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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 2

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23.08.22 17:30
16 Ab 16 Jahren
Fertiggestellt

7 Charaktere

Edward J. Kenway

Pirat Edward James Kenway, geboren 10. März 1693 Swansea, Wales, gestorben 3. Dezember 1735 London. Vater von Haytham Edward Kenway und Großvater von Ratonhnhaké:ton (Connor Kenway), ein stoischer Mensch, der zu Beginn der Piraterie nur Ruhm und Reichtum im Sinn hatte. Bei den Assassinen lernt er, dass das alles keinen Sinn hat, wenn keine Familie und Freunde mehr da sind.

Haytham Edward Kenway

Haytham E. Kenway, Sohn von Edward J. Kenway, geboren 04. Dez. 1725, London, gestorben 16. Sep.1781, New York, durch die Hand seines eigenen Sohnes Connor Kenway. Haytham war ein sehr vornehmer Engländer, der jedoch immer bereit war, alles zu tun was nötig war um sein Ziel zu erreichen. Er verachtete den Assassinenorden, hielt die Ziele, die sie vor hunderten von Jahren hatten, aber für ehrenhaft.

Jennifer Scott

Edwards Tochter, geboren 1713, Halbschwester von Haytham E. Kenway, Jennifer wuchs bei ihrer Mutter Caroline Scott in Bristol auf. Da Jennifer nach der Abreise von Edward erst geboren wurde, blieb ihm seine Tochter lange Zeit unbekannt. Das änderte sich 1720, dem Jahr, in dem Caroline starb. Danach arrangierte sie eine Reise zu ihrem Vater in die Karibik, um ihn auf Great Inagua kennenzulernen.

Shay Patrick Cormac

Shay Patrick Cormac (12.09.1731-Unbekannt) war einst ein Assassine, der später ein Mitglied des Templerordens wurde, im Atlantik während des Siebenjährigen Krieges tätig war, und den Kolonialen Assassinenorden mit anderen Templern fast vollständig auslöschte.

Thomas Hickey

Thomas Hickey war ein Templer während der Amerikanischen Revolution. Auch er war daran beteiligt den verborgenen Tempel der Ersten Zivilisation zu finden. (geb. unbekannt + 1776) Hickey durchlief verschiedene Positionen im Revolutionskrieg. Zu Beginn noch an der Front stationiert, wurde er bald zur persönlichen Wache Washingtons. Zudem war er für die Finanzen der Kontinentalarmee zuständig.

William Miles

William "Bill" Miles, geb. 1948, war von 2000 bis 2013 der Anführer des Assassinen-Ordens und Vater des Assassinen Desmond Miles. Als in die Bruderschaft hineingeborene Person hat er sein ganzes Leben den Assassinen gewidmet.

Alexandra Frederickson

Das ist ein von mir selbst ausgedachter Charakter.

6. Oktober 1759


Ich ging ziellos durch die Straßen, doch irgendwann stand ich vor den Toren des Forts Arsenal und überlegte, was ich jetzt tun sollte. Kurzerhand klopfte ich und Mrs. Marge öffnete mir und brachte mich lächelnd zum Hausherrn. Dieser saß an seinem Schreibtisch und brütete über Verträgen und Karten, denn auch bei ihm war einiges liegen geblieben in den letzten Tagen.

„Master Kenway, mit euch habe ich heute nicht mehr gerechnet.“ kam es erstaunt von dem Iren und er sah mich fragend an. „Ich hatte eigentlich auch nicht vor, hier zu erscheinen, Shay! Ich wollte mir nur... die Beine vertreten!“ stammelte ich ein wenig, etwas das für mich eigentlich untypisch ist und mir ein wenig unangenehm war. Jedoch entging Shay meine Unentschlossenheit nicht und reagierte wie selbstverständlich mit der Frage, ob ich etwas trinken wollte.

Kurz darauf saßen wir beide hier und sprachen dem Whiskey in nicht unbedingt kleinen Mengen zu, während mein Patenkind sich die Plätzchen einverleibte, als gäbe es morgen keine mehr. Irgendwann weiß ich nur noch, dass mich eine wütende kleine Schwester zurechtwies und mich beschuldigte, an dem Zustand ihres Mannes schuld zu sein. Meine Erklärung, warum ich bereits vor dem Mittag mit dem Trinken angefangen hatte, war erbärmlich und hörte sich lächerlich an. Das war ich eigentlich nicht. „Haytham, dass nennt man Liebeskummer. Dagegen habe ich aber keine Medizin. Denk einfach daran, dass Alex wieder zu dir zurück kommen wird.“ kam es leise von Faith, doch in diesem Moment tat es einfach weh und ich würde alles dafür geben, noch eine Nacht an der Seite von Mrs. Frederickson sein zu können. „Dann segle ihr hinterher. Doch vorher solltet ihr wieder nüchtern werden. Denn in diesem Zustand ihres Kapitäns kommt die Morrigan keinen Meter weit.“

Und damit fand ich mich in meinem Zimmer im Arsenal wieder und im Bett. Ich schlief zwar schnell ein, aber wirklich erholsam war es nicht, denn ich hatte die schlimmsten Bilder im Kopf. Es könnte sein, dass die Jackdaw auf eine unsichtbare Sandbank läuft, dass sie beschossen wird und untergeht... Irgendwann weckte mich dann meine kleine Schwester mit den Worten, es sei schon spät und wir sollten uns auf den Weg machen.

Nur einen Moment später stand ich auf der Brücke der Morrigan neben Master Cormac und war aufgeregter als ein kleines Kind vor Weihnachten. Ich benahm mich wirklich wie ein verliebter törichter Bengel, was hatte diese Frau nur aus mir gemacht? „Master Kenway, die Frauen haben eine gewisse Macht über uns, auch wenn wir sie nicht immer direkt zu spüren bekommen. Doch sie ist da und bleibt.“ grinste mich unser neuestes Ordensmitglied an. „Da habt ihr vermutlich recht, Master Cormac. Ich werde mich wohl noch daran gewöhnen müssen.“ erwiderte ich leise und sah in Richtung des Horizonts, welcher langsam dunkel wurde.

Und wieder einmal tigerte ich auf diesem Schiff herum, weil ich nicht wirklich etwas zu tun hatte. Also beschloss Shay, mich in die Techniken des Segelns einzuführen. Schaden konnte es nicht, auch wenn ich es etwas merkwürdig fand, mich von IHM unterweisen zu lassen. Doch es lenkte mich ab und es machte tatsächlich Spaß, auch wenn ich noch weit entfernt von dem Titel eines Kapitäns bin.

Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle und wir kamen gut voran, laut Aussage von Master Cormac. Die exakte Position oder Route der Jackdaw kannten wir nicht, doch auch dafür hatte Shay einen Plan, denn er vermutete, dass sie sich einen abgelegenen Ort suchen mussten. Denn der Übertritt sollte ja ungesehen von Statten gehen und somit hatte er den Kurs entsprechend berechnet, so dass wir vermutlich morgen Abend auf die Brig treffen sollten. Die Morrigan war kleiner und schneller und so hoffte ich, dass er Recht behielt.


 

7. Oktober 1759




Der folgende Tag ließ mich wieder unruhiger werden, denn ich fragte mich, wie Alex auf mein plötzliches Erscheinen reagieren würde? Würde sie es begrüßen oder gar ablehnen? Ich hoffte auf ersteres und verbrachte die Stunden mit Lesen und Schreiben. Als es dann bereits dunkel war, aßen wir zu Abend und Shay erklärte, dass wir nicht mehr allzu weit entfernt von der Jackdaw sein dürften.

Gist übernahm das Ruder und der Ire stand mit mir am Bug und sah sich mit dem Fernrohr um. Mit einem Male brüllte der Ausguck „Schiff in Sicht!“ Doch noch konnten wir hier unten nichts erkennen, wir näherten uns aber schnell und dann konnte ich den Namen lesen! Wir waren da, es war die Brig meines Vaters! Die Morrigan kam näher und beide Schiffe verlangsamten ihre Fahrt um gleich auf zu sein. An Deck der Jackdaw sah ich Alex ungläubig, aber auch mit leuchtenden Augen, stehen und wie es ihre Art war, sprang sie einfach hinunter. Sie rannte auf mich zu, umklammerte mich und übersäte mich Küssen!

„Haytham, ich weiß nicht, was ich sagen soll...“ kam es atemlos von ihr und sie legte ihre Hand auf mein Wange und ich lehnte mich dagegen. Da ich wieder in ihrem Gesicht lesen konnte, brauchte Alex auch nichts sagen, ein Blick reichte mir völlig aus. Beide Mannschaften rissen uns mit einem Räuspern aus diesem Moment, doch sie zogen sich danach leise zurück.

Wir hatten uns also eine Nacht gestohlen, ich wollte möglichst viel davon in mich aufnehmen können. In ihrer Kajüte saßen wir auf dem Bett und genossen den Wein, welchen sie aus ihrem persönlichen Vorrat geholt hatte. Meine Arme hatte ich um sie gelegt und hielt sie so bei mir, erzählte Alex einfach alles, was mir gerade durch den Kopf ging. Es war beruhigend und entspannend, doch ich merkte schnell, dass sie schläfrig wurde und musste grinsen. DAS würde ich zu verhindern wissen und nahm ihr das Glas ab. „Haytham, was hast du vor?“ kam es gespielt geziert von ihr mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Was glaubst du, Alex?“ gab ich nur als Antwort und drehte sie unter mich.

Ein wohliges Seufzen zeigte mir, dass Mrs. Frederickson sich sicherlich nicht wehren würde und ihr meine Berührungen sehr gelegen kamen. Ich schmeckte den Wein auf ihren Lippen und ich versank in diesen grünen Augen, welche mich durchdringend ansahen. Herr Gott nochmal, ich würde sie vermissen! Langsam fing ich an, ihren Körper zu erkunden, erst mit den Händen und meine Finger befreiten sie Stück für Stück von ihrer Kleidung. Umgekehrt half sie mir ebenso und dann konnte ich sie ein letztes Mal schmecken und fühlen, dieser süße Geruch, der von ihren Haaren ausging war betörend und ich fragte mich wieder, was das war.

Alex hob mir immer begierlicher ihr Becken entgegen, doch ich genoss die kleine Folter, sie nicht sofort zu nehmen. Ich wollte sie auskosten, diese letzte Nacht. Aber irgendwann konnte auch ich mich nicht mehr zurückhalten und nahm mir, was mir gehörte. Ich bedeckte ihren Mund mit Küssen, denn sie wurde zusehends lauter und ich wollte ungerne die Mannschaft davon wecken lassen. Auch wenn diese sicherlich wusste, was wir hier trieben, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ihr Höhepunkt kam in heftigen Wellen und ich spürte wieder diese Kontraktionen, welche mich ebenfalls über diese Schwelle brachten. Ich umklammerte diese Frau jetzt und drückte mich an sie, ich wollte nicht, dass es aufhört, dass sie ging. Es sollte nicht vorbei sein, ich wollte mehr! Und ich bekam mehr, auch wenn Alex völlig außer Atem unter mir lag und mich selig anlächelte.

Es war Mrs. Frederickson, welche jetzt die Initiative ergriff und sie ließ mich ihrerseits ihre Lippen und Zunge spüren. Wie automatisch griff meine Hand in ihre Haare und ich hielt sie so fest. Kurz darauf hob ich sie auf meinen Schoß und wir fanden wieder unseren Einklang und mit einem leise geflüsterten „Haytham“ an meinem Ohr, lag sie schwer atmend an meiner Brust.

Ich deckte uns beide zu und sie schmiegte sich wie immer an mich. Ihre Haare lagen in einem Meer aus dunkelblond vor mir und ich strich langsam hindurch, ich tat es mit Bedacht, ich wollte diesen Augenblick einfangen.

Als wir beide etwas ruhiger wurden, kam mir ein etwas absurder Gedanke, welcher vermutlich nicht hierher gehörte. Doch es machte mich unruhig, denn ich lag mit ihr in diesem Bett, welches sie, laut der Erzählung, mit meinem Vater geteilt hatte. Doch war es wirklich nur dieses VERSEHEN gewesen, wie bei mir während der Gehirnerschütterung? Ich äußerte diesen Gedanken einfach und erntete ein langgezogenes „Ohhhhh“ von ihr. „Haytham, sag nichts, ich weiß was du meinst. Aber ich versichere dir, daran ist nichts merkwürdig oder so. Es gibt keine Assoziationen in egal welcher Richtung, falls du das befürchtest.“ Erleichtert seufzte ich und sie schloss ihre Arme wie eine Bestätigung um mich.


 

8. Oktober 1759




Am nächsten Morgen hätte ich mir am liebsten Mrs. Frederickson geschnappt und wäre mit ihr einfach irgendwohin verschwunden. Doch es war soweit und wir mussten uns jetzt trennen. Nach dem Frühstück standen wir kurz an Deck und Master Cormac trat auf uns zu. Er bat um ein Gespräch unter vier Augen mit ihr, was mich wunderte, denn er war nicht gut zu sprechen auf sie. Und dann sah ich auch schon ihren bösen Blick und hörte wie sie ihn bat, mit nach unten zu kommen. Auch ich sollte ihr folgen und tat es, ohne zu wissen, was denn auf einmal los war.

Erstaunt betrat ich mit den beiden die Krankenstation auf diesem Schiff. Sie war mit weißen Kacheln ausgestattet und in der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch aus Metall. An der rechten Wand waren Regale und Schränke angebracht, welche unter anderem auch abgeschlossen waren. Ohne ein Wort zu sagen, ging Alex auf die Bücher zu und las in einem etwas nach, klappte es zu und schloss einen der kleinen Schränke auf. Nach kurzem Suchen fand sie, was sie suchte und stellte es auf den Tisch. Als sie dann eine der Schubladen öffnete wurde ihr Blick eiskalt und ich sah den Zorn in ihr aufsteigen.

Sie drehte sich so langsam zu Shay um, dass ich Angst bekam. „Was glaubt eure Frau eigentlich wer sie ist? WAS hat sie hier noch mitgehen lassen? Ich... ich bin gerade so dermaßen wütend, ich könnte euch jetzt und hier dafür erwürgen! Dieses Weib hat meinen halben Bestand an Spritzen mitgenommen und...“ doch sie sprach nicht weiter, sondern sah in den anderen Fächern nach und wurde immer ungehaltener. Der Ire neben mir bekam es auch langsam mit der Angst zu tun und ging immer weiter zurück, doch es würde ihm nichts helfen. „DAS darf nicht wahr sein! Ich... explodiere gleich, glaubt mir... geht mir aus den Augen, oder ich bringe euch um!“ kam es in so einem eisigen Ton, der mich erstarren ließ und sie drückte ihm nur die kleinen Fläschchen in die Hand und schob ihn aus der Tür.

Ich ging vorsichtig auf Alex zu und fragte sie, was Faith denn entwendet hatte. Denn ich verstand nicht, warum das so schlimm sein sollte. „Dieses Weib hat mindestens zwei Dutzend Spritzen mitgenommen und einige Schmerzmittel und diversen Kleinkram an wichtigen Medikamenten. Haytham, das wird für mich ein ernstes Nachspiel haben. Ich muss mich rechtfertigen, wohin das alles gegangen ist. Ich kann ja noch nicht einmal sagen, ich brauchte es für Notfälle. Ich habe keine Patientenunterlagen, nichts gar nichts kann ich nachweisen! Zumal mir die Zulassung für eine Krankenstation tatsächlich auch noch entzogen werden kann!“ Oh verdammt, das ist nicht gut und dafür müsste sich meine kleine Schwester noch verantworten! Als ich fragte, ob ich helfen könnte, sagte sie nur, dass ich Faith ausrichten solle „sie hätte schlechte Karten beim nächsten Zusammentreffen“.

Wieder an Deck, versuchte Alex sich zu beruhigen und als ihr erster Maat sie ansprach, meinte sie nur, sie erkläre es ihm später. Mit einem bösen Blick auf mich, wandte Rafael sich ab und ich fragte mich mal wieder, warum man so auf mich reagierte. Doch jetzt war es soweit, die Schiffe hatten den Punkt der Abreise erreicht und ich wollte es einfach nicht. Es fühlte sich für einen Moment wie in einem Traum an, als ich neben Alex stand und hörte, wie sie die Befehle erteilte, um die Jackdaw vorzubereiten. „Ihr solltet jetzt von Bord gehen, es ist soweit.“ hörte ich sie leise sagen und sah ihren traurigen Blick.

Ich versicherte ihr noch einmal, dass ich auf sie warten werde. Erklärte Mrs. Frederickson, dass ich für unser Aufeinandertreffen dankbar sei, weil sie mir eine ganz neue Welt offenbart hatte. Ich hätte noch viel mehr sagen können, doch es war keine Zeit mehr. Zumal ich Alex meine Tagebücher, welche ich bis jetzt verfasst habe, auf ihren Schreibtisch in der Kajüte gelegt habe. Ich wollte, dass sie sie liest, einfach nur, damit sie mich besser verstehen kann.

Ein letzter langer Kuss und ein tiefer Blick in ihre grünen leuchtenden Augen und ich ging von Bord. Auf der Morrigan stand ich nun etwas verloren da und sah hinauf zu Alex, welche jetzt das Portal aktivierte und diese, wie nannte sie es, Generatoren benutzte. Die Brig zitterte kurz und man hörte ein Dröhnen, wie von einem riesigen Wespenschwarm. Dann setzte sich die Jackdaw in Gang und ich sah ihr hinterher, neben mir stand Shay und sein Blick war gebannt auf das sich fortbewegende Schiff gerichtet.

Dann war die Brig durch das Portal verschwunden und auch dieses löste sich langsam auf, auch ich hätte mich am liebsten mit aufgelöst. „Master Kenway, wir sollten uns auch beeilen und sehen, ob wir nicht noch einen Hinweis für die Artefakte finden können.“ hörte ich den Iren wie durch einen Nebel mit mir sprechen und ich nickte nur, denn eigentlich war es mir gerade völlig egal geworden!

Kapitel 2


 

19. Oktober 1759




Endlich konnten wir wieder in New York einlaufen und ich war froh, wieder festen Boden unter meinen Füßen zu haben. Ein wenig hatte ich mich jetzt an die neue Situation gewöhnt, wieder alleine zu sein. Doch meine Laune war nach wie vor nicht die beste, aber wir hatten wichtigeres zu erledigen. Also hieß es, die Zähne zusammenbeißen und auf die Artefakte konzentrieren.

Im Fort erwartete uns Stille, es war niemand zuhause. Shay war ein wenig besorgt, denn normalerweise wurde er von seiner Familie oder zumindest von seiner Tochter begrüßt. Vermutlich waren beide bei Lady Melanie, mutmaßte ich. „Ihr habt wahrscheinlich Recht, Master Kenway.“ meinte Shay etwas resigniert, doch wir hatten endlich eine Spur auf die Vorläufertempel aufgetan, welche uns wieder hierher gebracht hatte.

Wir mussten hier in New York dringend diese Assassinen-Banden weiter ausräuchern. So langsam wurden sie lästig und fingen an, die Überhand zu gewinnen. Dass konnte ich nicht zulassen, also verbrachte ich den Vormittag damit, heraus zufinden, WER von diesen Meuchelmördern dafür verantwortlich war und wo dieser jemand zu finden sei. Doch das war leichter gesagt als getan. Immer wieder fiel der Name Charles Campbell, welcher sich hier aufhalten sollte. Doch mit ihm hatten wir nichts zu tun, sondern es war meine kleine Schwester und Lucius, welche damit beauftragt waren und dazu noch ein persönliches Interesse hatten.

Und dann endlich hatten wir sie gefunden und wie sollte es anders sein, sie hatten sich in dem Anwesen von Mrs. Jensen zurückgezogen und schienen dort ihren Plan auszubrüten. Ich hätte es wissen müssen! Also machten Shay und ich uns mit den Soldaten auf den Weg zu Mrs. Jensen und konnten schon von weitem sehen, dass hier etwas nicht stimmte. Das Tor wurde von mehreren Wachen geschützt und auf den Dächern und auch auf der Straße konnte ich überall diese roten Auren wahrnehmen.

Als ich dann einen dieser Schurken an eine Hauswand drückte mit der versteckten Klinge am Hals, sprach er endlich und meinte, sie würden dort im Haus sein, aber es wäre schwer bewacht. Ja, das hatten wir schon bemerkt. Manchmal fragte ich mich, ob diese Assassinen nicht doch etwas geistig minderbemittelt sind, denn solche Informationen sind jedem offensichtlich, der seine Augen offen hält. Ich stieß ihm kurzerhand meine Klinge in den Hals, denn ich war genervt und wollte endlich Informationen und zwar handfeste!

Zusammen mit dem Iren und den Rotröcken, welche uns zur Seite standen, begannen wir, diese Flut an Wachen zu dezimieren, als plötzlich Master Williams mit Faith neben uns auftauchte. Was ich aber als nächstes hörte, verschlug mir die Sprache. Man hatte meine Patentochter entführt und kein geringerer als eben dieser Charles Campbell war dafür verantwortlich! Laut der Aussage von Lucius hielten sie sich in dem Anwesen auf. Somit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, ging es mir durch den Kopf!

Lucius wies Shay und Faith an, ihre Tochter ausfindig zu machen und ich begann mit Master Williams hier draußen aufzuräumen, damit die beiden Zeit bekamen. Es war, als kämen immer mehr Meuchelmörder, es nahm einfach kein Ende und wir kämpften noch eine ganze Weile. Irgendwann nahmen wir aus dem Augenwinkel wahr, dass sich eine kleine Schneise bildete und jemand mit einem schreienden Bündel auf dem Arm, das Grundstück verließ und in eine Kutsche stieg. Wir sahen uns nur an und nahmen die Beine in die Hand, denn der Weg dieser Beiden würde sicher zum Hafen führen.

Dort angekommen sollten wir recht behalten, kamen jedoch zu spät und dieser Charles hatte sich an Deck der „Schwarzen Engel“ verschanzt. Master Williams und ich konnte noch einige Wachen niederstrecken, bevor uns von den oben stehenden Männern Einhalt geboten wurde. Die Verhandlungen begannen, doch Master Campbell ließ sich auf keinen Handel ein, mittlerweile war auch Shay hier eingetroffen und stand vor Wut zitternd neben uns. Es tat mir in der Seele weh, July so schreien zu hören und ich hätte mir am liebsten die Ohren zu gehalten und hätte diesen Barbaren die Hälse aufgeschnitten. Wie herzlos muss man sein und es war noch nicht einmal mein eigenes Kind. Und ich sah für einen Moment Mrs. Frederickson vor mir, doch dieser Moment bescherte mir ein wenig Frieden und ich fand wieder zu mir und konnte mich konzentrieren.

Plötzlich fing dieser Schotte an zu grinsen und sah an uns vorbei. Als ich meinen Blick in diese Richtung schweifen ließ, sah ich Faith hierher eilen. Er hatte erwartet, dass meine kleine Schwester hier erscheinen würde, denn sie war Mutter. In ihrer Stimme klang eine Entschlossenheit, welche ich so noch nicht an ihr erlebt habe. „Charles gib mir bitte July, ich werde mit dir kommen“ Würde er sich auf diesen Tausch einlassen, doch es war Lucius der sie versuchte davon abzubringen. Schaffte es aber nicht, denn sie hatte innerlich einen Entschluss gefasst und würde mit Charles gehen im Austausch zu July. Ich wusste, dass Faith eine wichtige Rolle für diese Fraktion spielte, denn sie gehörte einer Blutlinie an, welche darauf ausgerichtet war, mehr als nur Artefakte zu beschützen. Man hatte mich irgendwann darüber aufgeklärt, doch es würde jetzt ganze Bücher einnehmen, wenn ich es jetzt aufschreiben würde.

Als July jetzt wieder bei ihrer Mutter war, verabschiedete sie sich liebevoll von ihr. Mir übergab sie ihre ganzen Waffen, denn ich konnte mir vorstellen, dass sie sie gerne wiederhaben wollen würde. „Haytham ich ...Bruder wir sehen uns bald wieder, aber findet die Artefakte. Die Assassinen dürfen den Tempel der Vorläufer nicht erreichen“ Ich versicherte ihr, dass wir sie finden werden.

Und an ihren Vater gewandt gab sie ihre Tochter an ihn und ich sah, wie ihr die Tränen über die Wange liefen, es war wie ein Gang zum Schafott. „Pass auf sie auf“

Der Abschied von ihrem Ehemann war noch einmal schwer zu ertragen, doch dieses Opfer konnte ihr keiner abnehmen, wir würden nur alles daran setzen, sie wieder zu finden und zu befreien. „Shay ich liebe dich, achte auf July und das Lady Melanie sie nicht nur mit Kuchen füttert. Versprich mir, dich um sie zu kümmern, bis ich wieder bei euch bin“

Als man jetzt Faith auf das Schiff zerrte, wollte Shay schon eingreifen, aber ich hielt ihn davon ab, bei dem Aufgebot an auf uns gerichteten Gewehren, war das keine Option! So konnten wir nur dabei zusehen, wie man meine kleine Schwester unter Deck brachte und die „Schwarzer Engel“ Segel setzte und langsam in der Dunkelheit verschwand.

July weinte immer noch an der Schulter ihres Großvaters, bis Shay sie dann auf den Arm nahm und leise auf irisch mit ihr sprach. Ich war wie gelähmt für einen Moment und wäre Faith zur Hilfe geeilt, doch wir mussten uns gedulden und einen anderen Weg finden. Denn die Assassinen waren im Begriff, den Vorläufertempel zu erreichen und das mussten wir unterbinden, es war keine Zeit, lange zu überlegen. Wir mussten handeln.

Meine Patentochter wurde zu ihrer Großmutter gebracht und ich machte mich mit Shay auf, eine Route zu berechnen, welche uns in die Nähe des Tempels oder zumindest eines Anhaltspunktes bringen würde. Kapitän Cook half uns unter anderem bei der Auswertung der Karten des Chevaliers, welche verschlüsselt waren und wir konnten so in den nächsten Wochen weiter planen!

Doch unsere Suche wurde durch die zunehmende schlechte Witterung erschwert und es vergingen endlose Wochen auf See, in denen wir fast erfroren. Auch war Shay tagelang nicht ansprechbar, weil er sich dem Whiskey hingab und im angetrunkenen Zustand mich ab und an so unverschämt anpöbelte, dass ich mich arg zusammenreißen musste, ihn nicht über Bord zu werfen.

Umgekehrt war ich vermutlich auch kein zufriedenstellender Mitreisender auf diesem Schiff und ich konnte spüren, dass Christopher kurz davor war eine Meuterei anzuzetteln, nur um Master Cormac und mich zum Schweigen zu bringen. Doch wir beide litten unter dem Verlust unserer Frauen und wünschten uns beide, dass sie wieder heile und unversehrt zu uns zurückkamen. Für mich hieß es auf unbestimmte Zeit warten, für Shay war es ebenso schwierig, doch... Faith war HIER in dieser Zeit und … sie war nicht wirklich fort! Dieser Gedanke trieb mich oft zur Verzweiflung und ich ließ es einfach an meinen Gegnern aus, ich war unerbittlich, wenn ich jemanden verhörte. Ich wollte mein Leid nicht alleine tragen, andere sollten ebenso leiden. Es war nicht richtig und ich bin auch nicht stolz auf mich ob meiner Taten, doch ich konnte nicht aus meiner Haut!

Dann endlich im Dezember 1759 hatten wir eine Spur in Halifax, welcher wir nachgehen konnte. Dort wurde eine Frau gesehen, welche sich von einem Kirchturm stürzte, mit blonden Haaren und einer Wolfstätowierung auf dem Arm. Auch fanden wir heraus, dass die „Schwarzer Engel“ zu diesem Zeitpunkt hier vor Anker lag und in der Nähe ankerte zur selben Zeit die Gerfaut des Chevaliers. Diese war kurz nach diesem Tumult aber wieder auf und davon, doch wir wussten jetzt, dass wir auf der Richtigen Spur waren. Ob wir so auch meine kleine Schwester finden würden, war zweifelhaft, aber ich versuchte Shay und mir einzureden, dass es klappen würde.

Jetzt hieß es, diese Fregatte zu finden, was uns noch einmal knapp zwei Wochen der Sucherei bescherte, bis wir sie in einem Schneesturm endlich gesichtet hatten. Doch gerade als die Morrigan zum Angriff bereit war, erschienen an Deck zwei Schemen. Shay erteilte den Befehl, NICHT die Kanonen abzufeuern und starrte zur Gerfaut. „Shay, was macht ihr denn?“ schrie ich ihn an, denn wir waren so nah am Ziel. Als er mich dann darauf hinwies, dass dort noch jemand neben dem Chevalier stand, nutzte ich meinen Adlerblick und sah eine rote Aura, daneben eine gelb-gold schimmernde Aura, wie ich sie auch bei Alex immer wahrnahm. Es war tatsächlich meine kleine Schwester...

Was danach geschah, kann ich kaum in Worte fassen, denn es war eigenartig, für einen Moment hatten wir alle das Gefühl, als wolle man uns zu Davy Jones schicken, doch im nächsten Augenblick war alles glasklar und wir konnten unsere Mission fortsetzen. Kurzzeitig hatte ich das Gefühl, als hätte jemand die Zeit angehalten und dann für ein paar Sekunden zurück gedreht, doch es mag auch einfach nur Einbildung gewesen sein. Im Nachhinein, war alles irgendwie unwirklich und erst als ich Faith lebendig hier an Deck der Morrigan sah, war ich erleichtert und atmete tief durch. Sie sah grauenhaft aus, ich mochte mir nicht vorstellen, was sie in den letzten Monaten durchgestanden haben muss. Ich hoffte nur, sie würde es verarbeiten können.

Jetzt hieß es dem eigentlichen Ziel hinterher zu jagen, denn der Chevalier war nur eine Ablenkung für uns, eingefädelt von Hope und Liam, wie ich diese beiden doch hasste. Im Klartext hieß das, Achilles und dieser O´Brian waren bereits dem Tempel sehr nahe, wenn nicht schon dort vor Ort.

Faith brauchte einige Tage bis sie sich ein wenig erholt hatte, ob ihre seelischen Wunden je ganz verheilen würden, bezweifelte ich und baute darauf, dass Shay ihr dabei zur Seite stand. Doch sie war schneller wieder auf den Beinen und fing an ihre üblichen Befehle zu erteilen, denn es war wohl Ungeziefer an Bord. Was nun wirklich nicht sein durfte und sie blaffte die Besatzung entsprechend an. Als meine kleine Schwester nun die Karten und Logbücher betrachtete, welche wir ausgebreitet hatten, bemerkte sie, sie könne uns helfen. Es wäre russisch und sie würde es entschlüsseln. Gut, wenn sie meint, doch ich blieb skeptisch. WAS zum Teufel hatte sie durchgemacht und warum konnte sie plötzlich solche Sachen?

Irgendwann kam ich aber auf das Thema der Jackdaw und ihrem Diebstahl zu sprechen, denn es lag mir auf dem Herzen, dass sie so unbedacht gehandelt hatte und jemand anderem Schaden, auch wenn es unwissend war, zugefügt hatte. Es kam die übliche pampige Antwort, dass es ihr egal sei, Alex müsse halt damit klar kommen. Auch das Argument, dass es für Mrs. Frederickson mehr als nur ein Tadel werden würde, sie sogar die Zulassung verlieren könnte, ignorierte sie. Erst als Shay ihr ins Gewissen redete gab sie nach und meinte, sie würde sich dann beizeiten entschuldigen. Ich zweifelte es an, denn ich wusste, dass Faith zu stur und uneinsichtig war. Auch wenn sie es zum Wohle ihrer Tochter getan hatte!

Faith hatte von dem Wesen anscheinend eine Vision bekommen, in welcher July an einer Krankheit sterben würde, an Scharlach laut ihrer Aussage und sie die Medikamente von Alex dafür brauchte. Doch es ging nicht nur darum, sondern mir ging es darum, dass sie auch andere Dinge hat verschwinden lassen und das ist einfach etwas, was ich nicht so dulde!

Wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht, ob ich überhaupt noch alles in der richtigen Reihenfolge aufschreibe, denn es ist völlig verwirrend gerade und ich hoffe, dass wir bald den Tempel erreichen und endlich dem Ganzen ein Ende setzen können.

Kapitel 3

~ Januar 1760


Endlich erreichten wir unser Ziel und ich sah von weitem bereits das Schiff von Master Davenport, welches an der eisigen Landschaft vor Anker lag. Ich ging noch einmal unseren Plan mit Gist und Cormac durch und wollte gerade mit Shay von Bord, als meine kleine Schwester in ihrer Montur an uns vorbeiging. „Keine Angst Master Gist, ich werde auf die beiden aufpassen“ dieses Grinsen dabei konnte sie sich sparen, doch es erinnerte mich wieder einmal an Alexandra, denn auch sie hatte diese Art OFT an den Tag gelegt. Diese Frauen waren wie Schwestern, irgendwann musste ich die beiden darauf ansprechen, schoss es mir in den Kopf.

Ich war alles andere als begeistert davon, dass sie uns begleitete, doch Master Cormac lächelte selig und war zufrieden. Sie hätte es ihrem Mann versprochen zu helfen... Ich konnte nur resigniert zustimmen und hoffen, dass alles gut ging. Innerlich rollte ich mit den Augen und fluchte ziemlich derbe, denn es ging mir so langsam auf die Nerven und ich wollte endlich meine Ruhe haben!

Wir machten uns jetzt zu dritt auf den Weg und ich war froh, dass mich diese Montur vor der schlimmsten Kälte bewahrte. Als wir endlich auf einem Vorsprung standen, von welchem wir überschauen konnten, wohin wir genau mussten, zischte neben uns der Haken von Faith ins Eis und sie war in Sekunden hier oben. Ich schüttelte nur den Kopf, denn das Klettern schien sie mittlerweile verlernt zu haben, ihr Vater sollte ihr mal wieder ein paar Trainingsstunde angedeihen lassen, ging es mir gedankenverloren durch den Kopf.

Vorsichtig schlichen wir uns in die Nähe der Assassinen und ich staunte nicht schlecht, es war eine größere Truppe, als ich angenommen hatte. Doch es war ein leichtes die ersten Wachen, welche um den Zeltplatz patrouillierten zu eliminieren. So arbeiteten wir uns Stück für Stück vor und es klappte sogar ganz gut, doch dann hörten wir eine höhnende Stimme hinter uns. „Interessant, dass ich dich hier wiederfinde, oder doch nicht kleine Lady, denn ich habe dich hier schon erwartet“ Es war Charles Campbell, welcher meine kleine Schwester wochenlang gequält hatte, neben diesem Peter Hermann! „Drei gegen Drei“ kam es von ihrem Mann. Shay war pragmatisch wie immer, denn dieser andere Mann war nicht alleine, er hatte noch zwei Kumpane dabei.

„Nein das ist nicht eure Sache, sondern die des britischen Ritus. Geht und haltet Achilles und Liam auf. Ich schaffe das hier alleine“ war die Antwort von Faith und ich kochte innerlich, denn auf der einen Seite hatte sie recht, aber ich wollte sie hier nicht diesen Männern überlassen. Umstimmen konnte ich sie aber auch nicht, denn sie schob mich und Shay von sich in Richtung des Tempeleingangs. Ich warf noch einen Blick zurück und hoffte, dass sie es schaffen würde, ohne größere Blessuren.

Master Cormac und ich kamen gut voran, denn diese Meuchelmörder waren alles andere als gut vorbereitet und wir mussten feststellen, dass wir nicht die einzigen waren, die sich Zugang zu diesem Vorläuferraum verschafft hatten. Wir kämpften uns noch ein Stück weiter und immer wieder wurden wir von diesen Lichtschranken aufgehalten, doch ich konnte sie mit meinem Adlerblick schon vorher erkennen und konnte ihnen ausweichen. Warum auch immer, sah ich Mrs. Frederickson vor mir, welche mir Einhalt gebot und auf einen Mann mit roter Aura deutete, doch das war... nicht hier... das war in London... ich schüttelte den Kopf um diesen Gedanken loszuwerden. Woher wusste ich plötzlich, dass ich mich vorsichtig bewegen musste?

Nach einer gefühlten Ewigkeit standen wir Liam und Achilles gegenüber, beide sahen auf an Säule, auf welcher sich eine Art Stern schwebend bewegte. „Es ist wie in Lissabon!“ hörte ich Shay raunen und wusste, dass wir dieses Artefakt NICHT anrühren sollten. Die beiden Assassinen bemerkten uns endlich und dann ging alles ziemlich schnell. Campbell tauchte mit Faith auf, welcher er die Klinge seines Schwertes an den Hals hielt, gleichzeitig verlangte er die Herausgabe dieses Artefaktes. Shays Zorn konnte ich wieder förmlich sehen, doch ich hielt ihn zurück, denn wenn er eine falsche Bewegung machte, würde dieses Ding vom Sockel stürzen können.

Wie so oft, kam es anders und innerhalb einer Millisekunde entbrannte ein Kampf zwischen Faith und ihrem Widersacher. Doch ich musste mich auf diesen Davenport konzentrieren, damit es nicht... doch es war zu spät... Dieser Liam fauchte Achilles an, Shay hätte keine Ahnung wollte gerade mit der Pistole auf ihn zielen, als Shays vormaliger Mentor versuchte den Angriff aufzuhalten. Dabei stürzten die beiden gegen diese Säule und schmissen den Stern vom Sockel und ab da ging alles wie in Trance... der Boden bebte und ich eilte diesem Davenport nach. Shay rannte in der anderen Richtung O´Brian hinterher.

In diesem Moment sah ich aus dem Augenwinkel nur noch, wie Faith fast in die Tiefe gestürzt wäre und zog sie einfach hoch. Die Wände bebten und wackelten und überall fielen Eisblöcke, kleine oder auch größere hinab und wir mussten diesen Eiszapfen ausweichen. Mit einem Mal zielte Faith mit dem Seilwerfer nach oben und umklammerte mich, so dass wir beide nach oben katapultiert wurden. Gerade noch rechtzeitig, denn auch hier gab der Boden aus Eis nach. Doch was am schwierigsten war, war diesen Lichtpunkten auszuweichen, doch auch Achilles schien genau wie ich zu wissen, wohin er musste. Ich konnte spüren, wann und wo sie auftauchten, sah eine Art Schimmer, dort wo sie im Eis lauerten. „Woher weißt du, wo diese Dinger sind?“ fragte mich meine kleine Schwester etwas atemlos. Doch das war gerade unwichtig und ich würde es später erklären, wenn Zeit wäre. Als wir endlich im Freien waren, folgte Faith Charles und ich übernahm Shays ehemaligen Mentor. Es entbrannte kurz darauf ein Kampf zwischen uns und ich war froh, eine solch gute Ausbildung genossen zu haben. Dieser Meisterassassine unterlag mir nach nur wenigen Paraden oder Kontern und wusste sich bald nicht mehr zu wehren, gerade als ich ihm seinen Tod bringen wollte, sprang mir Shay dazwischen. Konnte ich nicht EINMAL etwas zu Ende bringen?, dachte ich resigniert!

Sein Argument, dass Achilles nun harmlos sei, weil er keine Verbündete mehr hatte, auf die er zurückgreifen konnte, war gut. Auch dass dieser Assassine nun endlich mit eigenen Augen gesehen hat, zu was diese Vorläufer-Artefakte unter anderem imstande waren, sollte ihm Einhalt gebieten. Doch mit diesem seichten Geschwafel gab ich mich nicht zufrieden, ich wollte diesem Achilles eine Lektion erteilen, damit er sie weitergeben konnte. Ich schoss ihm einfach in das Knie, ohne groß weiter darüber nachzudenken und wandte mich dann ab. Davenport meinte nur, er würde es nicht vergessen, was die Vorläufer konnten, doch die Welt würde es vergessen. Doch DAS würde ich zu verhindern wissen... gerade in diesem Moment schoss mir Alex wieder in den Sinn, denn sie hatte gewusst, was hier passieren wird und würde auch in Zukunft (welch dummer Vergleich eigentlich) uns beistehen!

Ohne ein weiteres Wort suchte ich mir einen Weg Richtung Morrigan und Shay folgte mir etwas skeptisch. Meine Besorgnis um Faith ließ mich aber immer wieder meinen Blick umherschweifen, doch ich sah nichts um uns herum. Als wir dann endlich das Schiff erreichten, dämmerte es bereits und wir standen etwas unschlüssig davor. Sollten wir uns doch auf die Suche nach meiner kleinen Schwester machen? Doch dann sah ich sie auf einem kleinen Hügel stehen und sie rannte los, auf uns zu.

Völlig außer Atem warf sie sich Shay in die Arme, welcher verständlicherweise überglücklich war. Sie war, allem Anschein nach, unverletzt und das beruhigte mich. Plötzlich hatte Faith einen dieser Momente, genau wie Mrs. Frederickson auch, in welchem sie völlig leer vor sich hinstarrte. Darauf angesprochen stieg ihr eine leichte Röte ins Gesicht, diese Frau hatte tatsächlich diesen Gedanken an eine Nacht … also, ich vertiefe das nicht weiter. Denn ehrlich gesagt, kann ich mich kaum daran erinnern. Doch Faith meinte, es wäre doch möglich, es noch einmal zu wiederholen und Alex könnte doch... Geistesgegenwärtig hielt ihr Mann ihren Mund zu. Besser so, denn ich war von diesem Gedanken nicht angetan, denn ich teilte nicht gerne und … wie gesagt, ich gehe darauf nicht näher ein.

Wir gingen endlich an Bord und ich konnte mit Master Cormac endlich in Ruhe sprechen, wie es jetzt weiter gehen sollte. Gerade als ich ihm den Auftrag erteilte, nach der Schatulle zu suchen und er erwiderte, dass es Jahre dauern könnte, sie zu finden, erschien Faith. Ihr Vorschlag, dass wir Hinweise in den Logbüchern der Gerfaut finden würden, weil sich der Chevalier in der Zeit, wo sie an Bord war, mit zwei weiteren Schiffen getroffen hatte, war gut! Shay war nicht sehr angetan von der Idee, doch meine kleine Schwester meinte nur, ihre Tochter würde das sicher verzeihen. Also gab ich Gist den neuen Kurs und wir machten uns auf den Weg.

Als Master Cormac mit seiner Frau nach unten verschwand, überkam mich mal wieder diese verdammte Sehnsucht nach Mrs. Frederickson. Ich brauchte sie, ich wollte sie und als ich zu diesem Sternenklaren Nachthimmel blickte, hoffte ich, sie würde ebenso gerade an mich denken und ich schlug meinen Mantel enger um mich. „Master Kenway, ist alles in Ordnung?“ kam es leise von Christopher, normalerweise war er eher der direkte Typ, doch es kam dieses mal zögerlicher. „Ja, mir geht es gut. Es waren nur lange, kalte und vor allem ereignisreiche Wochen. Es wird Zeit, dass wir alle etwas zur Ruhe kommen können.“ gab ich als kurze und vor allem nicht ganz wahrheitsgemäße Antwort und verabschiedete mich in mein Quartier.

Und hier sitze ich nun und versuche diese ganzen Geschehnisse zu verarbeiten und zu sortieren, doch es fällt mir schwer. Es ist, als würde mir jemand dabei über die Schulter sehen und bei einigen Passagen augenrollend den Kopf schütteln. Doch ich verdrängte diesen absurden Gedanken und ließ mich müde in mein Bett fallen. Es war eisig kalt und ich freute mich auf mein Bett im Fort George, oder auch nicht.

Kapitel 4

 

**** Eine Woche später ****
 



Die Tage verliefen zäh und absolut langweilig, ich legte mich mit der halben Besatzung der Morrigan an. Auch ihr Kapitän wurde nicht verschont, weil er mich einfach zur Weißglut brachte mit seiner Zuversichtlichkeit. Von meiner kleinen Schwester rede ich jetzt erst einmal gar nicht, denn sie hatte schlimme Wochen hinter sich. Doch auch Gist war wie immer eine Plaudertasche und seine Anzüglichkeiten kannten keine Grenzen, auch was Mrs. Frederickson anging. Wäre Shay nicht dazwischen gegangen, hätte ich ihn eigenhändig über Bord geworfen! Es war zum verrückt werden. Alles in allem betete ich für mich, dass wir bald wieder zurück in New York sein werden, mir ging hier alles so langsam auf die Nerven.

An diesem Morgen war ich wieder einmal zu früh wach und brütete über diese verdammten Verträge, hinsichtlich einiger Rekruten und deren Aufnahme in den Orden. Auch überarbeitete ich, nur für mich alleine, die Bestimmungen für den kolonialen Ritus. Irgend etwas trieb mich dazu, etwas zu ändern, auch wenn es nur kleine Schritte waren und ich mir auch noch nicht zu hundert Prozent sicher war. Als ich ein Klopfen hörte, konnte ich mir schon denken, wer mir jetzt schon wieder auf die Nerven gehen wollte. Und ich sollte, als ich ein „Herein“ herausbrachte, Recht behalten. Es war Faith mit einer freundlichen Begrüßung. Eigentlich widerstrebt es mir, so unhöflich zu sein, doch ich hatte gerade keine Lust sie um mich zu haben.

Also fragte ich sie einfach, was sie denn wolle! „Eigentlich wollte ich dich etwas fragen, aber bei deiner Laune gehe ich besser wieder!“ fauchte sie mich an und ich funkelte sie meinerseits nur an. Sie schien mich nicht zu verstehen, wie auch? Sie hatte ihren geliebten Mann wieder um sich und bald auch wieder ihre Tochter! Musste ich es eigentlich immer und immer wieder erklären, dass ich diese Frau einfach wiederhaben wollte? „Nun, vielleicht hilft es dir, darüber zu reden.“ meinte sie leise und machte es sich auf meinem Bett gemütlich, wie selbstverständlich. Für einen Moment wusste ich nicht, ob ich überhaupt mit jemandem reden wollte. Es war zwar noch nicht einmal Mittag, aber ich goss uns von dem guten Rum ein, ich brauchte etwas, um überhaupt anzufangen zu reden.

In der nächsten Stunde und der gesamten Flasche Rum, erzählte ich meiner kleinen Schwester, was mir so durch den Kopf ging. Natürlich nicht alles, denn sie durfte alles essen, aber nicht alles wissen. Des öfteren sah ich in ihrem Blick Verständnis oder aber auch ein leichtes Kopfschütteln, doch sie sollte es besser wissen. Ging es ihr in den Wochen ohne ihren Mann nicht ähnlich? Aber was fragte ich mich sowas überhaupt? Ich musste einfach Geduld haben, doch das fiel mir plötzlich schwerer als sonst.

Irgendwann stand Faith auf, nunja, sie versuchte es, doch ich sah, dass sie leicht grün im Gesicht war. Als sie dann schwankend Richtung Tür wollte, war es aus diesem Impuls heraus, dass ich sie einfach auffing, denn sie sackte wirklich plötzlich zusammen. „Danke Haytham!“ war alles, was sie rausbrachte. Doch dann kam mir der Gedanke, dass sie ja eigentlich vorhin etwas ganz anderes von mir wollte. Darauf angesprochen fiel ihr der eigentliche Grund ihres Besuches auch wieder ein. „Oh ja das hatte ich ganz vergessen, die Gerfaut, hast du eine Vermutung wo die hin sein könnte?“ fragte sie jetzt, immer noch mit schwerer Zunge und ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Meine Vermutung ging dahin, dass sie sich gen Norden gewandt haben werden. Dort liegt ein französisches Fort und die Mannschaft würde sicher dort Zuflucht finden.

Als wir dann zusammen an Deck erschienen und Master Cormac davon berichteten, nickte dieser nur, denn das war wirklich das logischste Ziel von allen. Drei Tage später erreichten wir dann auch die Gerfaut und sie war tatsächlich auf dem Weg zu diesem besagten Fort. Wir zwangen sie aber, unter großem Beschuss, die Segel einzuholen und es dauerte nicht lange, da ergab sich die gesamte Mannschaft. Somit hatten wir nun ein weiteres Schiff für unsere Flotte und ich war etwas besser gelaunt in diesem Moment.

Mit Faith zusammen durchsuchte ich nun die Kapitänskajüte des Chevaliers, doch es war nichts zu finden und meine kleine Schwester riss ein Buch nach dem anderem aus den Regalen. DAS würde uns nicht weiterhelfen, dachte ich mir nur und zog eine Schublade nach der anderen aus dem Schreibtisch, aber auch ich wurde so nicht fündig. Plötzlich hörte ich nur, wie sie meinte, der Teppich sähe eigenartig aus und ich ließ meinen Blick darüber gleiten. Die Diele darunter war locker und ich inspizierte sie genauer. Mit meiner versteckten Klinge hebelte ich sie auf und ein kleines Versteck kam zum Vorschein. Darin befanden sich einige Bücher und auch Karten, welche selbstverständlich verschlüsselt waren. Wir nahmen alles an uns und verließen dann die Gerfaut.

Auf der Morrigan fingen wir an, das Ganze aufzuschlüsseln und wir kamen auch gut voran, doch es war mal wieder wie verhext. Genau in diesem Moment erschien der Ire und fragte, wie weit wir seien. Ich versuchte etwas zuversichtlich zu klingen und meinte nur „Fast fertig. So wie es aussieht hat der Chevalier sich mit zwei Schiffen getroffen aber leider keine Namen genannt, nur zwei Abkürzungen einmal J und dann noch A.“ doch auch für mich hörte es sich nach einem endlosen Unterfangen und einer Suche die noch ewig dauern konnte an. Shay saß frustriert auf dem Bett und genauso ließ Faith den Kopf hängen. Eine Lösung musste her, also schlug Master Cormac vor, die Templerflotte zu nutzen, denn es waren mittlerweile einige Schiffe, die uns bei der Suche helfen konnten. Diese Erlaubnis erteilte ich ihm natürlich, denn wir mussten endlich einmal auch weiterkommen!

Ich schlug noch vor, Master Williams mit einzubeziehen, oder besser gesagt die Schiffe des britischen Ritus. Meine kleine Schwester erwiderte nur, sie würde ihn schon davon überzeugen. Das glaubte ich ihr aufs Wort und musste grinsen, bei dem Gedanken wie sie ihn um den Finger wickelte. Shay verkündete nur, dass er jetzt Kurs auf New York setzen ließ und ich war mehr als dankbar dafür. Denn wir wollten alle aus dieser verdammten Kälte endlich raus!

Doch es vergingen endlose Wochen gefühlt, bis wir am Horizont endlich New York sahen. Faith machte mich die letzten Tage wahnsinnig, sie ging ständig an Deck auf und ab und stand gefühlt nicht eine Minute still. Auf meine Frage, ob sie das nicht einfach sein lassen könne, bekam ich nur als patzige Antwort „Nein Bruder, ich will zu July, also lass mich“ so ganz verstehen konnte ich es nicht, doch tief in mir, würde es mir vermutlich mit Alex nicht anders gehen.

Wir hatten noch nicht ganz angelegt, da rannte sie auch schon los und ich sah, dass Master Williams, Lady Melanie und Jack am Fort standen. Familientreffen! Nach einer langen Begrüßung, hörte ich nur, wie Lucius sich bei Shay bedankte, dass er seine Tochter wieder heile nach Hause gebracht hatte. Ich sah den Iren nur lächelnd an und meinte, dass Master Williams ihn jetzt wohl endlich akzeptiert hatte.

Wir gingen hinein und endlich umgab mich wieder so etwas wie Zivilisation. Doch lange hielt es mich hier nicht, denn auch meine Angestellten warteten sicher und ich hatte einen Haufen an Arbeit, der liegengeblieben war. Mir graute davor, aber das würde mich hoffentlich ablenken und auf andere Gedanken bringen.

Als ich beim Fort George ankam, begrüßte mich Mrs. Wallace freudestrahlend, doch ich sah, dass sie eigentlich etwas anderes fragen wollte. Sie sah schon, dass ich Ruhe brauchte, mehr nicht. Ich schüttelte nur meinen Kopf, ließ mir ein Bad richten und den restlichen Abend war ich für niemanden mehr zu sprechen.

Die erste Nacht hier wieder zuhause nach den ganzen Monaten war etwas seltsam. Keine Schiffsgeräusche, keine leisen murmelnden Stimmen, sondern einfach nur STILLE! Ich ließ mich darauf ein und konzentrierte mich, doch nicht lange, dann kam mir Alex wieder in den Sinn und es war vorbei mit meiner Nachtruhe.

Kapitel 5


*** Ordensangelegenheiten und eine große Überraschung ****


12. Mai 1760




Die nächsten Wochen verbrachte ich damit, alle Geschäfte wieder zum Laufen zu bringen und mich weiter damit zu beschäftigen, mir hier irgendwo ein Anwesen zuzulegen. Wo genau wusste ich noch nicht, ich hatte aber schon überlegt, mich mit dem Anbau von Weizen und Tabak auseinander zusetzen. Diesbezüglich hatte ich einige Bücher gelesen und mich mit Pflanzern aus der Gegend in Virginia unterhalten, welche ich über unseren Orden kannte. In nächster Zeit werde ich mir das noch einmal genauer überlegen.

Die Nachricht, dass meine kleine Schwester von Lady Melanie völlig überrumpelt wurde mit der geplanten Hochzeit für sie und Shay, ließ mich schmunzeln. Denn das passte ihr mal so gar nicht, denn ihr Dickkopf verbot ihr, sich zu freuen. Nach einigen Streitgesprächen hatte man sich aber dann einigen können und ich freute mich für sie. Doch ich wusste auch, dass man mir irgendjemanden zuweisen würde als Begleitung, denn es wurde nicht gerne gesehen, ALLEINE bei so einem Anlass zu erscheinen. Als Shay mich bat, erneut sein Trauzeuge zu sein, stimmte ich selbstverständlich zu. Denn uns verband mittlerweile nicht nur der Orden, sondern auch eine gewisse Freundschaft.

Und nun stand Faiths Aufnahme in den britischen Ritus an. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und war bereit, sich unserer Sache anzuschließen. Und wieder einmal musste ich an Alex denken. Würde sie ebenfalls den Assassinen den Rücken kehren? Würde sie sich ganz auf den Orden einlassen oder weiterhin ihrem Ziel folgen, eine Einigung zu erreichen? Ich wünschte mir, wir könnten es zusammen erreichen. Bis dahin jedoch werden noch einige Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen, ehe sie wieder bei mir ist. Ich schob diese trüben Gedanken beiseite und machte mich für den Abend fertig.

Wir hatten uns alle im Fort Arsenal versammelt und man bat Faith nun, sich ebenfalls fertig zu machen. Derweil begaben wir uns in den Besprechungsraum und bereiteten alles vor. Dann wurde Jack beauftragt, meine kleine Schwester zu holen. Sie betrat etwas nervös den Raum und sah von einem zum anderen, ich konnte ihr Zögern ein wenig verstehen, doch sie wurde zu nichts gezwungen. Und dann begann das Aufnahmeritual, an welchem sich vermutlich auch in einigen Jahrhunderten nichts ändern wird. Deswegen werde ich es nicht näher aufschreiben. Danach wurden die neuen Mitglieder noch über die Interna und Ränge im Orden aufgeklärt.

Nun war es an mir, meinen Part zu übernehmen. Denn nach allem, was Shay bisher geleistet hatte, war es an der Zeit, ihn in den Rang des Meistertemplers zu erheben. Ich tat es mit Freuden und er nahm seine neue Montur mit eben solcher Freude entgegen. Wir beschlossen den Abend noch recht feucht fröhlich und ich entspannte mich ein wenig. Ein gewisser Alltag brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich nur, wie meine kleine Schwester Jack aus dem Raum zog. Er hatte dem Alkohol ziemlich zugesprochen und schien etwas verwirrt zu sein.

Diese Nacht verbrachte ich hier, denn auch mir war der Whiskey leicht zu Kopf gestiegen. Doch wirklich zur Ruhe kam ich nicht, mir ging wieder Mrs. Frederickson in meinen Gedanken rum. Ein leises Klopfen ließ mich aufschrecken und ich hörte, wie Mrs. Marge ankündigte, dass das Frühstück fertig sei. Du meine Güte, hatte ich wirklich so lange geschlafen? Der Tee bei Tisch weckte meine Lebensgeister und ich unterhielt mich mit Lucius über noch anstehende Aufträge und Geschäfte hinsichtlich der beiden Riten. Wir mussten noch sicherstellen, dass die Artefakte dort blieben, wo sie sein sollten. Ich werde es später sicher noch erläutern!

Als ich dann fertig war, verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen, erwartete mich eine freudig strahlende Sybill und nahm mir meinen Gehrock ab. „Master Kenway, es ist Post für euch eingetroffen, sie liegt auf eurem Schreibtisch. Habt ihr einen Wunsch bezüglich des Mittagessens?“ fragte sie mich noch. Ich überlegte kurz, aber nein. Ich vertraute auf ihre Eingebungen, wie immer, denn damit lag ich meistens richtig.

Etwas frustriert widmete ich mich also meiner Post und fand einen Brief von meiner Schwester Jennifer aus London darunter. Was soll ich sagen, eigentlich stand nichts darin, er war belanglos, wie unsere gesamte Korrespondenz. Ich legte ihn zu den anderen Schreiben von ihr und machte mich an die Geschäftspost. Da wurde ich tatsächlich gebeten, dem Gouverneur mitzuteilen, dass es einem Händler nicht mehr möglich sei, die Waren in ausreichender Menge zu liefern. Das würde wieder eine stundenlange Debatte geben und mir graute davor.

Auch musste ich mich mal wieder mit dem politischen Angelegenheiten der Kolonisten beschäftigen, was zunehmend anstrengender wurde. Es lag mittlerweile eine Spannung in der Luft, welche wie ein Damoklesschwert über uns schwebte und ich hatte die Hoffnung, dass es nicht allzu bald zum Ausbruch kommen würde. Der Tag verlief ansonsten relativ ruhig und in Gedanken ging ich wieder einmal mein Vorhaben durch, mich hier niederzulassen in den Kolonien. Denn nach England oder besser London wollte ich mittlerweile nicht mehr zurück. Es hielt mich dort nichts mehr.

Am nächsten Morgen wurde ich von Sybill geweckt und etwas widerstrebend stand ich auf. Heute fehlte mir irgendwie eine gewisse Motivation, doch ich bat sie, dass Jones zu mir kommen solle, wegen der Rasur. Als ich gerade ins Ankleidezimmer wollte um mein Hemd zu richten, klopfte es leise und ich öffnete die Tür im Vorübergehen. Jones solle einfach schon mal das Rasierzeug bereitlegen. Dieses vermaledeite Hemd war heute früh so widerspenstig, dass es nicht sitzen wollte und ich fluchte ziemlich derbe im Stillen!

Plötzlich strich mir jemand vorsichtig den Kragen an meinem Hemd glatt und ich schreckte herum. „Ich wünsche euch einen guten Morgen, Master Kenway!“ hörte ich diese Stimme mit ihrem eigentümlichen Akzent und leuchtende grüne Augen sahen zu mir auf! Mir fehlten die Worte, denn ich dachte schon, ich würde das träumen. Ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht veranlasste mich dann doch etwas zu sagen und ich schloss meine Hände darum. „Du bist wieder hier.“ stammelte ich vor mich hin und küsste Alex einfach, ich wollte sichergehen, dass es KEIN Traum war! Sie erwiderte meine Zuwendung und ich konnte spüren, dass sie leicht anfing zu zittern, doch ihre Nähe war gerade so berauschend, ich musste sie einfach festhalten.

Irgendwann schob ich Mrs. Frederickson ein Stück von mir und betrachtete sie genauer. Auf meine Frage, sie hätte sich nicht verändert und wie lange sie denn in ihrer Zeit gewesen wäre, bekam ich als Antwort „Ich bin ungefähr vor einem dreiviertel Jahr in meiner Zeit wieder angekommen. Und habe dann einige Nachforschungen angestellt und bin irgendwann über diese riesige Anzeige der Hochzeit gestolpert! Und da dachte ich mir, ich muss hierher. Ich... ich... das klingt jetzt sicherlich dumm, aber ich... konnte es nicht ertragen, dass du eventuell mit jemand anderem dorthin gehst!“ Ihr Kopf war hochrot geworden, war diese Frau, welche ein solch loses Mundwerk besaß, wirklich so eifersüchtig? Sie hatte nicht allen Ernstes angenommen, ich würde mir von heute auf morgen eine andere Dame suchen! „Ich hatte nicht geglaubt, dass du mit einer anderen liiert bist. Ich wollte nur nicht, dass dir jemand aufgezwungen wird. Bei Odin, ich wollte dich einfach wiedersehen, Haytham und die Hochzeit war der perfekte Anlass!“

Also blieb sie noch nicht für immer und ich konnte meine plötzliche Enttäuschung nicht so gut verbergen. Ihre Hände hielten mein Gesicht um sich zu erklären. „Nein, noch nicht. Ich habe noch ein paar Sachen in meiner Zeit zu klären, aber... es wird auf vielleicht zwei höchstens drei Jahre hinauslaufen! Aber... ich weiß es nicht genau! Doch dann, wenn du es immer noch möchtest, dann bleibe ich! Und ich werde das Versprechen an deinen Vater erfüllen!“ In diesem Moment erlosch meine Enttäuschung, denn das hörte sich nach einem wunderbaren Versprechen an und die Worte sprudelten aus mir heraus. „Die letzten Monate waren die reinste Tortur und ich glaube, dass ich einigen Menschen Unrecht getan habe!“ Zum Schluss wurde ich immer leiser, denn es war mir ein wenig unangenehm, das zuzugeben. Aber ich war nicht der einzige Mensch, der so unleidlich seinen Mitmenschen gegenüber war, hörte ich aus Alexandras Erzählung.

Ihr Kopf legte sich plötzlich auf meine Brust und ich schloss sie in meine Arme, sodass wir beide diesen Frieden wieder spürten und zur Ruhe kamen. Es tat einfach gut, doch wir wurden von Mrs. Wallace auf das Frühstück hingewiesen. Alex machte sich daran, die verknoteten Bänder an meinen Handgelenken zu entwirren und warf mir einen augenrollenden Blick zu, welchen ich lediglich damit kommentierte, wenn es nicht so will wie ich, dann muss ich halt nachhelfen. Danach kamen meine Haare dran, doch dieses Mal konnte ich nicht in ihrem Gesicht lesen. Darauf angesprochen kam es in einem ziemlich lasziven Ton in ihrer Stimme. „Das möchtest du JETZT sicher nicht wissen, sonst werden wir diesen Raum nie verlassen!“ Ihre Hände waren eine Wohltat und ich genoss diesen Moment. Als Alex mit ihrem Werk zufrieden war, stand ich auf und nahm sie in den Arm und bedankte mich mit einem langen Kuss bei ihr, in welchen ich alle meine Emotionen packte, die ich gerade empfand.

Doch noch war sie nicht fertig, denn es bedurfte noch der Rasur und mit vor Entsetzen geweiteten Augen kam nur „Oh nein, Haytham, DAS mache ich nicht. Ich kenne mich damit überhaupt nicht aus und ich möchte dich nicht aus Versehen verletzen!“ Ich ließ mich von meinem Vorhaben, es ihr beizubringen, nicht abbringen und versuchte es mit Logik und Vernunft. „Nein, du wirst es lernen müssen. Denn ich kann es vielleicht nicht immer selber machen, dann brauche ich deine Hilfe. Also... Mrs. Frederickson, wir kommen zu eurer ersten Lehrstunde in Rasur für euren Mann!“ doch bereits als ich es sagte, merkte ich, dass ich etwas verfrüht von... Ehemann gesprochen hatte. Ich entschuldigte mich dafür, denn ich wollte Alex auf keinen Fall unter Druck setzen, doch … es war ein Wunsch von mir, welcher mich immer wieder beschäftigt hatte in den letzten Monaten. In diesem Moment sah ich aber, dass in ihre Augen eine gewisse Motivation trat und sie voller Tatendrang anfing, ihre Arbeit zu verrichten. Die ganze Zeit über beobachtete ich sie dabei und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, es war erstaunlich, wie geschickt sie im Endeffekt mit dem Messer umging.

Zufrieden, dass sie mich nicht schwer verletzt hatte, bis auf einen kleinen Schnitt, gingen wir hinunter zum Frühstück, denn so langsam knurrte mir dann doch der Magen und was soll ich sagen? Da saß diese wunderschöne Preußin wieder in meinem Esszimmer mit einem Seufzen, während sie die Kaffeetasse in Händen hielt. „Haytham, was hast du heute noch zu tun? Denn ich platze mal wieder unangekündigt in dein Leben. Ich will dich nicht von der Arbeit abhalten!“ riss sie mich aus meinen Gedanken. Ehrlich antwortete ich, dass ich derweil keinerlei wichtige Termine mehr hätte, denn die Hochzeit würde anstehen und da wir ja auch Faith in den Orden aufgenommen hatten, war das auch schon vom Tisch. Bei dieser Nachricht hörte ich nur ein kleinlautes „Das ist schön, das freut mich.“ Wir wussten beide, dass auch Alex irgendwann eine Entscheidung treffen muss und dass sie sich immer noch nicht wohl hier fühlte, als Assassine. Doch ich konnte ihr dieses Gefühl nicht nehmen, leider! Es wäre jedoch ein Thema, welches noch lange nicht anstand und ein „Danke“ mit erstickter Stimme reichte mir.

Und plötzlich schoss mir der Gedanke in den Kopf, dass ich dringend Lady Melanie mitteilen sollte, dass ich bereits eine Begleitung für die Hochzeit hätte, auch wenn es sehr kurzfristig wäre. Besorgt sah mich Alex an, denn ich muss wohl eigenartige Geräusche von mir gegeben haben. Bei dem Namen Lady Melanie entglitten ihr alle Gesichtszüge und ich hörte nur ein. „Ich soll da mit hingehen? Bist du irre?“ und da war sie wieder, diese lose Zunge und ich musste sie daran erinnern, sich zu zügeln.

Kapitel 6

**** Besuch bei Lady Melanie, der Auftakt und ein Gedanke***


Alex folgte mir in den Eingangsbereich und ich besah mir ihr Kleid, welches sie trug, von allen Seiten. Dann schüttelte ich den Kopf und befand, dass sie dringend etwas anderes für den Besuch bei Lady Melanie bräuchte. Doch Mrs. Frederickson deutete mein Kopfschütteln falsch und meinte etwas enttäuscht. „Bin ich so schrecklich anzusehen?“ Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen, denn wie konnte sie denken, dass ich sie nicht hübsch fand? Also erklärte ich meine Gedanken bezüglich des Kleides, dass wir ein anderes für den Vormittag bräuchten und ich wüsste auch schon, woher wir es bekommen.

Bevor sie noch etwas sagen konnte, zog ich Alex hinter mir her nach draußen und rief uns eine Kutsche. Doch als sie sah, dass wir Richtung Fort Arsenal unterwegs waren und nicht, wie sie vermutete, ein Geschäft ansteuerten, geriet sie in Panik. „Haytham... bitte, nicht das auch noch heute. Ich hatte schon genug Aufregung und ich muss auch noch in die Höhle des Löwen!“ Doch ich duldete jetzt keine Widerworte und mir fiel auf, dass sie denselben Ausdruck für Faiths Großmutter hatte, wie meine kleine Schwester selber. „Die beiden werden sich sicher freuen, dich wieder zusehen.“ versuchte ich Alex zu beruhigen.

„Aber Haytham, die beiden haben genug mit ihrer Hochzeitsplanung zu tun, wir stören nur und...“ Da konnte ich ihr den Wind aus den Segeln nehmen und erklärte, dass die Eheleute Cormac nicht einen Finger zu rühren bräuchten, denn es wäre alles schon weit im Voraus geplant gewesen von Lady Melanie. Genauso wie meine Begleitung für die Feierlichkeiten! Somit hätten sie genügend Zeit für sich! Ein Schmunzeln huschte über mein Gesicht und Alex sprach mich auch prompt darauf an.„Woran denkst du gerade, Haytham? Ich hoffe doch, du hast keine schmutzigen Gedanken!“ so schlimm war es nicht und als ich sagte, dass ich nur solche Gossengedanken in den langen Nächten alleine hatte, welche sehr hart waren, zog sie nur eine Augenbraue hoch und kicherte etwas verlegen. Im Nachhinein klingt es wirklich zweideutiger als ich geplant hatte.

Beim Fort angekommen öffnete uns Marge und war mit einem Male sprachlos, als sie Alex erkannte. Sie brachte uns in den Salon und ich hoffte inständig, dass wir wirklich nicht ungelegen kamen, es wäre mir sonst doch unangenehm. Schon nach kurzer Zeit hörten wir schnelle Schritte und die drei Cormacs standen mit offenen Mündern in der Tür. July war die einzige Person die etwas unternahm und kam mit wackeligen Beinen auf mich zu. Ich hob sie hoch und wartete, was nun als nächstes passieren würde. Da nichts geschah, übernahm Alex die Initiative, wie so oft und ging einfach auf Faith zu und begrüßte sie. Sie gab eine kurze Erklärung ab, warum sie jetzt gerade hier sei und im Gesicht meiner kleinen Schwester wechselten sich Erstaunen, Freude und noch so einige andere Gefühle wieder, bis sie ihre Worte wieder fand. Doch diese waren mir nicht so ganz wohlgesonnen, das wusste ich sehr wohl, denn... ich war halt etwas unleidlich in den Monaten ohne Mrs. Frederickson. Auch Shay wurde begrüßt und dieser bedachte mich mit eben dem gleichen erleichterten Ausdruck, dass er froh ist, sie zu sehen.

Bevor es noch ausarten konnte, kam ich gleich zum Punkt, denn ich wollte nicht den ganzen Vormittag hier zubringen. „Faith, wir brauchen ein Kleid. Nur für heute, denn ich muss dringend deiner Großmutter meine Begleitung vorstellen, bevor sie noch...“ doch sie ließ mich gar nicht erst ausreden, sondern teilte mir mit, dass ich da wohl schon zu spät kommen würde. Man hatte die Tochter einer Freundin von Lady Melanie ins Auge gefasst, eine Sophia und das schon vor einigen Wochen. Das durfte doch nicht wahr sein, wurde ich gar nicht mehr gefragt? Gerade als ich darüber nachdachte, WER diese andere Begleitung sein sollte, dämmerte es mir. Ich hatte sie einmal kennengelernt und sie ist mir in keiner guten Erinnerung geblieben. Dieses Weib war die ganze Zeit nur am Schnattern und Tratschen und ging mir damals schnell auf die Nerven. Das konnte doch nicht Lady Melanies Ernst sein, oder?

Faith gab mir aber dann doch Hoffnung und meinte nur ruhig, dass es wohl doch besser sei, Sophia abzusagen, ich hätte eine weitaus bessere Begleitung an der Hand. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Nun gut, darüber konnte ich auch nachher noch nachdenken, denn ich sah nur noch, wie Alex kreidebleich wurde und ich konnte sie gerade noch so auf einen der Sessel setzen. Besorgt sah ich sie an und auf meine Frage, was plötzlich los sei, meinte sie nur, sie könne mich nicht begleiten! Ich konnte meine Enttäuschung gerade nicht aus meiner Stimme nehmen und sah sie weiter fragend an. „Kannst du dir das nicht denken?“ fragte sie mich jetzt umgekehrt. Nein, konnte ich nicht. Ihr Gesicht war verschlossen und auch Faith fiel es auf und meinte erstaunt, dass sie es nicht für möglich gehalten hatte. Doch Mrs. Frederickson hatte weiter an sich gearbeitet und konnte mittlerweile ihre Gedanken und Emotionen verbergen! Ein Fortschritt, welchen ich sehr begrüßte.

Nun kam die Erklärung, WARUM sie solche Panik hatte, mit mir dorthin zugehen und ich hätte auch selber darauf kommen können. Sie war als fast einzige Assassine unter Templern und fühlte sich entsprechend unwohl. Weiter kam sie aber nicht, denn July verlangte ihre Aufmerksamkeit und wie selbstverständlich nahm sie meine Patentochter auf den Schoß und diese fing an, mit den Ketten von Alex zu spielen. In ihren Augen lief ein Wandel ab und ich konnte wieder in ihr lesen, also war sie in solchen emotionalen Momenten noch nicht so geschult. Denn ich sah, dass ihr der Gedanke an ein weiteres Kind in den Kopf kam und sie sah mich dabei fragend an. Aber mehr als ein „Wir werden sehen.“ brachte ich nicht heraus, denn auch mir war dieser Wunsch schon oft durch den Kopf gegangen.

Faith riss uns aus diesen Überlegungen und fragte, an was ich so gedacht hätte. Da sie aber wüsste besser als ich, WAS genau angemessen für einen Besuch in der Höhle des Löwen war, ließ ich ihr freie Hand. Also gingen die beiden Frauen hinauf und überließen Shay und mir die kleine July. Wir setzten uns mit ihr auf den Boden und wie sollte es anders sein, wir wollten ihr diese Assassinenpuppe endlich ausreden.

Gerade als wir in unser Fachgespräch mit July vertieft waren, erschienen Faith und Alex wieder und mir blieb der Mund offen stehen. Also lag ich mit der Vermutung, dass beide Frauen in etwa die selbe Kleidergröße hatten, nicht falsch und vor mir stand Mrs. Frederickson in einem wunderschönen dunkelroten Kleid. In meiner Nervosität, dass ich gleich Faiths Großmutter die Stirn bieten musste, kam mein Aufbruchsbefehl ziemlich kalt an bei den Anwesenden. Doch auch ich musste mich irgendwie beruhigen und das ging nur, indem ich versuchte die Oberhand zu behalten. Ich erntete mal wieder einen leicht bösen Blick von Alex, doch eine Entschuldigung käme später.

Ich hatte mir nämlich, als ich mit Alex dabei war mich anzukleiden, beschlossen, dass es an der Zeit sei, ihr einen Antrag zu machen. Ja, ich weiß, es klingt völlig absurd, denn Alex würde in ein paar Tagen wieder aufbrechen, doch ich wollte diese kurze Zeit nutzen. Nach der Hochzeit würde ich es dann offiziell machen, denn jetzt wäre es einfach unhöflich und man würde dem Brautpaar der Aufmerksamkeit berauben. Den Ring hatte ich aus dem Schmuckbestand meiner Mutter genommen. Es war ein filigraner Goldring mit einem reinem Diamanten in der Mitte, er würde zu Alex passen. Ja, er passt zu ihr, mein Liebling! Ein Schauer lief mir über den Rücken. Hatte ich mir das nur eingebildet, oder hatte ich wirklich die Stimme meiner Mutter gehört? Ich schüttelte den Kopf und wir machten uns auf den Weg zum Anwesen von Lady Melanie.

Als wir wartend vor der Tür standen, musste ich Mrs. Frederickson ermahnen, nicht so zu zappeln. So als hätte ich sie aus einem tiefen Traum geholt, sah sie auf ihre Hände und Füße und dann auf mich. „Entschuldige, aber... ich bin nervös. Ich kenne diese Frau noch nicht einmal und habe die Befürchtung, sie schlägt mir sofort den Kopf ab!“ In diesem Moment musste ich etwas unmännlich kichern, denn so schlimm würde es nun wirklich nicht werden. Und Alex fand mein Verhalten auch alles andere als angemessen gerade, doch ich gab ihr meinerseits eine Erklärung. „Nein, natürlich finde ich das nicht lustig. Aber vergiss nicht, ich bin derjenige, der erklärt, dass er nicht die angebotene Dame möchte, sondern sich selber jemanden gesucht hat. Ich fühle mich auch nicht gerade wohl dabei. Denn ich weiß, dass Lady Melanie immer nur die Familie und deren Wohlergehen im Kopf hatte. Sie wird MIR wohl eher den Kopf abreißen, dass ich ihre Entscheidung einfach übergehe!“

Ich hoffte, dass würde sie ruhiger werden lassen, doch weit gefehlt. „Diese Aussage stimmt mich nicht gerade fröhlicher, Haytham! Da bekommt man es ja mit der Angst zu tun. Fehlt nur noch, dass sie auch noch so herrisch aussieht. Dann mach ich auf dem Absatz kehrt und bin weg. Ich schwöre es dir!“ Da war sie wieder, diese lose Zunge und ich rollte innerlich mit den Augen. Ich hoffte, dass sie sich gleich zusammenreißen würde!

Gerade als sie mir sagte, dass sie sich einfach an mich klammern würde, wurde uns geöffnet und man brachte uns in den Salon. Jetzt kam es drauf an und unser beider Nervosität stieg an!

Kapitel 7


***** Aufttritt Lady Melanie und Master Williams *****



Bevor die Dame des Hauses erschien, sah ich diese Panik in Alex´ Augen und … war das etwa ein schlechtes Gewissen? Als ich sie mahnend darauf ansprach, hatte ich Angst, sie würde auf der Stelle zusammenbrechen. Sie wusste etwas, sie hatte anscheinend in den Familienchroniken lesen können. Bei Gott, ich hoffte, sie würde sich gleich verschließen, das fehlte uns noch!

Wir mussten nicht lange warten, dann erschienen Lady Melanie und hinter ihr ihr Sohn, Lucius Williams. Ihre Erscheinung war nicht herrisch, aber imposant und autoritär und das wussten beide auch auszunutzen. Kurz vorher hatte ich Mrs. Frederickson noch einmal instruiert, wie sie die Dame zu begrüßen hatte. Wir einigten uns darauf, wenn es um so etwas ging, dass ein Druck meines Daumens in ihrem Rücken ihr das Signal geben würde, einen Knicks zu machen oder eben die Hand ihres Gegenübers zu ergreifen. Ich konnte Alex´ Zittern neben mir spüren, als man sie vorstellte und ich hätte es ihr gerne erspart, doch es war umgekehrt auch eine gute Lektion für sie in ihrem weiteren Leben mit mir später. Dieser Gedanke brachte mich wieder in eine gewisse Hochstimmung, doch es dauerte nur Sekunden, da hatte mich Faiths Großmutter auf einen Schlag ernüchtert. Manchmal fragte ich mich, wie man es mit ihr aushalten konnte, ihr Mann, Lion, war völlig anders. Doch das ist eine andere Geschichte für später!

Man begrüßte mich freundlich wie immer und dann verdüsterte sich ihr Blick und lag berechnend auf Alex. Mein Daumen im Rücken und ich stellte Mrs. Frederickson vor, als eine langjährige Freundin meiner Familie. Denn über eine plausible Erklärung ihres Erscheinens hatten wir nicht gesprochen, fiel mir plötzlich ein. Ein Knicks und sie antwortete souverän. „Lady Melanie, es freut mich eure Bekanntschaft zu machen!“ kam es knapp, aber höflich aus ihrem Mund. Ich war erstaunt, dass Lucius anwesend war, er sollte eigentlich erst morgen wieder ankommen. Aber auch ihn begrüßte Alex nun höflich.

Als wir uns setzten, kam ich auch gleich auf den Punkt. Lange drum herumreden brachte nichts und würde vermutlich auch eher unangenehm werden. Kurzerhand bat ich also Lady Melanie darum, Miss Sophia in meinem Namen abzusagen, da ich bereits eine Begleitung hätte. Von einer Sekunde auf die andere wurde ihr Blick so kalt und wütend, dass ich schon Angst hatte, sie würde mich auf der Stelle umbringen. „Master Kenway, dass ist mehr als kurzfristig und ich kenne die Familie von Miss Sophia schon sehr lange. Wenn ich ihr jetzt absagen müsste, wäre das mehr als unangenehm für mich. Ihr wisst, dass wir nur das Beste für euch wollen, Haytham, oder? Und ich denke, ich weiß sehr wohl, WER die passende Begleitung wäre!“ Ihre Stimme passte zu ihrem Gesichtsausdruck. Innerlich atmete ich tief durch und versuchte mich zu beruhigen, doch plötzlich spürte ich so etwas wie eine weitere Person im Raum, aber ich konnte auch mit meinem Blick nichts ausmachen!

Nun versuchte ich es noch einmal, diese Frau zu überzeugen, dass ich bereits eine Begleitung an meiner Seite hätte. „Lady Melanie, bei allem Respekt. Aber ich werde für mich selber entscheiden, wer mich begleiten wird. Zumal ihr mich auch gar nicht in diese Pläne eingeweiht habt. Eure Enkelin erzählte mir eben gerade davon, wen ihr für mich angedacht habt. Doch ich denke, Mrs. Frederickson wird die passendere Person sein, denn ich kenne sie mein gefühltes ganzes Leben bereits!“ Hatte ich gedacht, dass sie es verstand, hatte ich die Rechnung ohne sie gemacht und so langsam wurde ich ungeduldig. Herr Gott noch eins, ich konnte für mich selber entscheiden, doch Lady Melanie war immer noch der Meinung, sie müsse sich um mich kümmern. Bei allem Respekt, ich war damals gerne in London bei ihnen zu Besuch, doch mittlerweile war ich mein eigener Herr. Doch diese Person befand, ich müsse noch geführt werden!

Ihr Argument, dass sie nicht gerne fremde Personen auf der Hochzeit ihrer Enkelin sehen wollte, konnte ich ja nachvollziehen. Doch sie musste auch meine Menschenkenntnis anerkennen. Alex neben mir schien ebenfalls zu wissen, warum unser Gegenüber nur bekannte Gesichter sehen wollte, doch sie sagte nichts, sondern blieb die Ruhe in Person. Jetzt meldete sich auch noch Master Williams zu Wort und auch er war der Meinung, dass alle anderen es besser wüssten und sie ja nur ihr Bestes für mich wollten. Es wurde immer schwerer für mich, nicht aus der Haut zu fahren. Mit Entsetzen sprach Lady Melanie jetzt Alex an und ich wappnete mich für ein Streitgespräch, doch nichts dergleichen passierte. „Mrs. Frederickson, ihr seid so ruhig. Ich gehe davon aus, dass ihr keine Meinung habt?“ meinte sie bissig und die Angesprochene erstaunte mich, sie antwortete in einer Ruhe, die schon fast unheimlich war. „Lady Melanie, ich habe sicherlich eine Meinung. Und ich kann auch verstehen, weswegen ihr mich nicht gerne als Begleitung seht. Doch ich gehe davon aus, dass Master Kenway seine Pflichten euch gegenüber kennt und euch respektiert. Aber bedenkt auch, dass es für beide Beteiligten eher unangenehm ist, wenn die Begleitung erzwungen wurde.“

In mir machte sich leichte Panik breit, denn für einen winzigen Augenblick wäre Lady Melanie ihr am liebsten an die Kehle gegangen, bei diesen Worten. Sie waren in einem solch souveränen leisen Ton gesprochen, dass es schon fast wie eine Belehrung klang. Aber Faiths Großmutter riss sich zusammen, wie immer, und fing nun ihrerseits an, Alex auszufragen. Somit begann das Verhör und ich betete, dass alles gut ging.

Die Fragen, wo sie herkam, was sie hier machte und ob sie verheiratet war, beantwortete Mrs. Frederickson als würde sie sich mit einer alten Bekannten unterhalten. Nichts deutete auf die anfängliche Nervosität hin und ich spürte wieder, dass hier etwas im Raum war. Etwas dass mir eine leichte Gänsehaut verschaffte. Die Erklärung, warum sie ihren Mädchennamen wieder angenommen hätte, war erstaunlich plausibel. „Das, Lady Melanie, hat persönliche Gründe. Mein verstorbener Mann war ein unehrlicher Mensch, er hat mich mit meinem Sohn damals einfach zurückgelassen. Ich fand heraus, dass er bei vielen Geschäften Schuldscheine hatte, die noch zu begleichen seien. Doch ich konnte mich durch meine Mitarbeit bei Vaters Geschäften an das eine oder andere erinnern und habe so die Schulden abwenden können! Danach war ich der Ansicht, dass er es nicht verdient hat, dass ich seinen Namen weiterhin trage!“ Sie konnte sich also einen Lebenslauf ausdenken, diesen auch entsprechend weiterspinnen und auch glaubwürdig darlegen. Sie würde eine großartige Templerin abgeben, schoss es mir durch den Kopf.

Die berechtigte Frage bezüglich der Verbindung zu meiner Familie, konnte Alex völlig ruhig und entspannt erzählen. Ich war überaus erleichtert und auch stolz, dass sie so eine Selbstsicherheit an den Tag legte. Angesprochen darauf, dass ich sie ja nie erwähnt hätte in den Jahren, hatte Mrs. Frederickson auch prompt eine passende Antwort auf Lager. „Ich vermute, ich bin ihm nicht wirklich aufgefallen. Und warum hätte er mich euch gegenüber erwähnen sollen? Wir hatten regen Briefkontakt, aber nach Master Edwards Tot waren wir nicht mehr in London. Zumal Master Haytham dann ja auch mit Master Birch aufbrach. Und so vergingen die Jahre ohne weitere persönliche Treffen.“ In diesem Moment musste ich mir wieder eingestehen, dass sie ja über mein Leben im Bilde war und irgendwie passte mir das gerade nicht ganz. Doch damit war die Fragerunde noch nicht vorbei und Lady Melanie stocherte weiter. Die Frage, wann wir uns wieder getroffen hätten, konnten wir beide mit letzten Jahr beantworten. Der Auftritt der Jackdaw war ja allen noch in Erinnerung und nicht unbedingt zu leugnen.

Als Alex jedoch anfing von ihrem Abschied von meinem Vater zu sprechen, unterbrach ich sie in ihrem Redefluss, in dem ich ihre Hand drückte. Weder ich noch sie sollten gerade jetzt darüber nachdenken, es passte nicht hierher. Auch Faiths Großmutter war anscheinend der gleichen Ansicht, sie überging diese Worte einfach, jedoch war sie noch nicht fertig mit dem Verhör. Wie lange Alex beabsichtige zu bleiben, wohin sie danach reisen würde und und und. Es war ermüdend, doch alles beantwortete sie mit einer Leichtigkeit, welche ich nur bewundern konnte!

Mit einem Male befand Lady Melanie jedoch, sie hätte genug gehört. „Master Kenway, es tut mir leid, aber ich kann Miss Sophia nicht absagen, sie hätte nämlich keine Begleitung und ich kann sie schlecht ausladen. Ihre Familie wird ja auch an den Feierlichkeiten teilnehmen.“ In mir kochte es immer mehr und ich versuchte es noch einmal, dieses Mal jedoch etwas bestimmter, aber man fuhr mir einfach über den Mund wie einem kleinen Jungen. „Haytham, ich werde es nicht dulden, dass ihr mit einer Fremden hier erscheint, die ihr vermutlich noch nicht einmal vorhabt zu ehelichen. Ihr wisst, was von euch erwartet wird und Sophia ist eine gute Partie!“ Jetzt reichte es mir und ich stand abrupt auf und sah finster zu Faiths Großmutter hinab.

Eigentlich hatte ich es anders geplant, doch ich musste hier und jetzt handeln und tat es! Ich fauchte lediglich, dass ich nie erwähnt hatte, Alex NICHT zu heiraten! Damit drehte ich mich zu ihr und holte die Schachtel mit dem Ring meiner Mutter aus meiner Rocktasche und kniete mich vor Alex. Ich hätte es so gerne anders gehabt und sie tat mir leid, so vor vollendete Tatsachen jetzt gestellt zu werden, gerade in dieser Situation. Dennoch fragte ich sie einfach, ob sie meine Frau werden will! In ihrem Gesicht spiegelte sich Entsetzen, Erstaunen, Freude und … Liebe wieder und ich sah, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Alex brachte ein gekrächztes „Ja!“ heraus und ich steckte ihr den Ring an, er passte perfekt an ihren Finger. Als sie ihn betrachtete, erklärte ich, dass er meiner Mutter gehörte und dass ich eigentlich einen anderen Rahmen für den Antrag ins Auge gefasst hatte. Ich gab ihr einen vorsichtigen Kuss und setzte mich neben sie, behielt ihre Hand aber in meiner.

Faiths Vater hatte sich bis jetzt zurückgehalten, doch ich konnte spüren, dass er kurz davor war, aus der Haut zu fahren, genau wie seine Mutter. Sie waren diese Art, ich möchte es jetzt einfach „Ungehorsam“ nennen, nicht gewohnt von mir, doch ich konnte mir nicht immer alles vorschreiben lassen. Hier ging es nämlich um etwas ganz persönliches! Wann ich denn vorgehabt hätte, ihnen DAS mitzuteilen. Nunja, ich hätte es ja gemacht, NACH der Hochzeit meiner kleinen Schwester. Auch erklärte ich mich noch einmal, dass ich ihnen derlei Rechenschaft nicht schuldig sei. Lady Melanie musste arg an sich halten und brachte ein zerknirschtes „Master Kenway, dann muss ich eure Entscheidung so akzeptieren! Ich werde Miss Sophia eine Nachricht zukommen lassen!“ heraus und man verabschiedete uns nur noch.

Und ich war froh, endlich wieder an die frische Luft zu können, in der Villa war es doch etwas zu stickig geworden!

Kapitel 8

*** Eine neue Garderobe und eine wütende Schwester ***



Ich führte Alex ein Stück von der Villa weg und konnte regelrecht sehen, wie sie zusammensank. Etwas in Sorge fragte ich, ob alles in Ordnung sei. Sie war genau wie ich, am Überlegen, WAS das gerade dort war und auf meine Frage, ob sie diese Präsenz auch gespürt hätte, bekam ich eine Erklärung. Meine Verlobte, ja, es klingt noch seltsam, wenn ich es so aufgeschrieben sehe, hatte eine Art Hand auf ihrer Schulter gespürt, welche sie immer wieder ermahnte ruhig zu bleiben und das schien funktioniert zu haben. Aber ich hatte niemanden oder besser keine Aura sehen können, auch Alex hatte nichts gesehen.

In diesem Moment hatte ich das Bedürfnis, mich bei ihr zu entschuldigen, dass ich sie so überrannt hatte und erklärte auch, dass ich mir das anders vorgestellt hatte. „Ich... natürlich verzeihe ich dir. Auch mir tut es leid, dass du so Hals über Kopf handeln musstest. Ich... freue mich einfach nur. Doch ich hatte ehrlich gesagt überhaupt nicht mit so etwas gerechnet. Ich hoffe, du hast nicht das Gefühl, dass du es aus Zwang tun musstest. Denn... ich... also...“ Also dachte sie genauso wie ich und ich war erleichtert. Mein Kuss sollte ihr zeigen, dass ich es ernst meinte und ich spürte, wie sie ihn erwiderte, somit brauchten wir keine weiteren Worte.

Wir beschlossen zu Fuß zu gehen, wir waren uns in dieser Beziehung einig, dass ein Spaziergang am besten die Gedanken zur Ruhe brachte. Doch ich hatte noch etwas anderes vor und lenkte sie in die Stadt und Richtung eines Geschäfts, welches mir vorhin schon in den Sinn kam, als es um ihre Garderobe ging. Für einen kurzen Moment, fiel ihr Blick wieder auf den Verlobungsring und sie meinte leise „Er ist wunderschön, Haytham!“ und ich brachte nur ein Lächeln zustande, denn er passte zu ihr und in diesem Moment war ich einfach zufrieden und … glücklich!

Für einen Moment gingen wir schweigend durch die Straßen, hin und wieder sah ich zur Seite und bemerkte, dass Alex in Gedanken war. Doch lesen konnte ich sie nicht mehr. Irgendwann grinste sie in sich hinein und das veranlasste mich dann doch zu fragen, meine Neugierde überkam mich. „Du hast mich durchschaut! Es geht um dich, mir ist gerade unser Altersunterschied durch den Kopf gegangen!“ Wenn ich ehrlich bin, ich hatte daran keinen Gedanken verschwendet, ich wusste nicht einmal ihr richtiges Alter. Ihr ging es ähnlich, es war nicht wirklich relevant für unsere Beziehung. Auch wenn ich jetzt neugierig war und sie mir mitteilte, dass sie 7 Jahre älter sei als ich. Das war mir aber nicht wichtig, wichtig war nur, dass ich sie liebte und als ich das hier sagte, wurde mir bewusst, dass ich es Alex noch nie gesagt hatte. Und wieder sah sie mich mit Tränen in den Augen an und hauchte ein „Ich dich auch, Haytham!“ an meinen Lippen.

Es wurde langsam immer schwerer für mich, diese Frau wieder gehen lassen zu müssen und hoffte, dass sie noch einige Tage blieb. Sie hatte mich verändert, dass wusste ich und auch alle anderen um mich herum hatten es gemerkt. Besonders in den Monaten, als Alex fort war und ich diese endlosen Wochen auf See verbringen musste. Ich hoffte, dass die nächste Zeit, in welcher ich alleine war, nicht so lange werden würde und ich nicht wieder gezwungen bin, auf engstem Raum im Nordatlantik umher schippern zu müssen.

Dann sah ich schon von weitem mein Ziel und führte Alex dorthin. Vor dem Geschäft trat ich hinter sie und umschlang ihre Taille und wartete auf eine Reaktion, als ich sagte, dass wir ihre Garderobe aufstocken sollten. Ein ungläubiges „Wie? Jetzt sofort?“ ließ mich lachen. Ja, so war mein Plan und ich schob sie in Richtung des Einganges. Als wir eintraten, ging ein bewundernder Ausdruck über ihr Gesicht und ich ließ sie sich erst einmal umsehen. Während dessen unterhielt ich mich mit dem Schneider und seiner Tochter. Ich wusste von Master Johnson oder auch Master Pitcairn, dass Mr. Vandenwinkel ausgezeichnete Arbeit leistete und seine Waren waren erschwinglich. Nicht für jedermann, ich gebe es zu, aber gut verarbeiteter Stoff und die gute Arbeite sollten auch entsprechend entlohnt werden.

Alex strich gedankenverloren über eines der ausgestellten Kleider. Es war eines aus grüner Seide und ich stellte mir gerade vor, wie sie darin aussehen würde. Auf unsere Ansprache reagierte sie mal wieder nicht, also räusperten wir uns und dann drehte sie sich entschuldigend um. „Euer Verlobter bat mich, euch ein paar Kleider zu zeigen, aber ich sehe schon, ihr habt ein Auge für die wirklich ausgefallenen Exemplare, Miss“ meinte der Schneider nur und stellte sich noch bei ihr mit einer tiefen Verbeugung vor.

Nun ging es an die Anprobe, zuerst wollte ich dieses grüne Kleid an ihr sehen und die anderen beiden dahinter selbstverständlich auch. Das weinrote hatte es mir persönlich am meisten angetan und ich fragte mich, welches sie zur Hochzeit anziehen sollte. So ganz war ich hier noch nicht zufrieden. Als meine Verlobte mit der Tochter des Schneiders im hinteren Bereich verschwand, ließ ich mir die Schnittmuster zeigen und auch Beispiele für andere Kleider. Wenn wir schon einmal hier waren, konnte ich auch noch andere ordern, denn wir bräuchten auf Dauer definitiv mehr Auswahl Zuhause. Ich freute mich plötzlich wie ein kleiner Junge über diesen Gedanken, dass ich für meine zukünftige Frau etwas kaufte.

Dann stand Alex wieder im Verkaufsraum und mir blieb die Sprache weg, sie sah atemberaubend in diesem Kleid aus und ich musste schwer schlucken. Und mehr wie „Das wäre dann Nummer eins!“ brachte ich gerade nicht heraus. Ich konnte aber in ihrem Gesicht sehen, dass ihr das ganze so langsam unangenehm wurde, weil nicht SIE diese Sachen kaufte, sondern ich. Also versuchte ich ihr Gewissen zu beruhigen und meinte nur, dass ich eine passende Garderobe für sie haben möchte, welche ihr Aussehen noch unterstreicht. „Aber ich kann das nie wieder gut machen!“ Niemand hat davon gesprochen, für mich reichte es völlig aus, dass diese Frau bald, nunja leider nicht ganz so bald, MEINE Frau werden würde.

In ihrem Gesicht sah ich aber eine Traurigkeit aufsteigen, als sie sagte „Haytham, ich … versteh mich nicht falsch. Aber ist es nicht Verschwendung, sie jetzt schon zu kaufen. Ich... werde sie erst in vermutlich 3 Jahren tragen können!“ Das war mir bewusst, doch ich wollte es so, ich wollte jetzt diese Dinge mit ihr erleben! Auch unsere Hochzeit würde noch ein paar Jahre auf sich warten lassen, doch es war mir egal. Ich brauchte diese normalen Momente mit Alex und als sie meinte, dass WIR unsere Hochzeit planen würden und niemand anderes, verflog dieser dunkle Moment wieder. Nun bekam meine Verlobte noch passende Unterkleider und entsprechende Leibwäsche, denn sie hatte mir geschildert, dass sie diese in ihrer Zeit nicht beschaffen könne. Als wir alles geordert hatten und wieder draußen auf der Straße standen, war ich wieder in einer gewissen Hochstimmung und genoss Alex´ Nähe.

Doch kurz bevor wir Zuhause ankamen, hielt neben uns eine Kutsche und eine ziemlich wütende und aufgebrachte Mrs. Cormac trat auf uns zu, hinter ihr erschien ihr Ehemann, welcher noch versuchte sie zu beruhigen. „WANN hattest du vor mir das mitzuteilen, Bruder?“ fuhr sie mich an und funkelte böse zu mir hinauf. Das durfte doch nicht wahr sein, wer bitte hatte ihr das so schnell mitgeteilt. Doch dann dämmerte es mir, als ich die Kutsche sah. Sie waren uns vermutlich hinterher gefahren, aus Angst, dass man uns teert und federt, wenn ich Alex vorstelle. Genervt erklärte ich Faith, dass ich es schon noch offiziell gemacht hätte, aber eben erst NACH ihrer Hochzeit, aus Höflichkeit und Respekt ihr gegenüber. Warum verstand das eigentlich niemand hier?

Plötzlich wandte sich meine kleine Schwester an Alex und sah sie wütend an. „Ihr nehmt das Ganze anscheinend nicht ernst, kann das sein?“ fauchte sie meine Verlobte an, welche versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. Die beiden Frauen standen sich lauernd gegenüber und instinktiv ging ich einen Schritt zurück. „Doch, Mrs. Cormac, ich nehme das ernst. Es fällt nur tatsächlich schwer zu glauben, dass Haytham nicht frei alleine entscheiden darf. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch nicht immer der Spielball sein. Ich wurde vorhin auch vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte einen Haufen an Fragen zu beantworten! Glaubt mir, ich bin gerade nicht in Stimmung für derlei Gespräche und Anschuldigungen!“ kam es im ruhigen Ton von Alex, genau wie bei Lady Melanie hatte sie ihre Gefühle und Emotionen wieder im Griff. Mir wurde klar, dass sie sich immer wieder in die Ecke gedrängt fühlte, weil man ihr einfach nicht über den Weg traute, noch nicht, möchte ich betonen!

Der nächste Satz von meiner kleinen Schwester ließ mich aber aufhorchen! „Vielleicht ist der Vorschlag, den Master Edward gemacht hat, gar nicht so verkehrt!“ In ihrer Stimme lag eine ziemlich große Kampfeslust und diese spiegelte sich auch in ihrem Gesicht wieder. Doch was bitte hatte mein Vater jetzt damit zu tun? Ich sah von Faith zu meiner Verlobten und wartete auf eine Antwort!

 

Kapitel 9

*** Die Kampfansage ***




„Als Mrs. Cormac und ich vorhin das Kleid herausgesucht hatten, hörten wir die Stimme deines Vaters. Wir BEIDE. Er sagte nur, ich müsse mich mit ihr messen, er wisse es. Denn du bräuchtest eine Kämpferin an deiner Seite!“ erklärte mir jetzt Alex und ich wusste im ersten Moment nicht, was ich davon halten sollte. Es konnte unmöglich ihr Ernst sein, sich mit Faith zu schlagen, denn da hätte ich auch noch etwas zuzusagen. Doch meine kleine Schwester fuhr mir über den Mund und meinte zickig, ich hätte gar nichts zu sagen in dieser Beziehung, es ginge nur sie und Mrs. Frederickson etwas an. Hinter ihr verdrehte Shay nur die Augen und ich konnte sehen, dass auch er alles andere als begeistert von dieser Idee war.

Beide Frauen sahen gleichzeitig an sich herunter und stellten wie aus einem Mund fest „Aber nicht so!“ Angriffslustig wie Faith gerne ist, fragte sie Alex, was ihr denn nun vorschwebte. Diese antwortete in einem ebenfalls ziemlich provokanten Tonfall, dass ein Termin NACH der Hochzeit am besten sei, damit Faith nicht mit einem blauen Auge vor den Altar treten müsse. Umgekehrt stichelte nun meine kleine Schwester wieder, dass das ein guter Vorschlag sei und Alex sich so auf ihre Niederlage seelisch einstellen könne. Ich stand völlig fasziniert daneben und sah aus dem Augenwinkel, wie Master Cormac ebenfalls einen leicht amüsierten Blick aufgesetzt hatte. Plötzlich schoss mir ein Bild in den Kopf, wo die beiden Frauen sich einen Kampf lieferten, im Regen und … Verdammt, ich schüttelte diese Bilder wieder ab und konnte mir an drei Fingern abzählen, dass auch Shay ähnliches im Sinn hatte.

Weder er noch ich konnten unsere Frauen davon abhalten, denn sie machten den 19. Mai ab, vormittags wollte man sich im Fort Arsenal treffen. Als ich meine Verlobte darauf hinwies, dass das keine gute Idee sei, fuhr sie mich mit den Worten an „Ach, glaubst du, ich bin nicht fähig für so einen Kampf? Wir können ja Wetten abschließen. Hmmm?“ Ich konnte ihre Angriffslust regelrecht spüren! Auch Shay bekam sein Fett weg und musste sich anhören, dass er gar nichts dazu zu sagen hätte! Alex verabschiedete sich nun freudestrahlend und ging beschwingt davon Richtung Fort George, ich hingegen konnte ihr nur hinterher starren. „Ich bringe dir das Kleid dann in den nächsten Tagen vorbei!“ meinte ich nur geistesabwesend und folgte meiner Verlobten.

In mir kam aber so langsam eine Wut hoch, welche ich nicht zuordnen konnte. Lag es daran, dass mein Vater die beiden auf diese Schnapsidee gebracht hatte, oder dass ich eine gewisse Angst um Alex hatte, weil sie nicht kampferprobt war. Faith hingegen hatte eine handfeste Ausbildung hinter sich, was den Schwertkampf anging und von meiner Verlobten wusste ich ja nun, dass sie eben so etwas nicht genossen hatte. Davon abbringen werde ich sie nicht können, das ist mir bewusst, aber was könnte ich stattdessen tun? Als wir in meinem Haus ankamen, schlug ich einfach wütend die Tür hinter uns zu, irgend etwas musste ich gerade machen, sonst würde ich explodieren!

Ich packte Alex bei den Schultern und versuchte erneut auf sie einzureden, in der Hoffnung, dass sie zur Einsicht kam. Auch als ich ihr sagte, dass wir gar nicht genügend Zeit für ein Training hatten, schien dieser Satz an ihr abzuprallen. Gerade als sie den Mund aufmachen wollte, erschien … eine Gestalt und als ich genauer hinsah, erkannte ich, dass es mein Vater war! Ich war wie vor den Kopf gestoßen und starrte ihn nur an. Er ergriff das Wort und in mir wich die Wut einer tiefen Trauer, denn richtige Bilder an meinen Vater hatte ich nicht mehr im Kopf. Jetzt wo er... vor mir stand und mit mir sprach, hätte ich so vieles noch gehabt, was ich ihm sagen wollte. Doch dazu kam ich nicht. „Sohn, das wird auch gar nicht nötig sein! Sie ist vorbereitet und wird antreten. Ganz einfach. Du kannst sie begleiten oder du lässt es. Aber an deiner Stelle, würde ich meine Verlobte nicht alleine lassen! Denn du wirst sehen, ich habe sie nicht ohne Grund ausgewählt!“ neben mir spürte ich, wie Alex meine Hand nahm, es war beruhigend und ich drückte sie dankbar.

Meine folgenden Worte stammelte ich nur vor mich hin, da ich überhaupt keinen klaren Gedanken fassen konnte. Er stand hier, vor mir, auch wenn er nur in dieser durchscheinenden Form hier war. Als ich ihn fragte, ob er sie beschützen würde, erklärte er mir, wie es laufen würde. „Haytham, ich werde sie leiten. Mehr nicht. Mrs. Frederickson hat sich schon bewiesen, oder? Alleine durch meine Worte war sie in der Lage, sich zu verteidigen.“ Er sprach die Nacht auf der Jackdaw an, als sie das erste mal seine Stimme wahrgenommen hatte. Damals war es schon unheimlich für mich zu wissen, dass mein eigener Vater in dem Kopf von Alex herumspukte. Auf meine Frage, wie das überhaupt möglich sei, bekam ich keine befriedigende Antwort, sondern eher eine Gegenfrage. „Das, mein Junge, kann ich dir nicht erklären. Es ist eine Art Gabe, so wie du den Adlerblick hast und wenn du jetzt darüber nachdenkst, dann hat er sich verändert, oder?“

Erstaunt sah mich Alex jetzt an und fragte, was sich denn verändert hätte. Ich konnte es ja selber nicht richtig erklären, denn es war als würde ich Auren von bereits Verstorbenen wahrnehmen können, auch war es mir möglich, Dinge im Voraus zu erahnen, so wie die Barrieren in dem Tempel vor ein paar Monaten! Doch mein Vater führte seine Erläuterung noch aus. „Dann hast du jetzt eine Erweiterung, die dir in späteren Jahren gute Dienste leisten wirst. Ihr beide gemeinsam werdet Veränderungen bringen, die wichtig für die Menschen sind. Leider hatte ich keine Zeit mehr dafür.“ plötzlich spürte ich seine Hand auf meiner Schulter. Als er auf mich zukam, drohte mich diese dumpfe Trauer von damals wieder einzuholen und ich versuchte dagegen anzukämpfen. „Ich glaube an dich, Haytham, dass habe ich immer und werde ich auch weiterhin. Wir gehören zwar zwei verschiedenen Bünden an, doch gemeinsam ist alles möglich, vergiss das nicht mein Sohn!“ Dieser Satz ließ in mir meinen Wunsch weiter aufleben, dass es doch möglich ist, Frieden zwischen den Templern und den Assassinen herbeizuführen. Doch es könnte genauso gut auch weiterhin ein Wunschtraum bleiben.

Langsam löste sich die Silhouette meines Vaters in Nebel auf und ich blieb einfach nur dort stehen und starrte auf diese Stelle. Irgendwann fühlte ich wieder die Hand von Alex, welche mich immer noch festhielt und ich drückte zu und zog sie zu mir. Ich wollte von ihr wissen, ob er wirklich Recht hatte! Sie musste es doch wissen, sie kannte die Zukunft! „Haytham, ich hoffe, dass dein Vater recht behalten wird. Denn wenn ich es jetzt so betrachte, dann kann ich mit diesen Worten deines Vaters an dich, etwas verändern. Glaub mir, ich wünsche es mir so sehr.“ Warum gerade diese Worte? Verdammt, sie wusste wirklich mehr und teilte ihr Wissen nicht mit mir. Es war frustrierend und ihre nächsten Worte brachten auch keine wirklich Besserung meines Gefühlschaos.

„Ja, ich weiß mehr. Aber du wirst dich noch gedulden müssen. Haytham, deine Zweifel sind berechtigt und … keiner verlangt, dass du dem Orden den Rücken kehrst. Bei Odin nein, doch du hast noch diesen Funken in dir. Diese kleine Hoffnung, dass es Vereinigung geben kann. Und auch ich habe diese Hoffnung. Lass uns zusammenarbeiten und...“ Bei dem Wort „Zusammenarbeit“ stutzte ich, denn wollte sie ernsthaft, wenn sie hier blieb, eine Bruderschaft aufbauen? Das würde nicht gut gehen, nicht bevor beide Seiten eine Einigung hätten. „Nein, ich werde nur einen Mittelweg finden. Und wenn ich ihn nicht finde und ihn nicht betreten kann, dann... werde ich mich entscheiden müssen. Aber das weißt du selber am besten, Haytham! Ich... versuche es schon, doch es geht nicht von heute auf morgen!“

Verdammt nochmal, warum konnte sie mir nicht einfach sagen, was wir ändern müssten, dann könnte ich damit arbeiten, oder besser daRAN arbeiten! Zu spät merkte ich, dass ich meine Templerrolle wieder inne hatte und bereute es, als ich sie sprechen hörte. „Natürlich wäre es das, umgekehrt ist es nicht anders. Aber man weiht mich nicht ein. Und was machen wir jetzt?“ kam es jetzt ebenso kalt von ihr und mir wurde wieder schmerzlich bewusst, dass wir sehr, sehr viel Arbeit vor uns haben würden.

Kapitel 10

*** Das Symbol des Wandels ***




In ihren Augen las ich wieder diesen Wunsch von Frieden, der folgende Satz versetzte mir aber einen Stich, welcher mir weh tat! „Ich werde wieder in meine Zeit reisen und ich werde noch eine Weile brauchen, bis ich Klarheit habe. Denn in den letzten Monaten hatte ich immer öfter den Gedanken, dass es keine echte Vereinigung zwischen euch und uns gibt...“ Wenn Alex es so ausdrückte, klang es, als meine sie uns beide, aber so war es ja nicht. Es betraf den Orden und die Bruderschaft.

Doch auch das konterte sie und versuchte sich zu erklären. „Doch hat es und du weißt das auch. Ich kann nicht mit dir zusammen leben, nicht mit dir zusammen sein, solange ich noch der Bruderschaft angehöre. Denn es würde IMMER auf einer Seite Gerede, Missgunst und Misstrauen auslösen! Doch ich habe mich eigentlich tief in mir schon entschieden... doch kann ich es noch nicht umsetzen.“ Wieder sah ich, dass sie nicht wusste wohin mit sich und ihren Ansichten. Sie stand hier wirklich auf verlorenem Posten und es tat mir für sie leid, denn diese Barriere und dieses Misstrauen würde man nicht einfach so wegwischen können.

Plötzlich zog sie mich hinter sich her die Treppe hinauf. Es war helllichter Tag, was bitte hatte sie jetzt vor und vor allem WARUM? „Nichts schlimmes, Master Kenway... ich muss euch nur etwas zeigen! Doch... ich muss mich halb entkleiden und ich glaube nicht, dass ihr möchtet, dass ich das hier unten vor aller Augen mache!“ Alex machte mich wahnsinnig, denn sie betonte wieder einmal dieses Master Kenway so bestimmt, dass meine Phantasie mit mir durchging.

Jetzt stand sie mit dem Rücken zu mir und bat mich, ihr Kleid zu öffnen. Nun gut, das ließe sich einrichten, doch ich tat es etwas zögerlich, denn so wirklich wusste ich jetzt immer noch nicht, was diese Frau vorhatte. Dann bat sie mich, das Unterkleid ein Stück nach unten zu ziehen und zum Vorschein kam eine Tätowierung zwischen den Schulterblättern. Ich starrte darauf und wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war das Assassinen-Symbol welches wie durch eine Sanduhr lief und unten als Templer-Kreuz wieder erschien. Ich stotterte die nächsten Worte mal wieder, denn ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte.

„DAS ist das was ich gerade durchmache, Haytham. Es ist ein Wandel. Aber er dauert! Und das wollte ich damit zum Ausdruck bringen. Und … es ist wie eine Niederschrift in den Chroniken. Es stellt einen symbolischen Akt da. Haytham, versteh doch. Es geht nicht von jetzt auf gleich.“ Bei diesen Worten verstand ich allmählich ihre Bedenken, ihren Zwiespalt und ich muss anerkennend sagen, dass ich es mutig finde, sich so etwas tätowieren zu lassen. Im Klartext hieß es also, dass Alex bereits eine Entscheidung getroffen hatte, doch noch mit dem endgültigen Schritt warten musste.

In mir beruhigte sich etwas und ich sah in diese grünen Augen, welche mich immer noch fragend ansahen. Mit den Worten, dass ich eigentlich nichts anderes erwartet hatte, nahm ich sie in den Arm und küsste sie einfach. Ich versuchte meine Gefühle hineinzulegen und dann spürte ich, wie auch Alex diese annahm und ich verlor mich wieder in ihr. Da ihr Kleid eh schon offen war, befreite ich sie ganz daraus, denn in diesem Moment war mir egal, wie spät es war oder was noch anstand. Ich wollte sie haben, ohne Widerworte! Als Alex nach kurzer Zeit mit meinem Hemd haderte, riss sie es einfach an den Ärmeln auf. Kraft schien sie zu haben und ich staunte nicht schlecht.

Ich hob sie hoch und brachte sie zum Bett, doch meine Verlobte befand, dass sie die Führung übernehmen wolle. Ich ließ sie für den Augenblick gewähren, sie drehte mich auf den Rücken und ließ sich langsam auf meinem Schoß nieder. Meine Hände umfingen ihre Hüften und ihr Atem ging schneller, als ich mich in ihr bewegte. Doch Alex hatte andere Pläne und nahm meine Hände von ihrem Körper, führte sie über meinen Kopf und hielt sie dort. Ihr Gesicht war jetzt nur Zentimeter von meinem entfernt und ihre Lippen schlossen meinen Mund ein. Es dauerte nicht lange und ich konnte in ihren Augen förmlich den Höhepunkt sehen. Als ich dann nur flüsternd meinte, dass das noch ein Nachspiel haben würde, war es vorbei und ich spürte diese Welle der Erleichterung über Alex hinweggleiten. Ihre Kontraktionen verschafften mir ebenfalls dieses Hochgefühl und als ich langsam wieder klarer denken konnte, ließ sie sich von mir gleiten.

Doch ich zog meine Verlobte zu mir und hielt sie fest. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, ihr zu sagen, dass ich sie wirklich liebte und küsste dabei ihre Stirn. „Ich dich auch, Haytham! Auch wenn ich es nie wahrhaben wollte!“ Erstaunt richtete ich mich auf und stützte mich auf einen Ellbogen. Hatte sie sich wirklich dagegen sträuben müssen, sich in mich zu verlieben? „Nicht wirklich gekämpft, aber mein schlechtes Gewissen und die Moral... Haytham... bitte... du weißt, dass es nicht einfach ist! Aber ich habe in den Monaten, als ich wieder zuhause war gespürt, dass genau DU fehlst. Ich brauche dich einfach! Ich will nicht mehr ohne dich sein...“ Bei diesen Worten liefen ihr wieder Tränen über die Wangen, welche ich vorsichtig wegstrich und in mir spürte ich wieder diese wohlige Wärme, dass es richtig war, wenn ich sie heirate.

Wir müssten also einfach noch Geduld haben, kam es fragend von mir und sie bejahte meine Frage und als sie sagte, sie müsse ihr Leben abschließen, klang es sehr endgültig. In ihrem Gesicht konnte ich jetzt wieder lesen, denn so ganz verschlossen war Alex in meiner Gegenwart nie. Für einen kurzen Moment hatte ich den Eindruck, als würde sie mich in ihrer Zeit haben wollen, doch als ich sie darauf ansprach, meinte meine Verlobte nur, sie würde lieber keine Risiken mehr zusätzlich eingehen. Und den Zorn von Faith wollte sie auch nicht auf sich haben, sollte mir bei ihr etwas zustoßen. DAS war verständlich, denn das würde niemand wollen! Auch sprach Alex von der verschmutzten Luft und den Krankheiten mit denen ich mich infizieren könnte. Vermutlich hatte sie wirklich Recht, aber es klang so verlockend und meine Neugierde ließ sich nicht ganz zügeln.

Dann auf einmal kam ein völlig unerwarteter Themenwechsel von ihr. „Hat Faith in der letzten Zeit irgendwelche seltsamen Experimente gemacht oder ähnliches?“ Das konnte ich ihr nicht beantworten, denn Faith sprach jetzt auch nicht alles mit mir ab und ich selber hatte nichts dergleichen mitbekommen. Gerade als ich sagen wollte, dass Alex ja Faith fragen könne, schnaubte sie nur. „Du bist manchmal ein echter Witzbold, als wenn MIR eine Templerin IRGENDETWAS sagen würde... soviel zum Thema Vertrauen, Haytham. Deine kleine Schwester ist misstrauischer als eine Nonne!“ Bei diesen Worten musste ich lachen, bereute es aber sofort, denn ihr Blick trieb mir eine Gänsehaut über den Körper. Ob ich das wirklich lustig fand, wollte sie wissen.

Also erklärte ich Alex, was ich gerade so amüsant fand. Denn jetzt wusste ich, worum es in diesem Kampf mit Faith ginge. Die beiden wollten wirklich nur die Fronten klären und dieses Misstrauen aus dem Weg schaffen. Dass ich natürlich erst einmal von Eifersucht ausgegangen bin, sollte ihr klar sein, denn das ist immer der erste Gedanke. Zumindest dachte ich mir das so. Doch bei Alex´ Erklärung, hörte ich doch wieder das Wort Eifersucht, aber in einem anderen Zusammenhang. „Ich... besser Faith und ich haben beide einen inneren Konflikt, den wir BEIDE geklärt haben wollen. Sie ist auf mich eifersüchtig, dass ich ihr dich wegnehme und umgekehrt geht es mir genauso...“

Ich wollte klarstellen, dass ich meine kleine Schwester keines falls liebte und umgekehrt sicher auch nicht, dass hatten wir schon festgestellt. Alex legte einen Finger auf meine Lippen und deutete mir so, sie wisse es schon. „DAS weiß ich bereits. Aber... es ist einfach eine Sache, die unterbewusst abläuft! Ich weiß, es geht nicht um Heirat oder so. Aber ich will nicht immer das Gefühl haben, dass sie zwischen mir und dir steht! Du weißt, dass es nicht so ist. Ich weiß das auch. Aber ich will das endlich geklärt haben. Ihr Männer dürft solche Streitigkeiten ja auch klären, also will ich das jetzt auch für mich haben. Und … ich mag Faith und seltsamerweise ist sie mit mir einer Meinung und denkt exakt so!“

In diesem Moment war ich etwas beruhigter, denn ich verstand nun ihre Beweggründe was meine kleine Schwester anging und auch dass die beiden Frauen sich eigentlich mochten. Doch musste es unbedingt ein Kampf sein, fragte ich jetzt doch etwas genervt. „Ja, das muss sein. Denn... ich widerspreche ganz bestimmt nicht deinem Vater!“ Und schon waren wieder diese dunklen Wolken in meinem Kopf und ich seufzte tief. Mir ging plötzlich die Frage durch den Kopf, ob Alex noch in irgendeiner Hinsicht Gefühle für meinen Vater hatte. Es nagte an mir und ich stellte diese Frage recht vorsichtig und erst, als sie mit dem Rücken zu mir lag und mir nicht in die Augen sehen konnte. Nennen wir es eine Art „Vorsichtsmaßnahme“ für meine Gedanken und Gefühle.

„Schwer zu sagen. Es fühlt sich unwirklich an, aber ich muss dir vielleicht auch sagen, dass ich deinen Vater nie wirklich tief geliebt habe. Ich mochte ihn, mag ihn wohl eher gesagt! Doch mehr ist da nicht, wirklich nicht!“ kam es leise von ihr und als Bestätigung, zog sie meine Arme fester um sich. Mehr brauchte ich nicht wissen und fing an, ihren Nacken sanft zu küssen, was sie mir mit einem wohligen Seufzen dankte.

Ich setzte meine Drohung von vorhin jetzt in die Tat um, dass ihre Aktion noch ein Nachspiel haben wird. Ich konnte meine Verlobte dirigieren, sie ließ sich unter meinen Händen und meinen Befehlen völlig fallen und ich genoss diese Frau einfach wieder ausgiebig. Meine Hände hinterließen einige Spuren auf ihrem Po, doch auch das quittierte sie mir mit einem geflüsterten „Danke“. Doch als es bereits dämmrig wurde, fühlte ich ihre Müdigkeit und auch ich war erschöpft.

Kapitel 11

*** Nächtliche Gespräche ***



Ich erwachte, weil ich Bewegungen neben mir spürte, jemand löste meine Arme von sich. Da wollte sie mich einfach hier alleine lassen? „Nein, ich lasse dich nicht alleine, aber ich habe Durst wie eine Bergziege! Ich bin nur kurz unten in der Küche und hole mir etwas. Möchtest du auch etwas zu Trinken?“ Diese Ausdrucksweise war für mich immer wieder faszinierend und ich grinste vor mich hin. Schemenhaft konnte ich Alex erkennen, wie sie sich einen Morgenrock überstreifte. Doch jetzt war ich wach, dann konnte ich auch mit hinunter gehen. Mein Hemd war leider nicht mehr zu gebrauchen, was meiner Verlobten dann auch auffiel, als sie es mir reichte. Kurzerhand warf sie mir meine Hosen zu, zündete eine Kerze an und ging zum Kleiderschrank um ein heiles Hemd für mich zu holen. Ich ließ sie dabei die ganze Zeit nicht aus den Augen, denn ich fand diese Selbstverständlichkeit, wie sie sich um mich kümmerte einfach … erstaunlich. Man würde nie denken, dass sie eine solche Hingabe an den Tag legen konnte, wenn man sie sonst so agieren sah.

Plötzlich stand sie in der Tür zum Ankleidezimmer und sah mich mit diesem leeren Blick an. Ich trug nicht wirklich viel an Kleidung, als dass sie so lange brauchte mich mit den Augen wieder zu entkleiden. Etwas irritiert kam nur „Oh, verzeih mir. Ich wollte dich nicht so anstarren. Weiß du, ich frage mich, WIE du trainierst? Ich habe dich nie dabei gesehen.“ und ich konnte selbst in diesem schummrigen Kerzenlicht sehen, dass sie feuerrot im Gesicht wurde. Es erstaunte mich immer wieder, wie leicht ich sie aus der Fassung bringen konnte.

Ich konnte es nur selber nicht erklären, denn ich hatte ja kein Training in diesem Sinne wie früher. Ich hatte hier und da mal ein paar Einheiten mit Master Cormac, oder ich schulte die Soldaten in der Garnison für den Schwertkampf. Im Grunde achtete ich lediglich darauf, dass mein Körper nicht alt wurde. Auf meine Frage, wie sie denn darauf kam, druckste sie wieder so herum und wurde noch röter, wenn es denn ginge. Alex war erstaunt über die definierten Muskeln, welche aber wie gesagt von meinem Ehrgeiz stammten. Ich hoffte doch, in ihrer Zeit wäre es nicht anders, denn meine Verlobte hatte durchaus einen ansehnlichen Körper, ohne Frage. Sonst würde ich nicht immer solch wollüstige Gedanken an sie haben.

Sie erklärte mir nun, dass sie aber einen festen Trainingsplan und sogar auf ihre Ernährung achtete. Doch nicht so diszipliniert, wie es sein sollte, kam es etwas leise noch von Alex. Dann sollte ich ihr noch ein wenig mehr Disziplin beibringen, meinte ich jetzt leise raunend an ihrem Hals und ließ meine flache Hand auf ihren Hintern landen und drückte zu.

In der Küche entzündete ich eine dieser Petroleumlampen und gerade als ich fragte, was sie trinken wolle, sah ich, wie sie sich Wasser aus dem Kessel nahm. Das muss eine seltsame Zeit sein, aus der sie kommt, denn immer nur dieses geschmacklose Zeug kann auf Dauer nicht gut sein. Ich nahm mir Portwein und wir gingen hinaus auf die Fortmauer und saßen für einen Moment schweigend dort und genossen diese Stille.

Ich hatte immer noch diese böse Freude daran, Alex zu ärgern und ließ meinen Blick über sie schweifen, was sie natürlich spürte. Es kam das obligatorische „Ich mag das nicht!“ und ich tat kund, dass ich es genau aus DIESEM Grunde immer wieder tat. Doch es hatte sich etwas an ihrer Aura verändert, wo vorher noch dieser gelb-goldene Schimmer um sie herum waberte, war er jetzt … ja fester geworden. So als wäre er fest an ihrem Körper und dann sah ich, wie sie ebenso ihre grünen Augen über mich gleiten ließ. Ich bemerkte dabei ein leichtes Leuchten in ihrem Blick, was ihren Augen den Ausdruck von Spiegeln gab und ich verlor mich wieder darin. Bei meinen Worten lehnte sie sich an mich und ich hörte nur, wie sie sagte „Ich freue mich auf die Zeit, wenn ich bleiben kann!“ Es waren nicht viele Worte, doch sie waren Balsam für mich und ich konnte nur erwidern, dass ich mich ebenso auf diese Zeit freue.

Ich weiß nicht, wie lange wir hier draußen verweilten, doch auch ich genoss diesen Frieden, der sich über uns legte. Es würde nicht für immer so sein, also mussten wir jeden Moment ausnutzen. Wie spät es war, als wir dann wieder im Bett waren, kann ich nicht sagen und es war auch völlig egal. Wir hatten noch ein wenig freie Zeit am morgigen Tag vor der Hochzeit. Und ich beschloss, dass ich Alex einfach eine Art Probekampf vorschlagen würde. Es ließ mir einfach keine Ruhe, dass ich nicht wusste, ob sie wirklich schon soweit war, auch wenn mein Vater mich zuversichtlich gestimmt hatte. Und wenn ich ehrlich bin, ich wollte einfach sehen, wie sie mit dem Schwert umging.


 

*** Ankündigung für den Probekampf ***



Als ich erwachte, schlief meine Verlobte noch tief und fest. Ich beschloss, es dabei zu belassen und stand leise auf und fing an, mich fertig zu machen. Es dauerte nicht lange, da stand sie hinter mir und mit einem genervten Augenrollen half sie mir bei den Bändern meines Hemdes. Danach bekam ich endlich ein „Guten Morgen, Master Kenway!“ von ihr, mit Kuss und ihre Hand landete auf meinem Hinterrn. Ich zog nur eine Augenbraue hoch, als ich sah, wie rot Alex plötzlich wieder wurde. Da hatte also jemand so früh morgens schon wieder schmutzige Gedanken. „Ich komme auf solche Gedanken, denn du bist schuld, dass ich nicht richtig sitzen kann heute.“ Das konnte gut sein, meiner Meinung nach, musste sie immer noch lernen, ihr loses Mundwerk zu zügeln. Doch wenn sie sich nicht bald etwas anzog, würde ich ihr gleich hier noch eine Lektion bezüglich ihres Betragens geben.

Sie stand jetzt unschlüssig da und fragte mich, ob ich einen Wunsch hätte, was die Kleidung anginge. Und da erzählte ich ihr von meinem Plan von einem Probekampf. Ich versicherte ihr, dass es nicht allzu schlimm wird, da mein Vater ja sicher mit anwesend sein würde. „Dann werde ich wohl mal meinen Ornat überwerfen! Ja, ich weiß, du siehst es nicht gerne, doch ich hab nichts anderes dabei!“ Ich fand es einfach nicht gut, dass sie ihn trug, doch noch musste ich mich damit abfinden.

Als Alex mir noch bei den Haaren half, lehnte sie sich plötzlich über mich, ihre Hände wanderten unter mein Hemd und vorsichtig über mein Brust. Man konnte ihre Erregung förmlich sehen und hören, auch ich musste mich arg zusammenreißen. Dieses Weib ist einfach unmöglich, aber ich liebe sie!

Nach dem Frühstück machten wir uns auf zur Garnison, dort hätten wir mehr Platz. Meine Verlobte erinnerte mich auch gleich daran, dass wir dort auch Zuschauer hätten und ihr das nicht so Recht wäre. Aber diese würde sie beim Kampf mit Faith ebenso haben, mindestens Shay und ich würden dort zugegen sein. Und ihre dringendste Frage, ob auch Charles dort sei, konnte ich erleichtert verneinen. Dieser war fürs erste, genau wie Hickey, noch immer suspendiert und auf Missionen außer Landes unterwegs. Und damit bewaffneten wir uns und ich sah, wie sie ihre versteckten Klingen testete. Diese hatten große Ähnlichkeit mit unseren hier, vermutlich war nur der Mechanismus ein anderer, doch sie sahen aus wie meine.

Als ich sie darauf ansprach, kam eine für mich mal wieder nicht verständliche Antwort. Im 21. Jahrhundert würde man solche Waffen nur noch selten bis gar nicht nutzen. Sie hätte andere Möglichkeiten und „Spielzeuge“. Wie gerne würde ich das doch ein einziges Mal mit eigenen Augen sehen wollen!

„Vielleicht kann ich dir ja wenigsten einmal die Glock zeigen und dir erklären, wie man mit ihr umgeht. Schwer ist es nicht, dass bekommt jedes Kleinkind hin!“ Im ersten Moment dachte ich noch, es wäre ihr Ernst mit den Kindern, doch es war nur eine Redewendung und sie erklärte mir, dass halt wie in meinem Falle zum Beispiel, nicht alle Kinder Waffentraining erhalten.

Kapitel 12

 

*** Der Probekampf ***

 



Wir verließen mein Haus und gingen die zwei Straßen weiter zur Garnison. Am Tor begrüßte uns die Wache und ich musste sie darauf hinweisen, dass die Dame an meiner Seite meine Verlobte sei. Entschuldigend verbeugte sich der Soldat und ließ uns dann eintreten. Im Inneren herrschte der alltägliche Betrieb, die Offiziere drillten ihre Untergebenen, Kisten wurden hin und her getragen und ich nahm wahr, dass die Wachen anscheinend neu eingeteilt worden waren.

Ich erklärte Alex, wie so eine Garnison aufgebaut ist, nach welchen Kriterien man die Gebäude errichtet und wie lange der Bau hier gedauert hatte. An ihrer Haltung konnte ich sehen, dass sie, nicht unbedingt überfordert ist, doch aber viele Informationen verarbeiten sollte. Auch schien sie sich etwas zu fragen, doch ich konnte Teufel noch eins, nicht mehr immer in ihr lesen. Ich sprach Alex aber nicht darauf an, sondern erklärte ihr noch weitere Eigenheiten bezüglich der Armee und ihren Rängen.

Als ich wieder zu ihr hinübersah, hatte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht gebildet und ich fragte einfach, ob es daran liegt, dass sie sich auf den Kampf freuen würde. „Nein, oder doch auch. Aber ich bin nur froh, das Lee und Hickey hier nicht auftauchen können.“ Das war natürlich verständlich und dann traten wir auf den Exerzierplatz und ich winkte Alex darauf zu. „Da wären wir! Hier werden wir sicher genug Platz haben!“ meinte ich breit grinsend, denn ich war mittlerweile doch schon sehr gespannt, wie sie kämpfen würde!

Im Gesicht meiner Verlobten standen mit einem Male doch wieder ihre ganzen Gedanken und ich sah, dass sie sich fragte wie ICH kämpfte. Gesehen hatte sie mich wirklich noch nicht dabei, aber ich würde jetzt auch nicht bis zum Äußersten gehen, ich wollte ja nur sicherstellen, dass sie bei Faith nicht völlig an Boden verlor. Auf meine Bemerkung, dass sie wieder so offen wie eh und je war, kam nur ein „Das wäre fatal beim Kampf, Haytham, oder? Aber... dann muss ich wohl in mich gehen und mich versuchen zu beherrschen.“ Wenn sie es nicht täte, dann hätte jeder Gegner leichtes Spiel mit ihr und das wäre wirklich mehr als ärgerlich, wenn ich das so sagen darf.

Als sich ihr Blick wieder auf mich richtete, hatte ich mich meinerseits bereit gemacht und ich konnte spüren, dass ihr die Veränderung aufgefallen war. Meine Bemerkung, dass sie sonst nicht lange überleben würde, konterte sie ebenso kühl mit einem „Das werden wir ja noch sehen, Master Kenway!“ Dann war es wohl jetzt soweit, ich ging einen Schritt zurück und zog mein Schwert und sie tat es mir gleich, musterte mich aber bei jeder Bewegung. Fürs erste würde ich sie beobachten, ich musste wissen, ob mein Vater seine Techniken ganz weitergab oder Alex frei kämpfte. Langsam schritt ich um sie herum, während ich mein Schwert schwang um ein Gefühl dafür zu bekommen. Alex unternahm nichts, sondern begann auch, den Stahl in ihrer Hand zu fühlen.

Als ich hinter ihr stand, konnte ich die Stimme, wie sie ihr sagte, sie würde es schaffen und sie müsse nur an sich glauben, fast laut hören. Dann plötzlich stand sie für eine Sekunde still und ich wollte mich schon wundern, doch sie schwang unvermittelt herum und griff mich gezielt an. Überrascht versuchte ich die Schläge zu parieren und es gelang mir auch, in ihrem Arm lag eine gewisse Kraft, die man Alex nicht unbedingt zutrauen würde. Was mich jetzt vorsichtiger werden ließ, dass würde sie sicherlich für sich noch nutzen.

Ich tat, was ich für richtig hielt und ging auf sie los und attackierte sie, ohne wirklich Rücksicht zu nehmen, obwohl ich eigentlich vorher noch anders gedacht hatte. Aber fast alle Angriffe und Schläge meinerseits blockte oder konterte sie gekonnt. Ihre Bewegungen waren fließend, hatten aber eine Art eigenen Rhythmus, welchen ich noch nicht ganz raus hatte. Lange konnte es nicht mehr dauern, und dann war der Moment, in welchem Alex unvorsichtig wurde oder aus dem Takt geriet.

Meine Chance einen Treffer zu landen und ich tat es. Mein Hieb traf ihre Schwerthand und kurzzeitig sah es so aus, als wolle sie das Schwert fallenlassen, doch mein Gegenüber klammerte sich regelrecht daran und in ihren Augen lag mittlerweile ein richtiger Kampfgeist. Ich drosch immer und immer wieder auf sie ein, doch es war mir kaum möglich, durch ihre Defensive zu dringen, es war leicht frustrierend und ich musste mir eine andere Taktik überlegen.

Zu spät sah ich, wie sie Anlauf nahm und mir im Sprung mit ihrem Fuß einen Tritt verpasste, mitten auf die Brust. Für einen Bruchteil einer Sekunde schoss mir die Luft aus der Lunge und ich taumelte leicht nach hinten. Doch jetzt war es aus, meine innere Ruhe war dem Wunsch gewichen, ihr zu zeigen, wer hier der Erfahrene von uns ist. Ich schoss vor und mein Schwert fand immer wieder sein Ziel und konnte hin und wieder doch durchbrechen. Aber das hielt Alex nicht davon ab, sich weiter zu wehren oder aufzugeben, sie wurde immer angriffslustiger hatte ich den Eindruck. Auch wenn man spürte, dass sie es nicht allzu leicht gerade hatte, sich zu behaupten.

Für einen kurzen Moment passte sie zwischen zwei Angriffen nicht auf und ich landete mit meiner Schwerthand einen harten Treffer unter ihr Kinn und Alex schloss schmerzverzerrt kurz die Augen. Doch auch das hielt sie nicht vom weiterkämpfen ab. Ich muss es ihr lassen, sie wollte es wissen und sie war gut! Dann standen wir uns lauernd gegenüber und taxierten den anderen. Mit einem Mal sah ich in ihren Augen eine Wut, welche ich das letzte Mal gesehen hatte, als sie mich mit der Gehirnerschütterung pflegen sollte. Diese Stimme von vorhin hörte ich wieder, wie sie Alex befahl sich zu wappnen, denn ich würde sie angreifen!

Oh ja, ich würde und ich tat es, doch auch meine Verlobte attackierte mich weiterhin, es war einfach nur noch Schwert gegen Schwert und in mir kochte eine Wut gepaart mit Frustration hoch, welche mich vorpreschen ließ und ich erwischte mit einer ausholenden Bewegung ihr Bein und brachte Alex so zu Fall. Somit hatte ich sie bewegungsunfähig unter mir mit meiner Schwertspitze an ihrem Hals. Auf meine zynische Frage hin, ob sie aufgibt oder wünscht, dass ich weitermache, bekam ich eine passende Antwort, wie immer! „Ich werde sicher nicht so einfach auf dem Rücken liegend aufgeben, Master Kenway!“ Dieses Zähneknirschen hörte sich unheimlich an und ich war kurzzeitig abgelenkt. In diesen paar Sekunden hatte sie ihren linken Arm befreit und rammte mir ihre Faust in die rechte Seite. Dieser stechende Schmerz, weil sie genau einen Muskel getroffen hatte mit ihren spitzen Fingerknochen, wich ich kurz zurück.

So konnte Alex sich aber unter mir befreien, doch ich war schneller wieder bei ihr als ihr lieb war und drehte ihren Schwertarm schmerzhaft auf den Rücken. So hatte sie keine Chance mehr, sich zu befreien, es sei denn... nein, das würde sie nicht tun. Sie würde mich nicht ernsthaft mit den versteckten Klingen verletzen. Ich beugte mich zu ihr hinunter und raunte ihr ans Ohr „Und wie ist es jetzt, Mrs. Frederickson? Immer noch der Meinung, dass ihr nicht aufgeben wollt?“ und konnte mir ein böses Grinsen nicht verkneifen.

Ich hatte nicht mit ihrem Einfallsreichtum gerechnet und auch nicht mit diesem Kampfgeist, welcher sicher nicht ihrer alleine war. Doch mit einem Schlag, in welchen Alex all ihr Wut und Kraft legte, schlug sie mit der linken Faust gegen mein Knie und ich konnte mich nur noch zur Seite wegdrehen. Es fühlte sich an, als wäre mein Knie in Einzelteile gesprungen! Mit einer geschmeidigen Bewegung brachte sie mich unter sich und klemmte meine Arme unter ihre Knie und hockte nun auf mir. „Was jetzt Master Kenway? Immer noch der Meinung, dass ihr mir das Wasser reichen könnt?“ Sie stellte diese Frage so wahnsinnig bissig, dass ich mir jetzt eingestehen musste, nichts mehr machen zu können.

Langsam versuchte ich meinen Atem zu beruhigen und den Schmerz zu unterdrücken, der von meinem Knie ausging, dann antwortete ich leise. „Du bist gut! Ich hätte dich gar nicht so eingeschätzt.“ Nun half sie mir hoch, doch ich konnte nicht eine Sekunde auf meinem linken Bein stehen und ich spürte, wie das ganze Knie anschwoll und es pochte widerlich unter der Haut! Alex bekam leichte Panik und ich konnte sehen, dass sie sich fragte, ob sie nicht doch zu weit gegangen ist. „Es tut mir leid, ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm? Sollen wir Faith Bescheid sagen?“ Doch ich musste bei diesem großen schlechten Gewissen, welches Alex überkam, grinsen und meinte nur, wir sollten meiner kleinen Schwester einen Besuch abstatten. Und mir fiel ein, dass damit die Hochzeit für mich wohl ins Wasser fällt. Zumindest würde ich nicht einen Tanz mit ihr über die Bühne bringen bei diesen Schmerzen.

Plötzlich sah ich in ihren Augen echte Panik, denn Alex schien dieses Ereignis völlig vergessen oder verdrängt zu haben in den letzten Stunden!

Kapitel 1

*** Krieg oder Frieden? ***



Also orderte ich einen Karren, welcher mich das Stück bis zu den Cormacs zum Fort bringen sollte. Es fühlte sich in meinem Knie an, als würden dort tausende von Nadeln stecken und das Gelenk sah ziemlich unnatürlich aus. Wir würden mal wieder völlig unangekündigt bei ihnen erscheinen und die Begeisterung wird sich sicherlich auch in Grenzen halten. Doch Benjamin war gerade nicht zugegen, ins Hospital wollte ich nicht und da ist es halt an Faith für mein Knie zu sorgen.

Dort angekommen brachte man mich in ihr Arbeitszimmer und sie bat mich, Platz zu nehmen. Aber ihr Blick war Alex gegenüber mehr als skeptisch und berechtigterweise wollte sie wissen, wie es zu diesem dicken Knie kam. Ich erläuterte es kurzerhand, dass ich wissen wollte, wie Alex sich in einem Kampf beweisen würde und man nun das Resultat direkt vor sich hatte. Als meine Verlobte sich jetzt noch bei mir entschuldigte, da musste ich auch zugeben, dass ich Angst hatte, sie würde ihre Klingen gegen mich einsetzen in dieser Rage vorhin.

„Bist du wahnsinnig, Haytham? Das könnte ich niemals tun!“ kam es entsetzt von Alex. „Auch wenn mir der Gedanke kurzfristig kam, doch... es war dein Vater der mich auf die Idee mit der Faust brachte. Und... es tut mir wirklich leid. Mrs. Cormac, könnt ihr das behandeln? Ich würde Haytham schon gerne übermorgen an meiner Seite haben und zwar stehend.“ Meine kleine Schwester antwortete lediglich, sie würde es schon gerichtet bekommen, jedoch würden die nächsten Tage nicht ohne Schmerzen vergehen. Ein paar schmerzlindernde Dinge würde sie sicher auch noch für mich finden. Damit konnte ich leben.

Doch da kam mir der Gedanke, dass Faith meiner Verlobten noch Rede und Antwort stehen musste, wegen des Diebstahls auf der Jackdaw. Alex schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben, denn mit einem Mal änderte sich ihr Verhalten Faith gegenüber und sie wurde eiskalt! „Mrs. Cormac, mir fällt da gerade etwas Interessantes ein, ihr könntet eurem großen Bruder ganz einfach mit dem von mir entwendeten Paracetamol helfen!“ Damit hatte die Heilerin nicht gerechnet und sah ertappt drein, doch keine Spur von Reue oder einer Entschuldigung kam über ihre Lippen. Als sie jedoch anfing zu sprechen, wurde ihr so hart über den Mund gefahren, dass ich selber zusammenzuckte! „Und jetzt macht einfach, ihr habt eh alles schon notiert gehabt und ich wette, auch schon entsprechende Pläne für Spritzen im Kopf. Ich sag es gerne noch einmal, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Und wenn ich einen Rat geben darf? Ihr landet so schneller auf dem Scheiterhaufen, als euch lieb ist. Wunderheiler sind nicht gerne gesehen hier! Aber das wisst ihr ja auch besser als ich! Und übrigens, euer Diebstahl kam mich teuer zu stehen! DAS nur mal am Rande erwähnt!“

Bei diesen Worten zitterte sie vor Wut und ich sah, wie sie sich selber zur Ruhe mahnte und dann, ohne etwas zu sagen, drehte sich meine Verlobte um und ging! Wir saßen da mit offenen Mündern, auch Faith wusste nicht, was sie tun sollte. Hilfesuchend sah sie zu mir. „Haytham, was war das gerade bitte? Und vor allem, woher soll ich wissen, wieviel ich von diesem... was war das, Paracetamol verabreichen muss! Deine Verlobte lässt uns einfach hier stehen ohne Erklärung!“ Das war nicht ihr Ernst, oder? Sie erwartete doch jetzt bitte nicht, dass ich sie in Schutz nahm vor Alex. DAS hatte sie sich selber zuzuschreiben und das sagte ich Faith auch. „Natürlich stehst du auf ihrer Seite, das war so klar. Aber gut, ich muss dann wohl einfach testen. Halt einfach still, dann kann ich dich als Versuchskaninchen nutzen!“ kam es in einem so mauligen Ton, der mich selber auch ziemlich wütend machte.

Nachdem sie mir diese Spritze verabreicht hatte, spürte ich tatsächlich eine dumpfe Erleichterung und der Schmerz ließ etwas nach. „Versuche das Knie noch zu kühlen und nicht zu stark zu belasten, Haytham!“ mahnte sie mich in ihrer belehrenden Stimme als Heilerin. Ich würde mein bestes tun, versicherte ich noch, denn ich wollte Alex auf der Hochzeit beistehen.

In diesem Moment erschien Shay im Arbeitszimmer und sah mich besorgt an. „Master Kenway, eure Verlobte scheint irgend etwas zu planen. Sie sagte gerade nur, als ich sie auf ihren Gesichtsausdruck und ihre Unruhe ansprach, dass sie am liebsten einen Mord begehen würde und ging dann einfach aus dem Fort! Wohin weiß ich allerdings nicht, wisst ihr vielleicht, was Mrs. Frederickson meinte?“ DAS wusste ich und sah missbilligend zu Faith! Diese sah betreten zu Boden, sollte ihr Mann ihr doch den Kopf waschen, ich erzählte dem Iren, was hier gerade vorgefallen war. Faith reichte mir noch einige Spritzen und die Fläschchen mit diesem Schmerzmittel und ich ließ mir eine Kutsche rufen. Ich musste Alex finden, bevor sie noch Dummheiten anstellte. Ich verließ die Cormacs ohne viele Worte, in mir drohte eine Wut auf alles und jeden über zu kochen und das wäre in dieser Situation gerade nicht von Vorteil.

Dem Kutscher teilte ich mit, was ich vorhatte und er fuhr langsam die Straßen ab und ich suchte mit meinem Adlerblick die Gegend ab, doch ich fand nicht einmal eine Spur von ihr, kein Schimmer oder ähnliches. So vergingen über zwei Stunden und resigniert und frustriert mit einer ungeheuren Wut im Bauch, fuhr ich zu mir nach Hause. Dort brachte mich Jones erst einmal in mein Arbeitszimmer und man brachte mir einen Hocker und kühle Tücher für das Knie. Eine Weile saß ich gedankenverloren hier und wartete.

In meinem Kopf spielten sich die schlimmsten Szenarien ab, dass Alex verhaftet wurde, weil sie irgend einen Bettler auf der Straße gelyncht hatte, oder dass sie einfach die Soldaten angriff, weil sie dumme Bemerkungen und Pfiffe von sich gaben. Mit meiner Hand versuchte ich diese Gedanken von meinem Gesicht zu wischen und dann hörte ich, wie die Tür leise ins Schloss fiel! Ich stand vorsichtig auf und hinkte zum Eingang und da stand meine Verlobte unschlüssig vor der Treppe. Als sie mich sah, kam kein einziges Wort von ihr, in ihren Augen lag ein unheimlicher Blick der mir Angst machte. Doch meine Wut auf ihr Verschwinden brach aus mir heraus und ich muss gestehen, das erste Mal maulte ich Alex lautstark an!

„Da bist du ja, ich habe nach dir gesucht! Wo in drei Teufels Namen warst du so lange? Ich habe mir Sorgen gemacht! Master Cormac sprach davon, dass du am liebsten einen Mord begehen würdest und dann kann ich dich nirgends finden. Zumal ich auch gerade nicht so gut zu Fuß bin, wie du sicherlich noch weißt!“ Darauf bekam ich keine Regung, keine Antwort, keine Erklärung, nur diesen seltsamen Blick.

„Du bist einfach gegangen und hast es nicht für nötig gehalten, uns darüber aufzuklären, wozu man diese Medikamente noch nutzen kann. Aber ich hoffe, dass Faith das richtige genommen hat. Zumal ich jetzt endlich wissen will, was mit dir und Faith überhaupt los ist? Ihr könnt euch ganz normal unterhalten und in der nächsten Sekunde hat man Angst, ihr bringt euch gegenseitig um! WAS ist los mit euch beiden?“ Ihre Augen wanderten über mein Gesicht, so als suche sie etwas, doch es kam kein einziger Ton über ihre Lippen. Ich ging weiter auf sie zu und befahl ihr, endlich etwas zu sagen, denn ich machte mir ernsthaft Sorgen. Als ich ihre Hände nahm, fühlten sie sich eiskalt an und erst dann nahm ich wahr, dass ihre Beine bis zur Hüfte nass waren, dafür hätte ich auch gerne Erklärung.

Bei ihren nächsten Worten darauf, dachte ich, ich hätte mich verhört! „Nein, ist mir nicht aufgefallen, als ich im See fast ertrunken wäre!“ Ich war drauf und dran, Dr. Ambrosch rufen zu lassen, denn auch auf meine Frage, was vorgefallen wäre, bekam ich nur „Haytham, lass mich bitte erst einmal aus den nassen Sachen raus. Dann reden wir, ja?“ zu hören und dass fast tonlos! Alex ging an mir vorbei die Treppe hoch, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen und ich schaute ihr kopfschüttelnd hinterher. Mrs. Wallace hatte das Gespräch mitbekommen und fragte ebenfalls besorgt, ob sie etwas tun könne. Doch ich verneinte, ich musste das erst einmal mit meiner Verlobten alleine klären. Langsam hinkte ich die Treppe hoch und brauchte eine gefühlte Ewigkeit dafür. Der Gedanke, dass ich noch einmal so eine Spritze bekam, war plötzlich mein größter Wunsch, die Schmerzen kamen langsam zurück.

Oben angekommen öffnete ich leise die Tür zum Schlafzimmer und Alex stand in einem Kleid und gemachten Haaren vor der Waschschüssel. Ich trat hinter sie, doch irgendetwas schien sie erschreckt zu haben und wich mit einem Satz zurück und prallte gegen mich. Doppelt erschrocken kam ein lauter Schrei von ihr und sie sah mich völlig benebelt an. Ich bekam es wirklich mit der Angst zu tun und umklammerte sie einfach und hielt sie fest. Langsam ging ich so mit ihr zum Bett, damit sie erstmal nicht umfallen konnte und dann fing sie vorsichtig an zu reden! Wieder fragte ich, was denn los sei.

„Haytham, ich weiß es nicht. Ich hatte euch nichts erklärt, weil Faith eh schon alles notiert haben wird! Sie ist nicht dumm. Doch als ich dort in ihrem Arbeitszimmer stand, kochte in mir eine böse Wut hoch, die mich aufzufressen drohte. Es war wie damals, als du besessen warst und dieses Wesen uns alle manipulierte. Sag mir bitte, dass ich nicht verrückt werde, ich fühle mich überhaupt nicht gut!“ Ihr Kopf lag auf meiner Schulter und ich spürte ihr Zittern immer noch. Ich sprach Dr. Ambrosch an und hob ihr Kinn an, damit sie mich ansehen musste. Sie kniff die Augen vor Schmerzen zu und da fiel mir auch ein, dass auch Alex Blessuren aus dem Kampf davon getragen hatte und ich entschuldigte mich dafür.

„Ich brauche keinen Arzt, Haytham. Ich... brauche eigentlich nur genau DAS. Deine Arme und deine Nähe!“ Diese Worte gingen mir gerade runter wie Öl und meine Wut verflog allmählich und wich dieser tiefen Zuneigung ihr gegenüber. „Ich stand an dem See, meine Beine hatten mich wie von alleine dorthin getragen, und diese ruhige Wasseroberfläche beruhigte mich. Dann hörte ich deinen Vater wieder, wie er mir sagte, dass ich diese Bilder schon öfter gesehen hatte von der sich unter mir auftuenden Hölle. Es sei eine Art Prophezeiung. Ich fragte Edward, warum er mir bei Faith nicht beistand und mir diese Ruhe gab. Doch das einzige was er meinte war, ich würde es bald selber herausfinden, ich müsse nur weiter an mir und meinen Mantren arbeiten.“

Ich hielt meine Verlobte für einen Moment einfach nur fest und sagte nichts. Doch dann wurde mir klar, dass Vater eine ganz eigene Macht über Alex besaß, welche auch sie noch nicht verinnerlicht hatte. Er hatte aber recht und was den Rest angeht, ich könnte ihr dabei helfen, auch die Emotionen zu verbergen, damit sie unbehelligt bleiben kann. Bei jedem Wort wurde sie ruhiger und ich hatte das Gefühl, dass wir beide klarer denken konnten. Plötzlich meinte Alex völlig begeistert „Das ist eine großartige Idee! Aber zuerst würde ich gerne eine Kleinigkeit essen, ich merke gerade, dass ich Hunger habe. Vielleicht sollten wir Mrs. Wallace Bescheid geben?“ Eine hervorragende Idee, wie ich fand und erhob mich langsam. „Wie geht es deinem Knie? Ich hoffe doch, es geht etwas besser?“ kam es besorgt mit einer großen Portion schlechtem Gewissen von Alex.

Da es mit diesen Schmerzmittel wirklich nicht so schlimm war, konnte ich sie ein wenig beruhigen. Ich fand, es wären kleine Wundermittel. In diesem Zuge, verabreichte sie mir noch einmal eine Dosis, aber ich sah, diese war geringer als die von Faith. „Ja, das sind sie! Aber nicht zu viel verabreicht bekommen oder einnehmen, sonst liegst du schneller unterm Tisch, als du Aua sagen kannst!“

Wir gingen zusammen hinunter und meine Haushälterin hatte anscheinend nur auf uns gewartet. Sie schob uns ins Esszimmer und man trug das verspätete Mittagessen auf, eine meiner Lieblingsspeisen. Hase, diesen hatte ich sogar selber geschossen. Doch aus den Augenwinkeln sah ich, dass Alex zögerte und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie schien dieses Gericht nicht zu mögen, oder lag es an dem Tier? Ich fragte aber nicht nach, ich konnte davon ausgehen, dass sie es mir noch selber erzählen würde.

Während des Essens kam mir der Gedanke, dass ich immer noch nicht ganz zufrieden mit dem Kleid für die Hochzeit bin. Denn irgendwie wurde es meiner Verlobten nicht gerecht und mir schwebte etwas anderes vor und in diesem Zuge fiel mir ein kleiner Laden vor der Stadt ein. Ich hatte viel gutes über die dortige Schneiderin gehört, auch dass die Kleider zur gehobenen Klasse gehörten. Erstaunt sah mich Alex an. „Aber ich habe doch ein Kleid.“ Ja, hatte sie, aber es war nicht gut genug für sie!

Auf meine Frage, ob sie ein wenig Zeit erübrigen könne, um noch einmal eines auszusuchen, bejahte sie es. „Oh, ich habe durchaus noch ein wenig Zeit übrig, zumal ich sie in so netter Gesellschaft verbringen werde!“ meinte sie leise, sah zu mir auf und stellte sich auf die Zehenspitzen um mir einen doch sehr langen Kuss zu geben und meine Hände umfingen wie automatisch ihre Hüften. „Master Kenway, dazu ist sicherlich später noch Zeit, wir sollten aufbrechen, ehe es zu spät wird.“ raunte sie mir in mein Ohr. Oh, ich würde diese Frau sicherlich später noch an eine Entschädigung erinnern, mich einfach so hier stehen zulassen.

Kapitel 14

*** Die Anprobe Teil 2 ***



Ich rief uns eine Kutsche und wir fuhren aus der Stadt, das Geschäft war nicht groß, aber wie ich schon sagte, ich konnte davon ausgehen, DORT ein perfektes Kleid zu finden. Wir standen vor dem kleinen unscheinbaren Laden und ich konnte sehen, dass Alex etwas skeptisch war. Aber ich konnte sie beruhigen und erklärte auch gleich, warum ich hierher wollte, meine Verlobte brauchte eine angemessene Garderobe und keinen Ramsch. Und sollten wir dann irgendwann einmal in London sein, nun, dann würden wir sicher das eine oder andere Kleidungsstück kaufen.

Ich bekam wieder einen dieser Küsse auf die Wange, bei denen ich mich fragte, wofür war der? „DER war für deinen Enthusiasmus und deine Freude. Ich liebe das an dir, weißt du das?“ sie sah mich dabei mit so liebevollen leuchtenden Augen an, dass ich schon fast nicht an mich halten konnte, doch ich zügelte mich. Die Entschädigung bekäme ich später. Also zog ich meine Verlobte in den Laden und uns begrüßte eine kleine Dame, Mitte 30 vermutlich und dunkelblondes Haar, mit einem ähnlichen Akzent wie Alex. War sie auch Preußin, dass wusste ich gar nicht, aber ich holte mir nicht immer Berichte über JEDEN Ladenbesitzer ein.

Die beiden Frauen unterhielten sich kurz auf deutsch miteinander und ich hörte heraus, dass Frau Fischer, die Ladenbesitzerin aus einer Stadt in der Nähe von Alex Heimat kam. Auf die Frage, was Mrs. Frederickson denn in diese schrecklichen Kolonien getrieben hätte, erzählte sie die übliche Geschichte. In ihren Augen lag etwas wie Erleichterung und ich konnte mir vorstellen, dass sie froh war, einfach zu reden, ohne immer übersetzen zu müssen.

Ich mischte mich jetzt ein, stellte mich vor und gerade als ich sagte, dass wir für eine Hochzeit ein passendes Kleid suchen würden, ging Alex mit offenem Mund an mir vorbei. Sie blieb bei einem ausgestellten Kleid aus roter Seide, welches etwas gedeckt rot war mit etlichen Stickereien darauf. Darüber war ein weiterer Überrock, welcher mit weißer Spitze abgesetzt war und mit Goldfäden bestickt war. Frau Fischer hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht und fragte mich nun nach meiner Meinung und ob ich fände, dass es für sie angemessen wäre. Meine Erklärung, dass ich meine Verlobte von diesem Kleid nicht mehr abbringen könne, geschweige denn es wolle, ließ sie noch breiter Lächeln.

Ich stellte mich leicht hinkend hinter Alex und hauchte ihr nur ins Ohr, sie solle es anprobieren, da ich sehen wollte, wie es an ihr aussieht. Diese Gänsehaut, welche sich auf ihrer Haut ausbreitete, brachte mich wieder zu der Erkenntnis, dass ich diese einfachen aber wirkungsvollen Reaktionen an ihr liebte. Doch schon wieder kam es zögerlich von ihr „Aber wie teuer ist es denn, es fühlt sich nach teurer Seide an und es ist bestimmt verschwenderisch kostspielig...“ Darauf ging ich nicht ein, sondern schob sie nach hinten, damit sie mit Frau Fischer dieses atemberaubende Kleidungsstück anziehen konnte.

Es dauerte eine Weile, dann standen beide Frauen wieder hier vorne und sahen mich erwartungsvoll an. Ich muss gestehen, ich starrte Alex einfach nur an, denn mir fehlten die Worten, es war einfach perfekt! Die Schneiderin meinte, sie müsse es an den Seiten noch ein wenig enger machen, dann wäre der Sitz nahezu perfekt. Während nun die Robe noch einmal geändert wurde, standen wir hier und sahen uns ein wenig um. Doch viel sagen mussten wir nicht, ich sah, dass Alex immer noch nicht ihr schlechtes Gewissen unter Kontrolle hatte. Ich versicherte ihr noch einmal, dass ich diese Dinge gerne für sie machte und auch, weil sie immer wieder darauf kam, bestimmt keine Gegenleistung dafür erwarte. Irgendwie verstand ich ihre Ansicht nicht, lag es einfach daran, dass unsere Erziehungen so unterschiedlich waren?

Dann hieß es noch einmal anprobieren und als sie jetzt wieder vortrat und ich hinter meiner Verlobter stand, brachte ich nur ein zufriedenes Lächeln zustande. DAS war meine Verlobte und genauso hatte ich es mir vorgestellt. Ich konnte es kaum noch erwarten, sie bei der Hochzeit darin zu sehen! Man brachte das Kleid zu unserer Kutsche und ich handelte den Preis noch aus und bezahlte die Dame.

Ich war dankbar, als ich mein Bein etwas entspannen konnte und als wir gegen Abend dann Zuhause ankamen, erwartete uns Besuch. Innerlich verdrehte ich die Augen, was wollte denn Familie Cormac hier auf einmal? Auch Alex war sichtlich genervt und wäre am liebsten an ihnen vorbei gegangen, doch ich ermahnte sie, sich zusammenzureißen. „Haytham, ich hatte mich auf einen ruhigen Abend gefreut, ich bleibe ja nicht so lange und...“ ich schob sie einfach vor mir her in den Salon, je schneller wir hier fertig waren, umso schneller konnte ich meine Verlobte nach meiner Entschädigung fragen.

Als wir eintraten, kam July auf mich zu und freute sich, mich zu sehen. Nach der Begrüßung deutete ich Master Cormac mir zu folgen und wir ließen die beiden Damen alleine. Hoffentlich ging das gut! Wir gingen in mein Arbeitszimmer, wo meine Haushälterin meiner Patentochter noch mehr Plätzchen anbot. Dieses Kind konnte Unmengen essen, so schien es. Gerade als ich mit Shay auf meine Trauzeugen Tätigkeit kam, sah ich, wie Alex aus dem Salon kam, in meine Richtung nur mit dem Kopf schüttelte und dann Richtung Küche verschwand. Das war ja ein kurzes Gespräch und auch Shay war überrascht. Faith kam sichtlich enttäuscht zu uns und nahm ihre Tochter auf den Arm.

„Haytham, ich habe es wirklich versucht, doch Mrs. Frederickson will mir einfach nicht zuhören. Meine Entschuldigung reichte ihr anscheinend auch nicht! Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, sie ist einfach so wahnsinnig stur. Sie muss doch verstehen, dass ich ihr nicht alles erzählen kann...“ doch ich fuhr ihr über den Mund. „Das sollst du ja auch nicht, aber Diebstahl und sie belügen sind einfach keine fairen Mittel und DU verlangst jetzt Vertrauen von ihr? Wie stellst du dir das vor?“ Darauf hatte sie aber auch keine Antwort und ich fand es auch eher müßig sich darüber Gedanken zu machen. Es wird noch viel Zeit ins Land gehen, ehe ein echter Kompromiss zustande kam, da war ich aber zuversichtlich.

„Ich hoffe für dich, dass deine Verlobte irgendwann zur Vernunft kommt und sich entscheidet!“ kam es jetzt in einem kalten Ton von meiner kleinen Schwester. Vielleicht war diese Kampfansage doch keine so schlechte Idee, wie Shay und ich die ganze Zeit annahmen. Wir konnten aber nur abwarten und da sonst nichts weiter zu besprechen war, verabschiedete sich der Ire mit seiner Familie und ich ging, besser ich hinkte, los um Alex zu suchen.

Gerade als ich sie auf der Fortmauer fand, hörte ich, wie sie sagte „Das weiß ich, aber trotzdem fühle ich mich hier alleine, wenn Haytham nicht da ist. Wie soll dass erst später werden? Bleibt dieses Gefühl? Geht es weg?“ und dann vernahm ich die Stimme meines Vaters. „Eine gute Frage, aber darauf habe ich auch noch keine Antwort. Denn ich kann noch nicht sehen, dass du tatsächlich für immer bleiben wirst. Du willst es, dass kann ich sehen und spüren, aber der Rest ist wie hinter einer Nebelwand verborgen. Mein Sohn zählt auf dich, ich zähle auf dich und vergiss nicht, meine Jackdaw zählt auch auf dich!“ Ich hatte nie darüber nachgedacht, dass Alex sich hier einsam fühlen könnte, doch jetzt wo ich es von ihr hörte, wurde mir das bewusst. Sie hatte hier keine Familie, keine Freunde! Hier war nur ich und das, was wir dann in einigen Jahren eventuell gemeinsam aufbauen würden.

Als ich sie jetzt ansprach und auf das Gespräch kam, zuckte sie kurz erschrocken zusammen und ich ließ mich vorsichtig auf der Mauer nieder. Meinem Knie tat das nicht unbedingt gut, aber es wurde besser. „Wie lange bist du schon hier, Haytham?“ fragte sie mich jetzt etwas kleinlaut. Ehrlich antwortete ich, dass ich den Rest des Gesprächs mit meinem Vater mitbekommen habe und dass ich weiß, dass man nicht lauschen darf. Doch ich wollte sie nicht unterbrechen! Als ich ihr jetzt sagte, dass es mir weh tat zu hören, dass sie sich alleine hier fühlte und dass sie das doch eigentlich nicht wäre, versuchte Alex ihrerseits eine Erklärung.

„Doch ich bin alleine, alleine als Assassine unter Templern. Und genau aus dem Grunde habe ich eigentlich Angst übermorgen zu dieser Hochzeit zu gehen. Auch wenn ich es wirklich gerne möchte. Verdammt... ich mag Faith doch, aber sie bringt mich zur Weißglut! Und Shay... keine Ahnung... das ist auch nicht besser, er ist mir gegenüber immer noch misstrauisch. Sag mir, was ich tun soll!“ Es war an mir, diese Frau zu beruhigen und ich versuchte mein Bestes. „Wir werden dort gemeinsam hingehen, wir werden diesen Menschen dort zeigen, dass wir zusammengehören. Wir werden ihnen zeigen, dass man auch Kompromisse eingehen kann. Zumal ich sagen muss, dass Master Williams als Templer auch eine Assassine geheiratet hatte!“ Bei meinen letzten Worten entglitten ihr alle Gesichtszüge. Das war anscheinend etwas, was sie noch nicht wusste!

„Das deine kleine Schwester Assassine gewesen ist, DAS wusste ich ja, aber ihre Mutter?“ Zur Erklärung meinte ich nur, dass mein Vater ja auch Assassine war! „Haytham, DAS ist aber etwas anderes gewesen. Und bitte, ich mag gerade nicht darüber reden, ja?“ Damit war ich einverstanden, wir würden in der derzeitigen Konstellation keine Lösung finden können. Ich warf neugierig einen Blick auf die Flasche neben ihr und hoffte dass es die Einzige war, welche sie getrunken hatte, denn sie war fast leer. „Verzeiht mir, Master Kenway, aber ich brauchte etwas alkoholisches, um meinen Geist zu benebeln.“ kam es mit dieser Betonung auf meinen Namen, dass ich mich arg zusammenreißen musste. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und gab ihr einen langen Kuss, kostete den Wein von ihren Lippen. Herr Gott, das war einfach unglaublich berauschend und ich sah ebenfalls leicht benebelt in ihre warmen grünen Augen. Als ich sie leise daran erinnerte, dass ich noch eine Entschädigung erwarte hörte ich nur „Oh, die hatte ich ja fast vergessen!“

Für einen Moment saßen wir hier stillschweigend und ich genoss diese Zeit mit ihr. Irgendwann kam sie darauf, ob die Cormacs schon weg wären und ich versuchte eine kleine Hilfestellung für sie und meine kleine Schwester aufzubauen, indem ich die Beweggründe von Faith erklärte. „Das weiß ich alles, sie ist eine hingebungsvolle Mutter und Ehefrau. Ich bin nicht blind. Es ist etwas anderes und bitte, lass uns davon heute nicht auch noch anfangen!“ Alex´ gequälter Gesichtsausdruck reichte, damit ich dieses Thema ließ.

Da fiel mir auch wieder ein, dass das Abendessen fertig war und Alex dringend dem Wein eine Grundlage geben musste. Sie stand leicht schwankend auf und stimmte mir grinsend zu. „Entschuldige, aber ich kann mich nicht immer beherrschen.“ Als meine Hand besitzergreifend auf ihrem Hintern lag und ich ihr dann sagte, dass ich hoffte, später keine Nonne in meinem Bett vorzufinden, sah sie mich mit leicht erschrockenem Ausdruck an. „Haytham! Und sowas aus deinem Munde! Also wirklich, das hätte ich dir nicht zugetraut!“ Mehr als ein „Du wirst dich noch wundern“ brachte ich gerade nicht heraus, in mir keimte schon länger ein ganz anderes Verlangen und ich würde es heute an meiner Verlobten testen.

Was soll ich schon groß schreiben? Das Essen verlief mit einer gewissen Spannung zwischen uns und ich genoss ihre leichte Unsicherheit, weil sie nicht wusste, worauf ich spekulierte! Als sie fertig war, nahm ich schweigend ihre Hand und führte sie nach oben!


Kapitel 15

*** Lass mich dich führen! ***




Ich schloss hinter uns leise die Tür und wartete einen Moment. In Alex´ Augen sah ich ihre Verwirrung, doch bevor sie auf mich zugehen konnte, kam ich ihr zuvor. Mit ein paar schnellen Schritten war ich bei ihr, hob sie auf meine Hüfte und an die Wand hinter ihr. Die Schmerzen in meinem Knie ignorierte ich, der Wein schien sie zusätzlich zu betäuben! Bereitwillig klammerte sie ihre Beine um mich und meine Hände fanden ihren Weg zu ihrem Po. So hielt ich meine Verlobte eine Weile und sah sie nur an. Die Verwirrung nahm zu und sie versuchte mein Gesicht zu sich zu ziehen, doch ich ließ mich nicht darauf ein. Plötzlich war es, als hätte sie sich völlig verschlossen, ich konnte nicht mehr in ihr lesen, nicht mehr sehen, was sie will!

„Das ist nicht fair, Haytham!“ hörte ich ihre etwas frustrierte Stimme und ihr Blick war immer noch auf mich gerichtet, ohne mich an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. Also befahl ich Alex kurzerhand, sie solle mir sagen, WAS sie will und ich erhielt eine prompte Antwort! „Ich will dich und zwar jetzt. Ich gehe davon aus, dass du immer noch deine Entschädigung haben möchtest! Und ich glaube, ich bin genau die richtige Person dafür.“ kam es leicht atemlos von ihr. Langsam ließ ich sie los und stellte sie wieder auf die Füße. Ich muss gestehen, ich genoss es gerade, dass meine Verlobte nicht wusste, was ich vorhatte und auch nicht ahnen konnte, was als nächstes kam.

Ich zog sie hinter mir her und nahm auf dem Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch hier im Schlafzimmer Platz, meinen Arm stützte ich auf die Lehne und legte mein Kinn auf die Hand. Jetzt würde ich ja sehen, ob sie ein eben solches Verlangen hatte wie ich und ob wir dieses Machtspiel weiterführen würden. Wie damals gab ich den Befehl, mir bei den Stiefeln zu helfen und meine Stimme war kühl und berechnend. Und dann sah ich die Veränderung in ihrem Gesicht, sie hatte verstanden und schien irgendwie erleichtert zu sein. Von Alex kam jetzt nur ein „Sehr wohl, Master Kenway!“ und sie ließ sich dabei langsam auf die Knie sinken, ohne mich aus den Augen zu lassen. In kürzester Zeit war ich von dem Schuhwerk befreit und ich wartete darauf, dass sie weitermachte. Doch sie sah mich mit vor Begierde verdunkelten Augen nur an, als ich sie fragte, worauf sie denn noch wartet!

Ohne weitere Worte öffnete sie meine Hose und ihre Lippen schlossen sich um mich! Ich konnte nur noch ein erleichtertes Seufzen von mir geben, legte meine Hand in ihren Nacken und begann sie zu führen. Ihrerseits ließ sie ihre Hände über meine Oberschenkel gleiten. Ich genoss diesen Moment und sah meiner Verlobten dabei zu, wie sie mich kostete und in ihren Augen sah ich, dass sie lieber auf meinem Schoß säße. Darüber könnten wir später noch reden, dachte ich mir nur und ließ sie weiter ihre Arbeit machen. Irgendwann kam in mir das Verlangen hoch, Alex ganz zu spüren und ich ließ ihren Nacken mit den Worten „Ich wusste es!“ los, zog sie hoch und brachte sie zum Bett. Zeit für ihr Kleid war gerade nicht, ich hatte es etwas eilig und so drang ich einfach in sie, nahm mir, was mir gehörte!

Zum ersten Mal fühlte ich mich befreit und erleichtert, diese Phantasien hatte ich durchaus schon des öfteren mit Alex im Kopf. Meine Verlobte gab sich mir völlig hin und ließ mich spüren, dass sie mehr wollte. Sie bekam mehr und als ich meinen Höhepunkt erreichte, konnte ich nur noch ein „Ich liebe DICH“ heraus bringen und ließ mich auf ihre Brust sinken. Doch ich half ihr ebenfalls noch über diese Schwelle und sie dankte es mir mit einem leisen und seligen „Haytham...“ auf ihren wunderschönen Lippen. Ihre Beine hatten mich immer noch umschlungen und ich strich leicht über ihre Oberschenkel und sah einfach in ihre jetzt wieder klaren grünen Augen. Dieser Augenblick hätte so bleiben sollen, ich wollte ihn nicht enden lassen.

Leise versuchte ich mich zu erklären, doch ich scheiterte kläglich und ich fing an zu stottern. Ich fand einfach nicht die richtigen Worte für das, was wir gerade getan hatten. Aber das brauchte ich auch nicht, Alex half mir. „Sag nichts. Ich fühle mich wohl, wenn du mir sagst, was ich tun soll. Lass mich einfach für diese kurzen Momente meine Verantwortung in deine Hände legen!“ Dann war es auch ihr Wunsch, diese Konstellation beizubehalten und ich stieß erleichtert den Atem aus. Ich war froh, dass Alex nicht zornig oder böse mit mir war! „Nein, ich bin nicht böse auf dich, im Gegenteil. Ich will es ja, ich lasse zu, dass du mich führst. Daran ist nichts falsch und wir wissen umgekehrt, wo jeder von uns steht, oder nicht? Und was wir hinter verschlossenen Türen treiben, geht wohl kaum die Gesellschaft etwas an.“ Erwähnte ich, dass ich diese Frau liebte? Jetzt sogar noch ein wenig mehr, wäre es überhaupt möglich!

Wir lösten uns langsam von einander und ich zog sie in meine Arme. Eine Bitte hatte ich aber noch an meine Verlobte, sie musste mir sagen, wenn sie irgendetwas NICHT wollte. Denn zwingen würde ich sie zu gar nichts, dass wäre unmoralisch und nicht richtig! Mit einem langen Kuss gab sie mir zu verstehen, dass sie es verstanden hatte.

Mit einem tiefen Seufzen erhob sie sich und bat mich, ihr beim Entkleiden zu helfen und in mir kamen schon wieder diese schmutzigen Gedanken hoch. Diese Frau machte mich völlig fertig! Doch sie machte keine Anstalten, ein Nachthemd anzuziehen, stattdessen ging sie zum Wasserkrug und wusch sich kurz durchs Gesicht. Dieser Anblick war einfach wundervoll und ich saß ans Kopfende gelehnt und genoss ihn einfach. Im Spiegel über der Kommode sah ich, wie sie rot wurde und ich grinste sie nur mit den Worten „Meine Verlobte ist immer noch verwirrt, wenn ich sie ansehe, so so. Komm her, mi sol!“ an.

Erstaunt drehte sich Alex um und kam langsam auf das Bett zu. „Hast du mich gerade meine Sonne genannt?“ Also verstand sie etwas spanisch, das freute mich, ich hatte lange überlegt, wie ich meine zukünftige Frau, ohne immer nur den Vornamen zu benutzen, nennen konnte. „Also, naja, ich bin dem spanischen nicht so mächtig. Aber ein paar Kleinigkeiten kenne ich zum Beispiel aus einem Urlaub noch! Ich kann mir eine Flasche Mineralwasser bestellen! Das ist doch schon etwas, oder?“ WAS bitte ist Mineralwasser, wollte ich jetzt von ihr wissen, ich konnte mir nicht wirklich etwas darunter vorstellen. „Das ist Wasser, welches mit verschiedenen Mineralien und Kohlensäure versetzt wird. Das ist in meiner Zeit völlig selbstverständlich. Hier müsste ich erst alles abkochen und durch Filter jagen, um überhaupt reines Wasser zu bekommen.“ bekam ich dann als Erklärung, nun gut, wozu dieses Mineralwasser gut sein sollte, entzog sich meiner Kenntnis. Viel wichtiger fand ich jetzt, WIE dieser Satz im Spanischen lautet und legte einen leichten Befehlston an.

In Alex´ Augen sah ich für einen ganz kurzen Moment die Lust aufsteigen, also reichte tatsächlich meine Stimmlage aus, um sie um den Finger zu wickeln. Gut zu wissen und ich grinste in mich hinein! Alex überlegte kurz, richtete sich, immer noch auf meinem Schoß sitzend, auf. „Me gustaría una botella de agua mineral con gas, por favor.“ Ganz richtig ausgesprochen war es jetzt nicht, aber dieser Akzent dabei... ich gebe zu, ich liebe ihn an dieser Frau einfach. Doch ein wenig Sprachunterricht könnte nicht schaden. Ihre nächsten Worte brachten mich und meine Phantasie in die Gosse. „Aber gerne doch, Master Kenway, jederzeit, wenn ihr bereit seid!“ doch ich riss mich zusammen und lächelte meine Verlobte an, während sie anscheinend mal wieder anfing über etwas nachzudenken. „Aber warum gerade meine Sonne und dann auf spanisch?“ fragte sie jetzt skeptisch und ich erklärte ihr, woran ich bei diesem Kosenamen gedacht hatte. Mir kam die Sonnentätowierung auf ihrem Bauch in den Sinn, ihre gelb-gold leuchtende Aura und spanisch, weil ich die Sprache nun einmal mochte.

Meine Antwort schien Alex zufrieden zu stellen und ich bekam ein leises „Und ich liebe dich, mi amor!“ mit einem langen Kuss von ihr. In dieser Nacht konnten wir uns beide völlig fallen lassen und uns unseren Phantasien hingeben. Ich genoss diese Frau einfach und es war, als hätten wir einen neuen Punkt in unserer Beziehung erreicht, der uns noch mehr verband.

Kapitel 16

*** Vorbereitungen ***



Ein leises Klopfen weckte mich am nächsten Morgen und ich musste feststellen, dass ich tatsächlich tief geschlafen hatte. Es war Mrs. Wallace, welche uns ankündigte, dass das Frühstück fertig sei. Dabei nannte sie, vermutlich weil sie in Gedanken war, Alex Mistress Kenway. Ich konnte förmlich das breite Grinsen von meiner Verlobten spüren und dass ihr dieser Gedanke noch nicht ganz geheuer ist. Aber ich konnte es auch in ihrem Gesicht lesen! Alex soll sich schon mal daran gewöhnen, meinte ich dann einfach nur und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Mi Amor, hast du wirklich geschlafen, oder hast du mich wieder beobachtet?“ anscheinend konnte auch meine Verlobte es nicht fassen, dass ich so lange geschlafen habe und ich konnte ihr versichern, dass ich keine Observation gestartet hatte. Und nun wollte sie einfach so aufstehen, auf meine Frage, wohin so eilig, erklärte sie sich und sie hatte damit auch nicht unrecht. „Haytham, wonach sieht es denn aus? Heute ist die Anprobe meines Kleides und deines Anzuges und... ich brauche dringend noch eine Einweisung, wie ich mich zu verhalten habe. Wie du sicherlich noch weißt, gehöre ich keiner Kirche an und weiß nichts über eine solche Hochzeit!“ Das Alex nicht wirklich gläubig war, wusste ich ja schon, in diesem Moment kam mir aber zum ersten Mal auch der Gedanke, dass wir also nicht kirchlich heiraten würden. Was jetzt nicht so schlimm ist, ein Friedensrichter tut es auch, doch es ist nicht alltäglich.

„Nein, ich bin... wie sagt ihr so schön, Heide. Ich glaube an die nordischen Götter! Und würde es auch gerne weiterhin tun! Denn sie geben mir eine gewisse innere Kraft und Zufriedenheit!“ Alex war durch und durch im skandinavischen Raum verwurzelt, ging es mir wieder durch den Kopf. Auch wenn sie selber aus Preußen kam, ihre Vorfahren kamen aus Dänemark, soweit ich mich erinnerte. Also erklärte ich nur kurz, dass es nicht so schlimm werden würde, ich aber selber auch noch nicht so viel Erfahrung mit kirchlichen Trauungen hatte. Ich selber war eben auch noch nie verheiratet gewesen und erst jetzt realisierte ich, dass ich das aber irgendwann sein werde und in mir spürte ich eine gewisse Euphorie bei diesem Gedanken.

Leider müsse Alex während der Zeremonie ohne mich auskommen, ich war wieder Shays Trauzeuge und stand ihm am Altar bei. Doch weit weg würde ich nicht sein! Mit einem Male schlug ihre Stimmung um und ich sah, dass sie wieder anfing alles zu hinterfragen. Wer würde sie später an mich übergeben, wer wäre ihre Trauzeugin? Laut stöhnend ließ sie sich aufs Bett fallen. Um ihr beizustehen, versuchte ich zu erklären, dass es noch dauert bis wir heiraten und was bis dahin alles passiert, können wir noch nicht wissen. Vor allem sollte sie auch diesen Schlagabtausch mit meiner kleinen Schwester erst einmal abwarten!

Damit war sie etwas beruhigter und ich half ihr beim Schnüren ihres Korsetts, wobei ich mich ertappte, dass ich sehr lange auf ihr doch sehr einladendes Dekolletee schaute dabei. Als Alex an meinen Haaren arbeitete, bekam sie wieder diesen versonnen Ausdruck im Gesicht. Sie erklärte mir, dass es einfach für sie beruhigend war, wenn sie das tat. Als meine Verlobte dann auch noch meine Rasur zu meiner Zufriedenheit erledigt hatte, rutschte mir ein Satz raus, welcher unpassender nicht sein konnte. Doch zu spät bemerkte ich meinen Fehler! „Perfekt, jetzt weiß ich, dass du mich nicht gleich mit dem Rasiermesser um die Ecke bringen würdest!“ Ihr Satz jetzt und dann ihr Blick waren Erklärung genug! „Warum sollte ich das wollen, mi amor? Denn ich wüsste, welchen Zorn ich als erstes zu spüren bekommen würde und das will ich definitiv nicht riskieren und … wenn ich ehrlich bin. Ich will dich einfach bei mir haben!“ Alex hatte die Bilder meines Todes plötzlich im Kopf! Ich entschuldigte mich tausend mal, dass ich sie daran erinnert habe, das war nicht meine Absicht. Es war nicht ihr Werk, es war jemand anderes und es war einfach wie in einem Albtraum!

Aber ich nahm sie in den Arm und der Frieden legte sich über sie, so konnten wir dann auch hinunter zum Frühstück, der heißgeliebte Kaffee wartete sicher auch schon auf Alex!

Als wir gerade beisammen saßen, fragte sie mich, ob sie einen Blick auf meine Bücher werfen dürfe. Ich hätte einige original Ausgaben, welche sie sich gerne anschauen wollte. Doch Alex musste bei diesem Satz selber grinsen, für SIE waren es alte Originale, für mich waren sie... einfach neu! Doch das passte mir ganz gut, ich hatte Nachricht von Jonathan, welcher mich um ein Gespräch bezüglich der Ernennung von Shay als Meistertempler bat. Vermutlich ging es auch noch um die morgige Hochzeit, bis auf Hickey und Charles würden alle anderen des inneren Kreises mit anwesend sein.

Mir kam aber der Gedanke an meine Tagebücher, ich hatte Alex noch gar nicht darauf angesprochen, ob sie sie nun gelesen hatte. Als ich sie damals auf ihren Schreibtisch gelegt habe, war mir im ersten Moment nicht ganz wohl. Doch es war besser, wenn sie bei ihr waren, als wenn sie hier in falsche Hände geraten würden. Auch wenn ich ahnen konnte, dass sie meine Gedanken nicht lesen wollte, wegen ihres doch sehr ausgeprägten schlechten Gewissens. Jetzt war es an Alex in mir zu lesen, wie in einem offenen Buch. „Nein, Haytham, ich habe sie nicht gelesen. Ich habe die ersten Zeilen vom 6. Dezember 35 gelesen... und habe es zugeschlagen und seitdem nichts mehr angerührt. Ich möchte es nicht lesen. Nicht ohne dein Beisein und deine Erlaubnis!“ Es ging mir ja auch darum, dass sie mich eventuell besser versteht, auf der einen Seite, fand ich ihre Aufrichtigkeit einfach unglaublich, auf der anderen Seite ist eine solche Eigenschaft mitunter hinderlich.

„Haytham, ich verstehe dich vermutlich besser, als so manch ein anderer. Auch wenn du mich oft noch vor Rätsel stellst. Doch ich kenne dich und ich brauche diese Aufzeichnungen nicht. Wenn ich ganz hier bin, dann werde ich sie sicherlich lesen. Aber nicht, wenn DU nicht anwesend bist. Stell dir vor, ich habe Fragen, weil ich etwas nicht verstehe, oder etwas nicht entziffern kann. Wer würde es mir erklären?“ ihre ironische Seite war manchmal erschreckend direkt, doch mit einem langen Kuss und einem einfachen Danke, hoffte ich, würde sie mich verstehen!

Ich zog mich nach dem Frühstück noch um und Alex verschwand mit einem Kaffee in meinem Arbeitszimmer. Dann machte ich mich auf den Weg zu Master Pitcairn. Die Eheleute wohnten am Rande der Stadt in einem kleinen Anwesen, welches der Familie von Mistress Pitcairn gehörte. Man bat mich freundlich einzutreten und brachte mich zum Hausherrn.

Jonathan sah mich freudig an und er kam auch gleich auf den Punkt. „Master Kenway, wie ihr ja wisst, habe ich persönlich nichts gegen Master Cormac, doch bei allem Respekt, ist es nicht doch etwas verfrüht, dass er in den Stand des Meistertemplers erhoben wurde? Seine Taten für den Orden sind außergewöhnlich, keine Frage, doch rechtfertigt das schon diese Beförderung?“ fragte er mich etwas zögerlich und ich konnte seine leisen Zweifel verstehen. Leider konnte ich ihm aber auch nicht offen legen, WARUM ich so entschieden hatte. Weder er noch William oder Benjamin ahnten, was in den letzten Monaten alles passiert war. Sie hatten von mir nur die Fakten genannt bekommen, sprich wie es um die Artefakte stand und die Suche danach. Dass wir, bis auf Master Davenport, alle anderen Assassinen beseitigen konnten. Doch mehr hatte ich nicht erzählt und auch aus meinen Berichten ging nichts weiter hervor.

„Jonathan, das was Master Cormac für uns und den kolonialen Ritus in der kurzen Zeit getan hat, verdient diese Anerkennung. Auch wenn ihr noch skeptisch ihm gegenüber seid, so genießt Shay mein vollstes Vertrauen! Ich schätze, er wird uns auch weiterhin so loyal gegenüber stehen, ohne Wenn und Aber.“ erklärte ich mich mal wieder. Eigentlich hatten wir dieses Thema bereits in versammelter Runde. „Das mag sein, Master Kenway, aber was ist, wenn er doch unsere Ideale eines Tages verrät. So wie er es bei der Bruderschaft damals tat? Auch wenn es um die Taten der Assassinen zu dem Zeitpunkt ging, was in unseren Kreisen hoffentlich nicht so passieren wird, hoffe ich.“ ich überlegte, wie ich diesen Mann davon überzeugen konnte, dass Shay mir und dem Orden treuergeben war?

„Lasst mich soviel sagen, Master Pitcairn, dieser Mann wird uns nie verraten. Er hat erkannt, was wirklich im Leben zählt und dass er mit dem Orden im Rücken mehr erreichen kann als zuvor. Von daher glaube ich an ihn und wünsche, dass ihr da ebenfalls mit mir einer Meinung seid. Denn auch ihr, Jonathan, habt solche Ideale und arbeitet loyal an meiner Seite!“ versuchte ich diesen Herrn nun zu überzeugen, einfach war es nicht, doch Shay war mittlerweile nicht nur mein Schützling sondern auch so etwas wie ein Freund geworden! Nicht nur, weil er mit meiner kleinen Schwester verheiratet war.

„Ich glaube, ihr habt Recht, Master Kenway, belassen wir es dabei. Ich wünsche mir ja auch, dass Master Cormac in unserer Mitte bleibt.“ nun räusperte er sich und kam auf die Hochzeit der beiden zu sprechen. Es waren noch Kleinigkeiten, was die vorgeschriebene Kleidung anging und die entsprechende Sitzordnung und noch ein paar andere Dinge. Mistress Pitcairn leistete uns später dann auch noch Gesellschaft und erkundigte sich nach meiner Verlobten. „Mrs. Frederickson wird mich ja morgen begleiten und ich werde sie euch natürlich vorstellen, Mistress Pitcairn.“ meinte ich lächelnd, in ihren Augen sah ich diese Neugierde wie bei allen Menschen, mit denen ich bisher über Alex gesprochen habe.

Man bat mich zwar noch zum Essen zu bleiben, doch ich wurde sicherlich zuhause erwartet. Also verabschiedete ich mich und begab mich auf den Weg. Als ich eintrat, erwartete mich Mrs. Wallace schon, nahm mir den Gehrock ab und meinte „Mrs. Frederickson ist noch in eurem Arbeitszimmer voller Eifer am Schreiben!“ Dann würde ich doch mal einen Blick auf sie werfen.

Als ich in der Tür stand bemerkte mich Alex überhaupt nicht. Sie hing tief gebeugt über dem Schreibtisch und schrieb sich Dinge aus einem Buch heraus, so sah es zumindest aus. Ich trat näher. „Sie bekommt immer noch nichts von mir mit!“, schmunzelte ich in mich hinein. Dann stand ich vor dem Schreibtisch, legte meine Hände darauf und beugte mich ebenfalls hinunter. Mein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem Kopf entfernt und diese Frau war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie mich wirklich nicht wahrnahm.

Mit einem Ruck sah sie hoch und stieß einen erschrockenen Schrei aus, dazu warf sie das Tintenfass noch auf den Boden und hielt sich dann die Hand aufs Herz. „Haytham, bist du eigentlich wahnsinnig geworden, mich so zu erschrecken! Bei Odin!“ mit einem Blick auf den Teppich entschuldigte sie sich noch für den Fleck. „Mi sol, ich bin weiß Gott nicht wahnsinnig, ich bin nur sehr leise. Ich wollte dich nicht stören, ich fand den Anblick, dich in deiner Arbeit so vertieft zu sehen, faszinierend.“ dann schritt ich hinter sie und versuchte aus ihren Notizen schlau zu werden. Leider konnte ich mir keinen Reim darauf machen, geschweige denn, worum es ging herauslesen und was genau meine Verlobte eigentlich suchte. Mir fiel diese etwas seltsame Schrift aber auch, rund aber irgendwie kantig. Ganz anders als meine zum Beispiel. Als ich sie darauf ansprach, sah sie mich erstaunt an.

„Oh, findest du? Und ich dachte noch, ich hätte eine sehr schöne Schrift!“ meinte sie gespielt beleidigt. „Und ich habe ja auch nur ein paar Gedanken niedergeschrieben, ich wollte ja jetzt keinen Preis für die schönste Handschrift bekommen, mi amor!“ Diese Frau hatte nicht nur ein loses Mundwerk, sondern konnte auch noch richtig frech werden, denn sie streckte mir auch noch die Zunge mit einem breiten Grinsen raus! Na warte! Ich ließ meine Hände über ihren Hals und ihren Ausschnitt wandern und ich konnte meine Verlobte förmlich zerfließen sehen. Ich zog sie einfach hoch und setzte sie auf die Arbeitsfläche, stellte mich vor sie und griff in ihren Nacken. Mein Kuss war fordernd und ich hätte sie jetzt gerne hier und jetzt gehabt, doch mir wurde bewusst, dass das nicht ging, wir waren hier nicht alleine. Ihre Beine aber zogen mich an sie und in meinem Gehirn herrschte wieder einmal die völlige Leere.

Diese Frau machte mich wahnsinnig und bevor sie noch etwas sagen konnte, zog ich sie einfach hinter mir her in mein Schlafzimmer. Mit Schwung schmiss ich die Tür zu und drückte Alex dagegen, hob sie hoch und schob ihre Röcke zur Seite. Bevor sie noch ein Wort sagen konnte, nahm ich sie und ein lautes Stöhnen ihrerseits zeigte mir, dass sie ebenso dieses Verlangen hatte. In diesem Moment nahm ich sie, ohne groß Rücksicht zu nehmen, ich wollte Befriedigung, sonst würde ich den Rest des Tages nicht mehr klar denken können. Langsam kamen wir beide wieder zu Atem und in ihren Augen lag wieder dieser selige Glanz! „Was tut ihr nur mit mir, Master Kenway? Wie ist das möglich, dass ich die Finger nicht von euch lassen kann?“ Woher sollte ich das wissen, umgekehrt war es ja nicht anders und für ihr schändliches Verhalten mich verrückt zu machen, sollte sie bestraft werden. Wir verschoben das Ganze aber erst einmal und gingen, nachdem wir wieder vorzeigbar waren, hinunter zum Mittag!

Kapitel 17

*** Zweifel und Todsünden ***




Während des Essens erzählte ich von dem Treffen mit Master Pitcairn und auch von dessen noch vorherrschenden Zweifeln Shay gegenüber. Ich nutzte diese Zeit ebenfalls, um ihr zu erklären, dass wir uns alle am späten Vormittag direkt vor der Dreifaltigkeits Kirche treffen werden, die Trauung findet gegen 11 Uhr statt. Als ich Alex gerade sagen wollte, wo ihr Platz in der Kirche sein wird, kam einer der Diener und meldete ihre Schneiderin und meinen Schneider.

Ich würde morgen meine Meistertemplermontur tragen, welche jetzt hier und da ausgebessert werden musste, vermutete ich einfach. Ansonsten wäre nichts daran zu ändern. Meine Verlobte würde mich dann auch das erste Mal in dieser Aufmachung zu Gesicht bekommen, schoss es mir in den Kopf. Ich musste ein wenig grinsen, Alex hatte schon einige Male angemerkt, dass ich wohl eine Vorliebe für die Farbe Blau hatte. Da hatte sie durchaus recht, warum ich sie hatte, kann ich aber nicht erklären. Diese Montur für morgen wäre ähnlich dem Blau meines in Frankreich gefertigten Gehrocks, bei welchem sie schon bemerkt hatte, dass das Material eben nichts alltägliches war.

Der Schneider fuchtelte um mich herum, aber kam zu dem Schluss, dass wirklich nur Kleinigkeiten daran zu machen wären. Er nähme die Garderobe jetzt mit und brächte sie morgen früh gleich wieder hierher. Als ich auf die Galerie trat, kam auch Alex mit Frau Fischer aus dem Schlafzimmer und die beiden Frauen zwinkerten sich zu, während die Schneiderin sich verabschiedete. „Mi amor, sie wird mein Hochzeitskleid nähen! Schau nicht so erstaunt!“ Na, da war ich ja beruhigt. Doch meine Verlobte bat eines der Mädchen mit nach oben zu kommen, weil sie noch über die Frisur sprechen musste. Wenn es nach mir ginge, sollte sie ihre Haare einfach offen lassen, ich fand, das stand ihr am besten.

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und fing an ihre Notizen zu lesen. In diesem Moment war ich für meine Sprachkenntnisse sehr dankbar, weil ich auch dem Deutschen mächtig war und ich muss gestehen, Alex hatte eine interessante Art sich auszudrücken. Auch wenn es nur Gedanken für sie selber waren, ihr Wissen ging tatsächlich ein ganzes Stück über meines hinaus. Was sicher ihrer Zeit geschuldet ist, denn sie MUSSTE ja mehr wissen und lernen, weil es mehr Geschichte gab. Plötzlich hörte ich ihre Stimme neben mir und ihre Hand legte sich auf meine Schulter. „Haytham, ist alles in Ordnung? Du siehst gerade aus, als hätte ich etwas Schlimmes aufgeschrieben!“ Wie zur Beruhigung legte ich meine Hand auf die ihre und drückte sie.

Ich äußerte meine Gedanken bezüglich ihres doch sehr umfangreichen Wissens und dass ich es faszinierend fand, in welche Richtung sich ihr Geist bewegt! Als ich aufsah, hatten ihre Wangen eine leichte Röte angenommen und sie druckste ein wenig herum bei den nächsten Worten. „Danke, mi amor. Es liegt einfach daran, dass ich tatsächlich mehr behalten musste. Alleine schon geschichtliche Hintergründe, oder auch was Bücher und Musik zum Beispiel angeht. Doch für mich ist das Normalität! Und... du machst mich mit diesem Kompliment gerade verlegen!“ Vorsichtig zog ich sie auf meinen Schoß und erklärte noch einmal, dass ich Komplimente durchaus ernst meinte und sie es ruhig annehmen solle. Zumal ich dankbar dafür war, dass ich jemanden an meiner Seite habe, der auch tiefgründigere Gespräche mit mir führen kann und eine Meinung hat. Ihre Wangen nahmen immer mehr eine sehr gesunde Farbe an. Auf meine Frage, ob ich sie jetzt sprachlos gemacht hätte, was tatsächlich mal eine Sensation wäre, kam nur ein „Ich … ja, ich glaube das hast du. Und ich könnte dir zum Beispiel durchaus noch so einige Bücher empfehlen, die dir gefallen könnten. Wie du sicherlich bemerkt hast, kann ich schlecht an Lesestoff vorbei gehen, ohne nicht wenigstens einen kurzen Blick darauf geworfen zu haben!“

Das glaubte ich ihr aufs Wort, es fiel jedem sofort auf, dass sie Bücher liebte. Darauf angesprochen, dass sie eine Einigung oder Verbindung von Orden und Bruderschaft anstrebte und ob sie glaubte, es würde funktionieren, erklärte sie es mir mit den Worten „Ich weiß es nicht, aber ich will es versuchen. Du solltest wissen, dass ich die Templer brauche, ich muss die Archive einsehen. Ansonsten komme ich keinen Schritt weiter mit den Forschungen. Wir haben zwar schon jemanden eingeschleust, aber ich möchte nicht immer diese Heimlichtuerei haben. Du weißt ja, ich und mein Gewissen!“ Dieses schlechte Gewissen war mir auch schon aufgefallen, gerade als es um meine Tagebücher ging. Aber auch das wäre etwas, was Alex noch lernen musste in besonderen Situationen abzulegen. Es war halt nicht immer angebracht! Nun wurde ich für meinen Einsatz als Lehrmeister für sie gelobt und sie gab mir einen dieser Küsse, die ich zu gerne... aber ich schweife schon wieder ab.

In ihren Aufzeichnungen hatte ich über die Todsünden gelesen und wir überlegten gemeinsam, ob sie wirklich mit diesen Wesen in Verbindung stehen konnten. Sicherlich wäre der Hass mit von der Partie, wir vermuteten, dass genau so etwas mich besetzt hatte. Doch wie verhielt es sich dann mit Habgier, Wollust oder Neid? Die Wollust verdrängte ich in diesem Moment, der Gedanke, dass wir beide davon befallen waren, drängte sich mir unweigerlich auf und ich musste grinsen.

Ich hoffte für Alex, dass sie diese Einigung oder diesen Waffenstillstand erreichen konnte, damit sie in ihrer Arbeit vorankam. Ich für meinen Teil wünschte mir dieses auch hier, doch das würde noch warten müssen! „Das hoffe ich auch, meine Tätowierung sollte genau DAS darstellen und war nicht nur einfach aus einer Laune heraus. Du solltest wissen, ich mache selten Dinge unüberlegt.... und nein... das mit der Jackdaw war was anderes...“ Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Es war einfach unglaublich unüberlegt von ihr gewesen damals, das musste meine Verlobte zugeben! Doch ich schob sie von meinem Schoß und wir gingen in die Küche, holten uns Gläser und eine Flasche Portwein. Dann saßen wir wieder draußen auf der Mauer und genossen diese Stille und einfach diese Zweisamkeit.


 

*** Die Hochzeit Teil 1 ***




Wie immer war ich vor ihr wach und ließ wieder einen ausgiebigen Blick über sie gleiten und konnte mich kurzerhand nicht länger zurückhalten. Vorsichtig nahm ich ihre Arme und hielt sie über ihrem Kopf mit einer Hand leicht fest und mit der anderen begann ich ihren Körper zu erforschen. Und wie vermutet schlug sie verschlafen die Augen auf, aber sofort erschien ein Lächeln. Meine Bemerkung, dass ich froh bin, das sie jetzt wach war, weil ich sie ansonsten hätte einfach so überfallen müssen, quittierte sie mit einem süffisanten „Gegen ein bisschen überfallen werden hätte ich nichts!“ Dann erst bekam sie mit, dass sie sich nicht wirklich bewegen konnte und ich konnte mir ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Das hatte sie sich so gedacht, mit einem Schwung war ich zwischen ihren Schenkeln und hielt sie unter mir fest.

Wiedereinmal genoss ich ihre Hingabe und „Lernbereitschaft“. Als ich dann auch noch atemlos meinte, sie müsse noch sehr viel lernen, weil mir auffiel, dass sie sich gerne unter mir wandte wie ein Aal, kam sie mit einem lauten Aufstöhnen und auch ich ließ los. „Ich glaube auch, Master Kenway, auch wenn der Unterricht mit euch sehr... nunja, intensiv ist!“ Wie ich doch diese Worte liebte aus ihrem Mund mit diesem Akzent! Ihre Arme waren wieder frei und schon schlangen sie sich um mich und sie hauchte mir ein „Ich liebe dich, Haytham“ auf meine Lippen! Ich würde sie immer lieben und das sollte sie nie vergessen!

Leider war es an der Zeit, dass wir aufstanden. Zuerst das Frühstück und dann mussten wir uns für die Hochzeit fertig machen! Was soll ich sagen, ich beneidete den Kaffee für diese Effekte, welche er bei meiner Verlobten hervorrief. Als mich dann Jones anfing einzukleiden, war ich doch ein wenig nervös. Es wäre das erste Mal, dass ich mit Alex offiziell in der Öffentlichkeit stand. Das erste Mal wurde sie als meine Verlobte vorgestellt und für einen Moment hatte ich diesen Wunsch, gar nicht dort zu erscheinen. Einfach nur um ihr diese Strapazen zu ersparen, weil ich wusste, dass ausschließlich der Orden anwesend sein würde. Aber ich war dennoch zuversichtlich, dass meine Verlobte wusste sich dadurch zu manövrieren, denn sie war nicht alleine, ich stand ihr zur Seite.

Als ich jetzt in meiner Montur vor dem Spiegel stand, fragte ich mich, wie unsere Hochzeit dann in ein paar Jahren aussehen würde. Ich hatte nicht vor, viel Aufsehen zu erregen, ich wollte einen kleinen Rahmen. Es ging mir einfach darum, diese Frau endlich ganz haben zu können. Das mag sich im ersten Moment ein wenig falsch anhören, doch solange wir nicht getraut waren, galt unsere Beziehung als schändlich. Auch wenn wir verlobt waren, das was wir hier in meinem Schlafzimmer bereits taten, gehörte sich eigentlich nicht. Es war mir nur herzlich egal, es erfuhr ja niemand. Doch ich schweife schon wieder ab.

Ich atmete tief durch und ging hinüber zu meiner Verlobten, gerade rechtzeitig als Angelina das Schlafzimmer verließ. Als ich eintrat, betrachtete Alex sich staunend im Spiegel und ich sie auch, weil mir der Mund offen stand. Sie sah umwerfend in diesem Kleid aus und ich hätte sie gerne umgehend zum Altar geschleift! Doch auf ihrem Gesicht lag eine gewisse Trauer und ich konnte sie wieder lesen. Wenn wir heiraten, wäre sie alleine, ich konnte förmlich sehen, dass ihr dieser Gedanke das Herz brach und es tat mir ebenso weh. Dennoch fragte ich, ob alles in Ordnung sei, um Ablenkung bemüht und mit einem erschrockenen Ausruf drehte sie sich zu mir um und starrte mich von oben bis unten an.

In ihrem Blick sah ich, dass ihr der Auftritt in dieser Garderobe meine Autorität gerade wieder zeigte, was damit ja auch angedacht war. „Haytham... ich... du siehst fantastisch aus... ich... weiß nicht was ich sagen soll!“ Jetzt war es an mir, ein wenig rot zu werden, ihre Ehrlichkeit war einfach hinreißend und ich konnte dieses Kompliment einfach nur zurückgeben. Wir hatten die richtige Wahl mit dem Kleid getroffen und ich war stolz auf meine Verlobte und freute mich wie ein verliebter Bengel, sie in der Öffentlichkeit neben mir zeigen zu können.

Unten im Eingangsbereich fiel ihr Blick dann auf meine Unterarme und eine hochgezogene Augenbraue folgte. Sie hatte doch nicht gedacht, dass ich bis an die Zähne bewaffnet auf der Hochzeit erscheine. Aber Sitten und Gebräuche aus unserer Zeit schienen an einigen Stellen falsch überliefert worden zu sein. Die einzige Waffe die ich obligatorisch trug, war mein Schwert. Mehr nicht... es gehörte sich einfach nicht.

Nun ging es mit der Kutsche zur Kirche, wo sich bereits eine riesige Menschentraube befand. Das musste ich Faiths Großmutter lassen, sie hatte ein Händchen für große Auftritte. Geld spielte keine Rolle, damit konnte man fast alles kaufen und ich betone dieses fast, denn aus eigener Erfahrung wusste ich, dass es nicht immer so leicht war! Alex wurde immer nervöser, doch hielt sich tapfer und als ich ihr aus der Kutsche half, stand sie mit erhobenem Haupt neben mir und wir gingen Richtung Eingang.

Kapitel 18

*** Die Hochzeit Teil 2 ***




Auch hier war das Bild präsent, welches Familie Williams gerne bot. Nichts ist teuer genug! Es war etwas ermüdend, denn... diese Prahlerei lag mir nicht, ich hatte es anders gelernt. Mein Vater und auch Reginald, hatten mich anderes gelehrt. Ich konnte auf unsere Einnahmen zählen und wusste, woran ich war. Es war beständig und ich war nicht jemand, der es gerne nach außen trug!

Wir gingen den Mittelgang der Kirche entlang und ich sah, wie sich die Anwesenden umdrehten, hörte das Getuschel, sah diese skeptischen und teilweise vernichtenden Blicke auf Alex gerichtet. Wir mussten da durch, ich war es nicht unbedingt Shay oder Faith schuldig, doch es war eine dieser Veranstaltungen, welche man einfach hinnahm. Die Situation war einfach etwas schwierig, aber man hatte uns keine andere Wahl gelassen und ich hoffte für meine Verlobte, dass sie nicht zusammenbrach. Denn … es war stellenweise schon unverschämt, was man an Wortfetzen hörte und ich fragte mich mal wieder, wo die Manieren dieser ach so reichen und gut erzogenen Menschen geblieben waren! Geld ist nicht alles, ging es mir wieder durch den Kopf und diese Oberflächlichkeiten waren mir ein Graus. Mit einem einzigen Blick konnte ich sehen, dass es Alex genauso ging.

Doch plötzlich triumphierte ihr Blick und ich konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie die Damen, welche unverheiratet anwesend waren, mahnend ansah, dass ich ihr gehörte. Alex hatte dieselbe Einstellung wie ich auch und es tat gut, dass sie mich ebenso an ihrer Seite haben wollte. Als wir vorne am Alter ankamen musste ich sie leider alleine lassen, nachdem wir Faiths Großmutter noch begrüßt hatten. Ich sah nur noch, wie Jack sich neben ihr niederließ, doch ich konnte mir denken, dass man ihn beauftragt hatte, meine Verlobte im Auge zu behalten. Es würden vermutlich noch Monate wenn nicht sogar Jahre vergehen, bis dieses Misstrauen ein wenig abklang.

Ich gab Alex noch einen Kuss und drückte sie an mich, ehe ich mich Master Cormac zuwandte. Doch ich ließ sie nicht aus den Augen, auch nicht, als meine kleine Schwester ihren Auftritt hatte. Sie war in diesem Moment nicht wichtig, ich wollte die Sicherheit für meine zukünftige Frau und sah unentwegt auf die zweite Reihe hinter Lady Melanie. Diese grünen Augen ließen mich ebenso nicht los und so überhörte ich eigentlich die gesamte Zeremonie und erst als die Brautleute die Kirche verlassen wollten, setzte mein Verstand wieder ein. Mit schnellen Schritten war ich bei Alex und sie hakte sich dankbar bei mir unter. Der Auszug aus der Kirche war lang und … was soll ich bitte sagen, es lag mir einfach nicht. Ich mochte dieses theatralische nicht, ich war eben dazu erzogen worden, dass man bodenständig war. Und ich sah, dass auch Mrs. Frederickson nicht besonders angetan von dieser Art Verherrlichung war. Und genau in diesem Moment wusste ich, warum mein Vater Alex mir zur Seite stellte! Wir waren uns in vielen Punkten mehr als ähnlich und wollten nicht im Vordergrund stehen, auch wenn ich meine Position als Großmeister inne hatte, so war es doch immer noch in der Öffentlichkeit eine ganz andere Sache!

Wir bestiegen nun wieder unsere Kutsche und fuhren zum Anwesen von Lady Melanie. Ich instruierte Alex noch einmal kurz, mehr konnte ich nicht tun und Gist und Jack waren keine große Hilfe in diesem Moment muss ich dazu sagen. Sie machten noch mehr Panik, da sie nicht wussten, woher meine Verlobte eigentlich kam. Doch Alex ließ sich nichts anmerken und als wir ausstiegen, spürte ich diese Ruhe über ihr und diese legte sich auch über mich. War es mein Vater, der dieses Gefühl heraufbeschwor?

Wir beglückwünschten die Eheleute und ich nahm wahr, das Alex mehr als zurückhaltend war, sogar sehr sehr kalt ihre Glückwünsche aussprach. Doch das war, in meinen Augen, mehr als verständlich. Man bedachte sie immer mit skeptischen Blicken, dummen Bemerkungen und, wie soll ich es sagen, sie war wie der bunte Hund in der Gemeinde. Eines der neuesten Gesprächsthemen. Gerade auch, weil ich eine „gute Partie“ ausgeschlagen hatte, doch seien wir ehrlich, diese Sophia war einfach langweilig und hatte nichts zu sagen! Wie sollte ich damit leben können? Ich bevorzugte, und jetzt muss ich etwas unfair werden, Frauen, welche einfach ihren eigenen Kopf hatten. Ziio hatte mich diesbezüglich gelehrt und ich fand genau diese Einstellung auch bei Alex wieder.

Wenn ich jetzt noch einmal über diese Zeilen lese, dann merke ich, dass ich mit den einfachen, auch wenn sie aus höheren Kreisen stammen, Frauen nichts anfangen konnte. Ich brauchte und wollte jemanden an meiner Seite, der eine Meinung hatte, jemanden der mir auch mal den Kopf zurecht rückte. Doch ich schweife schon wieder ab, aber ich gebe die Schuld gerne an meine Verlobte weiter, welche mich nachdenken lässt!

Das Essen und die Ansprachen waren wie alle anderen auch, wenn man nicht persönlich involviert war, eher belanglos. Ich möchte nicht überheblich klingen, doch die ganze Vorgeschichte hatte mich etwas erkalten lassen und ich war immer noch nicht gut zu sprechen auf Faiths Großmutter, sie war die Person, welche glaubte mich mit meinen 35 Jahren immer noch herum kommandieren zu können. In meinen Augen ging das jetzt zu weit, ich konnte Gut von Böse unterscheiden und hatte eine doch sehr repräsentative Stellung inne im Orden, zumal ich einen neuen Zweig inne hatte, welchen ich ausbauen sollte! Aus diesem Grunde würde ich in Zukunft ein wenig Abstand halten, so leid es mir auch für meine kleine Schwester tat. Doch es ging nicht anders! Wir gehörten verschiedenen Interna an!

Ich musste mir eingestehen, dass mich Master Williams nach dem Tod von Vater wie seinen Sohn sah, auch wenn ich es in den jungen Jahren noch nicht so wahrgenommen hatte. Doch war ich der Familie deswegen etwas schuldig? In diesem Moment dachte ich wieder über Alex nach, warum konnte ich mich nicht an die Zeit, wenn es auch nur ein paar Tage waren, erinnern? Ich hatte kein Bild von ihr vor Augen, die Brig sah ich... ich sah meine Vater, Mutter und auch Jenny. Doch... Mrs. Frederickson war immer noch wie ausgelöscht. Doch meine Gedanken gehen schon wieder in die falsche Richtung...

Alex und auch ich hielten uns von Alkohol fern, bei ihr war es leider das Korsett welches sie hinderte und bei mir war es eher die Vorstellung, was ich später noch vorhatte, mit meiner Verlobten in meinem Schlafzimmer. Ich arbeitete im Laufe dieses Abends einfach die Liste der mir bekannten Menschen ab, stellte Alex vor und es ging munter weiter. Es schien keine Ende zu nehmen!

Alex war im Laufe der Zeit beschlagnahmt worden und war von den anderen Frauen herumgereicht worden. Im Stillen betete ich, dass alles ohne Vorkommnisse verlief und so war es auch! Ich musste mich indes den Herren hier gegenüber rechtfertigen, doch ich nahm durchweg positive Äußerungen bezüglich meiner Verlobten auf. So sollte es sein und ich entspannte mich ein wenig. Verständlicherweise waren sie alle neugierig und begierig darauf, zu erfahren, wer da an meiner Seite aufgetaucht ist. Wir behielten die Geschichte, welche wir Lady Melanie aufgetischt hatten aufrecht, darüber waren Alex und ich uns noch einig geworden. So kamen keine Ungereimtheiten auf!

Das nächste Essen stand an und ich bemerkte mal wieder, dass meine Verlobte sehr zögerlich aß. Auf meine Frage, ob es ihr nicht gut ginge, bekam ich eine ihrer flapsigen Antworten. „Wonach mein lieber Schatz sieht es denn aus? Dieses verfluchte Korsett hindert mich am Essen, obwohl ich gerne eine Grundlage für den Alkohol hätte!“ Und meine Mahnung, eben diesem dann nicht so zu zusprechen, verhallte in ihrem Kommentar, dass es ihr egal wäre, wenn sie dann umfällt. Master Gist neben ihr fand diese Äußerung ebenfalls sehr amüsant und stimmte ihr leicht lallend zu! Das erste Mal hörte ich sie jetzt lachen und ich hätte meine Verlobte am liebsten an mich gedrückt, doch das musste warten.

In den nächsten Stunden kam der Eröffnungstanz der Brautleute und danach die obligatorischen Tänze mit eben den Ehrengästen. Als ich Alex an Lucius übergab, hatte ich schon fast ein schlechtes Gewissen, denn er musterte sie scharf. Doch auch dieses Prozedere ließ sie über sich ergehen ohne zu murren. Und endlich hatte ich ebenfalls die Gelegenheit, mit ihr tanzen zu können und ich war mehr als erstaunt, dass sie es völlig fehlerfrei hin bekam. Dann war in ihrer Zeit ja doch nicht Hopfen und Malz verloren. Diese Momente mit ihr in meinen Armen genoss ich ganz bewusst und prägte sie mir mal wieder ein.

Doch so leicht kamen wir nicht aus diesen Feierlichkeiten heraus, von Weitem sah ich eine junge Frau auf uns zueilen. Das war also Miss Sophia? Ich vermutete es, denn sie pöbelte gleich Alex an. „Ach, ihr seid also dieses Weib, welches mir meine Begleitung abspenstig gemacht hat! Was fällt euch ein, einfach so hierher zu kommen und euch einzumischen. Ihr habt kein Recht dazu!“ In ihren Augen sah ich, dass sie dem Champagner anscheinend sehr zugesprochen hatte und jetzt sah sie zu mir und in ihrem Blick erkannte ich, dass sie mich gerade lieber alleine haben wollte. Alex wäre nicht meine Verlobte, wenn sie sich nicht dazwischen stellen würde. In ihren Worten lag eine Kälte und ein so harscher Befehlston, dass ich befürchtete, Miss Sophia könnte davon tot umfallen. „Miss Sophia ich muss doch wohl sehr bitten. Sucht euch einen geeigneten Gatten und lasst uns ins Ruhe!“ In diesem Moment fühlte ich mich, auch wenn es sich seltsam anhören mag, geschmeichelt.

Ich ging aber nun dazwischen, klärte Miss Sophia bezüglich meiner Verlobung auf und dass sie sich an Lady Melanie für weitere Fragen und Schimpftiraden wenden sollte. Mit diesen Worten ließ ich sie jetzt stehen und Alex hakte sich bei mir unter und fragte kichernd „Die Frauen lieben dich, Haytham! Was soll ich denn bitte davon halten?“ Ich erklärte ihr, dass ich diversen Damen den Laufpass geben musste, was mir auch immer wieder vorgehalten wurde. Aber ich konnte meine Verlobte beruhigen und ich versicherte, dass ich ihr treu war, ich hatte es schon einige Male bemerkt, dass sie sich diese Frage stellte. Ich liebe diese Frau, mit allen dazugehörigen Konsequenzen!

Mit einem liebevollen Lächeln sah sie zu mir auf und gab mir einen Kuss. „Mi amor, ich brauche aber trotzdem kurz frische Luft!“ meinte sie leise und wollte schon alleine hinaus gehen. Doch ich ging mit ihr in den Garten und wir folgten dem Kiesweg zum Pavillon in der Mitte des Gartens. Erleichtert seufzte Alex, streckte die Füße aus und lehnte sich an meine Schulter. Vielleicht bin ich zu übervorsichtig, doch ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei, ich erwähnte es vermutlich schon. Mein Repertoire an Kenntnis für Frauenbelange hatte seine Grenzen und ich musste erst noch lernen. Doch sie beruhigte mich. Ihr täten vom vielen Stehen und Tanzen die Füße weh in diesen Schuhen, auch kam mal wieder das Korsett zur Sprache. Ihre persönliche Hölle auf Erden, so nannte sie es.

Mein Vorschlag, dass ich sie wohl schleunigst daraus befreien sollte, stieß auf große Zustimmung ihrerseits und ihre Arme legten sich um meinen Hals. Ich beschloss, dass wir wirklich lange genug an der Hochzeit teilgenommen hatten und uns verabschieden könnten. DAS musste ich noch, da ich als Großmeister wie gesagt gewisse Dinge beachten und einhalten musste. Wir fanden das Brautpaar aber nicht mehr, also verabschiedeten wir uns lediglich von Lady Melanie und Master Williams.

Kapitel 19

*** Gib mir Zeit, mich daran zu gewöhnen! ***



In der Kutsche angekommen, schien Alex regelrecht zu erwachen und ich bekam auch eine Erklärung dafür. „Ich bin erleichtert, ich habe meinen ersten offiziellen Abend mit dir hinter mich gebracht. Das ist doch eine kleine Anerkennung wert oder nicht?“ ich musste dabei grinsen, sie sah mich nämlich so erwartungsvoll an, dass ich sie einfach loben musste. Ich war wirklich stolz auf sie, denn Alex hatte fehlerfrei diesen Auftritt gemeistert, sogar ihr loses Mundwerk hatte nicht zugeschlagen!

Als wir endlich zuhause ankamen, war es bereits nach Mitternacht und auch mir taten mittlerweile die Füße weh und ich freute mich auf bequemere Sachen, als meine Montur. Mrs. Wallace begrüßte uns wie gewohnt freudig und dann kam eine Frage von Alex, mit der ich weiß Gott nicht gerechnet hatte. Warum Sybill noch auf war und auf uns wartete! Meine Haushälterin sah sie erstaunt an und erklärte einfach, dass es sich so gehörte. Man warte bis der Hausherr wieder zugegen war und warte dann auf eventuelle Wünsche oder eben, dass man für den Abend entlassen war.

Meine Verlobte sah mich fragend an und ich erinnerte sie daran, dass sie es doch selber noch wissen musste. Schließlich war sie in einer ähnlichen Anstellung, auch wenn es nur kurz war. Als sie jetzt Sybill für die Nacht entließ, mit einem freundlichen jedoch auch bestimmenden Ton, konnte ich mir einen gewissen Stolz nicht verkneifen. Sie lernte schnell, auch wenn es noch eine Weile dauern würde, bis alles sitzt.

Oben im Schlafzimmer half ich meiner Verlobten aus dem Kleid, doch mir ging die Frage durch den Kopf, warum es so schwer für sie sei, Hilfe zuzulassen, von Menschen die ihr ja nur das Leben erleichtern wollten. Auch versuchte ich ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, ich wusste das hatte sie. Meine Angestellten bekamen guten Lohn und hatten freie Tage und bei Krankheit, war derjenige ebenfalls entschuldigt. „Das weiß ich Haytham. Doch... es fällt mir schwer und ich brauche Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Normalerweise mache ich alles alleine. Abwasch, Wäsche, Kochen, Aufräumen, Kindererziehung... ich bin mein eigener Chef wenn du es so willst. Ich kenne es nicht anders.“ langsam ließ sie sich bei diesen Worten aufs Bett sinken und in ihren Augen lag eine gewisse Sehnsucht nach ihrem Sohn.

Wirklich nehmen konnte ich ihr diese Verlustängste nicht. Doch sie war eine gute Mutter und das würde Yannick auch wissen. Alex musste nur lernen jetzt loszulassen und etwas anderes anzunehmen, auch wenn es schwer fällt. Ich versuchte es meiner Verlobten weiter zu erklären, mit Argumenten und Beispielen, an ihrer Haltung sah ich, dass sie keinerlei Gegenargumente mehr hatte. Als meine Verlobte mich bat, dass ich ihr dafür einfach Zeit lassen solle, stimmte ich ihr zu, auch wenn es für mich schwer wurde, weil ich es umgekehrt nicht anders kannte.

„Haytham, darf ich dich etwas fragen? Bezüglich deiner Kindermädchen und ich weiß um die Geschichte mit Digweed und Betty, wenn du es wissen willst. Aber war es für dich nicht seltsam oder eigenartig, dass deine Eltern sich nicht direkt um dich gekümmert haben? Versteh mich bitte nicht falsch, aber das frage ich mich schon seit langem.“ Auch so eine Frage, welche für mich einfach schwer zu erklären war. Es war ja für mich damals völlig selbstverständlich und auch normal, da wiederhole ich mich. Doch mir dämmerte, worauf Alex ansprach. Wenn meine Eltern doch Angestellte hatten und Zeit hatten, warum mussten dann Kindermädchen meine Erziehung mit übernehmen.

Die Aufgaben meiner Mutter entzogen sich meiner Kenntnis leider und Vater hatte halt geschäftlich viel zu tun und mittlerweile wusste ich auch, warum er oft tagelang und wochenlang nicht zuhause war. Etwas frustriert saß ich jetzt neben ihr und hatte meinerseits kein richtiges Argument im Moment. „Mi amor, ich wollte dich nicht ärgern. Aber genau das ist es doch. Warum soll ich mir Arbeiten abnehmen lassen, wenn ich doch Zeit dazu hätte. Und ich kann dir versichern, dass ich es genossen habe, Yannick aufwachsen zu sehen. Ich fand jeden Moment mit ihm großartig und konnte sehen, wie er mit jedem Tag wuchs und sich entwickelte. Und ich weiß, Tessa war genauso!“ Manchmal konnte diese Frau sehr direkt sein, es klang nämlich plötzlich, als würde sie meine Erziehung in Frage stellen! „Nein, das meinte ich damit nicht, aber... Haytham... ich bin keine Angestellten oder Diener gewöhnt. Es ist mir unangenehm! Ich gebe ungerne meine Arbeiten ab, ich mache lieber selber Fehler! Deine Erziehung hat damit nichts zu tun... auch wenn ich … Bei Odin... du warst halt einfach verwöhnt … und hast mich zur Weißglut getrieben!“ kam es jetzt leicht grinsend von Alex.

Wieder kam mir dieser Gedanke, dass es seltsam war, dass SIE mich so lange kannte und ich fühlte es auch in mir, aber ich hatte kein Bild von ihr in meinem Kopf. Als ich sagte, dass ich mich aber gerne erinnern wollen würde, sah ich ihr bittend in die Augen. „Aber was soll ich denn machen, ich kann dich schlecht in deine Vergangenheit schicken, oder?“ Doch das konnte sie, aber ich wusste auch, dass so eine Reise sicherlich zu Risikobehaftet war. „Haytham, vertrau mir einfach. Deine Erinnerung wird sicherlich zurückkommen. Da bin ich von überzeugt. Auf der anderen Seite, du musst dich ja nicht an mich erinnern, denn... irgendwie wäre es schon eine seltsame Konstellation dann, oder? Ich bin zwar immer noch älter als du, aber...“ ihr Lächeln versöhnte mich wieder und ich teilte ihr mit, dass mir unser Altersunterschied durchaus gelegen kam.

Ich erhob mich, ich hatte den ganzen Tag über daran gedacht, was ich mit dieser Frau anstellen wollte und als ich jetzt so auf sie hinuntersah, kam ein erschrockenes „Haytham, was hast du vor?“ aus ihrem Mund. Mit einer Hand zog ich sie hoch und befreite uns beide von den letzten Kleidungsstücken, während ich ihre Lippen mit Küssen bedeckten.

Sie zerfloss innerlich schon wieder, was mich zufrieden stimmte und ich sie einfach nehmen konnte. Es war wieder wie ein Rausch, denn es hatten sich so viele Gefühle in den letzten Stunden angestaut, dass ich nur sehr schwer an mich halten konnte. Doch ich wollte sehen und fühlen, wie sie kam und wollte diese Momente festhalten. Alex ließ wieder zu, dass ich sie führte und ich genoss diese Hingabe. Als sie selig lächelnd später zu mir auf sah, konnte ich ihn ihren Augen diese Erkenntnis sehen, dass sie sich richtig entschied, ganz zu mir zu kommen. Mit diesem wohligen Gedanken, dass es geschehen wird, nicht bald, aber es wird passieren, schlief ich ein.


 

*************



Ich wurde von einem Zittern neben mir geweckt und instinktiv zog ich die Decke weiter über uns. Auf meine Frage, ob Alex fror bekam ich aber eine andere Antwort. „Es ist alles in Ordnung, doch ich hatte nur... also... ach verdammt...!“ und damit hatte sie meine flache Hand auf ihrem Po, diese lose Zunge sollte Alex dringend zügeln, doch ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Es ist zu früh für Belehrungen, mi amor. Lass mich noch ein wenig schlafen!“ Ach, wer hat mich denn geweckt? Also konnten wir auch diesen trüben Morgen etwas verjagen und ich zog Alex auf mich und sie fragte nur, wie sie es wieder gut machen konnte, mich aus dem Schlaf geholt zu haben. Doch sie spürte bereits, WIE sie mich besänftigen konnte und wir ließen uns einfach treiben!

Ich schlang wieder meine Arme um meine Verlobte und langsam kamen wir wieder zu Atem. Dann stahl sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht und ich musste einfach nachfragen, meine Neugierde war dann doch zu groß. Und ich hätte es mir denken können, sie hatte an den morgigen Kampf mit Faith gedacht und wieder einmal fragte ich, ob dass wirklich von Nöten sei! „JA, es muss sein, denn sonst wirst du die nächsten Jahrhunderte heimgesucht werden, Master Kenway!“ Mit einer Handbewegung wollte ich sie schon von mir scheuchen, damit wir ihr eine ordentliche Montur beschafften, doch sie blieb standhaft. „Was? Nein... ich habe eine und... noch brauche ich sie!“ kam es nur entrüstet und ihr Kuss brachte mich dazu, es dabei zu belassen und wir verbrachten noch eine ganze Weile hier im Schlafzimmer!

Kapitel 20

*** Übung macht den Meister ***




Doch wir konnten schlecht den ganzen Tag im Bett verbringen, auch wenn mir ehrlich gesagt einfach danach war, gerade auch, weil mich dieses Weib verrückt machte. Aber stattdessen orderte ich ein neues Training an, ich wollte ihr noch den ein oder anderen Kniff zeigen, um sich zu verbessern. Und als ich die Stimme meines Vaters plötzlich vernahm, der mir zustimmte, war das Bestätigung genug für mich! Du bist sehr zuversichtlich, Mrs. Frederickson. Doch ein bisschen mehr körperliche Stärke kann nicht schaden! In Alex´ Augen sah ich, dass sie sich genau über dieses Einvernehmen ärgerte. „Da seid ihr euch wieder einig, na toll!“ Alex war wirklich sauer und ich musste einfach lachen, sie sah dabei einfach hinreißend aus. „Du willst wirklich noch einmal mit mir trainieren? Bist du dir sicher?“ Zumindest hatte ich ihren Kampfgeist jetzt geweckt.

Doch bevor wir am Exerzierplatz ankamen, bemerkte sie noch etwas. „Wenn du meinst, aber denke daran, dass ich morgen antreten muss. Ich kann keine Blessuren oder so gebrauchen und ich kenne dich, du nimmst nur bedingt Rücksicht, Haytham... ich weiß es!“ Wo dachte sie denn hin, ich würde sie schon nicht so stark fordern, nur ein bisschen vielleicht!

Am Trainingsort angekommen, zog ich unvermittelt einfach mein Schwert und fing an, sie anzugreifen. Da Alex damit nicht gerechnet hatte, sah ich, dass sie große Schwierigkeiten hatte, in diesen Kampf zu kommen. Doch es dauerte nicht allzu lange, da konnte ich ihren Kampfgeist spüren, doch es war nicht mein Vater, der sie dadurch brachte. Es schien, als würde sie eigenständig kämpfen. Dennoch war ich erstaunt, sie konterte, blockte und parierte gekonnt fast alle Angriffe meinerseits! Und ihre eigenen Schläge waren nicht von schlechten Eltern, auch wenn diese Frau mir nur zum Kinn reichte, sie hatte eine gewisse Kraft inne.

Irgendwann standen wir uns völlig außer Atem gegenüber und ich musste neidlos anerkennen, dass sich etwas verändert hatte. Es schien, als sei SIE diejenige mit der Erfahrung, was mich aber stolz machte, denn so wollte es ja eigentlich mein Vater haben. Ich sollte eine Kämpferin an meiner Seite haben! „Woher soll ich das wissen, es geht einfach wie von selber, je mehr Zeit ich mit dem Schwert habe, desto mehr verinnerliche ich seine Stärke!“ Bei diesen Worten glitt ihr erstaunter Blick zu ihrer Waffe und dann wieder zu mir.

„Haytham, du weißt was ich dir beigebracht habe. Genauso mache ich es jetzt bei Alex. DU kannst mein Werk ein großes Stück fortsetzen und IHR könnt euch helfen. Also tut es auch!“ Mein Vater war anwesend und ich zuckte automatisch zusammen, denn sein Befehlston hatte sich nicht geändert! Wir setzten diese kleine Trainingseinheit fort und ich konnte spüren, dass nicht nur Alex sondern auch ich von der Erfahrung meines Vaters zehrten.

Jetzt war aber zu sehen, dass meine Verlobte es schwerer hatte sich zu beweisen. Dennoch durchbrach sie immer wieder meine Verteidigung, oder blockte mit einer Schnelligkeit meine Schläge, dass mir der Waffenarm wehtat. Die Worte meines Vaters hallten in unseren Köpfen und ich konnte seine Stärke auch fühlen! Es war berauschend und ich drosch auf Alex ein, ich wollte wissen, wann sie genug hatte. Doch irgendwie machte auch sie immer nur weiter und wollte das gleiche herausfinden.

Dann landete ich wieder einen Treffer unter ihr Kinn und sah, dass ihr Blut aus dem Mundwinkel rann. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen und versuchte jetzt den Schmerz weg zu atmen. Diesen Moment gönnte ich ihr, doch aufgeben würde ich noch lange nicht. Dann sah ich, wie sie sich wieder aufrichtete und anfing mich wieder anzugreifen, diese Kraft die sie inne hatte, schien nicht zu versiegen. Im Gegenteil, je länger wir uns diesem Schlagabtausch hingaben um so mehr Stärke durchströmte unsere Körper und ich genoss es, mich mit ihr zu messen!

Gefühlte Stunden später sahen wir uns nur an und wussten, es war vorbei und wir würden mit einer Art unentschieden hier herausgehen. Und ich war mehr als zufrieden damit, ich fühlte mich zwar ein wenig erschöpft aber das Adrenalin brachte meinen Körper noch nicht zur Ruhe. Alex ging es ähnlich, aber wir beide wussten, dass die letzten 3 Stunden fürs erste reichten.

Also machten wir uns auf den Weg zurück nach Hause, denn mein Magen machte sich bemerkbar und als wir am Tisch saßen, hörte ich dieses Grummeln ebenso aus der Richtung meiner Verlobten. Nach dem Essen orderte ich ein Bad für Alex, sie musste morgen noch kämpfen können und ich würde ihr einfach eine Massage angedeihen lassen. So lockerten sich die Muskeln am besten und so hoffte ich, würde sie morgen auch noch aufstehen können!

Am späten Nachmittag hatten sich dann die Eheleute Pitcairn noch angemeldet, man hatte auf der Hochzeit von Faith und Shay kaum Gelegenheit gehabt, sich in Ruhe zu unterhalten. Von meiner Verlobten wusste ich, dass sie die beiden mochte, was mich beruhigte und so saßen wir zusammen und ließen noch einmal die Geschehnisse der Hochzeit Revue passieren.

Zwischendurch sah ich, wie Alex immer mal wieder kurz innehielt, um etwas zu sagen, sich dann aber wieder zurücknahm. Ich seufzte innerlich, ich würde zu gerne wissen, was sie alles über Jonathan wusste, was uns noch nicht bekannt war. Und genau wie mit Faith, kam sie mit Mistress Pitcairn auf die Erziehung und Kinder zu sprechen. Die Eheleute hatten selber auch Kinder und ich vernahm, wie Alex ein Lob von Jonathans Frau erntete, weil sie ihren Sohn an seine Pflichten erinnerte und ihn nicht einfach machen ließ, was er wollte.

Als sich die Eheleute Pitcairn verabschiedetet hatten, war es tatsächlich schon wieder so spät für das Abendessen. Doch Alex stocherte etwas lustlos auf ihrem Teller herum, so kannte ich sie eigentlich nicht. Auf meine Frage, ob sie an den morgigen Kampf denke, bestätigte sie meine Vermutung. „Ja, das tue ich. Ich habe keine Angst oder so, falls du das glaubst. Ich bin aber ein bisschen nervös. Und ich hoffe, ich komme morgen so aus dem Bett. Mir tut noch alles weh!“ Das mit dem aus dem Bett kommen, könnte wirklich etwas schwierig werden, aus Erfahrung wusste ich, dass nach so langen Kämpfen die Muskeln einfach nicht so schnell wieder zur Ruhe kamen. In meiner etwas zu praktischen Art meinte ich nur, dass sie aber auch wieder etwas gelernt hatte!

Plötzlich veränderte sich ihr Ausdruck und war unergründlich für einen Moment. „Haytham, kann ich dich etwas fragen?“ Das klang nach Bedrohung und ich wappnete mich innerlich, doch worauf sie hinaus wollte war noch schlimmer als das. „Nein, mi amor. Du hast nichts falsch gemacht. Es... also... mir ist aufgefallen, dass Faith plötzlich diese blonden schulterlangen Haare hat. Ich mochte nicht direkt fragen, da dachte ich, du wüsstest etwas darüber.“ Es war ihr also aufgefallen! Ich überlegte, wie ich diese ganzen Monate am besten erklärte und fing einfach an zu erzählen. Angefangen mit der Entführung von July, über die Zeit auf See auf der Suche nach Faith und den Vorläuferartefakten. Oder wie wir mit Captain Cook dann endlich die Spur vom Chevalier fanden und dann endlich meine kleine Schwester wieder hatten.

Natürlich wusste ich nicht, was genau Faith alles durchgemacht hatte. Doch ich konnte es mir denken, denn Männer, genau wie Charles, waren einfach … verzeiht meine Ausdrucksweise... aber sie waren einfach Schweine. Ich mochte mir nicht vorstellen, wie man sie zu Dinge gezwungen hat und... Es muss die reinste Tortur gewesen sein für sie und ich wünschte mir, dass Alex nicht auch irgendwann in so eine Situation geriet. Denn das wäre das Todesurteil für jeden, der meine Verlobte auch nur anrührte!

„Das wirst du auch nicht! Und danke, dass du mir das erzählt hast. Einzelheiten sind, denke ich, auch ziemlich unnötig und ich werde auch Faith nicht damit belasten, wenn sie nicht von alleine damit anfängt.“ Nein, Einzelheiten waren völlig unnötig, jede Frau, jeder Mann konnte sich an drei Fingern abzählen, was passiert sein mochte.

Plötzlich ging eine Veränderung in Alex´ Gesicht von statten. Und ich konnte sie wieder lesen und ich bekam ein flaues Gefühl, sie dachte darüber nach, was passiert, wenn ihr in ihrer Zeit etwas zustößt. Wenn sie dann nicht mehr hierher kommen könnte... Verständlich, doch ich versuchte ihr die Angst zu nehmen. Ich ging einfach davon aus, dass mich Yannick in irgendeiner Form informieren würde. „Haytham, ich weiß es nicht und ich habe gerade diese Panik. Am liebsten würde ich gar nicht mehr zurückgehen, sondern gleich hier bleiben. Denn ich hatte wirklich noch nie DARÜBER nachgedacht! Ich bin einfach zu blöd für so etwas!“ Was war das überhaupt für ein Wort, doch sie hatte eine große Menge an Dingen, welche sie bedenken musste, da konnte sie doch nicht an ALLES denken.

Wir waren alle nur Menschen und ich hatte mittlerweile meine Arme um sie geschlungen, um Alex zu beruhigen. Als ich dann aber fragte, ob sie jetzt doch Zweifel hegte, ganz zu mir zu kommen, sah sie mich wieder so entsetzt an und meinte nur, dass es nichts mehr daran zu rütteln gäbe und ihre Entscheidung feststehe! Das beruhigte mich und ich konnte etwas durchatmen!

Als meine Verlobte aufstand, verzog sie kurz das Gesicht, die Muskeln schienen sich jetzt zu rächen. „Danke, Master Kenway, ich glaube, ich kann morgen dann wohl nicht laufen! Es sei denn, ihr tragt mich und haltet mein Schwert für mich!“ Mein Lachen war keine Schadenfreude, aber ich konnte es nicht unterdrücken. Kurzerhand nahm ich sie auf den Arm und ging mit ihr nach draußen. Dort setzte ich Alex auf die Fortmauer mit den Worten, sie solle dort einfach sitzen bleiben. Dann ging in die Küche und holte den Wein und zwei Gläser. Doch meine Schadenfreude kam durch und ich fragte, ob ich recht in der Annahme ginge, ihr heute keinerlei Lektionen mehr erteilen zu können.

Ich erntete ihre flache Hand auf meinem Oberschenkel. „Das ist nicht fair, ich kann nichts dafür, dass mir gerade alles weht tut. DU hast damit angefangen!“ Da hatte sie recht und ich sah wieder ein wenig die Kampfeslust und noch eine ganz andere Lust.
Aber ich würde mich hüten, mir ihren Zorn morgen anhören zu müssen. Ich bin nicht Lebensmüde. Stattdessen nahm ich sie in den Arm und wir genossen diesen ruhigen Moment wieder einmal.

Kapitel 21

*** Und jetzt klärt es endlich! ***



Ich hatte wirklich die Absicht meine Verlobte nicht anzufassen, doch als ich ihr noch einmal die geschundenen Muskeln massierte, kamen ihrerseits Befehle, ich solle mich doch bitte mehr bemühen und mehr Körpereinsatz zeigen. DAS ließ ich mir in dieser Nacht dann doch nicht zweimal sagen. Vermutlich würde sie keinen Muskelkater haben, doch das Sitzen würde ihr durchaus schwer fallen!

Jones war schon zeitig heute früh erschienen und so war ich vor Alex wach und auf den Beinen, was nicht unbedingt etwas Neues ist. Als ich bereits rasiert war und mein Kammerdiener in seiner so wahnsinnig schleimerischen Art um mich herum scharwenzelte, wurde meine Verlobte wach. Und erst jetzt registrierte ich, dass … nunja, sie war halt nackt und ich hatte nicht darüber nachgedacht, sie zuzudecken, als ich aufstand. Jetzt konnte ich mir auch diesen leicht lüsternen Ausdruck von Jones erklären und ich funkelte ihn nur an, seinen Blick abzuwenden.

Mit einem Ruck und einem bösen Blick ihrerseits, zog sie die Decke über sich und wartete, bis mein Kammerdiener gegangen war. Als dieser dann weg war, stand Alex auf und ging wütend ins Ankleidezimmer und warf die Tür einfach hinter sich zu. Mein Satz, dass es doch nicht so schlimm sei, war wohl nicht unbedingt hilfreich. Ich lehnte mich an den Bettpfosten und wartete auf meine Verlobte, welche nach kurzer Zeit in ihrem Ornat erschien. Meine Bitte nach einem anständigen Kleidungsstück blieb ungehört. „Nein, ich denke nicht. Denn hiermit fühle ich mich wohl und weiß, wie ich damit kämpfen kann. Später können wir das gerne in Angriff nehmen, Haytham.“

Was soll ich sagen, der Vormittag fing schon spannungsgeladen an und ich machte mir ernsthaft Sorgen darüber, wie es jetzt weitergehen würde. Mit so einer Stimmung, sollte man nicht in einen Kampf gehen, doch aufhalten konnte ich die beiden Frauen wohl nicht mehr. Geschweige denn, dass Shay irgendetwas ausrichten konnte, auch er war alles andere als begeistert von diesem Schlagabtausch. Tief in mir hoffte ich, dass Alex und Faith danach wenigstens nicht mehr diese Mordgedanken hegen würden. Es wäre auf längere Sicht einfach zu schwierig auszuhalten.

Wir trafen am späten Vormittag im Fort Arsenal ein und kaum dass wir im Salon standen, erschien Faith in ihrer Meistertemplermontur und in Alex Augen war das DIE Kampfansage! Als Shay dazukam, übergab dieser meine Patentochter dem Kindermädchen und wir begaben uns nach draußen in den Innenhof. Warum ICH nervös wurde, war mir nicht klar, aber ich hoffte, dass wir keinen Arzt oder Bestatter anschließend brauchten. Egal für WEN!

Ich zog mich mit Master Cormac ein wenig zurück und wir beobachteten vorläufig erst einmal nur. Die beiden Frauen standen sich lauernd gegenüber, aber keine der beiden machte Anstalten den Kampf zu beginnen. „Lass sie anfangen, du wirst dann deine Chance haben. Beobachte sie einfach erstmal. Glaub mir, sie wird anfangen.“ hörte ich die Stimme meines Vaters plötzlich und ich sah ihn auch, doch nicht nur ICH sah ihn. Auch Faith und Shay, dann sah ich ihn neben mir in dieser nebligen Silhouette stehen. Es war immer noch seltsam, doch ich versuchte mich auf das Geschehen vor uns zu konzentrieren.

Meine kleine Schwester ging in Kampfstellung und zückte ihr Schwert, Alex tat es ihr gleich, doch wie schon bei unserem Gefecht in der Garnison, schloss sie die Augen. Man konnte förmlich die Konzentration und die Kraft spüren, welche sie jetzt durchströmte. „Worauf wartet ihr eigentlich, Mrs. Cormac? Ich gehe davon aus, dass July bald Hunger haben wird und ihr auch noch andere Verpflichtungen habt, die eure volle Aufmerksamkeit erfordern!“ Meine Verlobte konnte es nicht sein lassen, doch dieser Unterton war meinem Vater nicht unähnlich! Und ein breites Grinsen ging über Alex´ Gesicht.

„Na, dann mal los, du preußisches Weib. Zeig was du drauf hast!“ hörten wir nur noch Faith sagen und damit war der Schlagabtausch eröffnet! Für einen Moment dachte ich noch, ich müsse eingreifen, doch im selben Moment sah ich, wie der Kampfgeist bei Alex richtig erwachte. Doch es war nicht mein Vater, der sie führte, NOCH nicht, es war das Mantra, welches meine Verlobte verinnerlicht hatte. Mein Vater stand nach wie vor zwischen mir und Shay, welcher mich fragend ansah, doch für Erklärungen wäre später noch Zeit.

Nach und nach erschienen immer mehr Besatzungsmitglieder der Morrigan, welche Wind von einem Kampf bekommen hatten. Wann wurde man schon einmal Zeuge von so einem Spektakel zwischen zwei Frauen, wobei ich mir denken konnte, dass diverse Herren ganz andere Vorstellungen hatten. Auch ich musste diese Gossengedanken abschütteln, es war doch eine ernstere Sache zwischen den beiden Damen. Es war einfach unglaublich ihnen zuzusehen, sie gaben sich nichts, gingen aber auch nicht blind auf einander los. Es war gezielt, es war gewollt und man sah, dass beide Frauen wussten, was sie dort taten. In mir keimte dieser Stolz auf meine Verlobte wieder, mein Vater schien Recht zu behalten. Ich hatte meine Kämpferin an meiner Seite!

Als ich dann diesen Tritt von Alex sah, welchen sie mir auch verpasst hatte, da wusste ich definitiv, dass sie nicht unfähig ist, sondern sich durchaus verteidigen konnte. Doch auch Faiths Kampfgeist war danach geweckt und nach einigen Kontern landete sie mit ihrer flachen Hand einen Treffer, direkt auf die Nase von Alex. Selbst bei diesem Abstand konnte ich die Knochen knirschen hören und meine Verlobte hatte kurz Probleme wieder klar sehen zu können. Doch nun schien es noch weiter auszuarten, die beiden fingen an auch noch Gefallen an diesem Schwertkampf zu finden und ließen sich nicht hineinreden. Auf unsere Frage, ob es jetzt nicht auch endlich genug wäre, denn man sähe, es ist ein unentschieden, hörten wir nur „Das könnte euch so passen! Wir machen weiter!“ wie aus einem Munde und in meinem Hinterkopf formte sich der Gedanke, dass sich da zwei gesucht und gefunden hatten!

Wir wurden Zeugen eines Kampfes, welcher weder aus Eifersucht noch aus irgendwelchen kleinlichen Streitigkeiten herrührte. Es war ein Schlagabtausch, welcher aus dem tiefsten Inneren heraus kam und keiner Rechenschaft bedurfte. Das wurde mir immer mehr bewusst und ich sah, dass auch Shay diese Erkenntnis kam. Faith und Alex hatten etwas zu klären, es war keine Eifersucht, es war kein Futterneid! Es war tatsächlich ein Fronten klären!

Gerade als ich diesen Gedanken laut äußern wollte, standen sich die beiden Frauen mit gekreuzten Schwertern schwer atmend gegenüber. Und wie abgesprochen ließen sie beide dieselben auch sinken und steckten sie weg. War es jetzt damit erledigt? Wir gingen zu den beiden hinüber und als Shay etwas zögerlich fragte, ob es nun vorbei sei, kam es in einem völlig entspannten Ton von Faith „Ja, davon kannst du ausgehen! Und ich glaube, wir können jetzt eine gute alkoholische Stärkung vertragen!“ Innerlich seufzte ich tief, denn ich war froh, dass wir hier keinen Totengräber brauchten. „Oh, da hätte ich keine Einwände, aber wenn ich bitte vorher kurz meine Nase richten kann?“ kam es von Alex in ihrer flapsigen Art, welche auch Faith gerne mal an den Tag legte. Diese beiden hatten wirklich mehr gemeinsam, als sie ahnten!

Und dann konnten wir alle diese Präsenz spüren und plötzlich stand er vor mir. Mein Vater! Nicht diese neblige Silhouette, sondern... es war ER. Ich konnte nichts anderes tun als ihn mit offenem Mund anzustarren. Vater stand in seiner mir noch bekannten Montur gegenüber und versuchte eine Erklärung. „Denkt euch einfach, dass es irgendwie funktioniert. Erklärungen gibt es dafür nicht! Haytham, ich bin stolz auf dich. Auch wenn ich mit deiner Entscheidung bezüglich des Ordens nicht einverstanden bin. Aber ich habe mit Reginald einen großen Fehler begangen und hätte ich es eher gewusst...“ doch meine Verlobte unterbrach ihn vehement, denn sie hatte ihn ja gewarnt und nicht nur sie. Doch das gehört jetzt nicht hierher, darüber waren wir uns einig.

Ihre Neugierde siegte aber dennoch und sie stupste ihn an, auch ich war kurz davor gewesen, traute mich aber nicht, meine Erziehung verbot es mir. Mein Vater sah sie lächelnd an und hob sie mit den Worten „Ich bin echt, glaubst du mir jetzt?“ hoch und in mir kam eine gewisse Eifersucht hoch, sie kannten sich schon länger, sie kannten sich, als ich noch nicht einmal geboren war! Alex und meinen Vater verband etwas, das ich noch nicht verstand!

Alex´ Hand ergriff meine und drückte sie, damit gab sie mir zu verstehen, dass wir immer noch EINS waren! Es beruhigte mich in gewisser Weise. „Vater, ich zweifle meine Entscheidungen mittlerweile an, nicht alle. Doch was den Orden betrifft... deine Worte haben mich zum Nachdenken gebracht. Und auch Alexandra hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass ein Umdenken von Nöten sein sollte. Doch ich weiß nicht, ob es so einfach sein wird!“ Irgendwie versuchte ich mich zu erklären und sah, dass meine Verlobte ein wenig erschrocken ob meiner Gedanken war. Doch sie wusste schon vorher davon. „Ja, diese Frau macht einen wahnsinnig, lass dir das gesagt sein! Doch triff deine Entscheidung nicht übereilt, das wird niemandem helfen!“ Gut zu wissen, dass sie nicht nur mir gegenüber so agierte.

Für einen Moment schien mein Vater mich mit sich zuziehen, in einen anderen Raum, wenn man es so sehen will. „Haytham, ich habe Fehler gemacht. Viele Fehler, ich war nicht immer für dich da und ich habe dir nicht alles mitgeben können, was für mich wichtig war. Das Reginald Templer war, wollte ich erst nicht wahrhaben, und ich hätte es eher realisieren müssen. Sohn, es tut mir leid! Doch lass uns von jetzt an weitermachen und den Weg fortsetzen. Es kommt nicht darauf an, ob du dem Orden oder Bruderschaft angehörst. Wichtig ist nur, dass du weißt, wer dir gegenüber loyal ist, wer dir beisteht und wem du vertrauen kannst. Faith ist eine Person der du vertrauen solltest, Shay ebenfalls und...“ ein Zögern von ihm und er sah zu Alex. „... auch Alex musst du vertrauen, sie ist loyal wie niemand anderer. Und ich weiß, sie liebt dich! Gib ihr Zeit und ihr werdet immer mehr zusammen wachsen. Ihr seid euch unglaublich ähnlich und falls du dich das fragst, nein, ich liebe deine Mutter! Alex war... ich kann es nicht beschreiben. Doch du weißt es selber. Man kann sie nicht beschreiben, denn die Begriffe dafür sind noch nicht geboren! Lass sie nicht fallen, unterstütze sie und glaube mir, Alex wird zurück kommen. Ich werde euch beide nicht im Stich lassen! Aber Haytham, lass diesen Gedanken nicht verglühen, dass es eine Einigung zwischen den Assassinen und den Templern geben kann. Ihr werdet einen Weg finden, ihr alle. Auch Faith wird ihren Part dazu tun!“

Jetzt hielt er mich an meinen Schultern und sah mir in die Augen. Und ich versprach ihm, seine Worte zu beherzigen. Ich sah in diesem Moment in erstaunte Gesichter um mich und hörte noch die Worte „Du weißt ja, was du zu tun hast und was für Aufgaben du hast! Du schaffst das, denn es ist dein Schicksal. Hätte ich es damals schon verstanden, wäre vieles anders gekommen. Doch nun können wir nur ab hier weitermachen und ich bin froh, dass du an der Seite meines Sohnes bist. Denn er liebt dich anscheinend über alles! Und wehe, mir kommen Klagen von ihm über dich! Du weißt noch? Ich kann da sehr ungehalten werden!“ dann legte sich seine Hand auf die gebrochene Nase von Alex, welche auf die Knie fiel und anfing zu würgen. Hatte er meiner Verlobten gerade die Nase gerichtet? Ich tunkte mein Taschentuch in das Wasser des Brunnens und reichte ihr dieses, welches Alex dankend annahm.

Ich sah nur noch wie mein Vater in diesem Nebel verschwand und diese Trauer, dieser Verlust überkam mich wie ein plötzliches Gewitter. Alex´ Nähe half mir, nicht zusammen zu brechen, diese Schwäche würde ich mir nie eingestehen, nicht in der Öffentlichkeit! Sie wusste aber das Ganze zu umschiffen, sie hatte ein Talent dafür. Und ich verstand die Worte meines Vaters so langsam.

Alex hatte ihre Aufgabe, ihre Herausforderung bekommen und das war ICH. Also war es wirklich so etwas wie Schicksal, was uns verband, doch es war nicht unangenehm, sondern ich spürte diese Verbindung, dieses Band, welches eigentlich schon von Anfang an zwischen uns war. Doch wir wurden aus unseren Gedanken gerissen, Faith und Shay waren ja auch noch anwesend und so mussten wir uns von einander lösen. Die beiden Frauen gingen jetzt einfach in die Villa und Shay und ich folgten. Ich war gespannt, was als nächstes folgte!

Kapitel 22

„Die Aussprache“



Alex und Faith gingen in das Arbeitszimmer meiner kleinen Schwester, während Shay und ich im Salon warteten. Der Ire reichte mir ein großes Glas mit dem guten Whiskey, welchen ich wirklich gerade brauchte. „Master Kenway, verzeiht meine direkte Frage. Doch hatte euer Vater wirklich nichts geahnt? Ich meine, bei allem Respekt, doch sogar Gist erzählte von den Geschichten...“ doch ich ließ den Iren nicht ausreden. „Shay, mittlerweile bin ich mir bei vielen Dingen nicht mehr sicher und ich weiß, ihr seid euch dessen bewusst. Aber mein Vater hatte zu wenig Zeit, zu wenige Verbündete und die, die ihm loyal gegenüber standen, hat er übergangen. Doch jetzt versteht er es und ich werde es verinnerlichen, man sollte immer mindestens eine zweite Meinung einholen und sich nicht auf seine innere Stimme alleine verlassen!“ erklärte ich in meiner Rolle als Großmeister.

Doch ich fragte mich, was jetzt zwischen meiner Verlobten und meiner kleinen Schwester stattfand. Sie hatten ihren Schlagabtausch, sie hatten sich im Kampf gegenüber gestanden. WAS passierte jetzt? Aber Master Cormac brachte mich auf andere Gedanken, oder besser July. Denn Danja kam mit meiner Patentochter in den Salon und leistete uns Gesellschaft. Und wieder einmal war ich versucht, diesem Mädchen diese Altair-Puppe auszureden, auch Shay tat sein bestes, doch wir konnten sie immer noch nicht überzeugen. Gerade als wir inbrünstig für den Orden plädierten, erschienen unsere Frauen und... sie waren bester Laune wie es schien. In diesem Moment verstand ich Frauen überhaupt nicht mehr, denn bis vor wenigen Stunden wollten sie sich umbringen und jetzt standen sie vereint vor uns!

Nachdem ich dann Alex noch darauf hinwies, dass sie wie nach einer Tavernenschlägerei aussah, kam nur von Faith „Apropos Taverne! Wollen wir dann?“ Erkläre mir bitte jemand diese Frauen, nicht diese explizit... doch... Frauen... was konnte sie von jetzt auf gleich in solche Harmonie versetzen? Damit gingen die beiden Damen aus der Tür und verschwanden einfach!

Auch Shay sah mich fragend an und wir beide wussten nicht, was wir davon halten sollten. Aber wir blieben hier und setzten uns wieder und ich sah auf July nieder. „Werde bloß nicht wie deine Mutter, dann haben wir ein Problem!“ meinte ich jetzt leise und eher zu mir selber. Der Ire hatte es aber gehört und sah mich grinsend an. „Master Kenway... July ist ihre Mutter, da könnt ihr nichts gegen ausrichten.“ In diesem Moment musste ich ihn daran erinnern, dass wir unter uns waren und er dann auch wusste, dass mein Vorname genügte. „Es fällt mir immer noch schwer, Haytham, dass wisst ihr. Doch was machen wir jetzt?“

„Shay, ich weiß es nicht. Doch ich befürchte, unsere Frauen werden noch eine tiefer gehende Aussprache haben. Wo glaubt ihr, würden sie hingehen?“ Doch in diesem Moment hatte ich die Antwort schon im Hinterkopf, natürlich würde Faith Alex zum Appel Pie bringen. Dort war sie wie zuhause, fühlte sich wohl und konnte sie selbst sein. „Wir sollten dennoch erst einmal auf den Erfolg anstoßen, dass es keine größeren Blessuren oder Verletzungen gab, Haytham.“ meinte der Ire jetzt breit grinsend und ich musste ihm erleichtert zustimmen, denn wir waren dem Schicksal, eine verletzte Frau zu pflegen, nochmal davon gekommen! Und ich muss gestehen, dieser irische Whiskey war wirklich gut und ich genoss ein Glas nach dem anderen.

Auch Master Cormac frönte diesem Getränk, Danja übernahm wie selbstverständlich irgendwann July und wir sagten noch gute Nacht. Obwohl es schon dunkel war und die Kleine schon längst hätte im Bett sein sollen, aber das war mir in diesem Moment egal.

Wie sollte es anders sein, doch nach einigen Gläsern kamen wir unweigerlich auf diese eine Nacht zu sprechen, an welche wir uns beide eigentlich nicht mehr ganz erinnern konnten. Zu dieser Zeit war Aminata noch in Faiths Nähe und half ihr mit ihrem Kräuterwissen in vielen Bereichen. Stolz war ich nicht, dass es diese Nacht zwischen uns gab, schon gar nicht, weil Alex jetzt an meiner Seite war, doch es ließ sich nicht leugnen und ungeschehen machen. „Haytham, auch mir ist es nicht ganz so angenehm, doch... es war einfach... eine unbedachte Nacht und wir sollten sie ad Akta legen, denkt ihr nicht.“ meinte Shay jetzt, doch ich sah, dass auch er sich unwohl bei dem Gedanken an diesen Moment fühlte. Denn ich war immer noch sein Großmeister! Ich schüttelte dennoch diesen Vorfall von mir ab …

Nach einigen weiteren Gläsern und unseren Gedanken bezüglich von Frauen allgemein, kamen wir zu dem Schluss, dass wir Alex und Faith nicht länger unbeaufsichtigt lassen sollten. So machten wir uns leicht schwankend auf den Weg zum Appel Pie und wieder wurde mir bewusst, dass ich diesen Iren nicht ohne Grund in den Orden aufgenommen hatte. Er war mir ähnlich, auch wenn jeder Außenstehende es nicht sah, doch er hatte seine Zweifel und hinterfragte! Nichts nahm er einfach so hin und das war es, was mir an ihm gefiel und was wir im Orden brauchten. Im Stillen hoffte ich, das auch Shay meine Zweifel und diesen Wunsch zum Zusammenschluss von Orden und Bruderschaft teilte. Doch bis ich ihn das fragen würde, dauerte es sicherlich noch. Jetzt war noch nicht die Zeit dafür.

Als wir an der ehemaligen Arbeitsstelle von meiner kleinen Schwester ankamen, zog mich Shay hinten durch einen Seiteneingang in die Küche. Dort an der Tür zum Schankraum blieben wir stehen und es dauerte nicht lange und ich fand Alex. Ihre Aura war einfach nicht zu übersehen. „Haytham, dort sind die beiden. Wir hatten recht, verstecken können sich die beiden wohl nicht vor uns.“ meinte Shay breit grinsend. Nein, und ob sie es wollten war die andere Frage.

Doch auch von hier aus konnte ich diese Harmonie von den beiden Frauen spüren, sie waren … ja, sie waren EINS. Es ist schwer zu erklären, doch es war eine Einheit. Eine gewisse Eifersucht keimte in mir, denn eigentlich waren Alex und ich diese Einheit, doch war es möglich, dass sie, dass wir alle in gewisser Weise zusammengehörten. „Haytham, seht ihr auch diese Auren... diese... kann das möglich sein?“ Shay sah mich fragend an und riss mich damit aus meinen eigenen Überlegungen. „Anscheinend ist es möglich und Alex und Faith haben diese Verbindung...“ immer noch erstaunt sah ich die beiden Frauen an. Dann plötzlich erhob sich meine Verlobte und kam zielstrebig auf uns zu.

„Vielleicht wollen die beiden Herren uns Gesellschaft leisten? Wir hätten da ein paar interessante Details zu besprechen!“ kam es sehr lasziv von Alex und ihr Blick war leicht vernebelt vom Wein, doch das hieß nichts bei ihr! Wir folgten ihr zum Tisch und als wir Platz nahmen, hatten wir schon Getränkenachschub vor uns und die beiden Damen setzten sich wieder zu uns. „Kann mir mal bitte jemand sagen, warum ihr uns gefolgt seid? Ihr taucht hier einfach auf als wolltet ihr uns hinterher spionieren. Haytham, du weißt, ich mag das nicht“ ich wollte sie nicht ausspionieren oder verfolgen, es war... reine Neugierde. Ja, ich wollte wissen, was die beiden Frauen vor hatten! Denn ich würde ganz bestimmt nicht Faith mit meiner Frau alleine lassen, die beiden waren sich einfach zu ähnlich und ich hatte die Befürchtung, sie könnten noch Ärger anzetteln, wenn ihnen ein Mann auch nur einen seltsamen Blick zuwarf.

Shay hingegen machte keinen Hehl daraus, dass er hier in der Öffentlichkeit nicht weiter reden wollte! Wir tranken noch die Krüge leer, auch wenn es nicht bei einem blieb und ich muss gestehen, es war mir nicht unangenehm hier mit Alex, Faith und Shay zu sein. Auch wenn ich eigentlich nicht diesen Aktivitäten frönte, auszugehen. Als es dann gegen neun war, verließen wir die Taverne und machten uns auf den Weg. Im ersten Moment hatte ich gedacht, dass meine Verlobte und ich zu mir gingen, doch weit gefehlt. Sie hatte sich bei Faith untergehakt und die beiden Frauen genossen sichtlich die gegenseitige Gesellschaft. Und wieder war da diese kleine Eifersucht in mir, doch Alex schien auch umgekehrt mittlerweile von dieser Nacht zu wissen, denn sonst hätte sie uns nicht so explizit auf ein Gespräch gebeten.

Im Fort Arsenal angekommen, gingen wir in den Salon und man hatte das Feuer im Kamin noch einmal angefacht. Auf dem Tisch standen neue Gläser und entsprechende Flaschen, doch Alex ließ sich wie selbstverständlich neben Faith nieder und sah mich mit einem verschwörerischen Blick an. Da wurde mir klar, dass sie ganz eigene Phantasien im Kopf hatte, von denen ich bis jetzt noch nichts wusste! Natürlich kam sie jetzt mit dieser Frage, was damals vorgefallen war in jener Nacht. Ich selber konnte mich nicht wirklich erinnern und auch Shay war eher unwissend. Faith hingegen wusste zumindest, wer seine Hände mit im Spiel hatte. Doch mehr war nicht zu berichten.

Als Alex jetzt aber von ihrer eigenen Jugendzeit erzählte, in der sie ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, sprich, sie konnte sich an nicht vieles von der Nacht erinnern, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass auch sie eine bewegte Vergangenheit hatte. Ich will nicht sagen, dass meine Verlobte wie eine Jungfrau für mich daherkam, doch... auch sie hatte ihre Erfahrungen, denn sie hatte auch einen Sohn... Viele verwirrende Gefühle auf einmal, doch jetzt wo sie meine kleine Schwester mit diesem Blick voller Lust ansah, wurde mir klar, dass ich oder auch Shay nicht mithalten konnten. Es war eine ganz eigene Beziehung zwischen ihnen, in welcher wir als Ehemann oder Verlobter keinen Raum hatten. Doch so wirklich wollte ich das nicht zulassen.

Die beiden Damen schienen sich gerade abzusprechen und ich ging dazwischen... es war immer noch seltsam. Doch als Alex dann nur lasziv meinte „Die Gelegenheit werdet ihr später bestimmt noch bekommen, Master Kenway!“ hätte ich sie am liebsten auf der Stelle in mein Gästezimmer verschleppt. Shay verschluckte sich fast an seinem Whiskey bei diesen Worten. Und ehe wir etwas sagen konnten, verschwanden die beiden aus dem Salon.

„Haytham, was … was haben die beiden jetzt vor?“ meinte Shay, doch auch er wusste, was Alex und Faith hinter verschlossenen Türen taten. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich sie stören will. Auf der anderen Seite... vielleicht sollten wir eine Art Hilfestellung geben? Was meint ihr, Shay?“ meinte ich grinsend. Denn mittlerweile war es mir egal, was er oder auch Faith dachte. Der Gedanke an meine Frau mit einer anderen zündete die wildesten Phantasien in meinem Kopf und ihm schien es nicht anders zu ergehen. Doch wir wollten nicht direkt vorpreschen, also genehmigten wir uns noch das ein oder andere Glas von dem Whiskey. Ehrlich gesagt tat es gut, denn so entspannten wir uns beide und konnten uns völlig ungehemmt unterhalten. Natürlich ging es unter anderem auch um unsere Frauen.

In diesem Moment erfuhr ich zum ersten Mal, was wirklich in den Monaten passierte, als Faith in Gefangenschaft war, nicht jedes Detail, aber mir wurde klar, warum sie sich so verändert hatte. In diesem Moment war ich froh, dass Alex wieder da war und hoffte, dass sie meiner kleinen Schwester ein wenig Beistand leisten konnte. Auch wenn sie bald wieder abreisen würde, für eine doch absehbare Zeit! „Haytham, ihr liebt Alex wirklich über alles? Ich kann es regelrecht fühlen. Haltet daran fest, denn genauso liebe ich auch Faith und diese Monate waren die schlimmsten, die ich erlebt habe. So etwas wünscht man niemanden!“

So saßen wir noch eine Weile beisammen, ehe wir beschlossen, den Damen zu folgen! Meine Neugierde und auch Shays war nicht länger zu zügeln!

Kapitel 23

*** Zwei Frauen! Ein Bett! Was nun? ***




Meine Ungeduld kennt keine Grenzen, genauso wie auch meine Eifersucht keine kennt. Shay und ich gingen hinauf Richtung der Gästezimmer und hörten schon von Weitem, was sich dort abspielte. Unerschrocken klopften wir dennoch und hörten ein einstimmiges „Jetzt nicht“ was uns aber nicht davon abhielt, trotzdem einzutreten! Und was wir auf dem Bett vorfanden war eigentlich genau nach meinem Gusto. Ich hätte es mir auch denken können, doch es jetzt so vor mir zu sehen, war um Längen besser und ich nahm jedes kleinste Detail in mich auf. Faith und Alex hatten genau den Einklang erreicht, den man sich wünscht, es gab keine Konkurrenz oder ähnliches. Sie wollten sich spüren, fühlen und schmecken.

Ein Blick zu Master Cormac reichte und ich wusste, er würde ebenso wie ich nicht unbedingt zu 100 Prozent teilen. Also mussten wir uns entsprechend einbringen, aber Alex und Faith waren nicht auf den Kopf gefallen und wussten um unsere Vorlieben! Wie abgesprochen standen beide Damen auf und kamen auf uns zu. Meine Verlobte ließ sich langsam auf die Knie sinken und begann, meine Beinkleider abzustreifen, meine Weste und das Hemd folgten, jedoch ließ sie es sich nicht nehmen, mich zu kosten und ihr Blick war wieder alles, was ich brauchte. Alex zog mich, mit Faith zusammen auf die Chaiselongue und ließ sich langsam auf meinen Schoß gleiten. Ohne weitere Worte ließ ich mich in sie gleiten und ich musste arg an mich halten, nicht gleich zu kommen. Immer wieder wanderte ihr Blick zu Faith, doch ein Wort von mir und Alex konzentrierte sich auf mich. Aber ich wollte sie unter mir haben, ich wollte ihr zeigen, dass ich immer noch das Sagen hatte. Bereitwillig ließ sie sich zum Bett tragen und hob ihre Arme über den Kopf.

Fast wie abgesprochen waren wir gleichzeitig am Höhepunkt und sie rief einfach meine Namen, doch ich versiegelte ihre Lippen schnell! Wir waren ja nicht alleine... doch ich vernahm ähnliches von unseren Zimmergenossen. Als ich endlich ein wenig zu Atem kam, meinte ich nur, dass ich froh war, ihnen hinterher gegangen zu sein. Wir hätten sonst das Beste verpasst. „Mi amor, ich habe noch ganz andere Gedanken. Aber die werde ich dir sicher bei Gelegenheit auch noch mitteilen!“ kam es leise von Alex und in ihrem so typischen zweideutigen Tonfall. Shay und ich waren uns aber einig, dass wir gegen diese Konstellation im Moment auch nichts hatten. Das nächste Mal sollten wir aber die beiden Damen fürs Erste alleine lassen, wobei ich darauf brannte, was Faith und Alex tun würden. Das ich noch in diesen Genuss komme, ahnte ich noch nicht.

Faith und Shay hatten sich auch wieder unter Kontrolle, auch wenn ich nicht im geringsten mitbekommen habe, was die beiden getrieben haben. Meine kleine Schwester bat ihren Mann noch etwas zu trinken zu holen, welcher nun etwas mürrisch verschwand. Mit einem langen Blick zu meiner Verlobten kam sie auf das Bett zu und schmiegte sich an den Rücken von Alex. Und es begann ganz langsam, unglaublich vorsichtig... doch beide Frauen fingen an, sich zu finden. Faith strich mit ihren Fingern über Alex´ Brüste und dann hinunter über den Bauch und fand dann den Weg zwischen ihre Schenkel. Meine Verlobte hingegen hielt sie für einen Moment im Nacken fest und küsste sie leidenschaftlich. Langsam drehte sich Alex zu Faith und öffnete sich ihr und ich half ihr dabei, meine eigene Lust übermannte mich schon wieder!

Shay war auch wieder anwesend und registrierte wohlwollend, dass seine Frau sich sichtlich wohlfühlte und hingab. So konnten wir beide den beiden zusehen und ließen sie sich erkunden. Bis auf kleinere Befehle, wussten Alex und Faith, was sie tun sollten, auch wenn es nicht von Nöten war. Als Faith dann ihren Kopf in den Schoss von Alex legte und ich meine Verlobte wohlig stöhnen hörte, war es fast um meine Beherrschung geschehen, doch dass würde ich sie gleich noch spüren lassen, mich so lange warten zu lassen. Als ich ihr sagte, sie solle sich jetzt darauf einlassen, kam Alex mit einem lauten „Faith“ auf den Lippen, jetzt aber war Shay an der Reihe, welcher seine Frau regelrecht quälte... er ließ sie nicht kommen.

„Mi sol, vielleicht solltest du Faith helfen?“ meinte ich schwer atmend und Alex Finger fingen an über den Körper von Faith zu wandern und ihre Lippen folgten ihnen. Meine kleine Schwester bog sich ihr entgegen und ich sah dieses zufriedenen Leuchten in den Augen von Shay. Er genoss diesen Moment in vollen Zügen, wie ich auch und als Faith dann mit einem gehauchten „Alex“ kam, zog ich einfach mein Verlobte zu mir auf den Schoss und nahm sie. Ich konnte mich nicht mehr zügeln und wollte es auch nicht. Sie befolgte meine Befehle, wie gewohnt und ich konnte es mir nicht verkneifen zu sagen, dass es noch ein Nachspiel gab, weil sie mich einfach so hat warten lassen!

Und plötzlich herrschte eine befriedigte Stille und ich atmete tief durch. Alex stand auf und goss zwei Gläser mit Wein ein. Eines reichte sie mit einem langen Kuss an Faith und das andere an mich, mit einem ebensolchen Kuss. Als sie jetzt davon kostete, sah ich in ihren Augen, dass sie mehr als nur den Wein schmeckte, sie sah zu meiner kleinen Schwester und dieser Blick reichte mir völlig! Doch Shay und ich spürten schnell, dass die Strapazen und Verletzungen des Kampfes der beiden Frauen nicht mehr zu leugnen sind und so beschlossen wir, die wohlverdiente Nachtruhe anzutreten. Etwas eifersüchtig nahm ich war, dass Faith und Alex innig aneinander geschmiegt lagen, doch ich konnte es nicht ändern. Wollte ich das? Eigentlich nicht, diese Sympathie war mir lieber, als der Hass und dieses Misstrauen. So deckten Shay und ich unsere Frauen zusammen zu und fielen alsbald in einen leichten traumlosen Schlaf.


 

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Der nächste Morgen war für mich nicht ungewöhnlich, ich war eigentlich immer vor Alex wach. Doch dieses Mal waren wir nicht alleine im Bett und diese flüsternde Eifersucht kam wieder in mir hoch. Also strich ich meiner Verlobten langsam über die Wange, über den Hals und weiter über die Brüste bis zu der Hand von Faith, welche ich jetzt von ihr löste. Denn diese wäre gerade nicht hilfreich. Verschlafen öffnete Alex die Augen und ich raunte nur ein „Guten morgen, mi sol“ an ihren Hals und meine Finger bahnten sich weiter ihren Weg. Meine Verlobte ließ es geschehen, ihr schwerer Atem zeigte mir, dass sie bereit war und ich wollte sie einfach … auch wenn Shay und Faith noch anwesend waren. Doch die beiden hatten ähnliche Pläne wie es schien, als sich meine kleine Schwester unter ihrem Mann befreien wollte, griff er einfach zu und sie hatte, genau wie Alex, einfach keine Chance mehr. Beide genossen wir für diesen Moment unsere Frauen, ohne Konsequenzen oder Moralpredigten!

Doch machen wir uns nichts vor, diese Nacht und auch dieser Morgen waren irgendwann vorbei, der Alltag hatte uns wieder. Alex und Faith hatten aber ein ganz anderes Problem, als Shay und ich. Die beiden Damen hatten sich mit ihren versteckten Klingen von der Kleidung befreit und diese lag nun in Einzelteilen auf dem Boden des Gästezimmers. Kurzerhand beschloss Faith, Alex einfach etwas von sich zu geben, beide hatten die gleiche Größe und mir fiel ein, dass ich noch immer das Kleid zurückgeben musste. Also verschwanden beide Damen im Ankleidezimmer des Hauses und ich machte mich daran, mich entsprechend frisch zu machen, so auch Shay. „Master Kenway... ich hoffe... das wird nicht zwischen uns stehen?“ fragte er mich plötzlich und ich sah ihn fragend an, bis mir dämmerte, was er meinte. „Nein, ich denke... wir sollten uns damit in Zukunft abfinden. Denn Alex und Faith werden uns sicherlich nicht in Ruhe lassen!“ gab ich lachend von mir und er konnte es sich auch nicht verkneifen, er dachte ebenso!

Als ich angezogen auf der Galerie erschien, waren auch die beiden Frauen wieder aufgetaucht und.... hatte Faith allen Ernstes Alex ihren Meisterassassinen-Ornat gegeben? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich funkelte beide Frauen böse an... ich wollte meine Verlobte nicht darin sehen! Doch ich hatte wohl vorläufig keine andere Wahl! Auch Shay warf Faith einen bösen Blick zu, bei Alex hielt er sich zurück! Doch July lenkte mich von dem ganzen Geschehen ab und so gingen wir hinunter, aber ich ließ Alex wissen, dass das noch ein Nachspiel hat! Diese Aussage quittierte sie mit einem breiten wissenden Grinsen und... ich seufzte nur, genau darauf würde es hinaus laufen.

Das Frühstück war einfach eine Wohltat und so konnten wir auch wieder aufbrechen. Jedoch nicht, ohne dass uns Faith zu einem Abendessen am morgigen Abend einlud. Ich hätte Alex gerne die letzten Stunden für mich ganz alleine, sie würde jetzt wieder aufbrechen, dass wusste ich. In diesem Moment gab ich ihr nach und eigentlich freute ich mich auch auf dieses Essen. Endlich war diese unsichtbare Barriere, diese Spannung zwischen ihnen weg und sie waren... ja, was waren Alex und Faith... Gleichgesinnte, Schwestern... sie waren im Einklang sie waren sich ähnlicher als sie dachten... Würden die beiden es je selber merken, fragte ich mich und als ich ihre Blicke sah, wurde mir klar, sie wussten es bereits!

Kapitel 24

„Es wird schwieriger“




Wir machten uns zu Fuß auf den Weg zum Fort George, Alex bat darum noch ein wenig von der Stadt zu sehen, ehe sie übermorgen abreiste. Dieser Gedanke war nahe liegend, aber ich wollte ihn nicht wahrhaben und verdrängte ihn vorerst wieder erfolgreich.

Ich zeigte meiner Verlobten also noch ein paar Sehenswürdigkeiten und sie hingegen kommentierte es oft mit den Worten „Das sieht heute fast noch genauso aus.“ Das klang jedes mal etwas seltsam, doch ich verstand was sie meinte. Auch bekam ich die Erklärung, was es mit diesen Visionen von damals und den Häusern auf sich hatte. Alex sprach davon, dass hier in New York zum Beispiel, in etwas über hundert Jahren, ganz andere Gebäude errichtet werden würden. Eben diese riesigen hohen Häuser, welche ich gesehene hatte. Wieder einmal wünschte ich mir, dass mit eigenen Augen in ihrer Zeit sehen zu können.

Sie hatte sich bei mir untergehakt, hing aber ihren eigenen Gedanken nach. Ab und zu, wenn ich zu ihr hinübersah, schien sie zu grübeln, dann wieder stieg ihr eine leichte Röte ins Gesicht. Ich muss vermutlich die ganze Zeit mit einem ziemlich dummen Grinsen herumgelaufen sein, es war faszinierend zu sehen, wie die Gefühlswelt sich in ihrem Ausdruck widerspiegelte. Doch ihre Gedanken hinsichtlich eines neuen Abschiedes konnte sie nicht verbergen und ich sprach sie einfach darauf an. „Ich muss, Haytham. Je länger ich bleibe, umso länger muss ich an meine Forschungen und alles andere hängen und würde noch später erst wieder zu dir zurück können.“ Das wusste ich natürlich, trotzdem fiel es mir wahnsinnig schwer, diese Frau loszulassen, mal wieder. Ich hatte es, wie schon gesagt, die Tage über verdrängt, jetzt wurde es aber konkret und ich wollte es nicht!„Mi amor, ich weiß nicht warum. Mir geht es ja genauso, immer wenn ich in deiner Nähe bin, ist mir alles egal und ich vergesse, wo ich gerade bin. Aber weißt du, was mich dieses mal etwas aufmuntern wird, wenn ich gehe?“

In diesem Moment wurde es mir bewusst. „Ja, beim nächsten Mal gibt es keinen Abschied mehr! Also werde ich jetzt nur noch warten können?“ fragte ich etwas zögerlich und ich legte meine Hand an ihre Wange. „Vorerst ja, aber nicht, dass du mir Dummheiten anstellst und ohne mich Abenteuer erlebst!“ erwähnte ich ihren Sarkasmus, der schon fast zur Perfektion ausgereift war? Doch dieser Satz bescherte mir ein Lächeln und ich hielt Alex fest. Natürlich würde ich jeden Schurken für sie aufheben, damit wir das gemeinsam erledigen konnten. Was aber hatte diese Frau mit mir gemacht? Ohne sie hatte ich dieses Gefühl von Leere und es war alles, es mag seltsam klingen, leblos. Mit den Worten, sie liebe mich und dass sie in meiner Gegenwart ebenso fühlt, gab sie mir einen langen Kuss.

Gegen Mittag machten wir uns langsam auf den Weg zurück zum Fort George, am Nachmittag wollte ich ihr noch das Hospital zeigen, in welchem Faith tageweise arbeitete. „Ich habe ja nur unsere Krankenhäuser im Kopf. Es wäre schon interessant zu sehen, wie es in dieser Zeit ist!“ meinte Alex neugierig. Nach dem Essen ging sie nach oben um sich umzuziehen, was ich durchaus begrüßte, dieser Ornat musste nun wirklich nicht sein. Kurz darauf kündigte man mir einen Besucher an und ich bat ihn in mein Arbeitszimmer. Es war Mr. Driftwood und eigentlich passte es mir gerade gar nicht, doch er war ziemlich aufgebracht.

In einigen Tagen sollte sich eine kleinere Delegation von Abgesandten hier in New York treffen, um die Belange der Kolonisten in geordnete Bahnen zu lenken und diesem beginnenden Schwelbrand vorzubeugen. Man konnte spüren, dass sich immer mehr Unmut in den Köpfen der Menschen breitmachte, ihnen wurden unter anderem völlig absurde Steuern abverlangt, welche sie noch nicht einmal verstanden. Das werde ich jedoch hier nicht weiter ausführen, es würde zig Bände einnehmen. Doch meinem Besucher ging es auch um einige Teilnehmer, es würden zu wenige der einfachen Bürger zugegen sein.

Vermutlich hatte er Recht, wir mussten versuchen, diese Menschen für uns zu gewinnen, damit sie auch etwas in der Menge bewirken konnten. In kleineren Gruppen würde es nichts bewirken wenn sie protestierten, es musste etwas größer angelegt werden! Also bat ich jetzt Mr. Driftwood, Masters Pitcairn, Johnson und Church zu benachrichtigen und ihnen mitzuteilen, dass wir auf dem Weg zum Versammlungshaus seien und uns dort gegen 16 Uhr treffen würden. Er verabschiedete sich und ich machte mich auf den Weg Alex zu suchen, damit ich ihr kurz sagen konnte, dass ich bald wieder zurück sei. So hoffte ich, doch mir schwante bereits böses.

Gerade als ich aus der hinteren Küchentür in den Hof trat, hörte ich wie meine Verlobte sagte „Danke Sybill, auf das Angebot komme ich sicher dann noch zurück.“ Welches Angebot? Meine Neugierde siegte mal wieder und ich fragte, ob sie etwa irgendwann hier Handel treiben wolle. Etwas erschrocken sah sie mich an, stand aber auf und kam auf mich zu. Ihre Arme schlangen sich um meinen Nacken und mit einem breiten wissenden Grinsen erklärte sie sich. „Mi amor, es gibt einfach Dinge und Themen, die einen Mann nicht unbedingt zu interessieren haben sollten!“ So so, die Damen hatten also ihre Geheimnisse vor mir, ich hoffte doch, sie planten nicht mich zu vergiften. Alex Kichern war jedoch die eindeutige Entwarnung für mich.

Wir standen im Eingangsbereich und ich erklärte ihr, dass ich heute Nachmittag noch einem Treffen beiwohnen musste, doch ich brauchte ihr nicht sagen, dass ich alleine dorthin ging. DAS hatte sie schon an meiner Einleitung gehört und war mir auch nicht wirklich böse deswegen. „Geh ruhig, ich habe dich vermutlich schon wieder zu lange von deiner Arbeit abgehalten. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen deswegen, Haytham. Ich finde sicherlich eine Beschäftigung.“ Davon war ich überzeugt. Also versicherte ich ihr noch, dass es nicht lange dauern wird und versuchte eine vorsichtige Beschreibung der Lage und den Bedürfnissen der Bewohner hier in den Kolonien.

Plötzlich sprach ihr Blick wieder Bände und sie versuchte ihrerseits eine Erklärung! „Es tut mir leid, aber es wird auch nicht wirklich besser werden in Zukunft hier. Doch du darfst nicht aufgeben, Haytham. Versteh mich nicht falsch, es ist wichtig, dass jeder für seine eigenen Ziele einsteht! Aber der Weg... es wird dauern!“ Sie hatte ja Recht, auch dieser Krieg mit den Franzosen und Indianer dauerte schon zu lange und es war kein Ende in Sicht. Also ging ich hinauf um mich umzuziehen und während ich so vor dem Schrank stand, ging ich in Gedanken noch einmal die Themen durch, welche angesprochen werden sollten. Insgeheim hoffte ich auf eine rege Beteiligung der Bevölkerung, weil es auch in ihrem Interesse lag, dass wir voran kamen.

Wieder unten, sah ich Alex in meinem Arbeitszimmer mit ihrem geliebten Kaffee und einem Buch am Schreibtisch sitzen. Ich musste mir wirklich keine Gedanken machen, dass ihr langweilig werden könnte ohne mich. Doch ich ging nicht, ohne sie noch einmal mit einem langen Kuss daran zu erinnern, dass sie mich über die geschriebenen Werke nicht doch noch vergisst. Ihr Lächeln war alles was ich brauchte und ich machte mich auf zur Versammlung.

Und es war, wie ich befürchtet hatte, nicht unbedingt ein Desaster, aber erschreckend ermüdend. Die Aristokraten waren sich ihrer Lage und ihres Geldes sicher und brachten das auch zum Ausdruck. Die wenigen Menschen, die sich hier mit eingefunden hatten, aus der normalen Mittel- und Unterschicht konnten nichts mit ihren Stimmen ausrichten. Im Gegenteil, diese Wichtigtuer übergingen sie einfach, William versuchte immer wieder Partei für sie zu ergreifen, scheiterte aber an dieser Übermacht der Reichen. Auch waren hier einige Befehlshaber erschienen, was ebenfalls nicht hilfreich war! Nach gefühlten Stunden der nutzlosesten Debatten, welche ich je ausgetragen hatte, wurde die Versammlung aufgelöst und ich machte mich frustriert auf den Weg nach Hause. William hatte sich kurzerhand zum Abendessen bei uns angemeldet, weil er, wie auch seine Frau, darauf brannten, Alex näher kennenzulernen.

Als ich eintrat, kam meine Verlobte gerade mit einer Tasse Kaffee aus der Küche und wollte wieder ins Arbeitszimmer. Vermutlich konnte sie in meinem Gesicht lesen, dass der Nachmittag nicht gerade zu meiner Zufriedenheit verlaufen ist. Dennoch fragte sie nach. „Mi amor, du siehst nicht gerade glücklich aus. Was ist denn passiert?“ Es war nur eine kleine Geste, doch irgendwie tat es gut, dass Alex Interesse zeigte. Aber ich hatte ja schon erwähnt, dass ich froh war jemanden an meiner Seite zu haben, mit dem ich auch über schwierige Themen reden konnte. Ich erklärte kurz, wie es gelaufen war und erntete einen langen Kuss von Alex als Entschädigung. Sie nahm mir meinen Gehrock ab, behielt aber ihre Tasse in der Hand und folgte mir mit nach oben. Ich ließ mich schwer aufs Bett sinken und fing an, darüber nachzudenken, was wohl noch alles auf uns zukommen würde. Wird es gut ausgehen, wie werden die nächsten Jahren aussehen?

Kapitel 25

*** Ein überraschendes Abendessen und nächtliche Lektionen ***



Alex´ Stimme riss mich aus meinen Überlegungen. „Haytham, du scheinst noch andere Gedanken zu haben. Willst du darüber reden?“ Sicherlich wollte ich darüber reden, doch ich wusste auch, dass mir meine Verlobte nicht alles bis ins Detail erzählen würde oder konnte. Diese Dinge griffen in die Geschichte ein, so vermutete ich. „Wenn es nichts gravierendes ist, dann kann ich dir sicherlich ein paar Dinge berichten. Doch wenn es um wirklich geschichts-schreibende Dinge geht, dann natürlich vorerst nicht.“ Auch Alex schien sich Gedanken zu machen, WAS denn Geschichte war und wie weit sie mich entsprechend einweihen konnte.

Also kam ich auf das Thema dieser immer abstruser werdenden Steuern und die horrenden Summen, die der König verlangte. „Diese Steuern werden in den kommenden Jahren immer absurder Haytham, leider. Und niemand kann etwas unternehmen. Noch sind die Männer und Frauen HIER nicht soweit, auf die Barrikaden zu gehen. Doch es wird passieren! Und dann... kommen auch Veränderungen, aber es wird dauern, einige Jahre noch. Doch friedlich wird es nicht ablaufen, das kann ich dir schon mal sagen!“ Und genau diese Befürchtung hatte ich, Großbritannien wird seine Kolonien nicht ungeschlagen aufgeben! Und meine Verlobte plante in diese Zeit zurück zukehren, obwohl sie von diesen ganzen widrigen Umständen und Gefahren wusste. Etwas in mir wollte sie nicht in Gefahr wissen, wollte, dass sie in Sicherheit blieb. Aber mein egoistisches Ich sah das ganz anders.

Alex hingegen widersprach natürlich meinen Befürchtungen, obwohl ich sie vermutlich etwas zu autoritär formuliert hatte. „Mi amor, es ist MEINE Entscheidung! Und ich habe eine Verpflichtung, diese werde ich sicherlich nicht aufgeben. Und... wir werden das dann gemeinsam hinbekommen! Ich glaube daran, Haytham!“ Und da war sie wieder, ihre Euphorie und ihre Zuversicht, welche so wahnsinnig ansteckend waren. Ich gab ihr einfach einen Kuss zur Bestätigung und gerade als Alex in meinen Armen lag, kündigte Jones das Abendessen an. „Wir werden nachher weitermachen, mi amor. Ich denke mal, du wirst ja wissen, wo du aufgehört hast!“ kam es in diesem süffisanten Tonfall, welcher mich sicherlich dieses Versprechen von ihr nicht vergessen ließ und meine Hand glitt unter ihre Röcke. Doch ich ließ sie zappeln, ich wusste, das Alex diese Aktion nicht fair fand. Sie musste sich eben auch noch gedulden, genau wie ich auch!

Unten im Esszimmer bekam ich einen fragenden Blick von meiner Verlobten und in diesem Moment fiel mir wieder ein, dass ich ihr noch gar nicht von den Gästen erzählt hatte. „Das hättest du mir doch sagen müssen, wie sehe ich denn aus? Völlig zerzaust und … Haytham, ich habe einfach nur was unscheinbares an.“ Diese Panik in ihrer Stimme hatte ich so noch nie von ihr gehört. Nunja, es war nicht nur Panik, Alex war ziemlich böse und eilte mit einem zornigen Blick in meine Richtung nach oben. Meine Entschuldigung blieb jedoch ungehört, sie ließ mich einfach stehen. Doch ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, es war tatsächlich mal eine typische Frauenreaktion von ihr!

Kurz darauf erschienen William und Amelia-Sophie und wir gingen schon einmal ins Esszimmer. „Habt ihr eure Verlobte etwa vor uns versteckt, Master Kenway?“ fragte Mrs. Johnson lachend. „Nein, sicher nicht. Mrs. Frederickson ist nur kurz oben um sich frisch zu machen.“ entschuldigte ich ihr Fehlen. Wir kamen noch einmal auf den heutigen Nachmittag zu sprechen, auch William war alles andere als erfreut über den Ausgang dieser Versammlung. „Master Kenway, wir können nur hoffen, dass wir in Zukunft mehr von der Bevölkerung bewegen können, sich dem ganzen anzuschließen. Es liegt eindeutig auch in ihrem Interesse. Ich verstehe nicht, warum man so lethargisch alles auf sich zukommen lassen kann.“ kam es frustriert von ihm und auch seine Ehefrau pflichtete ihm bei. „Man muss doch einsehen, dass man nur etwas bewirken kann, wenn sich ALLE zusammenschließen.“ meinte sie kopfschüttelnd und ich muss sagen, Mrs. Johnson hatte oft interessante Ansichten und sie war belesen. Die beiden gaben das perfekte Paar ab, sie ergänzten sich wunderbar.

Als Alex erschien, erhoben wir uns und Master Johnson begrüßte sie mit dem obligatorischen Handkuss und die beiden Damen wurden noch einmal vorgestellt. Meine Verlobte hatte es geschafft, sich in dieser kurzen Zeit in eines ihrer besten Kleider zu zwängen, aber sie sah fantastisch darin aus. Ich kam nicht umhin, sie voller Stolz anzusehen, auch William lobte ihr Äußeres. Das Essen wurde aufgetragen und die Gesprächsthemen drehten sich um Belanglosigkeiten, Politik gehörte nicht hierher.

Anschließend gingen wir hinüber in den Salon und ich konnte weiter meine Theorien bezüglich der Kolonisten und den Steuern und dem ganzen Drumherum erörtern. Mir fiel dabei auf, dass Alex und auch Mrs. Johnson sich immer wieder gekonnt in das Gespräch einbrachten. Es war eine Wohltat, sie schienen sich nicht, wie so viele andere Damen, damit zu langweilen. Im Gegenteil, es machte Freude, auch diese Ansichten und Gedankengänge mit einzubeziehen. So verging die Zeit recht schnell und gegen 22 Uhr verabschiedeten sich die Johnsons, jedoch nicht, ohne mitzuteilen, dass man sich auf ein Wiedersehen freute! In der Art, wie meine Verlobte mit Amelia-Sophie umging, konnte ich sehen, dass sie sich sympathisch waren. Eigentlich waren sie sich auch ähnlich, beide waren klug und hatten einen eigenen Kopf.

Wir saßen eine Weile gemeinsam auf dem Sofa vor dem Kamin und ich genoss die Stille und Nähe von Alex. Ihr Blick lag gedankenverloren auf ihrem Weinglas und als ich sie darauf ansprach, ob alles in Ordnung sei, schien ich sie aufgeweckt zu haben. „Hmmm? Doch doch... es ist alles in Ordnung. Ich dachte nur gerade an die Johnsons, sie sind sehr angenehme Gesprächspartner und Gäste. Ich wusste gar nicht, dass Master Johnson verheiratet war. Das muss ich wohl überlesen haben!“ Gelesen? Dann kannte sie William aus Aufzeichnungen und Geschichtsbüchern? „Ja, ich habe über ihn gelesen. Genauso wie über Charles, Thomas, Benjamin und Jonathan. Haytham, ich musste doch wissen, wer dich so umgibt. Ich kann doch nicht völlig ins Blaue agieren, ohne überhaupt einen Anhaltspunkt zu haben.“

Trotzdem war es für mich immer noch befremdlich zu wissen, dass sie Einblick in solche Dinge hat und es behagte mir einfach nicht. Doch dann wusste sie ja über diese Herren Bescheid und über einen, explizit Charles, vermutlich auch noch mehr. Diesen Gedanken äußerte ich auch laut. Ihre Antwort war wieder so typisch für Alex, doch ich ließ mich darauf ein. „Ja, EINEN auf jeden Fall! Aber... es gibt da einen anderen Mann, der es mir weitaus mehr angetan hat und der sitzt hier neben mir!“ Langsam setzte sie sich auf meinen Schoß und ich umschloss ihre Lippen mit meinen, es war zum verrückt werden. Ihr Ton beim nächsten Satz brachte mich völlig um den Verstand. „Master Kenway, muss ich euch tatsächlich noch darüber aufklären, dass es einen Mann in meinem Leben gibt, der mich alles vergessen lässt?“ Ich erklärte, dass ich sicher wusste, wen sie meinen könnte und wir sollten das Ganze im Schlafzimmer weiter besprechen. Ihre Manieren ließen mal wieder zu wünschen übrig und ich hätte noch ein ganzes Stück Arbeit vor mir, aber angenehme Arbeit möchte ich betonen!

Ich hob sie hoch und trug sie einfach nach oben, schloss hinter uns die Tür und drückte meine Verlobte dagegen. Ihre Röcke schob ich einfach beiseite, ich hatte es etwas eilig, die Kleidung musste warten. Und wieder konnte ich spüren, als ich sie fordernd küsste, dass sie sich mir einfach öffnete, ohne Fragen oder Gegenwehr. Es war wieder diese Hingabe von ihr, welche mich weitermachen ließ und sie klammerte ihre Hände nur noch in meinem Nacken zusammen, während ich uns beiden Erlösung verschaffte.

Doch damit war ich noch nicht fertig mit Alex. Ihre Manieren lagen mir etwas quer, sich einfach so an mich heran machen, war vor den Angestellten einfach ein Unding. Auch waren es Kleinigkeiten während des Essens und später im Gespräch mit den Eheleuten Johnson. Also ich mache es kurz, ich konnte dieser Frau mal wieder einige meiner Ansichten näher bringen und hoffte, sie würde sie verinnerlichen. Spätestens morgen früh würde sie sich daran erinnern, wenn ich so an ihren Hintern dachte und schmunzelte in mich hinein.

Sie schmiegte sich an mich und dann kam mir der Gedanke, dass ich Angst davor habe, sie könne all das hier vergessen und sich in ihrer Zeit, nunja, jemand anderen suchen. Irgendwie stammelte ich aber mehr, ich wusste mich nicht richtig zu artikulieren. „Haytham dein Ernst? Ich würde mir doch nicht jemand anderen suchen, nur weil ich gerade … ich... weiß ehrlich gesagt nicht, was ich gerade davon halten soll. Ich hoffe, DU wirst dir nicht einfach so eine andere Frau fürs Bett holen?“ Sie deutete es richtig, doch ich würde mir sicherlich keine andere nehmen. Ich hatte nicht ohne Grund Stunden damit zugebracht, sie im Schlaf zu beobachten oder wenn sie am Tisch saß. Das waren Momente für die doch sehr einsamen Nächte in Zukunft, vor denen mir eigentlich graute.

„Dann sind wir uns ja einig, mi amor. Die einsamen Nächte werde ich nämlich mit eben solchen Augenblicken von dir überstehen!“ Hauchte sie mir jetzt ins Ohr und ich spürte wie eine Gänsehaut über meinen Körper lief. „Ich würde dann zu gerne Mäuschen spielen, Master Kenway!“ Der nächste Schauer ihrer Worte ließ nicht lange auf sich warten. Ich teilte ihr nur mit, dass wir dann schon zu zweit seien und deckte uns langsam zu, damit wir die letzten Momente auch noch verinnerlichen konnten.

Kapitel 26

*** Die letzten gemeinsamen Stunden ***



Manchmal konnte man einen Morgen ja auch verfluchen, ich tat es gerade. Doch als ich auf meine Verlobte sah, besänftige dieser Anblick mein Gemüt und ich wurde wie selbstverständlich ruhiger. Seit kurzem schien Alex zu spüren, dass ich sie beobachtete, weil es nicht lange dauerte und sie schlug ihre Augen auf. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht fragte sie mich „Guten morgen, mi amor! Ich hoffe, ich sehe nicht allzu ramponiert heute morgen aus? Nicht dass du so ein Bild im Kopf hast später!“ Da wurde mir bewusst, dass ich in den letzten Tagen nie wirklich nach ihrem Befinden gefragt hatte, vor allem wenn es etwas ungezügelter im Bett von Statten ging. Da war dieses leise schlechte Gewissen und ich versuchte es zu beschwichtigen, in dem ich ihr sagte, dass sie nicht allzu schlimm aussah. Bis auf ein paar blaue Flecken im Gesicht, sah sie fantastisch aus. Doch nun ließ es mir keine Ruhe und ich erkundigte mich nach den Schmerzen.

„Sie halten sich in Grenzen. Dank meiner Medikamente, die ja hier gelandet sind, kann ich sie betäuben.“ Alex´ Lächeln kam jetzt etwas gequält, so als würde sie sich erst jetzt selber bewusst, dass da ja etwas mit ihrer Nase nicht in Ordnung war. Dann war Faiths Diebstahl ja doch noch zu etwas gut, sagte ich nur. „Ich verdurste, Haytham.“ kam es jetzt jammernd von ihr und ich musste sie enttäuschen, es sei denn, Alex würde Wein am morgen trinken, was ich aber bezweifelte. Als ich anmerkte, dass sie vermutlich ihren Kaffee bevorzugen würde, kam ein erfreutes und überaus laszives „Oh das wäre fantastisch, Master Kenway.“ aus ihrem Mund. Alex wusste aber noch nicht, dass Mrs. Wallace bereits Bescheid wusste. Also ließ ich sie jetzt zappeln und hieß sie aufstehen, damit wir nach unten gehen konnten. Dieser wahnsinnig enttäuschte Ausdruck auf ihrem Gesicht und dieses trotzige „Wenn du meinst!“, da sie mit einer anderen Aktivität gerechnet hatte, war einfach unglaublich und mein schlechtes Gewissen schäumte schon fast über.

„Ich habe Mrs. Wallace bereits Bescheid gegeben, sie bringt ihn dir gleich! Oder glaubst du, ich lasse dich heute einfach so aus meinem Bett?“ erklärte ich jetzt, bevor noch ihre Wut die Kissen auf mein Gesicht wandern ließ, ich wollte morgens kein Risiko eingehen! Ihre Arme schlangen sich stattdessen um mich und sie flüsterte ein „Danke, mi amor!“ an mein Ohr und dann klopfte es auch schon. Sybill erschien mit dem Kaffee in der Hand. „Bitte Mrs. Frederickson. Ich hoffe, ihr fühlt euch nachher wieder wohler und könnt das Bett verlassen!“ sprach meine Haushälterin mit einem wissenden Grinsen im Gesicht, sie war weder blind noch taub! Als Alex mit diesem Getränk am Kopfende lehnte und darauf sah, konnte ich nur mit dem Kopfschütteln. „Was denn? Ich liebe diesen Duft einfach und... ich kann halt nicht ohne!“ Genau wie Sybill war ich weder blind, taub oder dumm, ich hatte das schon bemerkt. Also würde ich meine Verlobte vor diesem ersten Kaffee besser in keine tiefen Diskussionen verstricken, weil mir vermutlich sonst eine sehr kurze Lebenserwartung beschieden sein würde. „Das solltest du, Haytham. Es sei denn, du möchtest, dass ich doch noch meine Fantasien bezüglich der Kissen in die Tat umsetze!“ Darauf konnte ich verzichten, es sei denn sie LAG in diesen und unter mir und... verzeiht, meine Gedanken schweifen schon wieder ab.

Doch ich hatte die Gelegenheit, diese Frau bis zum Mittag wenigstens in meinem Bett zu haben und wir nutzen sie ausgiebig. Wir lernten uns weiter kennen, Alex wie auch ich, hatten beide eine Vergangenheit, welche wir uns nun nach und nach erzählten. Auch diese Dinge und Ereignisse mit den Göttern waren ein Thema, denn in dieser Hinsicht waren wir noch ganz am Anfang der Erkenntnisse und Alex würde vermutlich noch weiter suchen, wenn sie wieder in ihrer Zeit war.

Dann sah ich in ihren Augen, dass sie die Nacht mit meiner kleinen Schwester im Kopf hatte und in mir spürte ich wieder diese leise Eifersucht empor kriechen. Also nahm ich mir mein Herz und fragte einfach, was das zwischen ihr und Faith war. Warum es gerade eine Frau war, mit der sie so eine mittlerweile doch innige Beziehung hatte! Gleichzeitig versuchte ich zu erläutern, dass ich natürlich auch einige sehr anzügliche Phantasien bezüglich von zwei Frauen hatte. Alex hingegen schien einen, wie soll ich es sagen, verliebten Ausdruck im Gesicht zu haben, wenn sie an Faith dachte. Bis vor kurzem noch, wollten sie sich umbringen und jetzt dieser Gefühlsumschwung? Woher rührte er?

„Haytham, WAS genau so ein Gefühl auslöst, weiß ich nicht. Doch bei Faith war es von Anfang an eine gewisse Anziehung, woher sie rührt, kann ich dir nicht sagen. Sie ist faszinierend und ebenso neugierig und wissensdurstig wie ich, wir sind uns sehr ähnlich. Das hast du selber auch schon bemerkt. Und... es ist einfach schön, wenn man eine Frau im Arm hält. Unsere Körper sind einfach weicher und … ich weiß nicht. Es fühlt sich gut an. Du brauchst aber keine Angst haben, ich ziehe sie dir nicht vor. Du bist und bleibst meine Nummer Eins. Ok... den Platz teilst du dir mit meinem Sohn, aber du stehst ebenfalls ganz oben bei mir!“ Eine so ausführliche Erklärung hatte ich ehrlich gesagt, nicht erwartet, doch es war... zufriedenstellend. Als ich dann anmerkte, dass man mich dann sicherlich an manchen Abenden, wenn Faith zugegen war, nicht bräuchte, sah mich meine Verlobte mit einem liebevollen Lächeln an und meinte nur „Das könnte durchaus sein, wenn sie in der Gegend ist, Zeit hat und ich auch. Aber das werden wir dann sehen, mi amor. Bis dahin gehört meine ungeteilte Aufmerksamkeit dir alleine!“ Ein Kuss von ihr und meine Gedanken überschlugen sich schon wieder, doch dann kam noch ein Zusatz. „Und sie schmeckt einfach fantastisch...“ dieser Satz kam aber so seufzend und nuschelnd, dass ich ihn fast nicht verstanden hätte und vermutlich auch nicht hören sollte.

„Aha... ich wusste doch, da war noch etwas anderes. Dann will ich hoffen, dass ich da mithalten kann, mi sol!“ meinte ich gespielt beleidigt und es war einfach dieses unausgesprochene zwischen uns, Alex verstand, wie sie mich überzeugen konnte! Sie schob sich über mich und ihre Küsse ließ sie über meinen Mund, den Hals, meine Brust und immer tiefer wandern. Ihre Lippen umfingen mich plötzlich ohne Vorwarnung und ein tiefes Aufstöhnen kam über meine Lippen. DAS war Bestätigung genug, dass sie keinen Unterschied machte, sondern dass ich immer noch an vorrangiger Stelle stand, was den Geschmack anging. Und sie kostete mich bis zum Schluss... als ich langsam wieder zu Atem kam, konnte ich auch nur „So ohne Vorwarnung?“ fragen, mein Kopf war nämlich gerade... leer! „Hätte ich vorher einen Antrag stellen sollen, Master Kenway?“ Diese Frau war einfach unmöglich, aber so schlagfertig und frei raus, dass ich sie einfach nur haben wollte. Doch für diesen Satz hatte sie meine flache Hand auf ihrem Hintern verdient und ein „AUA!“ bestätigte mich in meinem Tun, dass ich ganze Arbeit geleistet hatte.

Plötzlich vernahm ich ein Knurren aus meiner Magengegend und auch Alex grinste mich in diesem Moment an. Wir sollten wirklich langsam aufstehen. Als ich kurz auf der Bettkante saß und durch meine Haare fuhr, konnte ich wieder ihren Blick im Nacken spüren. „Du solltest sie so lassen, auch wenn sie mittlerweile schon ziemlich lang sind. Ich finde, es steht dir!“ kam es von ihr und sie gab mir einen vorsichtigen Kuss in den Nacken. Doch meine Erklärung, dass es immer schwieriger wurde, sie morgens in das Haarband zu bekommen, stieß prompt auf das übliche logische Gegenargument. „Dann bitte vorerst deinen Kammerdiener, das für dich zu übernehmen und wenn ich dann wieder hier bin, werde ich für die Pflege und das Bürsten zuständig sein, mi amor!“ Also schön, ich würde es so belassen, für solche Belange hatte ich ja schließlich Jones! Als ich mir nun Alex ansah, standen ihre Haare zu allen Seiten ab und gaben ihr das Aussehen einer Furie, einer sehr hübschen Furie, MEINER Furie, wenn ich das so sagen darf. Eine letzte Erinnerung an letzte Nacht mit meiner Handfläche auf ihrem Po durfte aber nicht fehlen.

Unser Essen war etwas mager, wir würden heute Abend noch bei den Cormacs zu Abend essen und das üppig vermutete ich. Wenn Faith kochte, dann richtig und wenn ich Alex´ Aussage einfach zitieren darf, dann war es für eine ganze Kompanie und mehr! Danach machten wir uns noch einmal auf den Weg durch die Stadt, Alex hatte bei Weitem noch nicht alles gesehen und ich wollte, dass sie so viele Eindrücke wie möglich in sich aufnehmen konnte, als Erinnerung an unsere Zeit hier. Ich weiß, es würde kein Abschied für immer sein, doch auch für mich waren diese gemeinsamen Momente wichtig. So konnte auch ich die Zeit, wenn ich dann wieder alleine war, besser überbrücken. Ich schlug keinen bestimmten Weg ein, sondern führte meine Verlobte eigentlich wahllos durch New York. „Hier möchte ich aber nachts auch nicht alleine und unbewaffnet herumlaufen.“ meinte sie des öfteren und da hatte Alex recht. Gerade als Frau war sie hier so etwas wie Freiwild bei den Rotröcken.

Bei diesem Gedanken verdunkelte sich mein Gemüt wieder, diese Truppen des Königs waren alles andere als gut erzogen oder gedrillt. Von Tag zu Tag konnte man spüren, dass diese Hummerbuckel nicht mehr gerne gesehen waren hier. Sie benahmen sich wie Barbaren, stahlen, plünderten und vergewaltigten, ohne irgend eine Konsequenz erwarten zu müssen. Leider war es die Krone welche sie schützte. NOCH! Doch das würde eines meiner Ziele sein, diese Zustände endlich zu unterbinden, auch wenn es noch Jahre dauern würde. Ich schüttelte diesen Gedanken wieder ab und wir gingen weiter.

Gerade als wir auf dem Markt ankamen, eilte uns Mr. Driftwood entgegen, welcher auch gestern noch bei der Versammlung zugegen war. Mit einer tiefen Verbeugung in meine Richtung meinte er nur, er wäre froh mich hier zu treffen und hätte etwas sehr wichtiges mit mir zu besprechen. DAS konnte ich mir denken, er sah nicht gut aus und war ziemlich aufgebracht. Alex begrüßte ihn ebenfalls und ging dann mit den Worten „Ich glaube, die Herren haben wichtiges zu besprechen, dann werde ich... meine Einkäufe fortsetzen. Master Kenway, ihr findet mich sicher schnell wieder.“

Der Herr unterrichtet mich nun, dass man ihn zuhause überfallen hätte letzte Nacht. Ich wusste, er war Unterstützer der Krone und das passte so einigen Leuten hier nicht in den Kram. Es brodelte zwischen diesen Parteien und eine Einigung war nicht in Sicht. Mr. Driftwood hatte sich allerdings gestern auch nicht unbedingt Freunde gemacht, als er erwähnte, dass man doch bitte dem König so viel Hilfe wie möglich zukommen lasse solle, damit er die Kolonien auch aufrecht erhalten könne. Das war es, was gerade jetzt nicht passte, man konnte nicht einfach nur Geld aus den Bewohnern pressen und sie trotzdem unterdrücken. Man sollte ihnen entsprechende Gegenleistungen gewähren, doch davon war der König sehr sehr weit entfernt und hatte sich auch nicht ein einziges Mal von den Zuständen hier selber ein Bild gemacht. Es war ein Trauerspiel, welches es hieß zu beenden für die Kolonisten! Ich als Engländer hatte zwar gewisse moralische Bedenken, doch ich hatte Augen im Kopf und einen klaren Verstand, so konnte ich mir an drei Finger abzählen, dass hier bald das Fass zum Überlaufen kam. Mr. Driftwood verabschiedete ich mit den Worten, dass wir sicherlich noch eine Einigung finden werden, auch wenn ich es nur halbherzig daher sagte. Doch so ging er und ich machte mich auf die Suche nach meiner Verlobten.

Kapitel 27

*** Ein letzter gemeinsamer Abend ***




Während ich nun auf der Suche nach Alex war, hing ich meinen Gedanken nach. Hatte sie Recht, dass es in späteren Jahren zu großen Auseinandersetzungen kommen würde? Auch hatte sie von Aufständen gesprochen, was die Sklaverei anging, doch was hatte ich damit zu tun? Es gab mal wieder viele Frage, welche ich gerne beantwortet hätte, doch ich wusste auch, ich bekäme keine klärenden Worte darauf. Innerlich seufzte ich mal wieder und wünschte mir, ein einziges Mal nur, in Alex´ Zeit zu reisen, einfach nur, damit ich die Geschichtsbücher sehen konnte. Ich wollte wissen, was sie wusste! War das etwa falsch? Dieser Gedanke trieb mich um, während ich auf der Suche nach meiner Verlobten war.

Ich fand sie, aber nicht wie vermutet auf einem Markt, sondern an einer kleinen Kirche. Sie stand an den Zaun dort gelehnt und sah auf eine kleine Gruppe von Trauernden, welche einem Begräbnis beiwohnten. Warum war sie hier? Etwas erschrocken sah sie mich an. „Ich weiß es nicht, als ich hier vorbei kam, fingen sie gerade an und... ich bin einfach stehen geblieben. Ich hasse solche Szenen eigentlich.“ Alex nahm aber meinen Gemütszustand wahr und fragte mich ohne Umschweife „Haytham, was ist los? Gab es schlechte Neuigkeiten von Mr. Driftwood?“ Ihr Gespür dafür war ungewohnt, aber auch wieder beruhigend. Also berichtete ich von dem Überfall und dass dieser Herr eben ein Befürworter der Krone war. „Ja, die Loyalisten haben es nicht leicht und es wird immer schlimmer für sie in den kommenden Jahren. Aber ich sagte dir ja schon, halte an deinem Vorhaben fest und lass dich nicht von irgendwelchen Rückschritten entmutigen!“ Ich stand nicht auf Seiten der Krone, also würde ich unbehelligt bleiben, so hoffte ich!

Diese Worten taten gut, meine Verlobte glaubte an mich, an uns und unser Vorhaben. Es würde ein langer Weg werden, welcher nicht ohne Kämpfe von statten gehen würde, im Gegenteil, dass hatte sie mir schon erklärt. „Nein, ohne Kampf wird es nicht gehen. Aber bis dahin bin ich wieder hier und ich werde dir zur Seite stehen, Haytham!“ Vor meinem geistigen Auge sah ich Alex, wie sie vor Wut und Zorn jemandem die Leviten las, ich war bisher davon verschont geblieben, wollte aber auch nicht in diesen Genuss kommen! „Du hast ihn noch nicht abbekommen, ich war immer zurückhaltend und...“ Sie war bitte was? Zurückhaltend? WANN war sie das? Dazu kam ja auch diese doch sehr ungehobelte Sprache, welche ich oft nicht verstand und... ich sah Alex nur mit einer tadelnd hochgezogenen Augenbraue an. „Verzeih mir, aber ich kann mich nicht immer beherrschen. Doch ich werde daran arbeiten! Versprochen, Master Kenway!“ das war nicht fair, diesen Ton anzuschlagen, auf offener Straße, ich hätte sie bei diesen Worten... Ich sah in ihre grünen Augen und versuchte mich selber wieder zu beruhigen. Es war schwer, aber es funktionierte.

Wir mussten uns aber so langsam auf den Weg nach Hause machen, das Abendessen mit Master Cormac und seiner Frau stand an. Ich wollte dass meine Verlobte umwerfend aussah, auch wenn sie das schon so tat... doch ich schweife schon wieder ab. Wir gingen also wieder in Richtung Fort George und Alex erzählte mir von einer Frau, welche sie vorhin auf dem Mark angesprochen hatte. Laut ihrer Beschreibung konnte ich besagte Dame aber auch nicht zuordnen, also war sie vermutlich auch nicht wichtig. Oder ich wurde ihr eventuell einmal vorgestellt und hatte es schon wieder vergessen, wer weiß das schon?

Jones nahm uns in Empfang und wieder einmal sah ich diesen pikierten Ausdruck von ihm, wenn er Alex ansah, so als wäre sie seiner nicht würdig. Ich sollte ihn diesbezüglich noch einmal auf seine Stellung hinweisen, ging es mir durch den Kopf. Meine Verlobte hingegen, eilte nach oben um sich frisch zu machen. Ich blieb noch kurz hier unten, es waren noch zwei Schreiben für mich eingetroffen. Doch es waren recht belanglose Schriftstücke, welche sich auf die Suche der Artefakte bezogen. Es war immer das Gleiche, jeder schien mehr zu wissen als der andere und die irrsinnigsten Gerüchte keimten auf. Seufzend legte ich die Briefe beiseite und sah wieder die Notizen von Alex. Ihre Handschrift war einfach sehr eigenartig, aber flüssig, genau wie ihre Gedanken, auch wenn das ein sehr seltsamer Vergleich war. Was musste sie alles für geschichtliches Wissen inne haben? Es müssten 250 Jahre an Wissen zusätzlich bei ihr im Kopf sein, welches ich noch nicht hatte und ich war tatsächlich ein wenig neidisch in diesem Moment.

Vorsichtig strich ich über diese Aufzeichnungen und legte sie wieder ordentlich auf den Schreibtisch, doch als ich sie berührte, war es, als stünde sie neben mir. Eine wohlige Wärme und ein solch warmer Schauer überliefen mich dabei. Dann stand ich auf und ging ebenfalls hinauf um mich fertig zu machen. Morgen früh würde sie wieder in ihre Zeit reisen und ich werde versuchen müssen, unser Leben aufzubauen, auch wenn sie noch nicht dabei war. Doch was ist, wenn sie gar nicht dieses Bedürfnis hat, zurück zukommen. Wenn sie doch lieber in ihrer Zeit bleiben wollte? Doch ich schob diese dunklen Wolken aus meinem Kopf und ging einfach ins Schlafzimmer!

Als ich eintrat, stand Alex bereits vor dem Kleiderschrank und war dabei in das Korsett zu schlüpfen. Wie passend, dann konnte ich ihr ja helfen, ich war der Meinung dieses Kleidungsstück brachte ihre Oberweite sehr gut zur Geltung und ich ertappte mich mal wieder bei sehr unanständigen Gedanken. „Ich nenne sie lieber Folterinstrumente, Haytham. Aber... könntest du mir bitte einen Gefallen tun?“ in ihrer Stimme lag ein süffisantes und eine sehr gespielte Geziertheit, also fragte ich etwas zögerlich nach. „Könntest du bitte eine Handbreit Platz lassen und mich nicht bis zum äußersten einschnüren? Ich würde schon gerne etwas essen können nachher. Faith gibt sich große Mühe und ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es nicht schmeckt!“ Darauf hätte ich auch alleine kommen können! Doch ich spielte dieses kleine Theater mit und seufzte ebenso dramatisch und rollte mit den Augen. Als ich erwähnte, dass ich es sicher tun würde, aber nur unter einer Bedingung, sah ich in ihren Augen, dass sie GENAU wusste, was jetzt kam.

Also bekam sie eine klare Ansage von mir „Ihr werdet nachher eine neue Lektion bezüglich des Anstandes lernen, ohne Widerworte, habe ich mich klar ausgedrückt, Mrs. Frederickson?“ Ich konnte ihre Lust in diesem Moment regelrecht sehen, welche sich durch ihren Körper bewegte! „Wie ihr wünscht, Master Kenway“ war alles, was ich ich hören wollte. Doch ich musste sie daran erinnern, dass es Zeit war. Ich ließ ungerne Gastgeber warten, auch wenn sie zur Familie gehörten! Ich erfüllte ihren Wunsch und half ihr noch in das grüne Seidenkleid. Erst jetzt sah ich, dass man die blauen Flecken der gebrochenen Nase gar nicht mehr sah. Wie es schien, hatte sie sie abdecken können. Doch aus Höflichkeit fragte ich nicht nach, das geziemte sich nicht. Vermutlich würde aber Faith sie darauf ansprechen, auch sie bedurfte solcher Kosmetik hin und wieder nach Kämpfen.

Auch Alex hatte Faith plötzlich im Sinn, aber nicht so wie ich, wie es schien, in ihre Wangen war eine leichte Röte gestiegen. Ich äußerte meine eigenen Gedanken hinsichtlich dieser gemeinsamen Nacht und dass ich mich auf eine Wiederholung auch freuen würde! Nun war es aber wirklich Zeit, wenn ich dieses Weib noch länger so betrachtete würde ich sie einfach ins Bett zerren und wir kämen hier gar nicht mehr weg!

Die Kutsche brachte uns zum Fort Arsenal, wo wir von Marge freudig in den Salon gebracht wurden. Meine Patentochter war schon im Bett, wie es schien, was Alex mit einem traurigen Blick quittierte. Master Cormac begrüßte sie wie immer etwas unterkühlt, doch das wurde mit dem Kuss, welchen Alex mit Faith teilte wieder wett gemacht und ich konnte nur mit den Augen rollen. Vor Monaten sagte ich voraus, dass diese beiden Frauen sich ähnlicher waren, als sie sich selber eingestehen wollten! Und jetzt? Hatte ich ernsthaft Konkurrenz zu befürchten? Doch Alex hatte mir immer wieder versichert, dass es zwei verschiedene Paar Schuhe waren! Also glaubte ich ihr, ich versuchte es, so gut es ging... doch hatte ich nicht auch eine Nacht mit den beiden... Nein, ich schweife schon wieder ab und wenn ich ehrlich bin, ich kann mich wirklich nicht daran erinnern!

„Oh, du glaubst gar nicht, wie sehr ich irisches Essen mag. Obwohl ich eigentlich eher zu den Dänen gehöre... aber die Iren, auch wenn einige HIER mir nicht wohlgesonnen sind, haben es mir angetan.“ Dieser Satz riss mich aus meinen Gedanken und ich sah, wie Shay mich entrüstet ansah bei diesen Worten. Was konnte ich für Alex´ Ansichten? Er war derjenige, welcher ihr gegenüber immer noch sehr misstrauisch war, warum auch immer.

Während des Essens, konnte ich diese förmlich sprechenden Blicke zwischen Faith und Alex sehen und fand es, nunja, nicht wirklich gut. Auch sie hatten eine Ebene erreicht, welche mir UND auch Shay vermutlich noch verborgen bliebe. Damit mussten wir wohl zurecht kommen.

Als wir dann im Salon saßen und das Essen sacken ließen, kam ich mit Master Cormac auf das Leben hier und im Umland zu sprechen. Unter anderem äußerte ich diesen Gedanken mich hier nieder zulassen, doch WO war mir einfach noch nicht so ganz klar. Zumal ich auch nicht wusste, ob nur ein Anwesen, eine Plantage oder einfach nur ein Landhaus. „Ich würde dir Virginia vorschlagen, Haytham. Es ist eine wunderschöne Gegend und du könntest dich mit einer Plantage sicherlich anfreunden, oder?“ hörte ich Alex´ so typische euphorische Stimme plötzlich und dieses Funkeln in ihren Augen sagte mir, dass sie mir gerade mitteilte, WO ich wirklich sesshaft werden würde. Also wusste sie es schon... In mir breitete sich dieser wohlige Funken aus, dass ich nun wusste, wo ich UNSERE Zukunft ansetzen und planen konnte und war Alex mehr als dankbar, dass sie sich nicht immer an die Regeln der Zeitreise-Richtlinie hielt!

„Nun, ich wollte nur einen Denkanstoß geben, Haytham.“ war alles, was sie sagen musste!

Kapitel 28

*** Wird sie mich vergessen? ***




Plötzlich meinte Faith nur „Bruder, auch wir wissen schon etwas mehr, nämlich dass wir definitiv noch mehr Nachwuchs bekommen werden. Das hat Alex uns schon beim letzten Besuch erklärt!“ Sie würden also als Familie wirklich weiterwachsen? Es gäbe dann auch sogar Enkelkinder? Es war noch in weiter Ferne, aber dieser Gedanke beflügelte mich ungemein. Also war doch nicht alles so dunkel wie man es sich ausmalte! Shay äußerte denselben Gedanken und zum ersten Mal sah ich ihn Alex anlächeln und zwar friedlich und wohlwollend. Wuchsen wir jetzt hier gerade alle zusammen? War es das, was dieses seltsame „Schicksal“ von uns wollte?

Leider kam ich aber mit Shay auf die Artefakte und mit ihnen unwillentlich auf die politischen Geschehnisse zu sprechen. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Faith und Alex das nicht hören wollten, Alex nicht, weil sie wusste, was kam und Faith, weil sie tagtäglich mit diesen Diskussionen zu tun hatte. Beide erhoben sich und gingen einfach hinaus, doch diese traute Zweisamkeit bescherte mir eine Eifersucht beim Denken, welche nicht gerade förderlich für die Gespräche mit Shay waren.

So dauerte es auch nicht lange, bis Master Cormac, welcher ebenso nervös geworden war, und ich uns auf den Weg machten unsere Frauen zu suchen. Wir fanden die beiden Damen draußen im hinteren Garten eng umschlungen! Wie sollte es anders sein! Doch ich ließ es mir nicht nehmen, meine Hände entsprechend besitzergreifend um meine Frau zu legen. Shay tat es mir gleich und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass er ebenso ungerne teilte, Faith gehörte ihm! Was man sonst noch tat, das war etwas anderes. „Mi amor, wo sollten wir schon groß sein. Glaubt ihr, wir haben uns die Morrigan geschnappt und sind ausgewandert?“ Diese Worte holten mich wieder aus diesen seltsamen Gedanken. Shays Mund öffnete sich, doch es war eine rhetorische Frage, ich meinte nur, sie hätte ja ein Schiff und bräuchte kein zweites!

Mit einem Male riss Alex uns in das Hier und Jetzt, ihr ging durch den Kopf, dass sie die Jackdaw komplett umbauen lassen musste, damit sie hierbleiben konnte. Sie musste entsprechend die Behörden in ihrer Zeit beeinflussen, dass das alles reibungslos klappte. Da wurde mir wieder bewusst, dass Alex unglaublich viele Aufgaben hatten, die es zu bewältigen gab. Sie musste wirklich in JAHREN planen, nicht nur in Monaten, das was sie vorhatte, ließ sich schlicht weg nicht in kurzer Zeit bewerkstelligen. Das machte mir auf der einen Seite Angst und stimmte mich traurig, auf der anderen Seite machte es mich aber auch stolz. Ich konnte mich darauf verlassen, dass sie in ihrer angelernten selbstständigen Art planen, vorausschauen, entwickeln und handeln konnte. Doch es blieb dieser stichelnde Gedanke, dass ich noch sehr lange darauf warten musste, bis sie endgültig bei mir bleiben konnte.

Faith holte uns aus diesem Gedankensumpf, mit der Frage, wann Alex morgen plante abzureisen. „Ich weiß es noch nicht genau, ich würde gerne noch...“ ihr Blick in meine Richtung war fragend „...ausschlafen und dann weitersehen!“ meine Zustimmung hatte sie, doch Shay gluckste vor sich hin und ich ließ ihn mit meinem Blick wissen, wer sein Großmeister war! Ob Alex plötzlich ähnliche Gedanken hatte oder was sie gerade ritt, wusste ich nicht. Doch sie bat Shay um ein Gespräch unter vier Augen. Sie war zielstrebig und mutig, ließ sich nicht den Mund verbieten und wollte Antworten! Immer mehr wurde mir das bewusst und es erfüllte mich mit einem gewissen Stolz!

Etwas unruhig sah ich den beiden trotzdem hinterher, ich wusste nicht genau, was Alex von dem Iren wollte. Doch Faith meinte nur, dass wohl kaum etwas schlimmes passieren würde und bat mich wieder mit hinein. Im Salon angekommen, unterhielten wir uns über diverse Bücher, welche wir in letzter Zeit gelesen hatten. Auf der Morrigan hatte ich ja sehr viel Zeit zu lesen und hatte sie auch entsprechend genutzt. So konnte ich ihr auch ein paar neue Werke vorschlagen, welche ich meiner kleinen Schwester dann die nächsten Tage übergeben würde. Am besten auch gleich mit diesem Kleid. Verdammt, ich hatte es schon wieder vergessen!

Dann erschienen endlich Alex und Shay und ich sah die beiden fragend an. Plötzlich huschte dieser Kampfblick über das Gesicht meiner Verlobten, sie hatte wohl über einen Schlagabtausch mit Master Cormac nachgedacht. Oh nein, das wird sie schön bleiben lassen, auch Faith sprang mir bei und meinte grinsend, dass es keine gute Idee sei. „Aber ich dachte doch nur, wenn ihr schon so fragend schaut!“ kam es gespielt maulig aus Alex´ Mund.

Da es schon spät war, verabredeten wir uns für morgen am späten Vormittag auf ein Frühstück zum Abschied von meiner Verlobten. Bei diesen Worten sah ich, wie ihr Blick dunkel und traurig wurde, es war wieder ein Abschied und dieser wäre noch schwerer, als der letzte. Für sie und für mich auch! Ich konzentrierte mich dennoch auf das Hier und Jetzt und wollte diese Frau einfach noch einmal für mich alleine haben, einmal in dieser Nacht noch ihren Geruch verinnerlichen, ihre Haut fühlen...

Wir ließen eine Kutsche rufen und verabschiedeten uns dann von den Eheleuten und fuhren zurück zum Fort George. Auf dem Weg dorthin fragte ich Alex, was sie eigentlich mit Shay zu besprechen gehabt hätte. „Es war einfach auch eine Art Fronten klären und du kannst beruhigt sein, ich denke, er und ich, wir wissen jetzt woran wir sind.“ Das hatten Faith und ich auch schon vermutet und ich war froh, dass sie hoffentlich diese Ungereimtheiten aus dem Weg räumen konnten. „Achso, er war mir gegenüber halt immer noch skeptisch, wegen meiner Suche nach den Ereignissen, die sich in diesen Lücken seines Lebenslaufs befinden. Aber ich habe es ihm noch einmal erklärt und ich glaube und hoffe, er hat es verstanden!“ damit legte sie ihren Kopf auf meine Schulter und ich spürte, dass sie anfing ruhiger zu atmen und kurz davor war, einzuschlafen. Soweit kommt es noch, also weckte ich sie, als die Kutsche hielt und ich erinnerte sie noch einmal an ihr Versprechen von vorhin. Ein leichtes Schütteln zeigte mir, dass sie verstanden hatte und ein Schauer durchlief ihren Körper bei meinen Worten.

Mrs. Wallace ließ uns ein und wollte gerade wieder „Mistress Kenway...“ sagen, als sie sich selber unterbrach und lächelnd errötete. Ja, es war auch für mich ein etwas seltsamer und vor allem sehr weit entfernter Gedanke. Ich entließ meine Haushälterin dann für die Nacht und sagte ihr noch, dass wir morgen früh Gäste zum Frühstück erwarteten. Dann nahm ich Alex´ Hand und führte sie mit schnellen Schritten hinauf.

Im Schlafzimmer ließ ich mich dann auf dem Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch nieder und sah meine Verlobte an. Alex stand mit einem seltsamen Gesichtsausdruck im Raum und rührte sich nicht, auch konnte ich nicht in ihren Augen lesen, also sprach ich sie einfach an. „Mrs. Frederickson, worauf wartet ihr?“ ich nutzte meinen Befehlston, von welchem ich wusste, dass er sie aus ihren Gedanken ziehen würde. Dann deutete ich auf meine Stiefel mit einer hochgezogenen Augenbraue und wie geprobt hörte ich nur ein leises „Master Kenway...“ von ihr und sie ließ sich mit ihrer so lasziven Art auf die Knie vor mir sinken. Meine Stiefel waren schnell Geschichte und ihre filigranen Finger bahnten sich ihren Weg um mich von meiner Kleidung zu befreien.

Wir ließen uns nicht aus den Augen und ich tauchte in dieses Grün ein, es war beruhigend und zugleich auch belebend, oder besser in diesem Moment erregend. Nun war ich derjenige, der ihr aus ihrem Kleid half, aus diesen ganzen Röcken, aus ihrem Korsett und ihrem Unterkleid. Ich stand vor dieser Frau und sah auf sie hinunter und wusste auf einmal nicht mehr, was ich tun sollte. Ich spürte ein Brennen in meinen Augen und auch Alex bemerkte es, sie kam auf mich zu und ich schloss sie in meine Arme. Vorsichtig hob ich sie hoch und völlig automatisch schlossen sich ihre Beine um mich, so trug ich sie zum Bett und wusste, was ich wollte. Ich wollte alles in mich aufsaugen, ich wollte diese Bilder von ihr in meinem Kopf behalten, also begann ich, jeden Millimeter ihres Körpers zu erkunden mit den Händen und mit meinen Lippen. Es war, als wollten wir beide diese dunklen Gedanken und den kommenden Tag von uns schieben!

Umgekehrt ließ mich Alex ihre Finger spüren und ihr Mund ging ebenfalls auf Wanderschaft über meinen Körper und mich durchfuhren unglaubliche Schauer dabei. Meine Hände griffen in ihren Nacken und ich lenkte sie für einen Moment, doch dann konnte ich mich nicht länger zurückhalten und brauchte es auch nicht. Meine Verlobte war mehr als bereit und öffnete sich für mich und ließ mich sie führen. Ihre Lektion folgte auf dem Fuße, das hatte ich ja angekündigt und sie nahm sie laut stöhnend an. Ihre Bewegungen waren im völligen Einklang wieder mit mir und ich brachte uns zu einem langen und intensiven Höhepunkt. Als ich Alex´ Hände wieder freigab, umschlang sie meinen Nacken, zog mich zu sich hinunter und sah mich einfach selig lächelnd an.

Wir hatten im Eifer des Gefechts gar nicht bemerkt, dass es bereits morgen wurde und wir sahen uns für einen Moment erschrocken an, doch beide hatten wir denselben Gedanken. Die letzten Stunden würden wir auch noch nutzen und so schliefen wir beide erst ein, als die Sonne bereits aufgegangen war. Diese Erinnerung hatten wir nun beide und ich hoffte, dass auch Alex´ zufrieden damit war, ich war es.

Kapitel 29

*** Der Abschied ***



Als ich erwachte, lag Alex immer noch schlafend in meinen Armen und am liebsten wäre ich hier so liegen geblieben. Doch die Sonne war schon aufgegangen und Jones hatte bereits die Vorhänge geöffnet und das Wasser gewechselt, zumal wir auch bald Gäste haben würden. Vorsichtig strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und wollte gerade mit den Fingern über ihren Körper streichen, da regte sie sich und sah mich verschlafen an. „Ich mag noch nicht aufstehen, es ist viel zu früh, mi amor!“ zu früh würde ich nicht sagen, ich würde eher sagen, es war schon recht spät. Außerdem meinte ich noch, dass sie sich wenigstens ankleiden sollte, denn splitternackt abreisen, würde wohl einen schlechten Eindruck machen. Wenn es nach mir ginge könnte sie auch die ganze Zeit... aber ich schweife schon wieder ab.

Etwas maulend stand Alex nun auf und warf sich etwas Wasser ins Gesicht. Danach stand sie vor der Kommode und sah sich im Spiegel an, ich konnte sehen, dass sie über ihre gebrochene Nase nachdachte. Doch mein Blick wanderte hinunter zu ihrem leicht geröteten Hinterteil und ich musste bei dem Gedanken daran, wie es dazu kam, schmunzeln. „Haytham, was ist? Ich kann regelrecht fühlen, was du gerade mit deinen Augen machst!“ langsam drehte sie sich zu mir um. Na, da war ich ja froh drum, dann musste ich nicht immer alles erklären, doch als ich sie fragte, ob sie schon einmal Komplimente für ihren Po bekommen hätte, errötete sie leicht. „Nein, nicht das ich mich daran erinnern könnte. Danke fürs Kompliment, mi amor! Und dank deiner Hände hat er sogar eine gesunde Hautfarbe angenommen!“

Ich setzte mich auf die Bettkante und sagte nur, sie solle herkommen, in einem Ton, der keine Widerworte duldete. Alex schritt langsam auf mich zu und meine Hände legten sich auf ihren Hintern, mein Kopf ruhte an ihrem Bauch. Ich atmete wieder ihren Geruch ein und spürte, wie sie mir durch die Haare fuhr, es war, als bliebe die Zeit stehen. Nur kurz, aber es war ein schöner Gedanke, wenn man diese Macht hätte! Leider klopfte jetzt Sybill und kündigte das Frühstück an. „Ich sollte mich jetzt anziehen und … meine Sachen packen!“ Ihre Augen sahen traurig zu mir hinunter, sie löste sich von mir und ging hinüber ins Ankleidezimmer. Ich selber machte mich zurecht, aber immer öfter hörte ich sie fluchen und musste dabei grinsen. Sie hatte wirklich eine sehr zügellose Zunge!

Als sie wieder im Schlafzimmer stand in ihrem Ornat, war ich gerade dabei ebenfalls mit der Kleidung zu hadern. Es war frustrierend, doch sie half mir schnell dabei und dann saß das Hemd so wie es sollte. Ich würde diese Zuwendung vermissen, ging es mir durch den Kopf! Dann legte sie plötzlich meine Tagebücher auf meinen Schreibtisch. „Ich werde sie jetzt nicht mehr benötigen, Haytham. Es sind deine ganz persönlichen Gedanken und sie bleiben hier. Wenn ich wieder bei dir bin, werde ich sie lesen, aber nicht vorher und nicht OHNE dich!“ Diese Worte kamen so bestimmend, dass ich keine Gegenargumente mehr bringen wollte. Eigentlich wollte ich, das Alex sie liest, dass sie mich entsprechend besser versteht. Doch auf der anderen Seite war ich gerade froh, dass sie mir diese Privatsphäre gab und nicht diese unangenehme Neugierde an den Tag legte. Sie war die Frau, die ich an meiner Seite wollte, sie konnte sich DANN zügeln wenn es angebracht war, aber ging über ihre Grenzen wenn es einfach sein musste! Diese Mischung war es, welche mich daran erinnerte, dass ich den richtigen Weg einschlug. Dennoch sah ich sie lächelnd und kopfschüttelnd an, dann würde ich mit ihr gemeinsam in diesen Erinnerungen lesen... Vielleicht kamen dann auch wieder Bilder von einer Frau, welche mir mit meinem Adlerblick geholfen hatte...

Unten im Esszimmer warteten schon Faith, Shay und July. Ich sah in Alex Augen, dass sie große Schwierigkeiten hatte, an sich zu halten. Faith wurde mit dem Satz „Sag nichts Faith, sonst garantiere ich für gar nichts mehr!“ bedacht und damit wussten wir alle, was wir zu tun hatten. Neutral bleiben! Also zauberten wir Themen aus dem nicht vorhandenen Hut, welche nicht mit Abschied oder Abreise oder ähnlichem zu tun hatten. Ich konnte sehen, dass sich meine Verlobte immer mehr entspannte.

Ohne Vorwarnung fragte Alex dann meine Haushälterin nach dem Rezept für die süßen Brötchen für das Frühstück. Yannick würde sie lieben und sie würde sie ihm gerne auch zuhause zubereiten. Also konnte sie doch kochen? Doch wer war ich, das zu beurteilen, eigentlich hatte ich sie immer davon abgehalten... Sybill selber war es, die völlig erstaunt fragte, ob sie sich wirklich selber an den Herd stellen wollte. Natürlich wollte sie das, es war ihre Art und auch Faith hatte plötzlich ein Leuchten in den Augen, sie wollte sich dieses Rezept sicherlich auch aneignen... Diese Frauen... diese Ähnlichkeiten waren schon erschreckend.

Doch als Sybill in mein Arbeitszimmer ging, um das ganze zu Papier zu bringen, sprang Alex auf und meinte entsetzt „Haytham, da liegen noch meine Aufzeichnungen!“ Daran hatte ich gerade nicht gedacht! Doch Mrs. Wallace war mehr als eingeweiht, sie hatte von Anfang an alles erlebt, auch wenn niemand sie in die Einzelheiten eingeweiht hat. Sie verstand worum es ging und auch aus diesem Grund hatte ich diese Dame zu meiner Haushälterin auserwählt. Loyal, vertrauenswürdig, klug und vorausschauend. Alex eilte ihr hinterher und nahm ihre Papiere an sich, kam ins Esszimmer zurück und erklärte dann Faith, warum sie so reagierte. Es waren Dinge, die kaum ein anderer verstand, vermutlich nur wir hier, die hier gerade zusammensaßen.

Es folgten die Erklärungen, dass meine Verlobte eine Vereinbarung, einen Waffenstillstand zwischen Bruderschaft und Orden herbeiführen wollte. Auch wenn das noch Jahrzehnte, Jahrhunderte dauern würde, doch sie hielt daran fest und versuchte es genauso auch Faith zu vermitteln. Meine kleine Schwester hatte jedoch so vieles erlebt, dass sie nicht mehr an diesen Frieden glauben konnte. Doch ich tat es, jetzt mehr denn je, ich hatte diesen Hoffnungschimmer in mir. Die Worte meines Vaters keimten und schlugen Wurzeln. Es war möglich, wir mussten nur an unserem Glauben festhalten, wir mussten den Menschen vertrauen, welche uns nahestanden! Es gab diesen Lichtblick und ich wollte daran festhalten!

Faith war in ihrer Neugierde geweckt und wollte wissen, WIE genau Alex sich das dachte. Doch das konnte sie noch nicht beantworten, das war eine Arbeit, welche einige Monate in Anspruch nehmen würde. Dann kamen wir auf die Reiseartefakte zu sprechen. Die Runen auf den Artefakten schien sie deuten zu können, das war interessant zu wissen, doch alles hatte man auch in ihrer Zeit noch nicht entschlüsseln können. Aber sie wussten bereits, worauf es ankam und konnten entsprechend agieren. Auch hier wurde mir wieder bewusst, wir waren noch nicht soweit. Diese Epoche musste noch warten... warten auf die Ergebnisse... warten auf ihre Rückkehr...

July erinnerte uns quengelnd daran, dass es schon später Mittag war und... es war ZEIT! Stillschweigend gab ich Alex die Erlaubnis, den Eingangsbereich zu nutzen. Meine Verlobte erhob sich langsam und … ging wirklich ein enttäuschtes Raunen im Raum rum, oder bildete ich mir das nur ein? Sie stand nahe der Eingangstür, stellte ihre Taschen und den Seesack ab... für eine Weile starrte sie darauf, ehe Alex sich zu uns umdrehte.... der Abschied stand bevor und wir konnten ihn nicht verschieben, es sei denn, ich wollte noch länger auf meine Verlobte warten in den nächsten Jahren. Sie zitterte und ich sah wieder ihren Zwiespalt, genau wie damals... sie könnte bleiben... doch... wir brauchten ihre Hilfe, SIE brauchte Zeit... es war ein Teufelskreis... ich wollte sie nicht gehen lassen. Aber ich musste es zulassen, tief in mir wusste ich, Alex kommt zurück um alles weitere einzuleiten, alles zu erforschen und mich zu unterstützen.

Faiths Worte waren so typisch für sie „Wir sehen uns wieder, du nervige Preußin!“ Shay und ich warfen uns grinsende Blicke zu. „Danke, ich werde dich auch vermissen, du störrische Schottin!“ Sie waren sich einig und wir atmeten erleichtert auf!

Sybill wurde noch instruiert auf mich aufzupassen, damit ich keine Dummheiten anstellte. WAS bitte dachte Alex, was ich tat, wenn sie nicht mehr da war? Umgekehrt... was tat SIE wenn sie wieder alleine war? Doch ich wollte nicht daran denken, das Thema hatten wir letzte Nacht ad Akta gelegt... zur Genüge! Mrs. Wallace wischte sich die Tränen ab und meinte nur, dass Alex ihren Verlobten genauso wieder vorfinden würde, wie er oder ich jetzt hier stand! Dann lagen sie sich in den Armen... Sie war meine Verlobte, Sybill war meine Angestellte... Alex würde noch lernen müssen... ging es mir durch den Kopf!

Dann stand Alex vor mir... ich nahm sie in meine Arme und wäre am liebsten mit ihr durch diesen Spiegel gegangen. Doch... es war einfach völlig irrelevant und dumm. Ich musste sie loslassen, ich musste sie gehen lassen! Als meine Verlobte mir sagte, dass ich Bescheid wüsste, sobald die Jackdaw einen Hafen ansteuern würde, musste ich schmunzeln. Wieder ein großer Auftritt? „Sohn, ich hatte doch gesagt, dass meine Brig hier gebraucht wird. Also, was ist das für eine seltsame Frage?“ Doch diese Stimme aus dem Nebel ließ mich grinsen... und Widerworte geben! Weil ich nichts zu befürchten hatte! „Vater, das weiß ich. Es war auch mehr... ach, vergiss es einfach!“ In diesem Moment glitten alle Augen zu mir und sahen mich völlig ungläubig an, ich hatte meinem Vater eine unangebrachte Antwort gegeben! Doch ich war stolz... einfach zufrieden!

Auf die Zehenspitzen gestellt meinte Alex nur, sie würde mir dann in zwei oder drei Jahren wieder auf die Nerven gehen. „Darauf zähle ich, mi sol. Sonst wäre es mir auch zu langweilig. Wer will schon eine brave Ehefrau an seiner Seite?“ rutschte es mir raus und im Grunde meinte ich es auch so. Da waren Shay und ich uns wahrscheinlich völlig einig und er nickte nur grinsend. Dann war es soweit. Meine Verlobte nahm die Ringe und hantierte mit diesem Gerät herum und es erschien dieser Wasserspiegel vor der Tür! Ein wenig unheimlich war es schon, doch ich wusste ja was kam. July war völlig fasziniert davon und reckte ihre Hände danach. „Kleine Maus, ich weiß, das ist faszinierend, aber leider nichts für dich. Auch wenn ich euch alle gerne, auch wenn es nur kurz wäre, mitnehmen wollen würde.“ hörte ich Alex sagen.

Es war keine Option ... also schritt sie auf diesen Spiegel zu ... und ich folgte ihr... doch sie sah, was ich vorhatte und drehte sich um, schüttelte traurig den Kopf und ging rückwärts weiter. Dann war sie hindurch und ihre Silhouette löste sich auf, genau wie der Spiegel!

Der erste Gedanke ... ich bin alleine!

Faith jedoch hatte ebenfalls mit diesem Abschied zu kämpfen und meinte nur, ich solle doch mit zum Fort Arsenal kommen. Ihre Hand auf meinem Arm drückte so fest zu, dass ich wusste, WIR würden diese Frau vermissen und auf sie warten! Komme was wolle!!!



**** To be continued ****

Autorennotiz

Einleitung und Vorwort

Hallo und willkommen zu Part 2 der Tagebücher von Haytham E. Kenway!

Die nächsten Kapitel beziehen sich wieder auf meine Geschichten "Even when your kind...1" und "Even when your kind...2" und die Geschichte des Todesengels "Jeder will die Welt beherrschen" ! und natürlich auch, wie sollte es anders sein, auf Assassins Creed 3 und Assassins Creed Rogue!

Haytham wird nicht immer alles alleine erleben, dafür haben wir gesorgt, denn sonst wäre es auch zu langweilig für ihn.

Es kann durchaus vorkommen, dass ich einiges in meiner eigenen Geschichte oder auch in der vom Todesengel spoilere, doch einen gewissen Upload Plan muss ich schon haben.

Ich wünsche euch hiermit viel Spaß und Vergnügen beim erneuten Lesen und Stöbern in den Gedanken des Großmeisters.

Bis dahin... wir lesen uns!

GLG eure Chaoshexe (Mrs. Shaytham Corway)

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1
NicoleSemilch29s Profilbild
NicoleSemilch29 Am 23.08.2022 um 17:14 Uhr
Da ist es endlich...Ich hab es zwar schon zweimal gelesen auf Wattpad, aber ich werde mich wieder darauf stürzen...Jetzt gleich liebe Mrs. Kenway....I love your Stories...
MrsHEKenways Profilbild
MrsHEKenway (Autor)Am 23.08.2022 um 18:31 Uhr
Hallo meine Liebe! Dann wünsche ich dir auch dieses Mal viel Vergnügen beim Lesen! <3

Autor

MrsHEKenways Profilbild MrsHEKenway

Bewertung

Eine Bewertung

Statistik

Kapitel: 29
Sätze: 3.182
Wörter: 52.572
Zeichen: 300.698

Kurzbeschreibung

****** Da meine letzten Einträge sich immer mal wieder verselbstständigt haben, war ich kurz am Überlegen, das Ganze nicht mehr fortzusetzen. Doch wer wäre ich, wenn ich meine Versprechen nicht einhielte? Ich setze nach den Vorkommnissen im Oktober 1759 an und werde auch hier fortlaufend schreiben. Und vielleicht sollte ich alles schriftliche in Zukunft einfach vor dieser „Mrs. Shaytham Corway“ verschließen, damit nicht immer pikante und detailreiche Einträge weitergereicht werden. Oder ich denke mir neue Strafen für sie aus! ******

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Familie, Liebe, Liebesbeziehung (harmonisch), Übernatürliches, Nordische Mythologie, Freundschaft und Zeitreise getaggt.