ihren Füßen und atmete erleichtert durch. Ich konnte mir einen bissigen Kommentar, bezüglich des Anstands, nicht verkneifen und erntete einen bösen Blick.
Der Wintergarten war eine kleine Attraktion, welche wir durchquerten und ich fand ihn schon damals beeindruckend. Ich hatte viel Zeit hier verbracht, weil mich diese vielen Pflanzen und das leise Plätschern des hier installierten Brunnens immer zur Ruhe brachten. Alex sah sich ebenfalls staunend um und fragte, wie das alles möglich sei. Diese ganzen tropischen Gewächse könnten doch hier nicht einfach so gedeihen. Eine Fachkundige Erklärung hatte Faith natürlich auch nicht, sie erwähnte warme Metallrohre im Boden und Alex sagte immer noch staunend, dass es wie eine Fußbodenheizung wäre. Sie musste es ja wissen., ging es mir durch den Kopf.
Gerade als wir nach draußen wollten eilten uns die Kinder mitsamt Master Lucius entgegen und mir entging Alex´ Blick nicht, als sie die Monturen dieser Rasselbande sah. Auch Edward wird beizeiten, sobald er ein Training bekommt, solch eine Garderobe bekommen. Cadan aber blieb vor dem Teich stehen, kniete sich hin und sah aus, als wolle er beten. Faith setzte sich zu ihm und wir anderen machten uns auf nach draußen. Es war herrlichstes Sommerwetter und der hintere Teil dieses Grundstücks stand in voller Blütenpracht. Sybill machte sich mit Edward auf, sich hier umzusehen und Alex und ich setzten uns schon einmal.
Man reichte uns Tee und ich bemerkte, wie Alex´ Geist ein wenig zur Ruhe kam. Doch es kam auch wieder diese Wut auf diese Meuchelmörder in ihr hoch, so ganz verdrängen konnte sie es nicht. Das würde auch vermutlich nie der Fall sein. Faith sah meine Frau lange an und ich wusste, sie führten eines ihrer stillen Gespräche. Kurz darauf erhoben sie sich und Alex erklärte mir, Faith wolle ihr, bis die Kinder wieder hier unten wären, ein wenig das Anwesen zeigen. Wirklich Recht war es mir nicht, aber so konnte ich mich mit Shay noch über unsere Hinweise bezüglich des Artefaktes besprechen.
„Shay, wir haben schon wieder den Hinweis erhalten, dass diese Schatulle auf dem Festland sein soll. Dieses mal angeblich in Spanien. Doch ich vermute dort wird sie nicht lange bleiben. Immer ist man uns einen Schritt voraus, dass kann doch nicht sein.“ meine Worte kamen mir recht wütend über die Lippen, ich war etwas gereizt, was dieses Thema anging. „Ich werde beizeiten dem Hinweis auch noch nachgehen, wir haben dort ein paar Leute, die sich umhören und im Grunde der Spur folgen. Und das schon eine geraume Zeit!“ sprach der Ire genauso frustriert, weil wir beide das Gefühl hatten, man drehe sich nur im Kreis. „Was, wenn sie bereits wieder auf dem Weg in die Kolonien ist, Shay? Wissen wir von größeren Schiffsbewegungen in dieser Richtung?“ im Grunde war ich ja im Bilde und bisher war mir diesbezüglich nichts zu Ohren gekommen. „Nein, auch ich habe keinerlei Informationen darüber. Ich bin trotzdem zuversichtlich, Haytham. Früher oder später werden wir fündig werden!“ das hoffte ich doch.
Lucius erschien nun ebenfalls hier draußen. „Ja, diese Suche gestaltet sich wirklich schwierig. So leicht wir auch an das Buch gekommen sind, so leicht werden wir dieses Artefakt nicht kriegen.“ meinte er säuerlich und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Tasse. „Meine Frau hatte mir berichtet, dass diese Schatulle bereits einmal im Besitz von diesem italienischen Assassinen gewesen sein soll. Und danach ist sie sogar in China und Indien gewesen. Dieses Artefakt reist seit Jahrhunderten um die ganz Welt wie es scheint und bleibt nie lange an einem Ort.“ murmelte ich mehr für mich als für die Anwesenden gedacht. „Eure Frau kennt diesen Auditore?“ fragte Lucius erstaunt. „Nein, nicht persönlich, vermute ich. Aber seine Lehren, wie die von Altair, wurden ihr ja nun mal beigebracht, Lucius. Vergesst das nicht.“ meine Frau war unleugbar Assassine. „Dieses Wissen muss einen doch schon fast erschlagen, Haytham. So viele Jahreszahlen, Daten und dann der ganze geschichtliche Hintergrund...“ Shay schüttelte sich bei diesem Gedanken, genauso wie ich es auch schon einige Male gemacht hatte.
Die Kinder kamen mit einiger Lautstärke auf die Terrasse gestürmt, fast zeitgleich mit meiner Frau und Faith. Alex sah etwas blass und erschreckt aus, setzte sich aber einfach neben mich, nachdem sie meine Schulter gedrückt hatte. Irgendwas schien vorgefallen zu sein in der Zeit mit meiner kleinen Schwester! Alex, was ist passiert? Mein Blick ging zu ihrer Wache, doch diese schüttelte nur den Kopf. Nichts, es war nur... für einen Moment brachen bei Faith ihre Gefühle durch. Doch ich kann sie nicht erwidern, werde ich das jemals wieder können? Musste Faith immer so voran preschen? Gerade sie sollte doch wissen, wie sich Alex gerade fühlte! Es wird dauern und du hast alle Zeit der Welt. Ich werde dich nicht drängen, das weißt du und Faith muss halt endlich mal lernen sich zu beherrschen. Sprach ich Alex im Geiste wieder an und sah dabei wütend zu der angesprochenen Person!
Mit einem Mal stand Faith auf und eilte in den Garten. Shay folgte ihr kurz darauf mit den Worten, er habe kein gutes Gefühl. Kurz darauf hörten wir ein lautes Krachen gefolgt von einer Totenstille. Darauf angesprochen meinte Lucius lediglich, seine Tochter könne sich einfach nicht richtig beherrschen und müsse noch so einiges lernen! Irgend etwas muss hier schon wieder vorgefallen sein, weil mir auch wieder das Humpeln von Faith einfiel. Vermutlich würde man uns aber nicht darüber unterrichten, es waren sicherlich Familieninterna. Neben mir konnte ich aber Alex Gedanken lesen, welche sich selber zur Geduld ermahnte.
Wir kamen jetzt, um einen Themawechsel bemüht, auf das Training der Kinder zu sprechen. Alle drei machten große Fortschritte und July war stolz, als die älteste der Geschwister, schon so viel zu dürfen. Das konterten die Jungs mit dem üblichen, sie wären sowieso einfach besser als ein Mädchen. Dieser Satz passte meiner Patentochter überhaupt nicht und als sie Cadan und Cillian einen bösen Blick zu warf, sah ich Faith darin. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen.
Endlich erschienen nun auch wieder die Eheleute auf der Terrasse und hatten ein kleines Fellknäuel auf dem Arm, was sich als Hundewelpe entpuppte. Nun ging die Suche nach einem passenden Namen los und mein Vorschlag „Zeus“ wurde von July abgeschmettert mit den Worten, es sei eine SIE, da passe das nicht. Da hat sie natürlich recht. Cillian hatte aber heute Geburtstag, also ließ man ihm den Vortritt und er wählte Artemis. Faith hätte eine Geschichte über sie erzählt und er fand den Namen einfach sehr schön. Damit war es abgemacht und wir machten uns über die Torte her. Edward war wie immer erstmal wieder etwas skeptisch gewesen, als die drei ihn begrüßten, aber jetzt entspannte er sich sichtlich.
Das Geburtstagskind bekam dann noch die anderen Geschenke und als er unseres ausgepackt hatte, rannten sie in ihre Zimmer um die anderen Tiere zu holen. Man wollte jetzt im Wintergarten ein Tierreich errichten, auch unseren Sohn hielt es nicht auf seinem Platz. Mrs. Wallace und eine Wache machten sich auf, um die Kinder im Auge zu behalten. Faith riss mich ein wenig aus meinen Gedanken. „Haytham, Alex, es würde mich freuen, wenn ihr am 4. Juli zum Sommerball kommt. Ich schicke euch noch die Einladung und Alexandra es würde mich freuen, wenn du die blaue Fee bist. Wenn du möchtest zeig ich dir dein Kleid.“ ich spürte Alex´ Unsicherheit, doch ich sprach ihr gut zu. Also verschwanden die beiden Frauen erneut und ich hoffte, dass sich meine kleine Schwester dieses mal unter Kontrolle hatte.
Es dauerte aber nicht lange, da waren beide wieder hier und Alex hielt ein Buch in der Hand. „Dort stehen Märchen drin, mi amor. Die Geschichte über diese Feen ist auch mit dabei. Eine wunderbare Abwechslung für Edward! Es müssen ja nicht immer nur Pferde sein.“ Da hatte sie recht. Meine Frau war begeistert von dem Kleid und gerade als wir uns über diesen kommenden Ball unterhielten, wurde auch das Abendessen angekündigt. Ich hatte mit vielem gerechnet, doch was hier aufgetischt wurde war, nunja, es war anders.
Vor mir auf dem Teller waren, laut Faith, sogenannte Kartoffelstäbchen die in Fett gebraten waren und dazu gab es Hähnchenfleisch. „Auf eurer Hochzeit hatte ich Gelegenheit mit Melissa ein paar Rezepte auszutauschen, Bruder. Schau nicht so erschrocken, sie sind wirklich lecker und Pommes gehen immer, oder Alex?“ lachte Faith und meine Frau stimmte ebenfalls lachend zu. Edward schien begeistert zu sein, also kostete auch ich davon. Was soll ich sagen? Sie waren wirklich köstlich, wenn auch gewöhnungsbedürftig. Mi amor, hier in England werden sie bald so eine Art Nationalgericht werden! hörte ich Alex in meinem Kopf und hob zweifelnd eine Augenbraue!
Als der Nachtisch gereicht wurde, stieg mir ein bekannter Geruch in die Nase und siedend heiß fiel mir ein, woher ich das kannte. Die Haare meiner Frau rochen so süßlich und ich hatte mich immer gefragt, WAS es war. Es war also Vanille! Das Dessert bestand nämlich aus ebendiesem Pudding und Ananas, welche Alex aber nicht anrührte. „Du hättest doch auch einfach fragen können, dann hättest du es schon viel früher erfahren, mi amor!“ lachte sie und das stimmte schon. Während dessen erzählte Alex nun davon, dass sie diese Früchte das ganze Jahr über kaufen konnte in ihrer Zeit. Und nicht nur die Ananas, sondern fast alles konnte man käuflich erwerben. Dieser Überfluss an Lebensmitteln muss doch verwirrend sein, zumindest stellte ich mir das so vor.
Nach dem Essen hielt es die Kinder nicht auf den Plätzen und sie bauten weiter an ihrer Tierwelt. Für einen Moment war meine kleine Schwester plötzlich ganz weit weg, ihr Blick ging ins Leere. Haytham, sehe ich auch so aus, wenn ich über etwas grüble? Sprach Alex in meinem Kopf. Ja, und du siehst, es ist etwas unheimlich, oder? Lächelte ich sie an. So langsam wurde es dann aber Zeit für uns zu gehen. Edward würde sonst über seinen Schlaf sein und das würde für uns eine schlaflose Nacht bedeuten. Gerade als wir uns erhoben, hörten wir einen spitzen Schrei von Mrs. Wallace, welche an der Tür zum Wintergarten stand und sich nicht rührte.
Wir eilten zu ihr und sahen uns einem Dschungel gegenüber. Ja, es war wirklich ein gewaltiger Dschungel mit dichten Pflanzen. Wir hörten aber weder die Kinder noch sonst etwas. Die Wachen waren in Alarmbereitschaft, schafften es aber nicht, dort durchzustoßen. Es war, als wolle man uns ausschließen. Alex schrie im Geiste Faith an, endlich etwas zu unternehmen. Shay versuchte uns unterdessen zu beruhigen, doch das funktionierte nur bedingt, da ich in mir die Angst um Edward wieder spürte. Am liebsten hätte ich Kleinholz aus allem hier gemacht, nur um ihn dort hinaus holen zu können und dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, verschwand das Gestrüpp. Alex warf Faith nur einen giftigen Blick zu und rannte zu Edward, aber weit kamen wir nicht.
Über den Kindern schwebten kleine Lichtpunkte und unser Sohn sah gebannt auf dieses Schauspiel mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Alex nahm ihn auf den Arm und blieb ebenfalls staunend stehen. Waren das kleine Sonnen? Wer rief das hervor, doch schon hörte ich, wie Shay auf Cadan einredete, dass es nun genug sei. „Cadan ich glaube es reicht für heute, du hast deinen Freunden genug gezeigt“ meinte der Ire leise zu seinem Sohn. Neben mir spürte ich Alex´ Wut, welche immer weiter hochkochte. „Ja Papa, aber July hat gemeint wir brauchen einen richtigen Dschungel für die Tiere“ kam es erklärend und etwas traurig von ihm. „Das kannst du gerne tun Cadan, nur lass den Eingang frei und frag uns vorher. Du hast uns allen einen Schrecken eingejagt Sohn“ und Shay nahm seinen Sohn in den Arm.
Alex versuchte sich weiter zu beruhigen und ich wusste, sie würde in so einem Moment nicht so ruhig bleiben. Man sollte da schon etwas anders durchgreifen, so auch meine Meinung, aber mir stand es nicht zu, hier zu urteilen. Auf den Schrecken fragte man noch, ob wir noch etwas trinken wollten, doch wir lehnten dankend ab. Es war spät und wie gesagt, Edward brauchte seinen Schlaf, auch wenn dieser vermutlich erst sehr spät kam nach diesem Spektakel. Meine Frau war eh gerade nicht bester Laune und ließ es auch Faith spüren. In ein paar Tagen würden wir eine Erklärung bekommen, meinte meine kleine Schwester beschwichtigend, doch das brachte Alex nur noch mehr zum Kochen und ehe die Situation eskalieren konnte, gingen wir.
Auf dem Weg nach Hause mussten wir nun auch noch Sybill wieder beruhigen, auch sie hatte einen Schrecken bekommen. „Master Kenway, das war ja ein Nachmittag heute.“ seufzte sie nur und sah auf ihren kleinen Schützling, welcher putzmunter war und vor sich hin brabbelte. „Das könnt ihr laut sagen, Sybill. Solltet ihr von Edward jemals ähnliches sehen, dann sagt uns Bescheid. So was kann auch ins Auge gehen.“ hörte ich Alex neben mir in einem Ton, welcher immer noch eiskalt war! Im Salon angekommen, holte ich mir den Bericht der Wachen und ließ mich dann auf dem Sofa vor dem Kamin nieder. Sybill hatten wir nun schon für die Nacht entlassen und ich berichtete Jenny von dem Vorfall. Alex las Edward leise aus dem neuen Buch vor und er nuckelte friedlich an seinem Daumen.
„Du meine Güte, dass sind ja wirklich haarsträubende Geschichten, die ihr erlebt. Aber diese Fähigkeiten, sind wirklich alle vererbbar, oder werden sie einem geschenkt? Wie ist das möglich?“ kam es staunend von meiner großen Schwester. Jetzt meldete sich meine Frau zu Wort. „Nicht alle Gaben werden über das Blut weitergegeben, einige, wie bei mir oder auch Haytham, werden einem geschenkt. Ganz genau wissen wir es ja auch leider nicht. Ich hoffe nur, dass wir eine plausible Erklärung bekommen dann.“ Ein herzhaftes Gähnen von Edward wies uns dann darauf hin, dass es Zeit fürs Bett war und nicht nur für ihn. Ich musste dringend zur Ruhe kommen.
Als wir endlich alle im Bett lagen, fragte ich, ob sie sich etwas beruhigt hatte. „Ja, ich bin nicht mehr ganz so wütend. Faith hat nur zu viel auf einmal von mir erwartet, was sie ja nicht wissen konnte. Doch was mit Caden vorhin passiert ist, das war definitiv zu viel für meine Nerven. Auch wenn alles gut ausgegangen ist, wäre er mein Sohn, ich wäre nicht so ruhig geblieben. Hoffentlich hat er es verstanden und macht so etwas nicht noch einmal.“ Alex hatte versucht noch mit Faith zusprechen, doch die ließ sie nicht in ihren Geist. Es schien, als würde ihr das jemand verbieten, wir vermuteten Lucius dahinter. Er war den ganzen Nachmittag etwas gereizt was Faith anging. Vielleicht wäre die spätere Erklärung dafür auch ganz harmlos, gähnte ich und schloss Alex in meine Arme. „Das hoffe ich, mi amor.“
Heute nun sollten wir zu den Cormacs kommen, damit man uns diesen Vorfall an Cillians Geburtstag erklärte. Ich war gespannt, was man uns auftischen würde, da ich mittlerweile mit allem rechnete. Die Götter und die Vorläufer trieben wirre Spielchen mit unseren Familien, musste ich mir insgeheim eingestehen. Auf der anderen Seite konnten wir uns glücklich schätzen, diesen Schutz und Zuspruch zu haben.
Edward hatte sich von seinem kleinen Schrecken auch erholt, die Nacht war er nur ab und an noch wach geworden, es schien als suche er etwas. Genauso wie heute morgen beim Frühstück. Er hielt seine Hände hoch und sah mit seinem Adlerblick darauf, als Alex mich schon darauf hinwies. Auf seiner Haut prangten auch leuchtende Zeichen, genau wie bei meiner Frau, wenn sie ihm vorsang. Doch Edwards waren unter der Haut und nicht ohne weiteres sichtbar. Auch ich sah ihm fasziniert zu, genauso wie Sybill. „Mistress Kenway, was sieht Master Edward da eigentlich?“ fragte sie leise. Eine zufriedenstellende Antwort würden wir ihr gar nicht geben können, da auch wir bezüglich dieser Erscheinungen noch im Dunkeln tappten.
Als Edward heute seinen Mittagsschlaf antrat, machten Alex und ich uns fertig und fuhren zu den Cormacs. Mr. Hill brachte uns wie gewohnt in den Familiensalon, dort wartete aber nur Faith auf uns. Lucius und Shay waren von einem Geschäftstermin aufgehalten worden und würden dann später dazu kommen. Kurz darauf erschien ein Herr, welchen Faith als den Schneider vorstellte, das hatte sie bereits im Vorfeld erwähnt, dass die Kleider für den Ball noch angepasst werden sollten. Die beiden Frauen gingen nun zur Anprobe und ich hatte etwas Gelegenheit mich hier umzusehen, es gab ein paar interessante Bücher und anscheinend waren auch ein paar Skulpturen hinzu gekommen.
Es dauerte aber nicht lange, da traten Faith und Alex wieder ein, welche sichtlich angetan von ihrem Kleid war. Leider würde ich es erst am 4. Juli zu Gesicht bekommen und soweit ich wusste, war auch meine Garderobe dem farblich angepasst. Ich musste mich wohl oder übel überraschen lassen.
Meine kleine Schwester bat unsere Wachen jetzt höflich, vor der Tür zu warten und ich sah, dass es Alex nicht passte. Sie warf ihnen einen etwas ängstlichen Blick hinterher und ergriff meine Hand. Auf der anderen Seite musste ich Faith zustimmen, dass was sie zu sagen hätte, wäre nur für unsere Ohren bestimmt. Ein großer Schluck aus ihrem Kelch mit dem Met und sie setzte zu einer Erklärung an...
„Also Cadan...er war krank und unsere einzige Möglichkeit ihn zu retten, war ihn mit dem Lotus im Wintergarten zu heilen. Dieser Lotus ist ein Artefakt, welches zu dem Gott Vishnu gehört. Dieser Gott wird in Indien verehrt und er hat Cadan ein paar Fähigkeiten geschenkt. Er kann die Pflanzen wachsen lassen und er erschafft lauter kleine Blüten aus Licht.“ Dann waren das keine Sonnen, welche wir gesehen hatten sondern Blüten. Trotzdem sah es fantastisch aus. Soweit ich aber unterrichtet war, hieß es immer, dass Cadan nicht krank werden konnte aufgrund von Freyas Zutun. „Keine Ahnung, ich weiß nicht woher die Krankheit kam, sie war wohl schon seit seiner Geburt in ihm, ich kann mich auch endlich an seine Geburt erinnern. Ich weiß nur noch, dass ein dunkler Rauch in mich drang und dann half mir Freya Cadan auf die Welt zu bringen. Dabei zerstörte ich fast das ganze Bad und ja Vishnu ist einer der Urgötter in Indien und das bis heute.“ Das nahm ja ungeahnte Züge an! Noch ein weiterer Gott mit Artefakten? Auf meine Frage, warum sich Faith gerade jetzt wieder an die Geburt erinnern konnte, meinte sie flüsternd, sie wisse es nicht! Alex neben mir begann wieder zu kochen vor Wut, weil hier definitiv MEHR dahinter steckte.
„Du kannst es ihnen ruhige erzählen, mein Kind.“ hörte ich die Stimme von Elias und nicht nur ich. Alex atmete tief durch „Du verheimlichst uns was, da ist noch etwas. Das Krachen zu Cillians Geburtstag und das Lucius sagte, dass du dich nicht immer unter Kontrolle hast.“ dieser Satz kam ziemlich schnippisch über ihre Lippen. Umgekehrt schnappte nun Faith zurück „Selbst wenn, es geht euch nichts an!“ nun war auch ich langsam zornig, sie gab uns keinerlei Erklärung und ließ uns einfach in der Luft hängen! Neben mir hörte ich meine Frau immer wieder tief einatmen, bis ich eine auf dem Tisch zwischen uns stehende Vase sah, welche begann sich zu bewegen. Man könnte meinen, jemand rüttele an ihr und plötzlich, wie durch Zauberhand flog sie im hohen Bogen gegen die Tür und zerbarst in tausend Teile! Ein panisches „GEHT!“ von meiner kleinen Schwester war zu vernehmen, doch die Rechnung hatte sie ohne Alex gemacht.
Aus heiterem Himmel erschien zwischen uns Odin in seiner leuchtenden Gestalt und baute sich als Schutz vor uns auf. Er mahnte Faith, sich zurückzuhalten und betitelte sie als „Erbe“, was ihr nicht zu gefallen schien. Ihre Haut begann förmlich zu glühen, genau wie bei Alex oder auch Edward! Völlig unnötig merkte Alex an, sie hätte Zeichen auf ihrer Haut. „Ja ich weiß und du...lass mich in Ruhe“ schrie sie Odin entgegen und mit einem Mal hörten wir ein lautes Klirren um uns herum und wir sahen einen Hagel aus Glasscherben auf uns zukommen! Gerade als ich die Arme schützend über Alex halten wollte, erstarrten die Splitter und blieben einfach in der Luft hängen!
Mit einem lauten Krachen flog die Tür auf und Lucius betrat den Raum mit Shay. In Master Williams Augen sah ich ein goldenes Leuchten und ahnte, dass auch er wesentlich mehr wusste, als wir! Er wies den Iren an, Alex und mich sofort hier raus zubringen und baute sich neben dem nordischen Gott auf. Mehr sahen wir nicht mehr und standen dann ratlos in der Eingangshalle. Zornig schritt meine Frau auf Shay zu. „Shay, wenn du nicht sofort den Mund aufmachst, dann gehe ich wieder zurück und werde den beiden die Hölle heiß machen.“ Doch er sagte nichts und man sah, er durfte sich nicht dazu äußern. Ziellos lief Alex hier umher, hob dann eine Schale von einem der kleinen Tische und warf sie zu Boden. So aufgebracht hatte ich sie noch nie erlebt!
Immer wieder zuckten Bilder in meinem Kopf und ich hörte Elias Stimme, doch sie sprach nicht mit mir, sondern mit Alex. Ich versuchte sie zu beruhigen und sagte, dass sich sicherlich alles noch aufklären wird. „Ich weiß nicht, es ist unheimlich! Und am liebsten würde ich Faith nehmen und schütteln, damit sie zur Vernunft kommt und endlich den Mund aufmacht!“ Ich schloss sie einfach in meine Arme, um Ruhe bemüht und es schien zu funktionieren, ihr Atem beruhigte sich langsam. Dann hörte ich, wie Shay zögerlich sagte, wir könnten einen Versuch wagen, wieder hineinzugehen.
Als wir eintraten stürmte Faith auf ihren Mann zu und warf sich schluchzend an seine Brust. Etwas irritiert sah ich mich im Raum um, der Boden war übersät mit Scherben, aber von Odin war nichts mehr zu sehen. Nur Lucius stand erschöpft an der Seite seiner Tochter. Wie eine Erleuchtung drangen Bilder in meine Kopf, sie schienen von meiner kleinen Schwester zu kommen! Ich sah im Grunde wie gefühlte 100 Leben an mir vorbeizogen und ihre Merkmale hinterließen! SIE war tatsächlich ein Erbe der Vorläufer und einigen Göttern? Somit erklärte sich auch der goldene Blick von Lucius! Auch er war involviert und trug einen Gott in sich, es wurde einfach immer unübersichtlicher!, ging es mir durch den Kopf. Bei Lion war es, so weit ich jetzt wusste Thot und Lucius hatte Mars inne.
Bis auf Freya aber waren keine der nordischen Götter in dieser Familie vertreten, was mich ein wenig wunderte, doch es konnte auch an Alex´ Herkunft liegen. Sie war im skandinavischen Raum verwurzelt und hatte seit jeher eine enge Bindung zu der nordischen Mythologie! Auch wurde mir bewusst, dass es wirklich Schicksal war, dass wir hier alle aufeinander trafen! Was würde uns nun noch alles erwarten? So in meine Gedanken vertieft bemerkte ich erst nicht, dass auf der Haut meiner Frau die Zeichen sichtbar wurden. Normalerweise passierte das nur, wenn sie mit Edward beschäftigt war, doch hier muss es mit diesen neuen Erkenntnissen wohl einhergehen. Mutter, ich sehe sie auch. Du hast sie mir gegeben und ich werde sie, wie du auch, zum Wohle nutzen. In diesen Zeichen liegen unsere Gaben! Das war unser Sohn! Mein Kopf fühlte sich mittlerweile völlig taub an, ob der ganzen Informationen.
In Faiths Gesicht erschien eine unausgesprochene Frage. Ob wir sie immer noch bei uns haben wollten und sie trotz ihres anderen Blutes liebten. Meine Frau machte den Anfang, nahm sie in den Arm mit den Worten, sie liebe sie immer noch, egal wer oder was sie war. Auch ich sagte ihr, dass sie immer meine kleine und unbelehrbare Schwester bleiben würde. Erleichtert sah sie uns an und es war, als fiele eine riesige Last von ihren Schultern.
Als wir einen nicht ganz so beschädigten Raum gefunden hatten, saßen wir noch zusammen und Faith sprach Alex auf die Geschäfte an und wie sie laufen würden. Natürlich, Lion würde sie für diesen Schaden am Anwesen bezahlen lassen und das würde nicht billig werden. Im Grunde waren alle Fensterscheiben im unteren Stockwerk kaputt und der Wintergarten hatte auch gelitten. Im Hinterkopf ging ich die Zahlen durch und beließ es dann aber, es würde einige tausend Pfund in Anspruch nehmen. Meine Frau versicherte ihr, das würde sich begleichen lassen, sie müsse ihr nur die Rechnung beizeiten geben.
Faith begann nun noch ein wenig zu erzählen und berichtete uns, dass Maggie schwanger sei. Lucius hatte ihr das Diadem aufgesetzt und es hatte ihr, ähnlich wie es Idun bei uns gemacht hatte, die Möglichkeit gegeben, wieder zu empfangen. Ich freute mich für Lucius, da man den beiden ihre Liebe einfach auch ansah. Ich hoffte nur, dass auch seine Mutter das dann verstehen konnte, doch bis dahin war noch etwas Zeit. Meine Kleine Schwester jedoch hatte diese Probleme, seit sie von dieser neuen Herkunft wusste und wir aus dem Tempel wieder zurück waren, sich zu beherrschen und ihre Gefühle zu kontrollieren. Daher wehte der Wind. Alex dachte kurz nach und sagte, sie kenne ein paar Techniken der Meditation, welche ihr sicherlich helfen würden. Ohne Umschweife gingen die beiden um es gleich auszuprobieren.
Kurz darauf erschien die Rasselbande wieder und sah sich erschrocken um. Sie sagten aber keinen Ton, so als hätte man ihnen die Münder zugeklebt. Auf den ganzen Schrecken hatten Shay, Lucius und ich uns von dem guten Whiskey etwas gegönnt, welcher meine Nerven sichtlich beruhigte. „Ich kann nur hoffen, dass meine Tochter nicht noch mehr Schaden mit ihrem Zorn anrichtet. Seid ihr sicher, Haytham, dass eure Frau weiß, wie man sich zurücknimmt?“ fragte Master Williams etwas skeptisch, doch ich konnte ihn da beruhigen. „Keine Sorge, Alex kennt sich tatsächlich mit Meditation und ähnlichem aus. Auch mir hat sie es versucht näher zu bringen, jedoch mit eher mäßigem Erfolg.“ ich musste an diverse Versuche denken, welche scheiterten, weil ich immer wieder im Geist meine Frau vor mir sah, welche... aber das gehört jetzt hier nicht hin!
Faith und Alex hatten anscheinend mehr Erfolg, weil auf dem Gesicht beider Frauen ein gewisser Stolz und Zufriedenheit lag. Als July fragte, ob wir Eddy mitgebracht hätten, zog ich fragend eine Augenbraue hoch. Unser Sohn hatte also schon einen Spitznamen? Leider mussten wir sie enttäuschen, doch das nächste Mal käme er wieder mit! Und das war dann auch unser Stichwort, wir sollten uns auf den Weg nach Hause machen, da unser Sohn sicher bereits warten würde.
Auf dem Heimweg versuchten wir die neuen Erkenntnisse zu verinnerlichen und zu sortieren. Das gestaltete sich allerdings schwierig und auch Alex hatte ihre Probleme damit. „Meine Nerven fühlen sich wie überdehnte Gummibänder an, mi amor.“ kam es gedankenverloren aus ihrem Mund und ich wollte wissen, was diese Gummibänder sind. Doch ich bekam keine Erklärung, sondern nur einen Kuss und „Sie fühlen sich langgezogen an!“ Das musste ich dann wohl so hinnehmen.
Jenny nahm uns in Empfang und versicherte uns, ihr Neffe sei artig gewesen und schliefe bereits tief und fest. Also machten auch meine Frau und ich uns auf ins Bett. Magda und Michael entledigten uns der Kleidung noch und ich konnte mich auf unser Nachtlager fallen lassen. Auch Alex schlang müde Arm und Bein um mich und war eingeschlafen! Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn „Ich liebe dich über alles, Alex!“ Ein noch näher an mich schmiegen zeigte mir, sie hatte mich noch gehört.
Wir hatten eine Einladung von Samuel Pritchard erhalten, in welcher er uns mitteilte, dass sein Schwiegersohn in die Geschäfte mit einsteigen wolle. Am 19. Juni sollte das Treffen dann stattfinden und mit einem Abendessen einhergehen. Ich war gespannt, was Mr. Forbes zum Besten geben würde, da ich einige Erkundigungen über ihn eingeholt hatte und niemand ein gutes Haar an ihm ließ. Doch das mochte noch nichts heißen, vielleicht war er auch nur an die falschen Menschen geraten.
Alex hatte aber für den heutigen Nachmittag noch eine Verabredung mit Francis Bradshaw angenommen und ich hoffte, sie würde pünktlich wieder zurück sein. Frauen vergaßen ja gerne mal die Zeit, wenn sie erst ins Reden kamen! Also hatte ich ein wenig Zeit alleine und machte mich auf zu Master Mormon, welcher mir ein zum Verkauf stehendes Haus zeigen wollte. Es wäre wie gemacht für eine Art Büro hier in London, wo wir den inoffiziellen Zweig des Ordens stationieren könnten, ebenso konnten wir so auch die Assassinen mit einquartieren.
Dieses Gebäude war ein im südlichen Teil Londons gelegene Villa. Sie stand allerdings schon seit fast einem Jahr leer, da sich einfach niemand vorstellen konnte, dort zu leben. Es gingen Gerüchte um, dass hier der Hausherr seine Gattin mit ihrem Liebhaber erwischt hätte und er beide auf der Stelle umgebracht hätte. Ihre Leichen soll er dann im Garten verscharrt haben! Doch bis heute hatte man weder die sterblichen Überreste noch den Vorbesitzer namentlich ausfindig machen können. „Haytham, ich vermute auch eher, dass hier ein erfolgloser Spekulant in einer Nacht- und Nebelaktion schnell das Weite gesucht hat.“ meinte Daniel grinsend.
Die Räumlichkeiten waren großzügig und unserer Sache mehr als dienlich. Im unteren Geschoss erstreckten sich der Salon, die große Bibliothek, das Esszimmer mit angrenzender Anrichte und Küche, sowie ein nach hinten zum Garten gelegenes Arbeitszimmer. Im Obergeschoss befanden sich die drei Schlafzimmer und zwei Gästezimmer. Und unter dem Dach waren die Kammern der Angestellten vorgesehen. Platz war also ausreichend vorhanden und wir besprachen die mögliche Möblierung.
„Wir sollten aus den alten Quartieren dann alles hier zusammen tragen, Daniel. Ich werde dafür sorgen, dass es umgehend geschieht! Wann können wir den Kaufvertrag aufsetzen?“ in meiner Stimme klang eine gewisse Euphorie, da wir den Orden damit weiter festigen konnten. „Ich werde mit dem Advokaten sprechen, ich gehe davon aus, in drei Wochen sollten wir überein gekommen sein.“
Draußen nahm ich mir mein Pferd und machte mich wieder auf den Weg zurück. Master Mormon hatte mir noch von seinem Opernbesuch mit meiner Schwester berichtet, welcher in seinen Augen sehr zufriedenstellend verlaufen sei. Ich hatte gar nicht mehr danach gefragt, fiel es mir ein und wollte es zuhause dann auch gleich noch nachholen.
Ich hatte heute das Gefühl, als sei es noch wärmer als die letzten Tage geworden und war froh, als ich meinen Gehrock Michael überreichen konnte.
Jenny war auf der Terrasse und las in einem Buch. Ich gesellte mich dazu und begann sie über den Abend mit Daniel auszufragen. „Ja, es war recht nett, Haytham. Warum fragst du?“ kam es mehr als gespielt ungerührt von ihr. Ich musterte sie ein wenig, doch sie ließ sich nichts anmerken. „Hast du vor, ihn noch einmal wieder zusehen?“ ich war doch ein wenig neugierig, erntete aber nur ein „Vielleicht.“ Ich seufzte tief, musste man ihr alles aus der Nase ziehen? Als sie jetzt ihre Lektüre beiseite legte, sah sie mich mit einem Blick an, welchen ich von damals noch sehr gut kannte. Er sagte eindeutig, ich solle nicht so neugierig sein und diese Fragen stellen!
Dann musste ich meinen Wissensdurst wohl anderweitig stillen, ich sollte Daniel einfach zu einem unverfänglichen Gespräch in den kommenden Tagen bitten!
Mittlerweile war es Zeit fürs Abendessen, doch von meiner Frau und meinem Sohn keine Spur! Wie ich befürchtet hatte, haben die Damen wohl die Zeit vergessen. Doch in mir regte sich die Sorge, dass ihnen unterwegs etwas zugestoßen sein könnte. Ich weiß, sie hatten entsprechende Wachen mitgenommen, dennoch stieg diese Angst in mir hoch. Ich wurde von Minute zu Minute unruhiger und sah immer wieder auf die Uhr im Eingangsbereich. „Haytham, ihnen ist nichts passiert.“ hörte ich meine Schwester zum wiederholten male sagen.
Und dann endlich kam die Erlösung, als ich die Kutsche vor dem Tor anhalten sah. Kaum dass Alex eingetreten war, machte ich meinem Unmut Luft und maßregelte sie, sie solle sich das nächste Mal an die Zeiten halten! Mit einem Lächeln, Nicken und Kuss auf die Wange, ging meine Frau mit Edward ins Esszimmer. Manchmal wusste ich nicht so recht, wie ich auf so ein Verhalten reagieren sollte, da es mich irritierte und sie nichts sagte. Während des Essens berichtete sie uns von den Enkelinnen, welche Edward belagert hatten und auch von einem Wespenstich, den unser Sohn verheilen ließ. „Dass heißt, auch unser Sohn hat diese Fähigkeit zu heilen?“ fragte ich erstaunt. „So sieht es zumindest aus. Wir sollten es im Auge behalten, mi amor.“ kam es immer noch lächelnd von meiner Frau.
Anschließend gingen wir hinauf um uns umzuziehen und Edward zu Bett zu bringen. Alex war dann der Ansicht, wir hätten doch noch genügend Zeit und ich würde alles zu schwarz sehen. Von meiner Angst um sie hatte ich noch nichts gesagt, doch das würde ich noch nachholen. Dann endlich konnten wir los und mir fiel ein, dass ich gar nicht mehr auf ihre Garderobe geachtet hatte. Ihr Kleid ähnelte einer Montur und war dem Geschäftsessen angemessen, doch … in der Kutsche besah ich es mir genauer! Diese Falten in dem Überrock sahen grauenhaft aus und auch hingen einige Knöpfe zu lose an ihrem Oberteil und ich sagte es ihr. „Haytham, es reicht! Ich habe mich entschuldigt für mein Zuspätkommen. Jetzt hör bitte auf, an mir herum zu mäkeln.“ dieser Ton ließ meine schlechte Laune keinesfalls abklingen, im Gegenteil.
Ich teilte ihr meine Sorge um ihr Wohlergehen mit und bekam nur zu hören, sie wären ja nicht alleine gewesen. Das war mir bewusst, dennoch hätte etwas passiert sein können! „Gut, ich habs verstanden!“ kam es dermaßen schnippisch, dass ich an mich halten musste. Plötzlich trat die schiere Verwirrung in Alex´ Gesicht und sie starrte vor sich hin. War ich zu weit gegangen?, ging es mir durch den Kopf. Auf meine besorgte Frage, ob alles in Ordnung sei, meinte sie leicht abwesend „Was? Nichts, alles in Ordnung. Ich... war nur in Gedanken!“ Ja, das hatte ich gesehen. Ich nahm ihre Hand in meine und versuchte mich zu erklären, dass es mir leid täte, doch auch ich konnte mich nicht immer zurücknehmen. Ich küsste ihre Hand vorsichtig.
Mit einem Male zog sie mich zu sich und bedeckte mich mit Küssen, sie klammerte sich regelrecht an mich. In ihren Augen las ich, sie wollte mehr, auch wenn es mich noch verunsicherte und ich sie zu nichts drängen wollte. Doch ich ließ sie meine Lust ebenso spüren und meine Hände fanden ihren Weg unter ihre Röcke. Unsere Küsse wurden leidenschaftlicher und ich wäre am liebsten auf der Stelle umgedreht. „Ich befürchte, wir müssen das Ganze auf später verschieben, mi amor!“ hauchte sie mir atemlos ins Ohr! „Wenn du es wirklich willst, dann auf jeden Fall, mi sol.“ zu mehr war auch ich gerade nicht in der Lage und dann hielt die Kutsche leider auch schon. Alex gab mir noch einen langen letzten Kuss, ehe wir ausstiegen und ich hatte meine Mühe, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Wir hatten unsere Wachen angekündigt, so dass sie keine Überraschung waren, als man uns einließ. Der Diener brachte uns in den unteren Salon, da es heute Abend etwas kühler geworden war. Es dauerte auch nicht lange, da erschien der Hausherr nebst seiner Tochter und ihrem Ehemann. Von Samuels Enkelin war jedoch nichts zu sehen. Mrs. Forbes ließ es sich nicht nehmen, sich noch einmal für das Verbrechen während des Empfangs zu entschuldigen. Mr. Forbes sah lediglich betreten auf seine Füße, nuschelte ebenfalls eine Entschuldigung aber ansonsten war er die Unscheinbarkeit in Person mal wieder.
Ich bekam ein Glas Whiskey gereicht und ich muss sagen, er war hervorragend! „Selbstherstellung von einem befreundeten schottischen Ehepaar. Sie beliefern uns regelmäßig damit, wenn ihr möchtet, dann werde ich euch gerne einmal bekannt machen, Master Kenway.“ da würde ich nicht nein sagen und ging davon aus, dass wir uns sicherlich später dann noch darüber einig würden. Plötzlich fiel mir ein, dass ich Alex noch gar nichts von meinen Erkundigungen bezüglich Franks bisherigen Bemühungen erzählt hatte! Doch anscheinend war das auch nicht nötig, weil das, was ich nun zu sehen und hören bekam, unglaublich war! Sie schien zu ahnen, dass er ein Versager auf ganzer Linie war!
„Ihr habt bisher noch nicht viel zu dem Gespräch beigetragen, Mr. Forbes. Was genau schwebt euch vor, worin wollt ihr investieren und vor allem WOMIT?“ Alex´ Worte waren so unterkühlt und gezielt, dass man den guten Frank in sich zusammen sacken sah. „Mistress Kenway, ich besitze ein Stück Land, welches ich als Sicherheit anbieten könnte. Ein Vermögen besitze ich ja leider nicht, wie ihr sicherlich wisst. Es wäre doch sicherlich auch so möglich, dass wir damit eine Übereinkunft treffen könnten?“ Hörte ich seine schüchterne Stimme aus dieser Position! Die nächste Frage, wo sich dieses Eigentum befand, wie groß und wie viel es wert sei, beantwortete der Befragte zögerlich. „Ich... ich weiß nicht genau... ich... also ich habe es noch nie gesehen!“ er stotterte diese Worte mehr, als das er sie sprach. Neben mir spürte ich, dass Alex sich ein Prusten verkneifen musste, auch ich musste mich zusammenreißen! Dieser Mann war einfach komplett untauglich!
Es war Samuel, welcher seinen Schwiegersohn lautstark anfuhr! „Frank, was erzählt ihr da? Ihr habt Land erworben, wisst aber weder WO es ist noch WIE GROSS es ist? Bei Gott, das wird ja immer besser!“ Mit einem entschuldigenden Blick zu Alex, sagte er dann „Mistress Kenway, es tut mir schrecklich leid, dass ihr diese geballte Inkompetenz vorgesetzt bekommen habt. Ich denke, wir werden nicht weiter darüber sprechen müssen. Und ihr Frank, geht mir aus den Augen!“ und verwies ihn mit einem Fingerzeit des Salons! Und jetzt hieß es Schadensbegrenzung betreiben. Mrs. Forbes war in Tränen ausgebrochen, aufgrund ihres unzulänglichen Gatten.
Wir legten ihr nahe, sich alsbald von ihm zu trennen, ebenso erklärte Master Pritchard, dass er sich mit dem hiesigen Richter darüber unterhalten wolle, die Ehe aufzulösen. Es wäre fatal, wenn Frank noch weitere Schulden anhäuft und sie dann auf seine Ehefrau schiebt. Das galt es jetzt abzuwenden und auch Alex versuchte ihr bestes, sie daran zu erinnern, dass sie alleine besser dran sei. Sie könne ja auch wieder hier bei ihrem Vater wohnen mit ihrer Tochter. Natürlich liebte sie ihn, sie hatte ihrem Gatten vertraut, wurde aber bitter enttäuscht und das musste sie jetzt erst einmal verdauen. Wir besprachen noch die Einzelheiten und boten unsere Hilfe an, wenn nötig.
Gegen 23 Uhr machten wir uns auf den Rückweg und ich musste an Alex´ Art Frank gegenüber denken. Sie hatte ihn postwendend als den Versager entlarvt, der er nun mal war. Erstaunlich und ich wollte wissen, wie sie das so schnell herausgefunden hatte. „Eigentlich wusste ich es nicht, doch wie er sich gegeben hat, wie er sich bewegte und sprach, das zeigte mir, dass er überhaupt keine Ahnung von irgend etwas hatte. So leid es mir tut, er ist wirklich die Inkompetenz in Persona!“ ein etwas ungehaltenes Kichern kam aus ihrem Mund, was vermutlich dem guten Wein geschuldet war.
Als ich sie bat mir ihre Hand zu geben, sah sie mich fragend an, aber ich erklärte mich. „Es war großartig, dich bei diesem Gespräch zu beobachten, Alex. Du könntest jeden in Grund und Boden stampfen, nur mit einem einzigen eisigen Wort!“ ihr stieg eine dezente Röte ins Gesicht. „Willst du, dass ich es an dir noch einmal teste?“ diese Frage kam ein wenig kampfeslustig von ihr. Ich erwiderte lediglich, dass ich diesen Part lieber übernehme, wenn es Recht sei und zog Alex zu mir. Meine Hand fuhr wieder über ihre warme Haut am Oberschenkel. „Mach weiter, mi amor!“ Ein wenig Geduld musste sie noch haben, doch ich ließ es mir nicht nehmen, sie weiterhin mit Küssen zu übersäen.
Kaum das unsere Kutsche hielt, sprang ich hinaus und zog meine Frau hinter mir her. Ohne Umschweife ging ich mit schnellen Schritten die Treppe hinauf, in das linke Gästezimmer! Dort entzündete ich einige Kerzen und nahm Alex´ Hände in meine, doch sie entzog sie mir und begann, meinen Gehrock aufzuknöpfen, die Weste folgte, während ich meine Lippen über ihren Mund wandern ließ. Für einen Moment hielt ich inne und fragte, ob sie sich sicher sei, dass sie es wirklich wolle! „Ja, ich will es, ich weiß, ich kann dir vertrauen!“ Bei diesen Worten liefen ihr Tränen über die Wange, welche ich vorsichtig wegwischte und in meinem Tun weitermachte.
Als sie wie Gott sie schuf vor mir stand, hob ich sie langsam hoch und brachte uns zum Bett. Doch ich ließ ihr ihre Freiheit und ihre Hände strichen vorsichtig über meinen Rücken und in ihren Augen lag eine tiefe Begierde, wie ich sie schon so vermisst hatte. Meine Finger fuhren über ihre Oberschenkel und langsam öffnete sie sich mir. Mit einem Aufkeuchen nahm sie mich auf und es war, als würden wir das erste Mal miteinander schlafen. Es war ein neues Gefühl. Ihre Arme und Beine umklammerten mich und ließen mich ihre Bewegungen mitmachen, welche mich auf meinen Höhepunkt zutrieben. Zu spät wurde mir bewusst, dass ich ihren Namen lauter gesprochen hatte als beabsichtigt und sank auf ihre Brust.
Dieser Moment war befreiend und zugleich ein kleiner Neuanfang, welchen ich jetzt genoss. „Ich liebe dich, Haytham!“ kam es leise an meiner Schulter. Ich deckte uns mit den Worten „Ich liebe dich auch, mi sol!“ zu und gerade als Alex sagen wollte, dass wir hier nicht bleiben könnten, legte ich meinen Finger auf ihre Lippen. Wir würden hinüber gehen, aber erst später. Diese kurze Zweisamkeit wollte ich noch genießen und wie aufs Stichwort, fühlte ich ihre kühlen Finger auf meiner Brust, welche mir eine wohlige Gänsehaut verpassten.
Das hatte ich vermisst, ich hatte meine Frau vermisst. „DICH habe ich vermisst, wie du mir das Gefühl gibst, dich beschützen zu können. Bei Gott, ich liebe dich!“ sprach ich leise und mit einer schnellen Bewegung war Alex auf meinem Schoß. Ihr Mund bedeckte meine Lippen mit Küssen und langsam ließ sie sich auf mir nieder, ein weiteres Mal versanken wir in dieser Lust. Wir beide ließen den anderen in unseren Geist und was ich bei ihr sah, war mehr als unanständig, doch ich gab ihr, wonach sie verlangte. Umgekehrt dankte sie es mir und als wir kurz darauf etwas atemlos dalagen, grinste mich Alex nur selig an.
Ein lautes Weinen aus unserem Zimmer ließ meine Frau jedoch hochschrecken. Sie schnappte sich mein Hemd und drückte mir einen Kuss auf. „Danke, mi amor!“ und dann war sie verschwunden! Ich blieb für einen Moment hier liegen und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Wir waren wieder einen Schritt weiter, SIE war einen Schritt weiter im Bezug auf die Genesung und ich war unendlich froh darüber. Der Rest des Weges lag nicht mehr ganz im Dunkeln verborgen wie es schien.
Ich stand auf, zog mir meine Hosen an und sammelte unsere Kleidung zusammen, dann löschte ich noch die Kerzen.
Als ich in unser Zimmer trat, sah mich Sybill grinsend an und wünschte noch eine gute Nacht.
Kopfschüttelnd meinte Alex, ich solle unsere Sachen einfach ins Ankleidezimmer auf das Sofa legen und endlich ins Bett kommen. Ich tat wie mir geheißen, doch ich musste noch eines loswerden. Sie bräuchte mich in Zukunft definitiv nicht zu provozieren um mit mir das Bett zu teilen.
„Das würde ich nie tun, Haytham. Ich bin immer brav und...“ Alex, brav? Das war ein Widerspruch in sich! „Vermutlich war ich das nie und werde es auch nie sein, Master Kenway. Versprochen!“ und bei diesen Worten kniff sie in mein Hinterteil, doch bevor ich reagieren konnte, hatte sie sich mit Arm und Bein um mich geschlungen.
Es hätte so friedlich bleiben können, wenn es nach mir gegangen wäre.
Doch leider bekamen wir schon nach dem Abend bei Samuel die Nachricht, dass es sich eine große Anzahl von russischen und preußischen Assassinen hier in London bequem gemacht hatte.
Daniel hatte durch die stillen Brüder in Erfahrung gebracht, wo sie zu finden seien und hatte sich mit mir diesbezüglich schon zusammen gesetzt.
Die Häuser und Lagerhäuser, in welchen die Meuchelmörder ihre Unterschlüpfe gefunden hatten, lagen strategisch nicht wirklich günstig und unter anderem weit außerhalb der Stadt.
„Haytham, wir haben zwei dieser Assassinen dingfest machen können und haben sie ins hiesige Zuchthaus gebracht. Mal sehen, ob sie dort immer noch so schweigsam sind.“ meinte Master Mormon vor zwei Tagen zu mir.
„Wir sollten also dort einmal nachhaken, ob es schon Neuigkeiten gibt, Daniel. Lasst uns am besten gleich aufbrechen.“ der besagte Herr nickte und wir machten uns umgehend auf den Weg.
Während des Ritts dorthin, nutzte ich die Zeit um ihn über Jenny auszufragen. Meine Neugierde war geweckt, nachdem meine große Schwester mir nichts erzählen wollte.
„Werdet ihr meine Schwester auch weiterhin besuchen? Der Abend in der Oper schien ihr gefallen zu haben.“ Der Gedanke, dass Jennifer doch noch einen Mann an ihrer Seite haben könnte, machte mich ein wenig zufriedener. Sie hatte es definitiv verdient.
„Haytham, wenn ich frei sprechen darf?“ eine Pause und ich nickte ihm aufmunternd zu. „Ich würde mich freuen, wenn ich Miss Scott des öfteren sehen könnte. Leider lässt es meine Zeit nicht immer zu. Eure Schwester ist eine sehr faszinierende Frau und angenehme Gesprächspartnerin, wenn ich ehrlich sein darf. Es gibt nur wenige Damen, welche so eine Persönlichkeit aufweisen und diesen Stolz kann man Jennifer förmlich ansehen.“ ein leises Seufzen neben mir, zeigte mir, er war mehr als angetan von meiner großen Schwester!
„Ich freue mich, wenn wir euch dann ab jetzt auch von Zeit zu Zeit zum Tee bei uns begrüßen dürfen, Daniel.“ ich hoffte, dass war nicht zu forsch. Im Grunde wollte ich die beiden nicht wirklich verkuppeln, aber ich könnte ja ein wenig Amor spielen.
Unser Gespräch endete abrupt, als wir vor dem Gefängnis standen. Mich überkam jedes mal ein mulmiges Gefühl, wenn ich eines von innen sah. Man hatte mich noch nie hinter Gitter gebracht, trotzdem empfand ich so etwas wie eine leise Angst im Hinterkopf. Ich schüttelte mich leicht bei diesem Gedanken und wir gingen hinein.
Der Aufseher, welcher auch die beiden „Neuzugänge“ kannte, begrüßte uns freudig.
„Master Kenway, Master Mormon! Es freut mich, euch einmal wieder zusehen!“ Steven Sanders war ein kleiner, schlanker blonder Herr, Mitte 40 mit schütterem Haar. Ich kannte ihn nur flüchtig, als ich noch unter Reginald dem Orden gedient hatte.
„Mr. Sanders, es freut mich ebenso und dann bei so guter Gesundheit!“ sprach ich und reichte ihm meine Hand.
„Ich vermute, ihr kommt wegen dieses Abschaums, welcher gestern hier abgegeben wurde?“ hakte er nun ohne Umschweife nach.
„Ganz richtig. Wenn es möglich wäre, dann würden wir sie gerne einmal befragen. Bisher haben sie ja leider den Mund nicht aufgemacht.“ kam es säuerlich von Daniel und auch Steven nickte eifrig bei diesen Worten.
„Ihr werdet keinen Erfolg haben, sie schweigen wie ein Grab. Aber vielleicht könnte man es anders machen. Wie ihr ja wisst haben wir einen ganz besonderen Gast hier bei uns, Master Kenway!“ und in seinem Gesicht erschien ein breites Grinsen. CHARLES!
„Wie sollte gerade ER uns weiterhelfen? Glaubt ihr, die beiden Assassinen werden in seiner Gegenwart in Plauderlaune kommen?“ das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
„Lasst ihnen einfach noch ein oder zwei Tage, dann haben sie sich an ihre Unterbringung gewöhnt und vielleicht sind sie dann doch gesprächiger. Und Master Lee hat bereits die Zelle nebenan erhalten, weil ich mir schon dachte, dass es hier um Informationen gehen könnte.“ kam es stolz von dem Aufseher!
Ich musste es ihm lassen, schon damals war er ein Mensch, der gut im Voraus planen konnte und immer die Übersicht behielt.
„Dann werden wir kurz mit Charles sprechen, wenn es recht ist und ihn einweihen.“ Daniel wollte nur auf Nummer sicher gehen.
„Gentlemen, folgt mir bitte.“ mit einer Handbewegung gingen wir nun in den Gefangenentrakt.
Als Charles mich erblickte, erhellte sich seine Miene und ich konnte mir denken, dass er die Hoffnung hatte, ich würde ihn aus dieser misslichen Lage befreien. Leider weit gefehlt und ich musste ihn gleich enttäuschen.
Wir brachten ihn in einen der Verhörräume und erklärten unser Erscheinen hier.
„Die beiden Herren in der Zelle neben euch. Haben sie schon irgend etwas gesagt?“ fragte ich frei raus.
„Nein, Sir, sie schweigen wie ein Grab. Aber worauf sollte ich achten, WENN sie reden sollten?“ fragte er gelangweilt und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich ihn für diese Aktion einsetzen wollte. Leider war er jedoch der einzige Mann gerade, welcher uns hier helfen konnte.
„Treffpunkte, Namen, Orte und auch Daten wären wichtig. Jahreszahlen zum Beispiel!“ erklärte ich unser Anliegen.
In Lees Augen sah ich plötzlich Berechnung, er malte sich aus, dass ihm das eine verkürzte Strafe bringen könnte, wenn er so kooperierte und Informationen liefern würde. Aber auch da musste ich ihm den Wind aus den Segeln nehmen.
„Wie lange werde ich überhaupt noch hier festgehalten? Diese Zustände sind ja nicht auszuhalten, Sir!“ fauchte er wütend und Steven neben uns gab die Antwort.
„Das wird in den nächsten Wochen festgelegt, Master Lee. Glaubt aber nicht eine Minute daran, dass ihr einen Vorteil aus eurer Hilfe für Master Mormon oder Master Kenway ziehen könnt.“ auch seine Stimme war kalt und abgeklärt.
Zumal auch nur der oberste Richter das Urteil fällen konnte und das könnte noch auf sich warten lassen.
Widerwillig hatte Charles dann doch noch zugestimmt und sich seinem Schicksal ergeben, so schien es. Daniel und ich verabschiedeten uns wieder und machten uns auf den Weg zurück. Ich bat ihn auch gleich zum Abendessen zu bleiben, als wir beim Anwesen ankamen.
„Aber ist es eurer Schwester überhaupt Recht, wenn ich sie so überfalle?“ hörte ich Daniel schüchtern fragen. Hatte er etwa Angst vor einer Rüge von Jenny? Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, weil sie anscheinend einen gewissen Eindruck hinterlassen hatte.
„Keine Sorge, Daniel, ihr seid mein Gast. Es ist ja kein privates Dinner.“ versuchte ich ihn nun zu beruhigen.
„Da habt ihr auch wieder Recht.“ man hörte förmlich die Erleichterung in seiner Stimme.
Auf der Terrasse trafen wir auf meine Familie, welche es sich mit kühlen Getränken gut gehen ließ. Wir gesellten uns dazu und ich stellte meiner Frau meinen Begleiter vor. Ich hatte es noch nicht eher geschafft, ihr von diesem Zweig zu berichten. Das holte ich nun nach und ich erntete eine hochgezogene Augenbraue.
„Ich wusste gar nicht, dass es auch noch so etwas innerhalb des Orden gibt. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen, ihr plant eine Verschwörung. Weiß eigentlich Lucius von dieser Gruppe?“ eine berechtigte Frage von Alex.
„Er weiß, dass Reginald seinerzeit einen speziellen Teil hat rekrutieren lassen, um eben abgesichert zu sein, sollte es zu Kriegen oder Katastrophen kommen. Leider hatte sich dieser Ring dann zerschlagen, nachdem…“ Daniel zögerte ein wenig. „… Master Birch von uns gegangen ist.“ er warf mir einen fragenden Blick zu, fuhr aber dann mit seiner Ausführung fort.
„In den letzten Jahren haben wir uns einfach verdeckt gehalten. Die Umstände in den letzten Monaten aber zwangen uns, wieder aktiv zu werden und ich kontaktierte auch euren Gatten diesbezüglich, Mistress Kenway. Und ich bin durchaus gewillt diese Zusammenarbeit ebenfalls anzustreben. Es braut sich etwas zusammen und nur gemeinsam können wir das drohende Unheil abwenden, wie ihr schon richtig angedeutet habt.“ schloss er seine kurze Erklärung.
„Es ist aber gut zu wissen, dass wir auf diese Unterstützung im Notfall bauen können, Master Mormon.“ in Alex Stimme klang Erleichterung mit und war durchaus nachzuvollziehen.
Mrs. Byrne trug nun das Essen auf und ich sah, wie Jenny immer wieder leicht verstohlene Blicke unserem Gast zuwarf.
Die Gespräche gingen nun in neutrale Richtungen, unter anderem auch, was Edward an Fortschritten gemacht hatte. „Nun ja, er hat diverse Tische leergeräumt, weil er sich an den Decken hochziehen wollte. Ich befürchte, bald müssen wir noch mehr auf ihn achten, wenn er erst einmal heraus gefunden hat, wie man läuft!“ lachte meine Frau und unser Sohn strahlte sie an.
Die beiden hatten eine ganz eigene Bindung, alleine schon wegen der Zeichen auf der Haut, ging es mir mal wieder durch den Kopf.
Nach dem Dessert ging es für unseren Nachwuchs ins Bett und meine Frau ging mit Sybill hinauf.
„Master Kenway, ihr könnt stolz auf euren Sohn sein. Wie alt ist er eigentlich? 1 Jahr vermute ich?“ fragte mich Daniel jetzt.
„Nein, Edward ist erst 6 Monate alt, aber ihr habt ein gutes Auge. Er sieht schon älter aus, alleine wegen seiner Größe und wenn ich es recht bedenke, auch wegen seines großen Appetits.“ und ich konnte mir ein Prusten nicht verkneifen.
Wir ließen, als meine Frau sich wieder zu uns gesetzt hatte, den Abend ausklingen und wir klärten beide Damen bezüglich dieser Untergruppierung im Orden weiter auf.
Gegen 22 Uhr verabschiedete sich Daniel und versprach Jenny, sie in den nächsten Tag für einen Spaziergang abzuholen.
„Miss Scott, ich würde mich freuen, wenn ich euch wiedersehen dürfte.“ sprach er leise mit einer tiefen Verbeugung und über das Gesicht meiner Schwester lief eine dezente Röte, welche ihr überaus gut stand.
„Master Mormon, auch ich freue mich schon darauf.“ es hörte sich fast tonlos an.
Und dann verschwand der Herr in die Nacht und wir machten uns auf ins Bett. Morgen würde ein langer Tag werden und unser Sohn ist ja auch eher ein Frühaufsteher.
Endlich bekamen wir Nachricht aus dem Gefängnis und es waren keine guten, wie ich feststellen musste. Charles hatte es tatsächlich geschafft, sich das Vertrauen der beiden Assassinen zu sichern und hatte sie ausgefragt.
Wir saßen mit ihm im Verhörraum und er erstattete uns Bericht.
„Sie planen tatsächlich einen Überfall. Warten aber noch auf zwei Oberbefehlshaber. Zum einen ist es dieser Artem Alexeeva und dann noch Eugene Avdeyev. Beide scheinen gefürchtet zu sein, weil die Herren in der Zelle meinten, sollten sie versagen, würde der Tod nur noch für sie in Frage kommen. Außerdem sprachen sie von diesen preußischen Assassinen, welche hinter euch her zu sein scheinen. Man hätte bei ihnen seltsame Gegenstände gesehen und sie würden sich eigenartig unterhalten.“ Charles sah von einem zum anderen und mir wurde bewusst, dass er gar nicht im Bilde war, was die Zeitreise von Alex anbelangte. Sollte ich ihn JETZT einweihen, oder lieber noch warten? Nein, jetzt war kein adäquater Zeitpunkt, ich würde es auf später oder vielleicht auch nie verschieben.
„Das hört sich schon mal danach an, als wäre das über eine lange Zeit geplant worden.“ grübelte Daniel laut vor sich hin.
„Und man will immer noch zwei Schwerter, welche sich im Besitz eines reichen Händlers befinden, zurückhaben. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wären sie sehr wertvoll und, verzeiht aber das klingt jetzt sicherlich verrückt, hätten auch magische Kräfte. So was lächerliches!“ prustete Charles.
Aber diese Information war Goldwert, weil wir genau das ja auch vermutet haben und Finley es ebenso angedeutet hatte. Sonst würden sie nicht in diesen schweren Truhen weitergereicht.
Lee berichtete noch, dass er in den Tagen seit die Herren neben ihm in der Zelle untergebracht waren, ein unangenehmes Gefühl hätte. „Sir, es fühlt sich eigenartig an. Es ist als würde ich halluzinieren…“ Ich würde ihn untersuchen lassen, schlug ich vor und wir verabschiedeten uns.
Draußen angekommen erzählte ich Daniel von meinem Verdacht, dass hier wieder Götter oder Isu ihre Finger mit im Spiel hätten.
„Haytham, diese Vorläufer oder auch Götter sind uns nicht immer wohlgesonnen. Hoffentlich erwartet uns nicht noch größeres Unheil. Glaubt ihr, die beiden Inhaftierten könnten im Zusammenhang mit diesen… Wesen stehen? Dass sie beeinflusst werden?“ Mormons Stimme klang leise, so als könne er etwas aufwecken.
„Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen, befürchte ich. Das Beste wird sein, wenn wir uns spätestens morgen in einem meiner leerstehenden Anwesen treffen und auch Charles mitnehmen. Dann werden wir einen Plan ausarbeiten, wie wir diese Banden ausräuchern können. Sorgt bitte dafür, dass alle Mitglieder eine Nachricht bekommen. Ich werde jetzt mit dem Richter Davies sprechen, damit ich Master Lee für morgen als Hilfe dabei haben kann.“
Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg nach Hause, ich wollte mich wenigstens noch umziehen, bevor ich beim Richter vorstellig wurde.
Meine Frau entschied, dass sie mich begleiten würde. „So kann ich den Herrn auch einmal kennenlernen, Haytham. Man weiß ja nie, wozu man mal einen obersten Richter brauchen kann.“ ich bedachte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. WAS bitte plante sie? Ich erhielt aber keine Antwort auf diese Frage.
Beim Gerichtsgebäude angekommen, ließ man uns auch gleich vor zu Richter Davies, welcher etwas überarbeitet wirkte.
„Mistress Kenway, Master Kenway! Es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen. Eure Nachricht besagte, ihr braucht Master Lee für einen Auftrag. Ist das richtig?“ dieser Mann kam gleich auf den Punkt, dass gefiel mir.
„So ist es, Richter Davies! Es wäre vermutlich auch nur für einen Nachmittag, höchstens einen Tag, danach würden wir ihn zurück bringen. Seine gerechte Strafe sollte er noch bekommen!“ erklärte ich unser Unterfangen.
„Ich hoffe, er ist nicht in Gefahr in dieser Zeit?“ diese Frage war etwas seltsam, doch ich beruhigte den Herrn vor mir und versicherte, dass er unversehrt wieder in seine Zelle kommen würde.
„Dann werde ich jetzt ein Schreiben an Mr. Sanders aufsetzen und ihr solltet morgen ohne Probleme den Gefangenen für euch beanspruchen können.“ lächelte er und begann zu schreiben.
Das ging schneller und einfacher als gedacht und kurz darauf waren wir schon wieder auf dem Weg zurück nach Hause.
„Muss das wirklich sein, Haytham?“ kam es etwas gequält von Alex. Ich konnte sie ja verstehen, hinter Gittern gefiel ihr Charles besser. Aber wir brauchten ihn, da er sich hier gut auskannte und eben auch die Gespräche belauschen konnte.
Außerdem versprach ich ihr, sie könne ihm ruhig die Leviten lesen und ihn ärgern, meine Erlaubnis hatte sie. Wenn ich ehrlich sein soll, auch ich wollte ihn noch ein wenig leiden sehen.
Heute war es dann soweit, das Treffen stand an und wir holten Charles aus seiner Zelle.
„Master Kenway, seid versichert, ich werde euch beistehen. Komme was da wolle und ich möchte mich noch einmal bedanken, dass ihr mich aus dieser schrecklichen Situation befreit habt.“ er klang so unterwürfig wie eh und je, wenn er in meiner Nähe war.
„Ihr werdet wieder dorthin kommen, Master Lee! Was dachtet ihr?“ kam es kalt von meiner Frau.
„Ich denke, das wird dann euer Gatte zu bestimmen haben! Habe ich nicht recht, Master Kenway?“ diese beiden würden keine Freunde mehr werden, ging es mir durch den Kopf. Nein, Alex hatte Recht und das tat ich jetzt kund.
„Wie ihr meint!“ hörte ich ihn zähneknirschend murren und sein Blick war hasserfüllt auf Alex gerichtet, welche sich aber nichts anmerken ließ.
Als wir bei dem noch leerstehenden Haus ankamen, war noch niemand dort. Ich schloss die Tür auf und wie aufs Kommando suchten wir mit unserem Blick das Innere ab. Ich konnte aber Entwarnung geben, hier war niemand eingedrungen, noch war jemand jetzt hier. Meine Weitsicht hatte sich verbessert und ich konnte auch im großen Umkreis Auren wahrnehmen. Immer noch war ich von dieser Fähigkeit fasziniert, muss ich gestehen.
Unten im Keller wies Alex nun Charles an, die Fackeln zu entzünden und den Tisch freizuräumen, sie bräuchte ihn für die Stadtpläne!
„Macht es selber, ich bin nicht euer Laufbursche!“ kam es kalt von ihm.
„Oh doch, das seid ihr! Und wagt es nicht, mir zu widersprechen. Ich bin euch übergeordnet. Und ihr wisst, was mit einem ungehorsamen Bruder passiert?“ diese Frage kam lauernd und in einem bedrohlichen Tonfall von meiner Frau, welcher aber Master Lee anscheinend kalt ließ.
„Wir werden ja noch sehen…“ zu mehr ließ ich ihn nicht kommen, sondern stellte mich hinter meine Frau und nickte ihm nur zu, endlich der Aufforderung nachzukommen.
Nach und nach trafen die benachrichtigten Brüder und Schwestern ein. Sie alle hatten noch mindestens 3 oder 4 Personen unter sich, welche ebenfalls heute mit auf den Plan treten würden.
„Wir haben die Nachricht erhalten, dass sich der Großteil dieser Assassinen direkt hier in der City befindet. Wir haben einige leerstehende Gebäude ausgemacht, wo sie sich aufhalten oder aufgehalten haben. Eure Aufgabe ist es nun, diesen Hinweisen nachzugehen und, ich betone es extra, ohne zu fragen kurzen Prozess mit ihnen zu machen. Wir brauchen keine Antworten mehr, man hat uns deutlich gemacht, was man von dem britischen und auch kolonialen Ritus hält. Ich bin nicht mehr gewillt, das einfach so hinzunehmen!“ erklärte ich ohne großes Vorgeplänkel.
Auf dem Stadtplan markierten wir die Gebäude, welche wir infiltrieren würden. Alle könnten wir kaum an einem Tag einnehmen, aber einen Großteil sollten wir schaffen. Charles Ortskenntnisse erwiesen sich als Goldwert und er erklärte die Begebenheiten der einzelnen Häuser, der Bewohner und so weiter.
Charles, Alex, 5 Brüder und Schwester und ich, würden das Lagerhaus, welches hier in der Nähe war, übernehmen. Man hatte Daniel berichtet, dort würden sich zwielichtige Gestalten herumtreiben. Master Mormon selber wird sich zu einem anderen Unterschlupf aufmachen und uns dann später Bericht erstatten.
Gesagt, getan. Charles wurde noch angewiesen für Munitionsnachschub zu sorgen und die Rauchbomben zu verteilen. Und wieder weigerte er sich, ihre Befehle anzunehmen.
„Ihr könnt es nicht sein lassen, Weib, oder?“ pöbelte er Alex an.
„Wenn ihr mich noch einmal so ansprecht, landet ihr schneller wieder in einer Zelle, als euch lieb ist! Und dann werde ICH eure Unterbringung veranlassen, mit meinem persönlichen Service, Charles!“ diese Worte kamen eiskalt von ihr und ich sah, wie er große Augen bekam, in meine Richtung sah und postwendend begann, seine Arbeit zu verrichten.
Ja, Alex war eiskalt wenn es darauf ankam und irgendwie beruhigte es mich auf eine gewisse Art.
Wir teilten jetzt noch die einzelnen Leute ein mit dem Hinweis, dass der Zugriff erst erfolgen sollte, wenn sie sich sicher sein konnten, dass es keine Überraschungen geben konnte. Leider würde ich ihnen diese Sicherheit auch nicht zu 100 Prozent geben können. Und nachdem alle mit den Bomben, der Munition und Anweisungen versorgt waren, machten wir uns auf den Weg, diesen Meuchelmördern auf den Zahn zu fühlen.
Das Lagerhaus, welches unter anderem Alex und ich inspizieren wollten, lag in der Nähe unseres Treffpunktes. Dort angekommen wies ich meine Frau auf die Dachluke hin, sie solle sich von dort oben schon mal einen Überblick verschaffen. In ihrem Gesicht sah ich, sie freute sich, endlich ihr Geburtstagsgeschenk nutzen zu können!
Ich selber blieb hier unten und umrundete nun das Gebäude, immer darauf bedacht im Schatten zu bleiben. Meine Brüder und Schwestern taten es mir gleich und wir konnten ein paar Wachen vorab ausschalten, ohne groß Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen!
Dann hörte ich meine Frau in meinem Kopf.
Hier oben ist niemand. Sie alle befinden sich im Inneren auf den drei verschiedenen Etagen. Strategisch gut platziert an den Fenstern und Eingängen. Im Hauptraum im Erdgeschoss befinden sich 20 Mann! Wie es aussieht, alle bis an die Zähne bewaffnet! Insgesamt müssten es um die 45 Leute sein!
So hatte ich es auch schon ausgemacht und ich dankte ihr im Stillen für den Überblick.
Ich liebe dich, Haytham. Hörte ich ihre Stimme noch und dann machten wir anderen uns auf, im Inneren aufzuräumen.
Mit einem Bruder stand ich an einem Seiteneingang und signalisierte ihm, ich ginge zuerst hinein und dass er mir Rückdeckung geben soll. Auf drei öffnete ich Tür und schlich hindurch. Niemand war gerade hier, also suchte ich vorerst Deckung hinter ein paar Kisten und versuchte weiterhin die Patrouillen zu analysieren. Sie hatten sich immer im Blick wie es schien, doch durch die Waren die hier lagerten gäbe es auch tote Winkel, welche mir nun helfen würden.
Der erste Meuchelmörder ließ nicht lange auf sich warten und fiel meiner versteckten Klingen zum Opfer, der Bruder welcher mich begleitete übernahm einen anderen Herren, welcher gerade in unsere Richtung marschierte.
Wir hielten uns möglichst am Rand und im Dunkeln, so war es uns auch möglich, die Leichen verschwinden zu lassen!
Auf der zweiten Ebene jedoch hörte ich es poltern und ein lauter Fluch war zu vernehmen! Verdammt, wir waren aufgeflogen und in sekundenschnelle hallten Alarm-Rufe durch die Lagerhalle!
Jetzt hieß es Schadensbegrenzung zu betreiben, was sich aber als schwierig darstellte, weil wir jetzt auch unsere Deckung verlassen mussten.
Gerade als ich hervorkam, trat ein breitschultriger Kerl mit Schwert auf mich zu und begann mich zu attackieren. Damit war der Kampf offiziell eröffnet und ich hatte tatsächlich so meine Mühe, ihn nicht die Oberhand gewinnen zu lassen.
Er deutete nach links an, schlug dann aber rechts zu und hätte mich fast erwischt, wenn ich meine Klingenhand nicht gehoben hätte.
Ich versuchte ihn aus dem Gleichgewicht zu bekommen und umkreiste ihn langsam. Er folgte meinen Bewegungen! Er schwang dabei sein Schwert immer, so als wolle er mir Kunststücke zeigen und mich damit ablenken. Zu spät erkannte ER, dass ich etwas ganz anderes vorhatte und zwar stürmte ich ohne eine Andeutung einfach auf ihn zu! Mein Tritt gegen sein Standbein saß und ein Aufjaulen war zu vernehmen.
„Du verdammter scheiß Templer!“ brüllte mir der Angreifer nun entgegen, auf deutsch! Er humpelte leicht, hielt sich aber. Meinen Attacken hielt er so aber nicht mehr stand und hatte Mühe, nicht die Balance zu verlieren.
Dennoch landete er einen Treffer an meinem rechten Arm und der Schnitt war auch nicht ohne. Ich sog zischend die Luft ein, konzentrierte mich aber gleich wieder auf seinen nächsten Angriff.
Es klirrte nur noch Stahl auf Stahl, weil er sich verzweifelt versuchte zu verteidigen.
Um uns herum herrschte mittlerweile Chaos und die Assassinen hatten alle Hände voll zu tun, sich gegen uns zu verteidigen.
Plötzlich vernahm ich hinter mir einen Schuss und duckte mich erschrocken. Doch er galt nicht mir, sondern einem Meuchelmörder, welcher mich feige von hinten angriff. Charles hatte ihm eine Kugel durch den Kopf gejagt und ich spürte wie mir die Blutspritzer im Nacken herunterliefen. Ich nickte schnell dankend und widmete mich wieder meinem Angreifer!
Dieser hatte in einen Kampfrhythmus gefunden und drosch nun wieder auf mich ein. Ich unterbrach diese doch recht gleichmäßigen Schläge, indem ich ihm in einem unbedachten Moment mit dem Schwert seine Halterung der versteckten Klingen auftrennte. Somit gab es eine Waffe an ihm weniger.
Und dann bekam ich eine unerwartete Chance! Er strauchelte nach hinten, weil er gegen eines der Fässer stieß und somit konnte ich ihm mein Schwert ohne Probleme in den Bauch rammen.
Ich zog es mit Schwung wieder heraus bevor er noch etwas unternehmen konnte und zog mit einem langgezogenen Streich die Klinge über seine Kehle. Röchelnd ging er zu Boden und wusste nicht, wo er sich zuerst die Hände draufdrücken sollte. Dann kippte er vorn über und starb.
Mittlerweile stieg mir Brandgeruch in die Nase und als ich hinauf sah, machte ich eine weiß-goldene Aura ganz oben aus, welche sich über eine rot leuchtende Person beugte. Alex hatte also jemanden am Leben gelassen! Hervorragend, so könnten wir diesen Assassinen befragen!
Ich eilte die Treppen hinauf und hatte mit der starken Rauchentwicklung etwas zu kämpfen, meine Augen begannen zu tränen und mein Hals schmerzte!
Auf der dritten Etage angekommen, bot sich mir ein doch recht erschreckendes Bild. Meine Frau stand mit einem Fuß auf dem linken Arm ihres Angreifers, der rechte drückte sich in seine Weichteile, während ihr Schwert im linken Arm steckte. Sie hatte ihr Gewicht darauf gestützt und blaffte ihn in einem Befehlston an, welchen man ihr einfach nicht zutrauen würde!
„Ich warte immer noch, du kleiner Stiefellecker!“ und dabei drückte sie mit ihren Absätzen noch einmal in seine Körpermitte! Ich beschloss das jetzt zu beenden, damit wir ihn gleich befragen konnten, nicht dass er erst noch ohnmächtig wurde!
„Na holla... Haytham Kenway persönlich!“ der Herr brachte diesen Satz mit einer richtigen Freude und Anerkennung über die Lippen, die ich ihm nun gar nicht zugetraut hätte. Etwas irritiert sah ich von ihm zu Alex und fragte einfach, mit wem ich das Vergnügen hätte.
Zu mehr kamen wir nicht, da ich nicht bemerkt hatte, dass Charles hinter mir aufgetaucht war mit gezückter Pistole und ohne Umschweife abdrückte! Das Gesicht des am Boden liegenden Assassinen war nur noch eine blutige Masse und war kein schöner Anblick!
Meine Frau riss ihr Schwert aus dem Arm des Toten und stürmte auf Master Lee zu!
„Ihr Idiot! Wie blöd seid ihr eigentlich? Wir hätten ihn fast…“ schrie sie ihn an, doch Alex wurde von einem Hustenreiz durch den Rauch unterbrochen!
„Mistress Kenway, zeigt ein wenig mehr Dankbarkeit, immerhin habe ich euch gerettet! Alleine...“ Das konnte nicht sein Ernst sein!
„Master Lee, WAS in Gottes Namen sollte das? Habe ich euch eigentlich überhaupt nichts gelehrt!“ schrie ich ihn an, da es mir schwer fiel ruhig zu bleiben, weil uns eine wichtige Informationsquelle jetzt fehlte. Niemand war mehr am Leben von den Meuchelmördern! Verdammt!
Master Lee sah mich völlig entgeistert an, aber ich sah auch so etwas wie Belustigung, Genugtuung darin und es schüttelte mich.
„Wäre ich nicht gewesen…“ setzte er erneut an, meine Frau ließ ihn aber nicht zu Wort kommen!
„Ihr seid doch echt zu dämlich, Charles!“ fauchte sie ihn an und wandte sich Richtung Treppe. Wir mussten uns tatsächlich beeilen, die Rauchentwicklung war immens und von draußen hörten wir wilde „FEUER!“ Rufe!
Im Erdgeschoss ließ ich noch einmal meinen Blick über die Halle gleiten, konnte aber nichts mehr ausmachen. Alle Assassinen waren unseren Klingen zum Opfer gefallen! Alex hingegen schien noch nicht zufrieden und trat kurzerhand die Tür zu dem hier liegenden Büro auf.
Ich ließ sie sich dort noch umsehen und ging schon einmal an die frische Luft. Dort konnte ich nun auch zum ersten Mal das Ausmaß unseres Kampfes sehen. Wir hatten leider eine Schwester hier verloren, welche aber schon zugedeckt auf einem bereitstehenden Karren lag und abtransportiert wurde.
Die Schaulustigen spekulierten nun, wem das Ganze gehörte, wer verantwortlich sei, wie viel Verlust hier entstanden sein muss und so weiter. Niemand schien sich über mögliche Tote Gedanken zu machen. Wie auch, sie lagen alle im Inneren!
Dann hörten wir ein lautes Krachen und der komplette obere Teil des Lagers stand in Flammen und gerade als ich hineineilen wollte, um meine Frau zu suchen, tauchte sie hustend und von Rauch umhüllt hier auf.
„Mam, geht es euch gut, braucht ihr Hilfe?“ fragte ein umstehender besorgter Herr. Ich erklärte ihm, dass dieses Gebäude der Familie meiner Frau gehöre und der Verlust nie wieder wettzumachen sei. Diese Aussage reichte ihm und er verschwand etwas mitleidig dreinschauend in der Menschenmenge.
„Wir sollten hier einfach verschwinden, es gibt hier nichts weiter. Ich habe ein paar Sachen aus dem Büro retten können, doch es wird etwas dauern, bis ich das Handy entsperrt habe.“ kam es krächzend von meiner Frau und wir machten uns umgehend auf den Weg.
Es dauerte nicht lange nach unserer Ankunft, als Alex Charles anwies Getränke zu holen, sie würde verdursten und er wolle ja wohl nicht, dass sein Großmeister ebenfalls verdurstet! DAS hatte gesessen und wieder hatte sie diesen mehr als dominanten Tonfall angenommen! Und in ihrem Geist sah ich, wie sie ihn vor sich kriechen sah auf der Plantage! Meine Frau hatte eine sehr, nun ja, verdorbene Fantasie, wenn auch reizvoll muss ich gestehen!
Doch das interessierte Lee in keinster Weise!
„Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt, Weib!“ funkelte er sie nur an und dann stand Alex mit gezückter Klinge vor ihm!
„Hatte ich euch nicht gesagt, ihr sollt mich nicht so betiteln?“ bevor sie jedoch zustechen konnte und sie hätte es getan, ging ich dazwischen und fuhr Charles an, dem ganzen nun Folge zu leisten!
„Ich will ihn leiden sehen, Haytham!“ kam es bedrohlich aus ihrem Mund. Aber ich musste ihr noch einmal eindringlich erklären, dass Master Lee vorerst noch in britischer Gefangenschaft war und nicht Vogelfrei!
„Wenn ich dir sage, dass er…“ bevor sie jedoch noch etwas sagen konnte, hatte ich meine Hand auf ihrem Mund und… bereute es sofort! Ich konnte ihre Angst fühlen, die Bilder, welche ich mit meiner unbedachten Geste hervorgerufen hatte, sehen! Die Katakomben, die Vergewaltigung! Verdammt! Ich versuchte mich zu entschuldigen, aber Alex ging einen Schritt von mir weg.
„Ich werde die Notizbücher jetzt durchsehen und schauen, ob ich das Handy entsperren kann. Vermutlich ist es nicht so einfach, wie mit der Kiste bei meinem Ex damals.“ ihre Stimme zitterte, sie versuchte einen professionellen Eindruck zu machen, doch es gelang ihr nur kurz und die erwünschte Ablenkung blieb aus. Ich sah nur noch, wie Alex das Gesicht verzog und sich direkt vor sich erbrach.
Das wollte ich nicht, ich wollte nicht diese Nacht wieder heraufbeschwören!
Mi sol, es tut mir leid. Ich wollte nicht... verdammt! Verzeih mir, bitte. Es war unbedacht von mir! Versuchte ich eine stille Erklärung, welche aber vermutlich nicht reichen würde.
Damit werde ich wohl leben müssen, mach dir keine Vorwürfe. Hauptsache, DU bist dann bei mir. Mehr will ich nicht, mi amor! Leider hatte sie Recht!
Plötzlich wurden wir von einem seltsamen Vibrieren abgelenkt, welches aus der Tasche auf dem Tisch mit den Karten kam.
Kapitel 75
*** Noch mehr Ungereimtheiten! ***
Wie selbstverständlich ging meine Frau darauf zu und zog diesen schwarzen Kasten heraus, welchen sie mir ja schon gezeigt hatte. Es war eines dieser Handys aus ihrer Zeit. Aber auch in ihrem Gesicht spiegelte sich plötzlich die Frage wieder, wie das Gerät hier so funktionieren konnte.
Eine Erklärung würde ich sicherlich später bekommen und wandte mich an die anderen Brüder und Schwestern.
Wir besprachen jetzt diesen Abend und was wir für Schlüsse daraus ziehen konnten. Allen war aber bewusst, dass wir auf die anderen Ordensmitglieder warten mussten, um detailliert alles analysieren zu können!
Charles wurde dazu verdonnert, die Sauerei wegzumachen und verschwand in der Küche um Eimer und Lappen zu holen. Mit Erschrecken hatte ich gesehen, wie sein Blick amüsiert auf meiner Frau ruhte! In mir breitete sich immer mehr eine gewisse Abneigung ihm gegenüber aus.
Mein Kind, du musst nur an unsere Sache glauben. Du weißt jetzt, was deine Bestimmung ist und wer dir treu zur Seite stehen wird. Diese Fraktion der deutsch-russischen Assassinen haben mit unserem Tun nichts mehr gemein. Sie dürfen nicht an die Schwerter kommen! Und was noch viel wichtiger ist, bedenke die Suche nach dem Edenapfel von Idun. Du wirst ihn brauchen! Vernahm ich plötzlich Odins Stimme in meinem Kopf, konnte aber diese Aussage nicht zuordnen.
Ich hatte mich über die weiteren Brüder und Schwestern unterhalten und wir hatten uns einige Aufzeichnungen angesehen. Aber hauptsächlich waren es Lieferlisten und Bestellungen. Nichts, was uns so spontan hätte weiterbringen können!
Alex klammerte sich an die Tischkante und ihr Gesicht war weiß geworden. Daher beschloss ich, dass wir uns nun auf den Weg nach Hause machen sollten, weil wir im Grunde noch auf die anderen hätten warten müssen. Sie würden in den kommenden Tagen dann vorstellig werden. Wir hofften alle, dass wenigstens eine der Gruppen Licht ins Dunkle bringen konnte!
Mit einer Verabschiedung und der Einteilung von einer 4er Wache, welche hier blieb über Nacht für Notfälle, gingen wir hinauf!
Auf meine Frage, warum Odin gerade jetzt auf den Edenapfel von Idun zu sprechen kam, sah sie mich verdutzt an.
„Oh, ich vergesse immer, dass du es ja auch hörst. Ganz ehrlich? Ich habe gerade keine Ahnung, eigentlich hatte ich dieses Artefakt ja schon und es ist in meiner Truhe…“ abrupt verstummte sie und ich sah nur kurz den Namen Zoe in ihrem Geiste erscheinen.
Erwähne diesen Namen nicht mehr! Sie wurde von anderen Menschen fehlgeleitet und hinterging mich! Sie hat mit ihren Leuten versucht an diesen Gegenstand zu kommen und sie ist im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gegangen! Dennoch ist es nicht der „richtige“ Apfel, welcher sich in deinem Besitz befindet. Diese Worte kamen wutentbrannt von dem nordischen Gott.
Aber wo soll ich mit der Suche beginnen? Ich habe überhaupt keinen Anhaltspunkt! Fragte meine Frau etwas zögerlich und bekam als Antwort, dass sie ja wohl die Geschichte um die Hüterin der goldenen Äpfel sehr wohl kannte! Du meine Güte, Odin war wirklich in Rage!
Plötzlich hörte ich ein lautes „Verdammte Scheiße!“ von ihr und sah sie tadelnd an! Aber ich konnte sie ja verstehen, immer gab es kryptische Hinweise, Anweisungen und Berichte.
„Entschuldige, aber ist doch wahr! Warum muss man immer so kryptisch mit mir reden? Wie wärs mit einer klaren Ansage, die kommt immer gut an!“ Alex war in ihre alte Art verfallen, ohne auf ihre Aussprache zu achten!
Auch Charles entging das nicht und er sah sie mit großen Augen an!
„Haltet einfach euren Mund und geht weiter.“ sagte meine Frau aufgebracht und ging die Stufen weiter hinauf!
„Verzeiht meine Frage, Master Kenway, aber wo werde ich nächtigen?“ Hatte Charles uns vorhin nicht zugehört?
„Ihr werdet wieder in eure Zelle gebracht. Was dachtet ihr denn, Master Lee? Eure Strafe ist noch längst nicht verbüßt! Wir werden sicherlich wieder auf euch zurückkommen. Verlasst euch darauf!“ Gab ich als kurze Erläuterung und er nickte zähneknirschend.
Man hatte ihm schon ausgeredet sich auf eine vorzeitige Beendigung seiner Haft zu freuen, sollte er uns helfen.
Als wir ihn im Gefängnis zu seiner Zelle brachten, huschte ein breites Grinsen über Alex´ Gesicht und sie wandte sich gut gelaunt, wie es schien, um und ging hinaus.
Auf dem Weg zum Anwesen teilte ich meine Beobachtung mit ihr.
„Manchmal braucht es nur Kleinigkeiten um mich zum Lächeln zu bringen. In diesem Falle war es ein hinter Gittern hockender Lee!“ Diese Frau konnte wirklich sehr, sehr böse sein! Zumal ich auch gerade ihre weiterführenden Gedanken hinsichtlich eines angeketteten Lees lesen konnte. Das gefiel mir irgendwie.
Zuhause sah ich, dass noch Licht im Salon brannte. Zu dieser späten Stunde eher ungewöhnlich und ich zitierte die Wachen zu mir. Sie sollten nachsehen! Kurz darauf gaben sie Entwarnung, es war nur meine Schwester, welche noch im Salon saß und ein Buch las. Vermutlich hatte sie auf uns gewartet.
Wir rissen sie förmlich von ihrer Lektüre weg und erschrocken presste sie eine Hand aufs Herz.
Beruhigend legte ich meine Hand auf ihre Schulter, wir wollten sie nicht erschrecken.
„Ich weiß nicht, aber die ganzen Ereignisse lassen mich im Moment nicht wirklich schlafen. Da dachte ich, kann ich auch einfach meinen Geist in ferne Welten reisen lassen!“ grinste sie, legte aber das Buch beiseite. „Jetzt wo ihr wieder zurück seid, werde ich aber ins Bett gehen. Und... wie seht ihr denn aus? Wo ward ihr... und warum umgibt euch der Geruch von Rauch?“ Alex übernahm die Erklärung und ich holte mir den Bericht der hiergebliebenen Wachen ein.
Ich war vor meiner Frau fertig, dank Michael, welcher auch gleich meine Montur zum Waschen mitnahm. Ich grübelte über diese Assassinen nach, es waren wieder welche aus Alex´ Zeit. Wie konnten wir sie dieses mal stoppen, war es uns überhaupt möglich, oder hatten sie einen Weg ohne Artefakte gefunden? So in meine Gedanken versunken bekam ich nicht gleich mit, dass Alex sich an mich lehnte!
Auf ihre Frage, worüber ich grübelte, gab ich meine Gedanken preis.
„Ich werde mir morgen in Ruhe noch einmal die Aufzeichnungen und Notizen ansehen und dann versuchen, dass Handy zu entsperren!“ ich wäre gerne dabei und fragte, ob es ihr etwas ausmachen würde, mich dabei zu haben.
„Natürlich darfst du, meinetwegen kann auch unser Sohn dabei sein. Es ist ja kein Zaubertrick bei dem etwas explodieren könnte!“ lachte sie leise und schlang Arm und Bein um mich.
Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und meinte, ich würde hier bleiben und ihr nicht davonlaufen! Ihre Ruhe übertrug sich auf mich und ich konnte in einen ruhigen Schlaf finden!
Ich wurde von einem „Papa“ geweckt und musste mich erst einmal orientieren, normalerweise war das Erste was unser Sohn von sich gab ein lautes brüllendes „Mamaaaaaaaaa“. Vorsichtig stand ich auf, weil Alex anscheinend noch nichts bemerkt hatte. Edward streckte mir die Arme entgegen und ich nahm ihn mit ins Bett.
Dort unterhielt ich mich flüsternd mit ihm und sagte, er solle leise sein, da seine Mutter noch schlief. Das hatte den gleichen Effekt, als würde ich es einem Stein erklären. Edwards Blick ging zu seiner Mutter, er befreite sich von mir, kuschelte sich an sie und ein lautes „Mamaaaaaaaaa“ weckte Alex dann auch endlich.
Ihre Arme schlangen sich um ihn und er bekam einen Kuss auf seinen dunklen Haarschopf. Ich ließ es mir nicht nehmen und stichelte ein wenig. „Na endlich! Wir dachten schon, du wolltest den ganzen Tag verschlafen. Stimmt es nicht, Edward?“
Wir Herren erhielten einen entrüsteten Blick, welcher uns jedoch kalt ließ!
„Ich bin ja wach und ich stehe auch gleich auf.“ mürrische Worte aus dem noch nicht koffeinierten Mund meiner Frau.
Ich beschloss, dass ich mich und Edward schon mal ankleiden würde, oder besser ankleiden lassen würde, damit Alex langsam wach werden könne.
Ich war noch nicht ganz aus dem Bett, da hörte ich ihre Gedanken… ich nur mit einem Handtuch bekleidet… Oberkörperfrei und ich konnte regelrecht die Röte fühlen, welche in ihre Wangen trat!
„Ich kann dich denken hören, mi sol! Hol deine Gedanken aus der Gosse“ ermahnte ich sie lachend und ebenso meinen Sohn nicht so wie seine Mutter zu werden, mit solch unanständigen Gedanken!
„Ich kann dich hören, mi amor. Taub bin ich noch nicht!“ kam es trocken ihrerseits und in dem Moment erschien auch schon Sybill, welche Edward übernahm.
Nach dem Frühstück zogen wir uns ins Arbeitszimmer meines Vaters zurück und ich war sehr gespannt, wie man etwas auf diesem Handy erkennen konnte.
Alex öffnete ihre gesicherte Truhe und fischte ein paar Schnüre daraus hervor und ihr eigenes Handy, legte beides vor sich auf den Schreibtisch. Das eine Ende der Schnur steckte sie in ihr Gerät und die andere Seite kam in das sichergestellte Ding.
Ihr Gedanke, ob ich nicht mit meinem Blick eine Art Zahlencode sehen könne, war gar nicht so abwegig. Also versuchte ich es, aber sah nichts außergewöhnliches. Ihre weißgoldene Aura und Edwards blaugoldene Erscheinung nahm ich wahr. Etwas enttäuscht darüber begann meine Frau Knöpfe zu drücken und es dauerte nicht lange, da leuchtete das fremde Gerät auf und ein komisches Geräusch war zu hören.
Edward bekam immer größere Augen und konnte kaum noch stillsitzen!
Mich würde brennend interessieren was er so sah, wenn er wie gebannt auf seine Mutter starrte, doch leider konnten wir noch mit keiner Antwort rechnen.
„Es ist immer noch faszinierend zu sehen, wie ähnlich ihr euch seid, Haytham.“ meinte Alex mit einem Male leise und ich sah die Tränen in ihren Augen.
Wie aufs Stichwort zog sich mein Sohn an meinem Halstuch hoch und dann stand er auf meinen Oberschenkeln! Ich ließ ihn kurz los, aber er stand, wenn auch etwas wackelig alleine!
„Ich glaube, wir sollten jetzt hier im Haushalt alles an Tischwäsche wegräumen, Haytham!“ mir erschloss sich nicht, warum Jenny das tun sollte. Alex´ Erklärung war aber einleuchtend, Edward würde sich überall versuchen hochzuziehen. Sprich, er würde alles herunterreißen und die guten Kristallvasen und Figuren meiner Schwester sollten noch etwas länger erhalten bleiben!
Meine Frau schien aus Erfahrung zu sprechen!
Ich ging um den Schreibtisch und stellte mich neben Alex um besser sehen zu können, was sie dort machte.
Sie tippte auf dem Ding herum und plötzlich tauchten Bilder auf, die wie echt aussahen. Sie hatte mir während unserer Überfahrt damals nach New York ihr Handy nähergebracht. Dieses hier waren ebensolche Momentaufnahmen, aber von völlig fremden Personen. Einige erkannte ich wieder, weil sie in der Asche des herunter gebrannten Lagerhauses lagen!
Abrupt hielt sie inne und starrte auf ein Bild, auf welchem ein Herr einen leuchtenden runden Gegenstand hochhielt! Auf einer anderen Aufnahme sah man ihn und den Apfel genauer, sogar Zeichen konnte man erkennen! Leider kannte ich mich mit Runen nicht aus, doch ich glaube mich zu erinnern, dort eine Sonne gesehen zu haben.
Alex sprang auf und holte aus ihrer Truhe den Kasten mit dem Artefakt, welches sie in der Neujahrsnacht nach unserer inoffiziellen Hochzeit vor sich stehen hatte!
Es sah anders aus und ihr Blick war enttäuscht, als er leicht zu leuchten begann. „Haytham, das hier ist wirklich nicht der richtige Gegenstand. Verdammt, ich habe damals nicht mehr auf die Zeichen darauf geachtet. Was, wenn doch jemand diesen hier nachträglich ausgetauscht hat? Aber wie sollte dieser jemand die Truhe geöffnet haben, dass geht nur über meinen Fingerabdruck oder eben noch Yannicks.“
Jetzt waren wir beide etwas verunsichert. Niemand hätte diese Truhe öffnen könne, weder in Virginia noch im Fort Arsenal und auf der Jackdaw stand sie in der Kajüte! Hatte doch jemand diese Schlösser knacken können?
Mir ging der Überfall auf das Fort aber noch einmal durch den Kopf…
„Genau den. Aber dann müssten diese Leute schon länger hier in dieser Zeit sein und uns im Auge gehabt haben. Der Typ auf der oberen Etage im Lagerhaus, war nicht wirklich überrascht mich zu sehen. Er meinte nur, es wäre eine Ehre, dass gerade ER gegen mich kämpfen dürfte. Leider kann ich ihn nicht mehr befragen! Ich könnte gerade Charles erwürgen, weißt du das Haytham?“ hörte ich ihre wütende aufbrausende Stimme, auch ich war gerade mehr als ungehalten!
Unser Sohn riss uns aus diesen Überlegungen, weil er mit zitternden Lippen seine Mutter ansah.
„Schätzchen, keine Angst. Mommy ist nicht böse auf DICH, sondern auf jemand ganz anderen.“ ihr Lächeln war wie ausgewechselt, was mich immer noch faszinierte, wie schnell sie umschalten konnte, wenn es um ihre Kinder ging!
Plötzlich griff Edward nach dem Ball in Alex´ Hand und das Zimmer schien um uns herum zu verschwinden. Wir waren von schwarzem Nebel und einem stetigen Leuchten umgeben!
„Alex, wo sind wir und was machen wir hier?“ fragte ich etwas verwirrt.
„Das wüsste ich auch gerne!“ war alles, was sie sagte und wir sahen, wie ihre und Edwards Haut begann die Zeichen zu bilden! Er begann zu schrill zu schreien, weil es ihm anscheinend auch nicht geheuer war und meine Frau nahm ihm den Ball aus der Hand.
Dann verschwand dieses Leuchten und wir waren wieder im Arbeitszimmer. Mein Sohn klammerte sich an mich und ich versuchte ihn zu beruhigen!
„Haytham, hast du etwas erkennen können? Ich meine, auf dem Apfel oder unserer Haut?“ fragte sie mich zögerlich, doch ich musste in mich gehen und mir die Bilder nochmal ins Gedächtnis rufen.
„Ein paar Dinge habe ich erkannt, ja. Eigentlich war es, als stünde man in einem ägyptischen Grab und sähe auf Hieroglyphen. Dass allsehende Auge war da, einige Zeilen in hebräisch und kyrillisch und die Runen, welche du mir bereits gezeigt hast, konnte ich auch erkennen. Eine Sonne war aber nicht dabei, doch kann es nicht auch sein, dass wir dazu nicht den Apfel brauchen, sondern deine Tätowierung?“ Mich interessierte es seit geraumer Zeit, was es mit diesem Sonnensymbol wirklich auf sich hatte.
Nicht ohne Grund hatte meine Frau es bekommen! Welcher Gott steckte dahinter?
„Oder wir nehmen die Kette, welche ich dem Kapitän der Iron Duke abgenommen habe!“ hörte ich ihre etwas gedankenverlorenen Worte.
Auch mir ging dieser Moment durch den Kopf, nachdem sie den Kapitän der „Iron Duke“ niedergestreckt hatte, nahm sie ein Schmuckstück von ihm und steckte es in ihre Manteltasche. WAS es war, hatte ich nicht gesehen und wenn ich ehrlich bin, ich hatte auch nicht mehr daran gedacht!
Wir beide nahmen wahr, dass es unserem Sohn langweilig wurde und ich brachte ihn hinunter zu seinem Kindermädchen mit dem Versprechen, sein Lieblingspferd zu suchen, damit wir hier noch die Unterlagen weiter durchforsten konnten.
Alex hingegen machte sich auf in unser Zimmer.
Als ich ins Ankleidezimmer trat, sah ich sie völlig abwesend auf diese Kette in ihrer Hand starren. Geistesgegenwärtig ließ ich meinen Blick über sie gleiten und sie war leuchtend ROT!
Endlich schenkst du mir Beachtung! Warum hat das so lange gedauert, Kind? Ertönte eine herrische männliche Stimme in meinem Kopf, jedoch kam sie mir nicht bekannt vor und die Worte richteten sich auch nicht an mich.
Ich wusste doch nicht, was ich mit dem Symbol anfangen sollte! Hörte ich noch Alex´ etwas verzweifelte Stimme und dann verschwand dieses rote Leuchten.
„Du machst mir Angst, wenn du mich so ansiehst! Was ist los?“ Das war nicht meine Absicht, also erklärte ich meiner Frau, was ich gerade gesehen hatte.
„Ich verstehe das nicht! Ich habe wieder eine Stimme gehört, als ich die Kette an mich genommen habe. Sie war männlich, erkennen konnte ich sie aber nicht. Ich weiß nicht, zu wem sie gehört.“ sie sprach das aus, was ich dachte.
Noch einmal versicherte ich ihr, dass ich ihr Bescheid gebe, sollte sie wieder eine bedrohliche Aura aufweisen. Und wir waren uns einig, dass wir eigentlich nicht noch mehr Götter an unserer Seite haben wollten und vielleicht auch gar nicht benötigten!
Wir gingen zurück zum ehemaligen Studierzimmer. „Wir müssen zum einen nach diesem anderen Edenapfel suchen und dann auch herausfinden, ob der Armreif zum Reisen hier ist!“ erläuterte Alex mir nun ihren sehr lockeren Plan. Also machten wir uns ans Werk.
Während wir nun diese ganzen Notizen weiter durchsahen, fragte sie plötzlich „Welcher Gott könnte mit der Sonne zu tun haben, außer Idun, welche ja für die Erneuerung zuständig ist?“
Da gab es so einige und ich dachte an meinen Unterricht von damals zurück, in welchem mir der alte Mr Fayling über die vielen Mythologien berichtete. „Apollon zum Beispiel und es gibt Re, den ägyptischen Gott der Sonne.“
Und einen habt ihr völlig übersehen. Meinen Sohn, welchen Loki auf dem Gewissen hat! Dieses Mal spürte ich selber diese immense Kraft in der Stimme und mich durchfuhr ein Schauer! Odin verlieh seinen Worten anscheinend immer einen gewissen Nachdruck, damit man sie ja nicht vergisst!
„Das ist es, aber warum hat er mich dann nicht schon früher darauf aufmerksam gemacht? Warum jetzt erst?“ Alex Stimme klang völlig begeistert, so als hätte sie gerade die Lösung aller Probleme gefunden!
Sie selber hatte keinen Gedanken mehr an die Kette, an die einzelnen nordischen Götter verschwendet, was einfach unserem Leben geschuldet war. Doch nun konnten wir hier ansetzen und gemeinsam suchten wir die Regale ab. Erstaunlicherweise hatte meine große Schwester so einige interessante Werke wieder in ihren Besitz gebracht.
Auch ich hatte ein wenig dazu beigetragen, muss ich mit ein wenig schüchternem Stolz ergänzen!
Und dann wurde ich auch schon fündig!
******************
In Alex´ Gesicht erschien die Erkenntnis, dass sie dieser Mythologie in den letzten Monaten nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Zumal wir mittlerweile auch noch mit anderen Gottheiten in Berührung gekommen waren! Thot und Mars zum Beispiel!
Wieder einmal meldete sich der Göttervater und holte mich so aus meinen Gedanken!
Du bist nicht die einzige Person, welche von ihm gekennzeichnet wurde. Es gibt noch viele von euch, jedoch bedenke, nicht jeder ist dir wohlgesonnen. Aber ihr alle besitzt die Fähigkeit, andere zu reinigen, seien es ihre Gedanken oder wenn es etwa eine Krankheit ist. Ihr könnt ihnen ihr Leid nehmen und erhellt im wahrsten Sinne des Wortes, das Leben und den Geist dieser Person. Du wirst die anderen erkennen können, euch allen eilt eine gewisse Wärme voraus!
Selbst mir lief ein Schauer bei dieser Erklärung über den Rücken, weil man jetzt mit noch mehr Aufmerksamkeit seine Gegner oder einfach sein Gegenüber betrachten würde! Es wurde immer obskurer und wunderlicher, doch wir würden uns damit arrangieren müssen, es führte kein Weg daran vorbei.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Alex schwankend an den Schreibtisch geklammert dastand. Kurzerhand schob ich sie auf eines der Sofas und reichte ihr, auch gegen meinen Vorsatz, ein Glas mit etwas Hochprozentigen. Einfach nur, damit sie nicht umkippte!
„Schon vor dem Mittag trinken?“ ich hätte mir diesen Satz von ihr denken können! Meine Frau kannte mich mittlerweile zu gut!
Mir ging aber die Frage durch den Kopf, ob sie nun in der Lage sei, eine Art Gehirnwäsche bei ihren Gegnern oder, wenn auch eher abwegig, bei den Verbündeten vornehmen könne? Konnte sie sich die Menschen jetzt so zurecht biegen, dass sie ihr gehorchten? Ein etwas unheimlicher Gedanke, wenn ich ehrlich sein darf. Oder ging es nur um die Personen, welche ebenso von Balder gekennzeichnet worden waren?
„So ähnlich wird es wohl sein, Haytham. Ich habe ja selber noch keine Ahnung, WIE das alles funktionieren soll oder kann. Ich fühle mich gerade wie in meine Schulzeit versetzt, weißt du das? Seit Wochen lerne ich immer dazu und es scheint kein Ende zu nehmen!“ Im Grunde hatte ich das schon seit ihrer Ankunft immer wieder betont. Sie und jetzt auch ich, lernten weiter dazu!
Fürs Erste beließen wir es jetzt aber dabei und gingen zum Mittag hinunter. Im Esszimmer stand ich für einen Moment nur kopfschüttelnd in der Tür und betrachtete Edward. Wir mussten dringend an seinen Tischmanieren arbeiten, nicht nur er sondern auch seine Tante war mit Essen übersät!
Danach ging es für ihn ins Bett und meine Frau folgte nach oben, um sich umzuziehen. Ich selber brauchte nur meinen Gehrock, die Waffen lagerten hier unten im Keller.
Gerade als ich wieder in der Eingangshalle erschien, kam mein Kammerdiener zögerlich auf mich zu.
„Master Kenway, auf ein Wort?“ fragte er leise und sah sich die ganze Zeit dabei verschwörerisch um. Er wollte hoffentlich nicht kündigen!, schoss es mir durch den Kopf. Ich ermutigte ihn mit einem Nicken und er fuhr fort.
„Ich… also es ist so, Sir. Wie ihr… und eure Gattin sicherlich auch, bemerkt haben werdet… Magda… sie ist… wir sind…“ und in diesem Moment dämmerte es mir! Er wollte meinen damals in Bristol bereits gehegten Wunsch, sie zu ehelichen, in die Tat umsetzen! Ich ließ ihn noch zappeln und Michael versuchte sich weiter zu erklären.
„Sie ist einfach eine wunderbare Frau und… ich würde sie gerne… ihr versteht, Sir?“ in seinen Augen lag diese Bitte, dass ich einfach meinen Segen geben würde!
„Michael, natürlich begrüße ich euren Wunsch, Magda zu heiraten! In Bristol habt ihr gemerkt, dass es auf Dauer nicht angebracht ist, unverheiratet ein Zimmer zu teilen. Meinen Segen habt ihr und ich gebe mein Wort, dass auch meine Gattin dem zustimmen wird.“ damit klopfte ich ihm auf die Schulter!
Beizeiten sollte ich ihm dann bei dem Verlobungsring zur Hand gehen, für mich war es einfach ein Geschenk für die beiden!
Gerade als Alex die Stufen herunterkam, sagte ich noch „Passt nur gut auf sie auf, Michael. Es wäre nämlich schön, wenn ihr uns beide noch länger erhalten bleibt.“ damit sprach ich auch für meine Frau, weil Magda ihr wirklich ans Herz gewachsen war!
Erleichtert seufzte er „Das werde ich, Master Kenway!“ und ging mit einer tiefen Verbeugung in Richtung meiner Frau von dannen!
Ich erklärte Alex unser Gespräch kurz. „Das ist aber doch fantastisch, oder? Weiß Magda schon von ihrem Glück? Auch wenn es noch recht früh ist, die beiden kennen sich ja noch gar nicht so lange.“ Ich musste sie in diesem Falle belehren!
„Alex, die Zeit die man sich kennt, sagt nichts über Gefühle aus. Und wenn ich ehrlich bin, ich hätte dich auch schon früher geheiratet. Theoretisch kannten wir uns auch nicht viel länger, als ich dich bat meine Frau zu werden, oder?“ ich sah sie fragend an und griff um ihre Hüfte.
„Nein, das stimmt wohl, mi amor. Und ich muss gestehen, ich hätte wahrscheinlich auch früher schon JA gesagt!“ Ihre weichen Lippen auf meinen zeigten mir, dass wir richtig gehandelt hatten!
„Ich weiß, mi sol!“ meinte ich leise und wieder einmal musste dieser intime Moment einfach unseren Pflichten weichen.
Wir machten uns nun mit den Wachen auf den Weg und die ganze Zeit hatte ich dieses ungute Gefühl beobachtet zu werden. Es dauerte nicht lange und Alex fragte mich, ob ich es auch spürte.
Wir hatten beide die Reiter hinter uns wahrgenommen, welche uns verfolgten! Eine abgelegene Gasse kam uns gerade recht und wir ließen den Kutscher dahin abbiegen und prompt folgten sie uns.
Wir stiegen aus, während unsere Wachen bereits in Kampfstellung gegangen waren.
„Wie schön, dass wir gleich die Eheleute Kenway gemeinsam antreffen, dann können wir schneller wieder nach Hause, als gedacht!“ höhnte einer der Verfolger und grinste breit! Die nächsten Sekunden waren etwas seltsam, da ich mit einer Waffe konfrontiert wurde, welche ich nur ein einziges Mal gesehen hatte. Bei der Hinrichtung von Zoe, meine kleine Schwester hatte sie geführt. Es war, laut meiner Frau, eine Glock aus ihrer Zeit.
„Nur schade, dass ihr diesen Tag nicht überleben werdet, Gentlemen.“ hörte ich sie noch sagen und im Grunde hatte sie auch Recht, sie waren uns zahlentechnisch definitiv unterlegen!
„Wir werden schon überleben, keine Sorge!“ hörte ich den Assassinen vor uns lachen und er drückte ab! Alex taumelte zurück und griff sich an die Brust! Er hatte sie getroffen… doch sie blutete nicht, die Kugel fiel vor ihre Füße! Ich konnte meinen Blick nicht von diesem Spektakel lassen! Wie war das möglich?
„Verdammte Hexe! Wie habt ihr das gemacht?“ riss mich dieser andere Meuchelmörder aus meinen Gedanken und wer konnte es ihm verübeln? Niemand würde DAS überleben, aber ich konnte ihm versichern, dass meine Frau keine Hexe war! Sie war ein wenig anders und speziell, aber definitiv keine Hexe!
„Das werde ich euch nicht verraten, sonst wäre es ja kein Geheimnis mehr, oder?“ doch dieses Lachen von Alex ließ mich erschauern!
„Ach was, du hast ne Schusssichere Weste drunter, oder? Das ist keine Hexerei, dass ist reiner Überlebensinstinkt!“ schrie der, wie ich jetzt annehmen musste, Zukunfts-Assassine meine Frau an und wollte schon nach ihrem Gehrock greifen! Soweit kommt es noch!
Ich drohte damit, wenn er noch einmal meine Frau anfasst, dass er sich von seinen Fingern verabschieden kann und strich mit der Breitseite meines Schwertes mit Schwung über seine gierigen Fingern!
„Ihr hättet mir fast die Finger abgetrennt, Hurensohn!“ bevor ich reagieren konnte, hatte Alex ihre Schwertschneide an seinem Hals mit den Worten, er solle gefälligst mehr Respekt haben!
Ich stand jetzt hinter ihm, den anderen Meuchelmörder belagerten die Wachen. Auf Alex Bitte, dass sie jetzt Antworten haben wollte, aus welchem Jahr die Herrschaften kamen, bekam sie eine plumpe Gegenfrage. Ob sie wieder nach Hause wolle, weil es hier doch nicht nach ihren Wünschen liefe. Diese Antwort war so dermaßen triefend von Selbstgefälligkeit und Selbstüberschätzung, dass es auch Alex zu viel wurde!
„Nein, wenn dort solche Arschlöcher rumlaufen, bleib ich lieber hier und habe meine Ruhe, nachdem ich euch unter die Erde gebracht habe!“ und dann verschwand meine Frau regelrecht und wir standen um die beiden herum.
Sie starrte den Assassinen in Grund und Boden, welcher aber zitternd immer weiter auf die Knie sank. WAS tat sie bitte gerade?
Aber ich hatte keine Zeit sie weiter dabei zu beobachten, weil plötzlich ein gefühltes Dutzend weiterer Assassinen um die Ecke kamen. Alle mit bereits gezückten Waffen, sie mussten ihren Kumpanen gefolgt sein und entsprechende Anweisung bekommen haben, ihnen zur Seite zu stehen!
Jetzt hieß es schlicht Mann gegen Mann oder besser Templer gegen Assassinen. Wollten wir nicht eigentlich solche Machtkämpfe verhindern? Warum aber waren diese Zukunfts-Assassinen so außer sich?
Ich hoffte im Stillen, dass ich darauf noch eine Antwort bekam, wenn nicht heute, dann in den nächsten Tagen!
Sie griffen uns mit Schwertern an. Ihrem Kampfstil nach zu urteilen, war schnell auszumachen, wer nicht aus meiner Zeit stammte! Somit hatte ich schnell leichtes Spiel mit zwei der Angreifer, welche kaum ihre Waffe richtig halten konnten. Meine versteckte Klinge in Verbindung mit meinem Kurzschwert brachte ihnen in kürzester Zeit den Tod und es war, wenn ich es recht bedachte, eine eher langweilige Auseinandersetzung.
Ich sah kurz zur Seite und bemerkte, dass Alex ihr Opfer anstarrte, welches vor ihr Blutüberströmt auf den Steinen lag! War sie das gewesen?
Alex ging in die Offensive, als sie bemerkte, dass hier etwas nicht ganz koscher verlief. Ihre Hilfe war in diesem Moment Goldwert und ich dankte ihr im Stillen, dass sie wieder im Hier und Jetzt war.
Es dauerte auch nicht lange, da wurde sie von einer Frau belagert, welche sich versuchte gegen sie zur Wehr zu setzen. Leider musste ich mich selber gegen weitere Feinde verteidigen und bekam nichts weiter von diesem Schlagabtausch mit.
Alles in Allem war der Kampf aber recht schnell beendet, da wir anscheinend besser vorbereitet waren und somit auch ein wenig überlegener waren. Was aber dem Kampfgeist einiger Assassinen keinen Abbruch tat, musste ich mit Anerkennung zugeben.
Wir schafften es dennoch, sie zurückzuschlagen und einen nach dem anderen auszuschalten. Etwas erschöpft sahen mich die Wachen an.
Ein Stück entfernt von mir kniete Alex über einer blonden Frau und hielt ihr ihre Schwertschneide an die Kehle. Langsam trat ich auf die beiden zu.
„Wir brauchten keine Artefakte zum hinüber reisen, du dummes Stück. In der Höhle auf Anticosti besteht seit Jahren ein Tor, welches in diese Zeit führt. Also haben wir es einfach genutzt, damit du deine Pläne nicht weiter umsetzen kannst. Schon gar nicht die Rettung von diesem Kenway!“ hörte ich die Dame abfällig sagen und wieder einmal kam die Frage in mir auf, WAS man über mich in der Zukunft berichtete. Auch meine Frau hatte mich nie darüber wirklich aufgeklärt und vielleicht war es auch besser so.
Ich brachte mühsam, um nicht aus der Haut zu fahren, die Warnung hervor, uns nicht weiter zu behelligen bevor noch ein Unglück geschieht. Zumal man auch Alex nicht unterschätzen sollte!
„Ach komm schon, ohne dich sind wir besser dran. Das hat dein Sohn ja auch sehr bald erkannt!“ Für diese Worte hätte ich diesem Weib am liebsten die Kehle persönlich durchtrennt! Ich bemühte mich um Ruhe und blaffte sie an „Das werden wir zu verhindern wissen, Weib! Und jetzt sag uns, wie ihr von hier wieder verschwinden könnt, oder muss ich handgreiflich werden!“
In ihrem Gesicht sah ich plötzlich ein lüsternes Aufflackern und ihre nächsten Worten bestätigten es dann auch. „Oh, ihr könnt gerne Hand an mich legen, da hätte ich nichts dagegen.“
Doch da hatte sie die Rechnung ohne meine Frau gemacht, welche mittlerweile ebenso ungehalten war und solche Anzüglichkeiten hasste!
In Alex´ Geist las ich, dass sie vorhatte, diese Assassine in eine Gefängniszelle zu verfrachten und dann einfach für ein paar Tage abzuwarten! Ich stimmte dem zu, weil es sehr wahrscheinlich war, dass diese Frau dann endlich redete und Antworten gab.
Gesagt getan! Wir fesselten ihre Hände mit Eisen und bugsierten sie in die Kutsche, welche uns nun zum Gefängnis bringen sollte.
Zwischenzeitlich hatte ich den Wachen aufgetragen, am Ort des Geschehens für Ordnung zu sorgen und uns anschließend bei der Vollzugsanstalt zu treffen!
Auf dem Weg dorthin sprachen wir kaum miteinander, aber ich wusste, dass Alex etwas im Kopf herum ging.
„Ich erzähle es dir später“ hörte ich sie in meinem Geist und nickte nur leicht.
Man beachtete uns kaum, als wir am Tor ankamen und die Soldaten winkten uns gelangweilt durch.
Der Richter selber, Cameron Davies, war heute nicht anwesend aus gesundheitlichen Gründen, wie uns sein Stellvertreter, Riley Browne mitteilte.
Unsere Gefangene wurde von ihm neugierig beäugt. „Ja, und was soll ich jetzt mit ihr machen?“ Also erklärte ich ihm unser Vorhaben in kurzen Worten.
„Mr. Browne, ihr müsst diese Frau nur ein paar Tage hier beherbergen. Alles andere werden wir dann im weiteren Verlauf klären. Ich weiß, ihr habt noch ein paar nette Zellen, welche sich nicht in der Nähe von anderen männlichen Gefangenen befinden. Dort ist sie sicher gut aufgehoben. Doch fasst eine Wache oder ihr sie an, werde ich dafür sorgen, dass eure Strafe empfindlich hoch sein wird. Habe ich mich klar ausgedrückt, Mr. Browne?“ ich ließ mich in meine Rolle als Großmeister fallen, damit er wusste, woran er ist. Mein Einfluss konnte ihn seine Stellung und Ansehen kosten, wenn ich es wünschte!
Browne wich etwas ängstlich zurück, brachte uns dann aber in den Trakt zu den Zellen, wo die Assassine einquartiert wurde. Ihre Zelle lag etwas entfernt von den anderen Mitgefangenen, sodass ihr niemand zu nahe treten würde, so hoffte ich es zumindest!
Neben mir spürte ich Alex erzittern! Erinnerungen an die Entführung und Vergewaltigung kamen hoch. Ich hätte sie nicht mit hier runter nehmen sollen, dachte ich verärgert.
Kaum dass unsere Gefangene eingesperrt war, pöbelte diese drauf los!
„Das wird euch noch leidtun, die Aufzeichnungen lügen also nicht. Ihr seid skrupellos und unbarmherzig!“
So etwas berichtete man also über uns? Sehr interessant, wenn auch etwas befremdlich.
Es war Mr. Browne welcher nach dem Namen der Dame fragte und mir fiel ein, dass wir tatsächlich daran noch nicht gedacht hatten!
„Vanessa Althans! Aber das bringt euch allen eh nichts. Ihr könnt mich mal!“ schrie sie uns an und in diesem Moment drehte sich Alex einfach um und ging eiligen Schrittes hinaus!
Ich tat es ihr gleich und Riley versicherte mir noch, dass er ein Auge auf sie haben würde und ich hoffte inständig, dass niemand Hand an sie legte!
Oben an der frischen Luft stand meine Frau und atmete tief durch! Besorgt fragte ich, ob es wieder ginge und sagte, dass es mir leid täte, ich hätte nicht darüber nachgedacht.
„Ja, es geht schon wieder. Ich hätte ja auch selber daran denken können!“
Um auf andere Gedanken zu kommen, schlug ich vor, die anderen Brüder und Schwestern jetzt aufzusuchen, um hoffentlich noch mehr Neuigkeiten zu erhalten.
Während wir dorthin ritten, berichtete mir meine Frau noch, was Vanessa ihr erzählt hatte. Aus dem anderen Mann war sie nicht so ganz schlau geworden, hoffte aber über diese Zukunfts-Assassine mehr erfahren zu können. Ich wusste, dass einer der Armreife in Russland gefunden wurde und er ihr von einer alten Frau übergeben wurde. Im Zuge dessen hatte sie auch erfahren, dass ihr Großvater diesen Ring besaß und ihn dieser Russin als Geschenk gemacht hatte.
Jedoch scheint der Enkel fehlgeleitet worden zu sein, oder man hatte ihm einfach falsche Informationen gegeben. Auf jeden Fall fand man die alte Frau kurz darauf tot in ihrem Haus, woraufhin ihr Enkel zum Angriff auf uns rief!
Er hatte erfahren, dass dieser Gegenstand angeblich Millionen wert sein sollte und man seine Großmutter nur deswegen umgebracht hätte, damit sie es niemandem mehr berichten konnte. Alex Truppe sei verantwortlich für den Tod von Irina Kusnezow!
Nur aufgrund dieser absurden Anschuldigung, denn auch meine Frau hatte mir versichert, dass sie zum einen ein schlechtes Gewissen hatte, diesen Armreif an sich zu nehmen, wurden wir nun zum Ziel auserkoren? Zum anderen waren ihre Leute und sie gleich im Anschluss nach Hause aufgebrochen. Wieder einmal waren wir nicht weitergekommen, im Gegenteil, es kamen immer mehr Fragen auf! Verdammt!
Am Haus angekommen, sah ich bereits, dass Rauch aus dem Kamin stieg. Ich war erleichtert, dass sie wieder zurück waren und eilig gingen wir hinein.
Leider wurden wir aber enttäuscht, als wir im Keller ankamen. Dort erwarteten uns nur ungefähr 10 Personen, von den anderen keine Spur.
„Es tut mir leid, Mistress Kenway, Master Kenway. Von den anderen haben wir noch nichts gehört. Die letzte Gruppe hätte schon längst hier sein müssen! Ich gehe davon aus, dass wir sie suchen gehen werden?“
Und damit hatte der junge Mann recht. Also mussten wir uns schnellstens auf die Suche nach ihnen begeben und ich hoffte, wir kämen noch nicht zu spät.
Dieser Trupp war in der Nähe der Themse, genauer gesagt in Lambeth eingesetzt worden. Wir brachen umgehend wieder auf, weil es schon später Mittag war und in mir breitete sich ein mehr als unwohles Gefühl aus.
Der Weg war etwas beschwerlich, da die Straßen und Wege alle noch unbefestigt waren. Wir konnten aber von Glück reden, dass es nicht geregnet hatte. Mitunter hätten wir dann Probleme mit unseren Pferden und dem tiefen Schlamm bekommen!
Am besagten Haus angekommen, stiegen wir ab und machten unsere Tiere fest. Es ist niemand mehr hier!, schoss es mir durch den Kopf und ich sollte Recht behalten! Wir betraten das Gebäude, zeitgleich aktivierte ich meinen Blick und nahm schwache Auren wahr. Rote und eben neutral-blau, welche alle langsam dabei waren, abzuklingen.
Deutlich konnte ich den Kampf der hier stattgefunden hatte, vor mir sehen und es war viel Blut geflossen. Man roch es im ganzen Haus, es hing wie eine schwere Parfümwolke in der Luft!
Ich teilte den anderen meine Erkenntnis mit und das wir leider zu spät kämen, keiner unserer Brüder und Schwestern hatte dieses Gefecht überlebt. Diese Delegation, welche sich hier verbarrikadiert hatte, schien gut ausgebildet zu sein und wie es aussah, waren sie vorbereitet gewesen. Wurden sie alarmiert? Gab es in unseren Reihen Spione? Insgeheim hoffte ich, dass dem nicht so sei!
„Die Assassinen haben alles mitgenommen, hier ist nichts mehr geblieben. Es waren einige Truhen, wie es aussieht.“ sprach ich mehr zu mir selber!
„Großartig, dann kommen wir also zu spät? Und wo hat man die Leichen hingebracht?“ kam die berechtigte Frage eines Bruders!
Gerade als ich antwortete, man hätte sie sicherlich in der Themse einfach entsorgt, hörte ich die Stimme Elias´, welche Alex jetzt Anweisungen gab.
Du wirst sie aufspüren und aufhalten! Diese Assassinen dürfen nicht mit dieser Tat durchkommen! Trauert später um die Toten, jetzt ist keine Zeit dafür. Sie haben sich auf den Weg Richtung Tothill Fields über die Westminster Bridge gemacht. Ich kann sie noch spüren, es waren 15 Personen und 2 Karren! Ihr müsst euch beeilen, mein Kind! Auch der Allvater war aufgebracht, seine Wut dröhnte in seinen Worten!
Wir machten uns auf, seinen Anweisungen zu folgen, auch wenn die anderen Begleiter uns fragende Blicke zuwarfen. Wie aber sollten wir ihnen erklären, dass Alex und ich mit Odin in Verbindung standen? Ich ging also gar nicht weiter darauf ein, weil wir auch keine Zeit für große Erklärungen hatten.
Ich wollte endlich wissen, was hier gespielt wird.
Angekommen an dieser doch recht schäbigen Behausung, welche auf einem heruntergekommenen parkähnlichen Areal lag, sah ich mich gleich konzentriert um. In einer der Hütten waren sie versammelt und ich teilte meine Erkenntnis den anderen wieder mit. Die rechte vor uns liegende Baracke war unser Ziel und wir verteilten uns drum herum.
Ich selber schlich mich weiter vor, sodass ich auf der kleinen Veranda meine Position beziehen konnte. Leider hatte sich ein Assassine dazu entschlossen, frische Luft zu schnappen und ich schaffte es gerade noch, mich hinter der aufgehende Tür zu verstecken.
Als der Herr, welcher in seltsamer Kleidung steckte, nun vor mir stand, schloss ich die Tür leise und machte mit seiner Kehle kurzen Prozess. Er hatte keine Chance sich zu wehren und war schon tot, ehe er den Boden berührte. Ich schaffte ihn beiseite in einen der umstehenden Büsche, sodass er nicht sofort ins Auge fiel.
Meine Frau hatte mit ihrem Blick auch noch einmal die Umgebung erkundet und erteilte jetzt allen die entsprechenden Anweisungen!
„Wir werden sie von vier Seiten angreifen und die Bomben durch die Fenster werfen. Somit haben wir das Überraschungsmoment und können sie so wahrscheinlich überrumpeln. Aber denkt daran, wir brauchen mindestens einen lebend!“
An die Rauchbomben hatte ich gar nicht mehr gedacht, aber sie würden für eine gute Ablenkung sorgen.
In den Sträuchern rund um diese Hütte begannen wir, alles zu präparieren und als Alex das Zeichen gab, warfen alle gleichzeitig die Geschosse in Richtung der unteren Fenster!
Wir würden sie im wahrsten Sinne des Wortes einfach ausräuchern und somit dazu zwingen, hinaus zu kommen!
Es dauerte keine Sekunde, da hörten wir sie husten und schon traten die ersten Meuchelmörder ins Freie.
Alex und ich streckten sie mit den versteckten Klingen nieder und unsere Mitstreiter zogen blank und ließen ihre Schwerter sprechen!
Im Großen und Ganzen war es ein sehr kurzer Kampf, welcher noch nicht einmal als solcher betitelt werden kann, weil die Assassinen einfach überrumpelt wurden. Keiner hatte eine echte Chance auf Verteidigung. Aber sie taten mir nicht leid, diese Frauen und Männer hatten es drauf angelegt und uns entsprechend provoziert!
Aus den Augenwinkeln sah ich dann, wie meine Frau über einem jungen Mann hockte und ihn befragte! Gott sei Dank, so konnten wir endlich auf Antworten hoffen!, dachte ich erleichtert.
„Wie konntet ihr uns so schnell finden? Wer hat uns verraten?“ hörte ich ihn auf Deutsch reden und sein Gesicht war wutverzerrt dabei!
„Ich hatte ein nettes Gespräch mit Vanessa, wenn du es genau wissen willst. Du wirst ihr aber bald Gesellschaft leisten, ich glaube, sie langweilt sich in ihrer Gefängniszelle schon!“ kam es ziemlich ungerührt von Alex, welche ihn grinsend weiter ansah.
Panisch schrie er sie an „Ihr habt sie in ein schäbiges Gefängnis gesteckt? Seid ihr alle eigentlich völlig irre geworden, man weiß doch, was da mit den Frauen gemacht wird!“
Wütend packte sie sein Kinn und drückte schmerzhaft zu! „Jetzt hör mir mal zu Freundchen, ich weiß wie es da zugeht. Aber wenn ich erwähnen darf, dass einige deiner Brüder und Schwestern auch nicht besser sind und mir Dinge angetan haben, die ich lieber vergessen würde, dann weißt du, dass ich ihr DAS nicht wünsche. Sie ist sicher untergebracht und mit dir an ihrer Seite, kann ja nichts mehr schiefgehen.“
Völlig ungläubig blaffte er jetzt zurück, dass es das Credo verbieten würde, so etwas zu tun und sie nie auf die Idee kommen würden, sich an einer Frau zu vergehen!
Genervt sagte meine Frau, er solle einfach reden, dann könne er auch ganz schnell wieder mit Vanessa von hier verschwinden!
Der junge Mann erwähnte flüsternd, weil er wahrscheinlich dachte für verrückt erklärt zu werden, das Portal auf Anticosti, doch das war nichts neues. Als ich mich einschaltete und ihn erneut zum Reden aufforderte, mit einem verschärften Ton und der Klinge meiner Frau an seinem Hals, wurde er gesprächig!
„Ist ja schon gut, ihr bringt mich doch eh um! Es gibt einen Zugang in der Kanalisation, welchen man nicht so auf Anhieb sieht. Er befindet sich in einem kleinen Mauervorsprung nördlich von hier an der Themse. Von dort gelangt man zu einem kleinen Raum, wo sich das Gegenstück zum Portal auf Anticosti befindet! Zufrieden?“
In Alex´ Geist las ich, dass sie sich fragte, ob es wirklich so einfach wäre. Aber auch mir kam dieser Gedanke, es fühlte sich an, als würde noch ein weit größeres Problem in naher Zukunft auf uns warten!
Wir zerrten ihn auf seine Beine. „Bring uns dahin und dann überlegen wir, was wir mit dir und dieser Vanessa machen!“ kam es kalt von meiner Frau und sie schob ihn auf eines der Pferde zu.
Hier würden jetzt die Herren der Aufräumbrigade erscheinen und ich dankte Gott, dass wir in unseren Reihen keine Toten zu beklagen hatten. Bis auf ein paar kleinere Prellungen und leichte Schnittverletzungen war nichts Ernstes darunter!
Als der Meuchelmörder vor mir sicher im Sattel saß, machten wir uns auf den Weg. Der Herr gab knappe Anweisungen, wohin wir uns wenden müssten und nach einer gefühlten Ewigkeiten erreichten wir den Katakomben-Eingang. Mich überlief eine Gänsehaut, weil er unweit unseres Treffpunktes lag und wirklich nicht sofort als solcher zu erkennen war!
Mittlerweile war es bereits acht Uhr abends und wir beschlossen, zwei Wachen hier zu postieren und morgen wieder zukommen, damit wir das Ganze untersuchen konnten.
Wenn ich ehrlich sein soll, würde ich eigentlich lieber ohne Alex hier einsteigen! Sie würde nur wieder die Bilder ihrer Vergewaltigung vor Augen haben.
„Hier ist er! So und jetzt macht schon, ich bin doch eh schon tot!“ riss mich dieser genervte Ton des Gefangenen aus meinen Gedanken.
Das könnte ihm so passen! Nein, wir werden ihn zu seiner Kumpanin ins Gefängnis bringen und morgen weitersehen! Alex und ich waren uns einig, wir wollten uns heute auch noch davon überzeugen, dass es Vanessa gut ginge.
Mr. Browne sah uns überrascht an, weil wir noch einen weiteren Zugang für ihn hatten. Er ließ uns dann noch kurz zu dieser Assassine, aber es waren keinerlei Blessuren bei ihr zu erkennen. Im Gegenteil, ihr Blick ruhte giftig auf uns, aber sie sprach kein Wort!
Dann endlich konnten wir aufbrechen und ich hörte Alex´ Gedanken, welche um dieses Portal und dessen Schließung kreisten! Yannick müsse es für uns übernehmen, WIR könnten von hier aus nichts ausrichten. Aber wir sollten jetzt erst einmal etwas zu Abend essen und dann weiter beratschlagen, schlug ich vor.
„Du hast Recht, ich habe wahnsinnigen Hunger fällt mir gerade auf.“ kam es tief seufzend von meiner Frau!
Zuhause angekommen, wurden wir von unserem gähnenden Sohn bereits erwartet. Die Temperaturen waren für seinen kleinen Körper vermutlich einfach unerträglich und auch auch mir fiel diese Hitze erst jetzt richtig auf, als ich zur Ruhe kam.
Mrs. Wallace entschuldigte sich noch, dass Edward noch wach war, sie hätte ihn schon ein paar Mal frisch angezogen und hoffte, dass er bald in den Schlaf finden wird.
Nachdem Alex sich überzeugt hatte, dass er kein Fieber hat, gingen wir ins Esszimmer und Mrs. Byrne brachte uns vom Abendessen noch etwas aufgewärmtes. Der kühle Wein war eine Wohltat nach diesem langen Tag muss ich gestehen.
Mit einem breiten Grinsen stand Alex plötzlich auf und nahm Sybill unseren schlafenden Nachwuchs ab. Es wurde wirklich Zeit, auch bei mir machte sich eine gewisse Müdigkeit breit. Unser Kindermädchen bot sich noch an, mit wach zubleiben, falls etwas sei, aber wir konnten sie in die Nacht entlassen. Auch für sie war es sicherlich anstrengend gewesen, was man wirklich an ihren müden Gesichtszügen sah!
In unserem Zimmer öffneten wir die Fenster um etwas kühle Luft hinein zulassen und Alex zog Edward noch einmal um, wobei er wieder wach wurde. Als er wie Gott ihn schuf auf dem Bett lag, sah man die Erleichterung in seinen Augen und er gluckste vergnügt vor sich hin.
Mit einer schnellen Drehung war er auf den Bauch gerollt und robbte auf mich zu. Ich nahm ihn hoch und hörte noch ein „Pass auf, so ohne Windel…“ von Alex, aber es war schon zu spät. Mein Hemd war klatschnass und Edward erleichtert.
Böse sein konnte ich ihm aber nicht, irgendwie konnte ich dieses Gefühl von Freiheit durchaus verstehen.
Seine Mutter nahm ihn mir nun wieder ab und ich ging nach nebenan um mich neu einzukleiden. Im Grunde wäre alles zu warm und ich überlegte kurz, entschied dann einfach gar nichts anzuziehen. Stattdessen schlang ich einen Morgenrock über und ging wieder ins Schlafzimmer und legte mich schon einmal hin.
Alex gab Edward noch einen Gute-Nacht-Kuss und sein Lied durfte nicht fehlen.
Als er eingeschlafen war, entledigte sich meine Frau ebenfalls ihres Morgenrockes und zu meiner Freude sah ich, dass auch sie auf jegliche Kleidung verzichtet hatte.
Ich rückte näher an sie heran und vernahm ein seufzendes „Vergiss es, mi amor…“
Nein, ich würde es nicht vergessen. Ich zog sie mit ins Ankleidezimmer, schloss leise die Tür und umschlang Alex mit meinen Armen, während meine Hände auf ihrem Hintern lagen. „Ich werde es nicht vergessen, doch wenn du mir eine solche Sicht auf deinen Körper gibst, musst du damit rechnen, dass ich mir nehme, was mir gehört!“ erklärte ich noch unnötigerweise und mein Weib schmolz einfach so dahin, ob von der unerträglichen Hitze draußen oder aufgrund meiner Gegenwart, vermochte ich nicht mehr zu differenzieren.
„Es ist aber einfach zu warm…“ kam es maulig aus ihrem Mund.
Ich ignorierte diese Worte, drehte sie mit dem Rücken zu mir und meine Hände griffen sich ihre Brüste. Ich wollte sie haben, egal wie heiß es war.
Dieses doch recht schnelle Vergnügen verlief ohne großen Körperkontakt, aber sehr befriedigend für beide Seiten!
„Danke, mi amor!“ hauchte sie an meiner Brust, als sie wieder zu Atem kam.
Auch ich hatte zu danken und so gingen wir zu Bett, der Tag würde vermutlich wieder sehr früh beginnen.
Ich sollte Recht behalten. Um vier Uhr früh ertönte ein lautes Gebrüll aus dem Kinderbett und verkündete so, dass die Nacht jetzt lang genug war.
Alex wickelte den Schreihals, gab ihm im Anschluss etwas kalten Tee und legte ihn dann mit in unser Bett.
Als ich erwähnte, wir hätten einen sehr lauten Wecker gezeugt, grinste meine Frau mich breit an. „Dein Sohn hat halt die ersten Ansätze seiner Präsenz und erwartet Aufmerksamkeit, Haytham. Hat er eindeutig von dir.“ und dabei streckte sie mir frech die Zunge heraus, was Edward als Einladung betrachtete, es nachzumachen! In Zukunft würden wir auf bestimmte Gesten achten müssen, nicht dass man noch glaubte, unser Sohn sei schlecht erzogen.
Nach dem Frühstück stand nun die Erkundung der Katakomben an. Dort angekommen, standen wir einen Moment vor dem verschlossenen Gitter und sahen uns noch einmal um. Mir war einfach nicht wohl dabei, wenn Alex mit hinein ginge, ich wollte nicht, dass sie immer wieder an die Entführung erinnert wird.
„Sicher werde ich wieder Bilder haben, alleine der Geruch dort und die Geräusche werden mir die Erinnerungen bescheren. Aber ich sehe es auch als eine Art Angstbewältigung, ich muss mich meiner Furcht und den Albträumen stellen. Auch wenn ich seit einigen Tagen, keine mehr hatte.“ diese Frau erstaunte mich tatsächlich immer noch. Diese Selbstsicherheit und dieser Gedanke, ihre Ängste selber in den Griff zu bekommen, ist für mich immer noch etwas schwer nachzuvollziehen. Demnach würde ich sie auch nicht umstimmen können.
„Wenn du aber spürst, es geht nicht mehr, dann sag es und ich bringe dich nach draußen. Hast du mich verstanden?“ sagte ich dann doch noch mit Nachdruck, nur damit Alex weiß, sie ist nicht alleine dort unten!
Das Schloss fiel den geübten Händen einer Schwester zum Opfer und schon konnten wir hinein.
Je weiter wir gingen, umso kühler wurde es und ich muss sagen, das war wirklich sehr angenehm, weil die Temperaturen bereits wieder anstiegen.
Neben mir wurde aber Alex zunehmend nervös, was auch ihrer Platzangst geschuldet war, das hatte sie mir vor geraumer Zeit schon einmal erklärt.
Die Wegbeschreibung des Assassinen war exakt und es dauerte nicht lange, da erreichten wir besagten Raum mit dem Gegenstück des Portals. Mich durchlief ein seltsamer Schauer, als wir eintreten konnten. Es war, als hörte man ein leises Summen und dieses Gebilde vor uns waberte bedächtig vor sich hin.
In den Gesichtern unserer Begleiter zeichnete sich Skepsis ab, sie alle hatten so etwas noch nie gesehen und auch für mich war es immer noch unheimlich. Aber Alex erklärte ihnen, dass sie keine Angst zu haben brauchten.
„Nein, das ist keine Hexerei, denkt an die Artefakte, welche ihr schon gesehen habt und die von einer anderen Zivilisation gefertigt worden sind!“
Wir sahen uns in diesem kleinen Raum genauer um, nahmen aber nichts negatives wahr, was mich wirklich beruhigte. Auf meine Frage, was wir nun genau unternehmen sollten, bekam ich eine kurze und knappe Antwort mit einem seltsam kalten Unterton.
„Ich schlage vor, wir beide werden dort hindurchgehen und schauen, was uns auf der anderen Seite erwartet!“ Ich hörte heraus, dass Alex gar keine Widerworte dulden würde!
Also blieb mir nichts anderes, als die Wachen zu instruieren. Sollten wir nach einer gewissen Zeit nicht wieder hier erscheinen, dass man nach Faith, Shay oder auch Finley schicken sollte.
Während ich diese Befehle gab, konzentrierte sich meine Frau auf Elias! Sie wollte ihn wenigstens einweihen und dieser Gedanke war mir auch schon gekommen. Eigentlich war es ihr untersagt, in ihre Zeit zu reisen!
„Es freut mich, dass unsere Kommunikation immer besser funktioniert, mein Kind! Und wie ich sehe, hast du ein neues Portal gefunden! Was hast du nun also vor?“ hörte ich Master Lestrange! Aber als Alex ihm offenbarte, WAS sie vorhatte schwang seine freundliche Art in Zorn um! „Hatte ich nicht etwas dazu gesagt? Dein Platz ist hier, an der Seite deines Mannes, deines Kindes und deiner Schwester!“
Das war ihr bewusst, auch mir war das klar. Dennoch wollte sie Gewissheit haben, dass eben die Armreife wirklich nicht mehr dort in der Höhle auf Anticosti verblieben sind. Im Grunde verstand ich ihre Beweggründe, aber der Allvater wollte es nicht verstehen.
„Du traust meinen Worten nicht? Wie kannst du es wagen!“ dröhnte seine vor Wut verzerrte Stimme auch in meinem Kopf!
Alex gab kleinlaut eine Entschuldigung ab und versprach, sofort zurück zu kehren, wenn sie sich überzeugt hatte! Anscheinend reichte dieser Satz, um Odin umzustimmen. Trotzdem klangen seine nächsten Worte noch etwas widerwillig!
„Ich gewähre dir einen kurzen Einblick, mein Kind. Du darfst dich von meinen Worten überzeugen und kehrst SOFORT wieder zurück! Wenn nicht, dann werde ich dich schon lehren, was es heißt, meine Worte zu ignorieren!“
Für einen Moment schwankte meine Frau und ich hielt sie fest, froh darüber, dass sie diese Konversation heile überstanden hatte. Dieses mal hallte selbst bei mir dieses Dröhnen nach und ich musste mich konzentrieren.
Den Umstehenden erklärten wir es mit Bildern von der Entführungsnacht, womit sie sich dann auch zufrieden gaben.
Jetzt gab es also kein Zurück mehr! Noch einmal gab ich die Anweisungen weiter, wer zu informieren sei und sah dann zu meiner Frau.
Etwas unsicher fragte ich im Geiste, wie es sich anfühlen würde, dort hindurch zu gehen.
Du bleibst, wer du bist. Und es fühlt sich kribbelig an, so als würde man dich durch eine enge Röhre ziehen! Aber es ist schnell vorbei, vertrau mir! Hörte ich sie und war etwas beruhigter.
Vorsichtig nahm sie jetzt meine Hand, lächelte mir aufmunternd zu und ging bedächtig auf diesen Wasserspiegel zu. Gleichzeitig zog sie mich langsam hinter sich her und dann fühlte ich dieses Kribbeln auf meiner Haut…
… und dann standen wir wieder in dieser Halle mit dem leuchtenden Tor, welches jetzt aber wie eine normale Steinwand wirkte.
Vor uns sah ich diesen Sockel, auf dem das Sternenförmige Gebilde prangte, aber darüber hinaus sah alles wie damals hier aus.
Ich fragte etwas zögerlich, ob wir jetzt wirklich in Alex´ Zeit seien und sie bejahte es. Aber sehen könne man es hier drinnen natürlich nicht.
Meine Frau wollte schon nach der Halterung greifen, als ich sie zurückhielt. Wer weiß, was passieren würden, da mir die Bilder von dem Tempel im Eis wieder in den Kopf kamen. Ein Erdbeben wollte ich nicht riskieren, wenn ich ehrlich sein soll.
„Es kann doch nichts passieren. Es ist weder wie bei Excalibur noch irgendeiner anderen Märchenerzählung, Haytham. Aber sieh es dir an, es ist, als wäre das Metall völlig mit dem steinernen Untergrund EINS geworden!“ staunte Alex und wollte gerade noch etwas hinzufügen, als wir wieder die Stimme Odins.
Du glaubst zu wissen, ich bin manipulativ und belüge die Menschen! Doch das bin ich nicht, nicht immer. In deinem Falle, mein Kind, bin ich das genaue Gegenteil. Du wirst es bald bei meinem Sohn sehen. Ihr beide solltet aber nun wieder zurückkehren, ehe es zu spät ist.
Dieser Satz machte mich unruhig, ehe ich aber etwas sagen konnte, ergriff Alex das Wort.
„Haytham, du wolltest wissen, wie es in meiner Zeit aussieht, oder? Wenn du es immer noch willst, dann folge mir und wir gehen aus dieser Höhle und ich zeige dir, in einem kleinen Rahmen natürlich nur, wie es bei uns zuging.“ natürlich wollte ich wissen, wie es ist im 21. Jahrhundert, ich hatte oft davon geträumt und war mehr als neugierig. War es aber richtig, sich den Anweisungen des Allvaters zu widersetzen?
Sie zog mich einfach hinter sich her durch einen schmalen Gang hinaus ins Freie und… blieb abrupt stehen.
Vor uns tat sich eine Lichtung auf, auf welcher Zelte standen und so seltsame Kutschen. Ich erinnerte mich an die Bilder aus meiner Vision und begann mich staunend umzusehen.
Meine Frau wurde von einer jungen Frau begrüßt, welche mir als Laura Sabnitz vorgestellt wurde. Laut Alex eine der Personen, die sich mit dem Armreif in London beschäftigt hatte.
Man führte mich herum, während Alex sich mit Laura weiter unterhielt.
Diese Technik war einfach überwältigend, man konnte Gestein damit analysieren, das Alter von Metall bestimmen und sogar ganze Texte in Runenschrift übersetzen lassen.
An einem, wie der Mann es erklärte, Monitor stand ich eine Weile und man zeigte mir eine Art Karte der Welt und zwar von sehr weit oben!
Wie das möglich sei, fragte ich neugierig. Aber mit der Erklärung konnte ich noch weniger anfangen, als mit den ganzen Geräten, die hier aufgebaut standen.
Man bat uns kurzfristig zu einem kleinen Essen an einem Lagerfeuer und ich sah zum ersten Mal Alex in ihrem für sie völlig selbstverständlichen Umfeld. Sie agierte und bewegte sich völlig anders hier und in mir kam wieder dieses schlechte Gewissen, dass sie wegen mir das alles hier aufgegeben hatte.
Jedoch riss mich das Gespräch dann aus diesen etwas trüben Gedanken. Man schrieb das Jahr 2028, immer noch unvorstellbar für mich, und hatte immer mehr Zellen der Bruderschaften und Räte des Ordens zusammenführen können. Es gab eine übergeordnete Stelle, wo alles zusammenlief, wo aber ebenso auf eine, wie man mir erklärte, demokratische Art und Weise Beschlüsse gefasst wurden. Die Mehrheit entschied über einige Belange, Wünsche und so weiter.
Leider hatte man aber noch lange keine 100 Prozentige Einigung, weil es immer diese Splittergruppen gab, welche sich widersetzten. Diese ließen sich auf keinen Zusammenschluss ein, ob es nun Templer oder Assassinen waren.
Besonders eine Randgruppe machte ihnen hier das Leben schwer und das waren diese russischen Teile, wozu auch ein Bruchteil des dortigen Templerordens zählte.
Man hatte sie aber fast alle schon beseitigen können und wer noch übrig war, hatte kaum Macht, so hofften die Männer und Frauen es hier. Ich würde ihnen gerne zustimmen, doch ich hatte meine eigenen Erfahrungen gemacht und wusste, dass diese wenigen Übriggebliebenen eine wahre Last werden konnten. Natürlich wünschte ich mir, dass hier auch bald Frieden einkehren würde, doch wie lange es noch dauern wird, konnte keiner sagen.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass meine Frau gerade tausende Gedanken durch den Kopf gingen, dass sie etwas plante und ich konnte mir schon denken, WAS. Sie müsste klein anfangen in den Kolonien, dafür war sie entsandt worden und hatte diese mächtige Handhabe des schwarzen Kreuzes. Ich las einen Namen in ihrem Geist „Connor“, welcher aber schnell wieder verschwand, als Laura ihr vorschlug, Yannick anzurufen.
Für einen Moment war ich irritiert, weil ich nicht wusste, was jetzt passieren würde, aber man beruhigte mich. Alex hatte es mir einmal grob mit ihrem … diesen komischen Kasten erklärt.
Die Frau drückte also auf einem ähnlichen Gerät herum und dann sah ich Alex´ Sohn in diesem Ding. Als er seine Mutter sah, konnte er kaum seine Tränen zurückhalten und auch meine Frau stand schwer atmend da und erklärte sich.
„Ja, Schatz, ich bin hier. Nur kurz, aber... lass dir gesagt sein, mir geht es gut, wirklich! Schließt dieses Portal, es ist wichtig! Und wenn du kannst, dann suche nach weiteren... ich glaube, es gibt noch mehrere von diesen Durchlässen!“ gab sie etwas hektisch diese Worte von sich, als hätte sie Angst, man könne sie unterbrechen!
Yannick bestätigte ihre Worte! „Das hast du mir schon geschrieben und wir arbeiten daran, es gibt noch 5 weitere…“ brach aber ab, er durfte noch nicht zu viel sagen, nichts was wir noch nicht wissen konnten. Mal wieder war es leicht frustrierend, wir mussten das aber irgendwie jetzt durchstehen.
„Uns geht es gut, wirklich. Alex macht sich in der Grundschule gut und auch Franziska ist ein Sonnenschein im Kindergarten. Sie kann tatsächlich Gedanken lesen, wie mein Vater!“ Wir hatten noch eine Enkelin bekommen und in den Augen meiner Frau glitzerten Tränen, sie würde sie vermutlich nie zu Gesicht bekommen! Emotional war dieser Durchtritt in die Zukunft einfach sehr schwer zu ertragen und ich hielt Alex einfach fest.
„Hilf ihr, Yannick. Sie kann lernen, sich zu verschließen und du schaffst das. Ich glaube fest daran und wenn alle Stricke reißen, dann... konzentriere dich auf mich oder lass Alex mit mir reden!“ ihre Gedanken waren bei Marius angelangt, sie befürchtete das Schlimmste!
Erst jetzt bemerkte mich mein Stiefsohn und fragte ungläubig, ob ich es wirklich bin und ob das nicht zu gefährlich sei. Um das ganze hier aufzulockern sagte ich nur „Das habe ich deiner Mutter auch schon gesagt, doch du kennst sie... auf der anderen Seite, auch ich war zu neugierig. Und hier bin ich nun!“ und grinste ihn an.
Seine nächsten Worte hörten sich schon fast flehend an, als er sagte, wir sollten schnellstens wieder zurück, wer weiß was wir noch lostreten würden.
Als ich etwas erwidern wollte, überkam mich ein starkes Husten und Kratzen im Hals. Laura reichte mir einen Becher mit Tee und ich spürte, dass sich alles etwas beruhigte. Doch Alex sah mich schon besorgt an.
Dann brach die Verbindung zu Yannick einfach ab, was ich sehr schade fand. Die junge Assassine versprach aber, Alex´ großen Sohn auf dem Laufenden zu halten.
Gerade als wir uns umwandten und Richtung Höhle gehen wollten, hielt uns die junge Dame auf und machte den Vorschlag, mit uns an die Küste zu fahren. Es sei noch hell und ich könnte ein wenig mehr von der Zukunft und dem Leben hier sehen. Ich sah sie etwas verunsichert an, weil ich nicht wusste, was sie genau meinte, doch Alex nickte eifrig und dann…
Führten sie mich zu einer dieser Metallkutschen und ich wurde, man glaubt es kaum, festgebunden! Doch nicht nur ich, auch Alex und Laura taten es so und dann setzte sich dieses Gefährt in Gang. Bei Gott, was war das nur? Wie funktionierte das Ganze überhaupt? Ich bringe es leider überhaupt nicht mehr richtig zusammen, weil ich mich entsetzt versuchte irgendwo festzuhalten. Diese Geschwindigkeit, mit welcher die junge Frau durch die Botanik rauschte mit uns, war erschreckend.
Dann hielt dieses Gefährt langsam und ich war fürs erste erlöst. Aber wieder schüttelte mich ein rauer Husten, als ich meine Dankbarkeit fürs Anhalten äußern wollte. Und wieder dieser besorgte Blick meiner Frau.
Aber ich wurde mit einem fantastischen Blick auf das Meer belohnt, wo sich die im Untergang befindliche Sonne im Wasser spiegelte. In einiger Entfernung sah ich, ja es waren Schiffe. Diese waren aber viel größer und außerdem aus Metall, wie konnten diese riesigen, Laura nannte sie Frachter, überhaupt über Wasser bleiben?
Es hatte mit Auftrieb zu tun, erklärte man mir. Dann wurde mir auch klar, warum die Jackdaw hier nicht mehr gebraucht wurde, sie war einfach zu langsam und nicht wendig genug, um diesen riesigen Schiffen auszuweichen. Dazu kam noch, dass die entsprechende Technik zum Navigieren fehlte!
Für einen Moment stand ich einfach da, meine Frau in meinem Arm und starrte auf den Horizont!
„Du hattest Recht Alex. Die Jackdaw wäre nur mit Segeln viel zu langsam, selbst die Morrigan könnte nicht mit diesen neuen Schiffen Schritt halten! Wenn ich es recht bedenke, dann ist eure Zeit ganz allgemein recht schnelllebig!“ ging es mir durch den Kopf.
„Das stimmt, deswegen hatte und habe ich oft noch meine Probleme mit der doch sehr lange dauernden Post zum Beispiel, Haytham! Hier bekommst du Nachrichten wenige Minuten nach einem Ereignis!“ erklärte mir Alex ihre Sicht.
„Aber ist das nicht sehr anstrengend, wenn ihr rund um die Uhr erreichbar seid und immer prompt benachrichtigt werdet? Man kann sich doch dann gar nicht auf eine Sache wirklich konzentrieren, geschweige denn, sie ganz zu Ende bringen, weil immer etwas anderes dazu kommt.“ war ein anderer Gedanke der mir noch kam und mich beschäftigte plötzlich.
Ich hätte es richtig erkannt, meinte Alex dann anerkennend und gab zu, dass sie diese permanente Erreichbarkeit nicht unbedingt vermissen würde.
Doch dieses Idyll wurde durch einen erneuten Hustenanfall unterbrochen und wir beschlossen nun endlich aufzubrechen. Wir durften einfach nicht weitere Risiken hier eingehen.
Nach einer großen Verabschiedung gingen wir in die Höhle und wieder zum Portal. Plötzlich zögerte meine Frau und ich erschrak ob ihrer Gedanken. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie darüber nachgedacht einfach hier zu bleiben! Aber als sie sich unseren Sohn ins Gedächtnis rief, schlug dieser Wunsch sofort um und ich war erleichtert, wenn ich ehrlich sein soll. Auch wenn ich sie verstehen konnte, es war wie ihre alte Heimat und Heimweh hatte sie oft, das wusste ich.
Wir traten durch das Portal, umringt von einigen Schaulustigen aus der Truppe um Laura und wieder überkam mich dieses Kribbeln.
Dann waren wir wieder in diesem kleinen Raum in den Katakomben!
Neben mir sah, wie Alex kreidebleich mit nassen Wangen dastand. Ich schlang meine Arme um sie und versuchte ihr so ein wenig Halt und Zuspruch zu geben. Leider konnte ich ein erneutes heftiges Husten nicht unterdrücken und verfluchte mich dafür, wie unpassend!
Meine Frau bekam es mit der Angst zu tun, aber ich versuchte sie weiter zu beruhigen. „Alex, es ist nur ein wenig Kratzen im Hals, nichts Ernstes. Du hast selber gesagt, dass die Luft dort nicht die reinste ist. Es wird sicherlich wieder besser!“ das half aber nur bedingt, wie ich frustriert feststellen musste.
Die hier Wache haltenden Männer sahen uns erleichtert an.
„Mistress Kenway, Master Kenway... ihr seid zurück. Das ging ja doch schneller als gedacht.“ erstaunt sahen wir beide uns um, wie lange waren wir denn fort. Es müssen ein paar Stunden gewesen sein. „Oh, nicht lange, Mistress. 2 Stunden ungefähr.“ kam es als Antwort und auch ich musste zweimal hinhören.
Meine Frau erklärte es mir auch noch einmal, dass das eine Portal die Zeit exakt gleich verlaufen ließ, eines schien die Zeitspanne zu strecken und dieses hier verkürzte alles. Es wurde mir immer unheimlicher, was die Artefakte, Götter und Isu anbelangte. Aber wir waren mittendrin und konnten nur das Beste daraus machen.
Kurz darauf ertönte ein unglaublich lautes Rauschen wie von einer riesigen Welle und dann bebte kurz der Boden zu unseren Füßen. Erschrocken wichen wir alle an die Wände und sahen zu, wie das Portal einfach verschwand, so als würde es von etwas angesaugt werden im Boden!
Die Wachen standen mit großen Augen an der Tür, ebenso wie ich und mir ging durch den Kopf, ob wir uns auch um die restlichen 5 Zeitreiseportale kümmern müssten. Selbst Alex hatte in diesem Moment keine Antwort darauf, also konnten wir nur von hier abrücken und würden die Zugänge versiegeln.
Hier sollte nie wieder jemand einen Fuß hineinsetzen können.
Draußen berieten wir nun, was mit den Gefangenen zu tun sei. Über dieses Portal konnten sie nun nicht mehr zurück, also würde Alex nichts anderes übrig bleiben, als sie mit einem eigens erschaffenen Spiegel von hier wegzuschicken.
Wenn du das tust, und ich befürworte das durchaus, dann sollten sie wissen, dass diese Zeitreisen große Gefahren bergen! Versuche die beiden Menschen daran zu erinnern, sie sollen es weitertragen, damit nicht noch mehr unbedachte Törichte die Linie durchbrechen!
Hörten wir den Göttervater sprechen unser Entschluss stand fest, auch wenn wir beide lieber nach Hause wollten, aus den Sachen raus und etwas essen wollten.
Es ging jetzt aber zuerst zum Gefängnis, wo uns ein erstaunter Mr. Browne erwartete. Er stand am Fenster seines Büros und wedelte sich mit einem Stück Papier Luft zu! „Mistress Kenway, Master Kenway. Erfreut euch wiederzusehen.“ begrüßte er uns freundlich aber schwer atmend.
Als Alex nun unsere Absicht kundtat ernteten wir einen entrüsteten Ausruf. „Wir sind aber nicht gewillt, Selbstjustiz zu dulden, Mistress Kenway!“
„Das habe ich auch nicht vor, die beiden Inhaftierten werden uns in die Kolonien begleiten und für eine Weile als Leibeigene auf unserer Plantage dienen, Mr. Browne. Solange bis sie ihre Strafe beglichen haben!“ Meine Frau war wieder in ihren Ruhemantel gehüllt, wie es schien.
Überzeugt war er aber noch nicht so ganz und sah mich nun fragend an. „DAS ist natürlich etwas anderes, Mistress Kenway. Oder habt ihr noch Zweifel bezüglich der Gefangenen, Master Kenway?“
Natürlich hatte ich nichts dagegen und wir waren uns ja auch einig, Alex und ich.
Die beiden Zukunfts-Assassinen wurden aus der Zelle hierher gebracht und ich sah eine bläuliche Verfärbung über dem Auge von Vanessa!
„WAS haben die Soldaten mit ihnen gemacht?“ hörte ich meine Frau aufgebracht und berechtigt fragen!
„Nichts, die beiden waren nur zu redselig und brachten die anderen Insassen in Rage. Wir mussten sie ruhig stellen!“ Brownes Stimme klang trotzig, auch ihm schien die Hitze zu Kopf zu steigen.
Alex überzeugte sich von der Wahrheit dieser Worte und die Gefangene nickte leicht, sah dann aber wieder zu Boden!
Wir waren aber noch nicht ganz fertig, wir mussten noch herausfinden, wo sich dieser Edenapfel der Idun befand. Der Aufseher wurde kurzerhand aus seinem Büro verbannt und die Befragung konnte losgehen. Alex holte ihr Handy aus ihrer Rocktasche und begann die Befragung ohne Vorwarnung. Sie zeigte das Bild des Herren mit diesem Gegenstand in der Hand und fragte, wo sich dieser nun aufhält und wer das auf dem Bild ist!
„Es wäre echt großartig, wenn ihr mir jetzt sagen würdet, WER das ist und WO ich das Artefakt herbekomme? Ansonsten könnt ihr auch gerne noch ein paar Nächte hier verbringen. Die Aufmerksamkeit die ihr von den Soldaten bekommt, scheint euch ja zu gefallen!“ meine Frau konnte wirklich grausam sein, wenn es drauf ankam!
Die beiden Gefangenen sagten aber nichts, sondern grinsten einfach weiter.
„Euch ist bewusst, dass ich auch ohne euer Zutun, an diese Information kommen könnte? Ich muss nur ein wenig in euren Gedanken stöbern und schwups, habe ich meine Informationen. Doch es ist für die Betroffenen etwas unangenehm, aber wenn ihr es so wollt…“ weiter kam sie aber nicht, die Erkenntnis, dass sie eh keine Chance hatten, spiegelte sich auf beiden Gesichtern wieder!
„Ist ja gut du blödes Templerstück! Es ist Artem Alexeeva, er ist seit zwei Wochen hier in London und hat auf euch gewartet! Wir selber haben ihn schon in Russland aufgesucht gehabt und ihm alles erklärt!“ maulte der junge Mann jetzt und für seine Beleidigung hätte ich ihm gerne eine Schelle verpasst!
„So so. Also sollen wir, mein Mann, mein Kind und ich, aus dem Weg geräumt werden? Ihr wisst schon, dass ihr damit eine Lawine lostreten werdet, die ihr weder hier noch im 21. Jahrhundert aufhalten könnt? Seid ihr eigentlich total bescheuert?“ Alex war jetzt in Rage und hatte es schwer sich zu zügeln.
Auf ihre Frage, wie das Portal geöffnet wurde, bekamen wir aber eine Antwort, mit der wir nicht gerechnet hatten.
„WIR haben es nicht in Gang gesetzt, als wir auf der Suche nach den Armreifen dort hinkamen, war es bereits in der Höhle. Wir haben dann eine Testperson durch geschickt, um zu sehen, was passiert. Gott sei Dank war die Zeit die richtige!“
Als Alex jetzt meinte, es sei jetzt nicht mehr da, wurden Vanessa und ihr Mitgefangener nervös und pöbelten drauf los, wie sie denn jetzt wieder zurück kämen.
Wir waren aber noch nicht ganz fertig, es fehlte die Spur zu Alexeeva hier in London! Auf meine Frage bekam ich dann eine zögerliche Antwort.
„Er hat ein Haus in White Chapel gemietet, denkt nicht einmal daran, einfach so dort rein zumarschieren. Artem wird gut bewacht, da könnt selbst ihr nichts gegen ausrichten, MASTER KENWAY!“
Das würden wir ja dann schon sehen, dass sollten sie schon uns überlassen., dachte ich säuerlich.
Endlich konnten wir aus dem stickigen Büro und dem Gefängnis raus. Im Schlepptau die beiden Zukunfts-Assassinen, welche sich weiterhin lautstark über unsere Methoden beklagten. Kopfschüttelnd und mit einem leichten Husten bedachte ich sie mit keinem weiteren Wort.
Ein Waldstück sollte es sein, wo wir unbeobachtet ein von Alex projiziertes Portal öffnen würden. Zum ersten Mal würde ich sehen, wie sie es macht und ich war entsprechend gespannt.
Auf dem Weg dorthin, überlegten wir, in welches Jahr die beiden Gefangenen geschickt werden sollten. Lange mussten wir nicht überlegen, es lag nahe, sie ins Jahr 2028 zu bringen. Dort würden sie auf das Lager von Laura treffen und könnten auch kein Unheil mehr anrichten.
Unsere Entscheidung stieß aber nicht auf die Zustimmung der Beteiligten, sie hatten Angst, wir könnten sie entweder ins Mittelalter schicken – was ich mir ziemlich unangenehm vorstellte – oder aber einfach kaltblütig umbringen.
Alex erläuterte unseren Plan jetzt noch einmal genauer, aber auch das fanden die beiden nicht wirklich gut.
„Ihr überlasst uns einfach dem Wohlwollen oder dem Hass dieser Leute? Wir kommen in ein Lager von … Abtrünnigen, welche weder Orden noch Bruderschaft angehören? Ihr seid doch nicht ganz frisch... die Aufzeichnungen haben recht! Es kann keinen Frieden geben, lass dir das gesagt sein, Alexandra! Da kannst du bis dort hinaus zurückreisen... du schaffst es nicht!“ höhnte der Assassine vor mir auf dem Pferd nun.
Unser beider Leben schien einen gewissen Eindruck hinterlassen zu haben und anscheinend nicht für alle Menschen einen guten!
Meine Frau ging nicht weiter darauf ein, ihr kam ein ganz anderer Gedanke.
„Ach eines noch, es interessiert mich einfach. Dieser Mathias Engelhardt, ist das Verwandtschaft von Marius Engelhardt?“ Wie aus einem Mund hörten wir nur „WER?“ und Alex musste sich zügeln, weil sie wieder an die Entführung dachte!
„Der Herr der mich entführt hat und über mich hergefallen ist!“ kam es hinter zusammen gebissenen Zähnen hervor.
„Den kannten wir nicht, der gehörte vermutlich zu der Delegation aus Deutschland, die mit Artem angereist ist!“ und ich konnte sehen, es war die Wahrheit, auch wenn meine Frau gerne den Geist noch infiltriert hätte.
Angekommen am Ziel verbanden wir ihnen die Augen, sie sollten nicht wissen, WIE ein Portal geöffnet werden konnte. Auch wenn wir davon ausgehen mussten, dass sie es bereits wussten! Und wieder dachten sie, wir werden sie in eine falsche Zeit schicken!
„Nein, ich bringe euch eigentlich genau in eure Zeit zurück. Ich bin kein Unmensch, ich wünsche immer noch ein gewisses Gleichgewicht! Auch wenn bei euch beiden Hopfen und Malz bereits lange verloren sind!“ maulte sie die beiden jetzt an.
Sie konzentrierte sich und dann tauchte vor uns dieser Spiegel auf, den Gefangenen nahmen wir die Augenbinden ab und schickten sie hindurch. Vanessa ließ es sich nicht nehmen, uns mit Mord zu drohen, sollten wir sie, wie sie es nannte, verarscht haben! Dann endlich waren sie hindurch und wir konnten uns beruhigter auf den Weg nach Hause machen!
„Wir sollten jetzt dringend einige Gruppen mobil machen und Shay sollte auch informiert werden! Ich will nicht, dass den beiden auch noch etwas passiert, wie damals im Fort Arsenal!“ sagte Alex dann noch und gerade als ich antworten wollte, wurde ich von einem heftigen Hustenreiz erfasst und konnte nicht sprechen. Mein Hals brannte mittlerweile wie Feuer!
„Mi amor, das hört sich überhaupt nicht gut an. Lass uns erst einmal nach Hause reiten und du bekommst einen Salbeitee mit Honig!“ ihre Fürsorge war wieder einmal wie Balsam, aber ich wäre nicht ich, wenn ich es nicht besser wüsste.
„Alex, es ist wirklich nichts schlimmes, glaub mir. Mir geht es gut!“ konterte ich, denn mir graute im Grunde vor diesem komischen Kräutermix, mir drehte sich immer der Magen um, wenn ich etwas anderes als den guten alten englischen Tee vor mir hatte!
Alex sah die Bilder von mir im Fort Arsenal vor sich, wo ich zusammen gebrochen bin und sprach ihre nächsten Worte mit einem regelrechten Befehlston, welcher mich schon fast wieder salutieren ließ!
„Keine Widerworte, verstanden?“ aber ein Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen.
Beim Anwesen erwartete uns überraschender Besuch, Master Bradshaw saß mit Jenny im Salon in ein Gespräch vertieft.
Alex orderte den Tee mit der Erklärung, dass ich anscheinend krank werden würde und prompt sah mich auch meine Schwester besorgt an. Leider konnte ich nicht richtig antworten, weil ich wieder dieses Kratzen im Hals hatte.
Unser Sohn war mit Mrs Wallace, Magda und Michael, sowie einer Wache für einen kleinen Spaziergang aufgebrochen.
Finleys Neuigkeit war jedoch keine für uns, weil wir schon im Bilde darüber waren, dass Artem Alexeeva sich hier aufhielt und wir auch ungefähr wussten wo er sich verschanzte. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren und vereint diesem Artem endlich das Handwerk legen. Wir brauchen diesen Edenapfel!“ im ersten Moment war ich überrascht, woher er das mit dem Artefakt wusste. Dann dämmerte es mir, er war ebenso mit Elias verbunden und die beiden tauschten sich aus!
Wir vereinbarten also ein Treffen für den morgigen Tag, 10 Uhr, in dem üblichen Haus, noch war ja unser neuer Stützpunkt nicht eingerichtet. Master Bradshaw verabschiedet sich und ich sah meine Frau erleichtert ausatmen.
Endlich konnten wir etwas essen und ich bekam diesen komischen Kräutertee vorgesetzt. Widerlich, wenn man mich fragt!
Gerade als wir bei Tisch saßen, hörten wir ein lautes „Mamaaaaaa!“ aus Richtung der Tür und Sybill eilte auf Alex zu, gab Edward auf ihren Schoß und kaum dass er dort saß, begann er nach dem Essen auf dem Teller zu greifen. Vielfraß!, ging es mir durch den Kopf.
„Eigentlich hatte Master Edward sogar noch Nachtisch und er hat auch einen Apfel gehabt. Ich frage mich, wo er das lässt, Mistress Kenway.“ meinte auch Mrs. Wallace erstaunt!
Im Anschluss gingen wir hinauf und ließen uns in leichtere Sachen kleiden. In Alex´ Augen lag eine solche Erleichterung, welche ich in diesem Moment selber auch nachvollziehen konnte.
Den Tag ließen wir auf der Terrasse ausklingen und genossen die leicht kühler werdende Luft!
Der nächste Tag brachte kaum Abkühlung und ließ meine Frau beim Aufwachen sofort maulen.
Sie brachte plötzlich das typische englische Regenwetter zur Sprache und ich fragte mich, wie sie auf so eine Idee kam. Hier war es wie in anderen Ländern vermutlich auch von Jahreszeit zu Jahreszeit unterschiedlich, aber nur Regen?
Sie erklärte es mir, dass es mit einem gewissen Klischee-Denken zu tun hätte und andere über Deutschland auch nur dachten, es bestünde aus Brezeln und Lederhosen? Entschuldigt, aber mir erschließt sich da der Zusammenhang nicht. Eine weitere Erklärung würde ich aber vor dem Kaffee nicht erhalten und wenn dann nur, wenn ich auch brav diesen widerlichen Salbeitee getrunken hätte.
Nach dem Frühstück zog ich mich um und war früher als Alex fertig.
Von unten hörte ich meinen Sohn freudig lachen und gesellte mich zu meiner Schwester und Sybill. Als ich Edward auf dem Arm hatte, begann er konzentriert mir etwas zu erzählen, doch leider verstand ich nicht ein einziges seiner Wörter. Wenn es denn überhaupt welche waren!
Hin und wieder bestätigte ich ihn oder meinte grinsend er hätte sicherlich Recht damit und in seinem Gesicht zeichnete sich eine gewisse Zufriedenheit ab. Ich freute mich auf später, wenn ich mit ihm richtig diskutieren, ihn richtig verstehen konnte!
Meine Frau kam die Treppe herunter und lächelte uns wissend an.
„Ich hoffe, ich störe die Herren nicht bei wichtigen Diskussionen?“ und sie gab mir einen Kuss, ein zweiter folgte schnell für Edward, bevor er wieder quengelte.
Ich erklärte, dass bliebe unter uns und sah ihn fragend an. Als hätte er mich verstanden legte er seinen Kopf auf meine Brust und lächelte seine Mutter breit an. Leider musste ich ihn an Mrs. Wallace übergeben, weil wir den 10 Uhr Termin noch hatten. Auch Alex fiel es schwer wie ich sehen konnte.
Auf dem Weg zum Treffpunkt versuchte ich ihr das schlechte Gewissen wieder zu nehmen, doch ich drang da nicht wirklich zu ihr durch. In diesem Punkt war sie einfach Mutter und ließ sich auch nicht beirren!
Master Bradshaw hatte uns seine Unterstützung und die einiger weiterer Assassinen zugesagt. Ich war gespannt, wie sich seine Truppe darstellte. Zum ersten Mal würde ich Seite an Seite mit der Bruderschaft kämpfen, wenn es denn dazu kam.
„Ich liebe Menschen die pünktlich sind.“ hörte ich Alex freudig ausrufen und musste schmunzeln. Nunja, SIE war nicht immer die Pünktlichkeit in Person, aber das Thema hatten wir schon zu genüge und ich wollte nicht näher darauf eingehen.
Im Kellergeschoss erwartete uns eine Ansammlung von ungefähr 15 Damen und Herren, alle mindestens um die 30 Jahre alt und, ich muss es neidlos anerkennen, bewaffnet, als würden sie in den Krieg ziehen wollen!
Für einen Moment bestaunte ich ihre doch recht ungewöhnlichen Waffen, unter anderem zeigte man mir auch einige abgewandelte versteckte Klingen. Eine konnte kleine Pfeile verschießen, was praktisch war, weil man so lautlos ein Ziel aus größerer Entfernung niederstrecken konnte.
Kurz darauf erschienen auch meine Leute und wir begannen, unser weiteres Vorgehen zu besprechen!
„Mistress Kenway, ich habe über einen Informanten erfahren, dass er sich im südlichen Bereich aufhält. Dort sind die Häuser nicht ganz so schäbig, aber auch nicht zu nobel. Es liegt direkt neben einem Bordell, dort…“ begann eine der hiesigen Schläferinnen, welche heute das erste Mal mit anwesend war.
Auf Alex´ Frage hin, ob man auch Näheres über die dortigen Wachen und Anzahl der Personen an sich wusste, bekamen wir eine mehr als positive Antwort!
„Ja, auf der Straße gibt es vier zweier Patrouillen, welche auch das Grundstück mit im Auge haben. Daneben gibt es auf den beiden Balkonen jeweils zwei Scharfschützen. Leider kann ich nicht sagen, wie es drinnen aussieht, Mistress Kenway.“
Die Innenräume würden meine Frau und ich dann vor Ort inspizieren. Unsere Truppe machte sich nun auf den Weg Richtung White Chapel. Kurz bevor wir am Ziel waren, banden wir die Pferde versteckt hinter einigen Häusern an und gingen zu Fuß weiter.
Die Dirnen des nahegelegenen Bordells beäugten uns kritisch und wurden teils auch handgreiflich. Jedoch nur kurzzeitig, weil meine Frau ihren todbringenden Blick aufgesetzt hatte, sobald auch nur eine Frauenhand in meine Nähe kam. Ich sage es gerne wieder, ihre Eifersucht schmeichelte mir.
„Diese Weiber sind widerlich, mi amor. Da fängt man sich ja beim hinschauen schon was ein.“ Vermutlich hatte sie recht, weswegen ich mich auch möglichst von diesen „Einrichtungen“ bisher immer ferngehalten hatte.
Wir platzierten uns gegenüber des Unterschlupfes, die anderen verteilten sich ringsum. Ich ließ meinen Blick über das Gelände schweifen und machte 8 Leute auf der Straße als Patrouille aus. Auf den Balkonen waren jeweils 2 Scharfschützen postiert, insgesamt also 6 Personen. Ich versuchte im Inneren etwas auszumachen und sah nur rote Auren, nichts deutete auf Artem hin, kein goldenes Leuchten, dass unser eigentliches Ziel dort war. Verdammt.
In mir stieg Panik auf, welche auch Alex bemerkte und ich erklärte mich.
„Haytham, was, wenn das hier wieder nur eine Ablenkung sein soll, wie damals im Fort Arsenal?“ eine Falle! An diese Möglichkeit hatten wir alle irgendwie nicht gedacht und in Windeseile hatte ich 5 unserer Leute abgestellt. Sie sollten umgehend zum Kenway Anwesen zurückkehren und dort für die Sicherheit sorgen.
Alex wollte schon mit ihnen reiten, weil sie ihre Angst um Edward nicht zügeln konnte. Aber ich hielt sie davon ab, ich brauchte sie hier! Also bekamen die abgestellten Templer nun die glorreiche Aufgabe, auch noch Master Cormac Bescheid zu geben! Er sollte, wenn nötig, ebenfalls für die Sicherheit meiner Familie dort sorgen.
Das beruhigte meine Frau etwas, wenn auch nicht ganz.
Die Ablenkung folgte aber auf dem Fuße, weil Finley seine Leute jetzt anwies, die Scharfschützen schlafen zu legen und ich bestaunte diese filigranen Schlafpfeile verschießenden Handgelenkwaffen! Beizeiten sollten wir uns auch so etwas zulegen!
Jetzt waren die Straßenwachen dran und einer nach dem anderen wurde hinter das Haus gelotst und ausgeschaltet.
Nun war es an Alex und mir, die Balkone zu erklimmen, während die anderen Begleiter die untere Etage in Angriff nehmen würden.
Die Kehlen der Schützen waren schnell durchtrennt, so konnten sie keinen Ärger mehr machen.
Wir gingen weiter hinein, da durch das heiße Wetter auch die Fenster alle offen standen, hatten wir leichtes Spiel.
Mittlerweile waren auch 3 von Finleys Leuten hier oben und Alex deutete, sie sollten sich ihre Masken über die Gesichter ziehen. Wir würden eine Gruppe Karten spielender Männer in einem Raum hier benebeln. Gesagt getan und das Überraschungsmoment war auf unserer Seite!
Auf dieser Etage räumten wir gründlich auf und gingen dann ein Stockwerk tiefer, hier jedoch wimmelte es schon von ein paar mehr Leuten, wie ich an den roten Auren sehen konnte! Aber immer noch – keine Spur von Artem!
Von unten ertönten ab und an Kampflaute und dumpfe Aufprallgeräusche, was mich vermuten ließ, dass man dort auch ordentlich aufräumte.
Trotzdem war es etwas unheimlich, dass sich auch diese Assassinen wieder einfach so überrennen ließen! Etwas stimmte nicht!, ging es mir durch den Kopf. Und ich sollte Recht behalten!
Gerade als wir einen weiteren Raum betraten, kamen uns 4 breitschultrige Herren in voller Kampfmontur entgegen!
„Da seid ihr ja endlich, Master Kenway! Wir dachten schon, ihr erscheint hier gar nicht mehr, weil ihr zu dumm seid, Hinweisen nachzugehen!“ da versuchte mich doch tatsächlich jemand mit einem starken russischen Akzent zu verhöhnen! Bevor ich aber etwas erwidern konnte, ging Alex in die Defensive und griff an! Warum kann sie mir nicht einfach einen Wink geben!
Also begann nun ein Kampf, welcher es in sich hatte. Diese Herren waren hervorragend trainiert und ausgebildet. Sie schienen keine Schmerzen zu kennen, da egal wie tief ich ins Fleisch schnitt mit meinen Klingen, zuckten sie nicht einmal zusammen!
Ich hatte zum ersten Mal Mühe mich zu wehren, weil ich gegen zwei Angreifer antreten musste.
Unsere anderen Mitstreiter wurden von weiteren nach oben eilenden gegnerischen Assassinen attackiert.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie meine Frau ihren Angreifer eliminiert hatte und sich nun leise auf mich zubewegte! Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und kämpfte weiter. Doch Alex linker Arm stand in einem mehr als unnatürlichen Winkel ab und ihre Hand war bereits dabei, blau anzulaufen!
Sie streckte mit ihrer rechten versteckten Klinge einen Russen nieder, er hatte keine Chance. Aber so hatte ich die Gelegenheit den anderen zur Strecke zu bringen, da dieser völlig überrascht war, dass er nun alleine hier war.
Das war mein Vorteil und ich konnte ihn so zu seinem Schöpfer schicken, in dem ich mit einem festen Streich in seinem unbedachten Moment über seinen Bauch fuhr!
Erleichtert, dass wir hier oben fertig waren, ging ich zu meiner Frau, welche mich aber seltsam ansah. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich sie selber einfach nur anstarrte. „Haytham, ist alles in Ordnung? Sag doch was.“ ich hatte am Kinn und über dem linken Auge einen Schnitt, aber ansonsten keine ernsthaften Wunden am Körper.
„Mir geht es gut, doch... Alex, hast du dir deinen Arm mal angesehen?“ fragte ich etwas skeptisch, weil SIE noch gar nicht darauf geachtet zu haben schien.
Ihr Blick glitt hinunter zu ihrem Arm, der Hand und dann kam ein trockenes „Haytham, das... ich glaube, er ist gebrochen.“ von ihr.
Aber wir waren hier noch nicht fertig und ich war mir nicht sicher ob sie so überhaupt noch kämpfen konnte!
Ich sah nach unten und endlich war dort eine goldene Aura aufgetaucht! Artem schien jetzt doch hier zu sein, aber wie in drei Teufels Namen war er hier hereingekommen? Ich deutete Alex, sie solle nach unten schauen und auch sie sah ihn. Wir mutmaßten, er sei durch die Kanalisation eingedrungen, da ja viele Häuser damit verbunden waren.
Gerade als wir uns auf in den Keller machen wollten, erschien eine neblige Gestalt neben meiner Frau!
Kapitel 81
*** Gehirnwäsche á la Alex ***
Es war aber nicht, wie ich zuerst vermutete, mein Vater sondern es war unser Enkel! Es war klein, nein, es war GROSS Alex! Er war erwachsen und betrachtete seine Großmutter mitleidig an, welche ihn immer noch voller Erstaunen ansah.
„Ja, ich bin es, Oma! Ich konnte spüren, dass du Schmerzen hast. Das habe ich noch nie vorher so erlebt!“ hörte ich ihn leise sprechen und dankte im Stillen allen Göttern, dass er ein solches Gespür besaß!
Wir hörten noch, wie Odin meinte, er hätte unseren Enkel ebenfalls benachrichtigt. Mein Dank galt ihm weiterhin!
„Reich mir deinen Arm und beiße die Zähne zusammen, es könnte weh tun! Großvater, würdest du meine Oma bitte festhalten?“ ich tat, wie er mir sagte und hoffte, es würde nicht allzu schlimm für meine Frau werden.
Die Hände unseres Enkels griffen ihren Arm und hielten ihn fest. Seine Finger bearbeiteten, wie es aussah, die Knochen, sie schoben sich zusammen und man sah, wie der Unterarm wieder gerade gerückt wurde! Mir drehte sich der Magen um, weil ich mir vorstellen konnte, was das für ein widerliches Gefühl sein muss.
Abrupt ließ er von Alexandra ab, aber sie sah ihn immer noch ungläubig an. Wie das möglich sei, wollte sie nun wissen.
„Einfach ist es nicht, Oma. Es strengt mich an, aber ich mache das ja auch nicht jeden Tag!“ hörte ich ihn schwer atmend sagen und man sah die Erschöpfung in seinem Gesicht, auch wenn es immer noch wie Nebel war.
Meine Frau wollte nach ihm greifen, doch ihre Finger glitten durch seine Silhouette hindurch und die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben!
Sie bedankte sich noch bei ihm und flüsterte, sie würde ihn lieb haben. Auch unser Enkel erwiderte, dass er sie ebenso liebte und fragte, ob er seinen Eltern noch etwas ausrichten sollte, er würde jetzt nämlich zurückkehren müssen!
Leise sagte Alex nur „Ja, dass ich euch alle vermisse!“ und Tränen traten in ihre Augen. Als dieser neblige Umriss sich dann aufgelöst hatte, nahm ich meine Frau in den Arm um sie wenigstens etwas zu trösten.
Leider blieb uns hier keine Zeit, es war Eile geboten, weil wir nicht wussten, was dieser Alexeeva noch geplant hatte!
Alex Arm würde noch eine Weile schmerzen, merkte sie an und wir hofften beide, dass es mehr wie Muskelkater sein würde!
Unten im Erdgeschoss wurden wir von den verbliebenen Brüdern und Schwestern von beiden Seiten neugierig betrachtet. Sie alle werden das Spektakel dort auf der Empore sicherlich mitverfolgt haben, aber Erklärungen konnten wir ihnen nicht geben. NOCH nicht!
Ich instruierte nun im Flüsterton die Leute!
„Artem ist unten im Keller, wenn ich mich nicht täusche. Meine Frau und ich gehen vor, ihr Phil, Michael, Beatrix, werdet hier oben Wache halten. Stewart, Karl, Patrick und Yvie, ihr kommt mit uns und folgt uns in einem kleinen Abstand! Die restlichen werden draußen patrouillieren.“
Wir gingen zur Kellertür, welche sperrangelweit offen stand und ließen unsere Blicke nach unten wandern.
Er lauert uns auf, Haytham. Siehst du das? Er erwartet uns! Ja, das hatte ich auch gesehen. Er lehnte an etwas und tat so, als wäre er gelangweilt. War es doch eine Falle? Doch jetzt war es zu spät, wir waren hier, er war hier und wir würden es jetzt zu Ende bringen! Wir sollten keine Zeit mehr verlieren.
Also schlichen wir alle die Treppe hinunter und kaum dass wir um die Ecke waren, hörten wir ihn schon!
„Ah, da seid ihr ja endlich! Aber ich hatte noch zu tun, deswegen musste ich nicht allzu lange hier herum stehen und Löcher in die Luft starren!“
Der Russe war so groß wie ich, hatte helle-rötliche schulterlange Haare und sein Gesicht zierte eine tiefe Narbe, welche über seine lange Nase bis über sein rechtes Auge reichte. Er trug teure Kleidung und auch seine Bewaffnung konnte sich sehen lassen! Er wird kein leichter Gegner sein!, ging es mir durch den Kopf. Irgendetwas an ihm war aber seltsam. Es bereitete mir eine leichte Gänsehaut.
„Endlich lernen wir uns persönlich kennen, Mr. Alexeeva!“ sprach Alex in einem sehr unangenehmen freundlichen Ton!
Artem trat mit einem triumphierenden Blick im Gesicht einen Schritt zur Seite. Zum Vorschein kam eine der Runentruhen! Wie zum Henker kam er daran, sie war in Master Bradshaws Besitz, soweit ich unterrichtet war!
„Wo ist Master Bradshaw?“ Alex und ich hatten den selben Gedanken, denn er war gar nicht mehr hier, was mir erst jetzt auffiel!
„Oh, er ist gerade etwas unpässlich, Mistress Kenway.“ grinste er frech.
„Ich habe gefragt, WO er ist, nicht WAS mit ihm ist!“ Sie ließ ihren Worten einen Schritt nach vorne auf ihn zu folgen und funkelte ihn wütend an!
„Wenn ihr es wissen wollt, dann versucht es doch herauszufinden. Kommt schon, ihr könnt doch in den Geist eindringen und ihn so manipulieren, wie es euch passt. Ich warte, Mrs. Kenway!“ es fehlte nur noch, dass er wie irre dabei lacht. Er war mir unheimlich, wenn ich ehrlich sein soll.
Und dann sah ich eine Tätowierung, welche leicht leuchtete, an seinem Hals. Es war eine Sonne! Also gehörte er auch, wie Alex zu den gesegneten des Balders!
„Ganz genau, Master Kenway. Es wäre übrigens überaus reizend, wenn ihr mir jetzt noch eure ganzen Begleiter vorstellen könntet, damit ich jeden einzelnen mit Namen auf den Lippen umbringen kann! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Ihr marschiert hier herein und metzelt meine Männer nieder. Genau wie in dem Lagerhaus, welches ihr auch gleich noch abgefackelt habt! Ohne Rücksicht verwüstet ihr unser Werk!“ spie er uns die Worte entgegen.
„Wir haben uns nur verteidigt, Mr. Alexeeva! Oder sollte ich mich lieber für die Entführung und die Vergewaltigung bei euren Stiefelleckern bedanken? Ich habe mich gerächt, für das, was eure Männer mir angetan haben!“ Alex schrie es ihm entgegen und konnte sich kaum beherrschen, ihre Wut war zurück auf diesen Überfall! Bevor sie jedoch auf Artem losgehen konnte, ergriff Yvie ihre Arme und hielt sie zurück, was dem Russen ein höhnisches Lachen entlockte. Und ehe er sichs versah hatte er einen rechten Haken von mir verpasst bekommen!
„Ich muss doch sehr bitten, Master Kenway! Was kann ich dafür, wenn sich eure Frau so angeboten hat?“ er schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein und provozierte uns, wo er nur konnte!
Der Zorn meiner Frau verlieh ihr ungeahnte Kräfte, wie es schien. Im Nu hatte sie sich aus dem Griff der Templerin gelöst und war mit einem Sprung über dem Assassinen. Bevor sie jedoch mit ihrer Klinge zustechen konnte, riss ich sie von ihm herunter! Wir brauchten erst einmal Antworten, auch wenn ich sie mehr als nur verstehen konnte, auch in mir keimte dieser Hass gegenüber ihren Vergewaltigern wieder auf.
Und erneut kam es lachend „Eure Frau ist eine echte Wildkatze, meine Leute hätten sicherlich noch länger Spaß an ihr gehabt, doch dann musstet ihr ja auftauchen!“
Ich atmete tief durch. Wenn er noch ein weiteres Wort sagt, würde er MEINE Klinge zu spüren bekommen!
Alex wollte nun wissen, was er außer den Schwertern noch verlangte, aber auch das tat er mit einem mittlerweile ziemlich irren Grinsen im Gesicht ab.
„Wie ihr sehen könnt, habe ich bereits was ich wollte. Also, wenn ihr mich dann einfach entschuldigen wollt, dann könnte ich meine Arbeit fortsetzen.“
Etwas stimmte hier nicht mehr, auch unsere Begleiter waren ein Stück von diesem Russen weg getreten. Ich sah, wie meiner Frau klar wurde, dass sie seinen Geist bereinigen könnte, doch ehe es soweit kommen konnte, setzten wir unsere Blicke ein!
Seine Aura war jetzt ein helles pulsierendes Rot! Instinktiv wollte ich schon mein Schwert wieder zücken, doch Alex hielt mich zurück.
Ich werde jetzt versuchen, in seinen Geist zu kommen! Hier stimmt etwas nicht! Ich mahnte sie noch zur Vorsicht und dann war sie schon wie in Trance und nicht mehr ansprechbar!
Plötzlich regte sich Artem und zuckte immer wieder entsetzt vor ihr zurück, es sah aus, als hätte er Angst. Angst, dass meine Frau etwas entdecken könnte, was sie nicht sehen sollte? Angst, dass wir ihn einer Gehirnwäsche unterzogen?
Leider konnten wir alle hier nur tatenlos zusehen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Bewegung in die beiden kam.
Der Russe warf sich schreiend auf den Boden und begann wie ein Baby zu weinen! Er krümmte sich zusammen und faselte immer wieder sie solle ihn in Ruhe lassen und dass sie ihm wehtat!
WAS machte meine Frau da mit diesem Mann?
Und dann stand sie wie aus einem Traum erwacht neben mir und sah zufrieden zu mir auf. Ich aber deutete auf den Boden und als ihr Blick dahinglitt erschrak sie!
„Ich weiß nicht, ich habe doch nur seine Gedanken gelesen, ich habe ihm nicht weh getan oder so. Er wollte einen Frieden plötzlich, doch das würde nicht gut gehen, also habe ich weiter gegraben und…“ ich konnte aber nichts sagen, es war Yvie, welche sich zu Wort meldete.
„Ihr habt ihn regelrecht in Grund und Boden gestarrt, Mistress Kenway. Dieser Russe sah immer mehr aus, als hätte er ein Gespenst gesehen und fing an zu schreien, ihr sollt ihn in Ruhe lassen! Es war unheimlich. Und ihr... ihr habt ihm immer wieder Befehle gegeben, aber es war, als würde jemand anderes durch euch sprechen!“ kam es jetzt ungläubig von ihr.
Alex kniete sich neben ihn und strich vorsichtig über seinen Arm. „Es tut mir leid, ich weiß nicht, was da gerade passiert ist.“ ihre Stimme war fast tonlos.
Und dann hörten meine Frau und ich den Göttervater zu uns sprechen!
Du hast es geschafft ihn auszuschalten, mein Kind. Dafür gebührt dir mein Dank und größter Respekt. Seit einigen Jahren haben wir es versucht, doch niemand hat ihm standhalten können! Es war Finley, welcher ihn bis gerade noch mürbe gemacht hat! Und keine Sorge, Loki, es geht ihm den Umständen entsprechend gut, ich führe dich gleich zu ihm. Zuerst wirst du aber dafür sorgen, dass die Truhe wieder an ihren Bestimmungsort kommt und dann wirst du den Edenapfel an dich nehmen.
Besorgt, weil Alex wieder ganz blass und zittrig geworden war, fragte ich, ob es wieder ginge und sie erklärte mir, was es mit dem Edenapfel auf sich hat. „Ja, es geht langsam wieder. Wir müssen die Runentruhe wieder an Master Bradshaw übergeben und dann ist hier unten wohl noch eine bunte Truhe…“
Karl, einer unserer Begleiter, deutete auf eine bunte Truhe in einer Ecke und erfreut erhob sich meine Frau.
„Ja, genau die…“ Sie bat mich, nach einem Schlüssel dafür bei Artem zu suchen, sie wollte ihm nicht mehr zu nahe kommen, was natürlich verständlich war.
Es dauerte nicht lange, da wurde ich fündig und hielt gleich zwei Schlüssel in der Hand! Einen großen formbaren wie es aussah und einen etwas kleineren, feiner gearbeiteten. Alex mutmaßte, dass dieser für die normale Kiste gedacht sei, der andere, weil sie ihn bei Finley schon gesehen hatte, ist für die gesicherte Truhe!
Ich wies nun Karl und Stewart an, Mr. Alexeeva nach oben zu bringen und ihn auf eines der Sofas im Erdgeschoss zu legen. Wir werden nach einem Arzt schicken müssen und zwar jemandem, dem wir vertrauen konnten. Auf Faith werde ich in diesem Falle sicherlich nicht zurückgreifen, ich wollte sie nicht unnötig in Gefahr bringen. Ein Arzt für den Kopf musste her…
Mittlerweile war die bunte Spielzeugtruhe, sie sah wirklich so aus, offen und Alex kratzte an einem Klumpen Dreck herum! DAS sollte der sagenumwobene Edenapfel sein, ein mächtiges Artefakt?
Doch das musste jetzt alles warten, bis wir Master Bradshaw gefunden hätten.
Unsere Begleiter sollten die Behältnisse nun ebenfalls nach oben bringen und dort auf uns warten. Wir würden hier auf die Anweisungen von Odin warten, DAS sagte ich natürlich nicht.
Als sie alle oben waren, begann Elias uns zu leiten und zu erklären, wo wir Finley oder eben besser Loki finden konnten! Hier im Keller gab es tatsächlich einen Eingang, welcher zu der Kanalisation führt! Es dauerte auch nicht lange, da sahen wir ihn in einer Zelle auf einer Pritsche kauern! Vor Schmerzen stöhnte er immer wieder und sein Gesicht schien eine breiige Masse zu sein! Du meine Güte, was hatte man mit ihm gemacht und vor allem, DAS sollte Artem alleine gewesen sein? Unvorstellbar!
Aber warum gab es hier überall Gefängniszellen? Was hatte man sich dabei beim Bau der Kanalisation eigentlich gedacht?
Alex machte mit dem Schloss des Gitters kurzen Prozess, indem sie eine Haarnadel nutzte und ich fragte mich, woher sie plötzlich diese Fähigkeit hatte. Warum fragte ich mich das eigentlich? Es war sicherlich der göttliche Einfluss im Moment!
Sie schritt langsam auf den blutenden Mann zu und versuchte ihn zu beruhigen, was aber kaum möglich war. Und als wir versuchten ihn von der Pritsche zu hieven, verzog er immer wieder, soweit möglich, das Gesicht vor Schmerzen!
Auf seine Frage, wie wir hierher gekommen sind, gab Alex die Antwort.
„Odin hat mir den Weg gezeigt. Steht bitte auf, damit wir hier weg können. Mr. Alexeeva wird uns nicht mehr in die Quere kommen, dafür haben ihr und ich gesorgt.“ in Ihrer Stimme lag ein ruhiger Ton, welchen sie auch anschlug um Edward zu beruhigen.
Plötzlich änderte sich aber Finleys Ausdruck und er bekam Panik!
„Er war nicht alleine, er... hat viele... Wachen... wir müssen sie... ausschalten…“ dann lag ich richtig, dass Artem ihn nicht alleine so zugerichtet haben konnte!
Wir stützten den Geschundenen nun und brachten ihn langsam, Schritt für Schritt, wieder nach oben. Dort übergaben wir ihn an seine Brüder und Schwestern, damit sie ihn nach Hause brachten und für eine angemessene Behandlung sorgten! Außerdem wurde ihnen noch die Runentruhe anvertraut, damit sie wieder an ihren angestammten Platz kam.
Die Spielzeugtruhe würde ebenfalls von Finleys Leuten mitgenommen und zu unserem Anwesen gebracht werden. Auf einem Pferd ließe sie sich nicht transportieren.
Nachdem wir uns hier noch einmal umgesehen hatten und uns überzeugt hatten, nichts übersehen zu haben, machten wir uns auch auf den Weg.
„Diese Geschichten glaubt uns keiner, mi amor. Das ist doch alles so absurd und... es scheint kein Ende zu nehmen!“ meinte meine Frau gedankenverloren!
Wir würden sie ja auch niemandem erzählen, außer unseren Kindern und Enkelkindern.
„Das werden ja schöne Schauergeschichten für die Kleinen. Du kannst ja gleich heute Abend bei Edward damit anfangen.“ grinste sie mich an und vermutlich hatte sie damit recht! Auch mir lief ein Grinsen über das Gesicht.
Gerade als sie mir einen Kuss geben wollte, schüttelte mich der Husten wieder und prompt bekam ich die Anweisung, später wieder diesen widerlichen Tee zu trinken!
„Medizin die schmeckt, wirkt nicht. Das hat sogar schon meine Oma gesagt!“ eine weise aber bestimmt sehr fiese Frau, wenn man mich fragt!
Endlich kamen wir zuhause an und ich war dankbar, als ich endlich meinen Gehrock abgeben konnte. Diese Temperaturen waren derzeit wirklich unerträglich, auch meine Frau seufzte vor Erleichterung. Nur Magda besah sich das verdreckte Kleidungsstück und bedachte Alex mit einem Kopfschütteln.
Shay hatte sich bereits auf den Weg zurück zum Williams-Anwesen gemacht, als er die Nachricht bekam, dass wir uns auf dem Rückweg befanden. Wir waren uns einig, dass wir uns für die Störung noch entschuldigen mussten, aber die Sicherheit ging nun einmal vor.
Die Türen zur Terrasse standen offen und wir vernahmen ein fröhliches Gekicher unseres Sohnes. Im Garten sahen wir ihn in einem kleinen Zuber sitzen, während sein Kindermädchen neben ihm aufpasste.
Alex blieb für einen Moment stehen und betrachtete die Szenerie.
„Da hat ja jemand seinen Spaß beim Baden, ich würde mich gerne dazu gesellen, mi amor.“ ich ließ meine Hand auf ihren Hintern wandern, drückte zu und versprach ihr leise, dass sie heute Abend in diesen Genuss kommen wird. Aber ganz bestimmt nicht alleine! Bei meinen Worten überzog sich ihr Körper mit einer Gänsehaut. „Das hört sich fantastisch an!“ hauchte sie etwas schwer atmend.
Als seine Mutter auf ihn zukam, strahlte Edward sie an, rief laut „Mamaaaaaa“ und reichte ihr grinsend seinen nassen Schimmel. Mir kam in den Sinn, dass er vielleicht eine kleine Miniatur-Jackdaw für sein Bad bräuchte und auch meine Frau stimmte freudig zu. Damit hätten wir schon ein Geburtstagsgeschenk für ihn und ich überlegte, wer uns dabei helfen könnte. Auf unserer Plantage hatten wir zwei Holzfäller, welche sich auch mit Spielzeug beschäftigten, weil sie für ihre eigenen Kinder schon diverses geschnitzt haben.
Alex hob unseren nassen Sohn nun aus seinem Zuber und begann ihn abzutrocknen. „Dada!“ hörte ich ihn sagen und er reckte seine Arme nach mir. Ich konnte nicht anders. „Wie heißt das, Edward?“ meine Frage ignorierte er aber gekonnt. Ganz die Mutter!, dachte ich grinsend.
„Er lernt es schon noch.“ kam es etwas genervt von meiner Frau.
Währenddessen berichtete Sybill, dass Edward ein braves Kind gewesen sei. Nur sein Mittagessen war nicht nach seinem Geschmack gewesen, was er demonstrierte in dem er es im Esszimmer verteilt hatte. Wie gut, dass hier geschultes Personal war, welches die Teppiche wieder reinigen konnten!
Ich wollte meinen Sohn gerade entsprechend erklären, dass sich das nicht gehörte… da fiel mir Alex ins Wort!
„Er ist noch kein Jahr alt, mi amor. Dein Sohn lernt es schon noch, wir sollten eher stolz sein, dass er schon soweit ist.“
Sie hatte ja nicht Unrecht, dennoch sollten wir uns über Erziehungsfragen einig sein! Sie wird Edward nicht immer in Schutz nehmen können.
Mir kam ein Gespräch in den Sinn, welches wir einmal hatten, wo Alex erklärte, dass sie Yannick nie geschlagen hätte! Ein Unding in ihren Augen als Erziehungsmaßnahme! ICH hatte es aber gar nicht anders gelernt und es war einfach auch Gang und Gebe, dass es eben eine Strafe für Fehlverhalten gab! Ich hoffte trotzdem, dass wir uns da einigen können!
Ich solle nur nicht zu streng sein, erwiderte sie leise und ich sah, sie hatte an die Methoden meines eigenen Vaters gedacht!
Bevor wir aber noch weiter diskutieren konnten, ging Alex hinauf um sich frisch zu machen und umzuziehen. Ich ging hinterher, damit ich auch in andere Sachen kam. Alles klebte an mir und es war wirklich unangenehm.
Es dauerte nicht lange und ich hörte meine Frau selig stöhnen, als das kühle Wasser auf ihre Haut traf. Wie gut ich sie in diesem Moment doch verstand!
Ich war vor ihr fertig, dank Michael und ging in das Arbeitszimmer, wohin man diese bunte Truhe gebracht hatte. Ich öffnete sie und nahm ihren Inhalt unter die Lupe.
Es waren einige Papiere, Schriftstücke und eben dieser Dreckklumpen, welchen wir vorhin schon gesehen hatten.
Leider musste ich feststellen, dass wir rein gar nichts mit diesen Dingen anfangen konnten. Es war alles auf kyrillisch! Verdammt.
In diesem Moment trat Alex neben mich und fragte, ob ich schon fündig geworden sei. Bei der Erwähnung, dass wir einen Dolmetscher bräuchten, es sei denn, SIE beherrsche jetzt auch noch russisch, huschte ein Leuchten über ihr Gesicht.
„Nein, du kennst ja mein Sprachtalent, aber ich wüsste, WER uns dabei helfen könnte!“ daran hatte ich nicht gedacht! FAITH! Für einen kleinen Obolus übernahm sie das Übersetzen von Briefen und ähnlichem und wäre genau die Person, welche wir nun bräuchten.
Jedoch musste ich meine Frau in ihrem Enthusiasmus bremsen, VOR dem Ball sollten wir meine kleine Schwester damit nicht belästigen. Die Vorbereitungen für das anstehende Spektakel nahm sicherlich genügend Zeit in Anspruch!
Wieder einmal las ich in Alex´ Gesicht wie in einem Buch. Sie hatte den Eindruck, ich würde sie beide absichtlich versuchen voneinander fernzuhalten, wenn auch mit logischen Begründungen!
Mir rutschte ein launisches „Nein, will ich nicht!“ heraus und sie bemerkte, dass sie wieder ihre Gedanken offen gelegt hatte!
„Ist ja gut, mi amor. Es war nur ein Gedanke.“ es war eine leichte Verunsicherung in ihrer Stimme, welche ich mir jetzt wieder zunutze machte. Ja, ich liebte es, meine Frau nervös zu machen!
Ohne ein weiteres Wort zog ich sie zu mir, legte meine Hand unter ihr Kinn und sah sie durchdringend an.
„Habe ich etwas vergessen, mi amor?“ kam es leise und nervös aus ihrem Mund und ich schwelgte in dieser Emotion von ihr!
Ich erlöste Alex. „Weißt du eigentlich, dass ich es liebe, wenn ich dich so verunsichern kann, mit einem einzigen Blick? Ich halte euch nicht voneinander fern, mi sol. Du kennst mich, ich möchte nur nicht stören und ihr mehr Arbeit aufhalsen, als unbedingt nötig.“ gab ich jetzt als Erklärung!
Mit einem tiefen Seufzen begann sie nun, alles in ihre gesicherte Truhe zu räumen. Als sie dieses vor Dreck starrende Gebilde in Händen hielt, fragte sie, ob wir Hammer und Meißel im Hause hätten. Vermutlich schon, es gab ja auch immer etwas zu tun am Haus. Doch ich vermutete, sie meinte es eher rhetorisch und sehr ironisch! Diese Art war mir mitunter oft noch fremd und ich musste, wie Alex auch, weiter lernen!
Wir beschlossen dieses Ding in den Zuber zu legen, damit sich der Schmutz ablösen könnte.
Auf der Terrasse saß meine Schwester und eine Freundin, nebst Mrs Wallace und Edward. Das Abendessen war schon aufgetragen und es roch köstlich. Mir wurde erst jetzt bewusst, dass mein Magen nach Essen verlangte!
Alex kam dazu, nachdem der Dreckklumpen im Zuber lag und wir konnten endlich etwas gegen unser Hungergefühl machen! Der kühle Wein tat gut, auch wenn ich mal wieder mit dem Salbeitee bestraft wurde, wofür fragte ich mich immer noch!
„Nun verzieh nicht so das Gesicht, Haytham. Es ist nur Tee und kein Gift!“ lachte sie und sah dann auf unseren Sohn „Hoffentlich wirst du später deine Medizin ohne Murren nehmen.“
Diese Worte werden ein Nachspiel haben, beschloss ich gerade im Stillen für mich und bedachte meine Frau lediglich mit einer hochgezogenen Augenbraue. Eine Geste die mal wieder völlig ausreichend war und ihr ein lüsternes Lächeln ins Gesicht trieb! Das Bad hatte ich nämlich schon in Auftrag gegeben!
Nachdem wir alle fertig waren, verabschiedete sich Jennys Freundin und Alex ging hinüber zum Zuber um nachzusehen, wie weit der Schmutz schon abgebröckelt war.
Das Wasser hatte eine matschige Farbe angenommen, aber man konnte ein leichtes Leuchten wahrnehmen, als sie ihre Hand danach ausstreckte.
Mit Edward auf dem Arm stand ich daneben und sah fasziniert dabei zu. Ich hatte jedoch die Neugierde und den Entdeckerdrang unseres Nachwuchses vergessen, welcher sich ebenfalls danach reckte.
Je näher er mit seinen kleinen Armen kam, desto deutlicher wurden die leuchtenden Zeichen auf seiner Haut! „Daaaaaaaa“ ertönte es passend freudig dazu, Alex hingegen unterbrach das Schauspiel und zog ihn von der Kugel weg. Edward begann bitterlich zu weinen, wie immer, wenn er nicht seinen Willen bekam.
„Schätzchen, lass lieber erst noch die Finger davon. Nicht dass du uns wieder woanders hinbringst.“ mir wäre es auch lieber, wir blieben von einem erneuten „Ausflug“ verschont, zumindest solange, bis wir genau wussten, woran wir dann sind.
Ich ging mit dem Kleinen einfach hinein, weil es sowieso Zeit fürs Bett für ihn war.
Oben angekommen hörte er langsam auf zu schniefen, war aber immer noch am Schmollen, was ihm große Ähnlichkeit mit Alex verlieh!
Kurz nachdem ich angefangen hatte, Edward etwas über die Götter zu erzählen, erschien auch seine Mutter. Mit Mühe schaffte sie es, ihn ins Bett zu bringen und musste ihm sogar zwei Lieder vorsingen, bevor dieser kleine Nörgler endlich Ruhe gab. Vielleicht hatte Edward aber auch einen schlechten Tag, jeder von uns hat mal schlechte Laune!
Ich zitierte noch Sybill in unser Zimmer und machte mich dann mit Alex auf in die Waschküche, wo schon das fertige Bad auf uns wartete.
Auch wenn sie gerade nicht so wirklich in Stimmung war, wie ich an ihrem leicht genervten Gesichtsausdruck sehen konnte, oder gerade deswegen, wollte ich sie auf andere Gedanken bringen.
Alex atmete die parfümierte Luft hier ein und auch ich genoss diesen blumigen Duft mit dem leichten Dunstschleier. Ohne weitere Worte schloss ich die Tür ab und gab ihr die Anweisung, sich auszuziehen.
Als hätte das einen Mechanismus in ihr ausgelöst, begann sie langsam meinem Wunsch nachzukommen und ließ mich dabei nicht aus den Augen.
Je mehr Stoff von ihrem Körper kam, um so schwerer wurde es für mich selber, mich zusammenzureißen! Langsam schritt sie dann auf mich zu und begann mir bei meinen eigenen Sachen zu helfen.
Für einen Moment standen wir uns dann einfach gegenüber und ich küsste sie innig mit einer Hand in ihrem Nacken während ich die andere über ihren Körper wandern ließ. Es war vorbei mit meiner Geduld und ich hob sie auf meine Hüfte, trug sie zum Zuber mit dem warmen Wasser. Langsam setzten wir uns und ich ließ sie wissen, was mir als Lektion vorschwebte.
„Du weißt, ich dulde es nicht, wenn du mir widersprichst und dein loses Mundwerk müssen wir auch noch zügeln! Aber das übernehme ich gerne hier und jetzt!“ damit zog ich sie zu mir und auf meinen Schoß, dachte aber nicht daran sie einfach zu nehmen. Ich wollte sie ein wenig zappeln lassen und strich einfach über ihren Körper, fühlte ihre weiche Haut und sah in ihren Augen die Lust steigen!
Mir ging es nicht anders, während auch ihre Finger über mich glitten und mich erkundeten. „Du gehörst mir!“ mehr konnte ich nicht sagen, als ich sie nahm! Ihr lauter werdendes Stöhnen stoppte ich, indem ich sie einfach küsste. Damit trieb ich sie und mich gleichermaßen auf den Höhepunkt zu, genoss aber jede Sekunde und nahm sie kurz darauf mit hinüber mit einem tiefen Seufzen.
Langsam kamen wir wieder in der Realität an und als ich an meinen Oberarmen und meiner Brust herunterblickte, sah ich rote Striemen auf meiner Haut! Meine Frau hatte sich wirklich an mich gekrallt, sprichwörtlich! Erst als ich sie darauf hinwies, besah sie sich ihr Werk und setzte zu einer Entschuldigung an, welche ich aber im Keim erstickte, denn sie würde es wieder gut machen und ich wüsste auch schon WIE! Wenn ich gedacht hätte, damit wäre es erledigt, hatte ich nicht mit ihrem losen Mundwerk gerechnet!
„Jetzt sofort, Master Kenway?“ hörte ich sie breit grinsend fragen! Oh wenn sie so weitermachte, dann ganz sicher!
Leider wurde es mir hier doch etwas zu kalt, da das Wasser merklich abgekühlt war und wir stiegen aus dem Zuber. Gerade als Alex dabei war sich ihren Morgenrock überzustreifen, war mir einfach danach, dass sie es JETZT schon wieder gutmachen konnte.
Hinter ihr stehend, ließ ich ihre Sachen über ihre Schultern auf den Boden gleiten und zeigte ihr, was ich von ihrem Verhalten, welches sie heute an den Tag gelegt hatte, halte! Was soll ich sagen? Ich ließ es mir nicht nehmen, sie zu kosten und sie dankte es mir umgekehrt mit voller Hingabe, welche ich in vollen Zügen genoss!
Mit einem „Ich liebe dich, mi sol!“ drehte ich meine Frau zu mir um und gab ihr einen langen vorsichtigen Kuss, bei welchem ich ihre leicht salzige Haut schmecken konnte. Einfach fantastisch… doch ich schweife zu sehr ab!
Leise gingen wir nun beide hinauf, nachdem wir uns in die Morgenröcke gehüllt hatten. In unserem Zimmer sah Alex noch einmal nach Edward, strich sachte über sein kleines Gesicht, auf welchem ein leichter Schweißfilm lag. Ihre bedingungslose Liebe zu unserem Sohn war für mich immer wieder erstaunlich, aber es öffnete mein Herz jedes mal die beiden zusammen zu sehen!
Anschließend ließ sie ihr Nachthemd achtlos vor dem Bett liegen und stieg wie Gott, oder sollte ich besser Odin sagen?, sie schuf über mich auf ihre Seite, ließ es sich aber nicht nehmen, mich noch verlangend zu küssen.
Mit einem breiten Grinsen lag sie dann neben mir und ich brachte mit rauer Stimme nur noch ein „Du bist gemein, Alex!“ über die Lippen.
„Ich sollte immer noch die weichen Sitzpolster in mein Sortiment aufnehmen, Haytham!“ etwas überrumpelt von diesem Themenwechsel sah ich sie an und mir dämmerte es, als sie sich bewegte und etwas schmerzerfüllt das Gesicht verzog!
Meine Lehrstunde war also ein voller Erfolg heute! Zufrieden nahm ich sie in meine Arme und sie schlang wie üblich Arm und Bein um mich!
Neben mir spürte ich plötzlich einen kühlen Luftzug und ein leises Tapsen, welches sich zur Tür wandte! Meine Frau war sonst nie, oder besser nur selten, vor mir wach.
Ich schob es auf diese unerträglichen Temperaturen, erhob mich selber und öffnete zwei Fenster ein wenig.
Edward schlief noch friedlich und sein Anblick ließ mich breit lächeln! Nein, er sah nicht nur mir ähnlich, von Alex hatte er durchaus gewisse Gesichtszüge mitbekommen, gerade jetzt, wo er so entspannt war. Vorsichtig strich ich ihm über seine dunklen Haare und atmete tief durch. Wer hätte gedacht, dass mich dieses Kind so verändern würde?
Es war noch zu früh, um aufzustehen, also beschloss ich mich wieder hinzulegen. Alex wäre sicherlich gleich wieder da, weil ich vermutete, sie hole sich etwas zu trinken aus der Küche!
So war es auch und kaum das sie eingetreten war, hörte ich ein freudiges „Mamaaa!“ von unserem Sohn, was mich grinsen ließ. Vorsichtig hob sie ihn hoch und setzte an, er solle leise sein und mich nicht wecken, doch ich kam ihnen zuvor.
„Ich bin wach und zwar schon, seit du das Bett verlassen hast, mi sol.“ ich sah es nicht, aber ich spürte dieses Kopfschütteln von meiner Frau, als sie lachend sagte „Edward, vergiss was ich gesagt habe, dein Vater ist immer wach. Er wird vermutlich sogar deine ersten Eskapaden in Tavernen wachend im Salon verbringen, Schlaf ist für ihn überbewertet.“
Damit lag sie richtig, erschreckend war es trotzdem, dass sie mich so gut kannte, oder hatte sie es nur wieder ironisch gemeint? Manchmal hatte ich noch so meine Schwierigkeiten, ihre Art und Weise einzuschätzen!
Nachdem Edward eine saubere Windel an hatte und etwas kalten Tee mit Honig bekommen hatte, lag er noch kurz zwischen uns.
Plötzlich wurde er unruhig und erst jetzt bemerkte ich den Gegenstand auf Alex´ Nachttisch. Sie hatte den Edenapfel mit hochgebracht. Sein „Daaaaaaaaaaa!“ war unglaublich laut und man hatte den Eindruck, als freue er sich darüber!
Edward zog sich auf Alex´ Brust und versuchte nun, in die Nähe dieser Kugel zu kommen. Je näher seine Hände diesem Gegenstand waren, um so mehr leuchtete seine Haut und auch die Kugel!
Bevor jedoch wieder etwas ungeahntes passieren konnte, nahm ich unseren Sohn auf meine Seite und ein Stück vom Geschehen weg. Es blieb aber eine Art Verbindung bestehen, zwischen ihm und dem Edenapfel. Als nun meine Frau ihn in den Händen hielt, staunte ich nicht schlecht. Es entstand eine Art Band zwischen unserem Sohn und dieser Kugel, die Haut unseres Kindes war plötzlich durchschimmernd. Dieses mal war es aber nicht furchteinflößend, nein, es war eher beruhigend wie eine warme Brise um uns herum. Und dann hörte ich seine Stimme in meinem Kopf.
„Ihr braucht keine Angst zu haben, mit diesem Werkzeug kann ich uns beschützen! Mutter Idun hat es mir beigebracht! Und mein Vetter Balder sorgt dafür, dass ich mit vielen anderen die Menschen beschütze!“
Das Leuchten erlosch langsam und ich spürte das kleine Gewicht auf meiner Brust. Als ich auf Edward sah, lag er dort und schlief schon wieder. Strengte ihn diese Konversation vielleicht zu sehr an?
Es war Alex, welche mich nun aus meinen Gedanken riss, weil sie die Sonne auf diesem Artefakt ausgemacht hatte! Also hatten wir das Richtige gefunden und in mir breitete sich eine gewisse Erleichterung aus!
„Er ist doch noch viel zu klein um diese Aufgabe zu erfüllen, was zum Teufel wollen die Isu und Götter damit erreichen?“ bei diesen Worten kippte Alex´ Stimmung und sie wurde wütend! Verständlich, weil auch ich derselben Meinung war, es war noch zu früh. Oder ging es nur… doch weiter kam ich in meinen Überlegungen nicht.
Euer Sohn hat ebenfalls die Aufgabe, die Menschheit zu beschützen! Jedoch hat er durch euer beider Fähigkeiten natürlich mehr Möglichkeiten! In seinem Schlaf lernt er immer mehr dazu, während er spielt, zeigen wir ihm sein Können und wenn er es ausprobiert, dann steht ihm fast immer Idun zur Seite. Ihr braucht um Edward keine Angst haben, auch sein Großvater steht ihm immer bei!
Wie bitte sollten wir alleine das alles bewältigen, selbst wenn wir so mächtige Hilfe hatten? „Das wird eine Lebensaufgabe, Alex! Edward darf es nicht anderen mitteilen, er muss beschützt werden, wir sollten ihm Hauslehrer zur Seite stellen und …“ bei meinen Worten brach Alex in Tränen aus!
„Es wird wie bei dir sein, abgeschottet, alleine... Nein! Das will ich nicht, unser Sohn soll nicht ohne Freunde aufwachsen. Das ist grausam!“ in ihren Augen sah ich, dass sie überfordert war bei diesem Gedanken.
Ich versuchte sie zu beruhigen, im Grunde war es bei mir etwas anderes damals, oder etwa nicht? Ich hatte es nie hinterfragt, weil ich es nicht anders kennengelernt hatte. Jetzt aber …
„Haytham, du bist alleine aufgewachsen und ich weiß aus deinen Aufzeichnungen, dass du auch nicht ganz glücklich damals darüber warst. Aber willst du wirklich deinem Kind das Gleiche antun?“ fiel sie mir in meine Gedanken und in diesem Moment wurde ich zornig, da sie meinen Vater als herrischen Tyrannen darstellte, welcher mich einsperrte. Dem war aber ja nicht so, es ging darum, mich vor dem Tratsch und dem Gerede zu beschützen.
„Das habe ich nicht gesagt, dein Vater war darauf bedacht dich zu beschützen, wegen der ganzen Gerüchte und Tratschereien über seine Piraten-Vergangenheit.“ in ihrem Blick lag plötzlich wieder eine gewisse Trauer, gemischt mit Wut!
Ja, er hatte mit mir nie darüber gesprochen, weil er mich beschützen wollte… ich hatte mir gerade selber eine Erklärung gegeben. Edward würde anders aufwachsen, einfach aus dem Grunde damit er weiß, worauf es im Leben ankommt. Damit er lernen kann sich selber zu verteidigen, ob nun verbal oder im Kampf!
Jetzt dämmerte es mir und im Grunde waren Alex und ich uns mal wieder unausgesprochen einig darüber, wie unser Kind aufwachsen sollte!
„Aber noch haben wir etwas Zeit, Haytham. Und ich freue mich schon darauf, wenn du mit Edward irgendwann den Schwertkampf trainierst!“ ihre Stimmung war wieder völlig friedlich und als ihre Lippen meine berührten, schlug Edward prompt die Augen auf und schob uns auseinander.
Seine Instinkte waren also schon einmal sehr gut ausgebildet und wir mussten beide lachen! Als ich nun auf den kleinen Quälgeist schaute, sagte ich nur leise, vielleicht sei er ja auch bald nicht mehr alleine!
„Ich freue mich schon darauf, aber erst, wenn dieser kleine Kenway laufen kann, mi amor!“ Diese Sehnsucht in ihren Augen war einfach wunderschön und für einen Moment konnten wir diesen Morgen in Ruhe beginnen. Teils schlafend, gähnend und vor sich hin plappernd!
Gerade als wir hinunter zum Frühstück gingen, kam ein Bote und überreichte eine Nachricht von Mistress Bradshaw. Sie bedankte sich für die schnelle Hilfe und teilte mit, dass ihr Gatte zur Beobachtung doch noch ins Hospital gebracht wurde. Sein Leibarzt hatte darauf bestanden. Die Verletzungen seien aber glücklicherweise nur oberflächlich und würden bald verheilt sein. Wenn ich es recht bedachte, dann war es Glück im Unglück für Master Bradshaw, weil sein Gesicht sehr ramponiert ausgesehen hatte!
Sie bat uns, im Laufe des vormittags doch mal nach ihm zu sehen, da er uns dringend zu sprechen wünschte.
Die Truhe sei sicher wieder an ihrem Verwahrungsort und wir müssten uns keine Sorgen machen! Explizit stand es so nicht in der Nachricht, aber man konnte es herauslesen.
Nachdem wir mal wieder unseren Sohn schweren Herzens seinem Kindermädchen überlassen mussten, machten wir uns mit vier Wachen auf den Weg zu dem Verletzten. „Ich hoffe, du erschreckst nicht allzu sehr, wenn wir dort ankommen, Alex. Ich gehe davon aus, dass es in eurer Zeit ganz anders sein wird. Du hattest mir ja davon berichtet.“ meinte ich unterwegs, weil mir einfiel, wie meine Frau ein Krankenhaus aus ihrer Zeit einmal beschrieben hatte.
„Ich hoffe es auch. Die Hygienestandards sind halt auch andere und, nunja, die Heilkunde an sich steckt noch ein wenig in den Kinderschuhen. Ich bin trotzdem gespannt.“ ich spürte ihre Aufregung, weil es mal wieder eine ganz neue Erfahrung für sie werden würde.
Unser Weg führte uns nach Chelsea, das Hospital dort war eher für die betuchten Bürger und Finley bekam dort die verdiente Fürsorge, so hoffte ich zumindest.
Aber mir kam ein anderer Gedanke! „Was machen wir jetzt mit dem Russen, Alex? Er sollte auf jeden Fall in Sicherungsverwahrung kommen und ich plädiere für eine Einweisung nach Bethlem Royal Hospital, dort kennt man sich bestens mit diesen mentalen Krankheiten aus.“
Ein leichtes Entsetzen trat in ihre Augen.
„Fürs erste wäre das eine gute Idee, doch wirklich wohl ist mir dabei nicht. Wenn es möglich ist, würde ich ihn dann in dem Bereich „heilbar“ untergebracht wissen, dort ist es vielleicht nicht ganz so schlimm! Die Irren werden wie Vieh dort behandelt, Haytham! In diesem Jahrhundert hat man kaum Erfahrung mit Krankheiten des Gehirns und die Ärzte sind einfach nur grausam, weil sie es nicht besser wissen. Mein schlechtes Gewissen, ich weiß!“ beizeiten sollte ich einmal mit ihr über die Methoden in ihrer Zeit sprechen, da mir schon des öfteren aufgefallen war, dass meine Frau psychologische und physiologische Kenntnisse zu haben schien, welche eigentlich nur Ärzten vorbestimmt waren.
Artem würde vermutlich nicht lange dort sein, weil sein Mentor Avdeyev sicher nach ihm suchen wird und dann würden wir uns auch noch mit diesem Herren auseinander setzen müssen!
Der Gedanke, Alexeeva einfach wieder nach Russland zu schicken, war sicherlich einleuchtend, aber wer sollte diesen Mann bitte bewachen? Wir wussten nicht, zu was er noch in der Lage war. War er gewalttätig? Konnte er noch den Geist eines anderen Menschen beeinflussen? Nein, dieses Risiko konnten wir nicht mehr eingehen!
Wir würden jetzt mit Finley reden und dann weiter sehen, beschlossen wir fürs erste und schon hielt unsere Kutsche vor diesem großen Gebäudekomplex.
Nachdem unsere Wachen ihre Pferde angebunden hatten, gingen wir zum Eingang und wir wurden zum Büro des hier zuständigen Oberarztes geführt. Als ich das Messingschild neben der Tür las, musste ich grinsen! „Dr. Andrew Crawford“! Ihn kannte ich von früher noch sehr gut, er war Vaters Leibarzt damals!
Auf ein „Herein!“ betraten wir sein Zimmer und ich staunte nicht schlecht, genauso hatte ich ihn noch in Erinnerung. Kurze blonde Haare, jetzt etwas ergraut, er war so Mitte 60 schätzte ich und seine blauen Augen sahen erstaunt in meine Richtung. Auch er schien mich wieder zuerkennen!
„Master Haytham, seid ihr das etwa?“ kam es erfreut und er eilte auf uns zu. Ich begrüßte ihn ebenso und stellte dann Alex vor, welche von mir zu Dr. Crawford sah mit einem fragenden Blick. Ich hatte ihr gar nicht von ihm berichtet, aber es hatte sich nicht ergeben, wenn ich es recht bedachte.
„Mistress Kenway, ich sehe, euer Gatte hat mich nie erwähnt. Aber keine Sorge, ich war mit Master Edward Kenway bekannt und hatte ihn, nunja, einige Male in Behandlung, nicht hier versteht sich. Ich machte damals für ihn Hausbesuche! Wenn ihr wisst, was ich meine?“ Ihr Grinsen sagte alles, sie verstand, weswegen dieser Arzt so verschwiegen war! Und als hätte er ihre Gedanken gelesen sagte er „Genauso ist es, Mistress Kenway. Ab und an habe ich aber auch Master Haytham behandelt, jedoch waren es meist nur Erkältungen. Gegen seine damalige Sehschwäche konnte ich nichts ausrichten. Ich hoffe, das hat sich mittlerweile gelegt, Master Haytham?“ ich hatte meiner Frau auch davon noch nichts erzählt und sah, wie sie mich mit hochgezogener Augenbraue betrachtete.
„Wenn du aber doch Kurz- oder Weitsichtig warst, dann könnte es doch sein, dass unser Sohn eine ebensolche Schwäche hat. Wir sollten das spätestens, wenn er sprechen kann, einmal testen, Haytham.“ kam es etwas besorgt von Alex.
Als wir unseren Nachwuchs erwähnten, kamen wir unweigerlich auch auf das Thema mit der Reise über den Atlantik und dass wir uns in Virginia niedergelassen hatten.
„Der Junge wird einmal wie sein Großvater, wenn er jetzt schon so früh auf einem Schiff mit segelt.“ grinste er breit und ich musste ihm da zustimmen, es war jetzt schon offensichtlich, dass er viele Eigenschaften, wenn auch nicht immer nur positive, von meinem Vater hatte.
Es wurde aber Zeit, dass wir auf unser eigentliches Anliegen kamen.
„Oh, Master Bradshaw wurde sehr übel mitgespielt, wenn ihr mich fragt. Mir gegenüber hat er noch nichts weiter gesagt. Ich gehe davon aus, dass ihr, Master Haytham, sicherlich mehr von ihm erfahren werdet.“ und damit erhoben wir uns.
Dr. Crawford brachte uns zu seinem Patienten, welcher bandagiert in seinem Bett lag und sich aber nicht regte als wir eintraten.
Sein Körper sah geschunden aus, seine Hände waren in Verbände gewickelt und in seinem Gesicht waren blaue Flecken und am Hals konnte man Würgemale ausmachen. Ich möchte nicht wissen, wie man ihm dieses Leid zugefügt hatte und hoffte, dass er bald wieder auf den Beinen war.
Alex beugte sich zu ihm hinunter und begann mit ihm zu sprechen. Ich hörte nur ein Krächzen und verstand kein Wort, erst als meine Frau Artem ansprach und versicherte, er sei nicht mehr zurechnungsfähig, kam Bewegung in Finley!
„Nein... der Mentor... ihr müsst ihn … stoppen! Eugene ist... nicht er... stoppt ihn…“ die Worte kamen stockend aus seinem Mund und selbst dem Arzt stand der Mund offen. Was meinte er mit „er ist nicht er selbst“?
„Avdeyev ist hier?“ Alex´ Stimme überschlug sich schon fast bei diesen Worten!
„Noch … nicht, Mistress... Kenway... schickt Männer... wir müssen … ihn aufhalten... die Artefakte!“ Finley konnte kaum sprechen, geschuldet war es dem angeknacksten Kiefer, wie ich vermutete.
„Wir werden umgehend eine Delegation nach Russland, Wjasma, schicken, Master Bradshaw! Seid versichert, dieser Teil der russischen Bruderschaft wird nicht länger unser Problem sein!“ versicherte ich ihm jetzt in meiner Templerart, damit er sicher sein konnte, das wir alles daran setzten, diesen Russen gar nicht erst Fuß auf Britanniens Boden setzen zu lassen!
„Master... Kenway... nehmt nur... vertrauenswürdige... Leute...“ seine Stimme wurde immer krächzender und meine Frau gab ihm etwas zu trinken! Als er ein paar Schlucke getrunken hatte, atmete er tief durch.
„Danke... doch geht … jetzt besser... wir dürfen keine Zeit... verlieren!“ erschöpft neigte er den Kopf zur Seite und schien eingeschlafen zu sein.
Leise verabschiedeten wir uns noch und ich erklärte Dr. Crawford, dass hier Wachen eingeteilt würden. Er solle uns sofort benachrichtigen, wenn etwas passiert oder er etwas verdächtiges mitbekommt.
Auf dem Weg zum Anwesen sprachen wir kaum und ich hing meinen Gedanken nach.
Ich erinnerte mich an die Momente, in denen dieser Leibarzt bei uns zuhause war. Meist kam er spät Abends und wurde mir als Freund meines Vaters vorgestellt. Wenn ich es genauer betrachtete, so wusste ich gar nicht, dass er Wunden behandelte. Ich ging immer davon aus, dass er geschäftlich mit den Kenways zu tun hatte.
Natürlich hatte er mich auch untersucht, er war ja Arzt, ich tat es früher aber einfach als Gefallen ab. Meine Sehschwäche hatte ich ja auch schon bei Franklins Vortrag wieder im Kopf gehabt und ich muss sagen, ich bin wirklich dankbar, dass sich das von alleine gelegt hatte. Ich bin ein doch recht eitler Mensch, wenn ich ehrlich bin!
Zuhause ging Alex sofort hinauf ins Arbeitszimmer und verfasste eine Nachricht an Finleys Frau, in der sie ihr mitteilte, dass weitere Wachen zur Sicherheit abgestellt wurden und wir sie entsprechend auf dem Laufenden halten würden.
Ich hingegen gab die Order, dass 6 weitere Männer abgestellt werden sollten, welche in dreier-Schichten den Kranken beschützen sollten. Es war einfach eine reine Vorsichtsmaßnahme, wir mussten leider jetzt mit allem rechnen. Sollte ich vielleicht auch noch einmal explizit Shay eine Nachricht zukommen lassen? Ich entschied mich dafür und setzte mich ins Esszimmer.
Master Cormac,
ich bitte euch in nächster Zeit größte Vorsicht walten zu lassen.
Wir müssen davon ausgehen, dass einer der russischen Assassinen Anschläge auf meine Familie plant und, wie wir jetzt leider annehmen müssen, auch auf eure Frau und Kinder aufmerksam geworden ist. Ich denke mit Grauen an die Szenerie im Fort Arsenal damals!
Außerdem bitte ich euch, mich umgehend zu benachrichtigen, solltet ihr Kenntnis von jedweden ungewöhnlichen Schiffsbewegungen auf der Themse, Dover oder sonstigen Häfen bekommen und seien sie noch so abwegig!
Ich verbleibe mit besten Grüßen
Haytham Kenway
- Großmeister des kolonialen Ritus -
Ich blieb absichtlich im geschäftlichen Tonfall, ich wollte, dass er genau verstand, was auf dem Spiel stand! Erleichterter war ich jedoch überhaupt nicht, im Gegenteil.
Je länger ich über diesen Avdeyev nachdachte, umso mehr kam der Gedanke in mir auf, dass wir es mit etwas anderem als nur einem gewöhnlichen Menschen zu tun haben könnten. Worauf dieses Gefühl fußte, konnte ich nicht sagen.
Nach dem Mittagessen, einer Wäsche für unseren Vielfraß und einer neuen Garderobe für meine Frau, machten wir uns auf den Weg, um diesen Artem endlich nach Bethlem bringen zu lassen. Dann hätten wir hoffentlich eine Sorge weniger!
Meine große Schwester war instruiert für Notfälle, so auch die hier verbleibenden Wachen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl machten wir uns auf den Weg zu unserem Treffpunkt und wieder einmal ging es mir durch den Kopf, dass wir unser neues „Hauptquartier“ hoffentlich bald einweihen konnten.
Dieses mal hatten wir uns für Pferde entschieden, das war eindeutig schneller und wir konnten uns auch besser verteidigen, auch wenn wir eine bessere Zielscheibe abgaben.
Beim Anwesen angekommen, waren schon einige unserer Brüder und Schwester hier erschienen, wie ich anhand der angebundenen Pferde draußen erfreut feststellte.
Im Erdgeschoss hatte man Artem auf ein Sofa gelegt, wo er seit gestern lag und sich nicht gerührt hatte.
„Wir hatten nach einem Arzt geschickt, aus Bethlem um genauer zu sein. Ich hatte gehört, diese kennen sich besonders gut mit, nunja, Irren aus!“ Karl hatte meine Anweisungen also entsprechend befolgt.
„Das war eine gute Idee und wir werden den Herren auch dort in Bethlem einweisen lassen! Etwas sichereres gibt es gerade nicht, da ich nicht denke, dass er in einem Gefängnis gut betreut werden würde.“ aber ich sah, dass meine Frau dem nicht wirklich zustimmte, weil sie die dortigen Zustände nicht guthieß. Aber wohin sonst mit ihm?
Wir versuchten nun, diesen Mann auf die Beine zu bekommen, doch das war schwerer als gedacht. Der besagte Doktor muss ihn vollgepumpt haben mit irgendwelchen Drogen!
Plötzlich öffnete Artem die Augen und wir alle starrten ihn entsetzt an! Die Farbe wechselte immer wieder in ein leuchtendes Rot! Doch er sprach nicht, verzog noch nicht einmal das Gesicht, so als wäre ihm alles egal!
Vielleicht sollte Alex einfach noch einmal in seinen Geist eindringen und versuchen ihn zu beruhigen oder vielleicht etwas zu besänftigen. Sie äußerte Bedenken, weil sie auch Angst hatte erneut in diese Wirren einzutauchen, doch wir mussten sicherstellen, dass er nicht unterwegs aggressiv wurde!
Schwer seufzend nickte sie und dann war sie wieder ganz weit weg und starrte auf den Russen.
Dieses mal jedoch vernahm ich immer wieder Wortfetzen… Mich gab es schon vor meinem Mörder …. niemand half … geh und sonne dich in deiner Tat … zwischendurch bekam ich den Eindruck, als hätte man mir die Ohren mit Wachs versiegelt, damit ich nicht den gesamten Gesprächsverlauf hörte!
Und dann wurde Alex nach hinten geschleudert, wie von einer Explosion getroffen! Wir alle erschraken und ich eilte zu ihr. Alex hielt sich die Ohren zu und hatte das Gesicht schmerzerfüllt verzogen! Auf meine Frage, ob es ihr gut ginge, kam eine kurze Pause.
„Haytham, ich bin völlig... ich weiß gerade gar nichts mehr!“ doch bevor wir weiterreden konnten, hörten wir beide Odins donnernde Stimme!
Er hat es nicht anders verdient! Er ist undankbar! Lasst ihn zurück und geht eurer Wege! Wir sind besser ohne ihn dran, mein Kind. Glaub mir! Zweifle nicht an meinen Worten, wage es ja nicht! Ich habe dir nie Grund gegeben, an mir zu zweifeln! Im Gegenteil! Und jetzt geht!
Das war aber keine Option für uns, denn der Russe lag tot zu unseren Füßen! WIE war das möglich? Er blutete aus Mund und Nase und es schien, als wäre er eines völlig natürlichen Todes gestorben, äußerliche Anzeichen gab es gar nicht!
Ich ließ den entsprechenden Herren für diese Dinge rufen, damit wir dieses Haus jetzt fürs erste verlassen konnten, weil ich sah, dass meine Frau dringend frische Luft brauchte.
Vor der Tür atmete sie tief durch, während ich meinen Arm um sie hielt. Ich verstand gerade überhaupt nichts, aber als ich in ihren Geist dringen wollte, ging es nicht. Er war, es klingt seltsam, zugemauert.
„Das darf doch alles nicht wahr sein! Habe ich gerade wirklich mit einem toten Gott gesprochen? Aber jetzt weiß ich auch, warum Finley solche Wunden und Verletzungen hat! Haytham, Ymir ist einer der Reifriesen, er war schon VOR Odin da und als er nun den kleinen Loki vor sich sah, überkam ihn die Wut auf diese anderen Götter! Er hat sich gerächt, so scheint es!“
Langsam setzte mein Verstand wieder ein und versuchte eins und eins zusammen zu zählen! Artem war der Reifriese Ymir, welchen Odin mit seinen Brüder ermordete, um aus ihm die nordische Mythenwelt zu formen! In was tauchte meine Frau da bloß ein, oder besser WIR? Mit Entsetzen ging mir der Gedanke wieder durch den Kopf, das Eugene auch nicht nur ein Mensch sei, wurde aber mal wieder unterbrochen...
Zum letzten Mal! Er wird nicht zurückkommen, es ist jetzt vorbei und jetzt, tu was ich sage! Ihr habt noch eine Menge Aufgaben vor euch, welche es zu erledigen gilt! Also hatte Alex ebenso Angst, dass diese Götter jederzeit wieder auftauchen könnten! In diesem Falle hoffte ich wirklich, dass Elias, oder eben Odin, Recht behielte!
Meine Frau erzählte mir nun auf dem Rückweg, was passiert war. Sie war in diesem Gang seines Geistes wieder gewesen, doch als sie sich seiner wahren Identität näherte, fuhr Odin dazwischen und hat sie aus diesen Gedanken verbannt! Vermutlich ist es auch besser so gewesen. Wer weiß, was das für ein grauenhafter Anblick sonst gewesen wäre! Dennoch war ich auf der einen Seite fasziniert, was wir erlebten, auf der anderen Seite geschockt und besorgt, was noch auf zu kommen mag!
Ich nahm mir vor, mich mit den nordischen Göttern etwas mehr zu befassen, ich wollte nicht völlig blind einem in die Arme laufen!
Angekommen bei der Villa waren die Temperaturen weiter gestiegen und ich sah, dass Alex´ Kreislauf nicht mehr der beste war.
Erleichtert überreichten wir den Angestellten unsere Gehröcke und gingen zur Terrasse, wo uns schon Edward erwartete. Hätte Sybill nicht den Zuber festgehalten, wäre er mitsamt unseres Sohnes umgekippt, welcher nämlich nun dort stolz alleine am Rand stand.
Meine Frau war den Tränen nahe, dieser Fortschritt war mal wieder ein nächster kleiner Meilenstein, wie sie es nannte! Aber auch ich war stolz und hob den kleinen nassen Mann heraus und drückte ihn! Nachdem ich ihn abgetrocknete hatte, wickelte Mrs. Wallace ihn noch und wir gingen hinauf um uns umzuziehen.
Nun gut, Alex hatte nicht mit mir gerechnet, aber ich war einfach mit hinauf gekommen. Für einen Moment sah sie mich grinsend an und ich las in ihrem Geist, dass sie dachte ich sähe aus wie ein wild gewordener Handfeger. „So sehe ich also aus?“ grinste ich nur und schon war sie die Verlegenheit in Person.
„Ach verdammt! Warum kannst du mich immer lesen, ich bemühe mich doch schon so…“ Sie hatte es selber einmal gesagt. In meiner Gegenwart fiel ihr diese Verschlossenheit immer noch schwer!
Ehe ich mich versah, hing sie an mir, mit den Armen um meinem Nacken und den Beinen um meine Hüften. Ihre Lippen schmeckten leicht salzig, doch das tat meiner Lust auf diese Frau keinen Abbruch und wir verloren uns einfach ineinander. Egal wie verschwitzt wir waren oder wie heiß es war! Wieder einmal fühlte es sich wie eine dringende Notwendigkeit an, welche wir einfach zuließen, auch wenn es ein sehr kurzes Vergnügen war.
„Wir sollten uns beeilen, mi amor, sonst bekommen wir nichts mehr von dem Abendessen ab.“ Wie ich unseren Sohn kannte, traf das definitiv zu und etwas widerwillig machten wir uns frisch und ließen uns neu einkleiden!
Kaum das Edward bei Alex auf dem Schoß saß, reichte er ihr ein angeknabbertes Brot damit sie davon kosten sollte. Ob er jetzt schon satt sei, fragte sie erstaunt. Aber Sybill erklärte uns, dass er bereits einige Scheiben verdrückt hatte und sicherlich satt sein müsste.
„Mrs. Wallace, ich muss sagen, ihr habt ihn gut unter Kontrolle. Es freut mich, dass unser Sohn euch so zugetan ist.“ sagte ich an das Kindermädchen gewandt und sie sah verlegen auf ihren Teller. „Danke, Master Kenway.“ kam es leise von Sybill und ich lächelte sie an. Ja, sie ging in ihrer Anstellung völlig auf und ich war froh, dass sie bei uns war!
Jenny fragte nach unseren Plänen für den heutigen Abend. Da nichts anstand würden wir einfach hier draußen sitzen bleiben und die Ruhe genießen, wer weiß, was in den nächsten Tagen noch alles auf uns zukäme!
Alex kam irgendwann wieder hinunter, nachdem Edward endlich schlief und ich reichte ihr ein Glas des Portweins. Doch dann fiel ihr ein, dass sie Faith noch gar nicht Bescheid gegeben hatte, wegen der Übersetzung für die Dokumente. Ich hätte ja auch vorhin schon daran denken können, als ich die Nachricht an Shay geschickt hatte. Es dauerte aber nicht lange und sie erschien hier wieder.
So saßen wir noch eine Weile beisammen und konnten uns etwas entspannen.
Im Laufe der letzten Tage erhielt Alex die Zustimmung von Faith, dass sie die Übersetzung übernehme würde. Damit verbunden kam die Einladung zu dem versprochenen, wie Alex es nannte, Einkaufsbummel! Ihre Augen begannen bei dem Gedanken zu leuchten und mir erschloss sich mal wieder nicht, warum man deswegen so aufgeregt sein konnte.
„Ich weiß es doch auch nicht, ich freue mich einfach.“ das war mir nicht entgangen!, schmunzelte ich in mich hinein, hätte aber zu gerne gewusst WARUM!
Nach dem Frühstück fuhren wir zum Williams-Anwesen, wo uns schon Shay und Faith erwarteten und wir machten uns auf den Weg in die City.
Es ging von einem Geschäft zum nächsten und ein paar mal musste ich an mich halten, da meine Frau Wäsche orderte, welche, nunja, nur ich zusehen bekommen sollte. Nur hatte sie auch der Ire begutachten können, wobei ich jetzt auch wusste, was meine kleine Schwester ab und an trug. Wollte ich das wirklich wissen? Ich schüttelte diesen Gedanken wieder ab und dachte einfach nur daran, wie Alex in diesen recht freizügigen Stücken aussah und musste mich zusammen reißen, sie nicht in eine dunkle Seitengasse zu zerren!
Was den Schmuck anging, so konnte ich das ein oder andere wunderbare Stück für Alex erwerben und freute mich auch dabei darauf, wenn sie es tragen konnte. Im Großen und Ganzen bemerkte ich, dass ich mein Denken erweitern musste!
Das ich aber beim nächsten Laden dann vor Augen geführt bekäme, dass ich als Mann anscheinend nicht meinen Pflichten zu Genüge nachkäme, war beschämend! Gerade auch, weil Shay mit anwesend war und ich, ich muss es leider gestehen, in meinem Stolz doch sehr gekränkt war!
In diesem Geschäft bot man Schmuck an, welcher nur an Körperstellen getragen wurde, welche einem Ehemann vorbehalten waren! Und ja, ich wusste von diesem Körperschmuck bei Faith, Alex hatte es auch schon erwähnt und war zu dem Schluss gekommen, sich auch etwas ähnliches zuzulegen! Es war dennoch wie ein Schlag ins Gesicht, sich hier umzusehen.
Nicht genug, dass es diesen Körperschmuck gab. Nein, es gab auch noch „Ersatz“ für die Männlichkeit! Als ich dieses Leuchten in den Augen meiner Frau wahrnahm, war ich entsetzt! Wie konnte sie nur in Erwägung ziehen, sich solches „Spielzeug“ zu kaufen! Vor allem – WOZU brauchte sie es? Genügte ich ihr tatsächlich nicht?
Darum geht es nicht, es ist doch einfach nur eine … Bereicherung für uns … oder hast du vergessen, wie Faith zum Beispiel auf die Berührung bei dem Schmuckstück reagiert? Mit einer Umarmung versuchte Alex mich zu besänftigen, doch mit eher mäßigem Erfolg muss ich sagen.
Immer wieder steckten die beiden Frauen die Köpfe zusammen und irgendwann reichte es mir. Ich drehte mich um und ging in den Verkaufsraum und wollte schon aus den Räumlichkeiten regelrecht fliehen, als mich Shay aufhielt.
„Master Kenway, Haytham…“ kam es zögerlich von ihm. Ich atmete tief durch und sah ihn kalt an.
„Ich weiß, wie ihr gerade fühlt. Aber… wie soll ich es erklären. Als ich diesen „Ersatz“ bei meiner Frau damals fand, war ich auch im ersten Moment alles andere als begeistert. Es beschämt uns Männer!“ in seiner Stimme hörte ich, dass es die Wahrheit war und er nun versuchte, mich gnädig zu stimmen. Ich bezweifelte jedoch, dass er gute Argumente vorweisen konnte!
„Sir, denkt einfach daran, dass … eure Frau entspannter ist. Und… ihr könnt es auch… einfach … mit einbeziehen… in… ihr wisst schon…“ druckste er herum, aber ich wusste, worauf er hinaus wollte! Darauf war ich auch schon gekommen, dennoch ist es beschämend!
„Haytham, der Schmuck wird sicherlich bei Alex noch auf sich warten lassen, aber auch da könnt ihr darauf vertrauen, dass es eine Bereicherung sein wird! Grollt ihr nicht, sie wusste sicherlich gar nicht, dass Faith sie hierhin bringen würde. Und verzeiht, wenn ich es so sage, aber denkt daran, dass eure Frau aus einer ganz anderen, aufgeklärteren Zeit stammt! Sie wird vermutlich sogar noch darüber hinaus ihre Erfahrungen gemacht haben, wer weiß das schon!“
Und dann kam mir ein gänzlich anderer Gedanke, nämlich dass Alex sich gerade jetzt und hier wiederfand. Nach dieser Entführung und Vergewaltigung war es vermutlich wie ein neuer Anfang für sie! Sollte ich das wirklich verhindern? Sollte ich meiner eigenen Frau diese Erlösung verweigern? Sie hatte so vieles durchgemacht und erlebt, musste so viel verarbeiten, hat aber kaum gejammert, eher im Gegenteil. Sie hatte immer den Kopf oben und versuchte, allem und jedem gerecht zu werden.
Nein, ich konnte ihr diesen neuen Weg nicht verwehren, ich musste sie auch dorthin begleiten, auch wenn es mir nicht leichtfallen würde.
„Danke, Shay. Ihr habt Recht, ich muss mich einfach darauf einlassen und wenn wir ehrlich sind, wir profitieren wirklich von diesen Dingen.“ meinte ich lächelnd und gerade als ich noch etwas anfügen wollte, drehte mich der Ire nickend um.
Alex und Faith waren wieder hier, meine Frau bezahlte den Verkäufer und sah mich fragend an, immer noch mit dieser unglaublichen Unsicherheit im Blick.
Ich würde sie vorerst noch in dem Glauben lassen, dass ich diesen Einkauf nicht gutheiße. Wir würden uns darüber noch ausgiebig später unterhalten! Und als wäre das ihr Stichwort gewesen, brachen ihre Emotionen plötzlich hervor… ALLE wenn man mich fragte, denn sie brach einfach hier mitten im Geschäft in Tränen aus!
Ich sah, dass sie ihrem Leben wieder ein Stück näher war, dass sie die Albträume abschüttelte, dass sie ihr, oder besser unser, Liebesleben wieder im Griff hatte. Sie hatte sich wiedergefunden! Wie konnte ich ihr da grollen? Denn darüber hatte ich überhaupt nicht nachgedacht… Wieder einmal war ich zu egoistisch, oder lag es wirklich einfach an meiner Zeit?
Wir nahmen sie alle drei in die Arme, weil wir wussten, sie brauchte diesen Halt und ich las in ihr, dass sie uns alle wieder bei sich haben wollte.
Mit einem Schluchzen sah sie zu mir auf und entschuldigte sich für diesen unangemessen Gefühlsausbruch in aller Öffentlichkeit.
Faith strich ich über die Wange. „Es ist aber schön, dich wieder lächeln zu sehen und ich bin erleichtert, dass es dir besser geht!“
Im Grunde war ich das auch und hoffte, dass es nie wieder einen ähnlichen Vorfall geben würde!
Es war schon später Mittag, als wir nach Hause aufbrachen. Zuhause krabbelte Edward eilig auf mich zu, zog sich an meinem Hosenbein hoch und sah mich, nach einigen Anläufen, strahlend an. Doch er war so aufgeregt, dass es geklappt hatte, dass er ruckzuck wieder auf dem Hosenboden saß, was ihm gar nicht schmeckte. Lauthals begann er zu weinen, als ich ihn aber hochnahm und ihn lobte wurde er wieder ruhig und wir konnten zu Mittag essen.
Als Alex Edward zu Bett gebracht hatte und wieder auf der Terrasse erschien, beschloss ich, sie noch ein wenig weiter zu verunsichern. Meine Frau war teilweise das schlechte Gewissen in Person, auch heute und vor allem jetzt!
Ich hatte mich verschlossen und ließ sie nicht in mir lesen. Im Gegensatz zu ihr hatte ich es fast bis zur Perfektion ausgebaut.
Als Jenny zu einer Freundin aufgebrochen war, nutzte ich die Gelegenheit und fragte, ob sie gewusst hätte, wohin Faith sie heute führen würde. In meiner Stimme ließ ich eine gewisse Kälte und ein leichtes Lauern mitklingen, worauf Alex sofort reagierte.
„Nein, ich hatte keine Ahnung. Erst als wir vor dem Geschäft standen, klärte sie mich auf.“ kam es zögerlich und sie wartete auf eine Regung von mir, doch ich sagte nichts. „Könntest du vielleicht etwas sagen, Haytham?“ da war sie, ihre Verunsicherung!
„Du hast also mit meiner kleinen Schwester schon Erfahrungen mit diesem Spielzeug gemacht? Warum hast du mir nicht davon erzählt, als ich dich danach gefragt habe?“ Ihre Antwort war so typisch für sie, auch diese schnippische Art.
„Ich habe nicht darüber nachgedacht, verzeih mir!“
Tief durchatmend sagte ich, dass ich es sehen wollte, sie solle mir zeigen, wie sie dieses „Spielzeug“ benutzt.
„Wenn du es möchtest.“ verdammt, Alex war so verunsichert, dass ich befürchtete, sie würde gleich Reißaus nehmen. Bevor es jedoch dazu kommen konnte, sagte ich „Ich möchte es nicht nur, ich WILL es. Du weißt, ich dulde keine Heimlichkeiten!“ und erhob mich.
Ich zog sie hoch und hinter mir her ins Gästezimmer. Dort befreiten wir uns von dem ganzen Stoff und ich ließ meine Frau dabei nicht aus den Augen! Plötzlich war mir aber alles egal, ich wollte einfach nur sie, für alles andere hatte ich keine Zeit, geschweige denn Gedanken und als sie völlig nackt vor mir stand, hob ich sie auf meine Hüfte.
Ich drängte sie zum Bett und sagte, sie solle ihre Arme über dem Kopf am Bettpfosten halten. Gleichzeitig fuhr ich mit meinen Händen über ihren Körper und ich hörte, wie ihr Atem schwerer ging und fühlte, wie sie sich mir öffnete!
Nein, ich würde sie nicht einfach nehmen!
Und es war, als würde alles unendlich langsam verstreichen, ich glitt in sie… aber so langsam und vorsichtig, als wäre es das erste Mal und ich hörte nur, wie Alex meinte, dass sei nicht fair.
Wer bitte hatte dieser Frau gesagt, ich würde jemals fair in unserem Bett sein?
Ich hatte Zeit, ich hatte Geduld! Ich genoss diese Hingabe und diesen Körper. Ihre Bewegungen wurden eins mit mir, ihr Atem ging immer schwerer und sie warf ihren Kopf in den Nacken!
Ich spürte, dass ich mich selber nicht mehr lange beherrschen konnte und befahl ihr, sich fallen zu lassen und sie tat es!
Mit einem lauten Aufstöhnen fühlte ich ihren Höhepunkt und begann ein anderes Tempo anzuschlagen, doch nicht hier!
Ich begrub sie im Bett unter mir und nahm mir meine Frau, sie gehörte mir, mir alleine! Das würde ich ihr immer wieder zeigen! Ich konnte nicht anders und kam mit einem lauten „Alex!“ und sank auf ihrer Brust zusammen! Dieses Weib machte mich wahnsinnig, ich wiederhole mich, ich weiß!
Ich ließ ihre Arme los und ihre kühlen Finger glitten langsam über meinen Rücken. Ihr Blick wurde wieder klarer und auch ich beruhigte mich langsam wieder.
„Ich hatte das eigentlich anders geplant, mi sol. Doch bei deinem Anblick war mir wieder alles entfallen.“ meinte ich etwas gedankenverloren in ihrer Umarmung.
„Das könnte ich auch falsch verstehen, wenn ich wollte, mi amor.“ Manchmal war es anstrengend, dass dieses Weib immer Gegenargumente und Erwiderungen hatte, doch ich grinste, weil sie im Grunde recht hatte.
„Bei Gelegenheit werden wir dein neues Spielzeug einweihen und ich freue mich darauf, wenn ich dich beobachten kann!“ sagte ich leise und zog Alex an meine Seite.
„Du... also... ich hatte ja keine Ahnung, dass du so etwas magst. Du hättest mir ruhig schon einmal davon erzählen können.“ vernahm ich da ein leichtes Stottern? Natürlich war ich neugierig, aber sollte ich gleich mit der Tür ins Haus fallen?
„Warum sollte ich? Es hatte sich ja auch nie eine ähnliche Situation ergeben, bis auf die eine Nacht im Fort Arsenal damals. Und glaub mir, ich habe dich gerne dabei beobachtet.“ ich hörte selber diesen lasziven Unterton in meiner Stimme, weil es wirklich so war. Ich hatte diese Nacht mit dem Anblick von Alex und Faith gemeinsam genossen!
Leider wurden wir aus diesem mehr als vertrauten und erneuertem Moment unseres Lebens gerissen, weil ein paar Zimmer weiter unser Sohn nach uns verlangte!
Wer weiß, wann wir die Ausbeute des heutigen Einkaufsbummels im Einsatz genießen konnten! Ich hoffte auf bald, was mir aber noch im Kopf herum geisterte war der Intimschmuck… vermutlich eine mehr als schmerzhafte Angelegenheit, doch ich nahm mir vor, Alex dabei zur Seite zu stehen!
Ich raffte unsere Sachen zusammen, zog meine Hosen hastig über und folgte meiner Frau. Michael kleidete mich neu ein und brachte meine Haare wieder in Ordnung. Beizeiten sollte ich mal wieder darüber nachdenken, sie schneiden zu lassen! Mittlerweile lagen sie bis zu den Schulterblättern.
Wage es nicht, du lässt sie so! Hörte ich Alex in meinem Kopf und zuckte zusammen. Dann war auch ich nicht immer so verschlossen, wie ich dachte. Verdammt!
Fertig angezogen gingen wir alle gemeinsam wieder hinunter und ich ließ Nachricht an zwei Brüder übermitteln, welche des russischen mächtig waren und sich entsprechend auch in der Region auskannten.
Sie würden diesen Avdeyev aufspüren und gegebenenfalls eliminieren, sollte es dazu kommen. Dazu hätten sie auch die entsprechenden Templer vor Ort, welche uns wohlgesonnen sind.
Das aber Alex´ Bote noch nicht zurück war, beunruhigte mich nicht wirklich, weil die Strecke einfach einige Wochen und Monate in Anspruch nehmen würde! Wir müssten wirklich Geduld haben und ja, ich weiß, meine Frau hat diese nicht!
Alex hatte sich einige Schriftstücke mit nach unten genommen und begann sie zu überarbeiten und ich las in den alten Büchern über die nordischen Götter.
Der Nachmittag verlief also etwas entspannter und wir konnten uns auf unseren Sohn konzentrieren!
Bald würden auch andere Zeiten auf uns zukommen!
Vertieft in diesen dicken Wälzer, wurde ich von einem der Diener herausgerissen. Man kündigte Besuch an. Anscheinend hatte man Dr. Whigfield, dem Arzt, welcher Artem behandelt hatte, nicht mitgeteilt, dass er nicht mehr gebraucht wurde und dass auch der besagte Herr nicht mehr in Bethlem aufgenommen werden musste.
Also erschien er hier persönlich, um sich zu erkundigen! Verständlich, auch wenn es für meine Begriffe mehr als sehr neugierig war. Ich beließ es aber dabei.
Besagter Doktor trat nun auf die Terrasse und man wusste auf Anhieb wo er arbeitete, sogar Alex hatte diesen Gedanken. Monokel, feiner Anzug… Arzt in der Irrenanstalt. Einfach dieses Auftreten reichte…
„Dr. Whigfield, es tut mir außerordentlich leid, dass man euch keine Nachricht hat zukommen lassen und ihr euch extra bemühen musstet jetzt.“ begrüßte ich den Herren und fuhr ihm anscheinend direkt über den Mund.
„Master Kenway, wir hatten uns nur schon Sorgen gemacht. Der Zustand des Herrn war ja doch sehr Besorgniserregend. Zumal er auch von Fabelwesen zu sprechen schien, welche ihm zu Leibe rücken wollten.“ meinte der Doktor nun entschuldigend.
Aber Alex war sofort angesprungen, da sie ja im Kopf des Patienten herumgesucht hatte.
„Dr. Whigfield, verzeiht wenn ich frage, aber WAS genau hat Mr. Alexeeva gefaselt, als ihr ihn untersucht habt?“
Für einen kurzen Augenblick schien es, als wolle er nicht so recht mit der Sprache herausrücken. Dann aber sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus und man bekam den Eindruck, er wäre erleichtert!
„Mistress Kenway, es wären gute Geschichten für euren Sohn! Er sprach von Riesen, welche sich gegen viele Angreifer verteidigen mussten. Es kam zu einer regelrechten Schlacht und das Resultat war eine völlig neue Weltordnung, welche nun erschaffen worden sein sollte. Es war eine völlig absurde Erzählung, wenn ihr mich fragt. Wer glaubt schon an Riesen in fernen Welten?“
Demnach waren also keinerlei Namen gefallen und somit war es tatsächlich einfach nur ein Märchen in seinen Ohren. Dr. Whigfield wird sich sicherlich nicht auch so in der nordischen Mythologie auskennen wie meine Frau und witterte nichts schlimmes dahinter!
„Sehr abenteuerlich, wenn ihr mich fragt, Dr. Whigfield. Daraus ließe sich aber sicherlich eine wirklich wunderbare Geschichte erzählen, ihr habt mich da auf eine Idee gebracht.“ in ihrem Gesicht tauchte ein leicht verträumtes Lächeln auf und Alex dachte wirklich darüber nach, das Ganze schriftlich festzuhalten.
„Wenn ihr diese Werke fertiggestellt habt, würde ich gerne einen Blick darauf werfen. Meine Enkelkinder sind immer erpicht auf neue, spannende Abenteuergeschichten, Mistress Kenway.“ wurde meine Frau jetzt noch Autorin? Wenn es ihr aber Freude bereitete, dann solle sie es ruhig machen. Auch ich würde es gerne lesen und auch vorlesen.
Dr. Whigfield berichtete nun noch von seinen ganzen Enkelsöhnen mit denen er bisher gesegnet wurde. Leider gab es keine Enkelinnen, was er wirklich zu bedauern schien. „Ihr könnt euch sicher die Familienessen vorstellen, wenn es nur so von kleinen frechen Jungs wimmelt. Kaum zu bändigen diese Bengel!“ lachte er und sah dabei zu unserem Sohn. „Euer kleiner Sohn ist ja noch ein richtiger Sonnenschein, Mistress Kenway!“ wenn er wüsste!, dachte ich grinsend.
„Oh ja, wir sind auch ganz stolz auf Edward. Er macht großartige Fortschritte und wir hoffen, er wird in die Fußstapfen seines Vaters treten können später.“ in Alex´ Stimme war ihre professionelle Art getreten, welche sie annahm, wenn wir mit Fremden sprachen. Sie musste darauf achten, nicht zu sehr in ihr anerzogenes Verhalten zu rutschen. Gerade bei männlichen Gesprächspartner stieße ihre Art mitunter auf völliges Unverständnis, wobei bisher nichts dergleichen vorgekommen ist.
Gegen 6 Uhr verabschiedete sich der Doktor und versicherte dann noch, er freue sich wirklich auf die Geschichte meiner Frau. Wir mögen ihn bitte nicht vergessen! Nein, das würden wir nicht, versprach Alex ihm hoch und heilig.
Mrs Byrne kündigte das Abendessen an und ich sah währenddessen, dass Edward immer wieder auf dem Schoss von Alex einnickte! Er hatte heute wieder Fortschritte gemacht und dazu gelernt, was mich mit Stolz erfüllte.
Als die beiden hinaufgingen, damit meine Frau ihn fürs Bett fertig machen konnte, folgte ich ihnen und es dauerte nicht lange, da schlief unser Sohn schon. Alex sang ihm dennoch sein Lied vor und ich muss sagen, ihre Stimme hatte einen wirklich schönen Klang dabei.
Vorsichtig strich sie Edward über die Wange.
„Ich denke, ich werde dir bald einmal von den Riesen, von Asen und den Nord erzählen, mein Schatz! Damit du dich besser zurechtfindest.“ flüsterte sie und ich stimmte ihr da zu.
Wir verbrachten den weiteren Abend noch draußen, während Jenny von ihrer Freundin berichtete. Eine dieser Frauen, welche nichts außer ihrer Kinder, die Familie und ihre Ehemänner in ihrem Leben hatten. Der Gatte ihrer Freundin war zudem auch noch ein sehr herrischer Mann, welchem auch gerne mal die Hand ausrutschte. Für mich ein Unding im Bezug auf meine Frau, es sei denn wir waren… aber lassen wir das.
Als es bereits dunkel war, wünschte uns meine große Schwester noch eine gute Nacht und ging hinein.
Plötzlich stand Alex auf, nahm meine Hand und zog mich hoch. „Lass uns ein wenig durch den Garten gehen, Haytham!“
Bevor ich jedoch fragen konnte, ob alles in Ordnung sei, kam es schon fast schüchtern von ihr „Mach dir keine Gedanken, aber ich würde… gerne ein wenig mit dir alleine sein wollen…“ so kannte ich sie gar nicht, genoss aber ihre Nähe und ging einfach neben ihr her.
Der hintere Teil unseres Gartens war zu dieser Jahreszeit fantastisch, weil alles blühte und in diesem fahlen Mondlicht sah es fast ein bisschen unheimlich aus. Als ich sagte, dass es etwas beruhigendes hatte wenn Vollmond wäre, grinste Alex zu mir auf.
„Ja, auch wenn es mich nicht unbedingt schlafen lässt.“ verständlich und mir kam ein anderer, etwas unzüchtiger Gedanke.
„Dann sind wir schon zu zweit, mi sol! Und was machen wir jetzt mit dieser schlaflosen Nacht?“ in Alex Augen glomm dieses Verlangen auf und sie setzte an, sich zu erklären. „Ich will dich, Haytham. Ich … ich weiß, es klingt unanständig, aber…“ zu mehr ließ ich sie aber gar nicht kommen, das war mein Stichwort und ich schob sie an einen hinter ihr stehenden Apfelbaum, hob sie auf meine Hüften und schaffte ihre Röcke beiseite. Dazu vernahm ich ihre ganzen wirren Gedanken, über uns, über mich und unser bisheriges Leben!
„Weil wir zusammengehören und diese Momente wie ein Rettungsanker sind. Wir finden uns in diesem Rausch und können uns auf den anderen besinnen. Und jetzt hör auf zu denken, mi sol.“ befahl ich rau und nahm meine Frau einfach! Es war so berauschend und gleichzeitig so befreiend, weil wir diese Verbundenheit hier draußen noch mehr spürten!
Atemlos lehnte ich kurze Zeit später an ihrer Schulter und erklärte ihr meine Liebe. Wären wir nicht schon verheiratet, ich würde sie auf der Stelle erneut ehelichen.
Alex wäre nicht sie selber, wenn sie nicht wieder einmal kontern würde.
„So ist das also, Master Kenway. Nur wenn ihr so befriedigt seid, habt ihr den Wunsch mich zur Frau zu nehmen?“ ihr loses Mundwerk könnte ich ihr ganz schnell austreiben, was ich ihr auch sagte, mit dem Befehl es nicht zu weit zu treiben, wenn sie nicht auf der Stelle eine weitere Lektion erteilt bekommen wollte. Bei meinen Worten erschauerte sie und ihre Hand lag auf meiner Wange, ihre Lippen fühlten sich heiß auf meinen eigenen an.
„Wir sollten jetzt besser zu Bett gehen, mi amor.“ kam es dann etwas frustriert von Alex, aber wir wussten beide, dass der Morgen früher käme als uns lieb war!
Im Schlafzimmer angekommen, traute ich meinen Augen nicht. Edward war putzmunter und stand in seinem Bett. Sein lautes „Mamaaaaa!“ weckte sein eingenicktes Kindermädchen, welches sich erschrocken umsah und sich tausendmal für ihr Fehlverhalten entschuldigte.
Ab diesem Zeitpunkt fällt es mir seltsamerweise schwer, alles richtig wieder zugeben.
In mir keimte eine wahnsinnige Wut auf Mrs Wallace auf, welche ihren Verpflichtungen anscheinend nicht mehr richtig nachkam und unseren Sohn vernachlässigte.
Ich ließ sie meinen Zorn spüren und in ihren Augen las ich, dass sie Angst hatte, ihre Anstellung gerade verloren zu haben! Wenn es nach mir ginge, auf jeden Fall.
Ich hatte aber die Rechnung ohne meine Frau gemacht, welche mir jetzt prompt in den Rücken fiel und Sybill in Schutz nahm, nachdem sie sie zu Bett geschickt hatte.
Als das Kindermädchen den Raum verlassen hatte, machte ich Alex noch einmal klar, dass sie sich den Angestellten gegenüber entsprechend zu verhalten hatte. Wir mussten sicherstellen, dass Edward eine adäquate Betreuung hatte, welche keine Lücken aufwies. Wir konnten uns kein Kindermädchen erlauben, welches einfach einschläft!
„Aber Sybill … sie liebt Edward und würde alles für ihn tun. Bitte, du kannst sie doch nicht jetzt einfach so wegschicken... das geht nicht!“ ihr Flehen und Betteln ließ mich völlig kalt in diesem Moment.
Ich würde sie nicht hier und jetzt entlassen, aber wir sollten spätestens in Virginia dafür sorgen, dass ein weiteres Kindermädchen eingestellt wird! Und verdammt nochmal, Alex musste lernen, auch jemanden zu entlassen! Es waren nur Diener und Angestellte!
Meine Worte trieben ihr eine Gänsehaut über den Körper und Edward sah mich ängstlich an.
„Haytham, du machst unserem Sohn Angst mit diesem Ton.“ kam es in einem schnippischen Ton von meiner Frau, welcher mich keinesfalls besänftigte, im Gegenteil.
Edward wird ebenfalls lernen müssen, dass unsere Diener auch ihre Anstellungen verlieren konnten und er selber würde früher oder später diese Aufgabe übernehmen, sie zu entlassen. Schließlich ist er unser Erbe! „Lerne zwischen Familie, Freunden, Berufung und Ordensangelegenheiten zu trennen, Alex! Dann wirst du meine Einstellung auch verstehen!“ mit diesen Worten verließ ich unser Zimmer und ging nach unten. Ich brauchte frische Luft!
Warum hatte ich bloß auf Alex gehört und Mrs Wallace die Anstellung als Kindermädchen gegeben? Sie wurde älter und kam anscheinend nicht mehr ihren Verpflichtungen richtig nach!
Ich musste dringend aufhören, immer nachzugeben und meiner Frau immer beizupflichten! Sie würde ab jetzt einfach lernen müssen, härter zu sein und nicht immer alles und jeden in Schutz zu nehmen!
In meinem Kopf sah ich plötzlich Blitze zucken und dieser Zorn wuchs weiter. Er weitete sich auf Jenny aus, auf meine Familie und auch Faith war schuld an so vielen Dingen! Ich hätte es nie soweit kommen lassen dürfen!
Vielleicht sollte ich, während Alex in Frankreich war einfach wieder zurück nach Virginia reisen und Edward mitnehmen? Dann kann sie sich Gedanken über ihr Fehlverhalten machen! Sie verhätschelte unseren Sohn zu sehr und vernachlässigte darüber hinaus ihre Aufgaben im Orden. Ein Zustand, welchen ich nicht mehr dulden konnte. Ein wenig Abstand wäre genau das Richtige und wer weiß, vielleicht kamen wir ja beide zur Besinnung…
Mir wurde schwindelig und mein Kopf dröhnte immer stärker!
Zu meinem Leidwesen erschien nun auch noch meine Frau neben mir! Wollte sie mich allen Ernstes versuchen umzustimmen? Nein, ich würde nicht mehr klein beigeben! Damit ist ab jetzt Schluss, noch habe ich in dieser Familie das Sagen und nicht sie!
„Mrs. Wallace wird in unserem Haushalt bleiben, Haytham! Ich lasse nicht zu, dass sie gehen muss, nur weil auch sie mal eine Schwäche zeigt. Wenn es dich beruhigt, werden wir nach einem zusätzlichen Kindermädchen suchen. Wenn du dich erinnerst, auch du hattest mehr als eines. So können sie sich abwechseln und wir sind sicher, dass es unserem Sohn gut geht und an nichts fehlt.“ Natürlich!!!
Also hatte sie hinter meinem Rücken schon Pläne geschmiedet und mich mal wieder nicht eingeweiht! Wie immer eigentlich! Der Druck in meinem Kopf nahm zu, die Wut steigerte sich immer noch und ich atmete tief durch, bevor ich fragte, was ihr denn nun vorschwebte!
„Das weiß ich doch jetzt noch nicht, aber wie wäre es mit Mildred? Sie hat bereits Kinder und viel Erfahrung, zudem ist sie eine gute Kämpferin. Ich habe gesehen, wie sie mit dem Schwert umgehen kann!“
Sie wollte nicht ernsthaft dieses Frauenzimmer die Betreuung meines Sohnes übernehmen lassen! Das konnte sie ganz schnell vergessen, nur über meine Leiche!
Dann plötzlich verschwand für den Bruchteil einer Sekunde der Schmerz und dieser Druck war wie weggeblasen. Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte mich jetzt zu erklären.
„Versteh mich doch bitte nicht falsch, Alex. Es geht hier um die Sicherheit und darum, dass Edward eine adäquate Erziehung bekommt. Mrs. Wallace ist schon seit einer Ewigkeit in meinem Haushalt und auch ich mag sie. Das ist es nicht, doch bedenke, sie wird älter und kann irgendwann genau deswegen nicht mehr ihren Aufgaben in vollem Umfang nachkommen. Wir müssen an die Zukunft denken!“ es war mit einem Male etwas anders, in mir schwand diese Wut, dieser Zorn und zurück blieb, ja was? Ein eigenartiges Gefühl, welches mich verunsicherte.
„Dann werden wir für eine Ergänzung sorgen... ... Edward wird vermutlich nicht immer alleine bleiben.“ Genau das ist es doch! Wir konnten uns keine Fehler erlauben, was die Betreuung und Erziehung anbelangte!
Warum diskutierten wir über so etwas eigentlich, wir waren uns doch einig.
„Du kannst Fragen stellen! Wer ist einfach verschwunden und ließ mich mit offenem Mund zurück. Haytham, ich weiß, ich habe zu lernen. Doch wenn du mir das immer wieder so vorhältst, dann fühle ich mich einfach völlig minderbemittelt. Ich bin nicht dumm, ich weiß, das Sybill älter wird, ich will es nicht, aber es lässt sich nicht vermeiden. Doch bitte, lass sie DAS doch nicht so spüren! Mrs. Wallace weiß es ja selber! Hier kommt es ein wenig auf Fingerspitzengefühl an und das überlasse bitte mir, Haytham!“ vermutlich hatte Alex Recht, doch das wollte ich nicht wirklich zugeben, stattdessen setzte ich meinerseits zu einer Erklärung an.
Diese Angst vor meinem eigenen Versagen war wieder da. Was wenn Sybill nicht mehr ihren Pflichten nachkommen konnte, was wenn Edward seine eigenen Herausforderungen nicht meistern kann. Oder wenn wir als Eltern versagen und unsere Kinder ins Verderben damit stürzen. Dieses Gefühl von Machtlosigkeit hatte ich auch schon einmal in Bristol gehabt und vermutlich würde ich es auch noch sehr oft zu spüren bekommen.
Meine Frau versuchte mich zu beruhigen.
„Wir werden dem gerecht werden, weil wir beide dort hineinwachsen werden. Niemand weiß, wie wir mit zwei Kindern leben werden. Das liegt nicht in unserer Macht es vorher zu wissen! Wir müssen es auf uns zukommen lassen! Aber bis es soweit ist, will ich, dass unser Sohn sein Kindermädchen behält!“ Sie WILL dass sein Kindermädchen bleibt?
Wieder begann es in meinem Kopf zu schmerzen und diese dunklen Wolken umnebelten meine Gedanken.
Edward würde ein weiteres Kindermädchen bekommen und zwar in Frankreich. Ich erklärte meiner Frau nun, wer mir da vorschwebte, da mir die Töchter des Verwalters dort noch in sehr guter Erinnerung geblieben waren und plötzlich war ich gespannt, was aus ihnen geworden ist. Bilder von einigen gemeinsamen Nächten gingen mir durch den Kopf und ließen mich lächeln, was meiner Frau nicht entging!
„Oh, lass mich raten. Du kennst die Damen bereits?“ fauchte sie mich jetzt an und ich packte ihren Oberarm! Was glaubte sie eigentlich, wer sie ist? Sie war nicht die erste Frau in meinem Bett, es gab schon so einige und sie selber hat auch nicht gerade als Nonne gelebt, also was wollte sie mir damit sagen?
„Ich… nichts! Ist schon gut, ich bin zu weit gegangen! Lass mich los!“ und Alex versuchte sich aus meinem Griff zu lösen!
Ich sah sie immer noch lauernd an und fauchte sie an, wer sie glaubte zu sein, um über mich und die Moral zu richten? Sie war wohl kaum besser gewesen.
„Nein, aber du hast es so seltsam gesagt... Haytham, ich weiß... aua! Aber was soll ich davon halten, wenn du gerade diese Frauen anscheinend so in positiver Erinnerung hast. Haben sie dein Bett besonders gut bezogen? Oder deine Hemden …“
In meinem Kopf explodierte etwas und ich erhob meine Hand!
„Wage es nicht, Haytham!" hörte ich Alex' lauernde Stimme in meinem Geist und plötzlich schwand dieser Druck aus meinem Kopf. Ich hatte das Gefühl, als nehme man mir eine riesige Last von der Seele und der Vergleich mit einem abziehenden Gewitter kam mir in den Sinn.
Schwer atmend standen wir uns beide nun gegenüber und sahen uns völlig ungläubig an. Was war das gerade zwischen uns? Ich würde meine Frau nie schlagen!
Ich entschuldigte mich, hörte aber selber, dass es ein jämmerlicher Versuch war!
Auch Alex konnte sich keinen Reim auf diesen Ausbruch machen, sicherlich gäbe es hin und wieder kleinere Auseinandersetzungen, das ließe sich auch nicht vermeiden.
Aber DAS gerade eben?
Sie ging ein Stück zurück und musterte mich, ich tat es ihr gleich und wich erschrocken ebenfalls zurück.
Ihre Worte kamen ängstlich aus ihrem Mund und sie sah sich hektisch um. „Haytham, etwas stimmt nicht!" also hatte auch sie diese feinen roten Linie innerhalb meiner Aura gesehen!
Wir hörten Vaters Stimme. Etwas sät Zwietracht zwischen euch! Ich kann nur nicht sehen, WER es ist oder WARUM!
Bevor wir jedoch reagieren konnten ertönte eine weitere dröhnende Stimme! Verdammt noch eins, das eine haben wir erledigt, da taucht das nächste auf. Eugene ist näher als gedacht!
Unser Handeln war die ganze Zeit von jemand anderen gesteuert worden? Alex rief panisch nach den Wachen, welche alle sofort hier auf der Terrasse erschienen. Wir teilten sie neu ein, vor jeder Tür sollte jemand stehen. Auf dem Grundstück ließen wir Patrouillen einteilen und auch im Kellergeschoss wurden zwei Herren abgestellt!
In ihrer Panik rannte Alex jetzt nach oben und auch in mir keimte die Angst auf, dass unserem Sohn etwas passiert sein könnte!
Aber wir konnten beruhigt sein. Als wir ins Zimmer traten, schlief Edward friedlich und wir nahmen keinerlei bösartige Präsenz mehr war.
Alex lehnte sich an mich und ließ ihren Kopf auf meine Brust fallen. „Es tut mir leid..." kam es von uns gleichzeitig wie aus einem Mund. Dieser Moment der Nähe und der Ruhe brachte uns den Frieden wieder.
„Manchmal wünschte ich, wir hätten ein völlig normales Leben, Haytham!" Darüber hatte ich auch schon sehr oft nachgedacht und bin nie zu einem richtigen Schluss gekommen, was man ändern müsste. Es gab anscheinend wirklich höhere Mächte, welche sich unserer Fähigkeiten bedienten um das Geschick der Menschheit zu lenken.
Mein Kind, es ist nicht mein Wille. Wir werden dem Ganzen nachgehen müssen. Es sind noch andere Mächte mit am Werk. Ruhe dich für heute aus! Dieses mal war es ruhig gesprochen und wir beide spürten eine Art Schutz um uns herum, was uns beruhigte.
Ich legte mich schon hin, während meine Frau noch eines der Fenster öffnete und dann erschöpft auf das Bett sank.
Ein etwas absurder Gedanke kam mir gerade, wenn sie doch die Möglichkeit hätte, ein Leben zu retten, welches wäre es? Welche Entscheidung würde sie treffen in dem Moment!
„Was? Ich... das weiß ich doch nicht... das kommt auf die Situation an, denke ich. Bist DU es, rette ich natürlich DICH, ist es Edward, dann helfe ich ihm... Woher soll ich das wissen, Haytham?" ihr Ton hatte eine etwas zickige Art angenommen, was ich aber der Müdigkeit zusprach und es war auch etwas unfair, sie mit dieser Frage so zu überrennen! „Entschuldige, es war ein Gedanke. Vermutlich dachte ich an meinen Tod... sollst du ihn mit deinen Fähigkeiten verhindern? Oder meinten die Götter etwas anderes damit?" meinte ich nur leise.
„Wir werden es sehen, wenn es soweit ist. Auch ich bin nicht allwissend, Haytham und jetzt lass uns schlafen. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und ich habe Kopfschmerzen und ich bin müde..." Hörte ich Alex noch müde sagen.
Trotzdem musste ich noch einmal betonen, dass das vorhin nicht ich war und ich strich dabei vorsichtig durch ihre Haare.
Nuschelnd kam noch ein „Vermutlich war ich das auch nicht..."
Gestern endlich reinigte ein heftiges Gewitter die Luft und wir alle konnten ein wenig entspannen und aufatmen. Für Edward war es das erste Unwetter an Land und es behagte ihm gar nicht, bei jedem Donner krallte er sich an uns und bei jedem Blitz zuckte er zusammen, als wäre er geschlagen worden.
Die Nacht war entsprechend kurz gewesen, meinen Vorschlag, als Edward eingeschlafen war, ihn in sein Bett zu bringen, lehnte meine Frau ab. Aber sie sah wirklich aus, als könnte sie ein wenig Schlaf gebrauchen!
„Das gleiche könnte ich von dir sagen, Haytham. Die letzten Tage waren mal wieder irritierend und haben mir Angst gemacht. Auch wenn nichts passiert ist, dennoch war es... unheimlich!"
Dieses Gefühl hatte ich also nicht alleine gehabt und war etwas erleichtert! Hinter jeder Ecke, jedem Baum, bei jedem Klopfen befürchtete ich einen erneuten Anschlag auf meine Familie!
Bei dem Gedanken an den heutigen Ball bei den Cormacs hatte ich den dringenden Wunsch einfach nicht dort zu erscheinen! Wer weiß, was uns dort erwartet oder auch auflauern könnte.
Ich hatte einige Kundschafter und Späher entsandt, welche sich im Umland, in den Häfen und selbstverständlich hier in London umschauen sollten. Jedoch hatte bisher niemand etwas verdächtiges ausmachen können! Auf der einen Seite war es beruhigend, auf der anderen Seite konnte es auch ganz schnell geschehen, dass wieder dieser Manipulant in meinem Kopf auftauchte.
Diese Macht von Mr Avdeyev war mir immer noch suspekt, doch Odin hielt sich weiterhin bedeckt, bezüglich der wahren Identität!
Wir mussten uns also fügen und ließen uns für den Abend fertig machen. Wir würden jedoch erst auf dem Ball selber, nach dem großen Essen, in die entsprechende Garderobe gekleidet werden. Langsam kam ein wenig Vorfreude auf, weil ich das Kleid meiner Frau noch nicht gesehen hatte. Alex hatte nur gesagt, es sei blau! Nun ja, das konnte alles bedeuten, da auch meine Kleidung entsprechend angepasst war. Also musste ich mich wohl oder übel überraschen lassen.
Beim Einkleiden hatte ich allerdings den Eindruck, dass auch mein Kammerdiener nicht ganz bei der Sache war! Er schnürte mir fast den Hals ab, so fest zog er an der Halsbinde und ich maßregelte ihn wütend, was er leise entschuldigte.
Fertig angekleidet gingen wir hinunter und im Salon erwartete uns ein wahres Idyll. Jenny las ihrem Neffen vor, während sein Kindermädchen ihm die neu erworbenen Stofftiere erklärte.
Ich teilte noch die neuen Wachen mit ein, insgesamt hatten wir nun 16 Mann, welche im und um das Anwesen für unsere Sicherheit sorgen sollten. 4 sollten uns dann heute Abend begleiten, auch wenn es nicht nötig war, weil es genügend Sicherheitspersonal beim Ball gab, da auch King George nebst Gattin anwesend sein würde. Dennoch ließen wir uns von unserem Vorhaben nicht abbringen und machten uns dann langsam auf den Weg.
Unsere Kutsche hielt rumpelnd vor dem Anwesen und man half uns beim Aussteigen. Mr. Hill geleitete uns hinein und plötzlich versteifte sich Alex und ich folgte ihrem Blick!
Da stand sie, Lady Melanie! Was machte sie plötzlich hier? Faith hatte uns versichert, dass sie nicht anwesend sein würde!
Also gut, jetzt hieß es gute Miene zu bösen Spiel zu machen und wir begrüßten die Gastgeber.
Faith bedachte Alex mit „Lady Kenway!" was sie zu irritieren schien und mir fiel ein, ich hätte sie noch aufklären sollen, dass sie hier in diesen Kreisen mit Lady betitelt wurde. In ihren Gedanken las ich aber, dass sie mehr als erstaunt über den klaren britischen Akzent von ihrer Schwester war. Normalerweise achtete Lady Cormac nicht darauf, doch auch für sie war es heute Pflicht, sich entsprechend zu präsentieren!
Wir wurden zum Esszimmer gebracht, wo uns auch gleich die Plätze zugewiesen wurden! Normalerweise sitzt der Ehemann nicht neben seiner Frau bei einem Dinner, also war ich es, der erstaunt dreinblickte, als man Alex den Platz zu meiner Rechten zuwies.
Links neben mir sollte Dr. Wilsons Platz sein, doch stattdessen setzte sich eine mir mehr als unangenehme Frau dort hin. Ihr Blick glitt anerkennend über meinen Körper und sie leckte sich verstohlen über ihre Lippen, während ihre Hand langsam an meinem Oberschenkel hinauf wanderte! WAS bitte führte diese Lady Melody Bournemouth schon wieder im Schilde?
Uns gegenüber sah ich, wie sich der Blick ihres Gatten verfinsterte und er mehr als ungehalten war. Genauso wie meine eigene Gattin die Fäuste ballte und um Aufklärung bat, welches Weibsbild sich an mich heranmachen würde!
Wenn du nichts unternimmst, Haytham, dann mache ich das und ich garantiere für nichts mehr. Blutspritzer über dem Tisch inklusive! Hörte ich ihre zornige Stimme in meinem Kopf, während ich gleichzeitig die lüsternen Avancen Melodys abweisen musste.
Und plötzlich las ich, wie Alex an das Pulver dachte, welches in einem Ring an ihrer rechten Hand versteckt war. Es war, soweit war ich im Bilde, Mohnpulver, welches sich schnell in Getränken löste und einen Menschen wie betrunken wirken ließ. Zuviel davon konnte aber auch tödlich sein! Mir gefiel dieser böse Gedanke meiner Frau, dieses Weib neben mir so auszuschalten, Alex hatte sich zu einer guten Templerin gemausert!
Ja, die Gedanken gelten der Dame, welche sich am liebsten auf dich werfen und dir die Kleider vom Leib reißen würde! Lass sie mich einfach entfernen, leise und ungesehen! Kam es schon fast bettelnd von ihr, doch sie musste sich noch gedulden.
Während nun das Essen aufgetragen wurde, glitten die Unterhaltungen zu den üblichen Dingen. Wie es um London und seine Besitztümer bestellt war, welcher Händler wo mehr Geld scheffeln konnte und natürlich die britische Armee, welche immer noch der ganze Stolz seiner Majestät war. Zurecht möchte ich betonen!
Neben mir schmiegte sich Melody immer wieder an meine Schulter. „Master Kenway, ich glaube ich fühle mich nicht ganz wohl, könntet ihr mir ein wenig die Schnüre lösen!" hauchte sie mit einem lasziven Ton in mein Ohr.
Nein, ich würde nichts dergleichen tun, weil auch ihr Mann, der Duke of Bournemouth, mich mit einem Blick traktierte, der einem dahingeworfenen Federhandschuh gleichkam. Dabei konnte ich nun wirklich nichts für das Verhalten seiner Frau, vielleicht brauchte sie einfach ein paar Lektionen. Sollte ich ihm diesbezüglich ein paar Ratschläge geben? Bei Alex funktionierte es ja, fast immer! Bei diesem Gedanken wanderten meine Gedanken wie von alleine in unser Schlafzimmer und ich musste mich arg zusammenreißen.
Plötzlich zuckte Alex neben mir erschrocken zurück und ich bemerkte, dass sie wieder einmal kaum einen Bissen zu sich nahm. Angesprochen darauf ob es wieder am Korsett läge, kam eine so trockene Antwort, mit welcher ich nicht unbedingt gerechnet hätte.
„Nein, es ist die Gesellschaft um uns herum!" ich sah in Richtung ihres Tischnachbarn und auch mir klappte der Mund auf. Es war James Law, gehüllt in eine rote pulsierende Aura!
Zeit um darüber nachzudenken hatten wir aber nicht, weil ich auserkoren wurde das Gesprächsthema jetzt zu sein, oder besser mein immer noch ab und an durchbrechender Husten.
Es prasselten Rezeptvorschläge auf uns ein, was ich trinken sollte, was am besten gegen Halsschmerzen helfe und so weiter.
Dieser Themenwechsel war aber Alex nicht recht, da weder Faith noch Shay im Bilde darüber waren, dass ich ein paar Stunden im 21. Jahrhundert verbracht hatte und seitdem dieses unangenehme Kratzen im Hals verspürte. Jedoch war es dabei abzuklingen, von daher machte ich mir keine größeren Sorgen!
Die nächsten Gänge waren ebenfalls einfach köstlich. Im Grunde tat mir meine Frau leid, dass sie es nicht ganz so genießen konnte.
Eine andere Dame neben mir genoss aber auch nicht ihr Essen, sondern mich und ließ ihre Hand verflucht weit nach oben meinen Oberschenkel hinauf gleiten. Ich nahm sie jetzt einfach und legte diese feingliedrige Hand demonstrativ auf den Tisch!
Mein Gegenüber grinste mich kopfschüttelnd an, dann sah er wütend auf seine Gattin, welche sicherlich noch ein paar Takte zu ihrem Benehmen zu hören bekommen würde.
Dann endlich waren wir hier erlöst und wir konnten uns für den eigentlichen Ball fertig machen. Die Königin würde in Lady Melanies persönlichen Räumlichkeiten eingekleidet, während Master Cormac, Faith, Alex und ich in deren Ankleidezimmer hergerichtet werden sollten.
Und ich war gespannt, wie meine Frau aussehen würde!
Plötzlich sah ich in meinem Geiste, wie Alex sich überlegte, diesem wollüstigen Weib einfach ein paar böse Bilder zu schicken! Du meine Güte, ich hatte den Teufel persönlich geheiratet, wie es schien und musste bei diesem Gedanken breit grinsen! Mir gefiel ihre ungezügelte Eifersucht, sie schmeichelte mir!
Also machten wir uns zu viert auf in die obere Etage des Familienflügels. Doch kurz bevor wir beim Ankleidezimmer ankamen, fiel meiner kleinen Schwester ein, sie hätte ihre Eule, Athene hieß sie, noch gar nicht gefüttert! Alex hatte mir davon berichtet, Faith konnte dieses Federvieh wie den Adlerblick, im wahrsten Sinne des Wortes, nutzen. Durch sie konnte sie ihre Umgebung von oben begutachten! Mal wieder eine völlig absurde Fähigkeit, welche sich mit dem göttlichen Einfluss erklären ließ.
Ich mahnte meine Frau, sich zu beeilen, da die beiden dort alleine und vor allem ungestört waren! Wer weiß, auf was die beiden wieder für Ideen kamen, wenn Shay und ich sie nicht im Blick hatten.
Auch der Ire warf seiner Ehefrau einen entsprechend mahnenden Blick hinterher und wir machten uns weiter auf zum Einkleiden. Wir würden sowieso eher als Faith und Alex fertig sein!
Beim Eintreten sah ich die Kleider unserer Frauen und stand für einen Moment staunend davor. Jedoch bemerkte ich den tiefen Ausschnitt im Rücken, bei welchem man Alex´ Tätowierung sofort sehen würde. Aber vermutlich hatte sie selber schon daran gedacht, einfach ihre Haare offen zu tragen, dann fiele es kaum bis gar nicht auf.
Die Diener begannen, uns aus den Sachen zu holen und uns in unsere Anzüge zu stecken.
„Master Kenway, diese Melody… es tut mir leid, dass ihr sie so lange ertragen musstet. Aber wir konnten sie ja schlecht ausladen! Darf ich offen sprechen?“ was bitte kam denn jetzt?
„Sicher, Shay. Immer raus damit!“ ermunterte ich ihn.
„Ich fand Alexandras Reaktion einfach göttlich! Diese pure Eifersucht schoss förmlich wie Gift aus ihren Augen und hätte dieses Frauenzimmer auf der Stelle beseitigt! Eine gute Eigenschaft, wie ich finde und ich muss sagen, bei Faith finde ich es auch sehr schmeichelhaft, wenn sie mich nicht mit anderen Frauen sehen will.“ ein leises Lachen war zu hören.
„Da habt ihr sicherlich Recht und ich muss gestehen, ich bin froh, so eine Frau an meiner Seite zu haben. Also ist Faith ebenso eifersüchtig und würde jeder anderen Dame in eurer Nähe an die Kehle gehen?“ fragte ich einfach, weil es mich interessierte, auch wenn ich es mir bildlich vorstellen konnte. Faith hatte ein gewisses Temperament!
„Oh, ihr glaubt gar nicht, was sie schon alles fertig gebracht hat. Vermutlich würde sie wirklich einen Mord begehen, nur um mich vor einem fremden Weib zu schützen!“ in seinen Augen lag eine tiefe Liebe zu meiner kleinen Schwester und in diesem Moment war ich froh, dass wir uns alle so entschieden haben. Auch wenn es noch nicht gleich so offen vor uns lag, was noch kommen würde.
„Shay, passt einfach weiterhin gut auf Faith auf!“ bat ich etwas gedankenverloren.
Wir kamen noch einmal auf mein Sendschreiben bezüglich der Sicherheit hier zu sprechen. „Sir, wir haben bereits für Wachen gesorgt und wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung für dieses Assassinen-Problem. Verlasst euch auf uns!“ ich klopfte ihm als Dank noch auf die Schulter und dann erschienen auch schon unsere Frauen wieder.
In so kurzer Zeit konnten sie nichts angestellt haben!, dachte ich und sah, wie Shay einen ähnlichen Gedanken hatte.
Auch WIR waren da ein wenig eifersüchtig, mussten wir uns eingestehen.
Alex und Faith begannen sich nun zu entkleiden und diskutierten lautstark über das schlechte Benehmen dieses wollüstigen Weibes namens Melody.
Schon nach kurzer Zeit hatte ich genug von diesen Geschichten, ich würde draußen warten, sollten sie ihre Klatschgeschichten ohne uns fortführen.
Gerade als Shay und ich draußen auf dem Gang standen, fiel mir ein, dass die beiden genau DAS geplant hatten! Oder war ich wieder einmal zu paranoid?
„Glaubt ihr auch, sie wollten uns aus dem Zimmer haben?“ kam es zögerlich vom Iren und ich nickte grinsend.
Wir waren auf den ältesten Trick der Frauenwelt hereingefallen!
Jetzt war es aber zu spät um einfach wieder hinein zu gehen. Damit würden wir uns unser Unvermögen eingestehen und DAS wollte ich nicht. Lieber würde ich meiner Frau später noch die Leviten lesen, hinsichtlich dessen, was nun in dem Schlafzimmer passierte!
„Alex hat sich gut erholt, Haytham!“ kam es jetzt in unserem freundschaftlichen Ton von Shay. „Ich bin froh, dass ich euch helfen konnte, diese Schweine zu beseitigen!“ sein Blick ruhte auf der Tür zum Schlafzimmer.
„Und ich bin dankbar, dass ihr mir geholfen habt. Der ganze Beistand hat mir und Alex geholfen, wieder unser Leben in den Griff zu bekommen! Und ich hoffe inständig, dass keiner unserer Frauen jemals so etwas wieder passiert!“ und ich meinte es verdammt ernst.
„Das hoffen wir alle!“
Ein Diener ging an uns vorbei und bedachte uns mit einem fragenden Blick. Wandte sich dann aber um, um sich vermutlich seiner Arbeit zu widmen. Unsere Wachen waren verteilt, eine stand noch hier bei Shay und mir. Die anderen drei waren bereits unten beim Ballsaal.
Plötzlich eilte Lady Melanie auf uns zu.
„Wo sind denn eure Ehefrauen? Der Ball fängt gleich an und… Herr je, sind sie noch gar nicht fertig?“ bevor wir jedoch etwas sagen konnten, riss sie die Tür auf und blieb für einen Moment wie angewurzelt stehen. „Eine Frau? Nun gut, wenn es dein Mann weiß, habe ich nichts dagegen.“ hörte ich sie noch sagen und schon eilten ein Dutzend Kammerzofen an ihr vorbei um Alex und Faith einzukleiden.
Viel Zeit blieb wirklich nicht mehr und ich hoffte, dass das Resultat von einer Viertelstunde Arbeit einer glich, die über eine Stunde dauern würde! Wenn nicht, dann hätte ich noch weitere Lektionen für meine Frau. Ein hämisches Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen und sah, wie auch der Ire bereits über eine passende Strafe nachdachte!
Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, erschienen sie beide auf dem Gang und mir blieb mein Mund offen stehen. Dieses Kleid saß perfekt und umspielte Alex´ kleine Figur einfach wie angegossen und sie wirkte etwas größer darin. Was vermutlich auch den hohen Schuhen geschuldet war.
Oh, es wird mir heute Nacht ein Vergnügen sein, euch daran zu erinnern, wem ihr gehört, Mistress Kenway! Ich konnte es mir nicht verkneifen! Ich musste sie es wissen lassen und mit hochrotem Kopf nickte sie fast unmerklich.
„Wollen wir dann?“ fragte sie in einem möglichst neutralen Ton und hakte sich bei mir unter.
„Master Kenway, ihr könnt schon vorgehen. Den Ball werden Faith und ich eröffnen, der Königin ist nicht ganz wohl, also fällt uns nun diese Aufgabe zu.“ erklärte Shay und ich sah, dass Lady Melanie vor Stolz fast platzte, dass ihrer Enkelin diese Ehre zuteil wurde.
Also machten wir uns auf zum Ballsaal.
Um einen möglichst neutralen Plauderton bedacht, sprach ich sie auf die offenen Haare an und ob es ihre Idee gewesen sei. Außerdem stünde dieses blaue Kleid ihr einfach fantastisch.
„Lady Melanie sah meine Tätowierung und befand, dass sie nicht jeder sehen sollte. Schon bei der Anprobe hatte ich Faith darauf angesprochen, Haytham. Aber ich muss sagen, dieser Anzug steht dir auch unglaublich gut.“ Täuschte ich mich, oder war meine Frau leicht sprachlos bei meinem Anblick geworden? Ihre immer noch sehr roten Wangen deuteten jedoch darauf hin, dass sie mich auch gerne in diesem Handtuch sehen würde!
Meine kleine Schwester erschien am Arm ihres Gatten und die beiden eröffneten den eigentlichen Ball.
Neben mir hörte ich Alex mitzählen und die Schrittfolge nachgehen. Es war mal wieder so unbekümmert von ihr, dass sie auch nichts weiter wahrnahm. Erst als ich sie darauf hinwies, schien sie zu merken, was sie tat und sah mich entschuldigend an.
„Alex, du gehst die Schrittfolge der beiden ja richtig mit. Gedulde dich, dann darfst auch du den beiden Gesellschaft leisten und wenn ich darf, nehme ich gerne daran teil.“ sprach ich leise und sie lehnte sich kichernd an mich.
Wieder einmal genoss ich ihre völlig freie Art, auch in der Öffentlichkeit. Sie hatte keine Scheu vor Fremden ihre Gefühle zu zeigen oder ihre Liebe zu mir oder auch unserem Sohn zu bekunden! Doch ich schweife mal wieder ab.
Der Ball!
Die ersten Tänze galten den einzelnen farblich eingekleideten Damen und Herren, zu welchen leider auch Melody und ihr Gatte gehörten.
Aber fürs Erste hatte ich meine Frau für mich alleine, dann übergab ich sie Shay und übernahm dafür Faith und so weiter.
Als ich dann von dem Duke of Bournemouth seine Gattin an die Hand bekam, stöhnte ich innerlich frustriert auf, aber es führte kein Weg daran vorbei. Mit einer plötzlich aufkommenden Begeisterung für das Tanzen, schmiss sich die Dame förmlich an mich und ich hatte meine Mühe, sie auf Abstand zu halten!
„Oh Haytham, darauf habe ich den ganzen Abend schon gewartet. Wir werden sicherlich später noch ein ruhiges Plätzchen finden. Ich kann euch Dinge zeigen, welche eure Frau nie machen würde!“ hauchte sie an meiner Brust, aber DAS bezweifelte ich, weil ich es besser wusste. Es wäre eher umgekehrt!
Wie es schien hatte sie auch bereits dem Champagner ordentlich zugesprochen, da ich ein leichtes Schwanken bei ihr wahrnahm, oder spielte sie es nur um mich von den Gästen wegzulocken?
Ich sah, wie meine Frau mit dem Duke zu uns sah und ihn kopfschüttelnd anlächelte. Beide waren sich einig, dass hier dringend ein paar Lehrstunden von Nöten waren! Als ich endlich dieses Weib abgeben konnte, standen wir noch einen kleinen Moment beisammen.
Als Alex Melody mit einer zickigen Bemerkung ablenkte, sodass sie in eine andere Richtung sah, kippte sie schnell etwas von dem Mohnpulver aus ihrem Ring in das Champagnerglas der Duchess.
Doch wir mussten nicht lange auf eine Reaktion warten, da sie schon dem Alkohol zugesprochen hatte, wirkte dieses Pulver jetzt noch schneller. Sie begann andere Gäste anzupöbeln und verhöhnte einige Damen, welche aus dem Leim gegangen waren, sie sollten sich doch lieber verstecken.
Ihr Gatte hatte Mühe, sie zu beruhigen und aus dem Saal zu bugsieren. Sie schrie und schlug weiter um sich!
Ich hoffte, dass es keine nachhaltigen Schäden geben würde, aber Alex beruhigte mich. „Nein, keine Sorge. Die Dosis war sehr gering, aber ich hatte nicht daran gedacht, dass sie schon so viel getrunken hatte. Und überhaupt… du riechst nach ihrem Parfüm, mi amor! Am liebsten würde ich dich in andere Sachen stecken!“ mit einer hochgezogenen Augenbraue und leuchtenden grünen Augen, legte sich ihre Hand unter meinem Gehrock auf meinen Allerwertesten.
Wie gerne wäre ich jetzt mit ihr alleine, doch noch war der Abend nicht vorbei und wir hätten noch einige Verpflichtungen.
Nach einer weiteren Vielzahl an Tänzen, bei denen ich mit Damen konfrontiert wurde, welche überhaupt kein Taktgefühl hatten, war ich froh, als ich wieder meine Gattin an meiner Seite hatte. Mit ihr war es einfach eine Wohltat auf der Tanzfläche zu sein, da sie mir nicht auf die Füße trat.
Im Laufe des Abends erschienen auch noch Eheleute Bradshaw und ich staunte nicht schlecht. Die Blessuren in Finleys Gesicht waren schon fast nicht mehr zu sehen, man erahnte nur ab und an seine Schmerzen, wenn er zu hastig sprach oder den Kiefer falsch bewegte. Beide versicherten uns aber, dass es mit der Gesundheit stetig bergauf ginge. Besonders, und das meinte Finley mit einem Augenzwinkern, wegen der liebevollen Fürsorge seiner Frau! Diese beiden waren auch wie füreinander bestimmt und man sah ihre Liebe zueinander förmlich zwischen ihnen.
Finley stellte uns dann noch einem Ehepaar in der Nähe vor. „Mr. Antoine André und seine Gattin Mrs. Marie Louis Girardot.“ Der Herr war ebenfalls Händler, kam aus der Schweiz und hatte sich vor ein paar Jahren hier in London niedergelassen. Wir verabredeten ein Treffen, um vielleicht einen weiteren Geschäftspartner mit ins Boot holen zu können.
Alex fragte mich, als wir ein Stück weiter gegangen waren, ob mir der Name André etwas sagen würde, sie grübelte darüber nach, kam aber nicht darauf, wo sie ihn schon einmal gehört hatte.
Leider konnte auch ich ihr dabei nicht helfen, aber vielleicht hätte sei bei dem Treffen ja eine Eingebung. Mir ging durch den Kopf, dass sie vermutlich einfach sehr viele Namen im Gedächtnis hatte und sicherlich darunter auch einige Geschichtsträchtige, wie ich schon festgestellt hatte. Ich hoffte für sie, dass es ihr wieder einfallen würde.
Es dauerte nicht lange, da musste ich meine Frau für einen Moment alleine lassen, aber nicht ohne eine Wache an ihre Seite zu stellen. Etwas erleichterter ging ich hinüber zu Mr. Mormon und den anderen Mitgliedern. Besorgt sah er mich an und sein Blick glitt zu meiner Frau, dann war er wieder im Geschehen vor seiner Nase.
„Haytham, was da in den letzten Tagen vorgefallen ist, vor allem das mit Master Bradshaw müssen wir dringend im Auge behalten. Aber ich habe auch gute Neuigkeiten. Wir können schon in zwei Tagen das neue Anwesen beziehen. Die Advokaten sind sich schnell einig geworden, als sie hörten, dass wir die volle Summe zahlen würden!“ Endlich auch mal gute Nachrichten!
„Das hört sich fantastisch an. Wenn ihr dann so freundlich wärt, für den Umzug zu sorgen und auch die Bruderschaft entsprechend unterrichten würdet? Leider fehlt mir im Moment die Zeit, weil bei uns noch ein weiterer Vertrag in Frankreich ansteht, welcher keinen weiteren Aufschub mehr duldet.“ es war tatsächlich so.
Sobald wir hier alles erledigt hätten, müssten wir uns auf den Weg zum Festland machen. Ich hoffte, dass wir bis dahin eine Spur auf Eugene Avdeyev haben würden, damit wir dem nachgehen konnten. Am liebsten würde ich es persönlich in die Hand nehmen, wenn es sich jedoch so ergibt, dass wir bereits fort waren, mussten die Schläfer hier vor Ort für die Bereinigung sorgen!
„Eure Frau hat sich weiterhin gut erholt, wie ich sehe. Es freut mich außerordentlich. Habt ihr sie mittlerweile schon in diesen Ordenszweig eingeweiht, Haytham? Es wird Zeit, wie ich finde!“ in Daniels Stimme klang eine gewisse Dringlichkeit und ich musste mir noch überlegen, wie genau ich es Alex erklärte.
Es gäbe nämlich auch noch ein Aufnahmeritual für sie, da sie auch dort dann direkt an meiner Seite als Oberhaupt dieses Zweiges stehen würde. Neben ihr und Master Mormon gab es nur noch eine Person, die an der Spitze stand und das war ein Franzose namens Gilbert Frasier.
Soweit ich unterrichtet war, weilte er derzeit in Spanien um dort nach einigen Abtrünnigen der Templer zu suchen. Mal wieder hatten sich ein paar Brüder und Schwester zu einer Gruppe von mordenden Söldner zusammen getan und herrschten bereits über große Landteile Spaniens!
„Ich werde mit meiner Frau beizeiten darüber reden und sie in die Strukturen einweisen. Jedoch wird ein Eintritt vorerst noch nicht stattfinden können, da wir, wie ich ja bereits sagte, bald schon abreisen werden. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir eventuell auch eine Aufnahme in Virginia erfolgen lassen können!“ sprach ich in die Runde und man nickte mir zu.
„Eine gute Idee wie ich finde, Haytham. So kann ich mir auch ein Bild davon machen, wo ihr abgeblieben seid.“ lachte Daniel nun und wir stießen noch auf den heutigen Abend an.
Kurz darauf erschienen Master Bradshaw, ebenso Mr André und leisteten uns Gesellschaft. Die Damen hatten sich in Grüppchen zusammen getan und erwarteten nicht unsere Anwesenheit wie es schien.
Da nun Finley mit hier war, erzählte ich ihm auch gleich von unserem neuen Büro, welches auch der Bruderschaft zur Verfügung stehen würde.
„Das trifft sich gut, wir haben schon nach neuen Möglichkeiten für einen Versammlungsraum gesucht. Leider sind wir nie wirklich fündig geworden und ich möchte nur ungerne mein Eigenheim für diese Zwecke nutzen."
Damit hatte Master Bradshaw Recht und auch ich musste beizeiten aus dem Keller der Plantage heraus und etwas neues aufbauen. Doch wo genau, wusste ich noch nicht. Vielleicht wäre ja Richmond, mitten in der Stadt, eine Alternative. Wenn wir wieder in Amerika waren, würde ich mich darum kümmern.
Dann sah ich, wie Alex auf uns zusteuerte, sie schien mich zu suchen. „Mistress Kenway, ihr wollt sicherlich euren Gatten wieder für euch haben. Verzeiht, wir haben ihn schon zu lange in Beschlag genommen." sprach Finley lächelnd und ich verabschiedete mich.
„Lady Melanie hat Faith zum Pianospielen verdammt, mi amor. Ich bin gespannt, was sie präsentieren wird." erklärte mir Alex mehr als mitfühlend, weil Faith wohl nicht so recht Lust darauf hatte. Den ganzen Abend schon schien ihre Großmutter sie als würdige Nachfolgerin zu testen.
Wir näherten uns einer Menschentraube wo in der Mitte meine kleine Schwester am Piano saß und in die Runde sah. Als sie Alex bemerkte, lächelte sie und ihr schien etwas eingefallen zu sein.
1. Lied
2. Lied
3. Lied
In diesem Moment musste ich an das erste Weihnachten gemeinsam mit Alex im Fort Arsenal denken, an welchem die beiden einige Lieder geübt hatten und sich gegenseitig einige Stücke beigebracht hatten.
Neben mir sah ich Alex, wie sie sich verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln wischte und als sie mich ansah, hörte ich ihre Gedanken.
Ich vermisse meine Zeit, mi amor. Diese Lieder habe ich immer gerne gehört. Bei diesen Worten zitterten ihre Lippen und ich schloss sie kurzerhand in meine Arme. Dieses Heimweh werde ich ihr nie nehmen können, ich konnte nur hoffen, dass es sie nie völlig übermannen würde!
Beifall und lautes Lob rissen uns aus diesem Moment. Also war Faith nun, wie es es schien, fürs Erste erlöst!
Plötzlich trat Mistress Bradshaw auf uns zu und Alex hatte sich ein neues Glas vom Champagner genommen.
„Alex, ihr seht in diesem Kleid wirklich hinreißend aus. Ich wollte mich noch einmal bedanken, dass ihr meinem Mann geholfen habt und ich hoffe, wir werden diese Bedrohung nun ein für alle Male besiegen können." diese Stimme war unglaublich sanft und melodisch, ich hatte mich schon einige Male gefragt, WO ich sie bereits gehört hatte.
Es war meine Frau, welche erstaunt nachhakte, ob Francis tatsächlich auch in die Belange der Bruderschaften und Orden involviert sei. Doch mit ihrer Antwort hatten wir beide nicht gerechnet.
„Selbstverständlich! Finley hat mir damals schon bei unserem Kennenlernen alles erzählt. Ihr solltet vielleicht auch wissen, dass auch ich über Fähigkeiten verfüge, welche ich euch bei Gelegenheit auch zeigen werde, Alex. Und ihr kennt die Göttin an meiner Seite bereits! Sigyn!"
Vermutlich standen wir wie zwei verschreckte Kaninchen vor dieser Frau und starrten sie an.
„Dann ist Master Lestranges Frau demnach Frigg?" folgerte Alex nun aus dieser Erkenntnis.
Wir waren anscheinend noch nicht am Ende der Erzählungen. „Genau meine Liebe! Und Master Kenway, eure Mutter hatte Fulla tatsächlich inne!" Ihr Blick ruhte mit einer Wärme auf mir, dass ich Angst hatte, den Verstand zu verlieren!
Es war erschreckend, sie alle waren mit den nordischen Göttern, welche meine Frau beschützten, verbunden. Auch meine Eltern?
Und als hätte sie meine Gedanken gelesen, redete sie weiter „Euer Vater ist der Wächter von Bifröst, der Brücke zwischen Midgard und Asgard! Sein Name ist Heimdall! Deshalb ist es ihm durch seine Weisheit möglich, zu euch zu sprechen und das schon vor uns allen!" Endlich bekam ich eine Erklärung, warum es meinem Vater möglich war, hier auch zu erscheinen. Die Brücke war sinnbildlich die Verbindung zu uns! Mein Kopf schwirrte mir und ich hielt mich an meiner Frau fest. Aber auch Alex sah mit offenem Mund zu Francis.
Heimdall
Bifröst
Plötzlich hörten wir aber Faith im Geiste nach uns rufen! „Alex bring sofort meinen Vater nach oben und Dr. Wilson!" Wir sahen, wie sie über Maggie dastand und das Blut, was aus einer Wunde trat! Doch bevor wir uns entschuldigen konnten, sagte Francis, wir sollten uns beeilen und deutete uns, wo wir besagten Arzt finden konnten. oncontextmenu="return false;" onmousedown="return false;" onmousemove="return false;" oncopy="return false;" unselectable="on">
Dieser war bei Mr Lincon und bei ihm war Gott sei Dank auch Lucius.
„Master Williams, da seid ihr ja. Ihr müsst schnell mitkommen. Etwas ist mit Maggie passiert und ihr Dr. Wilson sollt auch mitkommen!" Alex' Stimme überschlug sich schon fast dabei, doch es war Eile geboten und wir machten uns auf den Weg hinauf zum Familientrakt.
Oben angekommen sah ich mit Entsetzen, dass man das Kindermädchen versucht hatte zu ermorden. Warum machte man so etwas? War wieder so eine gestörte und geisteskranke Person wie Zoe hier am Werk gewesen? Für Spekulationen war aber keine Zeit und wir gingen auf die Suche nach Lady Melanie, damit sie den Dienern sagen konnte, was hier oben benötigt wurde.
Um Faiths Großmutter herum standen einige Damen, darunter auch die Königin selber, welche sich ebenfalls mit auf den Weg zu Maggie machte. Ein ganzer Trupp Schaulustiger folgte uns.
Im Salon wieder angekommen, stieg mir ein widerlicher Geruch in die Nase und ich sah, dass Alex wusste, was es war. Das ist Chloroform, Haytham. Faith hat Maggie damit zum Schlafen gebracht. Diese Worte formten sich so leise in meinem Kopf, als hätte sie Angst, jemand könnte sie für verrückt erklären.
Aber warum machte man so etwas.
Die Erklärung bekam ich, als ich sah, dass Faith mit einem scharfen Messer den Bauch der Schlafenden öffnete! WAS hatte sie vor? Wollte sie das Kindermädchen umbringen?
Einer der anwesenden Ärzte reichte mit einem Male eine Schüssel und deckte diese auch gleich wieder zu. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich kleine Arme und sogar Beine ausmachen können! Nein, das konnte nicht sein, mein Verstand spielte mir sicherlich einen Streich!
Mit Nadel und Faden hantierte meine kleine Schwester nun noch an der Bauchdecke der Patientin herum und dann war es vollbracht, wie es schien. Man beglückwünschte sie zu dieser gelungenen Operation und unterhielt sich dann über eventuelle Komplikationen.
Ich hingegen sah gebannt auf Faith, welcher die Tränen einfach über die Wangen liefen.
Sie hatte gerade ihren Bruder oder ihre Schwester verloren!, ging es mir bedauernd durch den Kopf. Auf der anderen Seite hatte sie aber das Leben von Maggie gerettet!
Langsam beruhigte sie sich und kam auf uns zu, um zu berichten. Es war eine Frau namens Elinor, welche hier in den Schränken gestöbert hatte und dabei von Maggie überrascht wurde. Um diesen Einbruch zu vertuschen, stach sie mit einer langen Hutnadel in den Bauch des Kindermädchens, in der Hoffnung sie damit umzubringen! Besagte Mörderin war Assassine und schon länger ein Dorn im Auge des britischen Ritus.
Plötzlich begannen die Zeichen auf Faiths Haut zu leuchten und wir ermahnten sie, sich zu beruhigen. Lucius stand immer noch völlig neben sich und schwor lautstark Rache für diese Tat, bevor er hastig aus dem Raum verschwand.
Als ich mir so Shay und Faith ansah, beschlossen wir, dass sie sich dringend umziehen sollten. Die Kleidung war voller Blut und so könnten sie sich ein wenig von dem Schrecken erholen.
Bevor die beiden aber gingen, sprach Faith noch mit mir. „Danke ihr beiden, aber Haytham könntest du vielleicht herausfinden was Elinor hier gemacht hat. Dein Sinn ist besser als der von Shay und mir."
Wenn ich damit helfen konnte, sicherlich tat ich ihr diesen Gefallen!
Leider konnte ich mich aber nicht konzentrieren, weil mir diese Bilder des aufgeschnittenen Bauches nicht aus dem Kopf wollten. Also fragte ich Alex, was dort gerade passiert war.
Sie atmete tief durch und sah mich lange an, dann setzte sie mit einer Erklärung an.
„Faith hat einen sogenannten Kaiserschnitt gemacht, damit wenigstens einer überleben kann. Leider konnte sie das Baby nicht mehr retten, dafür lebt aber Maggie weiter. Man durchtrennt dafür die Bauchdecke, das darunterliegende Gewebe und einen Muskel, soweit ich weiß. Zusätzlich muss die Gebärmutter geöffnet werden, um den kleinen Menschen ganz herausholen zu können mitsamt der Nachgeburt. Und so wie es aussieht..." ihr Blick ging zu der schlafenden Patientin auf dem Tisch „... hat es funktioniert. Die Nähte werden verheilen, aber es dauert halt und man darf auch nicht schwer heben in der ersten Zeit." endete ihre Erklärung, doch es war als hätte man mir gerade alles auf Suaheli erzählt.
„Alex, wie kann man... das geht doch nicht." wieder einmal wurde mir klar, dass ich von der weiblichen Anatomie nichts wusste, geschweige denn mir vorstellen konnte, wie so etwas funktionieren sollte. Außerdem gingen mir Fragen durch den Kopf, warum es zum Beispiel Kaiserschnitt hieß, doch das könnten wir auch später klären.
„Haytham ich weiß, das ganze klingt völlig phantastisch und unmöglich, aber du hast es jetzt selber gesehen. Natürlich sollten nur erfahrene Ärzte oder Ärztinnen so etwas machen, weil es halt auch gefährlich werden kann. Wenn man zum Beispiel die Blutung nicht stoppen kann." sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und gab mir einen vorsichtigen Kuss. „Keine Angst, mi amor. Mir wird sowas nicht passieren." sprach sie leise.
Dieser Gedanke war mir tatsächlich gerade gekommen!
Etwas beruhigter machte ich mich auf die Suche nach verdächtigen Spuren und wurde prompt fündig. Besagte Elinor hatte eine rote Spur hinterlassen und ich sah, wie sie die Schränke, Vitrinen und Schubladen hier durchsucht hatte. Anscheinend war sie aber nicht fündig geworden, obwohl sie einzelne Bücher auch noch inspiziert zu haben schien. Wonach suchte diese Frau eigentlich? Solange ich das nicht wusste, konnte ich auch nichts näher herausfinden. Zumal ich auch nicht wusste, was hier fehlen könnte, da ich das Inventar nicht kannte.
Ich folgte jetzt dieser roten Linie, welche mich Richtung Tür und dann nach rechts, eine abgelegene Treppe hinunter führte.
Als Faith und Shay hier wieder erschienen erzählte ich von meiner mehr als kläglichen Erkenntnis.
„Sie ist dann hier hinaus und ist die andere Treppe hinuntergeeilt. Kein Wunder, dass niemand dieses Frauenzimmer bemerkt hat. Jack stand auf der anderen Seite und sie war leise, Assassine halt!" ich weiß, in meiner Stimme klang Verachtung mit, aber auch nur, weil ich mich ärgerte, nicht weiterhelfen zu können!
Es wurde aber langsam Zeit, dass wir uns auf den Weg nach Hause machten. Gerade als wir in der leeren und verlassen wirkenden Eingangshalle standen, schlug die große Standuhr und entsetzt sah ich, dass es bereits halb vier war.
„Ich denke ihr wollt jetzt gehen, euer Sohn vermisst euch bestimmt!" sagte Faith leise und sie hatte Recht, der Tag würde wieder früh beginnen, wie ich meinen Sohn kannte.
Wir nahmen sie noch einmal alle in den Arm, weil ich spürte, wie ihr der Verlust ihres Geschwisterchens nahe ging. So etwas war nur schwer zu verkraften und wir wünschten ihr alle Kraft der Welt dafür!
Unsere Wachen machten ihre Pferde bereit und wir nahmen in der Kutsche Platz, welche uns nun nach Hause bringen würde. In den nächsten Tagen gäbe es sicherlich noch das eine oder andere zu besprechen, doch nicht mehr heute.
Wir dachten beide ebenfalls darüber nach, dass wir Eugene auch nicht unterschätzen durften und hofften, dass wir ihn bald ausschalten können!
Beim Anwesen blieb Alex kurz stehen und sah sich ängstlich um. Ja, bei diesem Dämmerlicht sah die Welt unheimlich aus hier draußen, doch ich drängte sie, hineinzugehen und sich auszuziehen. Sie war blass und die Müdigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Oben in unserem Zimmer half ich beim Ausziehen, dann zog ich mich selber aus. Alex sah noch einmal nach Edward, welcher aber friedlich schlief und ließ sich dann auf das Bett sinken.
„Ich kann es noch nicht fassen, was heute alles passiert ist. Mir schwirrt alleine der Kopf noch von den ganzen Göttern und diese Zusammenhänge. Und diese Elinor gehört geteert, gefedert und gevierteilt, wenn du mich fragst!" diese Strafe wäre noch zu gnädig, wenn man MICH fragte, aber schon mal ein Anfang.
Mich interessierte vor allem, was diese Frau genau gesucht hatte. Aber wir würden hier und jetzt sicherlich keine Antwort darauf bekommen.
„Was, wenn diese Assassinen wirklich hinter diesen Giftanschlägen stecken?" Da fielen mir die Anschläge von damals in New York wieder ein.
„Damals in New York gab es ebenfalls solche Anschläge. Dort hat Shay die Banden entsprechend aufgemischt und konnte die Reserven vernichten. Zu dem Zeitpunkt hatte Franklin auch seine Finger im Spiel, aber eher unwissend. Weswegen wir ihn nicht weiter behelligt haben! Aber da er gerade jetzt hier ist, hoffe ich, dass man auf seine Unterstützung bauen kann. Ich vermute einfach mal, dass Faith auch schon auf die Idee gekommen ist, ihn um Rat zu fragen!"
Für heute war es aber genug und ich zog meine Frau an meine Seite, welche mich automatisch umschlang und gemeinsam traten wir unseren wohlverdienten Schlaf an...
Edward weckte uns mit einem herzzerreißenden Weinen! Er stand an die Gitter seines Bettes geklammert, frustriert, weil er nicht darüber hinweg kam.
„Schätzchen, nicht mehr lange, dann läufst du uns wahrscheinlich davon. Aber komm, es ist noch früh!“ meinte Alex liebevoll und legte ihn in unsere Mitte.
Für eine Weile herrschte dann wirklich noch etwas Ruhe, bis den kleinen Mann eine gewisse Langeweile überkam und er auf mir herum kletterte.
Gähnend sagte ich, dass es erstaunlich sei, wie putzmunter er schon wieder ist und wünschte ihm einen guten Morgen.
Breit grinsend bekam ich ein „Nini…. Daaaaaaaa!“ von Edward entgegen geschmettert. Nein, meine Schwester wird noch nicht aufgestanden sein, bevor ich jedoch etwas sagen konnte oder Alex, klopfte es. Als unser Sohn die Stimme seines Kindermädchens hörte strahlte er über beide Ohren und mir kam wieder in den Sinn, dass wir ja eigentlich noch Verstärkung einstellen wollten, verschob es aber noch einmal. Dafür hatten wir später sicherlich noch Zeit.
„Master Edward, dann wollen wir euch fertig machen und nach dem Frühstück gehen wir mit eurer Tante zu einer Freundin!“ Sybill verschwand mit ihm und ich muss sagen, ich freute mich wie ein kleiner Junge über diese gewonnene freie Zeit und hoffentlich auf Zweisamkeit mit meiner Frau.
Alex hatte sich aber schon wieder in ihre Decke gedreht und war dabei einzuschlafen! Dazu hätte sie dann später noch Zeit!, dachte ich zynisch und begann meine Finger unter der Decke auf Wanderschaft zu schicken.
„Haytham... ich bin müde... das ist unfair…“ kam es maulig und unterkoffeiniert von meiner Frau. Doch es war mir gerade egal, wir hatten eine kleine Weile nur für uns! Ich machte einfach weiter und siehe da, sie zog mich zu sich herunter und ergab sich einfach.
Etwas später lag sie selig lächelnd neben mir, gab mir einen Kuss und flüsterte „Danke, mi amor!“, dann war sie eingeschlafen.
Ich sah noch einen Moment auf die sich weiter entspannenden Gesichtszüge von ihr und die roten Wangen, welche der morgendlichen körperlichen Betätigung zuzuschreiben waren. Leise seufzend schloss ich sie in meine Arme…
Ich schrak hoch, als ein Diener anklopfte und uns eine Nachricht von den Eheleuten Bradshaw überreichte. Mittlerweile verschwammen für mich die Namen und ich musste immer wieder daran denken, WER sich hinter ihnen verbarg. Und schon arbeitete mein Verstand auf Hochtouren, versuchte wieder die Verbindungen von Göttern, Vorläufern, meiner Familie und im Grunde der gesamten Menschheit, herzustellen.
Man lud uns für den Nachmittag ein, um den gestrigen Abend und dessen Vorkommnisse noch einmal zu besprechen. „Mistress Kenway, ich weiß, ihr habt viele Fragen und es scheint an der Zeit zu sein, euch weiter aufzuklären! … Und bitte bringt ruhig euren Sohn mit, unsere Enkeltöchter sind noch bei uns und würden sich freuen Edward wiederzusehen!“ stand in dem kleinen Anschreiben!
So so… da schien mein Sohn ja einen, im wahrsten Sinne des Wortes, guten Eindruck hinterlassen zu haben. Ein richtiger Frauenschwarm und das mit noch nicht einmal einem Jahr! Hut ab!, grinste ich nur.
„Das muss er eindeutig von seinem Vater haben, mi amor!“ kam es liebevoll von meiner Frau, mit einer großen Portion Anerkennung in ihrer Stimme.
Nach einem kleinen Frühstück auf der Terrasse, unterhielten wir uns noch über diese ganzen Verbindungen und mir ging wiederholt durch den Kopf, ob mein Vater nie mit Alex darüber gesprochen hatte. Er hätte doch sicherlich in dieser Richtung etwas erwähnt, oder irrte ich mich?
Meine Frau kam ins Grübeln, aber ich sah schon an ihrem zweifelnden Gesichtsausdruck, dass sie sich an kein derartiges Gespräch erinnern konnte. Seltsam wie ich finde, die beiden hatten eine gewisse Vertrautheit, aber sprachen über derlei Dinge nicht? Kaum vorstellbar, aber ich musste es so hinnehmen.
Nachdem unser Nachwuchs seinen Mittagsschlaf beendet hatte, machten wir uns mit den Wachen und Mrs. Wallace auf den Weg zu unserem Geschäftspartner. Sybill erzählte uns unterdessen von den Vorkommnissen des Vormittags.
„Master Edward hat heute gelernt, dass auch er nicht alles haben darf, was er sieht.“ Er hatte sich einfach ein Stofftier von der Tochter der Gastgeberin genommen, welche das aber nicht gut fand und als sie ihm ihr Spielzeug wegnahm, begann Edward laut an zu zetern. Aber auch er musste lernen zu teilen.
Im Garten der Bradshaws erwarteten uns besagte Enkeltöchter, welche sich wirklich zu freuen schienen, Edward wiederzusehen. Also umsorgte Sybill ihn und wir konnten unser Gespräch beginnen.
Ich muss gestehen, ich war etwas nervös, weil ich nicht wirklich wusste, was uns noch alles aufgetischt werden würde und wer noch alles involviert war!
„Die letzte Nacht war für alle Beteiligten Nerven aufreibend, vermute ich einmal. Dieser feige Anschlag auf das Kindermädchen der Cormacs... einfach ungeheuerlich. Ich hoffe, man kann es alsbald aufklären!“ begann Finley ohne Umschweife zu sprechen und in seiner Stimme klang eine wahnsinnige Verachtung mit.
Alex´ Gedanken glitten zu dieser Elinor und Francis konnte es sehen. Meine Frau hatte sich nicht abgeschottet, vermutlich weil sie sich hier sicher fühlte. Mit Erstaunen kam es jetzt von Francis. „Man weiß, WER es getan hat?“ sie wollte sicherlich schon andeuten, dass man dann aber doch etwas unternehmen müsse.
Alex kam ihr aber zuvor!
„Ja, die Familie weiß schon WER es war. Man wird diese Frau natürlich jetzt entsprechend suchen und dann Gnade ihr ... Verzeihung…“ nuschelte sie als Entschuldigung, aber der Göttervater hatte es anscheinend schon gehört.
„Nein mein Kind. Du hast Recht, nur leider liegt es nicht in meiner Macht, die einzelnen Bünde zu kontrollieren! Dafür seid ihr, Haytham, unter anderem auserkoren worden!“ Bei diesen Worten lief es mir wieder kalt den Rücken runter, weil uns eine Aufgabe auferlegt wurde, welche nur schwer zu meistern sein würde!
„Wir werden alles tun, um Widersacher unserer Philosophie gegenüber entgegenzuwirken. Doch in diesem Falle ist es auch eine sehr persönliche Angelegenheit und ich denke, ich weiß WER sich darum explizit kümmern wird. Auch wenn Rache nicht zu den Ordensregeln gehört!“
Ich hörte meinen eigenen Widerspruch heraus, weil ich eigentlich vor ein paar Jahren genau diese Regel selber gebrochen hatte, als ich zusammen mit meiner Schwester Reginald zur Strecke gebracht habe.
„Ihr beide werdet aber eine Grundlage für ein friedliches Miteinander schaffen! Davon bin ich überzeugt!“ sprach Odin nun weiter.
Wir hatten eine Aufgabe bekommen, welcher wir hoffentlich auch gerecht werden konnten! Alex schien sich ebenfalls darüber Gedanken zu machen, weil Francis sagte „Mistress Kenway, niemand erwartet Veränderungen von jetzt auf gleich. Wir werden euch aber so gut wir können unterstützen, da auch uns daran gelegen ist, diesen Krieg zwischen Assassinen und Templern zu beenden. Auch wenn es immer wieder diese Gegner gibt, die Leugner einer solchen Übereinkunft! Wir sollten an diesem Gedanken, eine Einigung erzielen zu können, festhalten!“
Wir würden, wie ich bereits sagte, alles daran setzen und wir hofften alle, noch mehr Bruderschaften und Ordenszweige auf unsere Seite zu holen.
Als Alex jetzt leise um die versprochene Aufklärung bat, hörte man überdeutlich ihre Ungeduld heraus, aber Finley lächelte sie an und überging das.
„Ich sehe es euch an.“ dann kam eine kurze Pause, in welcher er sich straffte und tief durchatmete. Sein Blick ruhte mit einem Mal auf mir und wir bekamen eine, wenn auch überraschende, Erklärung von Loki!
„Master Kenway, euer Vater ist und war seit jeher der Wächter von Bifröst. Er selber hat es lange Zeit nicht gewusst, auch wir, mein Blutsbruder und meine Frau, waren nicht im Bilde. Edward entpuppte sich erst als Heimdall, als er sich bereits hier in London niedergelassen hatte. Es hat einige Monate gedauert, ihn zu überzeugen, ihn in die Geheimnisse und seine Fähigkeiten einzuweihen. Wir hätten nie damit gerechnet, dass er euch später in seiner menschlichen Gestalt erscheinen könnte.“
Die Anerkennung für meinen Vater war kaum zu überhören und in mir wuchs ein gewisser Stolz auf ihn. Schon damals habe ich immer zu ihm aufgesehen, ich hatte es ja in einer meiner Tagebuchaufzeichnungen erwähnt.
Als nun Sigyn weiter erzählte, war mir wieder, als hätte ich sie schon irgendwo einmal gehört! „Wir konnten seinen Tod ebenfalls nicht verhindern, was uns allen wieder einmal zeigte, dass das Eingreifen in irdische Belange nicht immer gern gesehen wird. Aber Edward fand einen Weg, wie er weiterhin kommunizieren konnte und sein Werk fortsetzen kann. Und jetzt seid ihr hier, Mistress Kenway! Der erste Armreif war keineswegs ein Zufall, er war so platziert worden, dass ihr ihn finden musstet. Und den Rest wisst ihr ja selber. Ein wenig haben wir euch die Suche erleichtert, leider war es uns nicht in allen Bereichen möglich, wie ihr wisst.“
„Ihr wart auch dort, Francis?“ kam es ungläubig von Alex und da fiel mir ein, was SIE meinte. In der Halle, dort wo wir auf die Götter trafen auf Anticosti!
Francis lächelte uns beide an und fuhr fort. „Ja, ich wollte mich davon überzeugen, dass wir das Richtige getan und euch erwählt haben.“
In meinem Kopf überschlugen sich immer noch die Gedanken, sie wollten sich einfach nicht ordnen lassen, verdammt!
„Ihr seht nun, ihr seid nicht alleine, nie! Odin hat alles daran gesetzt, überall jemanden für euch zu haben, der euch zur Not beistehen kann. Ich sollte vielleicht noch erklären, dass ich die körperliche Form meine. Im Geiste sind wir im Grunde jederzeit um euch herum und achten unter anderem auf eure Kinder!“ ergänzte sie ihre Ausführungen noch.
In Frankreich würden wir dann auf Mme Jomphe und ihren Gatten treffen, welche Bragi und Idun an ihrer Seite hatten. Dieses ganze Unterfangen war also geplant und hatte Hand und Fuß! In mir breitete sich eine gewisse Erleichterung aus, da ich unter anderem auch hoffte, dass wir dann auf dem Festland sicher waren. Immer noch geisterte mir dieser abtrünnige Russe im Kopf herum.
„Wir gehen davon aus, dass ihr auf dem Festland noch sehr viel mehr zu erledigen haben werdet. Jedoch solltet ihr beizeiten die Heimreise nach Amerika antreten, Mistress Kenway, Master Kenway, und diese Aufgaben etwas verschieben! Die Plantage kann ja nicht nur vom Verwalter geführt werden und... eure anderen Geschäfte müssen überwacht werden.“ holte mich Finley aus meinen Überlegungen.
„Wir hatten geplant, Ende September spätestens, wieder zurück zu segeln. Wenn ich ehrlich sein darf, vermisse ich Virginia bereits.“ in Alex´ Stimme hörte ich tatsächlich diese Sehnsucht nach Zuhause!
„Ihr werdet zwischenzeitlich eine Weile in Amerika gebraucht! Ich gehe aber davon aus, dass unsere Leute euch hier und auch auf dem Festland dann würdig vertreten werden!“ kam es wissend grinsend von Finley! Worauf spielte er an und ich sah fragend zu meiner Frau, welche aber nicht weiter darauf einging! Was hatte sie noch vor? Und wieder einmal hatte ich das Gefühl, sie verschweige mir etwas!
„Master Bradshaw, eines noch. Es geht um Eugene Avdeyev, einer von der russischen Delegation der Assassinen. Ist euch eventuell schon etwas zu Ohren gekommen, bezüglich seines Erscheinens hier?“ brachte Alex nun ein ganz anderes Thema auf den Tisch und somit war ich gezwungen, meine Gedanken zu verdrängen!
„Nein, sollte er in der Nähe sein, dann würden wir ihn sicherlich auch aufspüren können. Elias berichtete mir von einem Vorfall, wo dieser Herr anscheinend versuchte, euch zu manipulieren. Und um eure Frage vorweg zu nehmen! Nein, ich weiß nicht mit Sicherheit, wer ihm zur Seite steht, es ist, als würde alles um ihn herum in einem Nebel liegen! Wir können nur hoffen, dass er sich bald zeigen wird und wir endlich einen Schlussstrich unter seine Person ziehen können.“ kam es aufgebracht von Finley und man sah, auch er dachte an die Entführung meiner Frau!
Ein leises „Das hoffe ich auch.“ war von ihr zu vernehmen und sie nippte gedankenverloren an ihrem Tee!
„Das wäre auch unser Wunsch, Mistress Kenway. Aber es gibt noch ein weiteres Anliegen, weswegen wir euch hergebeten haben. Ihr habt eine Liste mit Artefakten bekommen, welche ihr suchen sollt. Ist das richtig?“ hörte ich die melodische Stimme von Francis.
„Ja, es sind zwei voll beschriebene Seiten und teilweise sehr hanebüchene Dinge, die wir aufstöbern sollen.“ Ich wusste von Alex, dass darunter unter anderem ein altes Rasiermesser eines Feldherren war oder aber ein, man halte sich fest, Nachttopf!
„Ich werde euch vor eurer Abreise den Gegenstand anvertrauen, welcher für mich und meine Treue zu meinem Mann steht.“
Und dann erschienen Bilder in meinem Kopf, in welchem eine Frau eine goldene Schale über den Kopf ihres gefesselten Mannes hält. Diese fängt die herabfallenden Gifttropfen einer sich über dem Mann windenden Schlange auf. War das Loki? Wurde er so für seine Taten bestraft? Ich kannte mich noch nicht hinreichend mit der nordischen Mythologie aus, aber Mistress Bradshaw erklärte sich.
„Ja, eine grausame Tortur, wenn ihr mich fragt.“
„Wir sind aber ja jetzt hier und können nun die Menschen weiter beschützen und ihnen zur Seite stehen.“ kam es entschieden von Master Bradshaw! „David, bitte bringt den Champagner.“ befahl er seinem Diener.
Gerade als man uns die Gläser reichen wollte, war ein spitzer Schmerzensschrei aus Richtung der Kinder zu hören und die kleine Tamara umklammerte ihren Arm. Sie wollte auf uns zu eilen, hielt plötzlich inne und starrte Edward an. Mein Blick folgte ihrem und da sah ich es auch!
Seine Augen leuchteten golden und er sprach mit dem Mädchen, welches wie gebannt auf ihn zuging und er berührte sachte ihren Arm.
Alex war neben Edward und hatte ihn auf ihren Schoß gehoben, auch sie war völlig perplex!
„Es ist nichts schlimmes. Da hat dich etwas gestochen, aber ich helfe dir.“ hörten wir unseren Sohn sprechen und dann war es, als erwachte man aus dem Schlaf.
Der kleine Helfer strahlte seine Mutter an, weil sie ihn im Arm hielt und als er Tamara ansah, lächelte er sie breit an. Ich stand auf und ging zu dem Spektakel hinüber.
„Schätzchen, es war nur eine Wespe. Aber dank unseres Gastes wird es nicht mehr wehtun. Bedanke dich bitte!“ wies Sigyn nun ihre Enkelin an, welche selber noch völlig überwältigt zu sein schien. „Großmutter, aber das kann doch sonst nur Mutter Idun!“
Ich nahm unterdessen meinen Sohn auf den Arm, lobte ihn und sagte, dass das einfach unglaublich war. Dann sah ich zu unserem Geschäftspartner und auch er hatte ein breites Lächeln im Gesicht.
„Master Kenway, euer Sohn besitzt mehr Fähigkeiten, als ihr denkt. Auch wenn er noch keinen unserer Brüder oder Schwestern inne hat. Sein Können ist ihm, im wahrsten Sinne des Wortes, mit in die Wiege gelegt worden. Es ist eure Aufgabe, ihn weiter daran zuführen und ihn anzuleiten. Mutter Idun hat gerade bewiesen, dass sie schon ein großes Stück weiter gekommen ist mit ihren Lehren.“
Dann war es wirklich so, dass unser Sohn im wahrsten Sinne des Wortes im Schlaf lernte! Dennoch war ich so überwältigt, dass ich kaum ein Wort herausbrachte!
Alex strich Edward vorsichtig über die Wange und ihr liefen die Tränen vor Stolz über die Wangen!
„Ich hab dich wahnsinnig lieb, Edward!“ brachte sie schniefend gerade so zustande und ich strich ihr meinerseits leicht über die Wangen! Wir waren eine seltsame Familie!, ging es mir erneut durch den Kopf!
Plötzlich meldete sich Mrs. Wallace zu Wort und war ebenso sprachlos! „Mistress Kenway, das wird immer fantastischer mit Master Edward. Dann habe ich mir vorhin seine Worte auch nicht eingebildet, als er sagte, meinem Knie ginge es bald wieder besser…“ davon wusste ich ja gar nichts, sie hatte nie ein Wort darüber fallen lassen! War ich wirklich so unaufmerksam geworden, oder lag es einfach an diesen ganzen Unruhen in unserem Leben?
Weiter darüber grübeln konnte ich nicht, da uns die Eheleute Bradshaw noch zum Dinner einluden! Wir nahmen dankend an und ich sah meinem Sohn an, dass er sich auf das Essen freute. Ich übrigens auch, da mir der Magen doch langsam knurrte!
Alex besprach während wir aßen noch ein paar Kleinigkeiten hinsichtlich einiger Lieferungen und neuer Schiffe. Außerdem würden wir nun noch ein paar mehr Güter mit auf das Festland nehmen, da wir die Niederlande ebenfalls noch beliefern sollten.
Mit einem völlig übermüdeten Edward und einer immer noch sprachlosen Sybill, machten wir uns dann auf den Weg nach Hause.
Dort angekommen legte Alex unseren Sohn einfach mit einer frischen Windel in sein Bett und er schlief schon, bevor er das Kissen berührte. Sein Lied durfte nicht fehlen und ich sah wieder einmal fasziniert dabei zu, wie meine Frau förmlich begann zu strahlen!
Als sie geendet hatte, schlang ich meine Arme von hinten um sie „Mi sol, wir sind wirklich sehr speziell. Aber ich bin heute unglaublich stolz auf Edward. Seine Fortschritte und der Wachstum sind fantastisch in dieser kurzen Zeit.“
Beide standen wir noch einen Moment so da und sahen stolz auf unseren Nachwuchs, ehe wir uns dann auch bettfertig machten.
Liste der Götter und Artefakte
Edward James Kenway
Gjallarhorn (Das Horn, mit welchem die Ragnarök angekündigt wird!)
Tessa Kenway
Hüterin des Schmuckkästchens der Göttermutter Frigg
Elias Lestrange (Duke of Ironside)
Speer und Schwert - Odins Thron befähigt ihn, alle 9 Welten zu sehen, weswegen Elias in seinem Studierzimmer einen reichverzierten Stuhl hat. Dieser begleitet ihn auf jeder Reise!
Mistress Lestrange (Odins Gemahlin!)
Spinnrad (sie soll laut Überlieferung, die Wolken gewoben haben!) Frigg gehört zum Götter-Geschlecht der Asen. Sie ist die Gemahlin des Göttervaters Odin und Mutter des Lichtgottes Balder, des blinden Gottes Högur, von Hermor und Bragi, Gott der Dichtkunst und auch die Mutter der Walküren.
Frigg ist die Göttin des Hausstandes, der Sippe und der Familie. Sie ist Hüterin und Bewahrerin der göttlichen Ordnung, greift jedoch nicht, wie ihr Gatte Odin, in das irdische Geschehen ein.
Finley Bradshaw
Ring der die Midgardschlange darstellt.
Loki ist eine der vielschichtigsten Gestalten des nordischen Pantheons: Einerseits hilft er den Göttern, andererseits spielt er ihnen auch Streiche und hintergeht sie. Dabei macht er von seiner Fähigkeit als Gestaltwandler Gebrauch und erscheint zum Beispiel in der Gestalt eines Lachses oder einer Fliege. Aufgrund dieser ambivalenten Rolle wird er häufig als Trickster-Figur interpretiert. Es gibt viele Geschichten in der Edda, in denen Loki eine Rolle spielt:
- Loki, Thjazi und die Entführung Iduns
- Loki und der Bau von Asgard
- Loki und Thor
- Loki und die Kleinode der Götter
- Loki als Räuber des Brisingamens
- Loki und Andvari
- Loki und Balders Tod
- Loki und Ragnarök
- Loki und Celty
Francis Bradshaw (Lokis Ehefrau)
Eine goldene Schale, mit welcher sie das Schlangengift auffing, damit ihr Mann nicht leiden musste! Sie ist das Sinnbild der ehelichen Treue!
Artem Alexeeva
~kein Schmuck~ Ein Riese, welcher als das erste Lebewesen gilt in der nordischen Mythologie. Später wird er von Odin und seinen Brüdern zerrissen! Und aus seinem Körper entsteht die Welt!
Eugene Avdeyev
~kein Schmuck sondern sein Schiff ist besonders~ Naglfar, das Totenschiff, mit welchem er durch die Welten reisen kann!
Hrymr (altnordisch), auch Hrym oder Hrymir, ist in der nordischen Mythologie ein Riese, der in der Ragnarök auftritt. Nach der Prosa-Edda steuert er das Totenschiff Naglfar, nach der Völuspá kämpft er in Waffen gegen die Götter.
(Nicht zu verwechseln mit der Naglfar aus „The Witcher 3“!!! Man hat sich dort nur der nordischen Mythologie bedient!!!!)
Die Nacht war viel zu früh vorbei und kurz vor fünf, es war noch nicht einmal richtig hell, hörten wir Ohren betäubendes Geschrei von Edward.
Erschrocken fuhren wir hoch und versuchten ihn zu beruhigen. Mrs. Wallace war ebenfalls in Sekunden bei uns gewesen und tat ihr Bestes um ihren Schützling zu beruhigen. Jennifer war besorgt in unser Zimmer geeilt und vermutlich hatte Edward sogar die gesamte Nachbarschaft mit geweckt.
Aber es war unmöglich ihn zu beruhigen, er schrie und strampelte auf meinem Arm. Plötzlich erschien ein helles goldenes Leuchten in seinen Augen und seine Schreie gellten noch spitzer durchs Haus!
Etwas machte ihm Angst und auch in mir keimte sie auf. Aber weder ich, noch Alex, nahmen etwas hier wahr, keine Auren nichts!
Völlig unvermittelt kippte Edward nach vorne auf Alex Brust, welche sich seiner angenommen hatte, und schlief schniefend und mit Daumen im Mund einfach ein.
Wir sahen uns alle verdutzt an, konnten uns aber keinen Reim darauf machen.
Kurzerhand untersuchte meine Frau unseren Sohn noch schnell, ob er nicht doch von etwas gestochen oder gebissen worden war, fühlte nach Fieber, gab aber kurz darauf Entwarnung.
Jenny erinnerte uns, wenn noch etwas sei, sollten wir Bescheid sagen und Dr. Crawford würde umgehend gerufen! Sie ging mit einer zitternden Sybill hinaus und beide wünschten uns noch ein wenig Ruhe und Schlaf.
Als der kleine Mann zwischen uns lag musste ich einfach fragen, was da gerade los war. Eine derartige Szene hatten wir noch nie mit Edward erlebt, normalerweise half es dann, wenn Alex oder ich im Geiste mit ihm sprachen. Und was noch seltsam war, er hatte nicht, wie so oft, mit uns gesprochen.
Meine Frau konnte sich das aber auch nicht erklären und sagte, wir sollten jetzt noch ein wenig versuchen zu schlafen.
Uns waren tatsächlich noch 2 Stunden gegönnt worden und als es bereits hell war, erschien Sybill bei uns. Besorgt fragte sie nach, ob es Master Edward besser ginge.
„Blessuren hat er nicht und Fieber kann ich auch keines spüren. Mrs. Wallace, es wird nur ein schlimmer Traum gewesen sein.“ versuchte Alex das Kindermädchen und vermutlich auch sich selbst etwas zu beruhigen.
Ein Blick auf meinen Sohn zeigte mir aber auch, dass es ihm gut ging. Er brabbelte vor sich hin und freute sich breit grinsend, als er Mrs. Wallace erblickte.
Wir machten uns alle fertig und gingen hinunter zum Frühstück.
Kaum dass wir Platz genommen hatten, hörte ich einen der Diener wütend sagen „Ihr könnt doch nicht einfach so…“ zu mehr kam er aber nicht, weil einer unserer Späher an ihm vorbei ins Esszimmer stürmte.
„Master Kenway... Mistress Kenway... es ist... er ist hier... in der Stadt…“ In seinen Augen sah ich Panik und ich wusste, was oder besser WEN er meinte! Avdeyev! Trotzdem fragte ich nach und auf die Frage, wann er angekommen sei erhielten wir eine mehr als beunruhigende Antwort.
„Er ist im Morgengrauen plötzlich aufgetaucht, wir wissen alle nicht, WIE und WOHER er kam. Sein Schiff tauchte wie aus einem Nebel auf der Themse auf und die Leute dachten schon, es sei ein Geisterschiff!“
„Das ist unmöglich...“ hörte ich Odin in meinem Kopf und nach einer kleinen Pause sprach er weiter. Anscheinend hatte er Alex´ Gedanken erfasst, welche ich noch nicht gesehen hatte. „Er kann es nicht sein!“ Odin unterbrach sich für einen Moment selber! „Loki und Sigyn werden ihn sicher ebenfalls bereits gespürt haben! Anscheinend ist unser Widersacher aus der Versenkung auferstanden. Genau wie Ymir... Wir müssen dem nachgehen, bevor noch schlimmeres wieder in der Welt erscheint!“
Ihre Vorwürfe, dass sie für diese ganzen Sachen mitverantwortlich sei, schmetterte der Göttervater ab. „Nein, es war unser Wille, dass DU diejenige sein sollst, die unser Gleichgewicht stützen wird!“
Ich eilte einfach hinauf ins Studierzimmer, um das Buch der nordischen Götter zu holen, weil wir vermutlich einiges nachlesen mussten. Ich hörte noch wie meine Frau fragte „Dann sollten wir uns auf den Weg machen. Hoffentlich können wir ihm Einhalt gebieten und hat ER auch einen Namen?“
Der nächste Satz ließ mich erschauern und auch in Alex stieg Panik auf. „Es ist Hrymr und sein Schiff ist die Naglfar, ein Totenschiff! Kind, er darf nicht weiter existieren und die Welten bereisen…“ WELTEN bereisen? Auch er konnte, wie sie von einem Ort zum nächsten springen? Wie es ihm gerade beliebte? Im Kopf meiner Frau explodierte ein Gedanke an die parallel Welt!
„Genau DAS ist eine seiner Fähigkeiten!“ in Odins Stimme trat immer größere Wut und sie dröhnte in uns!
Die logische Schlussfolgerung wäre also, dass wir sein Schiff zerstören, doch das würde laut Aussage des Göttervaters nicht alleine reichen. Hrymr musste AUF seinem Schiff sein und dort besiegt werden. Zusammen damit muss er auch untergehen!
Aber wie sollte die Jackdaw ein so gewaltiges Schiff überhaupt zerstören? Ich hatte mir gerade die Beschreibungen über den Gott und dessen Naglfar angesehen!
Ein lautes Weinen neben uns, holte mich aus meinen Gedanken und mit Entsetzen sah ich wieder dieses Leuchten in Edwards Augen. Seine Hand deutete ängstlich ins Leere und er zitterte auf dem Arm seines Kindermädchens. In Windeseile hatte Alex die Wachen geordert, sie eingeteilt und angewiesen sich umgehend mit allen im Kellergeschoss zu verschanzen!
Wir eilten hinauf, zogen uns um und machten uns mit zwei weiteren Wachen auf den Weg zur Themse, anscheinend durften wir keine Zeit mehr verlieren. Dieser reisende Gott schien näher zu sein, als wir dachten!
Ich hatte noch zwei Boten geschickt, welche – vermutlich unnötigerweise – den Bradshaws und vier Schläfern Anweisung geben sollten, ebenfalls zum Fluss zu kommen!
Die Beschreibung des Spähers war präzise und als wir an der besagten Stelle endlich ankamen, sahen wir nichts außer den normalen Schleppern, Schaluppen und kleinere Boote. Nichts deutete auf die Naglfar hin! Kamen wir womöglich zu spät und Hrymr war bereits weitergezogen? Ich hörte auch kein Getuschel von den hier anwesenden Menschen. Normalerweise würde so etwas doch hohe Wellen schlagen und sich wie ein Lauffeuer verbreiten!
„Vielleicht hat er es getarnt!“ sprach meine Frau leise neben mir und mehr zu sich selbst. Tarnen? Wie sollte das bei der Größe von Statten gehen?
Wir ließen unsere Blicke über das Treiben hier gleiten, doch es war mehr als seltsam, dass wir überhaupt keine roten Auren sahen. Es war, als wäre alles Böse gar nicht existent und es fühlte sich auch so an. Trotzdem richteten sich die kleinen Härchen in meinem Nacken auf und ein unbehagliches Gefühl breitete sich in mir aus.
„Jetzt halt deine blöde Klappe, du Flittchen. Du stehst mir im Weg!“ hörte ich die wütende Stimme eines Soldaten, welcher eine Dirne mit Schwung ins Wasser stieß! Wie aufs Kommando setzte sich Alex in Bewegung und ich traute meinen Augen und Ohren kaum.
Sie trat ihm mit voller Wucht in die Körpermitte und schrie ihn an „Was fällt dir Arsch ein, diese Frau einfach ins Wasser zu stoßen! Verpiss dich!“
Ich sprach oft von ihrem losen Mundwerk und jetzt bekam ich es zum ersten Mal völlig unverhüllt vorgeführt!
Was fiel ihr ein, einen Soldaten ihrer Majestät so anzugehen? Was glaubte diese Preußin bitte wer sie war? Ich würde ihr zeigen, was es heißt, sich mit einem Mitglied der britischen Armee anzulegen und in mir stieg eine Wut hoch, welche ich schon lange nicht mehr gespürt hatte.
Eine Wut, welche… nicht richtig war! Nein, das passte nicht hierher, aber trotzdem war sie da und…
Sieh dir dieses Weib an! Was hat sie dir gebracht? Nur Scherereien und sie wird dich hintergehen! Du vertraust einer Assassine? Eine gute Frage, ich sollte diese Frau endlich loswerden und ein normales Leben führen.
Mit einem Male drehte auch sie sich um und sah mich mit einer Kampfeslust an, welche ich nur erwidern konnte. Unvermittelt zog ich mein Schwert und stürmte auf dieses nervige Frauenzimmer los.
In diesen grünen Augen lag immer wieder ein gewisser Unglaube, etwas was mich kurz stutzen ließ. Doch nie lange genug, dass sie die Oberhand gewinnen konnte.
Einige Male schnitt sie mit diesen unfairen versteckten Klingen in meine Arme und freute sich sichtlich, als mir das Blut aus dem Ärmel tropfte.
Na warte, du Miststück! Dich werde ich jetzt ein für alle mal beseitigen, damit hier endlich Ruhe herrschte.
Wie es schien, ließen diese Frau meine Schläge und Hiebe einfach kalt. Sie parierte gekonnt, konterte und blockte mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
Sie glaubt du bist ein Trottel und verdienst den Tod. Zeig ihr, dass du sie ohne mit der Wimper zu zucken hier und jetzt zu ihrem Schöpfer schicken kannst. Na los, dafür ist das Schwert ja da! Und sie hat es dir sogar selber noch überreicht!
Für einen kurzen Moment war ich gewillt, meine Schwertschneide über ihren Hals zu ziehen! In meinem Kopf explodierte aber etwas und ich hatte das Gefühl, als würde mir jemand kaltes Wasser ins Gesicht spritzen!
Um uns herum donnerten Blitze nieder, dröhnende Stimmen ließen die Kämpfenden umgehend verstummen und innehalten! Auch ich ließ von dieser Frau ab, welche auf dem Boden kauerte und auf ihre blutigen Hände starrte.
Der Nebel in meinem Kopf klärte sich immer mehr und… was hatte ich getan? Ich hatte meine Frau angegriffen, ich wollte sie töten?
Mit zitternden Knien zog ich Alex hoch und schrie sie an, sie möge aufwachen, es sei vorbei. Ich hörte Odins Stimme, welche mir erklärte, dass das hier das Werk Hrymrs sei. Doch noch wäre es nicht beendet, erst wenn seine Tochter wieder im hier und jetzt wäre, könnten wir beruhigt aufatmen.
Es schien aber, als würde sie in Trance sein und es war mir einfach nicht möglich, sie aufzuwecken. Ich sah, wie sie zu ihrem Schwert greifen wollte und mich weiter mit diesem hasserfüllten Blick betrachtete. Jesus, sie wollte mich tot sehen! Erschrocken wich ich etwas zurück, redete aber weiter auf sie ein.
Dann riss sie sich einfach los und rannte Richtung einer großen Häuserzeile. So schnell konnte ich gar nicht reagieren, da war sie nicht mehr zu sehen. Mittlerweile waren die Kämpfe, welche zeitgleich entbrannt waren, um uns verstummt, die Menge zerstreute sich kopfschüttelnd. Hierfür eine Erklärung verfassen wäre unmöglich, aber ich würde sie abgeben müssen.
Finley stand plötzlich neben mir, hatte eine Hand auf meiner Schulter.
„Haytham, es ist nicht Alex! Sie wird gerade von ihm geführt und sie hört nur das, was er ihr sagt! Wir müssen sie einholen, ehe sie noch mehr Unheil anrichten kann. Vertraut mir, hier wird für Ordnung gesorgt! Geht ihr hinterher und zwar schnell!“ seine Stimme klang befehlend aber dennoch ruhig.
Die Schläfer begleiteten mich und es dauerte nicht lange, da hatte ich meine Frau gefunden. Alex war dabei, eine der hohen Villen empor zu klettern mithilfe ihres Seilwerfers.
Was in drei Teufels Namen wollte sie dort oben? Aber für Fragen und Erklärungen war später Zeit, ich musste hinterher. Also machte ich mich selber auf und hangelte mich von Balkon und Vorsprüngen zu Fenstern und immer weiter hinauf.
Mir folgten, aber im Inneren des Hauses und über die Dachluke, weitere Personen und die Schläfer!
Langsam schritt Alex auf den Rand des Daches zu. Auf ihrem Gesicht lag ein seliges Lächeln und sie breitete die Arme aus, sah noch einmal hinunter…
Sie wollte springen, wie es ihre Bestimmung war… ich hörte plötzlich diese Worte Hrymrs, der ihr sagte, es müsse so geschehen und sie solle Vertrauen haben.
Ich schritt neben sie und begann sie anzuflehen. Ich hatte Angst, sie hier und jetzt zu verlieren, das konnte sie uns doch nicht antun!
„ALEX! Nein! Bitte nicht! Tu es nicht! Ich liebe dich! Denk an unseren Sohn! Denk an Yannick! ALEX! Ich flehe dich an!“ meine Worte kamen mir schrill über die Lippen. Panik brannte in meinem Körper, was wenn ich sie nicht rechtzeitig halten konnte, sie einfach nach unten fiel!
Die Menschenmenge unter uns auf der Straße, sah mit entsetzten Blicken zu uns herauf.
Und dann endlich kam Bewegung in meine Frau, sie begann zu schwanken, schüttelte wie ein nasser Hund den Kopf und ich griff nach ihr, zog sie vom Rand des Daches weg.
Für einen Moment lag sie mit vernebeltem Blick in meinen Armen und ich hielt sie einfach. Dankbar, dass sie nicht gesprungen war! Dankbar, dass sie bei mir und unserem Sohn blieb! Mein Herz schlug wie wild vor Erleichterung.
„Haytham, dieses mal ist es noch gut gegangen. Das nächste Mal könnte es auch ganz anders verlaufen! Wir müssen euch mehr lehren, euch mehr zeigen. Doch bring deine Frau jetzt heim, lass sie ihren Geist beruhigen!“ hörte ich Finley in meinem Kopf und seine Worte beruhigten mich ein wenig.
„Haytham, was war das? Wo bin ich? Was habe ich getan? Es tut mir leid! Ich wollte das nicht!“ ihre Stimme war fast tonlos und sie brach in Tränen aus! Alex wurde ebenso bewusst, dass dieser Gott eine böse Macht nutzte, er manipulierte so stark, dass man kaum noch Realität von Trugbild unterscheiden konnte.
Einer der Schläfer klärte mich darüber auf, dass niemand mehr eine Spur von Eugene oder seines Schiffes ausmachen konnte. Er war wie vom Erdboden verschluckt, was natürlich seiner Fähigkeiten geschuldet war. Doch davon wussten unsere Helfer noch nichts und sie würden auch vorerst nicht aufgeklärt werden.
Selbstverständlich glaubte ich meiner Frau, dass sie mir nie wissentlich schaden würde oder mich umbringen würde. Dennoch war dieser Moment wieder einmal unheimlich gewesen und hatte uns gezeigt, dass wir, egal wo wir waren, Vorsicht walten lassen mussten.
Mit einem Satz war sie plötzlich aufgesprungen, schwankte aber für einen Moment.
„Wo ist dieser Hurensohn von Gott?“ hörte ich ihre fauchende Stimme und ich musste mir auf die Zunge beißen, um sie nicht zu belehren!
„Wir wissen es nicht. Er ist nicht hier. Wir haben alle verfügbaren Einheiten mobilisiert, aber niemand hat ihn oder etwas Verdächtiges finden können! Mi sol, was hast du gesehen, was hat er dir gezeigt?“ wollte ich jetzt von ihr wissen, weil es mir noch schwerfiel, diese Szenerie zu verarbeiten!
„Nichts…“ kam es leise nuschelnd von ihr und sie wich meinem Blick aus! Vielleicht sollte sie wirklich erst einmal zur Ruhe kommen und wir sprächen später darüber!
Als Elias jetzt wieder sprach, schien er auf Alex´ Gedanken einzugehen, welche mir wieder vorenthalten worden waren. Ich vermute unwissentlich und schob es auf die Gesamtsituation.
Anscheinend hat er dazugelernt und sich entwickelt! Das haben wir nicht voraussehen können! Dieser Nebel ist einfach ein Gräuel! Götter entwickelten sich weiter? Eine Antwort würde ich jetzt wohl kaum auf meine Fragen bekommen, ging es mir durch den Kopf.
Wir sollten uns jetzt von hier zurückziehen, langsam ließ ich Alex los und in ihrem Blick lag pures Bedauern und eine große Portion schlechtes Gewissen!
„Haytham, ich kann mich nicht... erinnern... ich weiß nur, ich habe dich verletzt. Das wollte ich nicht…“
Weinend lag sie erneut an meiner Brust und ich strich ihr vorsichtig über den Rücken, ihr Zittern ließ langsam nach und das Schluchzen nahm auch ab.
Wie aus einem Mund kam es von uns beiden „Der Armreif!“ Diese Wut, welche hier heute um sich gegriffen hatte, war ähnlich der, die wir damals in uns hatten als ich besessen war! Wir gingen eigentlich davon aus, dass es immer Loki war, der dort drinnen steckte…
„Bitte? Ich bin nicht der ehrlichste, das weiß ich! Aber... nun gut. Ich verzeihe dir diesen Gedanken, da ihr es damals nicht besser wissen konntet!“ hörte ich nun Finleys entrüstete Stimme.
Alex entschuldigte sich sofort, denn woher sollten wir wissen, dass es schon damals der Kapitän der Naglfar war?
„Ich werde eine Liste der ganzen Götter mitsamt den Personen anlegen, welchen sie zur Seite stehen. Du meine Güte, das wird unübersichtlich, mi amor.“ und da war wieder ihr Tatendrang und ein leichtes Lächeln erschien auf ihren Lippen, welche ich jetzt erleichtert küsste!
Das Lied für das heutige Kapitel!
Zu Fuß machten wir uns jetzt auf den Rückweg, da waren meine Frau und ich uns einig. Bewegung macht das Denken leichter und so grübelten wir über mögliche Vorgehensweisen nach.
Zum Beispiel, ob wir hier und jetzt auch noch Zeitreiseartefakte bergen mussten und sie zerstören sollten. Das wäre aber ein Größenwahnsinniges Unterfangen, da wir nicht mehr in ihrem Besitz waren, ebenso wenig wie Yannick. Bis auf den einen Ring, den wir von Jenny hatten. Aber seit wir diese Halle verlassen haben, war es, als seien diese ganzen Gegenstände erkaltet. So als hätten sie ausgedient.
„Warum aber hatte ich einen Armreif, welcher ja nun offensichtlich NICHT Loki zugeordnet werden kann, aber ich hatte seinen Schmuck für den Sockel dabei. Das ergibt irgendwie keinen Sinn!“ sprach Alex nachdenklich.
Das kann ich nicht sagen, auch ich denke schon darüber nach! Auch Lokis Überlegungen gingen in diese Richtung.
Mit einem Male brach sie fast zusammen, ich konnte nur noch Bruchstücke ihrer Gedanken erfassen, weil sie sich überschlugen. Sie dachte darüber nach, ob sie bestraft werden sollte, weil sie nicht Bibeltreu war. Dann schlug das Bild um und sie sah ihre Mutter in einer großen Halle, was mich verwirrte, weil sie sich in keinster Weise ähnlich sahen.
Das wirst du! Doch, sie waren sich ähnlich, die Stimmen waren fast identisch! Du wirst hier sein und wir werden über unsere Familien wachen! Es ist uns vorherbestimmt!
Bevor es jedoch soweit sei, wird Alex ihr Schicksal und das unserer Kinder erfüllen.
Plötzlich mischte sich auch Vater mit ein. Beizeiten wirst du auch die Terrasse auf Great Inagua mit mir zusammen betreten können, aber das wird hoffentlich noch lange auf sich warten lassen! Wir werden dich begleiten, dich leiten und dir den Weg zeigen. Auch wenn es dir oft nicht so erscheint!
Bisher war es ihr immer verwehrt geblieben, das wusste ich aus ihren Erzählungen. Also würden wir uns gedulden müssen und die Geschicke der Menschheit in die richtigen Bahnen lenken. Erst dann… in mir fühlte ich einen Stein im Magen, weil es bedeuten würde, dass wir genau wissen, dass wir gestorben sind, wenn wir dorthin kämen. Ein seltsamer und zugleich unheimlicher Gedanke.
Kaum dass wir beim Anwesen ankamen, eilte meine Frau nach oben und rief gleichzeitig nach ihrer Zofe. Ich hingegen ging kurz in die Waschküche und wusch mir durchs Gesicht. Ich vermutete, dass Alex ein wenig alleine sein musste.
Mein Weg führte mich kurz nach draußen auf die Terrasse, wo ich niemanden vorfand. Sybill war mit Jenny und Edward hinten im Garten. Für einen Moment stand ich mit geschlossenen Augen hier in der Sonne und versuchte meine Nerven zu beruhigen. Gar nicht so leicht, wie sich herausstellte.
Ich hatte versucht meine eigene Frau umzubringen! Ich hätte unserem Sohn die Mutter genommen. Doch wäre es wirklich soweit gekommen, oder hätte jemand vorher eingegriffen?
Weiterhin beschäftigte mich die Frage, was Alex gesehen hatte, was hatte ihr Hrymr gezeigt? Wenn sie schon so verlegen antwortet, dann muss es ja recht unangenehm gewesen sein.
Dann hörte ich, wie Magda wieder die Treppe herunter kam und ich ging einfach in unser Zimmer.
Alex saß auf dem Hocker vor der Kommode und starrte vor sich hin. Auf meine Frage, ob es ihr jetzt etwas besser ginge, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
„Gibt es viele Tote zu beklagen, mi amor?“ was sollte ich darauf bitte sagen? Natürlich gab es Tote und etliche Verletzte zu beklagen. Nicht nur wir waren daran schuld, aber wir waren der Hauptgrund, wie ich mir gerade selber eingestehen musste, auch wenn wir von einem Gott gelenkt worden waren.
„Ich habe es auch in mir gehabt!“ ihre Worte kamen fast tonlos über ihre Lippen mit einem großen schlechtem Gewissen! „Ich wollte dich für einen Moment tot vor meinen Füßen sehen, Haytham! Aber... das will ich doch gar nicht! Was ist, wenn ich diesen Hass irgendwann nicht kontrollieren kann, wenn mir niemand Einhalt gebietet?“
Ich verstand diese Angst, da diese Wut fast unkontrollierbar war! Mir ging es ja nicht anders, doch ich wusste einfach, dass weder sie noch mein anderer Sohn für meinen Tod verantwortlich sein werden! Auch ohne das Zutun von Odin!
In ihrem Gesicht spiegelten sich wieder alle Emotionen und plötzlich fuhr sie erschrocken hoch.
„Wo ist unser Sohn, Haytham? Ich muss ihn in Sicherheit wissen.“ wieder klang dieses schlechte Gewissen in ihrer Stimme mit, so als hätte sie ihn seit Tagen nicht beachtet und vergessen.
Wir gingen hinunter und ich erklärte, dass Edward wohlauf sei und in Sicherheit! Außerdem war es mir ganz recht wenn wir ein wenig draußen sein konnten, mein Kopf war immer noch wie mit Spinnweben vollgestopft.
An der frischen Luft erwartete uns ein richtiges Idyll. Sybill und Jenny erklärten unserem Sohn, was hier für Bäume standen, welche Blumen in den Beeten wuchsen und vor allem erklärte meine große Schwester die ganzen Kräuter, welche sie züchtete. Hin und wieder vernahm man ein angeekeltes „Ihhhhhhhh“ oder ein freudiges „daaaaa“ von Edward.
Es dauerte etwas, bis er uns bemerkte. Aber dann krabbelte er in einer unglaublichen Geschwindigkeit auf mich zu, zog sich an meinem Hosenbein hoch und wollte auf den Arm. Ein Lob durfte für seinen Fortschritt nicht fehlen und seine blaugrauen Augen strahlten mich an.
Alex stellte sich zu uns und wollte ihm über die Wange streichen, da drehte er sich mit dunklen Augen und zitternden Lippen von ihr weg. Etwas überfordert stand ich nun da, weil ich mir nicht erklären konnte, was in unseren Sohn gefahren war. Außerdem sah ich nur, wie seine Mutter weinend im Haus verschwand.
„Haytham, was…“ doch auch Jenny war sprachlos und Mrs. Wallace wusste auch nicht so recht, was sie nun tun sollte.
Also erzählte ich von Alex´ Kampf mit mir und ihrem, ich muss es leider so nennen, Selbstmordversuch auf dem Dach!
„Bei Gott! Das ist ja schrecklich! Und das alles, weil man ihr das eingepflanzt hatte? Aber… Edward Schätzchen, deine Mutter würde dich nie verlassen. Sie liebt dich über alles, denke immer daran.“ sprach meine Schwester leise mit meinem Sohn, welcher sich tatsächlich beruhigte und – war das etwa ein Nicken? - sich in die Arme von ihr nehmen ließ.
Ich entschuldigte mich jetzt bei den beiden Damen und machte mich auf die Suche nach Alex. Diese Abweisung von ihrem eigenen Kind muss wahnsinnig schmerzen und ich wollte sie trösten, Halt geben. Doch ich fand sie weder in unserem Zimmer, noch im Esszimmer, auch im Studierzimmer war sie nicht. Als ich dann im Freizeitraum ankam, hörte ich aus dem Keller Stimmengemurmel.
Ich trat auf die Öffnung zu und sah meinen Vater. Er gab ihr Anweisungen, es war als würde er mit ihr trainieren. Aber nur verbal.
„Verschließe dich, verdammt! Ich kann immer noch durchbrechen!… Nein! So nicht… Alex! Vergrabe dich tiefer in den Erinnerungen!… JA! Ja, so ist es gut…“ Vater atmete erleichtert aus, aber aus dem Mund meiner Frau hörte ich ein leises Stöhnen, als hätte sie gerade einen Dauerlauf gemacht.
„Noch einmal… gehe tief in dich… ich kann dich immer noch sehen… weiter… immer weiter! So als gingest du in einen dunklen tiefen Wald… sehr gut! Ja, ENDLICH! Weiter… denk an Yannick, Haytham, Alexander… dein neu gewonnenes Mantra!“ Seine Stimme war euphorisch und er strahlte förmlich, was sich auch auf Alex übertrug.
Sie stand da, umklammerte dieses weiße Leinenkleid und starrte weiterhin geradeaus.
„Du kannst es schaffen, du musst mit meinem Sohn trainieren, damit ihr euch so gegenseitig stärken könnt. Mit dieser Fähigkeit, wird euch niemand so schnell ein Leid zufügen können!“ und damit verschwand die neblige Silhouette meines Vaters langsam.
Vorsichtig trat ich zu meiner Frau, traute mich aber nicht, sie zu berühren. Ich hatte Angst, sie zu sehr zu erschrecken, da sie immer noch völlig abwesend dastand und sich an diesem Stück Stoff festhielt.
„Mi sol, warum umklammerst du dieses Kleid?“ fragte ich stattdessen leise und als hätte man sie geweckt, sah sie mich mit ihren leuchtenden grünen Augen an und flüsterte leise „Ich... weiß nicht. Ich habe gelernt, mi amor!“ Sie schien erleichtert zu sein, dass sie hier war und sah sich noch etwas irritiert um, als wir noch einmal die Stimme meines Vaters hörten. Er wies uns beide erneut an, an dieser Fähigkeit zu arbeiten. Sollten wir in Zukunft je auf Hrymr treffen, müssen wir vorbereitet sein und uns so verschließen können, dass er keinen Weg findet, uns zu manipulieren!
Aber was war mit unserem Sohn? Er war eigentlich noch zu klein, um sich schon so abzuschotten. Doch, durch Idun, Loki und mich ist er in der Lage dazu! Hörten wir Elias friedlich sprechen und man spürte, dass Alex sich entspannte!
Auf dem Weg nach oben, erzählte sie mir nun, was Hrymr ihr gezeigt und gesagt hatte. Im Grunde hatte er IHR eingetrichtert, dass ich ihr tot mehr nütze als lebendig, außerdem sei es ihre Bestimmung, als Assassine zu leben. Daher stand sie auch mit ausgebreiteten Armen auf der Dachkante, sie sollte mit dem Glaubenssprung ihr Vertrauen in die Bruderschaft unterstreichen! Mich überlief es eiskalt bei diesem Gedanken.
Edward muss also gespürt haben, dass seine Mutter schon mit ihrem Leben, mit ihm und seinem Vater abgeschlossen hatte. Also war dieser Gott auch in seinem Kopf gewesen! Es war als würde ein Blitz durch meinen Körper fahren. Er war hier in der Nähe meines Sohnes gewesen?
„Nein, das glaube ich nicht. Hrymr kann auch über weite Strecken kommunizieren. Er muss einem nicht direkt gegenüberstehen.“ erklärte Alex jetzt, aber auch sie hatte wieder diese Angst um Edward in sich gespürt.
Unsere Schritte beschleunigten sich ein wenig, auch wenn wir gerade keine Sorge haben mussten. Sicher ist sicher!
Im Garten sah uns Jenny auf der Terrasse stehen und kam auf uns zu mit Edward auf dem Arm. Als sie näher kam, wurde sein Blick skeptisch und er runzelte die Stirn. Seine Augen waren auf Alex geheftet, welche ihn einfach anlächelte und den Tränen nahe war.
„Schätzchen, ich werde dich nie alleine lassen. Ich hab dich doch lieb und ich will, dass es dir gut geht!“ Diese Worte kamen zögerlich und leise von ihr.
Vorsichtig streckte sie die Arme zu ihm aus, er ließ seine Mutter nicht aus den Augen und mit einem Male klärte sich sein Blick und ein lautes „Mamaaaaa!“ war zu hören.
Die beiden lagen sich für einen Moment in den Armen und die Erleichterung, dass Edward ihr nicht mehr grollte überwältigte nicht nur meine Frau, muss ich gestehen.
„Lasst nie wieder diesen bösen Kapitän in unser Leben! Er hat so viel Unheil angerichtet, dass es an der Zeit ist, ihm den Garaus zumachen!“ Edward sprach diese Worte zornig, wütend und mit großem Hass in unserem Geist!
„Nein, wir werden ihn zur Strecke bringen, min lille skat!“ und er bekam einen dicken Schmatzer von uns beiden.
Ein anstrengender und sehr seltsamer Tag ging zu Ende, welchen wir mit der Familie und Ruhe ausklingen ließen! Wer weiß, was uns noch alles erwartet!
Nach dem wir den Ball hinter uns gebracht und uns mit einem neuen Gott auseinander gesetzt hatten, dachte ich eigentlich, es kehre jetzt etwas Ruhe ein.
Wir hatten geplant, dass wir uns nun bis spätestens Ende des Monats auf den Weg nach Frankreich machen könnten.
Doch meine Frau hatte sich etwas in den Kopf gesetzt, hatte anscheinend andere Pläne. Mal wieder!
Ich hatte mit Master Mormon das neue Hauptquartier bezogen und eingerichtet, ebenso hatte nun auch Master Bradshaw seinen eigenen Bereich dort. Wir wuchsen immer mehr zusammen und es breitete sich in mir eine gewisse Zufriedenheit aus! Unser Ziel kam in greifbare Nähe, so dachte ich ab und an. Sicherlich hätten wir noch einen weiten Weg vor uns, trotzdem war wieder ein neuer Schritt in die richtige Richtung getan!
Meine Frau… sie hatte mich heute morgen zu sich ins Studierzimmer gebeten, weil sie etwas wichtiges zu besprechen hätte. In den letzten Tagen war sie oft abwesend gewesen, grübelte über etwas nach und jetzt hatte ich die Befürchtung, dass etwas Gewaltiges passiert sein muss, was sie so unruhig gemacht hatte.
Doch weit gefehlt, wie ich nun feststellte.
„Keine Sorge, mi amor, es ist nichts passiert. Noch nicht. Aber...“ sie sah mich genauso verschreckt an, wie Anfang des Jahres, als sie mir die Reise nach London schmackhaft machen wollte! „... also... ich würde gerne eine kleine Reise antreten!“
Nicht schon wieder!, ging es mir durch den Kopf und ich wollte schon zornig werden! Als sie dann auch noch anbrachte, dass sie mit Faith in ihre Zeit reisen wollte, fehlten mir für einen kleinen Moment die Worte!
Ich und meine Vorahnungen! Vor allem gerade jetzt?
„Du willst bitte was tun? Hast du vergessen, dass du so etwas nicht darfst? Und vor allem, warum gerade jetzt? Alex, das geht nicht!“ Wir hatten ganz andere Dinge zu bedenken!
„Doch, es würde ja gehen. Ich könnte doch... nur für kurze Zeit mit ihr zu Yannick reisen. Haytham, sie würde sich gerne ein Bild machen können, mehr nicht! Und ich weiß, ich müsste auch eine Erlaubnis der Götter haben, doch da bin ich zuversichtlich.“ Langsam kam Alex´ üblicher Tatendrang wieder und ich sah, sie hatte bereits einen Plan, wie sie mich überzeugen konnte.
„Was wäre denn, wenn du und Shay uns begleiten? Wir wären vielleicht nur zwei Tage fort. Mehr nicht!“ Davon bin ich ehrlich gesagt auch ausgegangen, doch würde sie Edward wirklich einige Tage hier alleine lassen wollen und vor allem, wir konnten doch nicht mit so vielen Person einfach bei Yannick anreisen! Ich hatte ja die Bilder gesehen, es war, nun ja, sehr beengt, wenn ich das sagen darf.
„Mi amor, natürlich kommt unser Sohn mit, gerade auch weil du ebenfalls dabei wärst. Leider wäre es mit den Kindern von Shay und Faith etwas anderes. So viele Menschen durch das Portal bringen… das wäre zu riskant. Aber vergiss eines nicht, ich werde natürlich vorher mit Alexander den Kontakt suchen und ihn, naja, vorwarnen!“ ihr Lächeln war so zuversichtlich und glücklich, dass ich kaum nein sagen konnte.
Für einen Moment ließ ich meine Frau aber noch zappeln, da ich ihre Anspannung sah und sie förmlich nach meiner Zustimmung verlangte!
Ich ging hinüber zum Fenster und sah hinaus! Hinter mir spürte ich ihren Blick auf mich gerichtet, welcher mich schon fast anflehte überhaupt etwas zu sagen. Erwähnte ich, dass ich es liebte diese Frau zu ärgern?
Nach ein paar zermürbenden Minuten erlöste ich sie von diesen kleinen Qualen! „Vielleicht solltest du dann einfach mit unserem Enkel das Gespräch suchen und dann sehen wir weiter!“
Ich hatte kaum zu Ende gesprochen, da sprang sie förmlich in meine Arme, dankte mir lachend und ich bekam einen sehr vielversprechenden Dankes-Kuss!
Am Tag darauf saßen wir wieder hier Arbeitszimmer, Edward hielt gerade seinen Mittagsschlaf und wir hätten einige Zeit Ruhe.
„Ich hoffe, es klappt auch.“ sie war etwas unsicher, aber ich war, wie sie auch eigentlich zuversichtlich.
Es dauerte nicht lange, da saß sie einfach vor mir, sah wie durch mich hindurch und dann… ja, ich sah unseren Enkel vor mir! „Was machst du gerade? Kannst du jetzt noch mehr Sprachen? Wohnt ihr immer noch da in Amerika? Wo ist denn mein Onkel? Kann ich mit ihm mal wieder spielen?“ Dieser Wortschwall kam laut und völlig aufgeregt aus diesem kleinen Jungen. Alex war nun schon ungefähr 8 Jahre und ich sah die Ähnlichkeit zu seiner Großmutter!
Diese unterbrach die Fragerunde, beantwortete aber alles und fragte dann nach, ob denn auch seine Eltern anwesend seien! Sie hätte etwas sehr wichtiges zu besprechen. Und, ich musste wirklich grinsen, dieser Junge tat das, was meine Frau in so einem Moment auch immer tat. Er wurde unsicher, weil er dachte einen Fehler gemacht zu haben. Anscheinend lag das schlechte Gewissen in der Familie der Fredericksons!, lachte ich in mich hinein.
„Ja! MAMAAAAAAAAAAAAA... PAPAAAAAAAAA... Oma spricht mit mir!“ und zum ersten Mal wurde mir jetzt bewusst, dass ich ihn auch SAH und nicht nur hörte. Hatte es etwa mit dieser Rabentätowierung zu tun, dass ich nun im Grunde die gleiche Fähigkeit wie meine Frau hatte. Oder war es lediglich ein SEHEN durch IHRE Augen?
Du wirst noch lernen, dass auch du es kannst. Mein Kind wird dich beizeiten anleiten. Hörte ich Elias Stimme plötzlich in meinem Kopf und ich konnte ihn auch schemenhaft sehen, sitzend an seinem Schreibtisch!
Ich kam nicht dazu, etwas zu erwidern, weil mich meine Frau aus dieser Zwiesprache riss.
Ihre Stimme begann zu zittern, als sie sagte, dass sie ihn auch jeden Tag vermisse. „Wir würden euch gerne... besuchen kommen. Das klingt im ersten Moment falsch, ich weiß und es wird auch nicht gern gesehen. Faith würde aber zu gerne einmal meine Zeit erleben und da dachte ich, wir könnten für ein paar Tage zu euch kommen.“ es schien, sie sei erleichtert, dass sie es ausgesprochen hatte.
„Aber... ich dachte, du darfst das nicht? Und... WANN wollt ihr hierher kommen und wer kommt dann alles mit?“ fragte Melissa etwas perplex, weil sie sich überrumpelt fühlte.
„Faith, Shay, Haytham, Edward und ich werden hinüber gehen. So ist der Plan. Wir werden wie gesagt nur ein paar Tage bleiben, WANN kann ich ehrlich gesagt noch nicht konkret sagen. Wobei, IHR könnt euch vielleicht auf die nächsten 3 Tage einstellen, da ich es ja steuern könnte.“ gab Alex als Erklärung.
Die Planung begann bei der Familie Frederickson in Preußen bereits und wieder einmal sah ich eine Parallele zu Alex. Yannick war ihr in dieser Hinsicht sehr ähnlich, aber unsere Schwiegertochter setzte noch einen drauf und fragte etwas, was nur in dem Kopf einer Frau zu sein schien. „Was soll ich denn dann kochen?“
Im Gesicht meiner Frau erschien ein breites Grinsen und ich sah wie ihr das Wasser im Munde bei ihren Wünschen zusammen lief!
„Wenn du schon so fragst, dann würde ich liebend gerne einmal wieder Mäcces haben wollen, oder vom Chinesen etwas…“ WAS bitte war ein Mäcces? Ich hoffte nicht irgendein absonderliches Gericht, obwohl das bei ihr eher unwahrscheinlich war, da sie ja noch nicht einmal ganz einfachen Hasen aß!
Unser Enkel begann nun eigene Pläne aufzustellen. Er wollte Faith, Shay und mir unbedingt zeigen, wo er zur Schule ging und wie es in seiner Heimatstadt aussah. Leider musste Alex ihn bremsen, weil sie selber vermutlich nicht mit hinausgehen konnte. Im 21. Jahrhundert galt sie als verstorben. Aber den anderen konnte er eine kleine Führung geben. Wenn ich ehrlich sein soll, ich wollte wirklich wissen, wie so eine Schule dort aussah.
Nun kam Yannicks Mutter aber auf das Wesentliche zu sprechen, die Urechsen. Alexander sollte meiner kleinen Schwester bitte alles darüber zeigen und erklären, was er oder Yannick wusste. Mit einem Satz sprang der kleine Knirps hoch, rannte über einen kleinen dunklen Flur und stand dann, ich nehme an in seinem Zimmer, vor einem großen Regal. Ich traute meinen Augen nicht, es waren viele bunte Bücher darin und Tiergebilde mit langen Hälsen und langen Schwänzen. Sie erinnerten mich ein wenig an die alten Geschichten über Drachen, welche mir meine Mutter damals erzählt hatte.
„Du meine Güte, das wusste ich ja gar nicht, Alex. Das finde ich großartig, dass du dich damit so beschäftigst. Dann kannst du Tante Faith bestimmt alles darüber erzählen. Sie findet die nämlich auch spannend!“ meinte meine Frau begeistert und ich hörte einen gewissen Stolz in ihrer Stimme.
Der Kleine begann zu berichten und erzählte, wie die einzelnen Tiere hießen und woher sie kamen, bis Alex ihn unterbrach und bat, dass erst zu erzählen, wenn Faith da wäre.
Dann tauchten in unserem Blickfeld auch wieder Yannick und Melissa auf. „Wo habt ihr eigentlich eure Tochter versteckt?“ fragte Alex, zu meiner Schande muss ich gestehen, ich hatte vergessen, dass es ja schon eine Enkelin gab! Aber auch ich war gespannt, wie sie aussah! Das Mädchen sei bei einer Freundin zum Spielen und unsere Schwiegertochter würde sie bald abholen.
Man brachte die Kinder woanders hin, damit … aber was wusste ich schon? Ich selber hatte nie Spielkameraden, geschweige denn Freunde als kleiner Junge. Dieser Gedanke trieb dunkle Wolken in meinen Kopf und ich sah die Dawson Mädchen vor mir, wie sie in ihrem Garten gespielt hatten oder Tom Barrett auf der anderen Seite unserer Villa! (*Dawson und Barrett sind Familien aus dem Buch von Oliver Bowden, - Forsaken -)
Auch später hatte ich niemanden in meinem Alter um mich herum, weil ich mit Reginald umherreiste. Bei Faith muss ich eine Ausnahme eingestehen, aber da sie 8 Jahre jünger als ich war, zählt sie nicht zu den Gleichaltrigen… ich merke, ich schweife schon wieder zu sehr ab.
Das waren in diesem Moment die Gedanken, welche in meinem Geist umherschwirrten und ich würde meinem Sohn nicht das gleiche Schicksal angedeihen lassen, nahm ich mir vor.
Ich hörte noch, wie mein Stiefsohn sagte „Mom, ich freue mich schon so!“ und dann waren wir wieder hier in London!
„Es ist immer noch erschreckend, wie das ganze funktionieren soll. Ich konnte jedes Wort mithören und alles sehen, obwohl ich gar nicht dort war!“ sprach ich, um mich selber auf andere Gedanken zu bringen.
Und was soll ich sagen, meine Frau hatte dafür ein Naturtalent. Sie begann mir zu erklären, dass ich es wie diesen „Anruf“ mit ihrem Sohn auf Anticosti betrachten solle. Sie sprach ihr „Handy“ an, welches genauso funktionierte und sie damit ja auch kommunizieren konnte. Hier natürlich nicht, aber diese Erklärung ersparte sie mir, weil sie sah, ich verstand kein Wort.
„Du schmiedest Pläne um in deine Zeit zu reisen, Kind? Hatte ich nicht gesagt, dass...“ völlig unvorbereitet dröhnte uns Odins Stimme im Kopf.
„Ja, das hast du. Doch ich werde ja nicht dort bleiben, sondern lediglich jemanden seinen Wissensdurst stillen lassen. Wir werden nur kurz dort verweilen!“ fauchte Alex zurück, doch das hätte sie nicht tun sollen.
„Oh, ich kann dich bestrafen und dann wirst du schon spüren, was es heißt, sich mir zu widersetzen!“ hörte ich ihn zornig reden und meine Frau verzog vor Schmerzen das Gesicht. Sie krümmte sich und auch ich konnte jetzt sogar seine Präsenz fühlen! „Muss ich weitermachen, oder hast du mich verstanden?“ Auch mir wurde langsam übel und schwindelig, diese Wut rieb einem die Knochen wund. Doch bei Alex mehr als bei mir, so schien es!
„Lasst meine Frau diese Reise antreten!“ ich hielt Alex´ Arm um sie zu stützen und um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.
„Ihr wagt es, mir zu sagen, was ich dulden soll und was nicht?“ donnernd drangen die Worte in unsere Körper!
„Ihr werdet sie kaum von ihrem Vorhaben abhalten können! Alex weiß, was sie tut und ihr habt sie ja auch dort unter Kontrolle, wenn es euer Wunsch ist!“ Odin konnte doch die Welten und Zeiten ebenso sehen und auch steuern, wenn ich es richtig verstanden hatte?
„Also schön, dann tut es!“ hörte ich ihn noch sagen und Alex versprach keinen Schaden anzurichten! „Wir werden sehen!“ und dann klangen die Schmerzen ab, der Allvater war nicht mehr zu spüren!
Vorsichtig zog ich meine Frau hoch und ich sah, dass sie kreidebleich war und sich immer wieder die schmerzenden Stellen hielt. Mir ging es nicht ganz so schlecht, aber als sie sagte, dass es ein Gefühl gewesen wäre, als hätte man jeden Knochen in ihrem Körper zermahlen, konnte ich ansatzweise ihr Befinden nachvollziehen.
Ich reichte ihr etwas zu trinken und mahnte sie, sitzen zu bleiben, bis es besser ginge!
Diese Reise war also nicht gerne gesehen und auch ich musste mir eingestehen, dass ich ein leicht mulmiges Gefühl dabei hatte.
Es könnte sonst was passieren, aber diese Neugierde war einfach zu groß und zu stark in mir!
Alex jedoch war die Loyalität in Person und würde den Göttervater sicherlich nie verraten oder ihn absichtlich erzürnen.
Uns riss ein lautes „Mamaaaaa“ aus den ganzen Überlegungen.
„Da ist noch jemand ungehalten, mi amor!“ und wie Recht sie doch mit diesen Worten hatte. Unser Sohn tat seine schlechte Laune, seinen Unmut oder ähnliches immer gerne lautstark allen kund, wie jetzt auch.
Nach einem langen Kuss befreite sich meine Frau von mir und eilte hinüber zu Edward!
Schon am nächsten Morgen um Zehn erschienen die Eheleute Cormac bei uns. Faith hatte im Hospital etwas zu erledigen und war gerade in der Nähe.
Neugierig beäugte sie Alex nun, welche etwas unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte.
„Du hast mich mit der Nachricht neugierig gemacht, Alex. Sag schon, wo wollt ihr hin?“ also hatte sie ihren Brief mal wieder eher kryptisch verfasst und das trieb mir ein Grinsen ins Gesicht. Eine wahre Templerin, hinter jeder Ecke konnte der Feind lauern und Nachrichten abfangen!
„Wir werden ins 21. Jahrhundert reisen, mo rionnag!“ es trat eine kleine Pause ein, in welcher Alex auf eine Reaktion wartete.
Es war Shay, welcher zuerst ansprang und von Alex zu mir sah. „Was? Ihr wollt wirklich hinüber gehen? Wann denn und warum jetzt?“
Das wann stehe noch nicht fest, weil wir ja wissen mussten, ob die beiden einverstanden wären, wenn sie mitkämen!
„Alex... ich... du würdest das Risiko wirklich eingehen?“ Faith war immer noch leicht sprachlos, fand aber langsam ihre Stimme wieder.
„Ich gehe es ein, weil ich gesehen habe, dass du gerne einmal dorthin möchtest und mehr über diese Urechsen, wie ihr sie nennt, erfahren möchtest. Das bietet sich an, weil Yannick und Alex diese Leidenschaft teilen und es jede Menge Bücher und Figuren bei meinem Sohn gibt!“ damit hatte sie sicherlich die Neugierde und die Wissbegierigkeit meiner kleinen Schwester geweckt!
Diese sah von Shay, zu mir und dann wieder zu Alex und fragte, ob sie wirklich mit dürfte.
„Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass mein werter Gatte bereits einmal mit in meiner Zeit war, Faith. Kurz vor dem Ball mussten wir ein Portal in der Nähe der Themse versiegeln und... ich bin einfach mit ihm hindurch. Es war nur kurz und du weißt, dass Haytham danach diesen Husten hatte. Darauf müsstet ihr euch vielleicht einstellen.“ Wir hatten es noch gar nicht den beiden gegenüber erwähnt, fiel es mir ein!
Das würde sie in Kauf nehmen, kam es mit einer abwinkenden Handbewegung von Faith!
Wir erklärten dann, dass auch der Ire mitkommen solle, doch leider dürften die Kinder nicht auch noch mitreisen.
Die Eheleute sahen sich nun fragend an und nickten einstimmig. Sie schienen sich wortlos einig zu sein. Vermutlich hatten sie die wortlose Kommunikation in ihrem Repertoire, genauso wie meine Frau und ich!
Und ab jetzt wurden eigentlich nur noch die „Einzelheiten“ besprochen, sprich das WANN und dass bitte die Waffen hierbleiben müssten. Unsere Kleidung konnte einfach ausfallen, wir würden dort eingekleidet und entsprechend angepasst werden. Ich war gespannt, was meine Frau mir angedacht hatte und vor allem wollte ich wissen, was sie tragen würde!
Wir werden morgen früh aufbrechen! Wenn ich jetzt sage, ich hatte einen prickelnden Schauer auf meinem Körper bei diesem Gedanken eine Zeitreise anzutreten, ist es noch untertrieben. Ich war aufgeregt… nicht nur ich!
Den ganzen restlichen Tag erkannte ich meine Frau kaum wieder. Mal war sie die Aufmerksamkeit in Person, dann wieder verschlossen und grüblerisch!
Immer wieder mussten wir sie ansprechen, damit sie wieder auf uns reagierte. Vor allem und am meisten störte Edward diese Lethargie seiner Mutter! Sie reagierte kaum auf ihn und wenn dann nur sehr fahrig.
Während des Abendessens hörte ich die donnernde Stimme Odins. „Ja, ich hatte dich gewarnt! Du gehst nun dieses Wagnis ein, also wirst du auch für die Konsequenzen grade stehen, mein Kind!“
Worüber grübelte Alex bitte nach, dass er so voller Wut wieder war? Bevor ich jedoch eine Antwort erhielt, stürmte meine Frau aus dem Esszimmer!
Verdutzt blieb ich mit einem weinenden Edward zurück und Jenny sah mich mitleidig an. Mrs. Wallace war ebenso schockiert von diesem Verhalten!
„Master Kenway, solltet ihr nicht lieber hinterher gehen?“ fragte sie besorgt.
„Nein, sie soll erst einmal selber mit sich im Reinen sein. Vorher bringt es nichts, wenn ich mit ihr rede. Das habe ich schon einige Male erfahren, Sybill. Aber ich danke euch, dass ihr euch sorgt!“ meinte ich möglichst neutral und leichthin, ich wollte sie alle nicht noch mehr verunsichern.
Kurz darauf erschien meine Gattin wieder bei uns, setzte sich, nahm unseren Sohn auf den Schoß und … grübelte weiter. Edward missfiel immer mehr diese Ignoranz seiner Mutter und begann sie anzustupsen, weinte und ich sah, er hatte Hunger. Alex machte aber keinerlei Anstalten ihn zu füttern oder geschweige denn überhaupt zu beachten. Ihr Blick hing starr geradeaus! VERDAMMT NOCH MAL!
„Mi sol, Edward hat Hunger. Würdest du ihn bitte füttern?“ brachte ich hinter zusammen gebissenen Zähnen heraus, weil ich mich zügeln musste.
Ihr Blick wurde klarer, sah zu mir, zu Edward und dann sprang sie schon fast hoch, reichte mir unseren Sohn und eilte erneut aus dem Esszimmer.
Wieder blieben wir verdutzt zurück, weil sich keiner mehr einen Reim darauf machen konnte.
Erschreckend war außerdem, dass ich ihre Gedanken nicht lesen konnte. Alex nutzte tatsächlich ihre neue Fähigkeit, sich völlig abzuschotten! Ich hatte nicht die geringste Chance in ihr zu lesen, ich hatte es versucht. Es war eine dicke Mauer in ihrem Kopf!
„Haytham, jetzt geh ihr endlich nach! Etwas stimmt nicht und Alex kann sich kaum beruhigen! Steh ihr bei, Herr Gott noch mal!“ kam es herrisch von meiner großen Schwester und sie hatte ja Recht.
Ich ließ Edward in der Obhut seines Kindermädchens und machte mich auf nach draußen. Ich fand Alex auf der Terrasse, aber sie war nicht alleine! Neben ihr waberte eine neblige Silhouette, von welcher ich nicht sagen konnte, wer es war. Erst bei den nächsten Worten wurde es mir klar!
„Wir sind immer an deiner Seite, Alex. Vergiss das nicht! Ich habe auch immer ein Auge auf unseren Sohn und unsere Enkelkinder. Diese Möglichkeit ist berauschend und ich genieße es, wenigstens jetzt etwas mehr tun zu können, als noch vor ein paar Jahren!“ Es war Yannicks Vater!
„Das ist gut zu wissen, Marius!“ in Alex´ Stimme klang so etwas wie Erleichterung mit oder vielleicht auch eine Art Erkenntnis!
Als sie sich umdrehte, stand aber nicht mehr Marius dort neben ihr, sondern ich und sah sie fragend an. Alex hatte arge Bedenken, was diese Reise anging wie es schien.
Für einen Moment ließ sie mich ihre Gedanken lesen und ich erschrak, sie hatte wirklich daran gedacht, einfach dort zu bleiben, sie hatte sich ausgemalt, wieder bei Yannick zu sein…
Ich kann es nur als Eifersucht und ein großes schlechtes Gewissen beschreiben, was nun wieder in mir empor kroch. Diese Opfer die sie gebracht hatte um hier sein zu können, zerfraßen sie anscheinend gerade!
Also fragte ich, ob es wirklich für sie das Richtige war, wenn wir ins 21. Jahrhundert gingen, in ihre alte Zeit!
„Ja, mir ist gerade klar geworden, dass ich nicht überall sein muss und kann. Es gibt noch mehr Menschen, welche mich und uns unterstützen. Ich kann nur nicht diese Verantwortung so abgeben, das geht nicht so einfach!“
Ich schob sie etwas von mir um ihr direkt in die Augen sehen zu können. „Hör mir zu, darüber haben wir uns schon ausführlich unterhalten. Du hast vieles aufgegeben, aber du bist nun hier und erfüllst deine Aufgabe und wirst nicht bestraft damit. Ich, nein, WIR sind froh und dankbar, dass du diesen Schritt getan hast.“ vorsichtig zog ich sie wieder in eine Umarmung und grinste, als ich hörte wie sie tief Luft holte! Alex hatte mir damals einmal gesagt, dass sie diesen Lavendel-Seife-Geruch liebte, mir selber ist er nie an mir aufgefallen.
Ein leises „Danke, mi amor!“ und ein vorsichtiger Kuss von ihr beruhigte mich auch wieder.
„Alex, ich liebe dich und ich möchte nicht, dass du das Gefühl hast, nur weil du hier bist, etwas falsch gemacht zu haben. Im Gegenteil, du erreichst gerade mehr, als ich es alleine könnte.“ versuchte ich sie weiter zu ermutigen, zu beruhigen und aufzubauen.
Plötzlich zuckte sie zurück und sah mich mit einem großen schlechtem Gewissen an.
„Wo ist Edward? Es tut mir leid, dass ich so unachtsam vorhin war!“ ihre Stimme zitterte bei diesen Worten leicht, aber ich konnte sie beruhigen. Er war bereits im Bett, Sybill wird dafür Sorge getragen haben, da es mittlerweile auch schon recht spät war!
Hinter uns hörten wir die vorsichtige Frage meiner Schwester, ob sie störe.
„Nein, natürlich nicht. Lasst uns noch ein wenig diese Ruhe genießen und ich bräuchte etwas zu trinken. Mein Hals ist ganz trocken…“
Das konnte ich mir vorstellen, wenn ich überlegte, hatte sie kaum Zeit für Essen oder Trinken gehabt heute. Also reichte ich ihr umgehend ein Glas Portwein und wir genossen die kühler werdende Luft hier draußen!
Wir berichteten Jenny noch von unserem Vorhaben und weihten sie in alles ein. Die Wachen würden wir dann auch entsprechend einweihen.
„Ich würde es auch zu gerne einmal sehen! Die Zukunft! Alex, es ist immer noch ein Rätsel für mich, wie das alles funktioniert. Als du damals hier zu Besuch kamst, ahnte ich noch nicht, dass du aus einer anderen Zeit stammst.“ Jenny hatte es beim ersten Besuch noch nicht gewusst, erst später hatte Vater sie eingeweiht.
„Mir ist immer noch schleierhaft, warum ICH keine Erinnerungen habe. Warum bleiben sie mir verwehrt?“ fragte ich mich eigentlich mehr selber, als die anwesenden Frauen.
Das war eigentlich als Schutzmechanismus gedacht, Haytham. Du solltest nicht sofort erkennen, wer vor dir steht. Wir mussten sicherstellen, dass ihr euch langsam annähert. hörte ich Lokis Stimme in meinem Kopf.
„Das mag ja sein, aber es hätte doch vieles vereinfacht, oder nicht?“ fragte nun auch Alex nach und meine Schwester sah uns mit großen Augen an. Auch sie hatte diese Worte vernommen!
Sicherlich wäre es einfacher gewesen und auch wir haben ein schlechtes Gewissen. Doch wir wollten wissen, wie ihr euch mit diesem Wissen oder eben im Falle von Haytham Unwissen schlagt! Und seid ehrlich, ihr habt euch richtig kennengelernt, oder? Die Letzten Worte kamen zynisch bei uns an und ich sah Finley vor mir, wie er breit grinste.
Kennengelernt hatte ich diese Preußin, dass lässt sich nicht abstreiten. Und wenn ich es recht betrachtete, dann lernte ich sie immer noch kennen. Aber auch sie hatte ihre Lehrstunden hinsichtlich meiner Person, meines Verhaltens und ähnlichem.
Mir kam gerade eine andere Art des Unterrichtens in den Kopf und ich beschloss, sobald meine Schwester sich für die Nacht verabschiedet hat, meine Frau in den Stall zu den Pferden zu entführen!
Meine Frau genoss wenig später meine Zuwendung in vollen Zügen, während sie wehrlos unter mir auf dem Heu lag und um Erlösung bettelte. Ich hingegen zügelte mich und ließ sie sich weiter winden und flehen. Das gab mir immer wieder diese Höhenflüge und ich nahm ihre Hingabe in mich auf!
„Haytham… bitte!“ keuchte sie atemlos und ich schenkte ihr den wohlverdienten Höhepunkt, welcher mit einer solchen Intensität über sie hinweg rollte, dass ich ihn ebenfalls spürte und mit ihr hinüberging.
Ihre grünen Augen sahen mich leicht vernebelt an, aber auf ihrem Gesicht war ein seliges Lächeln erschienen.
„Danke, mi amor!“ flüsterte sie leise und zog mich zu einem Kuss zu sich hinunter!
Wenig später lagen wir in unserem Bett, nachdem ich ihre Haare von dem Heu befreit hatte, welches sich darin versteckte.
„Was soll Magda von mir denken, wenn sie morgen früh dieses Chaos sieht!“ kicherte sie leise an mich gelehnt.
Ich wurde von einem leisen „Papaa“ geweckt, welches sich ständig wiederholte und zunehmend lauter wurde. Müde schlug ich meine Augen auf und sah Edward wieder in seinem Bett stehen und mich voller Erwartung ansehen.
„Du bist aber wieder ein Frühaufsteher, mein Sohn. Na komm.“ ich stand auf und holte ihn zu uns ins Bett, was er natürlich begeistert kundtat, indem er begann, seine Mutter anzustupsen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, weil Alex sich immer mürrischer wegzudrehen versuchte, aber keine Chance hatte, da Edward auf ihrer Decke saß. Bevor ich jedoch reagieren konnte, landete seine Hand patschend auf ihrer Wange und er stieß ein lautes „Mamaaaaa“ aus.
„Edward, was... hat dich Papa schon ins Bett geholt? Wie spät ist es?“ nuschelte sie leise und ich sah, sie hatte noch die Bilder der letzten Nacht im Kopf. Prompt erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht.
Ich hauchte ihr mit einem Kuss ein Guten Morgen auf die Wange und nun war Edward nicht mehr zu halten. Er begann auf seiner Mutter herumzuklettern, quasselte was das Zeug hielt und damit war es mit der Ruhe vorbei.
Gerade als unser Sohn seinen Hunger kundtat „Ham… Mama… ham!“, hörten wir Sybill vor der Tür, trat dann ein und schnappte sich ihren Schützling. „Guten Morgen, Master Edward. Heute wird ein spannender Tag für euch…“ bekam ich noch so halb mit und er würde wirklich für ihn interessant werden!
Alex drehte sich zu mir und stöhnte dabei leicht. „Ich fühle mich wie erschlagen und ich habe Muskelkater, mi amor.“ Der Stall war ja auch nur eine Alternative und keine Dauerlösung. Gegen ihre Verspannungen konnte ich aber etwas unternehmen und vernahm nur ein gehauchtes „Ich wäre euch unendlich dankbar, Master Kenway!“ von meiner Frau.
Etwas später konnten wir beide mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht zum Frühstück hinunter gehen.
Würde es bei Yannick dann auch so sein wie hier?, ging es mir durch den Kopf. Im Grunde stiegen meine Neugierde und Nervosität von Minute zu Minute. Etwas was für mich sonst undenkbar gewesen war.
Alex instruierte nun noch die Wachen, dass sie entsprechend Master Williams und Finley benachrichtigen sollten, wenn wir nicht in sieben Tagen zurück sein.
„Sie werden vermutlich nichts ausrichten können, dennoch müssen sie informiert werden. Ich hoffe aber, es kommt nicht zu diesem Ernstfall!“ flüsterte sie ängstlich, weil wir einfach auch mit dem schlimmsten Szenario rechnen mussten. Tief in mir trieb sich ein Gedanke rum, welcher mich aber zuversichtlich werden ließ. Die Götter standen an unserer Seite, sie wüssten dann was zu tun sei! So hoffte ich!
Gegen 11 Uhr erschienen Eheleute Cormac, ebenfalls sichtlich nervös. Alle Waffen wurden abgelegt und in den Keller gebracht. Zögernd standen wir in der Eingangshalle und warteten darauf, dass Alex das Portal öffnete.
Meine kleine Schwester aber zappelte herum, bis meine Frau sie beruhigte.
„Mo rionnag, alles wird gut. Es wird sich anfühlen, als würde man durch eine Röhre gezogen. Doch dann ist es auch schon nach ein paar Sekunden vorbei!“ dieses Gefühl konnte ich tatsächlich bestätigen und Faith entspannte sich ein bisschen.
Ich hatte Edward auf dem Arm, welcher unsicher von einem zum anderen sah, weil er ja nicht wusste, was nun passierte.
Dann ploppte dieser Wasserspiegel am Fuße der Treppe auf und seine blaugrauen Augen weiteten sich erstaunt.
Bevor wir jedoch hindurch gingen, erschien Odin in seiner leuchtenden Gestalt vor uns.
„Wage es nicht, die Zeit zu ändern! Wage es nicht, mich zu hintergehen! Ich sehe dich, ich kontrolliere dich!“ diese Worte waren drohend an Alex gerichtet, welche das aber kalt ließ, wie es schien.
Edward hingegen zeigte mit seiner kleinen Hand auf den Göttervater und dieser reagierte mit einem Lächeln in seine Richtung! So plötzlich wie er erschienen war, so schnell war er auch wieder verschwunden und wir konnten nun hindurchgehen.
Alex nahm Faiths Hand und langsam schritten wir da hinein.
Es fühlte sich dieses mal aber etwas anders an, so als würde ich von hoch oben springen! Und instinktiv hielt ich Edward noch fester auf meinem Arm, welchem das nicht wirklich gefiel.
Doch es war schnell vorüber und ich hörte ein freudiges, lautes „MOM!“
Als mein Geist sich an die neue Situation gewöhnt hatte, sah ich Yannick, wie er seine Mutter umarmte und sie hochhob. Beide lagen sich weinend in den Armen, während Faith und Shay versuchten sich zurecht zu finden.
Melissa übernahm das Begrüßen, bis meine Frau sich ein wenig beruhigt hatte. Meine Schwiegertochter hatte kaum Berührungsängste, wie ich schon festgestellt hatte.
Alexander sagte ebenso schniefend, er habe seine Oma vermisst, kam dann aber auf mich zu und ergänzte entschuldigend, mich hätte er auch ganz doll vermisst. Dieser Junge war nun ungefähr 8 Jahre alt und ich dachte an diesen Moment zurück, wo er gerade mal 2 war.
Und nun lernten wir auch die kleine Franziska kennen, welche sich vorsichtig hinter den Beinen ihrer Mutter hervor schob und uns misstrauisch beäugte. Melissa munterte sie aber auf, keine Angst zu haben und erklärte wer wer ist. Langsam kam sie auf Alex zu und plötzlich sah meine Frau erstaunt das kleine Mädchen an. „Kleine Maus, was siehst du jetzt?“
Da hatte wohl noch jemand den Adlerblick geerbt und ihre Antwort bestätigte es auch noch.
„Du bist ganz gelb leuchtend. Papa sagt, das sind gute Menschen und ich brauche keine Angst haben!“ Wie Recht er doch damit hat. Ich hoffte aber für die Kinder hier, dass sie nie wirklich in große Gefahren geraten würden, wie es in meiner Zeit noch oft war.
Etwas gedankenverloren betrat Alex nun den Balkon und stand tief durchatmend an der Brüstung. Der Blick von hier oben, wir mussten im 2. Stock sein, war fantastisch und ich konnte mir nun vorstellen, wie Alex hier gelebt hatte.
Plötzlich drehte sie sich um und lächelte auffordernd in die Runde.
„Ich denke, wir sollten uns dann umziehen. Es ist doch recht warm hier. Gentlemen, begleitet doch bitte meinen Sohn in das Zimmer von Alex und wir Faith, werden ins Schlafzimmer gehen. Dort hast du ein kleines Sortiment aus meinem alten Kleiderschrank.“ bei diesen Worten bekam ich einen Kuss von ihr und Melissa schnappte sich Edward. Auch er würde nun anders eingekleidet und auch da war ich gespannt, was mich dann erwarten würde.
Shay und ich folgten Yannick in das Zimmer von unserem Enkel.
Auf dessen Bett lagen, wie es schien, ein paar Hemden, seltsam anmutende Hosen und Hemden, an denen die Ärmel fehlten.
Mein Stiefsohn bemerkte unsere skeptische Blicke und begann uns zu erklären, was was ist.
Die Hemden hatten wir schon richtig erkannt, jedoch diese ärmellosen Dinger nannten sie T-Shirts und waren aus einem weichen Stoff, welcher dehnbar war. Außerdem gab es lange Hosen, welche bis an die Knöchel reichten und mit einem Gürtel auf der Hüfte festgehalten wurden. Als Yannick nun die Wäsche für untendrunter zeigte, konnte ich nicht anders. Mir klappte der Mund auf, weil… das war kaum genug Stoff um alles zu verhüllen. Sogar Shay, welcher normalerweise nicht sehr scheu war, hielt sie mit spitzen Fingern von sich.
„Das trägt man unter diesen Sachen?“ seine Stimme war von Ungläubigkeit geprägt.
„Ja, ob ihr es glaubt oder nicht. Diese Shorts sind einfach bequem und glaubt mir, sie sind völlig ausreichend.“ kam es erklärend vom Gastgeber.
Nun präsentierte er noch Strümpfe, er nannte sie Socken – welch seltsame Bezeichnung -, und die Schuhe. Bei diesen war ich erstaunt, wie leicht und gleichzeitig biegsam sie waren.
Auf meine Frage, wie man das Leder so geschmeidig bekam, erklärte mir Yannick grinsend, dass dies kein echtes Leder sei. Es sei eine Art Imitat davon und deshalb fühle es sich auch etwas anders an.
Wir zogen uns also aus und wieder an. Ich fühlte mich an meine Kindheit erinnert, in welcher man mir beim Einkleiden geholfen hatte. Auch hier benötigte ich Hilfe, da ich mit dem, wie mein Stiefsohn es bezeichnete, Reißverschluss an den Beinkleidern nicht ganz zurechtkam.
Auch Master Cormac hatte so seine Probleme, wobei er etwas andere Kleidung bekam als ich und mir wurde das gute Auge meiner Frau bewusst. Sie hatte erkannt, wer in welchen Sachen am besten aussah und vermutlich hatte sie auch diesen Gedanken an ein Handtuch um meine Hüften gehabt!
Fertig angezogen gingen wir wieder hinüber ins sogenannte Wohnzimmer, dabei konnte ich einen Blick in die Küche werfen. Es sah aber nicht wie eine aus und ich fragte mich, wo denn der Herd sei.
„Unsere Küchen sehen halt anders aus, aber ich denke, wir werden euch gleich oder im Laufe des Tages eine Führung angedeihen lassen.“ erklärte Yannick lachend.
Edward war auf dem Arm meiner Schwiegertochter und ich bestaunte seine Garderobe. Auch er hatte ein, wie hieß es noch?, ach ja, T-Shirt und eine kurze Hose an. Sein Blick war tatsächlich skeptisch auf mich gerichtet und er zupfte die ganze Zeit an seinen Sachen herum.
Kurz darauf erschienen dann auch Faith und Alex wieder bei uns und mir blieb der Mund offen stehen. Beide Frauen trugen Kleider aus schwarzem Stoff, welche so gut wie nichts verhüllten. Die Röcke gingen gerade mal bis zum Knie und es gab nur dünne Träger, die das ganze oben hielten!
„Ich wusste, du bist eher der Anzugtyp, mi amor!“ kam es anerkennend von meiner Frau, dabei stellte sie sich lächelnd auf die Zehenspitzen und gab mir einen Kuss.
Ich musste es einfach sagen, sonst würde ich platzen! „DAS ist alles was du trägst, mi sol? Da sieht man ja alles, das... ich weiß nicht.“ in Alex Blick sah ich aber, dass sie mir Verständnis entgegenbrachte, umgekehrt müsste ich mich hier entsprechend anpassen.
Faith aber war sichtlich zufrieden mit dem Auftreten ihres Gatten, welcher aber ebenso skeptisch wie ich die Kleider der Frauen begutachtete. Sein Blick glitt über Alex, was mich dann doch etwas störte, weil man… ja, Herr Gott, man sah halt einfach ihre Beine, die Knöchel und … ich seufzte innerlich.
„So etwas trägt man halt und glaub mir, es ist sehr bequem und angenehm.“ sprach Alex leise und versuchte mich mit einem tiefen Augenaufschlag, friedlich zu stimmen.
„Denk an deine Lektionen, mi sol. Sie wachsen wieder an!“ raunte ich nur an ihr Ohr und ihr Körper reagierte prompt mit einer Gänsehaut!
Sogar Edward sah seine Mutter mit großen Augen an, aber reckte dann die Arme und wollte bei ihr sein. „Schätzchen, diese Sachen stehen dir ja richtig gut. Melissa, du hast eine gute Wahl getroffen.“
Plötzlich hörten wir eine Art Glocke und in Alex Gesicht trat ein Ausdruck von Panik! Yannick gab aber sofort Entwarnung!
„Mom, das sind wahrscheinlich nur Tobias und Marie. William ist gerade nicht im Lande, er ist in Ägypten unterwegs.“ Als er den fragenden Blick seiner Mutter sah, ergänzte er noch „Er macht dort Urlaub, mehr nicht!“ mit einem breiten Grinsen.
Kurz darauf erschienen hier die angekündigten Besucher und eine kleine Begrüßung stand wieder an.
Danach hieß man uns wieder auf den Balkon zu kommen und ich war immer noch hin und weg, was den Ausblick anging. Man könnte meinen, es wäre keine andere Zeit in der wir uns gerade befanden, bis auf die seltsamen Geräusche und anderen Gerüche.
Bisher hatte ich noch keine Probleme, was das Husten anbelangte.
Wir wurden gefragt, was wir denn zu essen wünschen und meine Frau hatte ja schon dieses… wie nannten sie es? … Fastfood angesprochen und Yannick fragte, ob ihn dabei jemand begleiten wolle.
Meine Neugierde siegte und nicht nur meine, auch Faith und Shay standen auf und folgten meinem Stiefsohn aus der Wohnung und hinunter.
Kapitel 96
*** Eine schnelllebige Zeit ***
Yannick führte uns um die Hausecke, wo ein silbernes Fahrzeug auf uns wartete. Ich hatte den Vorteil, dass ich bereits einmal darin saß und wusste, wie es funktionierte. Er erklärte nun in kurzen Worten, dass es ein Auto sei, man sich anschnallen müsse und sie keine Angst zu haben bräuchten.
Ich muss gestehen, als wir auf Anticosti dieses Stück über Land zu der Landzunge gefahren waren, war mir schon ein wenig mulmig zumute und ich hoffte, dass es hier mit den befestigten Straßen etwas anderes wäre.
Wir stiegen ein und mein Stiefsohn erklärte weiter ein paar Kleinigkeiten, gerade was die Technik, wie er sie nannte, anbelangte. Leider war es ein Buch mit sieben Siegeln, was wir kaum verstanden.
Dann setzte sich dieses Gefährt in Gang und unwillkürlich klammerte ich mich an dem Sitz fest. Die Cormacs hatten hinten Platz genommen und waren leicht überfordert, was auch kein Wunder war.
Nach einer kleinen Weile aber, überkam sie doch die Fragen nach den Gebäuden, nach den vielen Menschen die in diesen Kutschen aus Metall unterwegs waren.
„Fast jeder Mensch besitzt ein Auto heutzutage. Das ist einfach normal, aber ich kann euch beruhigen, sie sind mit das sicherste Verkehrsmittel. Und was diese Gebäude angeht, die sind, wenn ich mich recht erinnere erst Anfang 1800 entstanden. Obwohl es einige Häuser gibt, die schon um 1650 erbaut wurden und erhalten geblieben sind.“ Alex´ Sohn war ein guter Fremdenführer und erinnerte mich stark an meine Frau.
Ich hatte einen Moment und konnte ihn betrachten! Seine Gesichtszüge waren denen seiner Mutter sehr ähnlich, auch die Augen. Viel mehr konnte ich aber nicht sagen, da ich Marius nur einmal kurz gesehen hatte.
Ein plötzliches Anhalten vor einem Ding, was rot leuchtete, brachte mich wieder in die Realität zurück.
„Woher weißt du, was du machen musst, wenn du fährst? Und was sind alles für Schilder hier? Da findet man sich gar nicht zurecht.“ kam es fragend von Faith.
„Wir lernen das Autofahren wie in einer Schule, dort machen wir unseren Führerschein. Meistens mit 18 Jahren, wenn man volljährig ist, oder wie in meinem Fall mit 17 und dann muss man mit einem Erwachsenen gemeinsam fahren, bis man eben 18 ist.“ kam es grinsend. „Mom ist mit mir gefahren, ich kann euch sagen, dass das Armaturenbrett keine Bissspuren von ihren Zähnen hat ist ein Wunder!“
Ich zog fragend die Augenbraue hoch und er erklärte ihr Verhalten damit, dass sie keine gute Beifahrerin sei. Alex würde lieber selber fahren und das Auto steuern. Auch hätte sie ihm ständig dazwischen geredet und ihm gesagt, was er tun sollte. Ja, das klang nach meiner Frau, eindeutig! Mein Glucksen nahm man als Einladung, es mir gleichzutun, vermutlich weil sich jeder dieses Bild von Alex vorstellen konnte.
Yannick lenkte dieses Gefährt nun auf eine Art Hof auf dem ein hohes Schild stand. Zwei gelbe Bögen waren darauf zu sehen und ein großes flaches Gebäude stand in unmittelbarer Nähe.
Wir stiegen aus und machten uns auf den Weg zum Eingang und beim Eintreten schlug uns ein sehr eigenartiger Geruch entgegen. Er war nicht unangenehm, aber mehr als ungewohnt. Ich würde ihn als „fettig“ bezeichnen, weil ich ihn so ähnlich schon wahrgenommen hatte, wenn Mrs. Wallace ihre in Fett ausgebackenen kleinen Kuchen machte.
An einer Art Tresen fragte uns Yannick, ob wir einen Wunsch hätten und deutete auf ein großes beleuchtetes Schild hinter den Mitarbeitern! Ich las zwar, was dort stand, konnte aber beim besten Willen nicht erkennen, was was war. Den Cormacs erging es ähnlich, bis auf diese Pommes erkannten wir kaum etwas wieder. Also überließen wir meinem Stiefsohn die Bestellung und ich staunte, wie schnell wir dann unser Essen bekamen. Es wurde uns in Tüten gereicht, man wünschte noch einen schönen Tag und guten Appetit. Sehr freundliches Personal!, ging es mir durch den Kopf.
Auf dem Rückweg begann mein Magen zu knurren, dieser Essensduft erfüllte den Innenraum und ich muss es gestehen, ich war wahnsinnig neugierig, wie es schmecken würde.
Kurz bevor wir an der Wohnung ankamen, hielten wir, wie Yannick erklärte, an einem Bahnübergang. Es dauerte nicht lange, da donnerte ein riesiges… ja Gefährt vor uns vorbei, auf Schienen! „Das sind Züge! Sie können viele Menschen auf einmal transportieren, oder auch Waren und Post und so. Aber das wird ebenfalls erst Anfang 1800 beginnen.“ Anscheinend lebte ich in einem Jahrhundert, welches sich im Aufbruch befand!, ging es mir durch den Kopf.
Daheim trafen wir alle auf dem Balkon an. Kaum dass wir ihn betreten hatten, leuchteten Alex´ Augen und ich sah, dass ihr das Wasser im Munde zusammen lief.
Es standen bereits Teller und Gläser auf dem Tisch, ich setzte mich und nahm Edward auf meinen Schoß.
Nun wurden die Gerichte verteilt und ich staunte, was wir da vorfanden. Es sah aus wie ein Brötchen mit Fleischfüllung und irgendein Grünzeug dazwischen. Mein Sohn griff sich einfach ein paar von den Kartoffelstäbchen und läutete damit das Essen ein.
„Glaub mir, mi amor. Es ist köstlich und ab und an muss man auch mal so etwas ungesundes essen. Ich habe es so wahnsinnig vermisst!“ sie hatte meinen skeptischen Blick also gesehen.
Und dann vernahm ich ein wohliges Stöhnen aus ihrem Mund beim ersten Bissen und konnte mir einfach eine Bemerkung nicht verkneifen. „Es gibt demnach noch mehr Dinge, die dir solche Laute abringen, mi sol. Ich brauche anscheinend eine Liste, damit ich weiterhin mithalten kann.“ Ich tat es ihr aber gleich und nahm diesen Burger wie es genannt wurde und biss hinein. Was soll ich sagen? Es war wirklich köstlich, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig!
Während des Essens fragte Alex, ob alles gut gegangen wäre bei der Fahrt. Wir erzählten von unseren Eindrücken und Marie erwähnte noch, es sei wirklich völlig beeindruckend gewesen für sie damals.
Auch sie erzählte von ihrer ersten Zeit in diesem Jahrhundert und ich hörte gebannt zu, wie sie begann sich hier einzurichten und zu lernen.
Im Grunde tat sie nichts anderes als meine Frau jetzt auch. Doch ich schweife schon wieder ab.
Als die Speisen alle waren, bemerkte ich, dass Edward bereits eingeschlafen war. Er hielt noch einige angeknabberte Pommes in seiner Hand und dieser Anblick trieb mir ein Lächeln ins Gesicht, ebenso meiner Frau.
Plötzlich hielt Melissa dieses Handy hoch, es klickte und sie grinste mich dabei an. Bevor ich
jedoch reagieren konnte, kam zu mir und zeigte, was sie gerade getan hatte.
Ungläubig sah ich auf dieses Gerät! Dort war mein Sohn zu sehen und ich, wie ich auf ihn hinabsehe. „Das ist unheimlich, wisst ihr das?“ schossen mir die Worte aus dem Mund, weil es wirklich so war.
Nun verstand ich aber auch, warum hier in der Wohnung so viele von diesen Bildern hingen! Niemand musste mehr Tagelang stillsitzen für ein Bild oder Portrait. Faszinierend und ich hätte es gerne auch für uns und unser Familienbild so einfach, doch… ich musste mich dringend darum kümmern, wenn wir wieder zurück waren.
Zurück? Wir mussten Virginia abwarten., ging es mir durch den Kopf.
Alex nahm mir nun Edward ab um ihn ins Bett zu bringen, ebenso wurde unsere Enkelin bettfertig gemacht.
Yannick reichte mir ein Glas von einem Whisky, welcher wirklich gut schmeckte, wenn auch dem Anschein nach kein echter irischer oder schottischer. Shay schien ebenso diesen Unterschied zu schmecken und grinste mich über sein Glas an. Wir waren uns einig, dass es nichts über die Selbstgebrannten gab bei uns. Faith hingegen erhielt Met, welchen sie sichtlich genoss und der Geruch war bis zu mir gezogen. Sehr intensiv stellte ich fest.
Melissa hatte eine Flasche von diesem Sekt, welchen meine Frau so gerne trank heraus geholt und wir warteten nur noch auf sie.
Dann sah ich wie sie aus dem Kinderzimmer unserer Enkelin kam und weinend an der Wand lehnte. Ich stand auf, entschuldigte mich und eilte zu ihr!
”Mi sol, was ist? Geht es dir nicht gut?” fragte ich besorgt, auch wenn ich ihre Gefühlsausbrüche schon kannte, dennoch waren sie oft so überraschend. Wie auch jetzt wieder. Aber sie erklärte sich.
”Alles in Ordnung, wirklich. Aber Franziska scheint ein Sprachtalent zu haben. Sie kann Dänisch verstehen und sprechen. Das ist... ich bin gerade einfach begeistert.” das war wirklich eine fantastische Nachricht, weil es diesem Kind sicherlich viele Türen öffnen würde.
Mir ging gerade der Moment durch den Kopf, als sie mit Shay gesprochen hatte, es war flüssiges Englisch, wie selbstverständlich kamen die Worte aus ihrem Mund.
Ein quengeliges ”Oma, jetzt komm endlich. Ich will dir mein Zimmer in Ruhe zeigen!” riss uns wieder ins hier und jetzt. Folgsam gingen wir klein Alex hinterher in sein Zimmer und ich war erstaunt, wie klein es war. Aber es war sehr aufgeräumt und man sah keinen Staub oder ähnliches. Vielleicht gab es ja doch so etwas wie ein Mädchen, was hier saubermachte. Doch Alexander meinte stolz, dass seine Mutter ihm aufgetragen hatte, aufzuräumen, weil Oma und Opa zu Besuch kämen! Es gehöre sich, dass es dann so aussähe.
Und ich musste leider lachen, weil es sich für mich einfach seltsam anhörte. Ich musste nie selber aufräumen… eine hochgezogene Augenbraue meiner Frau und ein todbringender Blick ließ mich aber verstummen.
Wir brachten den jungen Mann aber dann zu Bett, auch er war einfach müde von der Aufregung heute und endlich konnten wir uns zu den anderen gesellen.
Es dauerte aber nicht lange, da mussten sich die Schäfers schon verabschieden, weil die Person, welche auf ihr Kind achtgab, auch nach Hause wollte. Da fiel mir wieder ein, dass es hier nicht üblich war, ein Kindermädchen zu haben, eigentlich war es überhaupt kein Thema.
Ich stand mit Yannick in dem Wohnzimmer und bestaunte dieses große eckige Gerät an der Wand, als ich sah, dass Alex mit Melissa begann, den Tisch abzuräumen. Mein tadelnder Blick entging meiner Schwiegertochter nicht. „Wer soll es denn sonst machen, Haytham? Wir haben keine Bediensteten, dafür reicht hier gar nicht der Platz!“ kam es lachend von ihr und im Grunde hatte sie ja Recht.
„Das ist ein Smart-TV, also… darüber kann man Filme schauen und sowas. Mom hat es euch glaube ich, mal erklärt. Die Bilder kommen aus einem Kabel in der Wand oder werden durch die Luft übertragen…“ eine Pause trat ein, in welcher Yannick überlegte, wie er das erklären sollte. „Im Grunde ist es wie ein großes Handy!“ meinte er dann bestimmt.
Er erklärte uns auch noch, dass er es liebte, Videospiele zu spielen. Bei denen handele es sich um eine Art Film, bei welchem man aber die Personen selber lenken konnte.
Yannick kramte aus einer kleinen Kiste ein Ding heraus, auf dem Knöpfe mit Buchstaben waren, dann gab es noch so bewegliche Teile die aussahen wie kleine Pilze. Damit könne man dann das Ganze auch steuern, bevor er jedoch etwas machen konnte, bekam er von Melissa ein Kopfschütteln zugeworfen und ein resigniertes Seufzen war zu hören.
„Vielleicht kommen wir ja morgen dazu, dass ich euch das zeige. Meine Frau schlägt mir sonst wahrscheinlich die Finger heute noch ab.“ sein Lachen war ansteckend und mir ging durch den Kopf, dass die Damen hier wirklich offener und freier lebten. Sie nahmen kein Blatt vor den Mund, sagten was sie dachten und bestimmten ihre Leben alleine, wenn sie es denn wollten!
Gerade als meine Frau an mir vorbei wieder auf den Balkon wollte, hielt ich sie zurück, weil sie wissen sollte, dass diese „Hilfsaktion“ ihre Lektionen weiter ansteigen ließ! Wie immer erschauerte sie unter meinen Worten und in ihre Wangen stieg eine dezente Röte. Wann ich diese ganzen angestauten Lehrstunden ihr angedeihen lassen sollte, fragte ich mich gerade, da sah ich wie sie mal wieder mit Faith eines dieser stillen Gespräche führte.
„Sind die Damen mit ihren Zwiegesprächen dann auch mal wieder fertig?“ kam es etwas kälter als ich wollte von mir und Alex sah mich ertappt an.
Du bist immer noch meine Nummer eins, mi amor. Aber hier und jetzt treffen so viele Einflüsse aufeinander, dass man mitunter etwas... durcheinander sein kann. Das mag sein, aber ich ließ meine Hand vorsichtig unter diesen dünnen Stoff wandern und griff ihren Hintern, was meiner Frau ein tiefes Seufzen entlockte.
Ein lautes „Ähäm…“ von Yannick zeigte uns, wir sollten die Finger in seiner Gegenwart voneinander lassen. Kinder waren mitunter seltsam, wenn es um die Beziehung ihrer Eltern ging.
In der warmen Sommerluft saßen wir nun noch zusammen und ich erhielt einen kleinen Einblick in die hiesige Politik und Wirtschaft. Dieses Wahlsystem, demokratisch, nannte Yannick es, war ziemlich kompliziert und die ganzen „Parteien“ konnte sich ja keiner merken. Trotzdem hörte ich zu, weil ich im Stillen mir Gedanken über Amerika machte und was uns dort noch erwarten würde in den nächsten Jahren! Wobei ich auch erwähnen sollte, dass der Aufbau des Parlamentes auch in Großbritannien nicht ganz einfach war und für viel Verwirrung sorgen konnte.
Melissa berichtete unter anderem auch von zwei Weltkriegen, welche aber schon lange zurücklagen und sie alle hofften, dass so etwas nicht noch einmal passierte. Es muss schrecklich gewesen sein, die Großeltern meiner Frau waren zum Beispiel auch darin involviert.
Vor einigen Jahren gab es weltweit eine Pandemie, ein Virus griff um sich, welcher aus China stammte. Und nun wurde uns Besuchern aus der Vergangenheit vor Augen geführt, wie schnelllebig diese Zeit ist. In wenigen Wochen breitete sich die Krankheit aus und war kaum zu stoppen, weil Reisende innerhalb weniger Stunden von einem Ort am nächsten waren. Unaufhaltsam!, schoss es mir durch den Kopf.
Über diese Erzählungen kam man nun auch auf erzieherische Fragen bei den Kindern. Alex und ich wussten, dass July nicht immer ganz einfach war und mehr als einmal warf ich grinsend ein „Genau wie ihre Mutter.“ und erntete einen bösen Blick meiner kleinen Schwester. Noch hatten wir in Bezug auf Edward kaum Probleme, auch wenn ich mir denken konnte, dass es sicherlich Konflikte geben wird.
Gerade als Alex erwähnte, dass sie sich auf den Umzug von den Cormacs freute, hörten wir Yannick erstaunt fragen „Wie? Ihr habt ebenfalls dort eine Plantage gekauft?“. Also wusste er nichts davon, aber warum nicht?
Kind, du hast es erkannt. MAL WIEDER! DU weißt auch noch nicht über deine eigene Zukunft Bescheid, geschweige denn dein ältester Sohn weiß es. Und jetzt hoffe ich, du begreifst, warum wir nicht hinter dieser Entscheidung stehen, dass du deine alte Zeit aufsuchst!“ vernahm ich Odins dröhnende Stimme, also hatte Alex Angst, etwas falsch gemacht zu haben!
„Ich weiß es doch... aber diese Sehnsucht, ich vermisse...“ Ich konnte sie gerade noch so festhalten, ehe sie vom Stuhl kippte. Ihr Gesicht hatte keine Farbe mehr und ihr Zittern übertrug sich auf mich, als ich ihr sanft über den Rücken stricht.
„Alex, ich habe es gehört.“
Mein Stiefsohn kam wieder und reichte ihr nun ein paar Unterlagen.
„Hier Mom, das sind einige Seiten deiner Anweisungen! Ich befolge sie, Monat für Monat und Jahr für Jahr! Du gefährdest niemanden, doch … ich befürchte, Odin hat Recht! Deine Reise hierher war einmalig, das können wir kein weiteres Mal riskieren!“ er konnte ihn auch hören? Aber natürlich, durch Alex war auch er mit ihm verbunden!
Eindringlich meinte er nur, sie solle sich jetzt einfach zurücklehnen und er würde ihr noch ein wenig Tratsch berichten, damit sie auf andere Gedanken kam. Vermutlich genau das Richtige für meine Frau und sie nahm ihr Glas wieder in die Hand, während sie sich an mich lehnte.
Um 2 lagen wir dann auf unserem Nachtlager und ich muss sagen, diese Polster waren unglaublich weich und angenehm. Kein Vergleich zu unseren Möbeln.
Zu viert lagen wir auf diesem großen Sofa, Alex lag mit dem Rücken zu mir und Faith zugewandt, welche von ihrem Mann umschlungen wurde.
Plötzlich sah ich etwas verstörende Bilder von meiner kleinen Schwester, Shay und Aminata, einer freien Sklavin, welche für Madame de L´Isle gearbeitet hat. Sie hatten eine, nunja, ähnliche gemeinsame Nacht wie wir vier damals im Fort Arsenal. Die Entschuldigung von Faith kam in meinem Kopf ebenso an. Es tut mir leid... die Götter...mit Schwung drehte sich Alex zu mir und klammerte sich an mich.
Auftritt Aminata - Geschichte vom todesengel222 - "Jeder will die Welt beherrschen"
Sie fühlte sich betrogen, auch wenn es kein „Fremdgehen“ im herkömmlichen Sinne darstellte. Dennoch konnte ich sie verstehen, sie war enttäuscht, wütend und traurig.
Ihr gehört trotzdem zusammen, mi sol. Nichts kann euch auseinander bringen. Auch wenn ich mich selber noch damit schwer tue. Ich möchte, dass du glücklich bist! Und du weißt, dass der Einfluss dieser Vorläufer und Götter schon für so manchen Irrsinn gesorgt hat! Versuchte ich sie ein wenig zu beruhigen, schien aber nicht richtig zu ihr durchzudringen.
In dieser Nacht ließ meine Frau mich nicht mehr los und es fühlte sich seltsam an, weil sie plötzlich, wie aus dem Nichts, erschlaffte als würde sie tief schlafen.
Wenn die Zeit reif ist, werden wir dich in deine Vergangenheit begleiten!, war ein Satz, welcher noch zu mir durchkam und dann herrschte Stille!
Ich wurde wach, als es bereits hell war und vernahm ein freudiges „Papa“ meines Sohnes.
„Entschuldige, Haytham, aber er wollte unbedingt zu euch.“ flüsterte Melissa und reichte mir Edward. Franziska saß mit verstrubbelten Haaren jetzt auch hier, erzählte von Horatio ihrem Pferd und von den anderen Kindern mit denen sie spielte. Hin und wieder musste ich schmunzeln, da sie die Sprachen völlig durcheinander warf. Aber mein Sohn schien sie zu verstehen, hörte ihr gebannt zu mit offenem Mund.
Als es ihm aber zu langweilig wurde, zappelte er auf meinem Schoß so lange herum, bis ich ihn neben Alex setzte, welcher ich noch schnell einen Kuss gab, damit sie nicht so überrascht war. Doch die kleine Hand patschte auf ihre Wange und ihr Gesicht verzog sich mürrisch, da half auch meine Zuwendung nichts.
Faith und Shay hatten sich schon fertig gemacht, weil sie mit Yannick nach unten in die Stadt wollten. Wir hatten ja noch nicht so viel von hier gesehen.
In Alex´ Gesicht sah ich eine gewisse Erleichterung, dass die beiden nicht hier waren, was ich verstehen konnte.
In einem mauligen Tonfall kam leise „Ich brauche Kaffee!“ und damit war sie mitsamt Edward in der Küche verschwunden und kurz darauf kam meine Schwiegertochter mit den Kindern und begann den Tisch zu decken. Unsere Enkel spielten mit ihrem Onkel auf dem Boden und als ich fragte, wo Alex sei, meinte Melissa besorgt „Sie ist im Badezimmer verschwunden. Haytham, was ist denn passiert? Sie sieht unglücklich aus, haben wir etwas falsch gemacht?“
Da konnte ich sie beruhigen, erzählte aber nichts von der Sache mit Faith letzte Nacht und ging meiner Frau hinterher.
Gerade als ich die Tür öffnete, war sie dabei sich abzutrocknen. Ihre Augen waren rot und leicht geschwollen, Alex konnte also noch nicht mit diesen Bildern umgehen, was mir unendlich leid tat.
Ich wickelte sie wieder aus und meinte leise, sie müsse mir noch zeigen, wie diese Dusche funktionierte. Während ich das sagte, zog ich ebenfalls meine Schlafsachen aus und schob meine Frau unter den warmen Wasserstrahl. Vielleicht könnte ich sie so auf andere Gedanken bringen!
Ich hob sie kurzerhand auf mein Hüften und lehnte sie an die Wand! Ich begrub ihre Lippen unter meinen und zeigte ihr meine Liebe für sie. Meine Hände strichen über jeden Zentimeter ihrer nassen Haut und als ich ihren immer schneller gehenden Atem hörte, wusste ich, die Bilder der letzten Nacht waren dabei zu verblassen.
Mit einem Male klammerte sie sich leise stöhnend an mich und ich fühlte ihre Kontraktionen, welche mir ebenfalls Erlösung schenkten.
Langsam lösten wir uns voneinander und ich bekam noch eine ganz persönliche Wäsche meiner Frau, bei welcher sie sich sehr ausgiebig einiger Stellen widmete.
„Wir sollten Bailong bitten, so eine Installation bei uns in Virginia zu fertigen. Daran kann man sich gewöhnen!“ sprach ich meinen Gedanken aus und Alex nickte eifrig mit einem freudigen Ausdruck in den Augen!
Wir traten frisch gereinigt auf den Balkon, wo schon alle warteten und setzten uns dazu. Edward schnappte sich eines dieser kleinen Brötchen ohne auf uns zu achten. Seine Manieren waren einfach noch nicht vorhanden, aber so langsam sollten wir wohl beginnen, ihm das richtige Verhalten bei Tisch beizubringen.
Unser Enkel begann Faith über seine Leidenschaft zu den Urechsen zu erzählen und nach dem Frühstück wollte er ihr alles zeigen.
Shay hingegen wurde nun von Franziska in Beschlag genommen und sie erzählte auch ihm von ihrem Pferd. Die Geschichte dahinter war herzzerreißend, wenn ich es recht bedenke. Man hatte Horatio von einem Gehöft geholt, wo er mit vielen anderen Tieren eingepfercht ausharrte. Ohne Futter, Pflege oder ähnliches. Wie kann man so grausam sein?, fragte ich mich, weil mir auch wieder die Aussage von Alex in den Sinn kam, dass Pferde in dieser Zeit nicht mehr gebraucht wurden. Wenigstens konnte man so ein paar der armen Kreaturen retten!
„Haytham, was hälts du davon, wenn wir gleich mit Edward ein bisschen spazieren gehen? Ich könnte dir den Kurpark hier zeigen und etwas über die Stadt erzählen.“ kam es von meinem Stiefsohn und im Grunde eine gute Idee, so konnte ich meine Neugierde befriedigen. Leider würde Alex nicht mitkommen können, doch so wirklich traurig schien sie nicht darüber zu sein.
Franziska wollte ihr nämlich die ganzen Bilder von Horatio noch zeigen und bei diesen Worten glänzten Alex´ Augen.
Im Anschluss machte ich mich also fertig, zog Edward an und dann gingen wir los. Diese Stadt war wirklich schön, vor allem gab es einige Häuser welche sogar noch aus dem 17. Jahrhundert stammten. Erstaunlich was die Menschen alles erhalten konnten und auch wollten.
„Es gibt ja auch den Denkmalschutz, Haytham. Oder eben wie hier…“ Yannick deutete auf ein leider baufälliges Gebäude vor uns. „… der Schutz eines der ältesten Häuser.“
Die Behörden und Ämter schützten also diese Bauten, weil sie mit der Geschichte der Stadt selber zusammenhingen und ein Bild zeichneten. Alex hatte es mir in New York ja auch bereits versucht zu erklären, dass auch dort viele alte Gebäude bestehen blieben, vor allem Kirchen.
Auch hier in Bad Pyrmont gab es eine imposante Kirche, welche aber erst 1872 erbaut wurde (Christus Kirche). Vorher gab es eine kleinere Dorfkirche (St. Petri Kirche), doch das wäre, laut Yannick, ein großer Umweg jetzt.
Wir betraten den hiesigen Kurpark und ich staunte nicht schlecht. Ein wirklich wunderschön gepflegter Park erstreckte sich vor uns und in der morgendlichen Sonne sah es einfach fantastisch aus.
Edward saß in seinem kleinen Gefährt, welches sein großer Bruder vor sich her schob. Doch lange hielt es den kleinen Mann nicht und wir ließen ihn zwischen uns an den Händen laufen.
„Haytham, darf ich dich etwas fragen?“ kam es leise und zögerlich von Yannick.
Mein „Immer raus damit.“ kam gefasster über meine Lippen, als ich mich gerade fühlte. Dieser Unterton in seiner Stimme hatte etwas bedrohliches, aber ich hoffte, ich irrte mich!
„Es ist… wegen deines anderen Sohnes! Ich weiß von ihm und dass du… ich muss dich einfach bitten, dich mit ihm gut zustellen! Und lass bitte meine Mutter das Gespräch mit Achilles führen. Sie wird sicherlich bald darauf zu sprechen kommen! Es ist wichtig! Ich spreche das auch erst hier an, weil sie mir gerade nicht über den Mund fahren kann. Im Grunde sollte ich dir das noch nicht erzählen, weil es noch verfrüht ist, aber es liegt mir am Herzen.“ diese Worte kamen in einem einzigen Schwall aus ihm heraus und für einen Moment musste ich sie sacken lassen.
Alex plante also wirklich schon, dass sie mit Shays ehemaligem Mentor in Kontakt treten will? Warum aber hat sie mich wieder einmal nicht in ihre Pläne eingeweiht? Dieses Mal war ich aber nicht wirklich wütend auf sie, es ärgerte mich nur, weil ich selber keinen Gedanken daran verschwendet hatte. Im Grunde hätte es noch Zeit, nur mir wurde jetzt vor Augen geführt, dass wir es nicht mehr lange aufschieben durfte. WAS wusste Yannick noch?
„Ich hatte mir so etwas schon gedacht. Deine Mutter hat mir aber noch nicht von ihren konkreten Plänen berichtet. Weißt du, dass es sich immer noch eigenartig anfühlt, wenn du mir so etwas erzählst? Du bist noch weiter im Bilde als Alex und ich!“ bei diesen Worten sah ich zu Edward und mir kam der Gedanke, was Yannick über seine Zukunft wohl schon alles wusste. Dabei lief mir ein kalter Schauer erneut über den Rücken.
„Du kennst sie doch. Sie wird dich einweihen, wenn alles in trockenen Tüchern ist.“ grinste er mich an. Genauso würde es laufen.
Wir schlenderten mit dem kleinen Kenway weiter über die Kieswege und bestaunten die wunderschönen Brunnen.
Yannick versuchte seinem kleinen Bruder, als wir uns kurz bei einem kleinen Brunnen setzten, das Laufen weiter beizubringen. Mit Begeisterung machte Edward mit und siehe da, ein paar Schritte bekam er alleine hin. Diese schnelle Entwicklung war für uns alle kaum nachvollziehbar, wie mir Alex´ großer Sohn auch wieder bestätigte.
„Alexander ist zwar auch schnell groß geworden und Franziska ist auch schon weiter als Kinder in ihrem Alter. Edward hingegen könnte locker als über 1jähriger durchgehen. Auch weil er schon etwas spricht. Bringt ihr ihm mehrere Sprachen bei?“
So war es angedacht. „Und ich hoffe, er hat nicht das Sprachtalent deiner Mutter. Auch wenn Alex mittlerweile etwas mehr beherrscht, trotzdem ist sie da nicht so bewandert.“ lachte ich und der Große sah mich grinsend an.
„Ich glaube, Edward wird das meistern. Ich bin eher derjenige, dem andere Sprachen schwerfallen. Bis auf Englisch beherrsche ich eigentlich keine weiteren, wenn dann nur ein paar Wörter!“ ja, dass hatte mir meine Frau auch schon erzählt, das war eine Gemeinsamkeit der beiden!
Langsam machten wir uns nun auf den Rückweg, weil mein Sohn anscheinend etwas müde wurde. Er nickte immer wieder in seinem Gefährt ein, wollte aber nicht schlafen, weil alles so interessant um ihn herum war.
Zuhause wieder angekommen, wurden wir freudig begrüßt und uns kam ein sehr leckerer Geruch nach Essen entgegen.
Melissa hatte eine von Alex´ Lieblingsspeisen gekocht, wie sie mir erklärte. Für einen Moment stand ich in dieser kleinen Küche und bestaunte mal wieder diese Geräte, welche das Kochen beschleunigten, oder diese Maschine, die das Geschirr von alleine spülte. Meine Frau hatte Recht, sie konnte so ihr Leben ohne Personal meistern, da es so viele Vereinfachungen gab.
Im Wohnzimmer unterhielt man sich gerade über die Dinosaurier und ich nahm meiner kleinen Schwester ein Blatt aus der Hand. Es war aus einem der Bücher von unserem Enkel. Eine Kopie, wie Alex erklärte.
„Es gibt Menschen, die diese Knochen ausgraben und analysieren können? Wie findet man aber diese Überreste?“ dieser Gedanke ging mir die ganze Zeit schon im Kopf herum.
„Meist ist es durch Zufall passiert, wenn zum Beispiel ein neues Gebäude errichtet werden soll. Oder aber man hat durch frühere Berichte schon einen Anhaltspunkt, wo in etwa weitere Gebeine zu finden sind.“ erklärte meine Frau.
Faith hatte aber einen ganzen Stapel Lesestoff bekommen und man sah, sie war mehr als zufrieden damit.
Nach dem Mittagessen, bei welchem Edward schon nicht die Augen mehr offen halten konnte, wurden er und seine Nichte für den Mittagsschlaf fertig gemacht. „Nein, ich bin kein Baby mehr, Mama!“ kam es laut weinend von Franziska.
Alex erschien kurz darauf wieder bei mir und erklärte, es hätte nur ein paar Minuten gedauert, da wäre unsere Enkelin auch eingeschlafen.
Jetzt wurde der Vorschlag gemacht, in der Stadt unten ein Eis essen zu gehen und alle stimmten dem zu. Meine Frau würde leider nicht mitgehen können, doch sie bat darum, ihr etwas mitzubringen. Ich beschloss einfach auch hier zubleiben. Ich wollte sie nicht alleine lassen.
Erstaunt, dass ich mich nicht mit den anderen auf den Weg machte, sah sie mich an und ich erklärte mich. Sie führte mich jetzt durch die doch recht kleine Wohnung, aber ich wusste ja, warum es in ihrer Zeit so aufgeteilt war. Yannick hatte Wort gehalten und einige Bilder meiner Frau aufgehängt und ich muss sagen, ihre Kleidung war recht gewöhnungsbedürftig für mich. Das hatte ich ja auch schon erläutert, weil diese Kleider sehr sehr freizügig waren und sie auf diesen Abbildungen in weit weniger Stoff gehüllt zu sehen, trieb mir ein wenig die Röte ins Gesicht.
Wir gingen zurück ins Wohnzimmer, für einen Moment lehnte Alex gedankenverloren an der Balkontür! In ihren Gedanken sah ich, sie dachte an einige Feierlichkeiten, welche hier stattgefunden hatten und in ihr zogen dunkle Wolken auf.
Ich beschloss, diesen entgegen zu wirken und legte meine Arme um sie. Vorsichtig drehte ich sie zu mir um, hob ihr Kinn an und sah ihr lange in diese wunderschönen grünen Augen, welche mich nun liebevoll betrachteten.
Ich bedeckte ihre Lippen mit Küsse und es dauerte nicht lange, da saß sie auf meinem Schoss auf dem Sofa und wir ließen uns von dieser Stille völlig einnehmen. Alex umklammerte mich als sie kam. „Ich liebe dich, mi amor!“ hörte ich ihre etwas atemlose Stimme an meiner Schulter.
„Mi sol, ich liebe dich auch!“ und ließ meinen Worten ein Kuss folgen.
„Das war eine einmalige Sache jetzt, oder?“ kam es leise von ihr.
„Das weißt du doch, Alex. Es ist nicht mehr deine Zeit!“ nein, sie gehörte hier nicht mehr hin, ihr Platz war jetzt ein anderer, nämlich an meiner Seite. Ich beschloss jetzt, ihr von meinem anfänglichen schlechtem Gewissen zu berichten, welches mich plagte. Dieser Gedanke, dass sie ein ganzes Leben für mich aufgegeben hat, nur um dem Wunsch meines Vaters und der Götter nachzukommen, war und ist immer noch schwer auszuhalten.
„Aber das habe ich gerne gemacht. Das es nicht einfach sein wird, wusste ich ja. Ich konnte dich nicht alleine lassen, mi amor!“ darauf folgte ein langer und liebevoller Kuss, der wie eine Bestätigung ihrer Worte war.
Unterbrochen wurden wir von einem lauten „Mamaaaaaa!“ unseres Sohnes. Da wollte noch jemand, dass sie bei uns blieb und ich ließ dabei meine Hand auf ihren Hintern gleiten und drückte zu. Zischend sog Alex die Luft ein und ein lüsternes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
Dann erschienen die anderen auch wieder hier und meine kleine Schwester hielt freudestrahlend eine Tasche in die Luft.
„Alex, das war unglaublich, ihr habt ein Geschäft nur mit Schokolade und Süßigkeiten!“ es gab wirklich so etwas? Seltsame Zeit!
Meine Frau riss mich aus meinen Gedanken, weil sie an ihre beste Freundin hier denken musste. Diese hieß Imke und hatte, als mein Kurzschwert wieder hergestellt war, es Alex hierher gebracht. Sicherlich würde sie gerne ein paar Worte mit ihr wechseln, aber Yannick hatte Recht, es würde zu viel der ungewollte Aufmerksamkeit auf uns ziehen.
Bevor sie jedoch in die dunklen Tiefen des Gefühlschaos abstürzen konnte, rief Yannick plötzlich „Mom... sieh nur... Edward!“
Unsere Blicke gingen in die Richtung und ich traute meinen Augen nicht. Mein Sohn lief, wenn auch etwas wackelig, langsam auf mich zu und hatte ein Strahlen im Gesicht. Ich hockte mich hin und als er bei mir ankam nahm ich ihn lobend hoch.
„Mi sol, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Dieser Anblick ist einfach überwältigend.“ mir gingen plötzlich tausend Sachen im Kopf herum, ich dachte an die ersten Trainingsstunden mit ihm und wie ich ihm das Reiten beibringe.
Es war Yannick, welcher Alex an ein „Video“ erinnerte, was ihn hier als Kleinkind zeigte, wo auch er das erste Mal auf eigenen Beinen stand! Zu spät bemerkte er, dass er seiner Mutter damit noch mehr wirre Gedanken einpflanzte, welche sie gerade kaum verarbeiten konnte. „Es tut mir leid Mom! Das wollte ich nicht…“ entschuldigte er sich leise.
„Das Eis schmilzt!“ hörten wir Melissa von draußen rufen und in Alex´ Augen sah ich, dass sie für diese Ablenkung mehr als dankbar war.
Im ersten Moment war der Geschmack und diese Konsistenz etwas gewöhnungsbedürftig, doch nach ein paar Löffeln genoss ich diese Kühle in meinem Hals. Auch Edward verleibte sich einen Löffel nach dem anderen ein.
Faith erzählte völlig freudig von einem Geschäft welches Kleidung in großen Mengen anbot! „Wer braucht so viele Kleider überhaupt?“ und das aus dem Mund einer Frau, mit deren Kleidung man mal locker 20 Kleiderschränke befüllen konnte. Auch Shay sprang mir zur Seite und bestätigte meinen Gedanken.
„Ich brauche auch mal etwas Bewegung. Ich glaube, wir sollten wenigstens hinunter in den Garten gehen. Edward kann dort auch noch ein wenig seine neue Lauffähigkeit ausbauen!“ lachte Alex und schnappte sich unseren Sohn, welcher mal wieder begeistert von ihrer Aufmerksamkeit war.
Ich hingegen wollte noch etwas über diese ganze Technik wissen. Somit bekamen Shay und ich eine weitere Einführung in diese seltsamen Geräte. Unter anderem zeigte mein Stiefsohn uns, wie diese bewegten Bilder und die darin umher laufenden Menschen gesteuert werden konnten. Dafür war dieses Ding nötig, auf welchem bunte Knöpfe waren.
Es gab so viele Menschen, die sich mit so etwas beschäftigten und entwickelten, dass mir klar wurde, warum einige Gebäude so riesig waren. Die Arbeiter mussten ja irgendwo untergebracht werden!
Für Yannick war das alles völlig normal und alltäglich, der Ire und ich konnten nur wie gebannt auf diesen Bildschirm schauen.
Hinter uns vernahmen wir ein leises Tapsen und ein „Papaaaa daaaa“. Edward kam auf uns zu und seine Kleidung war ganz grün, genauso wie seine Knie.
„Die Kinder haben den Rasen in Beschlag genommen mit ihrem Spielzeug!“ erklärte Melissa lachend und bat Alexander darum, sich umzuziehen und die Hände zu waschen.
Meine Frau nahm Edward und ging mit ihm ins Bad.
„Ich werde ihn schon mal duschen, dann geht es nach dem Essen schneller mit dem zu Bett bringen!“ lächelte sie ihn an.
Plötzlich hörten wir schrille Schreie aus dem Bad und ich stürmte über den Flur! War wieder einmal Hrymr aufgetaucht oder eine andere Bedrohung für uns?
Ich riss die Tür auf und eine erstaunte Alex kniete vor unserem Sohn, welcher völlig gebannt unter dem warmen Wasserstrahl stand. Meine Sorge musste ich dennoch kundtun.
„Nichts, mi amor. Edward hat sich vor dem Wasserstrahl erschrocken. Siehst du? Jetzt gefällt es ihm!“ verständlich, weil auch er so etwas nicht kannte.
Erleichtert und frisch angezogen, gingen wir drei dann wieder zu den anderen.
Yannick hatte das Lieblingsessen meiner Frau bei einem chinesischen Restaurant bestellt. „Sie haben gesagt, so in einer viertel Stunde sind sie hier!“ unterrichtete er uns und es wurde der Tisch gedeckt.
Als wir nun das Gericht auf den Tellern hatten, sah ich mich mal wieder einer neuen Herausforderung gegenüber. Damals, als ich mit Holden auf der Suche nach meiner Schwester war, hatten wir viele verschiedene und aber köstliche Speisen probiert. Dennoch fiel es mir oft noch schwer, neues einfach so zu kosten.
Gebratene Ente mit Nudeln und einer Sojasauce gab es also und ich versuchte den ersten Bissen. Was soll ich sagen, es war köstlich und ich war froh, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin.
Edward fand ebenfalls Gefallen an dem Essen, verschluckte sich aber an den langen Nudeln ein paar Mal, bis Alex sie für ihn kleinschnitt und ihn mit dem Löffel fütterte.
Als die Kinder im Bett waren, kamen wir noch einmal auf das Thema Sprachtalent bei Franziska und Alex erwähnte grinsend, Yannicks Schulnoten würden eindeutig beweisen, dass er keines besaß.
„Dann bin ich gespannt, wie sich das bei ihr weiter entwickelt, Yannick. Arbeitet ruhig daran!“ sie würden es ausbauen, es würde für Franziska sicherlich einiges erleichtern.
Wir unterhielten uns über die Menschen hier, wie man mit der ganzen Nachrichtenflut umging und so weiter. Ich sog alles auf, ich wollte so viele Eindrücke und Erklärungen wie möglich mitnehmen!
Dann kam meine Frau auf eine recht absurde Idee.
„Ich kann doch einfach raus. Ich zieh mir ne Kapuze ins Gesicht und dann geht es schon, oder nicht?“ auf ihrem Gesicht erschien ein Strahlen!
Sie wollte sich wie eine gewöhnliche Assassine aus dem Haus stehlen? Das konnte doch nicht ihr Ernst sein!
„Ja, warum nicht? Wisst ihr, ich würde zu gerne einmal wieder Auto fahren!“ dieses Seufzen deutete, dass sie diese Tätigkeit einfach vermisste!
„Hoffentlich hast du es nicht verlernt, Mom! Soll ich dir...“ Yannick unterbrach sich, als er die hochgezogene Augenbraue seiner Mutter sah. „Ok ok... man verlernt das nicht, genauso wie Schwimmen oder Fahrradfahren. Schon verstanden!“ Frauen brauchten oft keine Worte, es reichte diese Bewegung im Gesicht, ging es mir grinsend durch den Kopf!
Später lagen wir wieder zu viert auf dem großen Sofa und Alex nahm sich ein Herz und fragte Faith nach dem WARUM für diese eine Nacht!
„Es war nicht gewollt Alex, diese Artefakte der Götter….speziell die der Fruchtbarkeitsgötter wirken auf mich anders als auf euch. Freya hat es mir so erklärt, das ihre Schmuckstücke eigentlich mehr für sie selber bestimmt sind, als für die Menschen. Da ich nun mal mehr Isu bin als Mensch...ich bin dadurch sehr oft erregt und na ja...Shay und ich haben weitere Artefakte gefunden und in dieser Nacht wirkten zwei Artefakte auf mich und Shay. Ich bereue es, aber ich kann nichts dafür“ kam es leise und entschuldigend von meiner kleinen Schwester. (Das Ganze könnt ihr auch aus der Sicht von Faith beim Todesengel222 nachlesen!)
Hinter ihr vernahmen wir ein resigniertes „Manchmal möchte man sie verfluchen…“ von Shay. Ja, da hatte er mehr als Recht, dieser Gedanke ist mir auch schon sehr oft gekommen!
Meine Frau beugte sich zu Faith und gab ihr einen langen und sehr liebevollen Kuss! Sie würde ihr nicht einfach so verzeihen, aber die Bilder würde sie aus ihrem Kopf verbannen! In mir breitete sich eine Erleichterung darüber aus, dass die beiden Frauen sich nicht mehr böse waren!
***
Ich atmete den Duft meiner Frau ein, welche mit dem Rücken an mich geschmiegt lag und ihren Po an mich drückte. Vorsichtig strich über ihre warme Haut und gab ihr einen Kuss in den Nacken. „Guten morgen, mi sol!“ doch zu mehr kamen wir leider nicht!
Alexander stand plötzlich neben dem Sofa und hielt Faith eines seiner Stofftiere vor die Nase!
„Guck mal, Tante Faith! Hab ich gestern ganz vergessen. Das ist Olaf, der bewacht immer mein Bett, weil der am liebsten die bösen kleinen Tiere isst!“ Wenn Kinder ihrem Spielzeug Namen gaben, kamen dabei seltsame Sachen zustande. Auch meine Frau kicherte in sich hinein bei dem Dinosaurier.
Jetzt war es aber allgemein vorbei mit der Ruhe, weil auch unser Sohn und unsere Enkelin wach waren. Die beiden hörte man über den Flur sich unterhalten! Nur leider wusste man noch nicht, WORÜBER weil wir sie nicht verstanden.
Während Alex sich um Edward und Franziska kümmerte, begann ich mich fertig zu machen. Fließendes Wasser aus der Wand war einfach fantastisch, weil ich sogar steuern konnte, wie warm oder wie kalt es sein sollte! Was ebenso faszinierend war, waren diese Handtücher! Sie waren unglaublich weich und rochen herrlich.
Wieder im Wohnzimmer berichtete mir Alex, dass unser Sohn jetzt sogar aus dem Bett klettern konnte. Sie hätte ihn bei Franziska im Bett angetroffen, welche extra viele Kissen vor seinem Nachtlager platziert hatte, damit er sich nicht wehtat. Das hieß im Umkehrschluss, dass wir ab jetzt keine ruhige Minute mehr haben würden und das Kinderbett in London musste entsprechend noch einmal umgebaut werden.
Meine Frau gab mir noch einen schnellen Kuss und verschwand dann ebenfalls, um sich anzuziehen. Ich sah gerade noch, wie Faith ihr hinterher eilte und… ich hätte es mir denken können!
„Kaum dass sie sich versöhnt haben…“ zu mehr ließ ich den Iren aber nicht kommen. „Ja, es ist einfach unfassbar…“ seufzte ich, weil ich es eh nicht ändern konnte.
Im Flur kamen die beiden mir wenig später entgegen und im Geiste mahnte ich meine Frau Wir beide werden zuhause noch einiges zu besprechen haben, mi sol! Und wieder einmal verfehlten meine Worte ihre Wirkung nicht, die Röte in ihrem Gesicht stand ihr!
Nach dem Frühstück machten wir uns jetzt auf den Weg mit den Cormacs und Edward. Alex hatte Wort gehalten und sich eine leichte Jacke mit Kapuze übergezogen, welche sie tief in ihr Gesicht zog. Ja, da konnte sie ihre ehemalige Zugehörigkeit einfach nicht leugnen!
Unser Sohn hingegen war mehr als skeptisch und als man ihn in seinem eigenen Sitz festschnallte, zitterten seine Lippen. Alex versuchte ihn zu beruhigen und strich ihm über die Wange.
„Das ist nur zu deiner Sicherheit, min lille skat! Du brauchst keine Angst haben und schau mal, Tante Faith und Onkel Shay sind auch da.“ ein Lächeln huschte über sein Gesicht und wir konnten uns ebenfalls anschnallen.
Wir kamen nach ungefähr einer halben Stunde an einem riesigen Gebäudekomplex vorbei, wo ein großes Schild davor angebracht war auf dem „Abstergo“ in großen Buchstaben stand.
„Hier ist der große Sitz des hiesigen Templerordens. Tobias Schäfer hat dort oben…“ sie deutete auf eine der oberen Etagen „...sein Büro. Hier wird alles mögliche hergestellt und bearbeitet. Von Elektrogeräten über Medikamenten im kleinen Rahmen und auch Unterhaltungsmedien. Und in einem Nachbargebäude hat jetzt meine Bruderschaft ihr Büro.“ meinte sie noch stolz!
Sehr beeindruckend das Ganze, demnach war der von ihr angestrebte Waffenstillstand ein Erfolg und die beiden Bünde arbeiteten Hand in Hand. Zumal auch noch mit Profit, wie es aussah!
Unser Weg führte uns in kleine Dörfer, Kleckerdörfchen nannte Alex sie. Und wieder sah man, dass hier Wert auf den Erhalt von alten Gebäuden gelegt wurde.
Nach einer weiteren dreiviertel Stunde fuhren wir in den Nachbarort, wo sie uns den historischen Stadtkern gerne zeigen wollte.
Edward wurde in sein kleines Gefährt gesetzt und wir machten uns zu Fuß weiter auf in die Stadt. Es war erstaunlich, aber diese alten Fachwerkhäuser sahen wirklich aus, als hätte man sie gerade erst erbaut.
Auch hier gab es viele Geschäfte mit den unterschiedlichsten Angeboten. Wir kamen an einem Laden vorbei, welcher NUR Brillen anbot. „Das ist ein Optiker. Die sind spezialisiert auf Augengläser. Franklin hatte euch ja auch sein neuestes Stück schon gezeigt. So was wird hier tatsächlich in großen Mengen produziert.“ erklärte uns Alex.
Wie erwartet konnte unser Sohn aber nicht lange stillsitzen, also holte sie ihn heraus und er konnte selber laufen. Immer noch ein seltsamer Anblick, weil ich das Bedürfnis hatte, ihn die ganze Zeit an der Hand zu halten, damit er nicht hinfiel. Alex hielt mich aber davon ab, doch dann passierte es.
Edward fand einen niedrigen Brunnen, welcher sprudelndes Wasser führte, interessant, beugte sich herunter und plumpste natürlich hinein. Erschrocken über sich selber und dass seine Kleidung nun patschnass war, begann er laut zu weinen. Es dauerte einen Moment, dann war er bei Faith auf dem Arm, welche ihm noch einmal beruhigend über die Wange strich.
Somit war dieser kleine Ausflug beendet, da meine Frau keine Wechselsachen eingepackt hatte, obwohl sie sonst so organisiert ist.
„Ist doch nicht so schlimm, Alex. Vermutlich schwirrt mir noch in den nächsten Wochen der Kopf von diesen ganzen Eindrücken.“ damit hatte Faith recht und auch ich stimmte dem zu. „Außerdem kann ich mir jetzt vorstellen, wie du so deine Zeit verbracht hast damals. An Beschäftigung fehlt es hier ja nie, hat man den Eindruck.“
Kurz nachdem wir wieder in der Wohnung waren, hörte ich Alex völlig unvermittelt mit einem sehr merkwürdigen Blick sagen, dass wir langsam aufbrechen sollten!
„Oma, bleib hier! Papa vermisst dich auch…“ unser Enkel klammerte sich an sie, wollte sie nicht gehen lassen!
„Mach es Oma nicht noch schwerer, Alexander. Wir werden uns wiedersehen, das weißt du doch!“ versuchte sein Vater ihn zu beruhigen.
Meine Frau drehte sich um und ging ins Schlafzimmer. Was war auf einmal passiert? Im Großen und Ganzen konnte ich es mir ja vorstellen, es waren zu viele Eindrücke, Erinnerungen und Emotionen auf einmal. Aber so plötzlich war es etwas merkwürdig. Aber auch Shay und ich zogen wieder unsere alte Garderobe an und standen dann für einen Moment etwas verloren in der Wohnung herum.
„Haytham, diese Reise werdet ihr auch nicht noch einmal antreten, oder? Es scheint Alex nicht gut damit zu gehen. Ich hoffe, Faith kann sie etwas aus diesem dunklen Chaos herausholen.“ sprach Shay gedankenverloren.
Gemeinsam betraten wir das Wohnzimmer, Alex erschuf das Portal und wir verabschiedeten uns, nachdem alles, was wichtig war auch verpackt war.
„Oma ich will mitkommen!“ jammerte jetzt Franziska und sah mit nassen Wangen zu ihr auf.
„Nein, das geht nicht. Aber denk daran, du darfst nicht mit den Sprachen herum prahlen, okay?“ ihre Stimme war kaum zu vernehmen, aber man hörte eine deutliche Warnung.
Nach einer letzten Umarmung und einem tränenreichen Abschied gingen wir nacheinander durch den Spiegel. Alex warf keinen Blick mehr zurück und dann standen wir in der Eingangshalle im Anwesen in London!
Erleichtert sah ich mich um, aber wir waren wirklich wieder in London und als ich noch Jennys freudigen Ausruf vernahm, war ich ganz beruhigt.
„Gott sei Dank, ihr seid wieder heile da!“ damit nahm sie mir Edward ab, welcher noch etwas verwirrt war und drückte ihn erleichtert an sich.
Faith war etwas blass, aber tat es mit einer wischenden Handbewegung ab. Was jedoch noch wichtiger war, dass wir nicht diesen Husten abbekommen hatten. Mich persönlich freute es, weil ich auf diesen widerlichen Kräutertee verzichten konnte.
Die Cormacs machten sich nun nach einer kurzen Verabschiedung auf den Weg nach Hause.
Sie waren noch nicht aus der Tür, da drehte sich meine Frau um und ging wie schlafwandelnd nach draußen und auf die Terrasse. Ich sah ihr kurz nach, wusste aber nicht, ob ich hinter gehen sollte.
„Lass sie vielleicht einen Moment ihre Gedanken ordnen, Bruder.“ sprach Jenny leise und ging mit Edward Richtung Küche, um für ihn noch etwas vom Abendessen zu besorgen.
Michael nahm mir den Gehrock ab und ich ging ebenfalls in die Küche. Ich brauchte etwas zu trinken.
Plötzlich hörten wir ein dumpfes Geräusch von draußen. Ich ließ alles stehen und liegen und rannte hinaus. Da lag sie, ohnmächtig und leichenblass. Aber ihre Augenlider zuckten die ganze Zeit und Alex schien im Geiste zu sprechen. Ich drang nicht zu ihr durch, kein Rütteln an der Schulter oder auf die Wange klopfen half. Verzweifelt hielt ich meine Frau auf meinem Schoß und wenn ich ehrlich sein soll, ich hatte keine Ahnung, wie lange ich so da saß.
Gerade als Jenny besorgt sagte, wir sollten dringend Dr. Crawford benachrichtigen, weil es schon fast 2 Stunden waren, schlug Alex die Augen auf. Erleichtert drückte ich sie an mich und wollte ihr aufhelfen, als sie in einem völlig meckernden Tonfall sagte, sie könne alleine stehen, ich solle sie loslassen.
Anscheinend war ihr gar nicht bewusst, wie lange sie so dagelegen hatte, sie war eiskalt.
„Es war eine törichte Idee!“ kam es immer noch maulig aus ihrem Mund und ganz unrecht hatte sie nicht.
Wir setzten sie mit einer Decke auf einen Stuhl und reichten ihr ein Glas Whiskey zum Aufwärmen.
Mrs. Wallace hatte mittlerweile unseren Sohn schon zu Bett gebracht, weil auch er ein wenig durcheinander war. Aber bis jetzt war alles ruhig geblieben!
„Ich war nur kurz... es war doch gar nicht so lange.“ da musste ich sie aber belehren, dass es doch ziemlich lange war und ich war neugierig, WAS in ihrem Kopf passiert war. Doch ich sah Alex an, dass sie mir heute nicht mehr großartig davon erzählen würde. Ihre Augen waren müde und ganz allgemein sah sie erschöpft aus. Also verabschiedete sie sich nachdem sie das Glas geleert hatte und ging hinauf.
„Haytham, da muss etwas vorgefallen sein. Alex ist sonst nicht so schweigsam.“ kam es leise von Jenny. Wir würden morgen darüber reden, versprach ich und ging meiner Frau hinterher.
„Schlaf mein Schatz, noch bist du vor fast allem Bösen beschützt und brauchst dir keine Gedanken machen. Und ich verspreche dir, ich werde alles von dir fernhalten, was dir nicht gut tun wird!“ hörte ich sie leise sagen, als ich eintrat.
„WIR werden ihn beschützen!“ ich nahm sie dabei in den Arm, doch sie entzog sich mir und begann sich auszuziehen. Ohne weitere Worte lag sie dann kurz darauf in den Kissen. Es war wirklich sehr unheimlich sie so zu sehen. Ihre Art ähnelte der, die sie an den Tag gelegt hatte, als sie das erste Mal mit Elias im Geiste gesprochen hatte. Hatte etwa heute ein ähnliches Gespräch stattgefunden auf der Terrasse?
Ich hoffte, es würde ihr morgen besser gehen und dass ich auch eine Erklärung bekam. Bis dahin nahm ich sie einfach in den Arm und versuchte in den Schlaf zu finden!
Am nächsten Tag erhielt ich auch meine Erklärung und es schien Alex besser zu gehen. Odin hatte tatsächlich eine längere Konversation mit ihr gehabt. Er hatte sie ebenfalls noch einmal gewarnt, diese Zeitreisen anzutreten, weil sie für ihren geistigen Zustand gefährdend waren! Es bestand die Gefahr, dass ihre alten Erinnerungen mit denen ihres neuen Lebens verschwammen und das konnte bedeuten, dass sie früher oder später zusammenbrechen würde.
Aber man übergab ihr nun noch mehr Macht, welche sie eigentlich ablehnte. Verständlich, weil die Götter ihr freie Hand ließen über die Entscheidung, wer am Leben bleiben sollte, wer sterben sollte oder wer einfach sein angedachtes Schicksal erleben würde. Sie war, wie sie richtig erkannte, Henker und Richter in einer Person! Diese Bürde war schwer zu tragen, doch nun hatte man sie ihr übergeben, also musste Alex einen Weg finden damit umzugehen!
Ich werde ihr nur helfend zur Seite stehen können, dachte ich im Stillen.
Mehr wirst du erst einmal nicht tun können. Aber wenn es an der Zeit ist, wirst auch du dich in diese Entscheidung mit einbringen müssen. Es wird die Situation geben, in der ihr gemeinsam entscheiden müsst! Vergiss aber nicht, dass auch du nicht alleine bist! Elias Stimme war in diesem Moment eine Erleichterung, weil sie freundlich klang und mir mitteilte, dass ich Unterstützung hatte. Doch welche war das genau? Darüber schwieg man sich mal wieder aus.
Alex hatte es schon häufig als „nervtötend“ bezeichnet! Genauso fühlte es sich für mich in diesem Moment auch an.
In den nächsten Tagen hörten oder spürten wir von Hrymr nichts mehr, es war als wäre er vom Erdboden verschluckt worden. Was nicht unbedingt befriedigend war, es war eher beunruhigend. Ab jetzt mussten wir wieder mehr Vorsicht walten lassen!
Edward war begeistert an seine Süßigkeiten gegangen, welche wir aus Alex´ Heimat mitgebracht hatten. Auch Jenny war hin und weg davon. „Ich vermisse manchmal die türkischen Süßspeisen, wisst ihr? Leider kenne ich hier niemanden, der sie fertigen könnte. Rezepte habe ich noch im Kopf...“ und sie begann zu grübeln. „Vielleicht könnte ich sie einfach selber machen? Ich sollte einfach Mrs Byrne fragen, ob ich die Küche in Beschlag nehmen kann…“ Gedankenverloren ging sie Richtung Küche und ich musste grinsen.
„Deine Schwester wird zur Zuckerbäckerin, mi amor. Wer hätte das gedacht!“ Ich entgegnete einfach, dass ich gespannt auf das Resultat war, da ich wusste, wenn Jennifer etwas anfing, dann brachte sie es zu Ende!
Im Hause Kenway herrschte nun aber ein kleiner Edward, welcher es liebte Tischdecken und Vorhänge zum Hochziehen zu nutzen. Dadurch gingen einige Porzellanfiguren und Kristallvasen zu Bruch, welche wir umgehend ersetzen sollten. Jenny hingegen winkte es ab und verbannte die Tischwäsche, so wie Alex es auch vorgeschlagen hatte.
Im Garten machte sich unser kleiner Ausreißer gerne auch selbstständig. Wir konnten von Glück reden, dass seine Mutter und ich unsere Blicke nutzen konnten und ihn somit schnell wieder ausmachen konnten. Die Aura unseres Sohnes war blau -gold schimmernd und meistens war er mal wieder an den Kräuterbeeten und sah sich die Pflanzen staunend an.
Mr. Hargreaves und Mr. Higgins hatten Nachricht von Alex erhalten, sie mögen mit der Jackdaw und der White Moon auf der Themse im Hafen vor Anker gehen. Wir würden jetzt nicht mehr lange hier bleiben und die Schiffe wären in unmittelbarer Nähe, was gerade meine Frau erleichterte und vor allem auch beruhigte.
Auf der einen Seite freute ich mich auf die Reise nach Frankreich, auf der anderen Seite genoss ich gerade dieses Heimatgefühl und überlegte, ob ich nicht noch ein eigenes Anwesen hier kaufen sollte. Ich könnte es als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk erklären!
Also machte ich noch einen Termin mit den Advokaten um Mr. Mormon aus. In einer Woche sollten wir uns treffen und Daniel hatte auch schon zwei Villen gefunden, welche mir zusagen könnten. Etwas aufgeregt fieberte ich diesem Tag nun entgegen und hoffte, dass Alex mir diese Überumpelungstaktik verzeihen würde.
Für heute stand aber nun ein Händlertreffen an, welches meine Frau auf dem Kostümball vereinbart hatte. Es ging um Mr. André dem Schweizer Händler, welcher sich mit erlesenen Speisen, Büchern und auch feinen Stoffen beschäftigte.
Das Abendessen würde hier bei uns stattfinden, Jenny war unterrichtet und auch das Küchenpersonal hatte entsprechende Einweisungen bekommen.
Jetzt war es aber mal wieder an mir meiner Frau die Feinheiten dieses Jahrhunderts nahe zubringen. Edward würde bei dem Essen nicht anwesend sein, sondern mit seinem Kindermädchen oben bleiben. Sie müsse es sich halt so vorstellen, als würden wir außer Haus eingeladen sein, dann wäre unser Sohn auch noch wach, aber wir wären nicht anwesend.
Schweren Herzens gab sie mir Recht, doch schon sah ich wie sie sich überlegte, sich für einen Moment zu ihm stehlen zu können. Vielleicht würden die Eheleute aber auch nach Edward fragen, dann würden wir ihn selbstverständlich vorstellen.
Es war aber eben nicht üblich, erst wenn die Kinder im entsprechenden Alter waren, wurden sie bei Tisch erwartet um vorgestellt zu werden.
Dann wurden die Eheleute angekündigt und mit ihnen auch ihr Sohn John. Ich hatte mich über Mr. André erkundigt, hatte aber keine negativen Berichte über ihn gefunden. Seine Weste war Lupenrein und er war ein sehr angesehener Mann in seiner Heimat!
Von seinem Sohn (John André (wird später noch eine Rolle spielen)) wusste ich, dass er gerade an der Westminster School studierte und während des Essens unterhielten wir uns über seine favorisierten Fächer. Zu meiner Freude waren es tatsächlich Mathematik, Sprachen und die fein geistigen Fächer wie Musik. Für mich, der nur mit Hauslehrern aufgewachsen war, hörte es sich tatsächlich großartig an, mit anderen Jungen zusammen unterrichtet zu werden. Ich hoffte, dass wir das Edward auch irgendwann ermöglichen konnten!
Natürlich dauerte es nicht lange, bis Mrs. André nach unserem Nachwuchs fragte und freudestrahlend bat Alex darum, dass er nach unten gebracht wurde.
Ein anerkennendes „Er ist das Ebenbild seines Vaters, Mistress Kenway.“ von der Händlergattin ließ meine Frau breit grinsen! Auch John hatte große Ähnlichkeit zu seinem Vater.
Für einen Moment sah ich, wie Alex ihn ebenso betrachtete und in ihrem Geist las ich, dass sie sich mal wieder fragte, wo sie diesen Namen schon einmal gehört hatte. Bisher konnten wir aber nichts in Erfahrung bringen und ich ging davon aus, dass es reiner Zufall war.
Unser Sohn wurde wieder zu Bett gebracht und wir widmeten uns dem geschäftlichen Teil des Abends. Man wurde sich schnell einig, in welchen Mengen und in welchen Abständen die Waren ausgetauscht werden sollten. Ebenso war man sich bei den Preisen zügig übereingekommen, weil auch Mr. André immer wieder mit britischen Patrouillen zu kämpfen hatte, welche gerne wertvolle Dinge einfach konfiszierten! Ob mit schriftlicher Erlaubnis oder nicht, dass war vielen britischen Kapitänen anscheinend egal!
Gegen Mitternacht stießen wir auf die erfolgreiche Übereinkunft an und ließen noch den Abend ausklingen.
Wir konnten nun auf die Schweiz und Italien zurückgreifen, was auch Alex freute, da sie immer selbstständiger agieren konnte und somit ihren eigenen Zweig begründete. Außerdem hatten wir somit auch noch weitere Schiffe zur Verfügung, was sicherlich etwas unübersichtlich wurde, aber ich kannte meine Frau, sie hatte das im Blick.
Als wir wieder alleine waren, setzten wir uns noch auf die Terrasse und ich hing für einen kurzen Moment meinen Gedanken nach. Wir hatten mittlerweile viele neue Bekanntschaften, Geschäftspartner und Freunde dazu gewonnen. Es fühlte sich gut an und ich genoss diesen Gedanken, nicht mehr alleine auf das Vermögen meines Vaters zurückgreifen zu können.
Als Alex kühle Hand meine berührte, erschrak ich leicht und als sie mich auch noch fragte ob alles in Ordnung sei, konnte ich sie definitiv beruhigen. Auch sie schien meinen Gedanken schon gehabt zu haben.
„Das dachte ich vorhin auch schon, Haytham. Und ich kann mich selbstständiger bewegen, wenn es so weiter geht.“
Dann schlug ihre Stimme um und sie wurde etwas zögerlicher, als sie meinte, sie wolle mich etwas fragen. Jedoch war es nichts schlimmes, es ging um meine Tagebücher, welche sie immer noch nicht ganz gelesen hatte.
Alex´ Vorschlag Edward daraus vorzulesen stieß aber nicht auf meine Zustimmung, da ich, zu gegebener Zeit ihm selber von meiner Kindheit und meinem Leben erzählen würde.
„Dann werde ich sie, wenn wir wieder in Virginia sind mal in Angriff nehmen. Ich hoffe, ich kann dich ruhig fragen, wenn ich etwas nicht lesen kann?“
Ich hatte mir redliche Mühe gegeben, leserlich zu schreiben, was man bei der seltsamen Handschrift von meiner Frau nicht unbedingt sagen konnte.
„Du hast ja gesehen, dass wir keine Federn und Tinte mehr nutzen. Also hat sich auch unsere Schrift entsprechend geändert. Weißt du, ich bin gespannt wie sich Edward dann macht und ob er ebenfalls so ordentlich schreibt wie du!“ gab Alex nun als Erklärung ab und es war tatsächlich plausibel. Ein Federkiel ließ sich anders in der Hand führen als ein Kohlestift zum Beispiel.
Auf Edwards schulische Leistungen war ich auch schon gespannt und ich hoffte das beste für ihn.
Willkommen beim Tagebuch von Master Kenway!
Heute ist es soweit und auch hier geht ein nächster Part zuende! Dieses letzte Kapitel ist der Übergang zu Part 4 der Tagebücher von Haytham Kenway und ist der Auftakt für die tiefer gehende nordische Mythologie.
Meine Hauptstory beginnt ebenfalls an diesem Punkt in Frankreich ("Von schicksalhaften Zeitreisen...")
Vielen lieben Dank fürs dabei gewesen sein und ich hoffe, euch gefällt dieses letzte Kapitel!
Wir lesen uns nächste Woche in Part 4 wieder, wenn mein Großmeister es denn zulässt! Ihr wisst ja, er kann etwas ungehalten werden, wenn ich mal wieder in seinen Gedanken stöbere.
Viel Spaß beim Lesen und bis nächste Woche!
LG MrsHEKenway
Mitten in der Nacht weckte mich Alex mit den Worten, ich solle aufwachen, etwas stimme mit Shay nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde ging mir der sarkastische Gedanke im Kopf herum, dass er einfach zu viel getrunken haben wird. Aber in ihrer Stimme klang ein seltsamer Unterton mit.
Faith hatte sie im Geiste schon fast angeschrien, aufzuwachen, weil ihr Mann von einer Mission immer noch nicht zurück sei. Wir mögen ihr bitte bei der Suche helfen, sie käme gleich hier vorbei.
Ich stöhnte entnervt auf, weil ich gerne noch ein wenig länger geschlafen hätte. Meiner Frau ging es ähnlich und in ihren Gedanken sah ich, sie hatte einen sehr – lebhaften – Traum von uns beiden gehabt.
Alex hatte noch dem Stallmeister Bescheid geben lassen, zwei Pferde zu satteln. Außerdem wurde Sybill zu Edward zitiert. Als wir fertig angekleidet waren, gingen wir hinunter in die dunkle verlassene Eingangshalle und wollten uns schon Richtung Stall wenden, als Faith mit zwei Reittieren im Schlepptau vor dem Tor ankam.
„Na großartig, dann habe ich den Stallmeister umsonst bemüht. Hoffentlich ist er nicht allzu böse mit mir.“ sagte Alex noch leise, als wir bereits aufsaßen.
In knappen Worten berichtete meine kleine Schwester, was vorgefallen war.
„Shay hatte den Auftrag einen Chemiker auszuschalten, dieser Herr ist für das Giftgas verantwortlich und arbeitet mit Elinor zusammen. Frag mich nicht warum, aber ich weiß das Shay etwas zugestoßen ist“ Immer noch waren wir dieses Zeugs nicht los. Wie es schien wurde es auch noch modifiziert und verändert in der Zusammensetzung! Das hieß jetzt im Umkehrschluss, dass wir uns beeilen sollten Shay zu finden. Mit diesen Substanzen war nicht zu spaßen!
Als wir in die Nähe der Universität kamen, wo sich der Ire um den vermeintlichen Chemiker kümmern sollte, aktivierte ich meinen Sinn. Ich musste mich aber sehr anstrengen, alle Eindrücke zu sortieren und auseinander zuhalten. Doch nach ein paar Minuten fand ich diese golden schimmernde Spur, welche uns weiter auf das Gelände führte.
Kurz darauf sah ich ein an einem Baum angebundenes Pferd, doch ich brauchte nichts weiter sagen, Faith war schneller aus dem Sattel als ich es ausgesprochen hatte. Alex und ich taten es ihr gleich und banden unsere Reittiere ebenso fest.
Ab hier gingen wir zu Fuß weiter und die Spur wurde immer deutlicher, so als wäre sie in den Boden geprägt worden. Neben mir hörte ich wie meine Frau verwundert darüber war, dass sie es auch sehen konnte.
Ich führte die Frauen nun weiter und nach kurzer Zeit sahen wir das besagte Gebäude in Flammen stehen. Für einen kurzen Moment bekam ich es mit der Angst und sah meinen besten Mann dort in den Flammen sterben.
Ich schüttelte diese Schreckensbilder ab und deutete auf eine weiterführende Fährte. Diese mündete an einem Brunnen, wo ich einen Mann ausmachte, der dort bewusstlos lag.
Die Panik meiner kleinen Schwester konnte ich nachvollziehen und hoffte gleichzeitig, dass es Shay gut ginge! Auch Alex zitterte vor Angst um den Iren.
In der Nähe von ihm aber drang uns ein unangenehmer Geruch entgegen, welcher einen etwas benebelte und ich nahm etwas Abstand.
Plötzlich begann Shay zu würgen und erbrach sich direkt auf seine Frau. Alex drehte sich etwas weg und erklärte, dass Faith ihm Riechsalz unter die Nase gehalten hatte. Das könne Tote aufwecken. Zumindest wurde einem übel, sodass man alleine deswegen wach wurde!
Ich half dabei ihn auf die Beine zu bringen und erschöpft lehnte er jetzt an seiner Frau. Faith bat uns, die Pferde zu holen, damit wir ihren Gatten nach Hause schaffen konnten.
Auf dem Weg dorthin erzählte ich von meinem Eindruck, dass der Geruch eine leicht betäubende Wirkung gehabt hatte.
Auch Alex hatte es bemerkt und erwähnte noch einmal dieses Chloroform, welches meine kleine Schwester bei Maggie eingesetzt hatte. In zu großen Dosen ist es tödlich oder es konnte sogar abhängig machen. Bei dem Gedanken schüttelte es mich erneut.
„Das ist alles noch unausgereift und nicht genügend erforscht. Es kann so vieles schief gehen. Ich möchte es mir gar nicht ausmalen, mi amor.“ sprach sie leise, während wir die Pferde losbanden und wieder zurück ritten.
Zu meinem Erstaunen waren die Eheleute Cormac bei unserem Eintreffen beide Patschnass, was aber den Vorteil hatte, dass der Ire nicht mehr so einen penetranten widerlichen Geruch verströmte.
Wir hievten den Patienten auf sein Pferd und hielten ihn zwischen uns, damit er nicht herunterfallen konnte.
Auf dem Weg zum Williams Anwesen sprachen wir kaum. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Mir ging durch den Kopf, dass wir jetzt alles erledigt hatten in London und somit der Weiterreise nach Frankreich nichts mehr im Weg stand! Wir würden aber noch ein oder zwei Tage mit der Verabschiedung warten, bis Shay sich etwas erholt hatte.
Gemeinsam mit einem Diener brachte ich ihn nach oben und wünschte ihm schnelle Genesung.
„Sicher Sir und ich danke euch, dass ihr Faith geholfen habt, mich zu finden...“ nuschelte er und schloss die Augen wieder.
Unten verabschiedeten wir uns von meiner kleinen Schwester, welche sich auch noch einmal für die Hilfe bedankte.
Während dieses Ritts zu unserem Anwesen, wäre mir plötzlich meine Frau fast vom Pferd gekippt, weil sie eine Stimme gehört hatte, welche ihr etwas zuflüsterte! Deine Frau weiß schon, was gemeint ist! hörte ich es leise in meinem Kopf.
Nach ein paar Minuten und gutem Zureden, erzählte sie mir von ihrem Verdacht, welcher für mich völlig überraschend kam, weil ich eigentlich mal wieder mit neuen Götter Offenbarungen gerechnet hatte.
Es ging um einen Sigtryggr . Einen irischen alten Wikinger-Herrscher, soweit ich jetzt der Geschichte von Alex folgen konnte. Dann hörte auch ich einige Wortfetzen, die mich erschauern ließen!
… warum wohl findest du die irische Geschichte reizvoll, warum hast du dich mit dieser Göttergeschichte ebenfalls beschäftigt? Nichts passiert ohne Grund! …
Ihre Gedanken, ob es vielleicht auch mit Shay zusammen hängen könnte, teilte ich nur bedingt, weil seine Eltern zwar Iren waren, er aber nie dort gewesen ist. Vor allem, warum sollte er in Bezug auf die Blutlinie meiner Frau eine Rolle spielen? Umgekehrt lagen natürlich einige Jahrhunderte zwischen diesen Ereignissen und es wäre keine reine Blutlinie der beiden... Entschuldigt, manchmal überschlagen sich meine Gedanken!
Wir kamen beim Anwesen an, übergaben einem mürrischen Stallmeister unsere Reittiere und gingen hinauf.
Meine Frau ging aber nicht wie vermutet in unser Zimmer, sondern in das Studierzimmer, entzündete ein paar Kerzen und begann in einem alten Buch zu blättern. Vermutlich in der Hoffnung, etwas über die irische Geschichte oder ähnlichem zu finden.
Ich erklärte ihr, bevor sie sich zu sehr vertiefte, dass sie HIER nicht fündig werden würde. In Frankreich, im Chateau genauer gesagt, gab es eine ganze Reihe an solcher Lektüre, welche sich mit alten Herrschern und Legenden beschäftigte. Reginald war unermüdlich bei seiner Recherche für die Vorläufer und deren Artefakte!
Trotzdem ermahnte ich Alex jetzt, dass sie dringend noch Schlaf bräuchte, weil sie an unseren Sohn denken sollte. Resigniert löschte sie wieder die Kerzen und wir gingen hinüber in unser Zimmer.
Mittlerweile war es schon fast hell. Dennoch ließ ich Magda und Michael rufen, damit wir uns umziehen konnten.
Natürlich hörten wir auch schon unseren Sohn in seinem Bett, welcher sein Kindermädchen anstrahlte, als sie ihn mit sich nahm.
Endlich konnten Alex und ich noch ein wenig Schlaf finden, auch wenn ich es mir nicht nehmen ließ, sie noch einen Moment davon abzuhalten. Mit einem leisen gehauchten „Danke, mi amor“ fielen ihr die Augen zu, genau wie mir auch.
Gegen Mittag wurde ich wieder wach und weckte auch meine Frau. Maulig drehte sie sich aus den Laken und ließ sich wieder einkleiden. Gesprächig war sie kurz nach dem Aufstehen eigentlich nie, aber heute war eindeutig dieser extreme Schlafmangel noch zusätzlich verantwortlich.
Auf der Terrasse wurden wir von einem böse dreinblickenden Edward erwartet. Schnell krabbelte er auf mich zu, zog sich hoch und sah mich mit großen Augen an.
Als ich ihn auf dem Arm hatte, hörte ich ein freudiges „Faver“ von ihm, was mich schmunzeln ließ. Für eine perfekte Aussprache fehlten ihm ganz eindeutig noch die Zähne, weswegen ich ihn auch nicht korrigierte.
Heute überwachten wir die Verladung der Frachttruhen, der Reisetruhen und natürlich der Runentruhen. Die White Moon lag, als alles vertäut und gesichert war, recht tief im Wasser. So auch die Jackdaw, weil wir einige Waren auf beiden Schiffen mitnahmen.
„Master Kenway, wer ist mein Ansprechpartner in Frankreich im Hafen? Oder soll ich mich selber darum bemühen?“ fragte Mr. Higgins mich.
„Das werden wir vor Ort klären, denke ich. Unsere Kontakte werden uns auf dem Weg nach Compiègne erst treffen.“ vermutlich müsse man sich einfach an den Hafenmeister in Calais direkt wenden. Der Rest würde sich dann schon ergeben!
Am darauffolgenden Tag verabschiedeten wir uns jetzt von Faith und Shay. Meiner Frau fiel dieser Moment wieder sehr schwer, weil es ein Abschied auf unbestimmte Zeit sein würde.
Wir alle hatten ab jetzt eigene Aufträge, bei denen niemand sagen konnte, wie lange man dafür bräuchte.
Ein kurzes Zwiegespräch mit Lucius rief mir wieder dieses „Schicksal“ ins Gedächtnis. Er hatte in gewisser Weise seinen Frieden mit Alex geschlossen, umgekehrt war es nicht anders.
Dieser kurze Wortwechsel beruhigte mich auf eine seltsame Art und Weise.
Dann war es Zeit, Segel zu setzen.
Zum Abschied waren die Bradshaws ebenso erschienen wie meine Schwester. Sie wünschten uns alles gute und eine friedliche Überfahrt.
Sie alle freuten sich auf einen späteren Besuch in Virginia und versicherten uns noch einmal, dass wir umgekehrt auch hier immer willkommen seien.
Langsam wurden die Menschen am Kai immer kleiner, bis niemand mehr zu erkennen war.
Die Überfahrt war recht anstrengend, weil gerade am Anfang Edward seine Schwierigkeiten mit dem Gleichgewichtssinn hatte. Auch wenn es niedlich aussah, wenn er bei seinen Gehversuchen auf dem schwankenden Untergrund auf seinen Hintern fiel. Ihm gefiel das aber ganz und gar nicht! Meine Frau begann ihn an diese Situation zu gewöhnen in den nächsten Tagen, während ich mir meinen Kammerdiener vornahm.
Michael war auf mich zu gekommen, als wir gerade zwei Tage unterwegs waren.
„Sir, Magda... ihr geht es nicht gut. Ich glaube sie ist schwanger!“ in seiner Stimme klang Angst mit, weil er damit nicht unbedingt gerechnet hatte. Sie hätte sich unwohl gefühlt und wäre des öfteren aufgestanden in der Nacht. Auch hätte sie fast gar nichts gegessen und sie sei so blass.
Seufzend setzte ich mich mit ihm etwas Abseits auf eine Seilwinde.
„Michael, hat sie dieses Unwohlsein schon des öfteren gehabt?“ fragte ich jetzt nach, weil ich die Hoffnung hegte, es handelte sich einfach um die Blutungen, welche auch bei meiner Frau mitunter recht unangenehm waren.
„Ja, seit... also... seit wir auch nachts zusammen sind. Meist ist es nach ein paar Tagen wieder weg. Ich habe gehört, wie einer der Matrosen meinte, man müsse die Frauen nur küssen und schon wären sie schwanger!“ in seinen Augen lag jetzt echte Panik.
Da konnte ich ihn beruhigen und begann ihn in gewisser Weise aufzuklären. Dieser junge Mann hatte noch keine wirklich nennenswerten Erfahrungen mit Frauen gemacht, wie es schien und war Ammenmärchen aufgesessen!
„Ihr meint, meine Verlobte ist gar nicht guter Hoffnung?“ ich konnte ihn beruhigen, weil die beiden tatsächlich noch gar nicht richtig mit einander geschlafen hatten. Michael hatte mir mit hochrotem Kopf erklärt, WAS sie machten und ich kann sagen, dass man DAVON definitiv keine Schwangerschaft riskierte. Näher werde ich das jetzt aber nicht ausführen, vermutlich kann sich jeder Leser seinen Teil denken.
Nach und nach konnte ich meinen Kammerdiener beruhigen, auch was das Finanzielle anbelangte. Er machte sich sogar Sorgen, wie er eine Familie später einmal versorgen sollte, wenn doch nur noch er das Geld nach Hause brachte. Dafür würden wir schon eine Lösung finden, da die beiden in Virginia ja in unserem Haus vorerst ein Zimmer gemeinsam nach der Hochzeit beziehen würden. Somit gäbe es da keine weiteren Unkosten.
Wir hatten uns auch noch über einen Verlobungsring unterhalten, welchen ich gerne als Geschenk beisteuern würde. In Frankreich würden wir sicherlich fündig werden.
Irgendwann hakte aber Alex nach, was in Michael gefahren sei. Sie hätte einige Wortfetzen aufgeschnappt. Auch ihr erklärte ich die Situation und sah, dass sie sich in absehbarer Zeit mit ihrer Zofe zusammen setzen würde. Vermutlich ist auch diese junge Frau noch recht unaufgeklärt.
„Haytham, auch du könntest noch einiges lernen. Vielleicht habe ich irgendwann einmal die Möglichkeit dazu...“ fragend sah ich sie bei diesen Worten an. „Es gibt viel mehr, was zu einer Schwangerschaft gehört, als du zu wissen glaubst, mi amor.“ hauchte sie jetzt leise an mein Ohr. Meine Neugierde war geweckt, aber leider wurde sie nicht gestillt. „Bei Gelegenheit, Haytham!“ kam es mit Nachdruck von Alex.
|
Kapitel: | 100 | |
Sätze: | 2.682 | |
Wörter: | 49.945 | |
Zeichen: | 285.734 |
Feedback
Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!