Fanfictions > Bücher > Der Herr der Ringe > Tänzer im Sternenlicht

Tänzer im Sternenlicht

284
05.09.21 18:58
12 Ab 12 Jahren
Heterosexualität
Fertiggestellt

Autorennotiz

Geschrieben für den Tolkien Reverse Summer Bang 2021 (tolkienrsb.tumblr.com) in Zusammenarbeit mit Elanna
Die Artwork: 64.media.tumblr.com/49fe03b29efce8c84871e8044bbcf062/182d4d7b0195d68f-50/s540x810/25f2dbba91dfff45d5ea64a0c5df973eccb24fbe.png
Tumblr: ela-draws.tumblr.com
Insta: instagram.com/elanna_elrondiel
War echt ne coole Sache, danke dafür! (Ja, du meine Güte, ich hab mal wieder ein het pairing geschrieben!)

3 Charaktere

Elrond Peredhel

Auch wenn Elronds leiblichen Eltern niemand geringeres als Earendil und Elwing sind, wuchs Elrond zusammen mit seinem Zwillingsbruder Elros im Ersten Zeitalter bei Maglor in Ossiriand auf. Nach dem Untergang Beleriands schloss er sich Gil-galad an und wurde dessen Herold. Seit Imaldris im Zweiten Zeitalter gegründet wurde, ist er der Herr von Bruchtal.

Celebrían

Celebrían ist Galadriels und Celeborns Tochter. Um 1700 ZZ kam sie mit ihrer Mutter nach Imladris, wo sie das erste Mal Elrond begegnete. Sie verliebten sich ineinander und heirateten 100 DZ. Ihre Kinder sind Elladan, Elrohir und Arwen. Als sie 2509 nach Lórien reiste, wurde sie von Orks gefangen genommen und geschändet. Sie segelte Heilung suchend in den Westen.

Ereinion Gil-galad

Ereinion Gil-galad war der letzte Hohe König der Noldor. Nach dem Untergang Beleriands war sein Reich in Lindon, das eines der letzten großen und einflussreichen Elbenreiche des Westens war. Er führte mit Elendil den Krieg des Letzten Bundes an und starb 3441 ZZ im Kampf gegen Sauron. Mit ihm endete das Geschlecht der Hohen Könige der Noldor.

 Die Tänzer glitten im Takt der Musik durch die silberbeschienene Nacht, ihre Leiber umkreisten einander in eleganten, fließenden Bewegungen. Silberdurchwirkte Kleider wehten um sie herum wie Nebelschwaden. Musik umfloss sie in sanften Tönen.

Elrond stand am Rand der Tanzfläche und beobachtete die tanzenden Elben. Er hielt nach einer ganz besonderen elleth Ausschau und machte auch alsbald ihr sternensilbernes Haar aus. Leichtfüßig tanzte Celebrían und schien ganz versunken in die Musik zu sein, sich nicht bewusst, dass sie beobachtet wurde oder vielleicht war es ihr auch gleichgültig. Sie hatte die Augen geschlossen und misste doch keinen Schritt.

Ceomon an seiner Seite stieß ihm unauffällig den Ellbogen in die Seite und lächelte verschmitzt. »Na los, nun traut Euch endlich, Herr. Fragt sie, ob sie mit Euch tanzen will.«

Elrond warf ihm einen finsteren Seitenblick zu. »Das werde ich ganz bestimmt nicht tun.«

»Ich bin sicher, sie würde sich freuen.«

»Sie wird sich ganz sicher nicht freuen, wenn ich ihr auf die Schuhspitzen trample.«

»Ihr wollt doch nicht etwa behaupten, Ihr könntet nicht tanzen, Herr?«

»Ich habe andere Stärken.«

»Fürst Makalaure hat Euch in höfischer Etikette ausgebildet, natürlich könnt Ihr tanzen.«

»Die Sindar haben andere Gebräuche. Und außerdem, wie lange ist es her, dass du mich auf irgendeinem von Galads Bällen hast tanzen sehen?«

»Hm, ein oder zwei Jahre.«

Elrond warf ihm einen langen Blick zu.

»Es kommt öfters vor, als Euch die Harfe spielen zu hören.«

»Aus gutem Grund!«

Ceomon sagte daraufhin nichts mehr und lächelte nur in sich hinein. Na immerhin.

Die Musik hatte indes gewechselt und die Tänzer schlugen einen anderen Rhythmus an. Die Sindar hatten in der Tat andere Gebräuche als die Noldor und dementsprechend auch andere Tänze. Elrond, obgleich von sindarischer Abstammung, war in erster Linie noldorisch erzogen worden und damit auch vor allem mit den Sitten und Gebräuchen der noldorischen Aristokratie vertraut.

Vielleicht hätte er schon viel früher etwas daran ändern sollen, dachte er. Aber damals hatte er Celebrían noch nicht gekannt, seine silberne Prinzessin, wie er sie im Stillen nannte.

Nein, auf gar keinen Fall konnte er sie um einen Tanz bitten. Er würde nicht nur sich, sondern auch sie blamieren und das konnte er nicht zulassen. Lieber war er nur ein stummer Bewunderer ihrer Schönheit.

Leider war er aber auch nicht irgendwer. Er war der Herr von Imladris, Gil-galads Herold und sein Vizeregent in Eriador, und nicht irgendein Elb, der auf seiner Reise die goldenen Wälder Lórinands besuchte. Es schien etliche Nandor zu irritieren, dass ein so hoher Gast, der doch auf einer Stufe mit Galadriel und Celeborn stand, wie ein einfacher Elb an der Seite stand und sich damit begnügte, die Feier aus dem Hintergrund zu beobachten.

Er war so in seine Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, wie sich ihm jemand näherte. Mit einem Male stand Celebrían vor ihm. Ihre Wangen waren leicht gerötet und der Glanz der Sterne stand in ihren strahlend blauen Augen. An diesem Abend trug sie ein silberdurchwirktes Kleid und in ihre Haare waren goldene elanor geflochten. Sie lächelte zu ihm auf. Sein Herz machte einen Satz.

»Mein Herr Elrond, darf ich Euch um einen Tanz bitten?«, fragte sie ihn.

Er räusperte sich. »Herrin Celebrían, ich muss mich vielmals bei Euch entschuldigen, zeugt es doch nicht gerade von Höflichkeit, dass nicht ich Euch die Ehre erweise.«

Sie kicherte. »Wollen wir dann vielleicht einfach noch mal von vorn beginnen und Ihr fragt mich?« Keck hielt sie ihm ihre Hand entgegen.

Er spürte Ceomons Blick im Rücken. Jetzt entkam er dem doch nicht mehr. Also ergriff er Celebríans Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Hohe Dame, erweist Ihr mir die Ehre eines Tanzes? Obgleich ich bedauernd verlauten muss, dass mir die Gepflogenheiten der Sindar nicht zur Gänze geläufig sind.«

Sie knickste zur Bestätigung. »Nur allzu gern gebe ich Euch einen kleinen Einblick in die Sitten der Galadhrim. Vielleicht darf ich mir sogar die Freiheit herausnehmen und anmerken, dass nicht nur die Noldor Festivitäten begehen können.«

»Nur allzu gern würde ich mehr darüber lernen!« Er betete, dass er sich nicht allzu ungeschickt anstellen würde.

Mit Celebrían an seinem Arm betrat er die Tanzfläche. Man machte ihnen respektvoll Platz, und Elrond spürte die Blicke vieler auf sich ruhen. Er versuchte sie auszublenden, indem er sich auf die Musik konzentrierte.

Celebrían erklärte ihm den Rhythmus des Tanzes. Was kompliziert aussah, folgte in Wahrheit einem recht simplen, in seiner Gesamtheit jedoch anmutigen Muster. Hin und wieder stolperte er zwar noch immer über seine eigenen Füße und verpasste den einen oder anderen Schritt, hatte es aber dennoch recht schnell verinnerlicht.

»Wir feiern Mereth Cuil, eine Erinnerung an unsere ureigenen Wurzeln am See Cuiviénen«, erklärte Celebrían ihm, während sie um ihn herumwirbelte. »Alle Tänzer sind dazu angehalten, in irgendeiner Weise das Sternenlicht widerzuspiegeln und im ganzen Wald haben wir silberne Laternen aufgehangen. Wie ein zweiter Nachthimmel.«

»Ein wunderschöner Anblick, zweifelsohne«, sagte Elrond und war sich selbst nicht sicher, ob er damit Celebrían oder den festlich geschmückten Wald von Egladil meinte. Aber wie konnte eigentlich irgendetwas mit Celebríans Anmut mithalten?

»Mein Herr Elrond, was haltet Ihr davon, wenn ich Euch ein kleines Geheimnis zeige?«, schlug Celebrían vor.

»Aber gern!«, sagte er sofort, ohne weiter darüber nachzudenken. Die Aussicht, gemeinsam mit Celebrían die Wälder der Stadt zu erkunden, begeisterte ihn ungemein.

Celebrían lachte ihr wunderschönes helles Lachen und ergriff seine Hand. Kurzerhand zog sie ihn mit sich. Geschickt schlängelte sie sich an den Tänzern vorbei und bahnte sich einen Weg hinab von dem großen talan, auf dem der Tanz stattgefunden hatte. Es war gewöhnungsbedürftig, dass ein solch großer Teil des Lebens des Waldvolkes in den Bäumen stattfand. Elrond würde sicher noch einige Zeit brauchen, um damit zurecht zu kommen.

Celebrían sprang den Baumpfad hinab, als wäre sie ein Vogel. Leichtfüßig flatterte sie ihm voran. Hin und wieder wand sie sich zu ihm um und lächelte strahlend, wie als würde sie sich vergewissern wollen, ob er noch da war, und jedes Mal überglücklich sein, wenn sie ihn sah. Der Gedanke, dass sie sich vielleicht wirklich freute, ihn zu sehen, war berauschend. Er traute sich kaum, darauf zu hoffen, zu schön war der Gedanke.

Selbst hier unten am Boden wurde getanzt und gelacht. Auf allen Ebenen der Stadt waren die Bäume geschmückt, sodass es wirkte, als würden sie durch den Nachthimmel hindurch steigen. In dieser Nacht beehrte der Glanz von Vardas Sternen sie hier auf Erden.

Celebrían führte ihn ein klein wenig hinaus aus der Siedlung und zu einem Hügel. Eine grüne Wiese führte den Hügel hinauf, auf der überall niphredil und elanor wuchsen und der Hügel selbst war bekrönt von zwei Ringen von Bäumen. Ein besonders großer mallorn wuchs auf der Kuppe im Zentrum des inneren Ringes.

Celebrían tanzte davon zu einer Musik, die nur sie hören konnte. Ihr Kleid umschmeichelte ihre schlanke Figur wie fließende Nebel.

»Ich komme oft hierher und tanze«, sagte sie. »Gelegentlich kommen einige der Grenzwächter vorbei und spielen mir Musik. Habt Ihr Eure Harfe dabei, Herr Elrond?«

»Bedaure, meine Dame, doch daran habe ich nicht gedacht.« Er fluchte stumm. Er hätte wirklich daran denken sollen! Dann hätte er jetzt Celebrían eine Freude machen können.

Eigentlich hasste er es, vor anderen seine Harfe zu spielen. Elros war da ganz anders gewesen, er hatte es genossen, von allen für seine Fähigkeiten bewundert zu werden. Elrond hingegen blieb lieber für sich.

»Nun, dann tanze ich eben so für Euch.«

Lachend wirbelte sie davon mit Schritten leicht wie der Schlag eines Schmetterlings. Sie trug keine Schuhe, sodass ihre nackten Füße vom Tau im sattgrünen Gras benetzt wurden.

War es vielleicht so Beren ergangen, als er damals Lúthien im Wald tanzen sah? Es konnte kaum bezaubernder gewesen sein als dieser Augenblick.

Celebrían kam zu Elrond, ergriff seine Hände und nun tanzten sie gemeinsam über die Wiese.

»Eigentlich ist das kein Geheimnis«, gestand sie, doch das Lachen stand ihr in den Augen. »Aber dennoch mag ich diesen Ort sehr. Ich komme oft hierher. Was meint Ihr, war Nan Elmoth ebenso bezaubernd, als Elu Thingol Melian fand?«

»Ich weiß es nicht«, sagte er selig lächelnd, achtete aber eigentlich nicht wirklich darauf, was er sagte. Er war einfach nur glücklich Celebrían sprechen zu hören und den Klang ihrer Stimme zu vernehmen.

»Lúthien ist Eure Ahnin. Erlaubt Ihr mir die Frage, ob sich das bei Euch bemerkbar macht?«, fragte sie forsch.

»Ihr meint, ob ich etwas davon habe, dass eine Maia unter meinen Vorfahren ist? Nun, tatsächlich nicht. Als Kind hatte ich des Öfteren eine Erkältung, aber ansonsten merke ich eigentlich nichts davon, und die Erkältungen sind wohl auch eher meinem menschlichen Erbe zuzuschreiben.« Er musste schmunzeln, als ihn eine Erinnerung überkam. »Maglor schien damit nicht gerechnet zu haben, dass kleine Halbelben eben auch die großen und kleinen Leiden der Sterblichen erleiden können, und starb jedes Mal fast vor Sorge, wenn mein Bruder oder ich uns mal wieder erkältet hatten, weil wir zu lange im Wasser planschten.«

»Aber ist es nicht erschreckend, jederzeit erkranken zu können?«

Er zuckte mit den Schultern. »Uns lief die Nase, wir husteten und durften so viel heiße Milch mit Honig trinken, wie wir nur wollten. Ansonsten hatten wir uns davon nicht weiter aufhalten lassen und Amon Ereb weiterhin unsicher gemacht, als wäre nichts.«

Sie kicherte. »Ist heiße Milch mit Honig also das Heilmittel, um eine Erkältung zu kurieren?«

Er musste schmunzeln. »Es ist das Heilmittel, um den süßen Zahn zweier kleiner Kinder zu beglücken. Ich glaube auch, dass Maglor es uns so bereitwillig gab, um sein eigenes Gewissen zu beruhigen. Maedhros schimpfte gelegentlich, er würde uns zu sehr verwöhnen, nur um uns dann heimlich hinter dem Rücken seines Bruders seine Törtchen zuzustecken, die er so gern buk.«

Sie lauschte mit großen Augen. »Und wie heilt man dann eine Erkältung?«

»Aussitzen«, sagte er kurzerhand. »Da muss man nicht viel machen, Bettruhe und eine kräftige Hühnerbrühe wirken Wunder.«

»Ach so.« Sie sah staunend zu ihm auf. »Ich dachte immer, Krankheiten seien etwas ganz furchtbares, die intensiver Pflege bedürfen.«

»Oh, bei weitem nicht alle. Der menschliche Körper hat erstaunliche Abwehrkräfte und braucht in der Regel nur etwas Unterstützung. Natürlich kann sich selbst eine simple Erkältung zu einer gefährlichen Lungenentzündung ausweiten, aber das ist selten.«

»Und was macht man dann?«

»Wollt Ihr das wirklich wissen?«

»Aber natürlich! Es heißt, dass Ihr solch ein großer Heiler seid. Ich möchte alles darüber wissen!«

Also beantwortete er all ihre Fragen, und derer hatte sie zahlreiche. Das war zwar nicht nicht unbedingt das Gesprächsthema, das er sich vorgestellt hatte, aber Celebrían begeisterte sich so sehr dafür und das war die Hauptsache.

Doch die Stunde schritt voran und selbst der schönste Moment musste irgendwann einmal enden. Natürlich bot er ihr an, sie nach Hause zu begleiten, und wünschte ihr eine gute Nacht. Dann begab er sich zu seinem eigenen talan, das er für die Dauer seines Besuches bewohnte. Ceomon wartete hier bereits auf ihn.

»Herr, wo wart Ihr gewesen?« Doch dann musterte er Elrond eingehender. »Halt, sagt nichts. Ich weiß es.«

Er hob eine Braue. »Woran willst du das festmachen?«

»Nur die Herrin Celebrían lässt Euch auf diese Weise strahlen.« Ceomon lächelte verschmitzt.

Elrond spürte, wie die Röte in seine Wangen kroch und er sah seinen Diener finster an. »Was soll das heißen?«

»Ach, nun …« Ceomon druckste gekünstelt herum. »Ich frage mich nur, wann Ihr ihr sagen wollt, was Ihr für sie empfindet.«

Elrond bemühte sich, ihn noch finsterer anzublicken. »Ich kann dich jederzeit entlassen, du weißt das.«

Leider wusste Ceomon auch, dass Elrond das niemals tun würde. Gemeinsam mit Rethtulu hatte er Elrond und Elros ebenso aufgezogen, wie Maglor und Maedhros. Die beiden alten Noldor waren nicht nur Elronds Diener, sondern Teil seiner Familie.

Ceomon mimte die Unschuld in Person. »Herr, wie könnt Ihr das auch nur in Erwägung ziehen, mich vor die Tür zu setzen? Wie soll ich dann mein täglich Brot verdienen?«

Elrond sah ihn nur finster an und schob sich an ihm vorbei in seine Räumlichkeiten. Auf der Feier hatte er sich den Magen mit kleinen Happen vollgeschlagen, dass ihm jetzt nicht einmal mehr der Sinn nach einem Abendmahl stand.

»Nun, ich weiß noch. Da gab es diese Begebenheit, wo ich, bewaffnet mit einem Holzschwert, heroisch die Monster in Eurem Kleiderschrank erschlagen musste, damit Ihr und Eurer Bruder schlafen konntet. Wie alt ward Ihr da gewesen? Sieben Jahre? Oder doch schon acht?«

»Sei still!«, fuhr Elrond ihn an. Seine Wangen brannten. »Untersteh dich, Celebrían jemals eine dieser peinlichen Geschichten zu erzählen.«

»Aber wieso denn?« Ceomon sah ihn groß an. »Ihr seid so niedliche Kinder gewesen.«

Elrond atmete tief durch und mahnte sich zur Ruhe. Der einzige, der solche Geschichten auspacken durfte, war er. Nicht dass sich Ceomon jemals um seine Befehle geschert hatte. Wenn sie ihm nicht passten, legte er sie ohnehin gern einmal aus, wie er wollte.

»Ich will jetzt schlafen, es ist spät«, sagte er stattdessen.

Dieses Mal leistete Ceomon dem anstandslos Folge.

 

Offiziell weilte Elrond in Lórien, um die Bande zwischen Noldor und Sindar zu stärken (bevor sie sich noch weiter in den Osten zu Oropher wagten, würde noch einige Zeit und ausgesprochen vorsichtiges Herantasten von Nöten sein). Allerdings ahnte er schon jetzt, und dafür brauchte er nicht einmal seine besondere Gabe, dass er sich schon alsbald neue Ausreden einfallen lassen würde, denn insgeheim war er vor allem gekommen, um Celebrían zu sehen. Vor einigen Jahren war sie mit ihrer Mutter nach Imladris gekommen und vom ersten Moment an war es um ihn geschehen gewesen. Sie hatte so viel von ihrer Heimat geschwärmt, dass er ihr natürlich versprochen hatte, sie einmal besuchen zu kommen.

Hinterher konnte er nicht einmal mehr sagen, über was er mit Galadriel und Celeborn geredet hatte. Sie hatten höfliche Konversation betrieben und Celeborn hatte sich erkundigt, wie es mittlerweile um Imladris stand, aber die Details waren Elrond beinahe sofort wieder entfallen. Denn hinterher hatte Celebrían ihn herumgeführt und ihm von ihrem Leben hier erzählt. Begeistert zeigte sie ihm all ihre liebsten Ecken und die Bäume, auf die sie als kleines Kind geklettert war und sich die Knie aufgeschrammt hatte, als sie wieder herunterfiel.

»Vater hatte mich immer gerügt, wenn ich mit zerrissenem Kleid und blutigen Knien heim kam«, sagte sie leichthin. »Aber Mutter hat mich immer nur auf ihren Schoß gesetzt, mir die Knie abgetupft und dann geduldig meine Kleider genäht. Irgendwann zeigte sie mir, wie ich selbst die Nadel zu führen hatte, und ich lernte das Sticken, sodass ich meine Kleider nicht nur nähern, sondern auch gleichzeitig viel hübscher machen konnte. Da konnte Vater dann nichts mehr sagen!«

An diesem Tag hatte sie sich elanor in die Haare geflochten, die den goldenen Schimmer ihrer Haare betonten. Auch ihr Kleid war mit den Blumen verziert, den echten wie jenen aus Garn. Elrond wies darauf.

»Also ist dies auch Eure Arbeit?«

»Aber gewiss! Gefällt sie Euch?«

»Herrin, nie sah ich feinere Nadelarbeit. Eure Stiche zeugen von einer ungemein geschickten Hand.«

Eine leichte Röte zeichnete sich auf ihren Wangen ab und sie machte einen Knicks. »Meister Elrond, Ihr schmeichelt mir.«

Wagemutig ergriff er ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Ganz im Gegenteil. Worte können gar nicht meine Bewunderung ausdrücken. Bitte verzeiht mir, dass ich meine Harfe nicht mit mir brachte, denn allein Musik kann Eurer gerecht werden.«

Sie seufzte. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es ist mir eine Ehre, dass Ihr auch nur in Betracht zieht, für mich zu musizieren.«

Er winkte ab. »Oh, da ist doch nichts dabei.«

Sie ergriff seine Hand. »Aber doch! Ihr habt von niemand geringerem als Maglor gelernt und abgesehen von Daeron von Doriath hat diese Welt keinen größeren Musiker gesehen. Selbst wenn Ihr nur einen Bruchteil seines Könnens übernommen hättet, und Ihr habt weit mehr als das, wäre das noch immer mehr, als die allermeisten jemals zustande bringen würden.«

Er starrte auf ihre Hand in seiner, sein Kopf war wie leergefegt. Fokus! »Lasst das nicht Maglor hören«, lenkte er mit einem lockeren Scherz ab.

Sie sah fragend zu ihm auf. »Wie meint Ihr das?«

»Er konnte sehr … sagen wir, energetisch werden, wenn irgendwer in seinem Umfeld auch nur andeutete, Daeron sei ihm überlegen. Da gab es wohl diesen legendären Sängerkrieg während Mereth Aderthad, Maedhros erzählte uns manchmal hinter vorgehaltener Hand davon.«

Celebrían sah ihn einen Moment schweigend an, dann kicherte sie. »Und was erzählt man sich von diesem sogenannten Sängerkrieg?«

»Dass gar nicht für Musik hätte gesorgt werden müssen, da dies Maglor und Daeron einfach selbst übernahmen. Jeder außer den beiden war damit ausgesprochen zufrieden, denn nie wieder hatte man solch wunderbare Musik vernommen wie zu jenem Fest, während sich die beiden größten Musiker in ganz Mittelerde gegenseitig zu übertreffen versuchten.«

Nun lachte sie auf. »Es war sicher ganz uneigennütz, Maglor und Daeron einander vorzustellen!«

Auch Elrond musste schmunzeln. »Maglor war sonst von eher bescheidener Natur, aber sobald es um seine Musik ging, gab es kein Halten mehr für ihn. Er konnte nicht dulden, dass irgendwer ihm den Rang streitig machen wollte, und seine Waffe der Wahl war natürlich die Harfe und seine Stimme.«

»Wer hat den Sängerkrieg gewonnen?«

»Darüber streiten sich die Geister. Je nachdem, wen Ihr fragt, erhaltet Ihr eine andere Antwort. Ich würde sagen, es waren die Zuhörer, denn solch ein Spektakel bekommt man ganz sicher nicht jeden Tag geboten.«

Elrond genoss die Wochen in Lórien, weniger um der Politik wegen und vielmehr um der Gesellschaft, mit der er beehrte wurde. Irgendwann einmal musste jedoch auch diese Zeit ihr Ende finden. Er vermutete, dass er den Anlass, aufgrund dessen er eigentlich nach Lórien gekommen war, zu einem angemessenen Abschluss brachte, konnte dies aber nicht mit Gewissheit sagen. Immerhin schienen sich Galadriel und Celeborn nicht zu beklagen, was er als gutes Zeichen wertete.

Damit kam jedoch auch seine Zeit des Aufbruchs. Schweren Herzens verabschiedete er sich vom Goldenen Wald und begab sich zurück in seine Heimat.

Zeit war so eine Sache in Lórien nicht zuletzt dank Galadriels Wirken und außerhalb des Waldes war mittlerweile der Winter angebrochen. Elrond entschied sich daher nicht für den Weg über das Gebirge hinweg, sondern darunter. Ceomon nahm dies mit einigem Murren hin und warf vorsichtig ein, dass die Zwerge von Moria seit dem Fall von Eregion ihre Tore geschlossen hätten, wie Elrond sicher wüsste. Elrond hatte jedoch wenig Lust, sich mit dem Schnee in den oberen Gebirgslagen herumzuschlagen und wollte dennoch sein Glück mit den Zwergen versuchen.

Er vertraute darauf, dass sich einige noch an seine Beteiligung im Kampf um Eregion erinnerten, und er sollte Recht behalten. Zähneknirschend ließen die Zwerge die kleine Reisegesellschaft durch, man bot Elrond sogar etwas von dem süffigen Zwergenbier an. Bier war zwar definitiv nicht nach seinem Geschmack, aber aus reiner Höflichkeit nahm er dennoch an. Wenige Tage später verließen sie auch schon Moria wieder durch das Hulstentor im Westen. Ceomon atmete auf.

»Ich konnte Zwergen noch nie etwas abgewinnen«, murmelte er.

Ein kalter Wind pfiff von den Bergen und sie sahen zu, dass sie rasch nach Norden kamen. In der Heimat winkten weiche Betten und ein warmer Herd. Rethtulu, der in Elronds Abwesenheit den Haushalt verwaltet hatte, hatte sicher alles auf Hochglanz poliert.

Natürlich erwartete sie ein anstandslos geführter Haushalt und natürlich erwartete Rethtulu sie auch bereits, als sie heimkehrten. Elrond war dankbar dafür, dass ein warmes Bad für ihn bereitstand. Im Winter zu reisen, war nie eine angenehme Sache. Freilich hatte Rethtulu auch an warmen Gewürzwein gedacht.

Imladris kehrte zur Normalität zurück. Es war noch immer eine recht junge Normalität, die Siedlung bestand erst seit wenigen Jahren, doch bereits jetzt hatten sich alle gut aufeinander eingespielt. Noch immer war bei weitem nicht alles fertiggestellt und noch immer gab es vieles, das geklärt werden musste und das Elronds Aufmerksamkeit bedurfte. Doch bereits jetzt zeichnete sich ein klares Bild ab, wohin die Reise für die Bewohner des Tals gehen würde.

Insgeheim war Elrond besonders stolz auf seine Bibliothek. Erestor hatte sich bereit erklärt, von Lindon hierher zu ziehen und Elronds private Sammlung, die er bereits in Forlond geführt hatte, nicht nur zu verwalten, sondern auch zu erweitern. Gil-galad hatte nicht nur zugestimmt, seinen Berater Elrond zur Seite zu stellen, sondern ebenfalls einige großzügige Spenden aus der königlichen Bibliothek beigesteuert.

Die Normalität und der damit einhergehende Frieden hielten nicht lang an. Denn pünktlich zu Elronds Geburtstag stand Gil-galad bei ihm vor der Tür.

Elrond hasste seine Geburtstage, er würde sie am liebsten einfach ignorieren. Wenigstens Ceomon und Rethtulu hatte er nach vielen Jahren dazu bewegt, ihm am Morgen lediglich eine Torte zum Frühstück hinzustellen und ihn ansonsten nicht weiter zu behelligen. Gil-galad hingegen blieb unbelehrbar.

Elros und Elrond waren seit jeher der menschlichen Tradition gefolgt, ihren Geburtstag und nicht ihren Zeugungstag zu begehen. Warum wussten sie nicht mehr. Maglor musste sie wohl, als sie noch Kinder gewesen waren, gefragt haben, und dann waren sie einfach dabei geblieben. Seit Elros jedoch an ihrem fünfhundertsten Geburtstag gestorben war, wollte Elrond nichts mehr davon wissen.

Gil-galad sah das anders und daher brachte er immerhin noch die Güte auf, am Morgen einen Boten voran in das Tal zu schicken, der die Ankunft des Hohen Königs in wenigen Stunden verkündete. Elrond fluchte. Er hätte es besser wissen müssen, als darauf zu hoffen, dass sein Freund ihn dieses Jahr in Frieden lassen würde.

Immerhin vergaß er über die Hektik für eine Weile seinen Kummer über den Verlust des geliebten Bruders. Das Haus musste hergerichtet werden, sie empfingen niemand geringeres als den Hohen König! Elrond mochte der Herr von Sindar und Noldor gleichermaßen sein, doch Imladris unterstand noch immer der Regentschaft Gil-galads.

Mit einem Male summte das Haus vor geschäftiger Betriebsamkeit. Elrond wünschte sich, er könnte sich teilen, um an allen Orten gleichzeitig sein zu können. Das Haus musste glänzen, und die besten Gästezimmer hergerichtet werden. Nirgends durfte auch nur ein Krümel herumliegen. Und erst das Essen! Die Öfen wurden geheizt und die Messer geschwungen. Nur das beste für den König und seine Gefolgschaft, etwas anderes kam gar nicht in Frage. Dabei spielte es natürlich keine Rolle, ob der König nun auf diplomatischer Mission unterwegs war, um in seinem Reich nach dem Rechten zu sehen, oder einfach nur, um seinen Freund an dessen Geburtstag zu behelligen.

Am Nachmittag traf Gil-galad ein. Noch lange nicht war alles so, wie Elrond es gern hätte, aber jetzt war ohnehin alles zu spät. Er betete, dass es genügen würde, als er vor die Tür trat, um den König im Innenhof zu empfangen.

Mit wehenden Bannern ritt Gil-galad ein. Er trug ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, als er Elrond erblickte und sich sogleich von seinem schneeweißen Pferd schwang. Auf dem Arm trug er einen Flechtkorb, aus dem es verräterisch duftete.

»Elrond, meldonya!«, rief er sogleich zur Begrüßung und scherte sich nicht wirklich um irgendwelche Protokolle, als er kurzerhand Elrond um den Hals fiel.

Elrond gab einen erstaunten Laut von sich und erwiderte dann doch die Umarmung.

»Alles Gute zum Geburtstag!«, beglückwünschte Gil-galad ihn und gab ihn wieder frei. Noch immer mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht überreichte er ihm den Korb. »Eine Kleinigkeit.«

Zugegebenermaßen lief Elrond allein bei dem Duft das Wasser im Mund zusammen. Er brauchte nicht einmal das Tuch zu heben, das über dem Korb ausgebreitet lag, um zu wissen, was ihn darunter erwartete. Er tat es dennoch und wurde mit dem satten Duft frischer Pfannkuchen belohnt.

Einst hatte König Fingolfin ein geradezu legendäres Rezept für Pfannkuchen besessen, welche er regelmäßig für seine Kinder buk. Später hatte Fingon dies an seinen Sohn Ereinion weitergegeben, welcher nun regelmäßig zu Elronds Geburtstag diesem einen ganzen Korb voll Pfannkuchen buk und vorbei brachte. Als läge nicht ganz Eriador zwischen ihnen. Die Legende besagte, dass über diesem Rezept schon Kämpfe ausgetragen worden waren und Fingolfin seine Pfannkuchen zu diplomatischen Zwecken hätte einsetzen sollen. Zumindest letzteres konnte Elrond bestätigen; absolut jeder ließ sich mit diesen Pfannkuchen bestechen.

Er ließ es sich nicht nehmen, gleich an Ort und Stelle den ersten zu essen. Der Teig war noch warm und die Marmelade zerfloss ihm förmlich auf der Zunge. Mit wenigen Bissen verschwand das kleine runde Schmalzgebäck in seinem Mund und genüsslich leckte er sich den Zucker von den Fingern.

»Sind die gut!«, schwärmte er. »Galad, du hast dich wieder einmal selbst übertroffen.«

Gil-galad grinste selbstzufrieden. »Natürlich! Du weißt doch, wofür mein Großvater bekannt gewesen war.«

Elrond musste ebenfalls schmunzeln. »Komm hinein. Ich hoffe, alles ist zu deinem Wohlgefallen gerichtet.«

Gil-galad winkte ab. »Ach, du hast wieder einen viel zu großen Aufriss gemacht! Ich bin nur hier, um meinem Freund zum Geburtstag zu gratulieren und ihm eine Kleinigkeit zum Naschen zu geben, mehr nicht.«

Elrond schüttelte seufzend den Kopf, musste aber immer noch schmunzeln. Er führte Gil-galad hinein. Sein Hausvolk brachte Gil-galads Gefolgschaft zu dessen Unterkünften, und er selbst begab sich mit seinem Freund in die große Feuerhalle. Hier war bereits ein kleines Mahl für sie hergerichtet worden, eine erste Stärkung nach dem langen Weg von Forlond. Gil-galad setzte sich und Ceomon kam sogleich und schenkte ihnen Wein ein. Der gute, wohlgemerkt, den Elrond nur für besondere Anlässe herausholte.

Gil-galad streckte gelassen seine langen Beine unter dem Tisch aus und prostete Elrond mit dem Kelch zu. »Auf dich.«

Elrond erwiderte die Geste. »Auf uns.«

Sie stießen miteinander an.

»So, du warst also in Lórien zu Besuch«, begann Gil-galad, als er seinen Kelch wieder abgesetzt hatte. »Wie war es da so?«

Er hatte ein unangenehm wissendes Lächeln aufgelegt. Elrond tat, als würde er es nicht bemerken. »Ich denke, es verlief gut. Celeborn und Galadriel mögen zwar bereits vor langer Zeit Lindon verlassen haben, aber noch immer haben sie Interesse daran, die alten Bande fortbestehen zu lassen. Celeborn war etwas zögerlicher, was das anging, aber Galadriel wird uns auch weiterhin zur Seite stehen, uns und Círdan.«

»Gut.« Gil-galad nickte. »Und Vilya?«

Elrond berührte mit der linken Hand die Finger seiner rechten, wo er den Ring trug, verborgen vor den Augen aller außer jenen, die eingeweiht waren. »Mein Vetter Celebrimbor mochte ihn zwar einst für dich angefertigt haben, aber der Ring hat deinen Willen übernommen und beugt sich nun meinem. Zugegeben habe ich mich in den letzten Jahren rasch an ihn gewöhnt, und jetzt ist er beinahe so etwas wie eine physische Manifestation meines Willens. Ich muss nicht mehr groß darüber nachdenken, was ich mit ihm bezwecken möchte, es passiert einfach. Es ist beinahe, als würde der Ring spüren, was ich von ihm will, noch bevor ich selbst diesen Gedanken wirklich bewusst formuliert habe.«

Gil-galad schien zufrieden mit dem, was er hörte. »Sehr gut. Ich habe gespürt, was du mithilfe Vilyas in deinem Tal erreicht hast. Der Schutz, den du ihm angedenkst, wird von Jahr zu Jahr stärker. Vielleicht tauschst du dich bei Gelegenheit mit Galadriel aus; sie hat immerhin von Melian gelernt und weiß weitaus mehr über solche Dinge als wir, ob nun mit oder ohne die Macht eines Ringes.«

»Eine gute Idee. Galadriels Weisheit ist von unschätzbarem Wert.«

»Und du hast eine Ausrede, um Celebrían zu sehen.«

Elrond verschluckte sich beinahe an seinem Wein. »Ausrede nennst du es?«

Gil-galad beugte sich vor. »Mein Freund, ich bin nicht blind und außerdem kenne ich dich nun lang genug. Ich weiß sehr wohl, dass du ein Auge auf Galadriels Tochter geworfen hast.«

Elrond warf über Gil-galads Schulter hinweg Ceomon einen finsteren Blick zu, als dieser nur mit Müh‘ und Not ein Lachen unterdrückte. Ceomon bemühte sich, seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bringen, es gelang ihm jedoch nur dürftig.

»Und wenn es so wäre?«, wollte Elrond möglichst neutral wissen.

Gil-galad grinste ihn spitzbübisch an. »Würde ich dir raten, den Karren auf keinen Fall vor die Wand zu fahren!«

Elrond kniff die Augen zusammen. »Ich weiß nicht, was du meinst.«

Gil-galad knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. »Du bist verliebt und ich weiß das! Mir kannst du nichts vormachen. Also ergreife deine Chance! Du wirst wohl kaum eine edlere Dame finden als Celebrían.«

Elrond öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und schloss ihn dann wieder. Er blinzelte. »Aber was, wenn sie mich nicht will?«, sprudelte es dann aus ihm heraus.

Dieses Mal klopfte Gil-galad ihm Zuspruch gebend auf die Schulter und lehnte sich dann wieder in seinem Stuhl zurück. »Warum sollte sie dich nicht wollen? Einmal ganz davon abgesehen, dass du eine der mächtigsten Personen in meinem Reich bist, bist du in erster Linie ein ellon, der die Blicke so manch einer elleth auf sich zieht.«

Elrond schnaubte. »Erinnere mich nicht daran. Ich bin froh, den kichernden Mägden an deinem Hof entkommen zu sein. Die meisten waren doch ohnehin nur an mir interessiert, weil ich entweder eine Kuriosität bin oder du darauf bestanden hattest, mich zu deinem Erbe auszurufen.«

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass auf Celebrían weder das eine noch das andere zutrifft. Mit Sicherheit ist sie an dir als Person interessiert.«

»Was macht dich da so sicher? Und überhaupt solltest du dir an die eigene Nase fassen, Galad! Wann wirst du heiraten?«

»Wer spricht denn gleich von heiraten? Außerdem weißt du, dass das nichts für mich ist. Vielleicht finde ich ja eines Tages eine Person, die ich liebe, aber mehr brauche ich nicht. Und was das Erbe angeht: Derjenige sitzt vor mir!«

Elrond seufzte und verdrehte die Augen. Er wusste nicht, wie oft er besagtes Erbe schon ausgeschlagen hatte, aber leider hatte Gil-galad das schon vor vielen Jahren schriftlich festgehalten. Als er kurz nach der Gründung Imladris‘ Elrond zu seinem Viezeregenten in Eriador ernannt hatte, hatte es das nur noch zementiert und so sehr sich Elrond all die Jahre auch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte, so hatte er doch nichts dagegen ausrichten können. Gegen Gil-galads Starrsinn kam nichts an, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.

Gil-galad lächelte versöhnlich. »Trau dich, Elrond. Zögere nicht und gehe auf Celebrían zu. Du kannst nur gewinnen. Und wenn du dich nicht traust, dich ihr zu offenbaren, dann sing ihr ein Lied. Ich bin sicher, sie wird das schon verstehen.«

Elrond spürte, wie sein Herz allein bei der Vorstellung schneller schlug. Seine Wangen brannten. »Ich weiß nicht, Galad …«

»Trau dich«, wiederholte Gil-galad.

Elrond war nicht wirklich überzeugt.

In diesem Moment trat Rethtulu auf ihn zu und beugte sich zu ihm hinab. Er hielt eine kleine Schriftrolle, die er Elrond überreichte. »Herr, Euch erreicht Kunde aus Lórinand.«

Gil-galad schmunzelte.

Elrond warf ihm einen wortlosen Blick zu, brach dann das Siegel Galadriels und las, was sie ihm schrieb. Er stellte rasch fest, dass das Schreiben eigentlich von Celebrían verfasst worden war und sie um die Möglichkeit eines Besuches bat. Das Papier roch leicht nach elanor.

Neugierig beugte sich Gil-galad vor. »Erlaube mir meine Neugierde. Was schreibt sie?«

Elrond überhörte ihn bewusst und rollte das Pergament wieder zusammen. Er reichte es Rethtulu. »Vielen Dank. Bringe es in mein Arbeitszimmer, ich antworte ihr heute Abend.«

Rethtulu nahm es mit einer Verbeugung entgegen und ging dann wieder.

»Also?«, hakte Gil-galad nach.

Elrond faltete ruhig die Hände. »Nichts.«

 

Aber Gil-galad wäre nicht er, wenn er es nicht doch irgendwann herausfand. Über die nächsten Tage hinweg bohrte er so lang nach, bis er irgendwann doch aus Elrond herausgepresst hatte, was er wissen wollte. Ursprünglich hatte er nur für kurze Zeit in Imladris verweilen wollen, doch als er hörte, dass Celebrían ebenfalls das Tal besuchen wollte, änderte er spontan seine Pläne.

»Zu Hause kommen sie auch ein paar Wochen länger ohne mich aus«, sagte er. »Und außerdem hatte ich noch nicht die Ehre, die Herrin Celebrían kennenzulernen. Ich muss doch meine Untertanen kennenlernen!«

»Mein letzter Stand war, dass Lórien ein eigenständiges Reich ist«, warf Elrond ein.

»Aber wenn ihr heiratet, wird sie die Herrin des Tals und damit Teil meines Reiches.« Gil-galad lächelte unschuldig.

Elrond starrte ihn sprachlos an. Dann wandte er sich wortlos ab. Er hatte noch immer seine Tagesgeschäfte zu erledigen!

Wenige Wochen später erreichte ihn erneut Kunde von Celebrían, dass sie aufgebrochen sei und in Kürze im Tal eintreffen würde. Dieses Mal hatte Elrond jedoch genug Vorbereitungszeit, alles für den Besuch der hohen Dame herzurichten, und das, obwohl Gil-galad ihn noch immer behelligte.

Als sie schließlich das Tal erreichte, war er so nervös wie nur selten in seinem Leben. Einst hatte sie das Tal mit ihrer Mutter besucht, da sie auf der Suche nach ihrem Vater gewesen war, doch nun kam sie um des Tales willen. Alles musste perfekt sein! Alles musste sich von seiner besten Seite präsentieren!

Gil-galad hielt sich im Hintergrund und beobachtete das Treiben amüsiert.

Am frühen Nachmittag schließlich erreichte sie das Haus. Der Frühling begann sich allmählich auch im Tal zu zeigen, sodass sie vom zarten Grün der Bäume und bunten Blumen auf den Wiesen empfangen wurde. Erste Insekten summten in der noch frischen Luft und warteten darauf, dass die Sonne an Kraft gewann.

Elrond hielt von seinem Fenster aus nach ihr Ausschau und als er ihre kleine Reisegruppe schließlich den Weg hinauf zum Haus reiten sah, gab es kein Halten mehr für ihn. Er erwartete sie bereits, als sie schließlich das Haus erreichte.

Mit einem Male schien die Sonne heller zu strahlen, als er sie betrachtete, wie sie sich mit leuchtenden Augen umsah. Seit ihrem letzten Besuch hatte sich einiges getan.

Diener halfen ihr vom Pferd und nahmen sich ihrer Begleitung an. Laerwen, ihre Zofe, blieb jedoch bei ihr, falls ihre Herrin sie benötigte. Elrond kam ihnen entgegen. Celebrían lächelte zu ihm auf und machte dann einen artigen Knicks.

»Meine Dame, ich freue mich, Euch erneut in meinem bescheidenen Heim willkommen heißen zu dürfen«, begrüßte er sie.

»Die Ehre ist ganz meinerseits, dass Ihr meiner dreisten Bitte nachgegeben habt.« Sie sah über seine Schulter hinweg und machte mit einem male große Augen. Dann knickste sie erneut und neigte den Kopf. Elrond brauchte nicht zurückzublicken, um zu wissen, dass Gil-galad zu ihnen gestoßen war.

»Euer Majestät«, hauchte sie. »Ich wusste ja nicht, dass Ihr ebenfalls hier verweilt.«

Gil-galad winkte ab. »Nur keine Umstände. Es ist nur ein Freundschaftsbesuch. Ich denke, wir hatten noch nicht die Ehre.«

»Nein, Euer Majestät. Als meine Mutter Euer Reich verließ, war ich noch sehr jung gewesen.«

»Dann freut es mich umso mehr, nun endlich Eure Bekanntschaft machen zu dürfen, Herrin.«

Elrond führte sie beide nach drinnen und geleitete Celebrían zu ihrem Gastquartier. Am Abend lud er sie beide zum Essen ein, wo sie höfliche Konversation betrieben. Gil-galad entdeckte alsbald Celebríans Vorliebe für Heldengeschichten und erzählte ihr allerhand übertriebenen Quatsch über Elrond.

Celebrían sah Elrond groß an. »Aber das habt Ihr ja nie erwähnt!«

»Weil mindestens die Hälfte davon eine sehr großzügige Auslegung der Wirklichkeit darstellt«, grummelte Elrond.

Celebrían kicherte hinter vorgehaltener Hand.

Doch Gil-galad empfahl sich recht bald für diesen Abend, sodass Elrond und Celebrían den Rest des Abends für sich hatten. Lediglich Ceomon und Laerwen waren ebenfalls anwesend, obgleich sie sich im Hintergrund hielten und sich leise miteinander unterhielten.

Dieser Tage wurde es rasch kühl, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwand, doch dank Vilya verließ die Wärme kaum das Haus und sie konnten bis weit in die Nacht hinein auf der Terrasse sitzen und zu den Sternen am Himmel aufblicken. Ihr Licht schien aus Celebríans Augen.

»Herr Elrond, darf ich Euch um etwas bitten?«, sagte sie mit einem Male.

»Aber natürlich!«, erwiderte er sogleich.

»Spielt Ihr mir etwas auf Eurer Harfe? Ich würde so gern für Euch tanzen.«

Sein Herz setzte für einen Moment aus. Sie wusste, um was sie da bat, welchen Bedeutung Musik für ihn hatte. Und ebenso wusste er, wie wichtig der Tanz für sie war.

»Natürlich«, sagte er dennoch ohne zu zögern und winkte Ceomon zu sich. »Bring mir bitte meine Harfe.«

Ceomon lächelte lediglich und verschwand dann.

Celebrían trat auf die Wiese hinaus und sah zu den Sternen auf. An diesem Tag trug sie ein weißes, mit Perlen durchwirktes Gewand, das im Mondlicht strahlte. Die aufgestickten Perlen ließen es funkeln, als sei es über und über mit Sternenstaub bedeckt.

Kurz darauf kam Ceomon mit dem wertvollen Instrument wieder. Elrond nahm sich einen Moment, die Saiten zu stimmen, und setzte sich dann an den Rand der Terrasse, wo er das Gras zwischen den Zehen spüren konnte.

»Was wünscht Ihr, Herrin?«, wollte er dann wissen.

»Improvisiert«, trug sie ihm auf. »Heißt es nicht, dass Ihr das so gut könnt?«

»Nun …« Ein wenig verlegen lächelte er. »Es kommt wohl drauf an, wen man fragt.«

Improvisation war Maglors große Stärke gewesen. Wie kein anderer hatte er es vermocht, mit seiner Musik Bilder zu malen. Er hatte diese Kunst an seine Adoptivsöhne weitergegeben und von denen wiederum hatte Elrond stets größeres Geschick darin bewiesen.

Kurzerhand ließ er sich einfach von der Stimmung inspirieren und legte die Finger an die Saiten. Wie von selbst fanden seine Finger die Noten und zupften die Saiten. Sanft schwebte die Melodie durch die Nacht. Celebrían wiegte sich mit geschlossenen Augen in ihrem Takt und schien sie in sich aufzunehmen. Dann hob sie die Arme und begann zu tanzen.

Sie harmonierten erstaunlich gut miteinander. Elrond spielte die Musik, wie sie ihm in den Sinn kam, und Celebrían nahm sie auf, als hätte sie niemals etwas anderes getan. Ihre Arme malten fließende Muster in die Nacht hinein und versunken hatte sie ihre Augen geschlossen, wie um sich voll auf seine Musik und ihren Tanz zu konzentrieren. Ihr Haar wehte in schimmernden Bahnen um sie. Ihre Bewegungen ließen das feine Silbernetz mit den winzigen Diamanten, das sie in ihrem Haar trug, aufblitzen, als hätte sie die Sterne selbst in ihre Haare geflochten.

»Ah, Telpiríanna vanimelda«, seufzte er verträumt.

Sie hielt inne und sah ihn einen Moment lang an. Dann stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Sie ergriff seine Hände und drückte einen Kuss darauf. Wie weich ihre Lippen waren! Es war nicht in Worte zu fassen.

»Endlich sprecht Ihr aus, was Eure Musik schon lange verkündete«, wisperte sie. »Melin tyé.«

»Indonya haryal.« Er zog sie in seine Arme, drückte sie an sich und wünschte sich, dieser Moment würde niemals enden. In diesem Moment kannte er wahres Glück.

Mereth Cuil – Fest des Erwachens/Lebens; S.

Ah, Telpiríanna vanimelda – Ah, Celebrían, schön-geliebte; Qu.

Melin tyé – Ich liebe dich; Qu.

Indonya haryal – Du hältst mein Herz; Qu. 

Feedback

Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!

Autor

Elenyafinwes Profilbild Elenyafinwe
M

Bewertung

Noch keine Bewertungen

Statistik

Sätze: 480
Wörter: 6.790
Zeichen: 39.547

Kurzbeschreibung

Liebe findet sich unter den silbernen Sternen Vardas.

Crossover

Diese Fanfiction wird neben Der Herr der Ringe auch im Fandom Das Silmarillion gelistet.
Sie wurde außerdem mit Zweites Zeitalter, canon aware, Liebe, (romantische) Beziehungsentwicklung und Fluff getaggt.

Ähnliche Fanfictions