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Kapitel: | 11 | |
Sätze: | 537 | |
Wörter: | 7.549 | |
Zeichen: | 43.107 |
Kapitel 1
Es sind mittlerweile 7 Jahre vergangen, seit ich wieder zurück bin und es hat sich Einiges getan.
Aber fangen wir von Vorne an. Ende Juni 2000 kam ich hier wieder an und war völlig neben der Spur. Leichte Mangelernährung und ein wenig dehydriert waren die Folge meiner Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Man hatte mich über zwei Wochen ruhiggestellt, weil ich, laut Aussagen der Ärzte und meiner Kollegen, hysterisch schreiend um mich geschlagen hätte und nicht zu halten gewesen wäre.
Als ich dann im Krankenhaus erwachte, war mir, als wäre ich aus einem langen Traum erwacht. Aus einem eigentlich wunderschönen Traum, der aber sofort verfliegt, weil einem die Realität gleich um die Ohren gehauen wird. Ich hätte mich am liebsten wieder in die Laken verkrochen und wäre dort geblieben.
Aber ich hatte einen Job zu erledigen. Ich hatte Berichte zu schreiben und musste wieder in mein altes Leben zurück finden. Und so stellte ich mich dieser Herausforderung, wie ich es immer tun musste und wie ich es gelernt hatte. Zähne zusammen beißen, Brust raus und los geht es.
Jedoch krempelte ich einiges um. Ich zog um in eine größere und hellere Wohnung und ging meiner Passion dem Lesen in der Vergangenheit anderer Menschen nicht mehr ganz so intensiv nach.
Den zweiten Ring, den ich mitgebracht hatte, konnten wir vollständig entschlüsseln und es war tatsächlich so wie ich es vermutet hatte. Es war das Gegenstück zu dem Ring, den wir hier gefunden hatten. Wenn man beide Artefakte verband, erkannte man sofort ein wesentlich klareres Muster und konnte so Zeit und Ort fast exakt vorherbestimmen. Ein Teilrisiko bleibt halt immer bestehen und lässt sich nicht vermeiden.
2001 lernte ich dann meinen Verlobten kennen, wir liefen uns bei Freunden auf einer Geburtstagsfeier über den Weg und verstanden uns auf Anhieb. So als hätte man einen Seelenverwandten gefunden. Marius war sein Name, er war 31 Jahre alt, groß und durch aus gut trainiert, dunkelbraune Haare und hatte wunderschöne grüne Augen. Lange Rede, kurzer Sinn: Es hat halt einfach gepasst.
Ein paar Monate später kam unser Sohn auf die Welt. Wir waren so stolz und dieser Wonneproppen schien ins unermessliche zu wachsen. Ich glaube, so denken alle Eltern bei ihren Kindern am Anfang. Es war einfach so wunderbar, einen kleinen Menschen zu sehen, der aus zweien entstanden ist.
Natürlich habe ich ab da erstmal nicht mehr im Außendienst gearbeitet, erst als der kleine Yannick 2 war, ging ich meiner Arbeit als Assassine nach. Mittlerweile hatte ich auch Marius eingeweiht und ihm ebenfalls über meine Zeitreise berichtet. Fasziniert hatte er mich angesehen, aber war der Meinung, dass er das nicht selber testen wollen würde. Ich schmunzelte bei dieser Aussage, denn ich konnte es ja verstehen. Ein Risiko ist halt immer da, wie gesagt.
Ich haderte oft mit mir und meinem Versprechen an Edward. Aber wenn ich jetzt zurückginge, jetzt wo ich selber Familie hatte, wäre es da richtig zu gehen?
Mich ließ diese Grübelei einfach irgendwann nicht mehr los und ich sprach mit meinem Mentor und Marius gemeinsam darüber. Beide sahen mich verwundert an, warum ich denn JETZT eine zweite Reise antreten wollte. Darauf hatte ich keine Antwort, denn ich wusste nur, es war, als würde mich jemand rufen. Etwas zog an mir, ich kann es nicht beschreiben.
Ich hatte das Gefühl, wenn ich jetzt nicht ginge, würde ich zu spät kommen. Aber es wäre eigentlich doch völlig egal, denn ich konnte ja steuern WANN ich ankomme! Es ist total blödsinnig, ich weiß.
Mein Entschluss stand aber fest und ich würde noch einmal zurück reisen.
Kapitel 2
Also packte ich wieder meine sieben Sachen zusammen. Aber dieses mal ein wenig überdachter. Und ich hatte mich nicht für die Zeit in der Karibik entschieden, nein, ich ging nach England 1726 im März. So war zumindest mein Plan.
Ich forschte nach, wo ich entsprechende Kleidung bekommen konnte, denn ich wollte nicht in Männerkleidung durch London streifen und so Edwards Familie überrumpeln. Das wäre kein guter erster Eindruck.
Ich wusste, dass Edward mit Tessa verheiratet war und einen Sohn hatte. Jenny, seine Tochter aus seiner ersten Ehe lebte ebenfalls mit ihnen dort. Ich freute mich irgendwie, das Mädchen kennenzulernen.
Was mir mehr Sorge bereitete war, dass ich wusste, was dem Haushalt in ungefähr 10 Jahren passieren würde. Innerlich musste ich mich davon abschotten und versuchen, gar nicht daran zu denken! Leichter gesagt als getan.
Also machte ich mich nach einigen Jahren Normalität in meiner Zeit wieder auf den Weg in die Vergangenheit. In meinem Kopf machte ich einen Plan, was ich mir ansehen wollte in London. Wenn man schon einmal dort ist, kann man ruhig auch auf historische Sightseeingtour gehen. Ich weiß, ich bin nicht ganz richtig, aber ich bin halt neugierig.
Nach einem langen Abschied von meinem Sohn und meinem Verlobten, stand ich nun in meiner Aufmachung für die damalige Zeit, mit wie sollte es anders sein in einem dunkelblauen Samtkleid, Korsett, Röcken ohne Ende und ordentlich gemachten Haaren.
Mit beiden Ringen stieg ich auf das kleine Podest und die Daten wurde eingespeist. Ich hatte eine vernünftige Powerbank zur Vorsicht eingepackt und mein neues Smartphone und jaaaa, toller Empfang im 18. Jahrhundert. Aber... Fotos könnte man endlich mal machen. Verrückt, an was man plötzlich alles denkt, was einem so selbstverständlich vorkommt, was man aber zurücklassen müsste.
Wir hatten nach einem Waldstück gesucht auf alten Karten um 1725 und waren fündig geworden. Denn dort wäre es unwahrscheinlich, gesehen zu werden. Ich hatte mir außerdem einen Weg eingeprägt, der mich zum Queen Anne`s Square führen würde. So gewappnet sollte es gut funktionieren. Geld hatte ich wie immer aus unserem Lager / Asservatenkammer mitgenommen.
Dann mal los. Wie immer ein letzter Blick zurück und wie immer "Wir sehen uns bald wieder!" Und ich ging durch den Spiegel...
... Auf allen vieren landete ich im weichen Gras und über mir schien die Sonne. Es war, wenn wir richtig lagen, März 1726. Dafür war es angenehm, nicht so kalt wie ich erwartet hatte. Und ich war tatsächlich irgendwo zwischen Bäumen herausgekommen.
Also rief ich mir meinen Weg ins Gedächtnis und ... ja, in WELCHE Richtung denn? Ich hatte weder Kompass noch wusste ich, wo eine Straße ist. Also versuchte ich anhand der Sonne mich zu orientieren. Es war eine morgendliche Sonne, also muss dort ungefähr Osten sein? Und ich musste mich südlich halten. Dann mal los. Ich raffte meine Röcke, atmete tief durch und ging in die richtige Richtung (wie ich meinte). Und ich sollte Glück haben, nach kurzer Zeit kam ich an einer breiten gepflasterten Straße heraus. Ich drehte mich noch einmal um. DAS war aber kein richtiger Wald gewesen, es war mehr ein sehr großes Feld mit Bäumen.
Erleichtert fragte ich die erste Person die mir freundlich genug vorkam, wie ich denn am schnellsten zum Queen Anne´s Square käme. Der junge Mann deutete einfach geradeaus und meinte, zwei Straßen weiter würde ich einen kleinen Park auf der linken Seite vorfinden mit einem Pavillon. Dies wäre schon mein Zielort.
Das war ja mal eine gute Arbeit von meinen "Navigatoren" daheim. So genau sind wir bisher selten gewesen. Das hieß, wir könnten irgendwann exakt Zeit und Ort ansteuern. Könnte man auch IN einem Gebäude spawnen? Ein Kribbeln durchfuhr mich. Genauso hatte ich mir das immer vorgestellt.
Also lief ich los, beflügelt von dem Gedanken, Edward bald wieder zusehen. Gleichzeitig hatte ich aber ein nagendes schlechtes Gewissen, weil ich mich so freute, obwohl zuhause mein Verlobter mit unserem Sohn auf meine Rückkehr wartete.
Der Pavillon in der Mitte des Platzes war wirklich nicht zu übersehen. Aus den Aufzeichnungen musste ich mir jetzt zusammen reimen, WELCHES denn Master Kenways Anwesen ist. Die Häuser sahen alle fantastisch aus und ich hätte alles dafür gegeben, dort leben zu dürfen (natürlich nur mit unseren Standards, versteht sich).
Jedoch fiel ein kleines Detail bei der linken Villa ins Auge: Es war ... nunja, es sah unbewohnt aus. Nicht vernachlässigt oder ungepflegt, es war ein wenig trostlos. Es herrschte nicht so ein Leben im Vorgarten, wie bei den anderen Gebäuden und Häusern. Es war eher ruhig. Pauschal ging ich davon aus, dass ich dort richtig sein würde. Denn auch das hatte ich gelesen, der ehemalige Pirat hielt sich bedeckt, da viel getratscht und geredet wurde.
Ich nahm mir mein Herz und marschierte (soweit es die vielen Röcke und dieses blöde Korsett zuließen) darauf zu. Vor der großen Eingangstür blieb ich stehen und mir rutschte jetzt doch alles in die nicht vorhandene Hose.
Ich atmete tief durch und betätigte den Klingelzug...
Meine Hände zitterten und ich wurde zusehends nervöser. Lange warten musste ich nicht. Eine kleine und sehr junge Bedienstete öffnete mir die Tür mit einem höflichen Lächeln: "Guten Tag Madam. Wie kann ich euch helfen?" Diese niedliche Stimme mit einem sooo harten schottischen Akzent fand ich so großartig, dass ich erstmal nur grinsend dastand.
Ich räusperte mich: "Mein Name ist Alexandra Frederickson. Ich würde gerne Master Kenway sprechen in einer privaten Angelegenheit. Er kennt mich bereits, aber einen Termin habe ich mit ihm nicht vereinbaren können."
Sie zögerte kurz, aber bat mich dann hinein und führte mich in die Bibliothek. Ich fühlte mich wie im Paradies. Die Wände hatten diese typischen dunklen Holzregale und Vertäfelungen und waren gefüllt mit so viel Druckwerk, dass ich hier am liebsten eingezogen wäre und erst wieder gehen wollte, wenn das letzte Buch gelesen ist.
Dazu kam es aber leider nicht, oder sollte ich lieber sagen, dazu kam es Odin sei Dank nicht?
Denn Edward erschien in der Tür. Ich kannte ihn nur in seinem Ornat oder eben legeren Aufmachung sprich in praktischer Kleidung für das Schiff und für eventuelle Kämpfe gewappnet mit seinen üblichen Waffen. Der Käptn Kenway, der jetzt dort stand, sah aus, als würde er gleich einen riesigen Staatsempfang geben.
Man würde sagen, er war geschniegelt und gebügelt. Sein Hemd war gestärkt ohne eine einzige Falte. Sein Gehrock aus dunkelblauem feinen Stoff, genau wie seine Kniehosen. Die feinen Strümpfe und blinkenden Schnallenschuhe waren einfach unglaublich. Und erst dann fiel mir auf, dass seine sonst so wirren Haare, ordentlich gebunden im Nacken mit einem Lederband lagen. Und mich überkam der dringende Wunsch, einfach durch diese Haare zu wuscheln... Meine Wangen wurden warm bei dem Gedanken und ich drehte mich ein wenig zur Seite, in der Hoffnung, Edward hätte es nicht bemerkt.
Er lächelte mich nicht an, sondern starrte mich an, als wäre ich ein Geist. Ich bekam es mit der Angst zu tun, denn was, wenn er mich postwendend wieder rausschmiss? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also lächelte ich ihn nur an.
Edward nahm mir die Entscheidung ab. Langsam kam er auf mich zu, es kam mir vor wie in Zeitlupe und ich feuerte ihn innerlich an: Na los, schneller, du schaffst das! Ungeduld... erwähnte ich schon, dass ich nicht die geduldigste Person bin?
Dann stand er vor mir, sah auf mich herab und ... nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste einfach meine Stirn. Mit seinen Daumen strich er vorsichtig über mein Kinn, so als wolle er herausfinden, ob ich wirklich anwesend war, oder doch nur eine Erscheinung von Myrhog. Seine Hände strichen hinunter auf meine Schultern und blieben dort. Und sein Blick wich nicht von meinem Gesicht, nicht von meinen Augen. Und da war er wieder... dieser Moment, wenn sein "Adlersinn" hervorkam... Als wäre sein Blick verschleiert... Wollte er mich jetzt ernsthaft überprüfen, ob ich eine Gefahr war????
Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm er meine Hände und drückte sie: " Alex, ich dachte ich würde dich nie wieder sehen! Ich habe dir so viel zu erzählen. Seit du fort bist, ist in meinem Leben so einiges passiert und ich würde dir gerne von meinem ganzen Stolz als erstes berichten, wenn ich darf?" Was kam denn jetzt? Sein ganzer Stolz galt der "Jackdaw", diese war, soweit ich wusste, gerade unterwegs. Edward hatte sie jemand anderem vorerst überlassen.
Und dann dämmerte es mir. Haytham...
Lächelnd meinte ich: "Edward, ich hatte es dir versprochen. Wir sehen uns wieder und hier bin ich. Auch ich habe dir auch so einiges zu berichten! Ich freue mich einfach, dich gesund zu sehen und ... " mit einem Blick auf sein Erscheinungsbild "... in so einem feinen Zwirn!" Ich grinste.
Und so erzählte er mir, wie er hier in London Fuß fassen wollte. Jedoch so seine Schwierigkeiten hatte, weil man Edward den Piraten erstmal gar nicht akzeptierte. Denn Geld oder Reichtum waren nicht immer gleich eine Eintrittskarte. Dass musste er auch erstmal lernen und akzeptieren.
Edward hatte Adéwalé das Versprechen gegeben, sich um Woods Rogers zu kümmern. Dieser war ebenfalls wieder zurück nach London gereist und erholte sich von seinen Verletzungen. Ich mochte diesen Menschen nicht und unser Käptn auch nicht. So machte er sich auf, um Rogers zu finden und für immer zu beseitigen. Wie viele Leben konnte dieser Mensch denn noch haben?
Durch einen Zufall, geriet Edward an die Verwandtschaft von Duncan Walpole, seiner geklauten Identität. Diese waren wenig angetan von Duncans Machenschaften und so dankten sie Kenway mit einer "Freisprechung" und Begnadigung als Pirat. Wie gut, dass Duncans Onkel Robert Walpole als Premierminister genügend Einfluss hatte. So konnte Edward also schon mal ein klein wenig aufatmen.
Im Zuge seiner Suche nach einer Bleibe, wendete er sich an einen Makler namens Stephenson-Oakley. Tessa, seine Tochter, war dafür zuständig ein geeignetes Anwesen und Diener zu finden. Im Laufe dieser Arbeit verliebte sie sich in Edward, hatte aber keine Ahnung, dass er ein ehemaliger Pirat / Freibeuter war. Tessas Familie hingegen tolerierte diese Verbindung nicht und der Kontakt brach spätestens nach der Hochzeit komplett ab. (Warum kann man nicht einfach miteinander rede???)
Und kurz darauf kam Haytham zur Welt. Obwohl Tessa mit Jenny sehr gut zurecht kam, da diese ja ebenfalls aus gutem Hause kam und eine gründliche Erziehung genossen hat, war Haytham der Prinz im Haus. Und das merkte ich sehr schnell, denn die Art wie Edward über ihn sprach, war innig und liebevoll.
Wie ich erfuhr, hatte Edward in kleinen Schritten angefangen, Jenny zu trainieren, ihr die Feinheiten des Kämpfens gezeigt und versucht, sie in seine Fußstapfen treten zu lassen. Leider ließ er sie einfach fallen, wie eine heiße Kartoffel, als sein männlicher Erbe geboren war und der somit die für diese Zeit übliche Familientradition fortführen sollte.
Jennifer war alles andere begeistert. Verständlich! Ich sah Edward einfach nur an und schüttelte mit dem Kopf. Ich weiß, in meiner Zeit denken wir da einfach anders. Frauen haben eben mehr Rechte und Freiheiten, aber für so eingeschränkt hätte ich Kenway jetzt nicht gehalten. Also war Jennys Aufgabe für ihn festgelegt. Eine gute Partie finden, heiraten und Kinder kriegen. Was für trostlose Aussichten!!
"Jenny wurde doch daheim bei den Großeltern ebenso erzogen. Sie weiß, was ihre spätere Rolle sein wird. Und darüber werde ich auch nicht mit dir streiten oder diskutieren. Es reicht mir schon, das sie mich immer und immer wieder mit diesen Blicken anschaut und mich spüren lässt, dass ich ihr Unrecht tue."
"Edward! Genau das tust du doch auch! Wie kannst du Jenny einfach vor vollendete Tatsachen stellen, nur weil du plötzlich den geheiligten männlichen Erben hast? Geht es dir nur darum, zu zeigen, dass ihr Traditionen hoch haltet? Die Ehre der Familie?" Ich war so wütend, dass ich ihm die Worte schon fast ins Gesicht spuckte.
Auch Edward wurde nun, sagen wir mal so, ein wenig ungehaltener: "Ja, denn darum geht es. Unsere Familie ist eh schon das Gesprächsthema Nummer eins hier in der Gegend. Wir werden schief angesehen, weil die Gerüchte über mein altes Leben einfach nicht verstummen. Also muss ich wenigstens ein klein wenig für Normalität sorgen. Und das geht nur, in dem Jennifer ihre angedachte Rolle auch antritt." Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen und er funkelte mich an.
Das machte mir nichts aus, sollte er doch toben und sauer werden: " Aber du kannst sie nicht zwingen. Noch ist sie vielleicht zu jung, jedoch kommt sie bald in ein Alter wo auch sie ein gewisses Mitspracherecht haben sollte! Und gerade DU solltest sie doch am besten verstehen! Denn DEIN Dickschädel ist es, der dir in Jenny entgegen rennt!"
"MEIN Dickschädel? Ich habe nur versucht, meine Ziele und Träume zu erreichen. Und ja, ich habe so manchem geliebten Menschen vor den Kopf gestoßen und habe noch mehr mir nahe stehende Personen verloren! Aber ich habe mich geändert, weil ich aus meinen Fehlern gelernt habe!" Er stand jetzt nur wenige Zentimeter von mir entfernt und ich konnte seinen Herzschlag schon fast spüren, Edward war wirklich sauer. Ob nun auf mich, auf sich selber oder wegen der Gesamtsituation, kann ich nicht sagen.
Gelernt hatte er tatsächlich aus seinen Fehlern. Aber musste er denn gerade bei seiner Tochter mit Traditionen anfangen?
"Edward bitte, denk doch noch einmal darüber nach. Du kannst sie doch trainieren, sie ausbilden. Und lass Jenny dann selbst entscheiden. Vielleicht lernt sie ja auf einem Empfang oder einer Gesellschaft einen netten Mann kennen und ihre Karriere als Assassine rückt in den Hintergrund von ganz alleine." Ich hoffte, mit Vernunft und vielleicht guten Argumenten ihn umstimmen zu können.
Weit gefehlt, das brachte ihn noch mehr in Rage, er kam noch näher und ich hatte das Gefühl, er krieche gleich in mich hinein. Seine Augen durchbohrten mich förmlich: "Was glaubst du eigentlich, wer du bist, MIR zu sagen, wie ich meine Kinder zu erziehen habe??" Plötzlich umklammerte er meine Oberarme so heftig, dass mir die Tränen in die Augen schossen. "Du hast keine Ahnung wie schwer es für mich ist, ein Gleichgewicht zu schaffen. Gerade DU solltest es besser wissen, oder etwa nicht?"
Da hatte Edward nicht ganz unrecht. Durch meine Zeitreisen und meine eigenen Familienangelegenheiten hatte ich ebenfalls dazu gelernt. Gelernt, dass man seinen Vorsätzen treu bleiben muss, sonst gerät alles außer Kontrolle.
Ich sah ihm in die Augen mit meinem tränenverschleierten Blick: "Da muss ich dir Recht geben. Aber... bitte, es geht um deine Tochter, ihr Leben und sie soll doch glücklich werden oder nicht?" Sein Griff lockerte sich und ich umfasste seine Taille und legte meinen Kopf auf seine Brust. Sein Herz hatte sich wieder beruhigt.
Plötzlich nahm er mein Gesicht in beide Hände und küßte mich. Ich war völlig überrumpelt, dass ich wie gelähmt nur da stand und es geschehen ließ. Mir wurde wohlig warm und meine Knie gaben nach. Ich hatte das Gefühl auf Wackelpudding zu stehen... So schnell wie dieser Moment kam, so schnell war er auch wieder verflogen.
Mit hochrotem Kopf ließ Edward mich los, drehte sich um und verschwand aus der Bibliothek. Ich stand da und konnte ihm nur nachstarren. Was war das denn jetzt? Ist das gerade wirklich passiert? Ein Sessel in meiner Nähe kam mir sehr gelegen. Ich ließ mich hineinfallen und atmete erst mal tief durch und versuchte meine Gedanken wieder zu ordnen.
Solche Gefühle wie sie mir gerade durch den Kopf und mein Herz schossen, durften nicht sein. Nein, er war verheiratet und so etwas macht man nicht. Und ich war auch vergeben! Verdammt, ich dachte, es würde so einfach sein! Ich schüttelte meinen Kopf um diesen Anflug von Gefühlen loszuwerden.
Genau in diesem Moment erschien die kleine Jennifer in der Tür und sah mich erstaunt an. "Entschuldigt Mrs. Frederickson, ich wollte euch nicht stören." Schüchtern trat sie ein, knickste leicht vor mir und reichte mir dann die Hand. "Mein Name ist Jennifer."
"Hallo Jennifer, ich bin Alexandra Frederickson. Schön dich kennen zu lernen. Wie geht es dir?" Ich lächelte sie an, in der Hoffnung mich auch richtig verhalten zu haben.
Das Mädchen sah mir nicht direkt in die Augen, sondern blickte wie suchend auf den Boden herum: "Mir geht es gut, Mrs. Frederickson. Und das neue Haus gefällt mir auch." Eine Antwort wie abgelesen!
"Ich heiße Alexandra, du kannst mich ruhig so nennen." sagte ich, um sie zu ermutigen. Ich erzählte ihr von meinem Zuhause und wie mein Sohn immer versucht, etwas vor mir zu verstecken, damit ich nicht herausfinde, was er getan hat. Ein paar kleine Anekdoten aus meiner Familie, um Jennifer zu ermutigen, ruhig mehr zu erzählen.
Sie entspannte sich zusehends, das war gut. Und irgendwann fing sie von ganz alleine an, mir zu erzählen, dass doch nicht alles so schön ist. Jenny mochte Tessa, sie war eine liebe und fürsorgliche Stiefmutter und gab ihr Geborgenheit. Natürlich nicht ganz so, wie eine leibliche Mutter, aber das war auch nicht nötig. Seit aber ihr kleiner Bruder auf der Welt war, hatte sie das Gefühl, als wäre sie jetzt für alle nur noch ein Mädchen, dass man (im wahrsten Sinne des Wortes) an den Mann bringen musste.
Jennifer war von ihrem Vater sehr enttäuscht. Er erzählte keine Geschichten von früher mehr, er hatte seit Haythams Geburt nicht mehr mit ihr trainiert. Es war, als wäre sie nicht mehr so wichtig. Zwar ein Mitglied des Haushaltes, aber eben nicht mehr so interessant.
Das versetzte mir einen Stich ins Herz. Warum ich aber auf einmal Edward ein Stückweit in Schutz nahm, kann ich nicht sagen, aber ich versuchte ihr zu erklären, dass es halt so üblich ist. Dass ein Mädchen halt nicht in die Fußstapfen ihres Vaters tritt, sondern ihr eigenes Leben an der Seite ihres eigenen Mannes bestreiten wird. Und das ihr Vater es nur gut mit ihr meint und er auch Angst um sie hat, wenn sie weiter machen würden mit dem Training.
Das überzeugte sie jetzt nicht wirklich, aber sie versuchte, das Ganze zu verstehen.
Ich brauchte frische Luft und so führte Jenny mich in den hinter dem Haus gelegenen Garten. Es war herrlich, aus der stickigen Bibliothek zu kommen. Draußen angekommen gesellte sich Tessa ebenfalls dazu. Ich hatte sie ja bis jetzt noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Sie reichte mir ihre Hand und stellte sich vor. Meinen Namen wusste sie schon, also hatte man mich offiziell angekündigt. Aber wie viel sie jetzt wusste, konnte ich nicht sagen. Was ich wusste war, dass Tessa keine Ahnung von seinem vorherigen Leben hat. Also musste ich mich diesbezüglich zurücknehmen und aufpassen mich nicht zu versprechen.
Wir unterhielten uns über belanglose Sachen, wie das Wetter, das schöne Haus und was das Einrichten für ein Aufwand war. Ich versicherte Tessa, dass sich der Aufwand definitiv gelohnt hat. Auch war der Garten sehr schön angelegt mit den Apfelbäumen (ich glaube es waren Äpfel!). Das einzig störende war die hohe Mauer drumherum und die Wachhunde. Ich bin nun mal kein Hundefreund und kann mit diesen Flohbehausungen nichts anfangen.
So langsam verschwand die Sonne und es wurde kühler und so bat Tessa mich herein zukommen und lud mich für das Dinner ein. Wirklich wohl war mir dabei nicht. Die Szene aus der Bibliothek mit Edward steckte noch in meinen Knochen und ... ich wusste nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte.
Das Dinner... Das Esszimmer war sehr geräumig und sehr heimelig eingerichtet. Ich stehe ja auf dieses dunkle Holz, ob Möbel oder die Vertäfelungen. Die Bilder, die an den Wänden verteilt hingen, waren alle ausnahmslos Stillleben mit Obst und allgemein Lebensmittel nett angerichtet. Sehr passend gewählt für ein Esszimmer.
Wir saßen um diesen riesigen Tisch mit nur 4 Personen, aber es war nicht unangenehm. Edward war er selbst, liebevoller Vater und Ehemann. Er ließ sich nichts anmerken.
Die Unterhaltung belief sich auf Smalltalk. Ich erzählte von mir und meinem Leben. Das Essen verlief einfach gemächlich und es schmeckte traumhaft. So viele Gänge kannte ich so gar nicht. Vorspeise, Hauptgang und auch noch Dessert. Wäre dieses Korsett nicht gewesen, ich hätte platzen können, aber soviel essen kann man in diesem Ding auch nicht. Der Wein war aber die Krönung. Nicht zu süß, nicht zu trocken, voller Traubengeschmack und ... einfach himmlisch. Zu spät bemerkte ich, dass mir dieses Getränk der Götter zu Kopf gestiegen war und ich leicht beschwipst am Tisch saß. Verdammt...
Denn ich hatte ja noch keine Ahnung, WO ich überhaupt übernachte. Auf diesen Gedanken bin ich gar nicht gekommen zu fragen. Und jetzt sah es vielleicht so aus, als würde ich es provozieren hier zu bleiben über Nacht.
Tessa schien meine Sorgen zu bemerken und nahm mich kurzerhand beiseite und fragte, ob es mir nicht gut ginge und ob ich eventuell lieber direkt hier übernachten möchte, anstatt noch mit einer Kutsche nach Hause gebracht zu werden. "Danke, dass ist lieb von euch. Wenn es wirklich keine Umstände macht, nehme ich das Angebot gerne an und bleibe diese eine Nacht hier."
"Ganz und gar nicht. Das macht keine Umstände, das Gästezimmer wird mein Zimmermädchen gleich herrichten."
Edward hatte sich bereits in sein Studierzimmer im oberen Stock zurück gezogen. Und Tessa und ich saßen unten noch einen Moment in der kühlen Abendluft im Garten. Sie war eine angenehme Gesprächspartnerin und ich fühlte mich ehrlich gesagt sehr wohl.
Die Zofe erschien und zeigte mir kurz darauf das Gästezimmer, wo ich mich erstmal ein wenig frisch machen konnte. Fürs Bett war es definitiv noch zu früh. Es war erst halb neun. Das kühle Wasser tat meinem Kopf gut und ich fühlte mich ein wenig nüchterner. Als ich aus meinem Zimmer trat, kam Edward mir gerade auf der Galerie mir entgegen.
"Ich wollte mich für die Unannehmlichkeiten nochmal entschuldigen. Eigentlich hatte ich eine Übernachtung nicht geplant. Ich hoffe, du bist nicht allzu böse."
Edward sah mich an und musterte mich, so als würde er abschätzen wollen, ob der Wein aus mir sprach oder ob ich es ernst meinte. "Nein, nicht böse. Ich muss gestehen, ich bin davon ausgegangen, dass du bleiben würdest. Ich hätte es dir ja auch gleich anbieten können. Aber dazu bin ich nicht mehr gekommen." Er lächelte und das beruhigte mich.
Erleichtert ging ich mit ihm die Treppe hinunter in den Freizeitraum, wo wir noch eine Weile mit Plaudereien verbringen wollten.
So saßen wir mit Jenny und Tessa im Freizeitraum. Da ich einen Billardtisch sah, fragte ich Edward, ob er mich in die Geheimnisse dieses Spiels einweisen könnte. Begeistert, dass er mir etwas erklären konnte, stimmte er zu. Es machte Spaß und Kenway war richtig gut im Spiel mit den Kugeln, ich hingegen versagte kläglich. So etwas lag mir dann wohl doch nicht. Und mein Nicht-können sorgte für gelegentliches Gelächter von Edwards Seite.
Es vergingen vielleicht eineinhalb Stunden, bis Tessa und Jenny sich für die Nacht verabschiedeten. Ich wünschte beiden angenehme Träume und Edward gab Tessa noch einen Kuss zur guten Nacht. Sie waren ein wirklich schönes Paar.
In diesem Moment fiel mir auf, dass ich noch gar nicht Haytham zu Gesicht bekommen habe. Geschweige denn ihn irgendwie gehört hätte. Also fragte ich Edward einfach, ob ich seinen Sohn morgen denn auch mal sehen dürfte. "Natürlich, warum bin ich nicht schon selber darauf gekommen? Morgen nach dem Frühstück werde ich dir meinen kleinen Stolz vorstellen." Und da war wieder dieser Ton in seiner Stimme, wenn er etwas wirklich von ganzem Herzen liebte, genau wie bei seiner Jackdaw.
Wir tranken noch drei vier Gläser von diesem göttlichen Wein und unterhielten uns über die Seefahrt und wie ihn der Gefängnisaufenthalt in Havanna verändert hatte. Danach hatte er sein ganzes Leben umgekrempelt und hat sich den Assassinen angeschlossen. Zwischendurch schlich sich immer wieder eine tiefe Traurigkeit in seinen Blick.
Um Edward ein wenig von den Trüben Gedanken abzulenken, befragte ich ihn nach belanglosen Dingen. Denn es gab durchaus noch Dinge, die ich einfach nicht verstand.
Und ich konnte meine Neugierde in Bezug auf wie zum Beispiel das Schiff auf die Seite gelegt werden konnte, um den Rumpf von Muscheln und sonstigem Unrat zu säubern, stillen. Auch wenn ich ein paar Wochen mit ihm gesegelt bin, eine alte Seebärin war ich nun wirklich nicht und ehrlich gesagt, war das auch nicht mein Bestreben gewesen.
Irgendwann überkam mich aber die Müdigkeit und der Wein tat den Rest, dass ich dringend in eine liegende Position musste. Kurzerhand ergriff Edward meinen Arm, zog mich hoch und führte mich die Treppe zur oberen Galerie hoch. Ein leichter Schwindel, welcher nicht unbedingt unangenehm war, überkam mich und ich war froh, als wir mein Zimmer erreichten. Kenway öffnete die Tür, ließ mich aber nicht los, setzte mich aufs Bett und zündete die beiden Kerzen auf dem Nachttisch und auf dem kleinen Waschtisch an.
Dann trat er vor mich und grinste mich an: "Na, da hat wohl jemand zu tief ins Glas geschaut!" Der Begrüßungssatz von DAMALS!
"Nicht tief genug, da mir gerade keine beißende Bemerkung für dich einfällt." Ich streckte ihm einfach die Zunge heraus. Ich mag es nicht, wenn man sich über meinen angesäuselten Zustand lustig macht.
"Da will jemand frech werden, wie? Wenn ich noch dein Käptn wäre, würde ich dir schon die Leviten lesen!"
"Ha ha ha... wie gut, das wir hier festen Boden unter den Füßen haben und du nur der Hausherr hier bist und mir keine Befehle erteilen darfst!" Was liebte ich doch dieses Sticheln...
Er kam näher an mich heran, lächelte auf mich hinunter mit einem Ausdruck im Gesicht, der mir dann doch ein wenig Angst machte. "Du sagst es. Ich bin Hausherr und ich kann dir sehr wohl sagen, wie du dich hier zu betragen hast."
Mit diesen Worten zog er mich mit einem Ruck hoch und presste sich an mich....
... was zum Kuckuck ... Edwards Nähe war einfach atemberaubend. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er hielt mich so fest, dass mir schon die Rippen schmerzen und die Korsettstangen unangenehm in meine Seite drückten. Sein Mund suchte verzweifelt wie ein Verdurstender nach meinen Lippen, er fand sie und ich war verloren.
Was taten wir hier? Es ist nicht richtig... ganz und gar nicht richtig... Aber ich konnte mich einfach nicht mehr wehren. Dieses Gefühl, ganz bei ihm zu sein, ihn ganz und gar zu spüren war so überwältigend, dass langsam alles um mich herum verschwand.
Er öffnete die Schnüre meines Korsetts und diese Erleichterung aus diesem Gefängnis zu kommen war unbeschreiblich. Und brachte mich nur weiter dazu, Edward zu berühren, ihn ebenfalls nach und nach seiner Kleidungsstücke zu entledigen.
Kenway kam mir zuvor, er wich ein Stück zurück und fing langsam an, sein Hemd aufzuknöpfen. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden und nestelte an den Bändern herum für meine Röcke. Mit zittrigen Händen streifte ich sie ab und sie fielen mir über die Füße. Meine Strümpfe und Schuhe folgten... Etwas schüchtern stand ich in meinem Unterkleid vor Edward, der jetzt splitternackt war und... sehr erregt war.. Kurzerhand streifte er mir das Kleid einfach über die Schultern nach unten, hob mich hoch und ich fand mich auf dem Bett wieder.
Plötzlich war auch keine Zeit für Anstand und Moral, geschweige denn Zeit für ein schlechtes Gewissen!
Mein Kopf war völlig leer... ich sah nur seine blauen Augen... dieses blau... ich fühlte die Wärme seiner Haut und seiner Hände auf meinem Körper. Sie schienen überall zu sein. Sein Mund verfolgte kein genaues Ziel... Es war wie im Rausch... Mein einziger Wunsch in diesem Moment war, Kenway endlich ganz zu haben... ich hob ihm mein Becken entgegen und er drang tief seufzend in mich ein. Wir brauchten einen Moment um einen Einklang zu finden... ich driftete immer weiter auf meine Erlösung zu, Edwards Bewegungen waren wie ein Wegweiser und ich konnte es fühlen... er trieb ebenfalls auf diesen Höhepunkt zu... Plötzlich explodierten tausende von kleinen Sternen in meinem Blickfeld ... mein Körper schien schwerelos zu werden und verschmolz voll und ganz mit ihm... auch Edward überschritt seine Grenze. Wie damals am Wasserfall, es war wie eine Rettung, es fühlte sich so an. Ich war sicher! Das war mein Gedanke!
Wie lange wir so da lagen, kann ich nicht sagen. Er hatte seinen Kopf auf meiner Brust liegen und atmete allmählich wieder ruhiger, aber machte keine Anstalten sich zurück zuziehen. Das war auch nicht nötig, denn ich genoss es gerade einfach. Erschöpft aber glücklich streichelte ich ihm durchs dunkelblonde wirre Haar, welches sich im Eifer des Gefechts aus dem Lederband gelöst hatte.
Irgendwann regte er sich dann doch, hob seinen Kopf und sah mich mit einer Mischung aus Befriedigung und Bedauern an. "Das hätten wir nicht tun sollen! Was hab ich nur gemacht?"
"Es ist einfach passiert und es war auch nicht meine Absicht. So etwas kann passieren Edward. Ich weiß, du liebst deine Frau und das hier und jetzt war nur ein Ausrutscher. Das wird nicht noch einmal passieren."
"Ich kann Tessa nicht in die Augen sehen, wenn ich gleich zu ihr ins Bett steige. Wie kann ich das überhaupt jemals wieder?" Seine Gewissensbisse konnte ich sehr gut nachvollziehen und Edward tat mir in diesem Moment unendlich leid. Denn auch ich hatte diese Gewissensbisse. Uns wurde beiden klar, dass das falsch war, aber wir nichts mehr daran ändern konnten. Was blieb, war einfach damit lernen umzugehen und ... die Wahrheit zu sagen.
Ich wusste es nicht, aber auch mich plagte mein Gewissen. Also beschloss ich, dass wir vorerst nichts sagten. Es würde schwer fallen, aber wenn Gras über diese eine Nacht gewachsen war und ich wieder verschwunden war, sollte das schlechte Gewissen sich ein wenig beruhigen.
Es war ja nur ein einmaliger Ausrutscher!!!! Oder?
Edward zog sich schweigend an und sah mir nicht ein einziges Mal in die Augen. Wortlos drehte er sich um und verschwand aus meinem Zimmer. Diese plötzliche Einsamkeit versetzte mir einen Stich... was hatte ich nur getan? Am liebsten wäre ich klamm heimlich hinaus geschlichen und hätte mich in meine Zeit zurückgeschickt. Das wäre aber noch verdächtiger, also beschloss ich, zu bleiben und zu versuchen wenigstens ein bisschen Schlaf zu finden für den Rest der Nacht...
Am nächsten Morgen weckte mich Jennifer, ich hatte tatsächlich ein paar Stunden geschlafen, wenn auch nicht sehr erholsam. Ich wusch mich schnell und zog mich an und begleitete Jennifer nach unten zum Frühstück.
Zu meinem eigenen Erstaunen, fiel es mir nicht ganz so schwer, mir nichts anmerken zu lassen. Wir aßen zwar fast ausschließlich schweigend, aber es war nicht unbedingt diese unangenehme Art des Schweigens.
Es hatte sich natürlich etwas verändert, aber es war unterschwellig und schien nur Edward und mir aufzufallen.
Der Hausherr hatte noch Termine und verabschiedete sich noch während wir am Tisch saßen. Nach dem Frühstück ging ich mit Tessa nach oben in das Kinderzimmer von Haytham. Jetzt sah ich diesen kleinen Menschen zum ersten Mal und dachte nur: Aus dir soll mal der gefürchtetste Templer werden? Das kann ich mir nicht vorstellen, unmöglich!
Er lag in seiner Wiege und schlief, mit einem so friedlichen Gesicht, dass man nicht an die Zukunft glauben konnte. Haytham öffnete die Augen und blinzelte hoch zu uns. Tessa nahm ihn auf den Arm und erzählte ihm, wer ich bin und das ich seinen Vater schon lange kenne und Haytham mich, wenn er größer ist, auch richtig kennenlernen wird. DAS bezweifelte ich, denn ich würde wohl nie wieder hierher zurückkommen. Mit diesen Worte reichte sie mir ihren Sohn.
Ich war so erstaunt und erschrocken zugleich, weil ich einfach nicht damit gerechnet hatte, dass ich Haytham fast hätte fallen lassen. Sein kleines Gewicht im Arm war so ungewohnt, es war schon lange her, dass ich meinen eigenen Sohn so im Arm hatte. Diese Babyaugen sahen mich an und plötzlich huschte ein dunkler Schatten darüber hinweg. Genau wie beim Adlerblick, ich hatte das bei Edward schon ein paar mal gesehen. Also hatte Haytham tatsächlich diese Fähigkeit mit auf seinen Weg bekommen. Die Aufzeichnungen logen also doch nicht.
Wir gingen mit dem Kleinen nach unten und ein wenig in den Garten. Frische Luft ist immer gut und meinem leichten Kater half sie bestimmt auch. So saßen wir drei im Schatten von einem der Apfelbäume und genossen die Frühlingssonne.
Trotz meiner Bedenken, wie ich denn wohl auf den zukünftigen achso bösen Templergroßmeister reagierte, hätte ich ihn am liebsten mitgenommen. Babies haben auf Frauen eine magische Anziehungskraft, verdammt ... Er ist ein wirklich süßer Spatz. Und ich konnte in Tessas Augen ebenfalls diesen Stolz sehen und die große Liebe, die sie für ihn empfand.
Verdammt verdammt verdammt ... Es ist ehrlich gesagt nicht schön, wenn man die Zukunft kennt ... Und in diesem Moment beschloss ich, dass ich aufbreche und zwar sofort, bevor ich meine Nerven verliere und alles ausplappere. Eigentlich wäre ich gerne noch geblieben, alleine schon wegen Jennifer.
Wo war sie eigentlich? Meine Frage erübrigte sich, als ich sie aus dem Haus stürmen sah, mit Tränen in den Augen. Als sie Tessa und mich und Haytham bemerkte, dreht sie sich um, damit wir ihre nassen Wangen nicht sehen konnte. Ich reichte ihren Bruder an seine Mutter weiter und ging auf Jenny zu. Eigentlich wollte ich sie einfach in den Arm nehmen, aber sie drehte sich abrupt um und umklammerte mich und schluchzte drauflos. Was zum Teufel war denn jetzt passiert?
Edward und Jenny hatten eines ihrer Streitgespräche (mal wieder). Also war er schon wieder zurück, das hatten wir gar nicht bemerkt. Aber dieses mal muss es schlimmer gewesen sein, denn ihr Vater hatte ihr knallhart verboten, sich auch nur Ansatzweise mit Kampftraining oder dergleichen zu beschäftigen. Auch sollte sie in Zukunft nur noch in für Frauen üblichen Themen unterrichtet werden. Und ihr Vater würde dann auch in absehbarer Zeit einen passenden Mann für sie suchen, damit sie ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen könne, der ihr zusteht.
Was für ein Schmarren. Und ja, in meiner Zeit ist es eben anders. Aber Edward kann sie doch nicht so bestrafen. In meinen Augen ist es wie eine Strafe. Was hatte sie getan, um das zu verdienen?
Wutentbrannt marschierte ich in sein Studierzimmer ohne anzuklopfen und donnerte die Tür hinter mir zu. Erschrocken blickte Kenway von seinem Schreibtisch auf und funkelte mich an: "Was willst du? Hat Jennifer sich bei dir über mich beschwert? Wie gemein ich doch wäre? Hat sie aber auch erwähnt, dass sie heimlich ohne mein Wissen mit dem Schwert trainiert hat? Mit MEINEM Schwert?"
"Nein, das hat sie nicht. Aber das ist kein Grund, sie so in ihre Schranken zu weisen!! Sie hat niemanden umgebracht, verletzt oder etwas kaputt gemacht! Jenny hat lediglich versucht, sich körperlich zu betätigen. Denn DU hast sie ja zur Untätigkeit verdammt, wenn man es genau nimmt!" Ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht, verstand er denn nicht, WIE seine Tochter sich gerade fühlen musste? Natürlich wusste er das nicht, konnte es nicht wissen. Wer kann Teenager schon verstehen. Ich masse mir an, dass ich sie schon ein klein wenig verstehe.
Mit einem Satz stand er vor mir mit erhobenem Zeigefinger und fuchtelte damit vor meiner Nase herum: "Ich will nur das Beste für meine Tochter, verdammt nochmal! Sie soll nicht irgendwann um die Welt reisen und einen nach dem anderen umbringen müssen, weil es ihr das Kredo vorschreibt! Sie ist eine Frau und ich will, dass sie ein friedliches Leben führt! Ich will meine Tochter nur beschützen, VERDAMMT NOCH MAL!!!!"
Den letzten Satz brüllte er mir einfach nur noch ins Gesicht. Ich war völlig perplex, mir fehlten die Worte. So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Auf der einen Seite hat er ja Recht. Wir wollen alle unsere Kinder nur beschützen und das Beste für sie in ihrem Leben. Aber sollten wir sie dann nicht auch ziehen lassen und einfach eigene Entscheidungen treffen lassen? Ich hatte Edward doch bereits meinen Standpunkt klargemacht.
Aber es war für mich unmöglich, ihn umzustimmen. Resigniert erwiderte ich nur noch "Dann such ihr aber einen anständigen Mann, einen, der sie liebt und den SIE liebt. Denn Liebe kann man nicht erzwingen. Und versuche nicht, sie auch in dieser Beziehung zu bestrafen!" Mit diesen Worten und beißenden Tränen in den Augen, drehte ich mich um und wollte schon zur Tür, als Edward mein Handgelenk packte...
"Ich verspreche es. Jenny hat ein Mitspracherecht. Ich werde sie nicht zwingen, irgendeinen daher gelaufenen armen Schlucker zu ehelichen. Sie soll ihn sich selber suchen!" Na, das werden wir ja noch sehen, sobald Reginald auftaucht, dachte ich nur und mir wurde schwer ums Herz.
„Ich habe also dein Wort?“ fragte ich etwas zweifelnd.
„Ja, hast du!“ Kurz und knapp.
„Dann sollte ich besser aufbrechen! Edward, da fällt mir etwas ein!“ Ich wollte ihm noch von Haythams vermutlicher Fähigkeit berichten. „Ist dir bei deinem Sohn je ein dunkler Schleier aufgefallen, der sich über seine Augen legt von Zeit zu Zeit? So wie bei dir, wenn du den Adlersinn einsetzt?“
Er sah mich etwas verwundert an. „Nein, das ist mir ehrlich gesagt noch nie aufgefallen! Dann heißt das, ich habe ihm das vererbt ? Das ist erstaunlich... hmmm...“ nachdenklich kratzte er sich am Kinn.
„Du solltest ihm rechtzeitig erklären, was es damit auf sich hat, denn diese Fähigkeit ist schon ein wenig unheimlich. Gerade wenn man gar nicht weiß, WAS genau man gerade gemacht hat und warum man die Welt auch anders wahrnehmen kann!“
Edwards Stolz war noch einmal anstiegen und ich befürchtete, er könnte tatsächlich platzen. „Er wird wirklich einmal in meinen Fußstapfen treten können. Es ist ein so großartiger Gedanke. Ich kann es gar nicht beschreiben!“
Ich schon, Größenwahn, aber im Hinblick darauf, dass Haytham diese Fähigkeiten auf der falschen Seite nutzen wird. Und ich wollte es gerade laut sagen, als ich mir noch rechtzeitig auf die Zunge beißen konnte. Aber er hatte meine Reaktion schon wieder gesehen.
„Was? Alex... du verschweigst mir wieder etwas!“
„Edward bitte, ich kann dir leider nicht eure Zukunft erzählen. Du wirst sehr bald selber herausfinden, wie alles ablaufen wird. Bis dahin, wünsche ich mir, dass du gut auf Jenny, deine Frau und Haytham aufpasst! Und auf dich selber auch!“ meine Stimme zitterte verdächtig und meine Augen füllten sich mit Tränen!
Edward schloss mich in seine Arme und gab mir einen letzten sehr leidenschaftlichen Kuss. Wortlos brachte er mich noch zu meinem Zimmer, so dass ich packen konnte. Dann gingen wir hinunter und ich verabschiedete mich von Tessa und Jenny. Ich nahm sie noch einmal in den Arm und versprach ihr, dass alles gut werden würde (eine Lüge, bei der ich nicht anders konnte, denn eingreifen in die Geschichte darf ich nicht). Haytham war schon wieder bei seinem Kindermädchen, aber in Gedanken drückte ich diesen kleinen Mensch noch einmal und wünschte ihm viel Kraft für die kommenden Jahre.
Und so ging ich... ich drehte mich nicht mehr um. Ich folgte dem Weg, den ich gestern gekommen war, der Gang an der frischen Luft beruhigte meine Nerven ein wenig. Aber ich war in irgendeiner nicht zu erklärenden Art völlig unzufrieden! Ich nahm die Ringe und mein Handy, die Verbindung stand und die Koordinaten und die Zeit stimmten.
Ich schaute mich um, es war niemand zu sehen. Also los. Ich aktivierte den Zeitspiegel und schritt hindurch ... in meine Zeit, wo mein Sohn sicherlich schon auf mich wartete...
---- ENDE ---
???
Ende... vorerst. Den dritten Teil werde ich in Kürze auch noch hochladen! Und ich freue mich, wenn ihr an meiner Geschichte Gefallen gefunden habt. Lasst ein gerne ein bisschen Feedback da, denn das hilft mir beim Schreiben! :-)
LG Mrs. Shaytham Corway ;-)
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JoKarter • Am 12.02.2020 um 15:54 Uhr | |||
Hey Missey ;), Hab gerade auch mal in deine Charaktere geschaut, wann ist denn da los Edward J. Kenway bzw Edward Kenway ist doch die selbe Person? | ||||
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Kapitel: | 11 | |
Sätze: | 537 | |
Wörter: | 7.549 | |
Zeichen: | 43.107 |