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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part V

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15.01.25 19:20
16 Ab 16 Jahren
In Arbeit

9 Charaktere

Haytham Edward Kenway

Haytham E. Kenway, Sohn von Edward J. Kenway, geboren 04. Dez. 1725, London, gestorben 16. Sep.1781, New York, durch die Hand seines eigenen Sohnes Connor Kenway. Haytham war ein sehr vornehmer Engländer, der jedoch immer bereit war, alles zu tun was nötig war um sein Ziel zu erreichen. Er verachtete den Assassinenorden, hielt die Ziele, die sie vor hunderten von Jahren hatten, aber für ehrenhaft.

Edward J. Kenway

Pirat Edward James Kenway, geboren 10. März 1693 Swansea, Wales, gestorben 3. Dezember 1735 London. Vater von Haytham Edward Kenway und Großvater von Ratonhnhaké:ton (Connor Kenway), ein stoischer Mensch, der zu Beginn der Piraterie nur Ruhm und Reichtum im Sinn hatte. Bei den Assassinen lernt er, dass das alles keinen Sinn hat, wenn keine Familie und Freunde mehr da sind.

Jennifer Scott

Edwards Tochter, geboren 1713, Halbschwester von Haytham E. Kenway, Jennifer wuchs bei ihrer Mutter Caroline Scott in Bristol auf. Da Jennifer nach der Abreise von Edward erst geboren wurde, blieb ihm seine Tochter lange Zeit unbekannt. Das änderte sich 1720, dem Jahr, in dem Caroline starb. Danach arrangierte sie eine Reise zu ihrem Vater in die Karibik, um ihn auf Great Inagua kennenzulernen.

Thomas Hickey

Thomas Hickey war ein Templer während der Amerikanischen Revolution. Auch er war daran beteiligt den verborgenen Tempel der Ersten Zivilisation zu finden. (geb. unbekannt + 1776) Hickey durchlief verschiedene Positionen im Revolutionskrieg. Zu Beginn noch an der Front stationiert, wurde er bald zur persönlichen Wache Washingtons. Zudem war er für die Finanzen der Kontinentalarmee zuständig.

Charles Lee

Charles Lee (*6. Februar 1732 in Cheshire, England;† 2. Oktober 1782 in Pennsylvania) war ein Templer und ein General während der Amerikanischen Revolution. Er wurde kurz nach der Ankunft von Haytham Kenway in Boston von den Templern rekrutiert, obwohl er bereits mit ihnen sympathisierte. Er arbeitete sich sehr schnell in der Hierarchie nach oben und wurde bald die rechte Hand des Großmeisters.

Shay Patrick Cormac

Shay Patrick Cormac (12.09.1731-Unbekannt) war einst ein Assassine, der später ein Mitglied des Templerordens wurde, im Atlantik während des Siebenjährigen Krieges tätig war, und den Kolonialen Assassinenorden mit anderen Templern fast vollständig auslöschte.

Alexandra Kenway (Frederickson)

Mein eigener Charakter, der schon seit der ersten Zeitreise Geschichte dabei ist!

Edward Haytham Kenway

Das ist ein von mir selbst ausgedachter Charakter. Sohn von Alexandra und Haytham Kenway. Geb. 3.12.1763 New York.

Florence Tessa Kenway

Das ist ein von mir selbst ausgedachter Charakter. Tochter von Alexandra und Haytham Kenway. Geb. 4.7.1766 Virginia.

Kapitel 1

~~~ Ankunft in London ~~~

8. November 1767

 

Der Anblick des Londoner Hafens war einfach überwältigend für mich. Ich war erneut einige Zeit nicht in meiner Heimat gewesen, auch wenn ich sie nicht sonderlich vermisste. Aber ein kleines bisschen Heimweh überkam mich dann und wann in Virginia, wenn ich Nachricht aus London, Schottland oder Frankreich zum Beispiel bekam.
Nachdem meine Frau Edward erklärt hatte, dass es nicht Eurapio sondern Europa hieß, nahm ich unsere Tochter auf den Arm, welche immer unruhiger wurde. Nach der langen Überfahrt und den ganzen Turbulenzen konnte ich es ihr nachfühlen!
Wie so oft sah ich in Alex Gesicht ein wissendes Grinsen und vernahm ihre Gedanken bezüglich eines Brexit, den sie Odin sei Dank nicht unseren Kindern erklären musste. Vielleicht sollte ich sie beizeiten fragen, was es damit nun schon wieder auf sich hatte.

 

Mit Florence auf dem Arm stand ich an der Reling und sah zu wie unser Schiff langsam zum Stehen kam, die Taue festgemacht wurden und der Anker fallen gelassen wurde.
„In dieser Stadt bin ich geboren worden, mein Engel. London ist der Nabel der Welt sagt man, weißt du? Von hier erstrecken sich Unmengen an Handelsrouten für allerlei Waren. Gewürze, Stoffe, Tee, Kaffee oder deine geliebte Schokolade. Mein Vater hat damals als er sich hier niederließ ein wunderschönes Anwesen gekauft und deine Großmutter geheiratet.“ erzählte ich ihr und sah verträumt auf das geschäftige Treiben im Hafen.
„Da … Nini!“ rief sie plötzlich, klatschte in die Hände und ich sah meine große Schwester am Pier auf uns warten. Sie winkte uns schon zu. Neben ihr stand ihr Verlobter, Master Mormon!
Kaum waren wir von Bord an Land getreten berichtete Jennifer, dass ein Bote die Ankunft unserer Brig lautstark kundgetan hatte.
„Er sagte wortwörtlich, dass er den berüchtigten Piraten Edward Kenway persönlich gesehen hätte!“ Jenny zog dabei leicht amüsiert eine Augenbraue hoch, weil wir wussten, dass unsere Familie immer wieder Opfer der Gerüchteküche wurde.

 

Mittlerweile macht es mir nichts mehr aus. Wenn du nichts dagegen hast, meine Lieblingsschwiegertochter, dann würde ich auch hier gerne diese Gruselgeschichte des alten Kapitäns und Piraten, der des Nachts hier herumschleicht, aufrechterhalten. So braucht ihr kaum Wachen einteilen.
Das würde ihm so passen. Ich wollte um meiner Schwester Willen nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, doch ich hatte die Rechnung ohne meinen Sohn gemacht.
Opa, ich will das mal sehen, bitteeeeeeeeeee! Bettelte Edward Junior in unserem Geiste.
Hmmmm, ich glaube, das kann ich dir sicherlich erlauben, du kleiner Rabauke! Er war ganz der Großvater und ganz anders als der Vater den ich kannte. Wer weiß wie ich eines Tages mit eigenen Enkelkindern umgehen würde. Wenn wir denn welche hätten, doch das stand noch in den Sternen.
Wenn du wüsstest! Lachte mein Vater in meinem Kopf und ward verschwunden.

 

Es war an der Zeit meine Schwester und ihren zukünftigen Mann vernünftig zu begrüßen!
„Oh, da seid ihr ja endlich! Ich freue mich so, dass ihr alle heile und wohlbehalten von Bord kommt!“ freute Jennifer sich, schloss jeden nacheinander in die Arme. „Florence mein Schatz, du bist aber groß geworden. Was gibt dir deine Mutter bloß zu essen?“ lachte sie ihre Nichte an, welche ihre Ärmchen nach ihr ausstreckten.
„Nini… Nini Aaaaaaaaaam!“ dieses Strahlen dabei im Gesicht meiner großen Schwester ließ meine Augen feucht werden. Sie würde keine eigenen Kinder mehr haben können, leider und es tat mir auf der einen Seite leid. Auf der anderen hatte sie ihren Frieden gefunden. Sie würde jetzt den Mann heiraten, den sie liebte und der sie vergötterte. Die beiden hatten sich gesucht und gefunden! Wollten wir nicht alle diesen Frieden finden, irgendwann?

 

Als wir an der Villa ankamen brauchte ich einen Moment um mir bewusst zu werden, dass das hier nicht das Original war. Ich war ja schon einige Male hier gewesen, dennoch war es immer noch ein merkwürdiges Gefühl einzutreten. Es war mein Zuhause, mein Geburtsort, aber trotzdem war es nicht das gleiche.
Ein weiterer absurder Gedanke tauchte in meinem Kopf auf und ich sprach ihn auch direkt aus.
„Mi sol, kaum zu glauben, dass es schon 41 Jahre her ist!“ Alex war vor all den Jahren das erste Mal hier gewesen. Diese Zahl war erschreckend meiner Meinung nach.
„Erschreckend, so lange kenne ich dich schon!“ schnappte sie meinen Gedanken auf und sprach fast tonlos mit Blick auf den Eingang.
Wir waren aber ganz anders gealtert dank Mutter Idun, dennoch war diese Zahl wie ein Monstrum in meinen Augen!
Bei genauerem Betrachten machte ich ein paar Veränderungen an der Fassade aus, im positiven Sinne. Die Villa sah bewohnter aus, nicht mehr so kühl wie vor 5 oder 6 Jahren noch.
Auch im Inneren hatte sich einiges getan. Jennifer hatte neue Tapeten anbringen lassen und die Vertäfelung war heller getüncht worden. Ja, man sah und spürte, dass meine große Schwester im wahrsten Sinne des Wortes aufblühte!

 

„Die sind … sehr lecker!“ hörte ich meinen Sohn schmatzend wieder neben uns erscheinen. Er hatte hier unten im Salon ein paar Süßigkeiten entdeckt, die auf einem kleinen Tischchen standen.
Stolz sah Jenny ihn an.
„Das freut mich, Edward! Ich habe sie selber, nunja nicht ganz, hergestellt. Nach einem alten Rezept eines türkischen Sultans.“ sprach sie leise verschwörerisch und schon war er Feuer und Flamme für die dazugehörige Geschichte.
„Du hast wirklich die alten Rezepte ausprobiert? Das ist ja großartig! Lass mich auch einmal probieren.“ strahlte jetzt auch meine Gattin und nahm sich ein Teil aus der Schale.
„Das Ganze hat sich zu einem kleinen Geschäft entwickelt.“ stolz erzählte meine Schwester uns, dass sie mit einem Zuckerbäcker hier in London zusammenarbeite, welcher an dem ganzen Unterfangen mit beteiligt war. Sie belieferte sogar schon den Palast und die umliegenden Ländereien.
„Vielleicht kann ich ja auch beginnen einen Teil in die Kolonien zu verschiffen? Natürlich nur, wenn du auch damit einverstanden bist, Jenny.“ ereiferte sich Alex.
„Oh, das würdest du tun?“ plötzlich sah ich, wie sie errötete vor Verlegenheit. Sie wäre nie so direkt auf uns zugekommen mit diesem Anliegen.
„Meine große Schwester hat ihr eigenes Geschäft. Herzlichen Glückwunsch!“ gratulierte ich ihr und ihrem zukünftigen Ehemann!

 

Da wir recht spät im Hafen angelegt hatten, war es schon bald Zeit für das Abendessen. Bevor es aber soweit war für die Kinder ins Bett zu gehen, gingen wir alle gemeinsam hinaus in den Garten, damit Walka noch ihr Geschäft machen konnte.
„Hier Edward, das ist der Schlüssel für die Hintertür in der Küche. Du kannst deine Hündin dann morgen früh auch alleine nach draußen lassen.“ dieser Einfall von Jennifer war tatsächlich gut. So konnten wir alle, hoffentlich, etwas länger schlafen.
Er bedankte sich noch einmal und verstaute den Schlüssel achtsam in seiner Hosentasche.

 

Gerade als ich mich mit Master Mormon zurückziehen wollte um einige geschäftliche Dinge zu besprechen, hörte ich ein lautes Weinen meiner Tochter.
„Nein … nein, will Papa!“ brüllte sie schrill und bevor es noch eskalierte ging ich lieber hinauf.
„Mein Engel, du sollst doch nicht immer so ein Theater machen.“ sprach ich leise, bemüht nicht wütend zu klingen.
Ihr erleichtertes Lächeln ließ mich wieder weich werden und ich nahm sie auf meinen Schoß. Ein kleines Buch mit ein paar kurzen Geschichten lag schon auf ihrem Nachttisch und ich begann ihr leise vorzulesen.
Die Kinder hatten ihre Räume neben meinem alten Kinderzimmer, wo Alex und ich wieder nächtigten. So waren wir in ihrer Nähe, was auch mich beruhigte, muss ich gestehen.
Plötzlich hörte ich ein leises Prusten aus Richtung der Tür, wo meine Gattin stand und uns lächelnd beobachtete.
„Ihr beide gebt ein wunderschönes Bild ab, mi amor.“ dabei kam sie auf das Bett zu und wollte sich zu uns setzen. Energisch winkte unsere Tochter ab, wir waren ja noch nicht fertig und das wusste sie ganz genau.
„Papa…“ kam es bestimmend aus ihrem Mund und ich sah, wie in Alex langsam Wut emporstieg, aufgrund dieser doch recht rüden Unverschämtheit.
„Florence, deine Mutter möchte dir auch noch gute Nacht sagen!“ ich legte einen unmerklichen feinen befehlenden Ton in meine Stimme und sofort war unsere Tochter aufmerksam. Erstaunlich, dass sie schon solche Dinge erkannte.
„Gute Nacht, min lille engel. Schlaf gut!“ Alex gab ihr einen Kuss auf die Stirn und ging ohne weitere Worte hinaus. Sie hatte Mühe ihre Tränen zurück zuhalten. Ich hoffte, dass ich ihr nachher etwas Trost spenden konnte.

 

Nachdem Florence endlich schlief und ich Edward ebenfalls noch eine gute Nacht gewünscht hatte, ging ich zu den anderen hinunter in den Salon und goss mir ein Glas vom guten Brandy ein.
Damit ließ ich mich auf dem Sofa neben meiner Frau nieder und konnte ein lautes Seufzen nicht unterdrücken.
„Florence hat eine unglaubliche Ausdauer, mi sol. Die muss sie von dir haben.“ ja, ich klang leicht gereizt, aber ich bin auch nur ein Mensch.
„Frauen, mi amor! Wir wollen halt eure ungeteilte Aufmerksamkeit. Gib es zu, es schmeichelt dir ein ganz kleines bisschen, oder nicht?“ zwinkerte Alex mir schelmisch zu und eigentlich hatte sie Recht.
„Das kannst du ja später dann unter Beweis stellen, mi sol.“ flüsterte ich leise und bedachte sie mit einem Blick, der ihr klar machen sollte, was ich erwarten würde.

 

Jenny und Daniel kamen jetzt endlich auf die eigentliche Hochzeit, den Ablauf und so weiter zu sprechen. Die kirchliche Trauung würde stattfinden, nachdem sie schon vor einem Friedensrichter ihre Ehe besiegelt hatten. Master Mormon war ein recht gläubiger Christ und es war nur verständlich, dass er auch vor Gott mit seiner Frau vereint sein wollte.
Die beiden hatten bereits einen Ehevertrag aufgesetzt und besiegeln lassen. Alex und ich besaßen ebenfalls einen, weil es auch jederzeit zu großen Überraschungen kommen konnte. Wir wollten alle nur abgesichert sein.
Am 15. November sollte die eigentliche Vermählung dann stattfinden.
Und ab da waren wir Herren nicht mehr involviert! Die Damen besprachen die Kleider, die Dekorationen und das Essen.
Daniel und ich unterhielten uns stattdessen über seinen Eheschwur, welchen er bereits zum gefühlten millionsten Male überarbeitet hatte.
„Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schwer es ist, die richtigen Worte zu finden. Ich möchte Jennifer nicht nur meine Liebe zeigen, sondern alles was ich für sie tun würde …“ er war sichtlich nervös.
„Daniel, wenn ihr es wünscht, dann kann ich ja auch noch einmal über die Zeilen lesen. So seid ihr vielleicht auch beruhigter.“ versuchte ich ihm die Angst zu nehmen, etwas falsches zu formulieren.
„Ich wäre euch zu tiefst dankbar, Haytham.“ lächelnd nahm er einen Schluck Brandy und lehnte sich entspannt zurück.
Der Abend blieb ruhig, auch wenn ich noch die Angst hatte, das gerade Edward durch die Ruhe hier nicht so recht schlafen wollen würde. Anscheinend hatte er eine weitere Lektion in seinem Leben gelernt, dass wir immer für ihn da waren und er durch diesen Wechsel von Schiff an Land keine Angst zu haben brauchte.

 

Kapitel 2

~~~ Das Grab meiner Eltern ~~~

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Absolute Hörempfehlung beim Lesen!!

 

Am nächsten Morgen hörten wir ein lautes Weinen und Entschuldigungen aus der Küche, die von Edward kamen!
„Es tut mir leid, Miss Raquel!“ jammerte er, während die Küchenmagd das Häufchen von Walka entfernte. Er wollte die Türe aufschließen, hatte aber in der Eile den Schlüssel verbogen und konnte nicht aufsperren.
Warum er niemandem Bescheid gegeben hatte, wollte Alex wissen. Mehr als ein Achselzucken begleitet von lautem Schniefen bekamen wir nicht als Antwort.
Das Frühstück war also etwas angespannt, weil ich ihm noch einmal deutlich machen musste, dass er auch durch die Vordertür hätte gehen können.
Nach dem wir fertig waren, zeigte ich ihm dann auch noch eine weitere Hintertür, welche vom Korridor mit der Geschirrkammer nach draußen führte.
„Hier steckt der Schlüssel schon und ist nicht so leicht zu verbiegen, mein Sohn. Siehst du?“ ich demonstrierte die Leichtigkeit beim Herumdrehen.
„Danke, Vater. Es tut mir wirklich leid, das kommt nicht wieder vor.“ er klammerte sich an mein Bein und sah mich entschuldigend an.
„Schon gut, du wirst ja noch genau wie Walka lernen.“ ich wuschelte ihm durch seinen dunklen Haarschopf und gemeinsam machten wir uns auf den Weg die anderen zu suchen.

 

Gerade als wir in der Eingangshalle ankamen, stand ein Herr dort mit einem großen Kleiderkoffer neben sich.
„Ah, die Kleidung für die Kinder ist endlich da. Mein Kleid und Daniels Garderobe müssten auch dabei sein, richtig?“ rief Jenny freudig und eilte auf den Lieferanten zu.
„Es ist alles hier drinnen, Miss Scott.“ er öffnete den Koffer und zum Vorschein kam ein Haufen Stoff. Die einzelnen Kleidungsstücke waren alle in einem Leinensack verpackt. Neugierig warf ich einen Blick hinein, konnte aber nicht sagen, für wen was angedacht war.
Es war eh die Aufgabe unserer Frauen sich darum zu kümmern und wir ließen sie damit in Ruhe.
Mit Daniel und den Kindern ging ich in den Salon und er erzählte unserem Sohn, dass er die Ringe überreichen sollte.
Mit einem Male sah Edward mich entsetzt an, dann wieder zu seinem zukünftigen Onkel.
„Ich verliere die bestimmt … dann ist Tante Jenny böse mit mir!“ rief er und klammerte sich wieder an mich.
Da konnte ich ihn aber beruhigen und erklärte es ihm noch einmal.
„Nein, sie sind auf einem kleinen Kissen festgebunden. Das bekommst du kurz vorher erst und gehst dann damit zu deiner Tante und deinem Onkel.“
„Dann ist es ja gut.“ erleichtert atmete er aus und setzte sich jetzt zu uns.

 

Meine Frau war ebenfalls in den Salon gekommen, nachdem sie die Sachen für die Hochzeit nach oben gebracht hatte. Sie konnte es nicht lassen. Hausangestellte waren ihr immer noch nicht ganz geheuer, so hatte ich den Eindruck.
„Mama, Onkel Daniel wohnt schon hier. Aber du hast gesagt, dass das nicht richtig ist.“ hakte Edward plötzlich völlig aus dem Nichts nach.
Sie sah ihn erstaunt an, genau wie ich auch, weil wir nicht wussten wie er gerade auf dieses Thema kam.
Ich vermutete, dass er auf Alex und mich anspielte. Sie hatte ihm erzählt, dass wir ebenfalls zusammen lebten oder wohnten, wie man es auch nennen mag, obwohl wir nicht verheiratet waren.
„Bei deinem Vater und mir war es etwas anderes, Edward. Ich habe dir doch erklärt, dass ich sein Zimmermädchen war, das gehört sich nicht. Tante Jenny und Onkel Daniel sind aber vorher schon Freunde gewesen.“ versuchte es Alex zu erläutern.
Bevor aber noch mehr Fragen aufkommen konnten, verkündete Master Mormon, dass wir ins White´s fahren werden! Dort gäbe es neue Variationen von heißer Schokolade und viele Süßigkeiten, die wir sicherlich auch kosten wollten. Mit glücklichen Augen rannte Edward hinter seinem zukünftigen Onkel zur Kutsche her.
Damit war das wohl geklärt, schmunzelte ich in mich hinein.

 

Im White´s wurden wir vom Besitzer, Master Bocker, herzlich begrüßt und er brachte uns zu unserem Tisch, welcher etwas außerhalb des ganzen Trubels stand.
Er versicherte Alex und Jenny noch einmal, dass er bisher immer mit den Waren zufrieden war und sie immer tadellos bei ihm eingetroffen waren. Das hörte man gerne und meine Frau war mehr als erleichtert.
Wie üblich wurde man hier fürstlich bewirtet und in die Augen der Kinder trat ein Leuchten, als sie die heiße Schokolade und das ganze Zuckerzeug sahen. Hoffentlich bekämen wir dadurch keine schlaflose Nacht, weil sich jemand zu viel gegönnt hatte.
Hier und da trat man an uns heran. Meist waren es alte Bekannte aus meiner Zeit mit Reginald zum Beispiel oder aber es waren Geschäftspartner von Daniel und mir.

 

Irgendwann schnappte ich ein Gespräch eines Ehepaares an einem Tisch neben uns auf.
Die Dame berichtete ihrem Gatten ängstlich, dass im Hafen ein Schiff lag, welches einem alten Piraten gehörte. Sie hätte ihn mit eigenen Augen gesehen letzte Nacht, wie er sich an den Segeln zu schaffen gemacht hätte. Auch hätte sie gehört, wie er frivole Lieder gesungen hätte, vermutlich sei er betrunken gewesen.
„Liebling, bist du dir sicher, dass nicht DU diejenige im trunkenen Zustand warst, die sich das nur eingebildet hat? Geisterkapitäne! Das sind Schauermärchen!“ lachte der Herr überheblich.
„Gar nicht! Das ist mein Großv….“ gerade noch rechtzeitig hielt Alex ihm die Hand vor den Mund und sah entschuldigend zum Nachbartisch.
„Verzeiht, mein Sohn wünscht sich, dass es so wäre. Er liebt diese Seeräubergeschichten über alles.“ erklärte sie verlegen, aber beide hatten skeptisch die Augen zusammengezogen.
„Wenn ihr meint. Man sollte den Kindern schnellstmöglich solche Flausen aus dem Kopf schlagen!“ kam es von dem Herren, welcher mir einen mahnenden Blick zuwarf.
„Es sind Jungs, Sir! Er wird es noch lernen!“ ich hatte Mühe ruhig zu bleiben.
„Hoffen wir es!“ er hatte diese unangenehme Tonlage eines überheblichen Aristokraten angeschlagen.

 

Tief durchatmend, wandte ich mich an meinen Sohn.
„Du sollst dich zurückhalten, mein Sohn.“ ermahnte ich ihn leise, während ich mich umsah, um sicher zugehen, dass niemand auch nur ansatzweise unserer Konversation folgen würde.
„Ja, Vater!“ kam es maulend von Edward mit verschränkten Armen vor der Brust.
„Dann ist ja gut.“ eine Diskussion wollte ich nicht vom Zaun brechen, also beließ ich es dabei.
Ich unterhielt mich jetzt mit Master Mormon über die Zuweisung der Villa, die eigentlichen Besitzverhältnisse und einige finanzielle Aspekte hinsichtlich ihrer Eheschließung. Jenny und ich teilten uns, seit sie wieder in London lebte, das Erbe unseres Vaters und profitierten beide zu gleichen Teilen davon. Ihre neutrale Haltung trug auch dazu bei, dass man sie kaum behelligte und sie ihren eigenen Geschäften in aller Ruhe nachgehen konnte.
„Sie ist wirklich gut was das Organisieren angeht oder auch mit Zahlen kann sie hervorragend umgehen. Ich habe selten eine Frau erlebt, die so viele Facetten zu bieten hat!“ schwärmte mir Daniel von meiner großen Schwester vor.
„Dieses Talent hat sie sicherlich von Vater oder auch ihrer eigenen Mutter, Gott hab sie selig!“ bestätigte ich ihn.
Mit einem Male griff eine blasse Alex nach meinem Alekrug, setzte ihn an und leerte ihn in einem Zug! Entgeistert starrte ich sie an, was war auf einmal mit ihr los?
„Mi sol, du hast ja auf einmal richtig Durst. Was ist in dich gefahren?“ ich nahm ihre Hand in meine und küsste sie.
„Die Zukunft!“ hauchte sie immer noch etwas geistesabwesend. Ihr Blick war wirklich in die Zukunft gerichtet. Irgendetwas muss sie gesehen habe, was ihr einen großen Schrecken eingejagt hatte. Doch sie schwieg.

 

In der Nacht hatte ich beschlossen, dass wir das Grab meiner Eltern am folgenden Tag besuchen sollten. Ich war schon eine Ewigkeit nicht dort gewesen und mein schlechtes Gewissen plagte mich.
Beim Frühstück tat ich den Anwesenden meinen Vorschlag kund und gemeinsam machten wir uns mit einer Kutsche auf den Weg zum Friedhof.
„Bist du dir sicher, Haytham?“ Jenny klang besorgt.
„Bin ich, es ist wichtig und ich denke, nicht nur mir ist es ein Bedürfnis.“ dabei sah ich zu Alex, welche schon beim letzten London Aufenthalt einen Besuch auf dem Friedhof angedacht hatte. Leider kam es nicht dazu.
Wir hatten auch Edward und Florence mitgenommen, auch sie sollten wissen, wo ihre Großeltern begraben lagen. Vielleicht würde es ihnen in späteren Jahren auch etwas Trost spenden.
Mir lief schon beim Betreten des Friedhofes eine Gänsehaut über den Rücken. Ich spürte meine Mutter und meinen Vater. Auch wenn sie immer in irgendeiner Form für uns präsent waren, hier war es noch einmal stärker.
Für einen Moment stand ich an ihren Gräbern und sah auf den großen wunderschönen Marmorstein. Ein Gärtner kümmerte sich regelmäßig um die Bepflanzung und die Sauberkeit hier. Es war alles in einem tadellosen Zustand.

 

Plötzlich begann Florence neben mir zu weinen, als sie mit ihren kleinen Fingern über den kalten Stein strich.
Ich nahm sie auf den Arm um sie zu trösten.
„Meine Mutter hat mich immer mein Liebling genannt und ich bekam jeden Abend einen Gute-Nacht-Kuss von ihr. Es war ein wunderschönes Ritual, genau wie wir beide auch eines haben, mein Engel. Sie hatte mir zu meinem 5. Geburtstag ein Buch geschenkt, mit leeren Seiten. Sie sagte, ich solle es selber mit Worten füllen. Mit meinen Gedanken, Wünschen und Träumen. Seitdem schreibe ich ein Tagebuch und denke oft an diese Worte deiner Großmutter.“ ich musste schwer schlucken bei diesem Gedanken, vor allem weil viele meiner Tagebücher im Feuer verbrannt waren damals!
Langsam beruhigte sich meine Tochter und ich bekam mit, wie Edward ängstlich fragte, ob er auch irgendwann dort in der Erde liegen würde. Er würde das nicht wollen!
„Min lille skat, jeder glaubt an etwas anderes. Und es gibt ganz viele Menschen die in der Erde ihrer Heimat begraben werden möchten, wenn sie gestorben sind.“ dabei sah sie ihn liebevoll an.
Alex hatte mir von ihrem Wunsch erzählt verbrannt zu werden. Sie kann diesen Gedanken nicht ertragen in einem Sarg auf ewig eingesperrt zu sein.

 

Wir sind hier vereint. Tessa und ich können hier für immer zusammen sein. Denk an die Grabrede, welche Haytham in den ersten Tagen deiner Rückkehr bei der verstorbenen Familie gesprochen hat. Auch wenn ich kein Ire bin, nicht ganz, nur ein kleines bisschen vielleicht, dennoch liegt in diesen Worten Wahrheit. Wir alle sind auf andere Weise zusammen.
Vaters Stimme ließ mich für einen Moment erschrocken zusammenzucken. Doch dann sah ich die Bilder vor mir, wie er mit meiner Mutter durch das Anwesen auf Great Inagua ging.
Das beruhigt mich, Edward. Mehr wollte ich nicht wissen. Flüsterte Alex leise in Gedanken.
Wir werden hier wieder allesamt vereint sein und bis dahin lasse ich euch nicht alleine. Und ja, das ist eine Drohung! Leise lachend zog sich mein Vater zurück.
Meine Mutter aber blieb.
Mein Liebling, wir werden auf euch aufpassen, wir warten auf euch! Auch ihre Stimme war von Schluchzen unterbrochen. Ich vermisste sie mit einem Male und hatte Mühe nicht ebenfalls meinen Tränen freien Lauf zu lassen.
Und ich weiß, ich habe einen großen Fehler begangen, aber lass ihn mich wieder gut machen. Dabei wanderten ihre Gedanken zu unseren Kindern. Etwas in mir beruhigte sich, ein lange vergrabenes Gefühl von Zweifel an der Liebe meiner Mutter. Sie hatte mich weggeschickt damals…
Ich fühlte in Gedanken, wie sie über meine Wange strich, mich anlächelte und dann ebenfalls wieder verschwand.

 

AdA: Die Trauerbewältigung hat hier für mich einen persönlichen und emotionalen Aspekt eingenommen. Diese Zeilen zu schreiben haben mich aber einen weiteren Schritt nach vorne gehen lassen.

 

Kapitel 3

~~~ Die Unzufriedenheit steigt ~~~

 

Mit einem leichteren Herzen verließen wir den Friedhof.
Jennifer hatte ebenfalls ihren Frieden geschlossen. In ihrem Gesicht sah ich eine gewisse Zufriedenheit, ihre Gedanken kamen genauso zur Ruhe.
Ohne große Worte zu verlieren, beschlossen wir nach Hause zu laufen. Es war nicht allzu weit und die frische Luft täte uns allen gut.
Florence begann auf meinem Arm herum zu zappeln und verlangte von ihrer Tante getragen zu werden.
„Na, kleine Dame, was hast du gerade gesehen und gehört? Magst du mir das erzählen?“ sprach sie leise zu ihrer Nichte und die beiden waren in ein leises Zwiegespräch verfallen.
Nach einer Stunde Fußmarsch kamen wir am Anwesen an und ich freute mich auf das anstehende Mittagessen. Mein Magen knurrte verdächtig.
„Vater, dein Bauch grummelt.“ kicherte Edward als er neben mir Platz nahm.
„Er ist ja auch ganz leer und braucht etwas von dem guten Fleisch.“ grinste ich und bediente mich daran. Es schmeckte himmlisch und ich muss gestehen, dass die Haushälterin, Miss Raquel ein Händchen fürs Kochen hatte.
„Sie ist wirklich Gold wert, Haytham. Glaub mir!“ auch Jenny war begeistert von der Dame.

 

Nach dem Essen war es für meine Tochter Zeit um den Mittagsschlaf anzutreten. Aber sie hatte sich in den Kopf gesetzt, lieber wach bleiben zu wollen. Kein Zureden, keine mahnenden Worte halfen!
Erst als sich meine große Schwester zu ihr ans Bett setzte, beruhigte sie sich. Ich ließ die beiden alleine und ging wieder hinunter zu Master Mormon, welcher sich seine Zigarre gönnte und Brandy schmecken ließ.
„Ihr kommt genau richtig, Haytham.“ er deutete mir auf dem gegenüber stehenden Sofa Platz zu nehmen und ein Diener reichte mir ebenfalls ein Glas des süffigen Getränks.
„Daniel, wie weit sind unsere Bemühungen hinsichtlich einer Übereinkunft bisher hier verlaufen? In eurem letzten Schreiben erwähntet ihr, dass der Zulauf etwas zurück gegangen sei.“ eröffnete ich das Gespräch. Wir waren jetzt unter uns und ungestört.

 

„In der Tat, aber das liegt hauptsächlich daran, dass die Atmosphäre hier in London, eigentlich ganz England muss ich sagen, angespannt ist. Es liegt etwas in der Luft, doch entzieht es sich leider meiner Kenntnis, was genau es sein könnte. Einige Rekruten befürchten, dass sie auf die falsche Seite wechseln würden. Wir versuchen sie immer wieder daran zu erinnern, dass sie sich keiner Seite im herkömmlichen Sinne anschließen, sondern BEIDEN! Dazu kommt, dass unser geheimer Bund immer wieder mit der Krone aneckt!“ er richtete sich auf und sah mich besorgt an. „Man akzeptiert im Parlament keine Gruppierungen, welche sich eher neutral verhalten! Wir haben einen Mann im Oberhaus eingeschleust, der mir immer mal wieder Informationen zukommen lässt. So können wir zumindest oft schon im Vorfeld bei Kaufverträgen, Handelspartnern und ähnlichem eingreifen und uns rechtzeitig zurück ziehen, sollte es von Nöten sein.“

 

Er sprach die Lieferungen für Waffen, Baumaterial, Gewürze und ähnliches an. Dort kam es vermehrt zu Engpässen, weil die Schiffe überfallen wurden oder die britische Marine sie beschlagnahmte, mit dem Argument, es sei nicht von King George III abgesegnet worden. Dabei barg jede Fracht- und Lieferliste sein Siegel. Und jetzt muss ich zugeben, dass wir uns da einer kleinen Täuschung hin und wieder bemächtigten.
Es gibt einen Herren in unseren Kreisen, welcher ein hervorragender Künstler in Bezug auf Siegel oder feinste Goldarbeiten war. Master Bradshaw hatte uns bekannt gemacht, aber gesehen hatte ich ihn seit einiger Zeit nicht mehr. Sein Name war natürlich nur ein Pseudonym um nicht entlarvt zu werden. James Shackelstone, seines Zeichens gebürtiger Londoner, Ende 40, lebte in einem kleinen Anwesen nördlich am Rande der Stadt. Wo genau? Das wussten wir nicht und wenn, würde ich es hier nicht verraten.

 

Um aber zum Thema zurück zukommen, sollte ich noch erwähnen, dass es immer wechselnde Kapitäne und Unterhändler sind, die sich um den Transport kümmern. Schon aus diesem Grunde war es wichtig, dass unsere Idee von einer Vereinigung der Bruderschaft und des Ordens angenommen wurde und weitergetragen wurde. Je mehr Personen sich uns anschlossen um so freier konnten wir handeln und agieren.
Der König selber wurde von Jahr zu Jahr seltsamer, ging es mir durch den Kopf.
„Habt ihr die Schiffe entsprechend umbauen lassen, Daniel? Ich meine die zweiten Wände und Hohlräume am Bug zum Beispiel?“ fragte ich meinen Partner und goss mir noch ein Glas ein.
„Wir haben eine ganze Reihe bereits fertig gestellt und haben diese Verstecke gut getarnt. Ich habe mich selber davon überzeugt!“ seine Worte waren mehr als zuversichtlich und beruhigten mich.

 

Abends erzählte mir Alex, dass Jennifer an einem Buch für Edward und Florence arbeiten wollte. Sie wollte ihre Geschichte in Märchenform für die Kinder aufschreiben.
„Es wäre für sie auch eine Art Erinnerungsbewältigung und würde ihr helfen, die Gedanken zu sortieren. Ich freue mich schon darauf, Geschichten aus dem osmanischen Reich zu hören.“ meine Frau verschlang Bücher wie ein Kind Süßigkeiten! Bis aber die Lebensgeschichte meiner Schwester fertig war, müsste sie sich noch gedulden und das fiel ihr natürlich mehr als schwer.

 

Ungefähr zwei Tage später wurde das abgeänderte Hochzeitskleid meiner Schwester geliefert und die Damen verschwanden zur Anprobe nach oben.
Ich blieb mit Daniel und den Kindern hier unten.
Edward hatte sich seine Zinnsoldaten geholt und begann damit zu spielen. Ich setzte mich zu ihm auf den Boden und gemeinsam stellten wir eine kleine Armee zusammen.
Meine Erklärungen über die Ränge und woran man sie erkennen konnte, stießen auf leichtes Unverständnis.
„Dann … ist auf dem Arm ein Zeichen bei einem Major? Ist das überall dasselbe?“ fragte er grübelnd und besah sich eine Figur genauer.
„Ich vermute, dass es das ist.“ leider hatte ich kein Buch aus meiner Militärzeit zur Hand, wo ich ihm das genauer hätte zeigen können. Auch Master Mormon besaß so etwas nicht.

 

„Meine Liebe! Ich hoffe, das Kleid ist ganz nach deinen Wünschen? Wie gerne würde ich es selber schon sehen!“ Daniel riss mich mit den Worten aus meinen Gedanken und in seinen Augen lag eine innige Liebe, als er Jenny betrachtete.
„Es ist einfach fantastisch, nicht wahr, Alex?“ kicherte sie wissend und stupste meine Frau mit ihrem Ellenbogen.
„Alex… darf ich dich um einen Gefallen bitten?“ meine große Schwester sprach so leise, dass wir sie kaum hörten.
„Immer heraus damit…“ ermunterte Alex sie lächelnd.
„Ich… ich möchte, dass du meine Trauzeugin bist.“ Jennys Blick glitt erst zu Alex dann zu mir und ich sah, dass es ihr ein wichtiges Anliegen war.
„Naaaaaa… ja… Natürlich… ich… haaaaaa….“ Meine Frau begann hektisch mit den Händen vor ihrem Gesicht herumzufuchteln um die Freudentränen zurück zu drängen.
„Danke!“ die beiden Frauen umarmten sich innig und wir hörten ein leises Schluchzen von ihnen.
Master Mormon sah mich mit einem Male ernst an.
„Es wäre mir eine Ehre, wäret ihr mein Trauzeuge! Master Kenway, ich könnte mir niemand Vertrauteren vorstellen.“ seine Worte waren formell, aber mit einem freundschaftlichen Unterton.
„Auch mir ist es eine Ehre an eurer Seite stehen zu dürfen.“ man ist ja nicht jeden Tag Trauzeuge, nicht wahr?

 

Später als wir auf unserem Zimmer waren, ging mir durch den Kopf, dass Alex sich in den Jahren verändert hatte. Zum Positiven möchte ich betonen. Für einen Moment betrachtete ich sie, was ihr natürlich auffiel und sie sofort fragte, was los sei.
„Es ist nichts, mi sol. Aber ich registriere deine persönliche Veränderung in den Wochen, Monaten, Jahren, seit du wieder hier bist. Du hast dich entwickelt. Du bist souverän, wortgewandt, höflich und weißt, wie du dich in dieser Zeit bewegen musst. Mir ist das seit wir hier sind erst bewusst aufgefallen.“ sagte ich anerkennend.
„Ich mag es hier, ich mag diese Höflichkeiten. Auch wenn ich mit einigen Etiketten noch so meine Probleme habe.“ langsam trat sie auf mich zu der ich auf der Bettkante saß.
„Du hast mich verändert, Alex!“ etwas ließ mich den Augenkontakt abbrechen und ich sah auf den Boden zu meinen Füßen.
„Du mich auch. Schon lange bevor wir eigentlich… vereint waren.“ es trat eine Pause ein ehe sie leise weitersprach. Und was sie fragte, ließ mich aufhorchen. „Mi amor. Erzähl mir von Ziio!“
Wo sollte ich beginnen, was sollte ich erzählen? Plötzlich überschlugen sich meine Gedanken und Erinnerungen und es fiel mir schwer alles zu sortieren. Also begann ich damit, wie ich Ziio das erste Mal traf und sie uns half, die Gefangenen aus Silas Händen zu befreien.
Immer wieder ging mir während meiner Erzählung durch den Kopf, dass sich die beiden Frauen vom Charakter her ähnlich sind. Suchte man sich immer wieder die gleichen Partner? Gab es da eine Art Vorliebe oder ähnliches?
Meine Erzählungen gingen weiter über unseren Überfall auf das kleine Fort, wo ich die Pläne über die Marschrouten von Braddock stahl, bis hin zu eben seinem Ableben!
Die Trennung fühlte sich bis heute noch seltsam an, auch wenn ich es immer versuchte zu verdrängen. Diese Frau hatte mich, genau wie Alex, verändert und mich die Welt mit anderen Augen sehen lassen.

 

„Ziio wird immer da sein, Alex. Ich werde diese Frau nicht aus meinem Kopf verbannen können.“ es war mir wichtig, dass sie das wusste.
Auch sie konnte ihren Ex-Verlobten und Yannicks Vater schlecht aus dem Gedächtnis löschen. Das wollte ich nicht, das wollten wir nicht!
„Lass uns einfach diese beiden Personen weiter in gewisser Weise ehren.“ sprach ich leise und schloss Alex in meine Arme.
„Das sollten wir.“ seufzte sie leise und schlief langsam ein.
Auch mir fielen jetzt die Augen zu. Mit einem ruhigen Geist schlief ich ebenso alsbald ein.

Kapitel 4

~~~ Die Hochzeit meiner Schwester ~~~

15. November 1767

 

Wir wurden am heutigen Morgen von einem ohrenbetäubenden Geschrei meiner großen Schwester aus den Betten geholt.
„Wo ist mein Kleid? Und wer in drei Teufels Namen hat mir meinen Schmuck gestohlen?“ in ihrer Panik rannte sie nur im Nachthemd wieder in ihr Zimmer und schmiss die Tür hinter sich zu.
„Da kann man es ja mit der Angst bekommen!“ grinste mich Daniel an, als er schlaftrunken aus seiner eigenen Kammer kam. Er ging seiner Noch-Verlobten hinterher um ihr beizustehen.
Wir wollten gerade zurück in unser Gemach, als Edward mit Walka auf der Treppe auftauchte und uns empört ansah.
„Mama, ist das wahr? Tante Jenny hat man was geklaut? Vater, du musst doch helfen!“
Es fiel mir schwer ein leises Lachen zu unterdrücken, diese Ernsthaftigkeit in seiner Stimme und diese aufgerichtete Haltung passten noch nicht so ganz zu ihm.
„Es ist nichts dergleichen passiert, mein Sohn. Meine Schwester ist einfach nur aufgeregt und hat vergessen, wo sie ihren Schmuck hingelegt hat.“ erklärte ich ihm in Ruhe.
Aus Florences Zimmer war jetzt ein leises Weinen zu hören und Sekunden später eilte Sophia zu ihr.
„Min lille skat, du gehst jetzt auch in dein Zimmer und lässt dich anziehen. Wir wollen heute noch in Ruhe frühstücken und dann zur Kirche fahren.“ bat Alex unseren Sohn und als sie sein wuscheliges Haar betrachtete, hielt sie kurz inne.
„Er bekommt einen Zopf heute, er sieht ja aus wie ein wild gewordener Handfeger.“ grinste sie mich an zur Erklärung.

 

Die gute Garderobe würden wir erst nach dem Frühstück anlegen, aber eine gründliche Rasur brauchte ich schon jetzt, als ich mein Gesicht im Spiegel betrachtete. Michael band meine Haare in einem Zopf im Nacken mit einem schwarzen Seidenband zusammen.
Als wir unten ins Esszimmer traten, war schon alles vorbereitet und wir ließen es uns schmecken. Neben mir hörte ich das obligatorische leise Seufzen meiner Kaffee liebenden Gattin.
In diesem Moment kam mir der Gedanke, dass wir ja jetzt auch schon fast 5 Jahre verheiratet waren.
Darauf angesprochen grinste sie breit.
„So lange schon? Ich glaube, es wird Zeit für etwas neues.“ ihre Zunge müsste eigentlich schon völlig kaputt sein, so oft wie sie sich nicht zügeln konnte.
„Ich werde dir heute Nacht etwas Neues zeigen, Mistress Kenway!“ sprach ich leise mahnend und drückte ihren Oberschenkel. Es wird mir eine Freude sein, ihr mal wieder eine Lektion zu erteilen und ich musste meine schmutzigen Gedanken schnellstens aus meinem Kopf verbannen.
Also konzentrierte ich mich auf die anstehenden Feierlichkeiten heute.

 

Jenny bekam kaum einen Bissen runter und zitterte wie verrückt, als sie ihren Tee versuchte zu trinken. Sie verschüttete die Hälfte einfach. Aber auch Daniel war kaum ansprechbar!
„Ich habe bestimmt etwas vergessen! Wo sind die Ringe, meine Liebe? Hast du sie irgendwo gesehen?“ plagte ihn etwa auch ein löchriges Gedächtnis? Das würde ja noch ein spannender Tag werden.

 

Gegen 9 wurden wir alle für die Trauung eingekleidet und es war gut, dass es erst jetzt gemacht wurde. Edward und Florence hatten nicht mit der Kleckerei gespart.
Die Kleidung der Kinder war mir noch nicht bekannt, aber als Alex fertig zurechtgemacht vor mir stand, lief mir ein wohliger Schauer über die Haut. Sie sah in diesem dunkelblauen Seidenkleid mit den vielen schwarzen Stickereien traumhaft aus.
Michael hatte mir für diesen Anlass meine schwarze Meistertemplermontur rausgesucht.
„Du siehst fantastisch darin aus, mi amor.“ hauchte Alex lüstern an meinem Ohr. Ich wusste, sie liebte diese Kleidung an mir und das ließ mich breit grinsen. Nicht nur, weil mir die heutige Nacht wieder in den Sinn kam, auf die ich mich freute.

 

Als wir die Treppe hinuntergingen, standen dort unten bereits Master Mormon in seinem feinsten Anzug und daneben unsere Kinder mit Sybill und Sophia.
Florence hatte ein Kleidchen im gleichen Farbton wie das von Jenny laut Alex. Edward hatte einen wunderschönen Anzug in ebenfalls Lila mit einer kleinen schwarzen Halsbinde und dunkler Weste darunter.
„Bei Odin, Edward sieht aus wie du, nur in Klein, Haytham!“ stammelte Alex mit zittriger Stimme. Sie kannte mich ja auch als kleinen Jungen … ein für mich immer noch surrealer Gedanke, aber ich schweife ab.
Wie es Alex´ Wunsch war, hatte Sybill die Haare unseres Sohnes zusammengebunden. Unsere Tochter sah einfach zuckersüß in diesem bauschigen Kleid aus. Ihre Haare hatte Sophia so gut es ging gekämmt und kleine Zöpfe geflochten.
Meine Frau ließ sich auf die Knie vor ihnen nieder und schloss sie mit Tränen in den Augen in ihre Arme.
„Wieder einmal reagierst du wie meine eigene Mutter, wenn sie mich in so feiner Garderobe sah.“ auch mir versagte dabei ein wenig meine Stimme.
Plötzlich stand sie auf, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich einfach! Für einen kurzen Moment genossen wir diese Liebkosung, ehe uns die Pflicht heraus holte.

 

Daniel und ich sollten jetzt aufbrechen.
„Daniel, es ist Zeit, dass ihr schon einmal mit mir vorfahrt zur Kirche.“ dreimal musste ich meinen zukünftigen Schwager auf mich aufmerksam machen, ehe er registrierte, dass man mit ihm sprach.
„Oh, verzeiht! Ja, wir sollten aufbrechen.“ er klang etwas atemlos und sah sich noch einmal um.
„Glaubt mir, ihr habt nichts vergessen!“ ich nahm seinen Arm und zog ihn zum Eingang. Draußen wartete eine separate Kutsche auf uns. Wir würden vor den Frauen in der Kirche eintreffen und gegebenenfalls noch ein paar Änderungen besprechen.
Nach ungefähr 30 Minuten trafen wir vor dem Gotteshaus ein, wo der Pfarrer bereits auf uns wartete.
Nicht nur er, auch einige Gäste waren bereits eingetroffen und warteten auf die Brautleute. Hier und da grüßten mich mir bekannte Gesichter, ehe uns der Gottesmann auf sich aufmerksam machte.
„Master Mormon, Master Kenway! Wie ich sehe, hat alles reibungslos funktioniert. Dann lasst uns den Ablauf noch einmal kurz besprechen.“
Wir gingen hinter ihm hinein und ich ließ meinen Blick über das prachtvolle Gewölbe und die verzierten Säulen gleiten. Eine wunderschöne Kirche!
Pfarrer Ingbert Merchant führte uns in die Sakristei, wo wir Platz nahmen. Ein kleiner Raum im hinteren Bereich des eigentlichen Kirchenschiffes mit einem kleinen vergitterten Fenster an der linken Seite diente uns jetzt zur Besprechung.

 

„Das Blumenarrangement und der Schmuck allgemein ist in einem, euren Wünschen entsprechendem hellen lila, Master Mormon. Wer wird die Ringe überreichen?“ dabei sah er fragend zu mir.
„Mein Sohn Edward übernimmt das, Vater Merchant. Das kleine Kissen habe ich in meiner Tasche.“ sprach ich, als ich nach dem Gegenstand fischte.
„Ihr werdet ihn instruieren, wann er zu uns an den Altar treten muss?“ fragte er nach.
„Wir haben ihm bereits erklärt, was er machen soll. Er ist schon sehr aufgeregt.“ lachte ich leise und hoffte, dass alles glatt lief nachher.
„Ihr seit der Trauzeuge für Master Mormon, wer wird der Braut als Zeugin zur Seite stehen?“ wir hatten völlig vergessen ihn darüber zu informieren, es war aber auch etwas kurzfristig.
„Meine Frau wird das sein. Alexandra Kenway.“ er notierte sich den Namen und sah dann wieder zu mir.
„Welche Konfession hat eure wehrte Gattin, Master Kenway?“
Für einen Moment wusste ich nicht, was ich antworten sollte. Erst jetzt fiel mir ein, dass sie als Trauzeugin gar nicht fungieren durfte. Sie gehörte weder den Protestanten noch Baptisten noch sonst wem an.
„Meine Ehefrau gehört keiner religiösen Gemeinschaft an.“ antwortete ich vage.
„Oh, das ist natürlich … sie ist also auch nicht getauft in Gottes Namen?“ sein Blick durchbohrte mich schon fast.
„Doch, ist sie. Aber … ihre Familie lebte schon religionsfrei, Vater.“ wie sollte ich ihm das erklären, ohne dass er sie gleich verbannen würde.
Daniel ergriff das Wort und Partei für meine Frau. Verwundert sah ich ihn bei seinen nächsten Worten an.
„Vater Merchant! Meine zukünftige Gattin wünscht es so! Schließlich ist Mistress Kenway ihre Schwägerin und sie kann für sich entscheiden, wer ihr beisteht.“
„Aber das geht nicht so einfach!“ stammelte der Herr vor uns und blätterte in seinen Unterlagen herum. Wonach suchte er? Nach einem Gesetzes-Paragraphen oder Vers aus der Bibel, der uns überzeugen sollte?
„Nun gut, dann sollten wir … eine Ausnahme machen?“ immer noch fand er nicht die richtigen Worte und sah uns hilfesuchend an.
„So wird es sein, eine gute Entscheidung!“ Daniel sah grinsend in meine Richtung, während der Pfarrer alles notierte mit einem kleinen feinen nicht ganz der Wahrheit entsprechenden Zusatz. Alex war mit einem Male Protestantin. Das musste sie aber ja nicht wissen und ich bat meinen zukünftigen Schwager ebenso stillschweigen zu bewahren.

 

Alles war geklärt und wir verließen die Sakristei wieder um auf die Braut und ihre Entourage zu warten.
Neben mir trat Daniel von einem Fuß auf den anderen vor Nervosität, also bat ich ihn schon einmal hinein zugehen und sich auf eine der Bänke zu setzen, bis die Kutsche vorfuhr.
Ich selber wurde aber auch etwas kribbelig und der Gedanke, dass ich meine Frau auch lieber mit dem Segen Gottes geehelicht hätte kam mir in den Sinn.
Und dann fuhren die Damen vor und als meine Schwester in ihrem Brautkleid vor mir stand, musste ich schlucken!
Sie sah fantastisch aus!

 

 

Kapitel 5

~~~ Die Trauung meiner Schwester ~~~

 

Hier eine kleine Musikempfehlung beim Lesen <3

 

Dieses seidene Kleid mit der darüber liegenden lilafarbenen Spitze unterstrich ihre erhabene Haltung und ihre silber schimmernden Haare glänzten in der leichten Novembersonne.
„Du meine Güte! Ich kann gar nicht in Worte fassen, was ich gerade denke, Jenny!“ ich nahm ihre Hände in meine und sah sie für einen Moment einfach nur an.
„Haytham, es reicht wenn ich weiß, dass du hier bist mit deiner Familie.“ sprach sie leise und schluckte schwer. Ihr Blick wanderte zu Edward und Florence, welche schon erwartungsvoll da standen mit den kleinen Körben lilafarbener Blütenblätter.
„Wollen wir dann zur Tat schreiten?“ fragte ich lächelnd und reichte ihr meinen Arm. Ich würde sie ihrem zukünftigen Gatten übergeben. Unser Vater begleitete uns vermutlich gerade ungesehen im Geiste um an ihrer Seite zu sein.
Ich bin da! Hörten wir ihn und lächelten uns an.

 

Als wir durch das große Eingangsportal traten, begann die Orgel zu spielen und die Anwesenden erhoben sich.
Wir schritten im Mittelgang an ihnen langsam vorbei. Jennifer erntete anerkennende Blicke, hier und dort auch fragende oder zweifelnde Blicke, doch das störte sie nicht mehr. Sie war an ihrer Rolle als verschollen geglaubte Tochter eines berüchtigten Piraten gewachsen! Ich war stolz auf sie und führte sie genauso durch die Reihen der Gäste.
Daniels Gesicht war etwas blass, aber er hielt sich tapfer.
Ich reichte ihm die Hand meiner Schwester mit den Worten, er möge sie ehren und beschützen!
„Das werde ich, Master Kenway!“ ein wenig hatte er seine Stimme verloren wie es schien, als er Jenny erblickte.
Die Kinder hatten vorerst auf der ersten Bank Platz genommen neben ihren Kindermädchen. Edward bekam die Ringe erst später, dass wusste er schon.
Alex stand jetzt mir gegenüber neben Jenny und lächelte mich an.
Die Ansprache des Pfarrers war etwas überraschend. In dieser brachte er die vielen Glaubensrichtungen mit ein. Er sprach von den verschiedenen Kulturen, welche zusammen geführt werden könnten, wenn man nur wollte! Hatte ihn die Tatsache, dass meine eigene Gattin dem nordischen Glauben vertraute, dazu bewogen?
Danach war es Zeit für Edward und die Ringe. Ich ging zu ihm hinüber um ihm das kleine Kissen zu geben.
Als er damit dann auf uns zuhielt grinste er stolz, hielt vor Master Mormon an und übergab den Schmuck. Kaum war diese kleine Aufgabe erfüllt, stellte er sich stolz neben seine Mutter. Er war froh, dass nichts passiert war.

 

Die Gelübde wurden vorgetragen, die Ringe getauscht und dann sprach Vater Merchant zu den Eheleuten.
„Hiermit erkläre ich euch vor Gott, dem Allmächtigen, zu Mann und Frau! Ihr dürft eure Frau nun küssen!“
Für einen Moment passierte nichts, die beiden Brautleute standen sich nur gegenüber und lächelten sich an. Erst ein leises Räuspern des Gottesmannes holte die beiden aus ihrer Starre.
Der folgende Kuss war innig und voller Liebe. Meine Schwester hatte ihr Glück gefunden!
Mein Sohn sah die beiden fasziniert an, drehte sich zu seiner Mutter und flüsterte ihr etwas zu. Grinsend erklärte sie ihm etwas und dann glitt ihr Blick in meine Richtung. In ihren Augen sah ich ein sanftes Leuchten, eines was sie nur in sehr, wie soll ich sagen, pikanten Momente hatte. Wer weiß an was sie gerade wieder dachte, schmunzelte ich in mich hinein!

 

Der Auszug der beiden Eheleute wurde von großem Applaus untermalt. Draußen wartete eine wunderschön geschmückte Kutsche auf die beiden, welche sie wieder nach Hause bringen würde.
Während wir in der Kirche waren, sollte alles in der Villa vorbereitet werden. Meine Schwester hatte alles bis ins kleinste Detail geplant und durchdacht. Sie hatte nichts dem Zufall überlassen. Daniel hatte mir von ihrer akribischen Arbeit berichtet und war des öfteren einfach aus dem Raum hinaus gegangen, weil es ihm zu viel wurde.
„Jenny sieht so glücklich aus, mi amor. Ich bin froh, dass sie einen so liebevollen Mann gefunden hat.“ hauchte Alex an meine Schulter gelehnt, als wir in unserer eigenen Kutsche wieder zum Anwesen fuhren.
„Sie hat es verdient und ich habe damals schon Daniel ermuntert, ihr weiter den Hof zu machen. Mitunter ist meine große Schwester einfach blind für derlei Avancen. Ganz zu schweigen von ihrem Dickschädel.“ mir entglitt ein leises Kichern.
„Ich mag Mädchen nicht.“ schüttelte sich Edward und ich sah ihn fragend an.
„Dein Sohn findet, sie sind doof und riechen nicht so lecker wie ich.“ für einen Moment konnte ich diese Aussage nicht wechseln und sah meine Frau fragend an.
„Vater, das stimmt doch, oder nicht? Ich mag Mama viel lieber als die anderen Mädchen.“ mein Sohn saß mit geschwellter Brust vor uns und wartete auf meine Zustimmung.
„Da hast du völlig Recht, mein Sohn. Keine andere Frau ist wie deine Mutter!“ wir nickten uns wissend zu.

 

In unserem Anwesen erwarteten uns bereits die Gäste und ein himmlisch duftendes Essen. Wir nahmen im großen Esszimmer Platz und ließen uns den guten Wein schmecken.
Nach dem Hauptgang erhob sich Daniel und hielt eine kleine Rede in der er sich für das Erscheinen, die Glückwünsche und Geschenke bedankte. Auch berichtete er von seinen hartnäckigen Versuchen, das Herz meiner Schwester zu erobern.
„Ich wusste, es würde nicht einfach werden, aber ich wollte nicht so schnell aufgeben. So eine Frau findet man nicht an jeder Straßenecke.“ erzählte er fröhlich und vor allem voller Stolz weiter. „Meine Geduld hat sich ausgezahlt, weil ich jetzt eine bezaubernde Gattin an meiner Seite habe, die mich glücklich macht und ich hoffe, ich sie ebenso!“ er erhob sein Glas und prostete den Gästen zu.
Zustimmendes Klatschen war zu hören und hier und da ein „Hört! Hört!“ von einigen Herren.
Jetzt war es an mir ein paar Worte an die Eheleuten zu richten.
Ich hatte lange überlegt, was ich sagen sollte. Aber als ich Daniels Gelübde gelesen hatte, war mir klar, dass ich den Zusammenhalt einer Familie hervorheben sollte unter anderem.

 

„Wer hätte gedacht, dass ich die Ehre haben werde, an deiner Hochzeit dabei sein zu können. Wir waren uns nicht immer einig, hatten unsere Meinungsverschiedenheiten. Erinnerst du dich? Du hast mich immer mit einer Nadel gestochen, wenn ich wieder einmal zu oft nachgefragt habe, ob du mit mir spielst.“ ein Lachen ging durch die Reihen der Gäste. Sie hatten vermutlich dabei das Bild im Kopf, wie ich vor meiner großen Schwester davonlief als kleiner Junge.
„Ich bin dennoch froh, dich als Schwester zu haben und ich hoffe, du kannst mir eines Tages verzeihen!“ als ich in diesem Moment in ihre Augen blickte, sah ich sie mit Tränen gefüllt. Zu spät hatte ich sie gesucht, zu spät habe ich wieder an sie gedacht. Doch das wollte ich wieder gut machen!
„Unser Vater wäre heute stolz auf dich, Jenny.“ ich erhob mein Glas in ihre Richtung und dann war es Zeit meinem Schwager ein paar Worte zukommen zulassen. Ich wünschte ihm alles erdenklich Gute, vor allem eine zufriedene und glückliche auf ewig dauernde Ehe! „Ein Hoch auf die Brautleute!“ und alle stimmten mit ein!
Jenny, Alex und einige andere Damen konnten ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und hielten sich ihre Taschentücher vor die Nasen.

 

Als ich wieder neben meiner Frau saß, sah sie mich grinsend an.
„Was wirst du nur sagen, wenn deine Tochter später einmal heiratet, oder Edward?“
War nicht jetzt dieser Tag schon genug? Florence? Heiraten?
„Florence heiratet erst, wenn ich es ihr erlaube und ich ihr…“ ich unterbrach mich selber und fuhr dann fort „Nein, sie soll sich ihren Mann selber aussuchen.“ zum ersten Mal seit Monaten konnte ich meine Emotionen nicht ganz zügeln und aus meinem Gesicht verbannen. Meine Gattin bemerkte diese Gefühlsregung auf Anhieb.
„Wir passen schon auf sie auf. Außerdem werde ich ihr schon zeigen, wie sie sich gegen euch Männer durchsetzen kann.“ ihr Ellbogen stupste in meine Seite mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.
„Die armen Verehrer, mi sol.“ ich sah die armen Herren schon vor mir, wie sie vor ihr davon liefen, weil sie eine gefühlte Enzyklopädie an Fragen für sie vorbereitet hätte.

 

Die Feier war wie viele Empfänge und ich unterhielt mich hier und da mit einigen Herren. Ab und an stellte man mir, aus Unwissenheit vermutete ich, ein paar unverheiratete Töchter vor.
Ich sah schon Alex, wie sie sich über diese Anzüglichkeiten der Damen echauffierte und ihnen am liebsten die Augen auskratzen würde. Es blieb aber friedlich.
Daniel, ein paar Herren unseres geheimen Bundes und meine Person zogen sich für eine Weile in das ehemalige Studierzimmer meines Vaters zurück.
Ein Gentleman hatte nämlich erst heute die Information erhalten, dass eine ganze Gruppe unserer Anhänger sich in einer Taverne getroffen hatten. Die dort belauschten Gespräche ließen nichts gutes verheißen. Man plante sich gegen uns zu erheben. Namen fielen leider keine und auch die Beschreibung der Brüder und Schwester ließ mich im Dunkeln tappen. Widersacher hatten wir, damit mussten wir lernen umzugehen. Aber gezielte Angriffe konnten wir uns einfach nicht leisten.
In diesem Moment war ich froh, dass wir genügend Spitzel in allen Bereichen des alltäglichen Lebens und des Parlaments hatten. Vom Militär und dem Königshof einmal abgesehen. Dort herrschte ein heilloses Durcheinander, weil man sich nie wirklich einig wurde, was die zu erhebenen Steuern anbelangte.
Dann war es die Teesteuer, nein, die wurde wieder fallen gelassen. Fürs erste!
Wer weiß, was wir noch zu erwarten hatten.
„Wenn das so weitergeht, kann ich bald nicht einmal mehr meine Briefe steuerfrei auf einem Postschiff nach Spanien bringen lassen. Empörend!“ rief ein Herr und man stimmte ihm nickend zu.
„Vor allem was wird aus meiner Whiskeybrennerei und dem Handel der damit verbunden ist. Man will mir das verbieten!“ merkte ein anderer Gentleman wütend an.
Es war noch ein langer Weg für uns!
Hoffentlich konnten wir weiterhin, so gut es eben ging, die Waren schmuggeln. Wohl war mir nie dabei, aber es ließ sich nicht ändern. King George III presste jeden Penny aus seinen Untertanen und wer nicht zahlen wollte oder konnte wurde hinter Gitter gebracht. Diese Zustände waren einfach nicht mehr tragbar.
Wir mussten daran etwas ändern.
Doch heute galt es meine Schwester und ihren Mann zu feiern. Die nächsten Monate und Jahre würden zeigen, was wir gegen diese Unterdrückung machen konnten.

 

Gegen Mitternacht wurde den frisch Vermählten nahegelegt, lautstark wohlgemerkt, die Hochzeitsnacht anzutreten. Mit hochrotem Kopf stieg meine Schwester mit Daniel die Treppen zu ihrem Schlafgemach hoch. Ich wünschte ihnen eine unvergessliche Nacht und das meinte ich ehrlich!
Diese Nacht aber gehörte auch meiner Frau und mir! Die Kinder waren bereits friedlich eingeschlafen und Alex schmiegte sich wohlig seufzend an meine Brust als wir endlich in unserem Bett lagen.
Nachdem die Gäste nach und nach gegangen waren, konnten auch wir uns zurückziehen.
„Mi sol, du willst doch nicht wirklich einfach so einschlafen, oder? Denke an heute Morgen!“ ich hatte nicht vergessen, dass sie heute etwas neues erleben würde.
Mir war vor ein paar Tagen schon einmal ihr gläsernes Spielzeug in den Sinn gekommen und überlegte, wie ich es gekonnt mit in unser Liebesspiel einbauen konnte.
Zuerst ließ ich sie meine Zunge und Finger spüren. Als sie sich mir völlig öffnete nahm ich ihr glattes durchsichtiges Spielzeug zur Hand und führte es langsam in sie ein. Ihr wohliges Stöhnen brachte mich langsam in Extase und ich fuhr fort, bis ich kaum an mich halten konnte.
Sie sollte in dieser Nacht nicht nur mich sondern mehr spüren und ihr überraschter Ausdruck, als ich sie nahm und ihren Lustspender ebenfalls weiter nutzte, zeigte mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ich genoss ihre leisen Seufzer, wie sie sich an mich klammerte und um mehr bettelte.
„Ich wusste, du würdest es mögen, mi sol. Es fühlt sich fantastisch an.“ meine Stimme klang wie ein Reibeisen, während ich mich weiter in ihr bewegte.
„Ich liebe es, mi amor.“ hauchte sie plötzlich und ließ mich die Kontraktionen ihres Höhepunktes spüren, welche mich schneller als mir lieb war über die Schwelle brachten.
Diese Frau hatte zwischenzeitlich Bilder im Kopf gehabt, die mich noch mehr erregten. Auch wenn ich ihre Fantasie mit einem weiteren Mann im Bett nicht so einfach tolerieren konnte.
„Du hast recht schmutzige Gedanken, mi sol. Ich liebe sie!“ flüsterte ich und zog mich aus ihr zurück.
„Und du lässt sie mich ausleben, mi amor. Dafür liebe ich dich.“ ihre Lippen berührten meine Brust und hinterließen eine wohlige Gänsehaut.
„Ich dich auch, mi sol.“

 

Kapitel 6

~~~ Familienzeit und Bestandsaufnahme ~~~

 

In den Tagen nach der Hochzeit hatten wir ein wenig Zeit zu verschnaufen.
Alex und ich nutzten die Gelegenheit unser Büro hier aufzusuchen um persönlich nach dem Rechten zu sehen.
Es hatten weitere Brüder und Schwestern ihren Weg in unsere Reihen gefunden, wie ich erfreut feststellte.
Der Kreis der Verbündeten wuchs stetig, nicht nur hier in London.
Ein Herr erzählte von einer Gruppe in Schottland, die sich unserer Vision von vereinten Bünden angesprochen fühlte. Ebenso gab es Divisionen in Irland.
Stolz betrachtete ich unser Werk, während ich durch die Räumlichkeiten schritt um mir eine Übersicht von den Fortschritten zu machen.
Daniel hatte die Renovierung hervorragend geleitet und die hier arbeitenden Damen und Herren waren mehr als zufrieden mit ihren Büros.
Außerdem konnte ich hier auch Einsicht in die Bücher nehmen, welche sich mit den anderen Immobilien hier befassten. Einnahmen, sowie Ausgaben der Häuser aus Zeiten meines Vaters mussten wir immer noch im Auge behalten.

 

Mit Florence und Edward konnten wir ebenfalls noch London erkunden.
War er bei unserem letzten Besuch auch nicht so zu begeistern, war er wie ausgewechselt bei unserem jetzigen Spaziergang.
Hier und da erklärte ich ihm die Gebäude, wann sie gebaut wurden oder wie lange es gedauert hat bis es fertig gestellt war.
Fasziniert sah er dabei an der Mauer einer prunkvollen Villa empor.
„Wie kommen die Steine aber dort oben hin, Vater? Haben sich die Arbeiter die zugeworfen?“ fragte er immer noch staunend.
„Nein, es wird ein Gerüst gebaut, auf dem sie sich immer weiter nach oben gebaut haben. Und mit einem Flaschenzug wurde das Baumaterial in die nächsten Etagen gehievt.“ mit den Fingern deutete ich Richtung Dach.
„Hier sind die Häuser alle aus Stein, aber warum bei uns daheim nicht?“
Ich war es, der jetzt etwas perplex dastand und keine sofortige Antwort parat hatte. Für einen Moment überlegte ich, wie ich ihm die verschiedenen Baustile erklären könnte.
„Schau, Steine sind in Virginia nicht so einfach zu bekommen. Dort gibt es viel mehr Bäume und es ist nicht ganz so kostspielig. Aber es gibt auch Häuser in Amerika, die aus Ziegelsteinen gebaut wurden.“
„Wenn ich groß bin, will ich auch ein Haus aus Stein haben.“ sein Blick glitt wieder über die weiße Fassade.
„Das wirst du, Edward. Ganz bestimmt.“ lächelte ich ihn an und nahm ihn auf den Arm.

 

Dieser Tag startete mit Sonnenschein nachdem es die ganze Nacht geregnet hatte. Der Winter hielt noch nicht wirklich Einzug.
Unser weiterer Weg führte uns durch einen kleinen Park, wo Florence begeistert die Vögel beobachtete und mit einem Male einen Stein hochhob unter dem sich Regenwürmer hastig versuchten wieder in die Erde zu graben.
Mit ihren kleinen Händen wollte sie nach den Tieren greifen, aber unser Sohn hielt sie vehement auf.
„Flo, nicht! Lass sie in Ruhe.“ Edward erklärte seiner kleinen Schwester, dass man die Tiere nicht ärgern darf. Sie hätten ja auch eine Mama und einen Papa, die wären dann ganz traurig und so weiter. Es war interessant einmal zu sehen, wie er seine Welt eigentlich wahrnahm.
„Komm, ich zeige dir, wie du die Würmer wieder vergraben kannst.“ so schnell konnte ich nicht gucken, da fielen beide auf die Knie in den Matsch und begannen eine Kuhle zu graben damit die ringelnden Tiere ihren Weg wieder unter die Erde finden konnten.
Eigentlich hatte ich vorgesehen in einer Taverne zu Mittag zu essen. DAS konnten wir jetzt vergessen und ich ließ meinen Unmut über unseren dreckigen Nachwuchs raus.
„So können wir schlecht mit den beiden noch in einer Taverne zu Mittag essen. Sieh sie dir an, mi sol.“ Alex´ Blick zeigte, dass sie nicht wusste, was sie falsch gemacht haben könnte. Mein Ton war etwas zu vorwurfsvoll befürchte ich.
„Verzeiht, Master Kenway. Aber ich habe…“ weiter kam Sophia aber nicht, weil Florence mit ihren dreckigen Händchen über Edwards Gesicht fuhr. Dieser betrachtete es als Aufforderung es ihr gleich zu tun und beide kicherten dabei.

 

Also machten wir uns auf den Rückweg, damit man sich wieder frische Sachen anziehen konnte. Dann würden wir wohl oder übel daheim Essen.
Gerade waren wir ein paar Meter aus dem Park heraus, da begann es wie aus Eimern zu schütten und im Nu waren wir alle völlig durchnässt.
Schnellen Schrittes eilten wir die Straßen entlang, eine Kutsche war leider nicht in Sicht.
Als wir in die Villa traten, war die Eingangshalle verwaist, genauso wie der Salon. Waren meine Schwester und ihr Mann etwa auch auf einem Spaziergang?
Diese Frage erübrigte sich, als meine Frau und ich in unserem Zimmer neue Garderobe anbekommen hatten, während die Kinder ebenfalls umgezogen wurden.
Plötzlich flog unsere Tür auf und Edward rief uns aufgeregt zu, seiner Tante ginge es sehr schlecht und wir sollten ganz schnell nachsehen kommen.
Schnell sprangen wir auf und liefen über die Galerie in Richtung des Schlafzimmers meiner Schwester. Ich hätte es mir ja auch denken können, nicht wahr?
Man hörte eindeutige Geräusche aus dem Inneren, welche sicherlich nicht von Unwohlsein herrührten.
Gerade als Edward im Begriff war, die Türklinge zu betätigen zog ich ihn davon weg und nahm ihn auf meinen Arm.
„Vater, was ist denn? Tante Jenny tut etwas weh, hast du das nicht gehört?“ fragte er entrüstet und wollte wieder runter gelassen werden.
„Nein, ihr geht es gut. Tante Jenny… räumt aber gerade auf und atmet deswegen so schwer, Edward.“ druckste ich etwas verlegen herum und spürte, wie meine Wangen rot wurden. Wie sollte ich ihm sagen, WAS die beiden dort gerade taten? Er war gerade mal 4 Jahre alt!

 

Von meiner Frau konnte ich anscheinend auch keine Hilfe erwarten. Sie stand grinsend neben mir. In ihren Gedanken sah ich, dass sie gespannt auf meine aufklärenden Worte wartete.
„Möchtest du nicht auch etwas dazu beitragen, mi sol?“ fauchte ich sie an.
„Nein, ich denke du hast es ganz gut getroffen.“ ihr Kichern war ebenso wenig hilfreich. Aber Alex´ ging durch den Kopf, dass unsere Kinder ähnliche Geräusche auch bei uns schon gehört haben werden.
Wir wurden aber mit einem Male von der Hausherrin selber unterbrochen, welche mit einem Strahlen im Gesicht erschien.
„Oh, ihr seid schon wieder zurück?“ ein Blick aus dem Fenster und sie zählte eins und eins zusammen.
„Tante Jenny, bist du jetzt fertig mit dem Aufräumen?“ konnte mein Sohn nicht einfach mal seine Neugierde abstellen?
Aber gleichzeitig musste ich grinsen, weil SIE jetzt eine Antwort geben musste. Ihr Blick wanderte von Alex zu mir und dann zu ihrem Neffen.
„Ähm… ja, Edward. Natürlich! Onkel Daniel hat mir geholfen, da ging es… recht schnell…“ stammelte sie verlegen mit leicht gerötetem Gesicht.
Neben mir gluckste Alex ob ihrer zweideutigen Gedanken bei diesem Satz.
„Mistress Scott-Mormon, das Essen ist serviert.“ hörten wir die Angestellte, die an der Tür stand.
Dankbar für diese Ablenkung, verschwand Jenny mit hochrotem Kopf im Esszimmer.
„Nicht mehr lange, dann solltest du Edward aufklären, mi amor.“ flüsterte Alex leise.
„Warum ich?“ das wäre doch noch sehr weit in der Zukunft.
„Weil du als Mann sicherlich deinem Sohn einige Dinge die mit ihm und seinem Körper passieren besser und glaubhafter erklären kannst als ich.“ meine Frau hatte sich mittlerweile bei mir untergehakt und sah mich erwartungsvoll von der Seite an.
„Nun gut. Beizeiten, aber bestimmt nicht jetzt!“ sprach mit Nachdruck.

 

~~~

 

Einen Tag vor Edwards und meinem Geburtstag machten sich die Damen auf um ein paar Geschenke zu besorgen.
Somit hatte ich etwas Zeit mich mit Daniel in Ruhe zu unterhalten, soweit es denn mit Kindern im Raum ging.
Hier und da kabbelten sich die beiden oder spielten Sekunden später wieder friedlich miteinander.
Sophia und Sybill waren selbstverständlich ebenfalls mit anwesend und hatten immer ein Auge auf ihre Schützlinge.
„Leider waren meiner verstorbenen Gattin und mir keine Kinder vergönnt.“ der Blick meines Schwagers war für einen Augenblick voll Trauer, doch er schüttelten diesen Gedanken wieder ab. „Umso mehr kann ich jetzt eure Kinder verwöhnen.“ ein Lächeln tat sich in seinem Gesicht auf, als er zu Florence und Edward sah.
„Das hoffe ich doch.“ sprach ich leise und wies ihn noch einmal darauf hin, dass wir jetzt Familie waren und keine reinen Geschäftspartner. Die Etikette war in diesen Wänden nicht von Nöten.
„Ich vergesse es gerne immer wieder.“ wir stießen auf die Frauen an und ließen uns den guten Whiskey schmecken.

 

Jenny und Alex kamen am frühen Abend wieder, gerade rechtzeitig für das Abendessen und sahen sehr zufrieden aus.
Etwas in den Augen meiner, als sie mich begrüßte, ließ mich aber stutzen. Ich fühlte, dass sie etwas beschäftigte. Eine Aussage meiner großen Schwester. Welche das war konnte ich nicht ausmachen. Ihr Geist war verschlossen.
Vielleicht würde sie mir später davon berichten.
Nach dem Essen saßen wir im Salon und die Kinder wurden zu Bett gebracht. Unser Sohn war so aufgeregt aufgrund seines morgigen Ehrentages, dass er kaum zu beruhigen war. Florence hingegen hatte sich ohne Murren Bett fertig machen lassen.
Alex kam mit einem tiefen Seufzer hinein und ließ sich neben mir nieder.
„Mi amor, wir sollten Edward bald das Schreiben und Lesen beibringen.“ ihre Worte kamen leise und etwas nachdenklich über ihre Lippen.
Gerade sie hatte diese Idee? Bisher hatte meine Frau die Schulbildung unseres Sohnes vor sich hergeschoben. Er war zu jung, ihrer Meinung nach.
„Und das aus deinem Mund, mi sol. Woher der Sinneswandel?“ hakte ich deshalb leise lachend nach.
„Edward braucht dringend diese Möglichkeit, alles niederzuschreiben. Ich kenne es selber ja auch. Damit bekommt man den Kopf recht schnell frei und ich weiß, dass auch du schon sehr früh damit begonnen hast. Aber… dafür müsste er zur Schule und ich finde eigentlich ist das noch zu früh.“ bei dem Wirrwarr gerade in ihrem Kopf, war es wohl eher umgekehrt.
„Ich glaube, DU solltest erst einmal Ordnung in deinen Kopf bekommen, bevor wir über Edwards Schulbildung reden. Im Grunde hast du aber Recht. Vergiss jedoch nicht, Vater hatte für mich Hauslehrer, weswegen ich schon so zeitig das Schreiben, Rechnen und Lesen gelernt habe.“ erklärte ich ihr meine damalige Situation.
„Hauslehrer stehen nicht auf meinem Plan für die Erziehung unserer Kinder, mi amor.“ dabei gähnte sie herzhaft und kurz darauf verabschiedeten wir uns für die Nacht.

 

Kapitel 7

~~~ Von Träumen und Geschenken ~~~

 

In der Nacht zu meinem Geburtstag hatte ich einen merkwürdigen Traum. Es war nicht zu vergleichen mit einem Fiebertraum, aber es fühlte sich sehr seltsam an.
Eine Siedlung erschien vor mir mit einem Haus aus roten Backsteinen an einer Klippe, dahinter lag eine Bucht mit einem im Wasser verrottenden Schiff. Ich hatte es schon einmal gesehen, es war die Aquila der Assassinen, die mich damals auf meinem Weg in die Kolonien und nach dem Mord in der Oper auf der Providence verfolgte!
Mein Blick wanderte weiter umher um die Umgebung näher zu betrachten.
Die Sonnenstrahlen mahlten Muster zwischen den dichten Laubbäumen auf den Boden und ich sah einen jungen Mann auf mich zukommen. Er trug einen Assassinenornat und in seinen Gesichtszügen lag etwas sehr vertrautes. Seine Haut glich der von Ziio, dachte ich verwundert und wollte auf ihn zugehen, doch dann verschwamm alles vor meinen Augen und vor mir standen Edward und Florence!

 

Mich weckte ein Stupsen in meiner Seite, verschlafen öffnete ich die Augen und sah Alex neben mir auf dem Bett knien.
In ihrer einen Hand hatte sie eine kleine Kerze und zu meiner Freude in der anderen eine dampfende Tasse Tee.
Leise begann sie mir ein Geburtstagsständchen zu singen.
Im Anschluss forderte sie mich auf die Kerze auszublasen und mir etwas zu wünschen. Oh, da hatte ich durchaus einiges, was aber ausschließlich meine Frau mir geben konnte. Gerade als ich den Mund aufmachen wollte um es auszusprechen, legte sich ihr Finger auf meine Lippen.
„Nicht sagen, sonst geht es nicht in Erfüllung.“ flüsterte sie und gab mir einen sanften Kuss.
Die Tasse und die Kerzen platzierte ich auf dem Nachtschrank und drehte mich wieder zu ihr.
„Dann zeige ich dir halt, was ich mir gewünscht habe…“ damit lag sie wie durch Zauberhand unter mir, ihr Hemd schob ich etwas hoch und küsste sie verlangend.
Was soll ich sagen, es ging fast alles in Erfüllung.
Etwas später lag meine Gattin lächelnd neben mir. Ihre Finger strichen sanft über meine Brust als ich ihr Grinsen förmlich spüren konnte.
„Du hast sehr… befriedigende Wünsche, mi amor. Dabei helfe ich doch gerne.“ flüsterte Alex.
„Ich liebe dich, mi sol!“ etwas gedankenverloren ließ ich meine Finger über ihren Oberarm gleiten. Sollte ich ihr von meinem Traum erzählen? Ich beschloss es zu tun.
„Ich habe etwas merkwürdiges geträumt, Alex. Etwas, das wie aus einer alten Erinnerung stammt…“ sie versteifte sich etwas und schob sich zu mir hoch.
„Spann mich nicht so auf die Folter, mi amor.“ forderte sie mich auf.

 

Bei jedem Satz weiteten sich ihre Augen und als ich geendet hatte, schluckte sie schwer.
„Haytham, du hast von Achilles Davenports Herrenhaus geträumt! Du warst dort und hast die Aquila gesehen, die ganze Siedlung scheint man dir gezeigt zu haben. Aber du warst doch nie dort, oder? Hat vielleicht Shay ab und an darüber erzählt, sodass du dich deswegen daran erinnerst?“ hakte sie vorsichtig nach.
„Nein, er hat nie wirklich über seine Zeit bei den Assassinen gesprochen.“ kurz überlegte ich, ob ich auch einfach nur etwas vergessen haben könnte. Aber nein, der Ire hat lediglich hier und da den Namen fallen gelassen, mehr aber auch nicht.
„Dieser junge Indianer den du gesehen hast … du sagst er sah Ziio ähnlich? Richtig?“ das hatte ich zwar nicht ganz so gesagt, aber ja, so konnte man es auch formulieren.
„Das … also … du hast deinen ältesten Sohn gesehen, Haytham.“ flüsterte sie plötzlich und konnte mir dabei nicht in die Augen sehen.
Für den Bruchteil einer Sekunde setzte mein Herzschlag aus.
Der junge Mann sollte mein eigen Fleisch und Blut sein? In diesem Moment wäre ich am liebsten sofort wieder in die Kolonien aufgebrochen um mich selber davon überzeugen zu können.
Als ich fragte, ob es wirklich eine Vision meiner Zukunft gewesen sein könnte, zuckte Alex mit den Schultern.
„Warten wir erst einmal ab, Haytham. Ich werde, wenn wir wieder in Virginia sind, mich auf den Weg zu Achilles machen. Ich glaube nämlich, dass es jetzt dringend Zeit wird.“ in ihrer Stimme hörte ich die Angst, dass sie Achilles vielleicht nicht besänftigen könnte.
Uns waren hier und jetzt die Hände gebunden. Wir mussten uns gedulden bis wir wieder daheim waren. Damit hatte sie absolut Recht!
„Ich hoffe, dass wir bald wieder zurück sein werden.“ mehr brachte ich gerade nicht heraus, gab ihr einen Kuss und stand dann auf.

 

Unten im Esszimmer erwartete uns bereits das Personal, meine Schwester und ihr Gatte sowie ein aufgeregter Edward. Florence hingegen saß bei Sophia auf dem Schoß und sah uns lächelnd an.
Ich hörte, wie unser Sohn seinem Onkel ganz stolz berichtete, er sei jetzt 4 Jahre alt und bald würde er mit einem echten Schwert üben dürfen, damit er seine Mutter und seine Schwester beschützen kann vor bösen Dieben.
Ein gewaltiger Kloß steckte mir plötzlich in der Kehle. Nein, er sollte nicht wie ich selber den Beschützer mimen müssen. Das musste ich unter allen Umständen verhindern. Die Bilder des Überfalls tauchten in meinem Kopf auf und ließen mich mit einem faden Gefühl der Trauer zurück.
„Natürlich wirst du das, Edward! Aber das hat noch etwas Zeit. Bis dahin lerne fleißig und vor allem, ärgere deine Schwester nicht!“ ein etwas gequältes Grinsen trat auf Jennifers Gesicht, als sie mich ansah.
„Das ist wirklich nicht gut, Edward. Lass dir das gesagt sein. Deine Tante hat mich auch immer gepiesackt, wenn ich ihr auf die Nerven ging.“ ich versuchte einen möglichst neutralen Ton zu treffen. Er sollte sich nicht ängstigen, weil wir alle plötzlich so ernst waren.
„Was hat Vater denn gemacht um dich zu ärgern?“ mit einem breiten Grinsen sah er zu mir.
„Oh, ständig hat er mich mit der Frage gelöchert, ob ich mit ihm spiele, aber ich hatte so viel anderes zu tun.“ für einen kurzen Moment sahen meine Schwester und ich uns an und diese Bilder aus leichteren Tagen tauchten auf.
„Und dann hatte ich eine Handarbeitsnadel in meinem Arm. Glaub mir, mein Sohn. Das tut wirklich weh.“ mein Gemüt war wieder etwas erhellter und wir ließen uns alle den Geburtstagskuchen schmecken.

 

„Haytham, ich hoffe, du magst immer noch die Sardinen in Senfsoße. Ich habe es extra für dich geordert.“ Jennifer blickte in meine Richtung mit hochgezogener Augenbraue.
„Du hast gut daran getan. Ich liebe es immer noch.“ leider hatte ich gerade einen Löffel voll mit dieser Köstlichkeit in meinen Mund geschoben, sodass ich nun allen Manieren zum Trotz doch antwortete.
„Vater, nicht wenn du den Mund voll hast!“ Edward sah mich mit ebenso vollem Mund grinsend an.
Unsere Tochter fühlte sich allem Anschein nach mal wieder übergangen und tat dies laut quengelnd auch kund.
„Min lille engel, wenn wir aufgegessen haben, dann kannst du wieder bei deinem Papa auf den Schoß.“ versuchte meine Frau sie etwas zu beruhigen.
Erstaunt sah ich, wie sich ihre zitternden Lippen beruhigten, ehe sie ein kaum hörbares resigniertes Seufzen von sich gab. Danach aß sie in aller Ruhe weiter.
Erfreut stellte ich fest, dass sie genau wie ich diese Sardinen sehr gerne mochte. Alex entging das nicht und diese neue Gemeinsamkeit meiner Tochter mit mir ließ sie liebevoll lächeln.
Edward sprach derweil leise mit Daniel, welcher ihm versicherte, dass gleich noch ein Geschenk auf ihn warten würde!
„Was ist es denn, Onkel Daniel! Bitteeee, sag es mir!“ das Edward nicht noch auf seinem Stuhl dabei herumsprang war alles.
„Ein bisschen Geduld noch. Und schau, deine Eltern haben bestimmt auch noch etwas für dich. Aber nur, wenn du auch brav sitzenbleibst.“ mein Schwager wäre ein guter Vater geworden, ging es mir noch einmal durch den Kopf.

 

Später im Freizeitraum wurden die Geschenke verteilt und ein Strahlen ging über das Gesicht unseres Sohnes. Er hatte von seiner Tante und seinem Onkel eine kleine Kiste mit aus Holz gefertigten Tieren bekommen.
„Schau mal, dann hat meine Burg auch ganz viele Tiere und ich kann sogar meine Soldaten versorgen damit.“ er hatte also meine Erzählungen darüber, wie eine Garnison oder ein Fort aufgestellt ist und versorgt wird, nicht vergessen. Da kamen diese neuen Tierfiguren gerade recht von meiner Schwester.
Sein nächstes Geschenk war ein orientalischer Kukri, wenn ich mich nicht irrte. Er war ebenfalls aus Holz mit vielen geschnitzten Verzierungen darauf.
„Mama, dass ist wie der Säbel aus Tante Jennys Märchen! Ich habe jetzt auch einen, wie der Sultan in dem Palast.“ freute er sich und schwang ihn umher. Seine Begeisterung konnte ich definitiv teilen!
Jenny erzählte noch ein wenig, dass die Palastwachen solche Kukris trugen, erwähnte aber nicht, dass es sich um Eunuchen handelte. Zum einen war ihr bewusst, dass sie damit die Trauer um Holden bei mir wieder heraufbeschwören würde, zum anderen wäre es wirklich noch nicht an der Zeit, Edward zu erklären, WAS ein Eunuch wirklich ist.

 

Meine Geschenke waren ein Paar neuer wunderschöner Manschettenknöpfe von meiner Schwester. Sie hatte ein gutes Auge für die passenden Accessoires, wie sie schon einige Male bei der Garderobe ihres Gatten bewiesen hatte oder auch allein bei der Gestaltung der Villa.
Von Alex bekam ich eine neue goldene reich verzierte Taschenuhr. Schon vor einiger Zeit hatte sie angemerkt, dass meine nicht mehr richtig funktionieren würde.
„Dann sehe ich ab jetzt immer adrett aus und kann auch nie die Zeit vergessen. Ihr Frauen habt eine interessante Art uns subtil auf gewisse Eigenheiten hinzuweisen.“ mir entglitt ein leises Lachen, als ich sah, dass Alex prompt darauf etwas erwidern wollte. Mit einem schnellen Kuss unterbrach ich Vorhaben.
„Auch Daniel habe ich einige Paare schon geschenkt. Damit ist es viel einfacher, die Hemden von den Armen zu bekommen. Gerade wenn es etwas schneller…“ Jennifer lief hochrot im Gesicht an, als sie bemerkte, dass ihre Aussage nicht ganz Jugendfrei sein könnte.
„Als ich noch die Hemden deines Bruders richten musste, habe ich diese Bänder auch verflucht. Auch ich bin dankbar für diese Verschlüsse!“ sprang ihr Alex helfend zur Seite und damit war das Thema vom Tisch.

 

Die Frau, der Junge und der Bluthund sind KI generiert!

Kapitel 8

~~~ London - Von trauter Zweisamkeit und
nicht ganz stubenreinen Hunden! ~~~

 

Der Nachmittag brachte einigen Besuch mit sich, unter anderem Master Bradshaw mit seiner Frau Francis, welcher nun den Posten des Großmeisters der Assassinen in London übernommen hatte. Was nicht immer ganz einfach war, weil er ja auch noch seinen anderen Tätigkeiten nachkommen musste. Doch heute war er ganz und gar einfach der Geschäftspartner und Freund der Familie.
„Master Kenway, ich wünsche euch zu eurem Ehrentage alles erdenklich Gute und möget ihr ihn noch oft begehen können.“ dabei hatte er ein verschmitztes Grinsen im Gesicht.
Leider war es Master Pritchard nicht möglich zu erscheinen, dafür aber erschien seine Tochter mit ihrem Verlobten. Ein freundlicher und sehr gebildeter Mann, was uns allen erleichtert auffiel. Der Ex-Mann war also wirklich passé und ich freute mich ehrlich für sie. Wer brauchte schon einen Hochstapler?
Im Grunde erschien jetzt die gesamte Belegschaft des hier neu etablierten Büros.
„Ich bin froh, dass wir hier ausreichend Platz haben, Alex.“ lachte Jenny und war ganz in ihrem Element als Hausherrin.

 

Irgendwann sah ich, wie Alex in Richtung Küche verschwand. Vermutlich brauchte sie etwas frische Luft, was ich ihr nicht einmal verübeln konnte. Einige Herren pflegten auch im Beisein der Damen ihre Pfeifen oder Zigarren anzuzünden. Ich verkniff es mir des öfteren, weil ich wusste, dass meine Gattin diesen Geruch nicht zu schätzen wusste. Was ich noch nicht einmal vorwurfsvoll meine, nein, sie war diese Rauchentwicklung einfach nicht gewohnt. Man muss auch immer bedenken, dass die Kamine auch auf Hochtouren befeuert wurden. Wir hatten schließlich frostige Temperaturen mittlerweile.
Ich hatte mal wieder ein großartiges Gespräch mit unserem Schmuckexperten, welcher mich für einen Moment zur Seite nahm und ein Tuch aus seiner Rocktasche fischte.
„Haytham, schaut mal, was ich erst gestern aus der Türkei erstanden habe. Fantastische Saphire! Sie sind so rein, nicht ein einziger Einschluss oder eine Verunreinigung ist zu sehen. Diese Steine werden wieder wunderschöne Halsketten, Ringe oder auch Armbänder für die Damen abgeben. Da bin ich mir sicher.“
Staunend betrachtete ich diese blauen glitzernden Steine und malte mir aus, wie eine solche Kette am Hals meiner Gattin aussehen würde. Gleichzeitig ging mir ebenfalls durch den Kopf, dass meiner Tochter ebenso Schmuck sehr gut zu Gesicht stehen könnte.
„Sagt einfach ein Wort und ich fertige euch etwas für eure Florence an.“ versprach mir Francis freudestrahlend.

 

Nach dem alle Gäste gegangen waren, zogen wir uns ebenfalls für die Nacht zurück.
Für einen Moment beobachtete ich Alex, wie sie sitzend vor der Kommode ihre Haare bürstete. Magda war schon für die Nacht entlassen, genau wie Michael, somit waren wir hier alleine.
„Habe ich etwas vergessen, mi amor?“ in ihren Worten hörte ich deutlich ein schlechtes Gewissen, was mich grinsen ließ.
Nein, ich hatte für einen Moment etwas ganz anderes im Kopf gehabt. Eine Szene, welche sie mir zwar beschrieben hatte, ich aber nicht mehr wirklich wusste.
„Nein, hast du nicht.“ langsam trat ich hinter sie und strich vorsichtig über ihre Haare. „Ich hatte nur diese Bilder von dir im Kopf, wo du auf der Jackdaw die Papiere von meinem Vater entgegen nimmst. Frag mich nicht warum gerade jetzt. Sie waren einfach plötzlich da. Ich kann mich an deinen erleichterten Gesichtsausdruck erinnern, als du dich von mir verabschiedet hast. Und ja, ich weiß jetzt, dass ich auf dich eifersüchtig war. Aber gerade ging mir ein anderer Gedanke durch den Kopf! Für einen Augenblick dachte ich damals – diese Frau mag ich – und dann war es schon wieder verschwunden.“ etwas gedankenverloren begann ich ihre Schultern zu massieren und sah sie weiter im Spiegel an.
Mit einem Male griff sie meine Hände und stand auf.
„Was soll ich darauf sagen, Haytham? Im Grunde hat uns das alles nur näher gebracht, oder?“ dabei legte sie ihren Kopf an meine Brust.
„Vermutlich dachte damals ich wie unser Sohn heute. Mädchen sind, wie hat er es genannt, doof. Noch überblickt man ja nicht soviel in dem Alter, auch nicht mit 10 Jahren. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich mich darauf freue, wenn Edward so alt wird.“ wir waren uns irgendwann einig geworden, dass unser Sohn wenn er 10 Jahre alt wird, seine Ausbildung in beiden Bünden antritt. Vorher würde er aber schon von uns in – fast – alles eingeweiht werden. Den Fehler meines Vaters würde ich nicht noch einmal begehen und stillschweigen.

 

„Aber für heute hätte ich noch eine Lektion für dich, Mistress Kenway.“ ich schlug bei meinen Worten einen gewissen Befehlston an, welcher meine Gattin lüstern lächeln ließ.
„Die da wäre, Master Kenway.“ hauchte sie leise.
„Ihr habt mich nicht genügend gewürdigt an meinem Geburtstag wie ich finde.“ meine Finger öffnete die Schnüre ihres Nachthemdes und ließen es auf den Boden gleiten. Meine rechte Hand griff in ihre Haare und mit etwas gezieltem Druck ließ sie sich auf die Knie nieder.
Alex wusste sehr genau, was mir vorschwebte in diesem Moment und ihre Augen ließen mich nicht los.
„Verzeiht mir.“ hauchte sie erneut und umschloss mich fordernd mit ihrem Mund. Für eine wundervolle Ewigkeit galt mir ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, welche ich ihr etwas später ebenfalls zuteil werden ließ.
„Ich würde dir vermutlich alles verzeihen, mi sol.“ mein Kopf ruhte auf ihrer Brust und ich lauschte ihrem sich beruhigenden Herzschlag.
„Dann hab ich also einen Freifahrtschein…“ mein heftiges Kopfschütteln brachte sie zum Kichern.
„DAS glaubst du doch wohl selber nicht, oder?“ ich griff ihre Hüften und drückte zu. Zischend sog sie die Luft zwischen den Zähnen ein.
„Nein, natürlich nicht.“ seufzte sie, als sie sich wie gewohnt um mich schlang.
Es dauerte nicht lange, da waren wir beide in die Traumwelt getaucht!

 

Am nächsten Morgen polterte Edward in unser Zimmer und sprang aufgeregt auf unserem Bett herum.
„Mama! Papa! Es hat ganz doll geschneit!“ rief er sodass er vermutlich auch die Nachbarschaft damit weckte.
Alex war alles andere als begeistert wie ich grinsend feststellte.
Sie lag noch eingewickelt in ihre Decke im Bett und das Schlimmste in ihren Augen war der fehlende Kaffee in diesem Moment.
Ich hingegen war bereits auf den Beinen und hatte mir zumindest schon einmal durchs Gesicht gewaschen. Eine Wohltat mit diesem kühlen Wasser.
Unser Sohn versuchte jetzt die Vorhänge aufzuziehen, damit er seiner Mutter die Schneepracht zeigen konnte. Leider waren seine Arme noch zu kurz dafür, aber ich half ihm etwas und langsam erhellte sich unser Zimmer. Wenn auch nur spärlich, weil die Sonne Schwierigkeiten hatte sich gegen die Wolken am Himmel zu behaupten. Das war der Nachteil am Schneefall.
Als ich mich zum Bett umdrehte, hatte sich Walka auf die Bettkante gestützt und schleckte meiner Gattin quer durchs Gesicht. Auch sie wollte, dass Alex aufstand.
„Wie kannst du so gelassen da stehen, während ich hier belagert werde. Komm mir zu Hilfe, mein edler Ritter in glänzender Rüstung!“ ohne Koffein hatte meine Gattin des öfteren eine sehr merkwürdige Art der Konversation auf Lager.
Ich stieg auf ihre Vorlage ein!
„Natürlich, holde Maid. Ich eile zur Hilfe, wenn ich mit der morgendlichen Pflege meines Gesichtes fertig bin.“ allerdings hatte die Hündin mich jetzt auserkoren als Spielkamerad und zog sich an mir hoch.
„Mama… auch aufstehen! Komm schon!“ unser Sohn ließ nicht locker, er war sehr hartnäckig, das musste ich ihm lassen.
Alex schwang die Beine aus dem Bett und wollte in ihre Hausschuhe schlupfen, als ein lautes „WAS?“ aus ihrem Mund kam.
Da hatte jemand seine Beschützerin noch nicht raus in den Garten gelassen und das Resultat waren jetzt nasse Hausschuhe meiner Gattin.

 

„Edward, wie oft muss ich dir sagen, dass du mit Walka als allererstes hinaus musst am Morgen? Jetzt sieh was für eine Sauerei passiert ist!“ explodierte sie förmlich, kam aber nicht dazu noch weiter auszuholen, weil Walka ihren Kopf auf ihren Schoß legte und sie winselnd ansah. Man könnte fast sagen, sie würde sich entschuldigen wollen.
„Dein Herrchen muss noch viel von dir lernen!“ ein Wuff und die Hündin sah zu Edward.
„Mama… ich… tut mir leid…“ nuschelte er leise.
„Min lille skat, geh und lass dich anziehen. Dann gehen wir nach dem Frühstück alle zusammen raus, ja? Aber nur, wenn du dich ordentlich benimmst, ist das klar?“ ihre Stimme klang wie gewohnt autoritär, was auch entsprechende Wirkung zeigte bei unserem Sohn.
„Ja, Mutter.“ kam es leise von ihm und er verschwand mit Walka über die Galerie.
„Er liebt seine kleine Wächterin, mi sol. Sie scheint ihm Sicherheit zu geben.“ dachte ich laut nach und zog mir schon einmal ein neues Hemd über.
Alex ließ Michael und Magda kommen, damit wir vorzeigbar zum Frühstück erscheinen konnten.

 

Kapitel 9

~~~ Die Hausbesetzer ~~~

 

Es dauerte nicht lange, da erhielten wir Meldung, dass es Übergriffe auf unsere Lager und einige Konvois über Land gegeben hatte.
Wir machten uns am 6. Dezember auf den Weg zu unserem hiesigen Büro wo wir freundlich empfangen wurden und uns wurde unter anderem von einer berittenen Gruppe berichtet, welche aber sicherlich keine Assassinen waren.
Diese schienen sich gerade etwas zurück zuziehen, was uns natürlich zum Vorteil gereichte. Somit hätten wir nicht unmittelbar mit ihnen zu tun.
„Es handelt sich um einen Trupp von ungefähr 40 Leuten, davon 15 Fußvolk. Sie alle lauern in den Wäldern ringsum London und in den kleineren Dörfern. Es ist ein diebisches Pack und es ist, als könnten sie sich allesamt unsichtbar machen.“ diese Beschreibung eines Herrn aus der französischen Bruderschaft hier, hörte sich nach eben den Meuchelmördern an. Konnten es aber nicht auch Ordensbrüder oder -schwestern sein, welche sich abgewandt hatten? Wir sollten die Augen offen halten.

Wer das aus Sicht von Alex gerne nachlesen möchte, schaut hier rein.

Alex und ich machten uns einige Tage später auf den Weg in eine Region Londons, welche mehr als nur heruntergekommen war. Die Häuser waren fast alle baufällig und boten einen traurigen Anblick.
Hier also trieben sich die Diebe herum, welche ihr Unwesen seit Wochen in den Straßen trieben?
Spuren führten zu einem Haus, das nicht ganz so schäbig war und keine Feinde waren auszumachen. So konnten wir uns in Ruhe etwas umsehen.
Während Alex die obere Etage erkundete, sah ich mich hier unten um und etwas frustriert stellte ich fest, dass hier rein gar nichts verdächtiges war.
Ich inspizierte noch ein kleines Nebenzimmer, immer darauf bedacht, meinen Adlerblick zu nutzen.
Mit einem Mal sah ich aus dem Augenwinkel drei rote Auren schräg hinter mir auftauchen.
Überrascht schnellte ich herum, war jedoch leider zu langsam und ich spürte ein Stofftuch auf meinem Mund und der Nase. Dieser Geruch der von diesem Ding ausging raubte mir den Atem und mir wurde schwarz vor Augen.

 

Ich spürte, wie jemand an mir rüttelte. Mir fiel es jedoch wahnsinnig schwer gänzlich wach zu werden. Ich fühlte mich wie losgelöst.
Doch mit einem Male schmeckte ich Galle in meinem Mund, schrak hoch und übergab mich einfach. Wie unangenehm!
Erleichtert sah ich, dass Alex neben mir saß und mich glücklich anlächelte. Eine Frage musste ich sofort klären. WAS war das für ein Zeug, welches mir einen Blackout verpasst hatte?
„Sir, ich weiß es nicht und… es tut uns wirklich leid. Wir haben uns nur verteidigen wollen. Ich schwöre…“ nicht gerade eine hilfreiche und zufriedenstellende Antwort!
„Ihr wart zu dritt, wo ist euer anderer Freund?“ mich blickten alle Umstehenden fragend und erschrocken an.
„Mein Kumpel liegt hier, er ist verletzt. Wir waren nur zu zweit, Sir.“ dieser Mann sprach die Wahrheit, das konnte ich in seinen Augen sehen.
Also war es an mir meine Vermutung noch einmal näher auszuführen und glaubhaft zu versichern, dass es DREI Angreifer waren. Die Auren erwähnte ich aus gutem Grund nicht.

 

„Das kann nicht sein, wirklich nicht. Ich war mit Oliver alleine in das Haus gegangen…“ mein Blick folgte seinem zu einem Herren, welcher schwer verletzt zu sein schien. Aber er kam langsam wieder zur Besinnung.
Alex ich habe mir das nicht eingebildet! Es waren DREI rote Auren hinter mir! Sprach ich meine Frau im Geiste an, weil ich begann etwas an meinen Fähigkeiten zu zweifeln.
Ich glaube dir, wir werden dem noch nachgehen. Hörte ich sie in meinem Kopf und ihre unausgesprochene Mahnung, ich solle mich noch schonen, entging mir keinesfalls.
„Wer sind diese anderen Leute, die sich dort eingenistet haben? Kennt ihr sie?“ in der Hoffnung auf Namen fragte Alex nach.
„Das ist eine Organisation von Halunken, Miss. Sie haben sich um ihren Anführer geschart, einen Russen, den wir aber hier noch nie gesehen haben. Ich weiß nur, dass er vor einigen Jahren einmal für Unruhe hier gesorgt hat und danach hatte er dutzende Anhänger auf seiner Seite…“ grübelte der Mann nun.
„Wie ist sein Name, Mister…?“ sie machte eine Pause, damit sich der Herr vorstellen konnte.
„Timothy Grouter, Miss… zu euren Diensten.“ er stand auf, verbeugte sich etwas steif vor ihr.
„Alexandra Kenway, Mr. Grouter und das ist mein Gatte, Haytham Kenway.“ ihr reichten die Höflichkeiten und sie fragte noch einmal nach dem Namen. Ich konnte mir denken, warum sie so explizit nachhakte. Wir mussten annehmen, dass sich Hrymr hier herumtrieb! Nur er konnte mir eine weitere Aura vorgaukeln!
„Ich meine er hieß Ardemev… oder war es Amadjev? Ich habe ihn nie gesehen, wenn ihr das wissen wollt.“ er winkte auch gleich entschuldigend ab.
„Avdeyev. Kann es sein?“ langsam richtete ich mich zum Sitzen auf.
„Ja, genau Sir! Er hat ein seltsames Schiff, das wurde mir noch erzählt! Ganz schwarz und riesig!“ jetzt hörten wir die Geschichte um das unheimlichen Auftauchen damals, als wir das erste Mal hier in London waren. Es hörte sich wirklich schon wie ein Märchen an, aber wir wussten es besser.

 

Um auf Nummer sicher zu gehen, fragte ich die Männer, was genau geschah, bevor sie uns vertreiben wollten.
Die beiden hatten gesehen, wie wir ins Haus gingen und haben sich hinten reingeschlichen. Einer ging nach oben und fand in einem Kasten diese Fläschchen und einige Tücher. Er roch daran und, wie er bereits sagte, wäre er selber fast umgekippt. Tränkte aber nur den Lappen mit der Flüssigkeit und machte sich schnurstracks auf zu seinem Kumpan ins Nebenzimmer. Meine Gattin hatte man gar nicht wirklich beachtet, sie war für sie harmlos in dem Moment gewesen. Als ich dann bewusstlos war, schleifte man mich hinaus in einen Schuppen im Garten.
„Sonst habt ihr nichts gesehen oder so?“ wieder war es Alex, die es noch genauer wissen wollte.
„Nein, Miss! Aber von diesem komischen Zeugs ist mir irgendwie etwas schwummrig.“ er schüttelte sich dabei und rieb sich über seinen Nacken!
„Habt ihr dort Schmerzen, Mr. Grouter?“ warum fragte sie ihn nach seinem Wohlbefinden?
„Ja, es brennt etwas…“ erstaunt rieb er noch einmal darüber, dann weiteten sich seine Augen! „Miss, meint ihr man hat uns…“ sein Atem ging schneller und er ließ sich auf einen Stuhl in seiner Nähe sinken.
Ein Pfeil mit einem Gift getränkt, welches leichte Halluzinationen oder grob gesagt, Dinge vergessen ließ.

 

Alex tastete plötzlich an sich herunter und sah mich geschockt an.
Sie dachte doch nicht etwa, dass wir ausgeraubt worden waren?
Trotzdem tat ich es ihr gleich, aber ich hatte alles noch bei mir.
„Ihr glaubt, wir haben euch ausgeraubt?“ die Stimme des Herren nahm einen wütenden Ton an.
„Nein, es könnte sein, dass man euch … manipuliert hat, mit einem Gift.“ versuchte sie den Männern zu erklären und man sah sie mit großen Augen an.
„So etwas gibt es? Ich habe von diesen Zauberern gehört, die Menschen willenlos machen können. Die gibt es wirklich?“ voller Entgeisterung blickten sie von einem zum anderen.
„Ja, es gibt so eine Möglichkeit.“ auf ihre erneute Frage, ob sie sich an irgendetwas außergewöhnliches erinnern könnten, kam ein einstimmiges Nein!

 

Um mich wieder auf die Beine zu bringen, reichte man mir ein Glas mit hochprozentigem Alkohol. Was genau sich in diesem Becher befand, entzog sich meiner Kenntnis. Aber es schmeckte gar nicht mal so schlecht und ließ meine Lebensgeister wieder munter werden.
Bei der Verabschiedung versprach Alex noch einmal, dass wir uns um den Häuserkauf hier kümmern werden.
Für alle Anwohner wäre es sicherer, wenn wir diesen Borrow übernehmen würden und mit Sicherheitsleuten spicken konnten.
Beim Ort des Geschehens erneut angekommen, mussten wir frustriert unverrichteter Dinge abziehen.
Das Haus wimmelte plötzlich nur so von Leuten und zu zweit hätten wir definitiv keine Chance.
In unserem Büro konnten wir insgesamt 10 Frauen und Männer zusammen trommeln und machten uns eine halbe Stunde später wieder auf den Weg.

 

Vor dem Gebäude erläuterten wir unseren Plan, dass man sich aufteilen sollte. Ein Teil würde die Hintertür nehmen, ein weiterer Part sollte sich von vorne hereinschleichen.
Alex und ich übernehmen das Dach und würden von dort einsteigen.
Auf allen Etagen waren rote Auren auszumachen. Alle strategisch gut verteilt.
Im Dachgeschoss erwartete uns eine gähnende Leere, hier war Gott sei Dank niemand.
Das Geschoss darunter aber war unser auserkorenes Ziel. Alex hatte dort nämlich einen goldenen Gegenstand entdeckt und wollte ihn sicherstellen.
Von ganz unten vernahmen wir leider auch schon Kampfgeräusche, was nicht so wirklich optimal für unser Vorhaben war. Doch jetzt mussten wir uns hier irgendwie hindurch manövrieren.
Warum aber waren so plötzlich insgesamt 15 Personen auf unserer Zieletage und patrouillierten dort! Hier stimmte etwas nicht und nicht nur ich hatte diesen Gedanken.
In ihrer Panik rief Alex Loki an, er solle sofort zum Anwesen reiten und nach dem Rechten sehen. Unsere Kinder könnten in Gefahr sein und nicht nur sie, auch meine Schwester und mein Schwager!

 

Die Wachen an der Treppe waren ein Kinderspiel und als wir sie etwas außer Sichtweite ihrer Kumpane gebracht hatten, machten wir uns daran die anderen zur Strecke zu bringen.
Zur Straßenseite waren 3 Herren postiert, welche in Sekunden das Zeitliche segneten und somit hatten wir etwas Luft um uns den anderen hier zu widmen.
Leider kam ein Mann gerade wieder in unser Sichtfeld, welcher auch gleich drauflos brüllte und damit alle anderen auf den Plan rief. Damit waren wir aufgeflogen und konnten uns nur noch verteidigen.
„Leute die Kenways sind zurück!“ rief man sich zu und ich sah, wie noch weitere 8 Wachen durch die Fenster von den Balkonen ins Innere stiegen.
Jetzt hatten wir es mit insgesamt 15 Mann hier zu tun und ich betete, dass es gut für uns ausging.

 

Auf diesem schmalen Korridor herrschte mit einem Male reges Treiben, wenn ich das so lapidar sagen darf. Die Enge machte das Kämpfen nicht gerade leichter und es kam darauf an, so kurze zackige Angriffe oder Konter auszuführen wie nur möglich.
Zwei Frauen hatten mich als Ziel auserkoren und schlugen mit Kurzschwerter geschickt den Stoff meines Gehrocks entzwei, trafen aber nicht die Haut.
Ich muss gestehen, die Damen waren hervorragend ausgebildet und verstanden es mit ihren Waffen umzugehen. Ich hatte meine Mühe mich ihnen zur Wehr zu setzen! Meine anerzogenen Manieren machten es mir nicht gerade leichter, sie in ihre Schranken zu weisen. Man(n) schlug keine Frauen.
In ihrem Falle musste ich aber eine Ausnahme machen und ging in den üblichen Verteidigungsmodus über.
Meine Sinne konzentrierten sich auf ihre Bewegungen um ihre Angriffe im Voraus zu erahnen. Reginalds Training zahlte sich einmal wieder aus und ich konnte sie unschädlich machen.
Damit nicht aber noch nicht genug!

 

Ein Brocken von einem Kerl baute sich vor mir auf, bestimmt einen Kopf größer und breiter als ein Bücherregal meiner Frau!
„Endlich treffe ich den so gepriesenen Großmeister Kenway persönlich! Es wird mir eine Freude sein, euch ins Jenseits zu schicken!“ rief er lachend und drosch mit einer Nagelkeule auf mich ein.
Wie gesagt, es war kaum Platz hier auf dem Korridor und das Ausweichen entpuppte sich als große Herausforderung meines Könnens.
Grinsend machte ich Gebrauch von der Taktik meiner Frau, welche sich bei den großen Herren immer unter den Schlägen wegduckte und somit einen Vorteil erlangte, wenn sie hinter ihnen auftauchte.
Überrascht als ich den Grobian in die Kniekehlen schlug, krümmte er sich und wollte sich noch am Geländer abfangen. Doch dieses zerbarst unter seinem Gewicht und fiel mit ihm hinunter ins Erdgeschoss, wo die anderen in Kämpfe verwickelt waren.

 

Ich wollte gerade den nächsten in der Reihe angreifen, als ich sah, wie Alex ihr Schwert schräg neben mir empor schwang und mit einer ausladenden Bewegung ihrem Gegner über den Bauch jagen wollte.
Meine Reflexe waren nicht schnell genug!
Sie traf mich ebenfalls auf meiner rechten Seite und hinterließ eine tiefe Wunde. Sie selber hatte auch ein klaffendes Loch im Oberschenkel, was sie aber nicht zu stören schien.
Ich versuchte mich auf den Beinen zu halten, aber es war unmöglich. Die Schmerzen waren einfach zu heftig.
Plötzlich hörte ich einen Schuss, ein Herr kippte nach hinten über und hinterließ ein blutiges Spränkelmuster auf dem Gesicht einer unserer Mitstreiter!
So langsam schwanden mir erneut an diesem Tag die Sinne. Dieses irre Lachen meiner Gattin ging mir durch Mark und Bein, es war schauerlich!
Eine Schelle einer unserer Mitstreiterinnen ließ sie sich beruhigen. Als Alex um sich sah und mich erblickte, wäre ich gerne wütend geworden. Mir fehlte leider der entsprechende Elan und somit brachte ich nur ein „Verdammt noch mal, pass doch auf…“ heraus und erneut wurde ich bewusstlos.

 

Kapitel 10

~~~ Genesung und der Aufbruch in die Vergangenheit ~~~

 

Wie durch einen dichten Nebel hörte ich eine Frauenstimme mit einem merkwürdigen Akzent zu mir sprechen.
„Verzeih mir, mi amor.“ flüsterte sie, aber ich brachte keine Antwort zustanden sondern driftete wieder in diese friedliche Welt ohne Schmerzen.

 

Langsam schlug ich die Augen auf. Es kostete mich große Anstrengung und mein Kopf schien dabei zu zerbersten. Wo war ich? Wie lange hatte ich geschlafen, oder war ich … nein, wir waren nicht mehr in Frankreich. Dass ist schon 10 Jahre her!
„Haytham! Du bist wieder wach!“ hörte ich wieder eine Frau freudig neben mir ausrufen.
Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und blickte in leuchtende graubraune Augen! Eine Hand ergriff meine und drückte fest zu. Diese kräftigen Finger gehörten nicht meiner Frau. Irritiert sah ich diese Dame an.
Wie ein heißer Pfeil schoss mir in den Sinn, dass Jennifer an meiner Bettkante saß. Ich war … in meinem alten Zimmer! Vorsichtig sah ich mich um und wollte eigentlich etwas sagen, aber meine Stimme versagte mir den Dienst.
„Hier trink etwas, dann geht es besser.“ flüsterte sie und hielt mir einen Becher mit kühlem Tee an den Mund.
Es tat unfassbar gut und langsam versuchte ich mich aufzurichten.
Jenny richtete die Kissen in meinem Rücken.
„Brauchst du noch etwas, wie geht es dir, Bruder? Du hast ja einiges an Blut verloren und …“ sie unterbrach sich selber, als sie sah, dass mir alles wieder einfiel.
Der Kampf und dass mich meine Frau fast umgebracht hätte.
„Fürs erste danke ich dir, dass du mich pflegst. Mir geht es den Umständen entsprechend.“ meine Stimme klang noch etwas rau, aber das würde sich hoffentlich bald wieder legen.

 

Eine Bitte hatte ich, mein Magen meldete sich nämlich zu Wort und der Durst kam auch wieder.
„Ich werde dir etwas bringen lassen. Soll ich … nach Alex schicken?“ fragte sie zögerlich.
„Sie hat mich einfach aufgespießt! Diese Frau hat mir regelrecht Angst gemacht, Jennifer. So habe ich sie noch nie erlebt.“ als ich wieder so ein Kratzen im Hals hatte, nahm ich noch einen Schluck von dem Tee.
„Das war bestimmt keine Absicht.“ meinte meine Schwester entschuldigend.
„Lass sie wissen, dass ich sie sehen will.“ mehr sagte ich nicht und sah aus dem Fenster, als Jennifer mein Zimmer verlassen hatte.
Diese kleine Preußin hatte mich fast auf dem Gewissen. Sie war so in Rage gewesen, dass sie nichts mehr um sich wahrgenommen hatte. Nicht einmal mehr mich! Wie kann einem so etwas passieren?
Ich atmete tief durch und schloss meine Augen. Eine Wut auf diese Frau kochte in mir hoch, welche ich zügeln musste. Ja ich weiß, sie wollte mich sicherlich nicht absichtlich ins Jenseits befördern, dennoch hat sie völlig fahrlässig ihre Umgebung vernachlässigt.
Meine flache Hand schlug auf die Matratze, aber diese heftige Bewegung brachte mir Schmerzen in der rechten Seite.
Vorsichtig tastete ich mich zum Verband und besah mir Dr. Crawfords Werk. Ich vermutete, dass er hier erschienen war, niemand anderem konnten wir in so einer Situation trauen und er war unser Hausarzt.
Eines der Mädchen brachte mir ein Tablett mit etwas Brot und heißem Tee.
„Wenn ihr noch etwas wünscht, Master Kenway, dann lasst es mich wissen.“ knickste sie und verließ wieder den Raum.

 

Kurz darauf holte mich ein leises Klopfen aus meinen Überlegungen.
Die Tür öffnete sich vorsichtig einen Spalt und meine Gattin lugte um die Ecke. Als sie bemerkte, dass ich wirklich wach war, trat sie zögerlich ein.
Jesus! Dieses schlechte Gewissen in ihrem Gesicht war meilenweit für jeden sichtbar!
„Mi amor… du bist wieder wach…“ ich unterbrach sie mit einer wischenden Handbewegung!
„Das war nicht unbedingt dein Verdienst, Alex.“ meine Frau kam langsam auf mich zu, setzte sich neben mich aufs Bett und seufzte leise.
„Verzeih mir, ich… habe es wirklich nicht mit Absicht getan. Du warst… zur falschen Zeit am falschen Ort.“ die letzten Worte konnte ich kaum noch hören.
„Gib mir nicht die Schuld an deiner Unfähigkeit zu kämpfen!“ trotz der Schmerzen im Kopf und in der Flanke, wurde ich lauter und vor allem wütend!
„Ich gebe dir nicht die Schuld. Ich weiß ja, dass es falsch war…“ ihre Worte kamen stockend aus ihrem Mund, sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.
„Es war unheimlich, mi sol. Als ich diese unglaubliche Wut in dir sah, wie du dein Schwert mit beiden Händen umschlossen hattest… es war einfach, ja es war faszinierend! Zu spät habe ich deine Absicht dahinter erkannt und ich gebe es zu, ich hätte mich ebenso in Sicherheit bringen können.“ bei meinen eigenen Worten wurde mir klar, dass auch ich etwas unaufmerksam gewesen war.
„Ich weiß aber jetzt, wie ich damit umgehen kann. Aber ich erzähle dir das alles, wenn du wieder alleine stehen kannst und du nicht mehr den Wunsch hast, mir eine entsprechende Lektion zu erteilen.“ sie kicherte leise vor sich hin und gab mir unvermittelt einen Kuss.
Ich war gespannt, was das für Neuigkeiten sein würden.

 

Ein leises Winseln vor der Tür kündigte Walka und die Kinder an.
Auf ein „Kommt herein!“ meiner Gattin stürmten alle drei ins Zimmer.
Alex konnte Edward gerade noch davon abhalten aufs Bett zu springen.
„Das hab ich gut gemacht, Vater, oder?“ fragte unser Sohn voller Stolz. Ich muss gestehen, ich habe kaum etwas in Erinnerung behalten während ich bewusstlos war.
Meine Tochter strahlte mich ebenso glücklich an und sagte fröhlich „Papa … heile!“
Dabei strich sie, während Alex sie auf dem Arm hatte, über meine Wange.
Ich versprach den beiden, dass ich bald wieder ganz gesund sein werde und sie aufpassen sollten, dass ich auch alles was Dr. Crawford an Medikamenten verordnet hatte, richtig einnehmen werde.
Natürlich freute sich mein Sohn diebisch auf diese Aufgabe. Wie oft hatte ich IHN an so etwas erinnern müssen?
„Du kannst dich auf mich ver… tunlassen… ver… verlassen!“ Edward brauchte einen kleinen Anlauf, ehe er die richtigen Worte auf englisch fand.
„Danke, mein Sohn!“ flüsterte ich und strich ihm über seinen dunklen Wuschelkopf.

 

Eine leichte Entzündung fesselte mich länger ans Bett, als mir lieb war und Dr. Crawford wurde noch einmal gerufen.
„Master Kenway, hier ist Geduld und gute Pflege gefragt. Aber ich sehe schon, ihr seid in besten Händen.“ sein Grinsen galt unseren Kindern und meiner Frau.
Zu Weihnachten war ich zumindest schon wieder soweit auf den Beinen, dass ich der Familie beim Essen beiwohnen konnte und wir die Feiertage gemeinsam genießen konnten.
Immer noch war es für mich ein Graus zum Nichtstun gezwungen zu werden.
Mitte Januar endlich erzählte mir meine Frau von einem ganz speziellen Training der Götter und einer Rückführung, welche ihr ihre Vorfahrin gezeigt hatte.

 

 

Haythams Vorfahr (Kapitel 7 Tagebuch Part 4 – Frankreich) – Einleitung

 

Mit einem Male sah ich einen leeren Raum um mich, in dem ich dem Anschein nach alleine war. Nach und nach erkannte ich aber Umrisse, die Umgebung klärte sich und es tauchten Gestalten auf. Seltsam gekleidete Männer waren um mich herum. Sie alle sprachen ein seltsames Englisch, welches ich noch aus den Lehrstunden eines meiner alten Hauslehrern erkannte. Wo war ich bitte gelandet?
Ich sah mich weiter um.

Ach schau an, der wehrte Herr erweist uns auch die Ehre mit seiner Anwesenheit. Herr Gott noch eins. Was hast du letzte Nacht bitte gemacht, dass du heute nicht pünktlich zum morgendlichen Training erscheinen konntest?“ ein Ellbogen rammte sich in meine Seite und ein lachender Mann schritt an mir vorbei, der ich in einem Zelt stand!
Ich schüttelte nur den Kopf, weil ich nicht wusste, wovon dieser Gentleman sprach.
Also folgte ich den anderen Männern nach draußen und stand auf einem matschigen großen Platz umringt von altertümlichen Zelten.
Ein Banner aber erweckte meine Aufmerksamkeit! Das Banner König Aelfreds!
Das war nicht möglich! Was... ich konnte doch unmöglich... ich sah an mir herunter. Ich trug keine normale Uniform, wie ich sie kannte. Nein, es war ein lederner Harnisch mit kratzigen Hosen, welche am Knöchel zusammengebunden waren. Darüber gab es einen aus Metallösen gefertigten „Umhang“ …
Bevor ich noch etwas sagen konnte, stieß mich ein anderer Mann an.

Hey, jetzt sag schon. Was hat dir die dänische Hure alles erzählt, als du sie unter dir hattest?“ schallendes Gelächter dröhnte an mein Ohr und mein Blick verschwamm...889, Wessex!

 

Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, dann war Tyr schon damals in Erscheinung getreten bei MEINEM Vorfahren, diesem Hemsleth Orwen.
Das Ganze hing mit der Geschichte um Alex´ Vorfahrin, einer jungen Wikingerin, die um 890 im heutigen England gelebt hatte, zusammen. Thyra war ihr Name.
Die junge Frau traf eines Tages an einem Bach auf einen englischen Soldaten, meinen Vorfahren!
An diesem grauen verschneiten Januar Morgen wurde ich von Heimdallr und Odin in die Erinnerungen meines Vorfahren geschickt!
„Er ist dir nicht unähnlich.“ hörte ich meinen Vater noch sagen, als ich langsam wie schon damals in einen Nebel eintauchte und die Zeit um mich herum still zustehen schien.

 

Autorennotiz

Wehrte Leserschaft!

Es geht weiter im Tagebuch des Großmeisters des kolonialen Ritus!

Europa erwartet die Familie für einige Zeit und London ist auch nicht
mehr das, was es vor ein paar Jahren noch war. Armut, Stadtstreicher
und Banden treiben ihr Unwesen in den Straßen!

Familie Kenway wird, zurück in den Kolonien, aber mit viel prekäreren
Themen konfrontiert und soviel sei gesagt – es gibt Familienzuwachs!

Dazu gibt es den Tunnelbau zu Virginia, das Familienportrait steht an
und ein Silvesterfest, welches blutig endet!

In diesem Sinne wünschen Master Kenway und ich euch
viel Vergnügen beim Lesen!

PS: Wie immer sei angemerkt, dass mir nur meine eigenen Charaktere gehören.
Alle anderen sowie das eigentliche AC Universum unterliegen den Rechten von Ubisoft! 

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NicoleSemilch29s Profilbild
NicoleSemilch29 Am 27.11.2024 um 16:50 Uhr
Meine liebe Mrs.HEKenway! Ich liebe diese Tagebücher und freue mich auf die nächste und nächste und nächste, abenteuerliche Eintragung des legendären Großmeisters und seiner Familie.💔💔💔

Autor

MrsHEKenways Profilbild MrsHEKenway

Bewertung

Eine Bewertung

Statistik

Kapitel: 10
Sätze: 491
Wörter: 7.124
Zeichen: 41.357

Kurzbeschreibung

Ich habe immer versucht, meine Gedanken und die Geschehnisse so gut es ging ordnungsgemäß niederzuschreiben. Nicht immer ist mir das gelungen. Europa hat uns für eine Weile wieder, ehe meine Familie und ich wieder zurück in die Kolonien reisen können. Unsere Reisen sind nicht immer sicher und unsere Widersacher scheinen uns oft einen Schritt voraus zu sein. Einen Tunnelbau, ein blutiges Silvester oder auch ein Portrait sieht die nächste Zeit für uns vor. Und dann ist da noch mein ältester Sohn, Connor! Es ist an der Zeit einen gemeinsamen Weg einzuschlagen, soweit es möglich ist.

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Nordische Mythologie, Familie, Fantasy, Mystery und Übernatürliches getaggt.