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Statistik
Kapitel: | 9 | |
Sätze: | 1.798 | |
Wörter: | 18.808 | |
Zeichen: | 113.990 |
Bevor wir mit der Geschichte beginnen, möchte ich ein paar einleitende Worte sagen und euch natürlich gewisse Informationen bereitstellen.
Hauptsächlich dreht sich ‚Naruto: The Very Last‘ um die Erlebnisse und Abenteuer direkt nach dem beinahe gleichnamigen Naruto-Movie ‚The Last‘:
Naruto hat Hinata endlich seine Liebe erklärt. Doch wie geht es nun weiter? Denn Naruto ist augenscheinlich nicht der perfekte Womanizer, wie man ihn sich normalerweise vorstellt. Schließlich hat er gerade erst gelernt, was die Liebe zu Ramen von der Liebe zu Hinata in seinem Kopf und seinem Herzen unterscheidet. Er muss also zwangsweise lernen, wie man sich als Partner und liebevoller Freund verhält. Dabei tritt er von einem Fettnäpfchen ins andere. Noch dazu ist der Held der Nation äußerst beliebt geworden und nicht jeder gönnt den beiden das zweisame Glück. Außerdem muss auch Hinata um die Beziehung kämpfen, denn letztendlich ist sie eine Hyuuga und brauch den Segen ihres Vaters. Oder etwa nicht?
Man darf also gespannt sein, wie die beiden die schwierigen Situationen meistern, um letzten Endes dorthin zu gelangen, wo uns Masashi Kishimoto schon längst hingeführt hat.
NaruXHina; SasuXSaku (angedeutet)
Bezugnehmende Medien:
Naruto Hiden-Reihe (unabhängige Naruto-Novelreihe)
Naruto + Naruto Shippuuden (Canon + evtl. Filler)
Naruto Movie: The Last
Naruto Movie: The Last Original Soundtrack --> Am besten immer anhören, wenn ihr gerade ein oder mehrere Kapitel lest:
OST 40 – ‚Naruto and Hinata‘
Naruto Special Chapter: After The Last
Zeitliche Einordnung der Story:
- Die Geschehnisse finden im 19. Jahr nach Narutos Geburt statt (2 Monate nach dem Jahrestag zum Ende des vierten Shinobi-Krieges)
- Die erste Storyline setzt genau nach den Ereignissen in ‚Naruto Movie: The Last‘ an
- Die zweite Storyline spielt nach den Ereignissen in ‚Sakura Hiden‘ und führt mit ihren Kapiteln direkt zur Hochzeit von Naruto und Hinata (‚Konoha Hiden‘)
- Die Zeitsetzung erfolgt zwischen dem 699. und dem 700. Kapitel im Bezug auf den Manga-Canon
Nützliche Infos:
- Hinatas Geburtstag: 27. Dezember (Alter zu Storybeginn: 18)
- Narutos Geburtstag: 10. Oktober (Alter zu Storybeginn: 19)
- 11. Oktober, 17 Jahre nach Narutos Geburt = Ende des vierten Shinobi-Krieges
Jetzt endlich genug der vornehmlichen Worte! Ich wünsche euch viel Freude bei meiner Geschichte und hoffe, dass ich euch das ein oder andere Lächeln aufs Gesicht zaubern darf.
Viel Spaß bei
‚Naruto: The Very Last‘!
Der Mond strahlte hell und freundlich. Unzählige Wassertropfen schwebten in der Luft und schimmerten in regenbogenartigem Glanz. Alles erschien wie ein unglaublicher Traum aus Farben, doch gleichzeitig wirkte es so real.
Frische, angenehme Luft umgab die beiden winzigen Gestalten, deren Umrisse am weiten Horizont erkennbar waren.
Das einstige Biest.
Die schüchterne Schönheit.
Zusammen vereint, während Zeit und Leben stillstanden, als hätte Mutter Natur höchstpersönlich allen Wesen dieser Welt befohlen, in unendlicher, liebevoller Stille zu versinken, sodass die Zweisamkeit, der Frieden und die unschuldige Liebe dieses einen Momentes auf ewig bewahrt werden konnten.
Der blonde, junge Mann namens Naruto Uzumaki betrachtete die Person vor sich. Ihre perlweißen Augen strahlten vor Glück. Die langen dunkelblauen Haare bewegten sich im Wind mit wellenartiger Eleganz. Er konnte das, was hier passierte, kaum fassen. Sein Verstand und auch sein Magen schlugen Purzelbäume. Er befand sich direkt unter dem sternenklaren Himmel. Weit weg von der Erde. Weit weg aller Wirklichkeit. Er war hier… bei ihr: Hinata Hyuuga; die Person, mit der er den Rest seines zukünftigen Lebens verbringen wollte. Das hatte er entschieden. In eben diesem Moment!
„Hinata!“
Seine azurblauen Augen suchten ihren Blick. Sie erwiderte ihn mit einem gutmütigen Lächeln.
„Naruto!“
Alles geschah wie von selbst. Seine Hände umfassten sanft ihre Wangen. Behutsam führte er ihr Gesicht zu seinem. Das Mädchen schloss langsam ihre Augen. Sie vernahmen deutlich das aufgeregte Hämmern ihrer beider Herzen. Der Augenblick, der einer Ewigkeit glich. Unwirklich. Und doch wahr.
Bis es endlich geschah.
Es war wie das ferne Rauschen der Meere. Das Explodieren tausender Feuerwerkskörper. Die lange spürbare Sehnsucht, die endlich erwachen durfte.
Keine Worte. Keine Sprache. Nichts, was je existierte, konnte jemals beschreiben, wie sich der erste Kuss zwischen zwei Menschen anfühlte, die sich wahrhaft und innig liebten. Denn die Gefühle des einen durchdrangen die Gefühle des anderen. Und umgekehrt. Ihre Seelen gehörten zusammen. Über alle Zeitalter hinaus.
Etwas weiter entfernt gab es eine kleine Explosion. Trümmer wurden beiseite gesprengt und zwei Personen kamen im Mondlicht zum Vorschein. Sie hatten sich unter der Erde einen Weg nach oben gebahnt. Ein wenig zerknirscht aber trotzdem erleichtert atmeten sie die frische Luft ein. Die junge Frau mit dem rosafarbenen Haar streckte sich ausgiebig.
„Endlich sind wir dieser Hölle entkommen.“
Sie lächelte fröhlich und betrachtete den Himmel. Währenddessen hatte sich ein Mann mit schwarzen Haaren, welche er sich zu einem stacheligen Zopf zusammengebunden hatte, auf einen nahen Stein gesetzt und gähnte nun herzhaft.
„Diese Mission war in allerletzter Minute erfolgreich. Ich will mir gar nicht ausmalen, was mit der Erde passiert wäre, wenn Naruto den Gegner nicht aufgehalten hätte. Er hat mal wieder den Tag gerettet, wie es aussieht.“
Das Mädchen betrachtete ihn zuerst schweigend. Dann grinste sie wieder und antwortete:
„Da hast du wohl Recht, Shikamaru. Aber ohne uns hätte er es wohl nicht geschafft Hinata zu retten. Manchmal ist er einfach zu verbohrt in seinem Schädel.“
Der junge Mann erwiderte das Grinsen.
„Das musst du ja am besten wissen, Sakura.“
Beide lachten herzhaft, doch verstummten unwillkürlich. Sie hatten Naruto bereits in vielen Schlachten erlebt. Seine Alleingänge waren beinahe so legendär wie er selbst. Denn schließlich galt er nicht gerade als großer Denker. Allerdings bewies er zu jedem Zeitpunkt, wie wichtig ihm seine Kameraden und Freunde waren. Er würde alles für sie geben. Sogar sein Leben!
Doch dieses Mal wirkte die Situation anders als zuvor. Für einen kurzen Moment hatte es den Anschein gemacht, als hätte Naruto aufgegeben. Das Feuer seiner unnachgiebigen Willenskraft war erloschen. Er hatte gedacht, dass er Hinata für immer verloren hätte. Einen solchen Naruto hatte es bis dahin noch nie gegeben. Verunsichert. Verletzt. Verängstigt.
Sakura schüttelte fast schon mechanisch den Kopf. Nein! Es gab einen guten Grund für sein Verhalten. Er war verliebt. Und wahrscheinlich wusste er es zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht. Man brauchte sich keine Sorgen um ihn machen. Alles war nun in Ordnung. Oder?
Doch sie konnte ihre Gedanken nicht bis zum Ende denken. Weitere Trümmer wurden beiseitegeschoben und zwei neue Gestalten tauchten aus den tiefen Schatten der Erde auf: Ein hochgewachsener, sehr blasser Mann mit kurzem, schwarzem Haar, der ein junges Mädchen im Teenager-Alter auf den Händen trug. Ihre Augen waren geschlossen, aber sie schlief nicht. Ihr langes braunes Haar umgab sie regelrecht wie ein Schal.
Shikamaru betrachtete die Neuankömmlinge.
„Ah, Sai! Hanabi! Da seid ihr ja endlich. Ich hoffe, alles ist gut gegangen.“
Der blasse Mann ließ seine Begleiterin auf den Boden hinab, sodass sie selbst stehen konnte. Während er antwortete, behielt er ein wachsames Auge auf ihr.
„Alles in Ordnung soweit. Hanabi, wie geht es dir?“
Die Angesprochene kämpfte mit sich selbst. Unter leichten Tränen öffnete sie ihre Augen. Grelles Licht und feuchte Luft umgab sie. Es tat weh, doch gleichzeitig freute sie sich über die Art des Schmerzes, denn es bedeutete, dass die Operation erfolgreich verlaufen war.
„Ich hatte mich zwar darüber gefreut, dass ich den kindischen Konohamaru nicht mehr sehen muss, aber dann dachte ich, es wäre vielleicht doch besser zu erkennen, was er einem für Streiche spielt. Außerdem ist diese glasklare Nacht so wunderschön anzuschauen. Ihr merkt also, dass ich regelrecht gezwungen werde, wieder sehen zu können, nicht wahr?“
Ihr schelmisches Grinsen brachte alle Anwesenden zum Lachen. Sai erschuf Stühle durch seine Zeichenkunst. Er führte Hanabi zu ihrem Platz und begann zu sprechen:
„Wo sind Naruto und Hinata? Wir dachten, sie wären schon bei euch.“
Erst jetzt bemerkte Shikamaru, dass er noch gar nicht wusste, wo die beiden überhaupt steckten. Das letzte, was sie von ihnen sahen, war ein Naruto, der sich, mit einer glücklichen Hinata im Arm, an die Oberfläche katapultierte und dabei die Erddecke zum Implodieren brachte, weshalb die anderen vier schnellstmöglich reagieren mussten, um sich in Sicherheit zu bringen. Dieser Gedanke nervte den Zopfträger.
„Tsk! Der soll mir gestohlen bleiben. Er hat uns beinahe umgebracht!“
Plötzlich fiel sein Blick überraschend auf die rosahaarige Kunoichi, die liebevoll lächelnd den Mond betrachtete.
„Was ist los, Sakura?“, fragte Shikamaru verwirrt.
Für einen kurzen Moment schwieg sie. Die anderen folgten ihrem Blick. Dann begannen alle gleichzeitig zufrieden zu lächeln.
„Ich denke“, antworte Sakura mit warmer Stimme, „dieses eine Mal können wir ihm verzeihen.“
Ihre Augen waren voller Freude und Stolz auf ihren ehemaligen Partner aus ‚Team 7‘ gerichtet, der hoch am Himmel schwebte, vereint mit der Frau, die ihn schon so lange liebte. Und zu der er auch endlich gefunden hatte.
Shikamaru lächelte nun ebenfalls wieder und schloss entspannt die Augen.
„Ich denke, dass wir hier vor dem Morgengrauen nicht mehr wegkommen. Seht ihr das auch so?“
Alle grinsten süffisant und stimmten ein.
So schnell wie möglich machten sie sich ans Werk für ein Lager. Holz wurde besorgt und ein Feuer entfacht. Hanabi unterstützte Sai beim Kochen. Noch immer tränten ihre Augen und schmerzten zugleich, doch es war ein viel angenehmeres Gefühl, sie überhaupt wieder zu besitzen. Darüber war das Mädchen glücklich. Nur für ihre Schwester empfand sie in eben jenem Moment noch viel mehr Freude als für sich selbst.
Zur gleichen Zeit schaute Sakura noch immer gen Himmel. Shikamaru gesellte sich zu ihr. Dann sprach er mit ruhiger Stimme.
„Meinst du, dass diese schreckliche Mission nötig war, damit er es endlich begreift?“
Sakura sagte für eine lange Zeit nichts. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet. Shikamaru dachte schon, dass er keine Antwort mehr erwarten bräuchte, bis sich ihre Lippen langsam bewegten.
„Nein. Das ist Schicksal. Sie gehören zusammen. Sie gehörten schon immer zusammen.“, eine einzelne Träne rann ihr über die Wange. Sie wischte sie weg und lachte glücklich, bevor sie weitersprach, „Bei Naruto dauert es einfach alles immer ein wenig länger als erwartet. Nicht wahr?“
Leicht verwundert über das Gesagte schwieg Shikamaru. Er fragte sich, ob sie diese Aussage mit ganzem Herzen ehrlich meinte, oder ob sie vielleicht sogar über sich selbst nachgedacht hatte. Doch er wollte nicht weiter über das Thema sprechen.
Ein letztes Mal fiel sein Blick auf die Umrisse der beiden Gestalten am Horizont. Der Mond strahlte hell und freundlich. Unzählige Wassertropfen schwebten in der Luft und schimmerten in regenbogenartigem Glanz. Alles erschien wie ein unglaublicher Traum aus Farben, doch gleichzeitig wirkte es so real.
Shikamaru wandte sich ab und ließ seine Gedanken schweifen:
Es war wirklich eine schöne Nacht.
„Du hast mich im Stich gelassen!“
Ein junger Mann mit langem, braunem Haar stand direkt vor Naruto, welcher voll purer Angst erstarrt war. Am ganzen Körper zitternd betrachtete der Blondschopf seinen Gegenüber mit weit aufgerissenen Augen. Langsam öffnete sich Narutos Mund:
„Neji! Was machst du hier?“
Der Angesprochene reagierte nicht. Stattdessen hob er langsam seinen rechten Arm. Dann streckte er seinen Zeigefinger aus und wies direkt auf Naruto.
„Wegen dir bin ich gestorben!“
Panisch drehte sich der einstige Held der Nationen um und versuchte wegzurennen.
Es gab einen lauten Knall. Er war direkt gegen etwas Hartes geprallt. Ein schmerzhafter Aufprall folgte. Naruto schüttelte irritiert seinen Kopf, dann weiteten sich seine Augen erneut vor Schreck.
„Meister Jiraya!“
Sein alter Lehrer schaute auf ihn herab. Düsternis umgab den weißhaarigen Mann und seine Stimme klang beinahe verächtlich.
„Du bist schuld, Naruto! Wie konnten wir dir jemals vertrauen?“
Der blonde Junge bewegte sich nicht. Sein Körper fühlte sich taub an. Was passierte hier? Er fand keine Erklärung. Er wollte nur weg. Weg von ihnen. Weg. Weit weg…
„LASST MICH IN RUHE!!!!!“
Naruto stieß mit einem Mal einen markerschütternden Schrei aus und sprintete los. Andere Personen tauchten auf. Hunderte. Sie wirkten verschwommen. Gesichtslose Fratzen der vergangenen Zeit. Sie verfolgten ihn. Weiter. Immer weiter.
…
…
…
„NARUTO!!!!“
Plötzlich saß der Fuchsjunge aufrecht in seinem Bett. Schweiß floss ihm über Stirn und Rücken. Was war geschehen?
Sofort schweifte sein Blick durch den Raum. Alles schien normal. Jemand saß neben seinem Bett. Es war Sakura. Ihre Stirn war in tiefe Falten gelegt und sie hatte sich besorgt über ihn gebeugt. Scheinbar war sie auch diejenige gewesen, die ihn aufgeweckt hatte.
Noch leicht benommen wischte sich Naruto den Schweiß von der Nase.
„Was machst du hier so früh am Morgen, Sakura?“
Die Angesprochene ignorierte die Frage und richtete sich langsam auf. Noch immer betrachtete sie ihn argwöhnisch.
„Du hast im Schlaf geredet. Was hast du geträumt?“
Ohne sie eines Blickes zu würdigen, sprang er aus dem Bett und begann sich anzuziehen. Schließlich antwortete er:
„Nichts. Es ist alles in Ordnung.“
Doch so leicht gab Sakura nicht auf. Sie ging um das Bett herum und konfrontierte Naruto mit scharfem Unterton:
„Du hast bestimmte Namen gerufen. Neji! Meister Jiraya! Es sind noch immer diese Alpträume, nicht wahr?“
Naruto hielt kurz inne beim Versuch sein T-Shirt überzustreifen. Für einen langen Moment betrachteten sich beide still. Das unsichere Gesicht des blonden Jungen. Die besorgte Miene der Kunoichi.
Mit einem Mal grinste Naruto und schüttelte den Kopf.
„Es ist wirklich nichts! Du brauchst dir keine Sorgen machen.“
Sakura wollte erneut widersprechen, doch bevor sie dazu kam, hatte Naruto bereits das Fenster weit aufgerissen und lachte fröhlich.
„WUUUHAAAA! Was für ein wunderschöner Morgen.“
Die azurblauen Augen funkelten im Sonnenlicht. Obwohl eigentlich die Winterzeit angebrochen war, durchströmte ihn angenehme Wärme. Die Bewohner des Dorfes Konohagakure, die bereits auf den Straßen unterwegs waren, blickten ihn zuerst erschrocken an. Doch als sie erkannten, dass der laute Ruf von Naruto, ihrem Helden höchstpersönlich, kam, begannen sie alle zu lachen und winkten ihm zu. Freudig hob er ebenfalls die Hand.
Schließlich drehte er sich zu Sakura um.
„Also, du hast mir immer noch nicht erzählt, warum du eigentlich hier bist?“
Obwohl die rosahaarige Frau das strittige Thema noch nicht beiseitegelegt hatte, gab sie sich für diesen Moment geschlagen. Nach einem kurzen Seufzer schritt sie zur Tür und machte auf dem Absatz schließlich kehrt.
„Der Hokage möchte dich sprechen. Er hat mich zu dir geschickt.“
Naruto betrachtete sie verwundert.
„Meister Kakashi?! Was will er?“
Sakura trat durch die Tür. Sie wirkte verletzt.
„Woher soll ich das wissen? Frag ihn doch selbst.“
Die Tür wurde regelrecht zugeknallt. Naruto legte den Kopf zur Seite und betrachtete verwirrt die Stelle, wo Sakura vor wenigen Sekunden noch stand.
„Was war das denn jetzt? Frauen sind merkwürdig.“
Doch er verlor keinen weiteren Gedanken mehr daran. Schnell machte er sich fertig, um seinen ehemaligen Lehrer aufzusuchen. Mit geschickten Fingern band er sich das Konoha-Stirnband um den Kopf. Dann klopfte er mit seiner Faust fest gegen seine Brust und grinste.
„Jawohl! Jetzt bin ich bereit!“
Vollkommen überstürzt sprang er mit einem gewaltigen Satz aus dem Fenster seiner kleinen Wohnung. Wie in Zeitlupe warf er einen letzten Blick auf seinen Nachtschrank, wo ein einzelner roter Stofffetzen lag. Die Reste eines Schals. Auch dieser Anblick ließ ihn eine wohlige Wärme spüren. Er wusste nicht woher sie kam. Doch er fühlte sich mit einem Mal leicht und beschwingt.
Schließlich holte er weit aus, machte einen großen Satz nach vorn und landete auf dem Sims eines nächstgelegenen Hauses. Ohne zu zögern sprang er von einem Dach aufs nächste und vollführte dabei regelrechte Purzelbäume in der Luft.
Seine ausgelassene Stimmung übertrug sich auch auf die Leute, die ihn beobachten. Sie jubelten ihm zu, grüßten ihn und freuten sich. Es war ihnen nicht zu verübeln. Denn schließlich hatte dieser blonde Junge schon mehrfach die Welt gerettet. Er galt als das Symbol der Freiheit. Und er war einer von ihnen.
In Windeseile war Naruto am Hokagehaus angekommen. Bereits von weiten schrie er begeistert:
„MEISTER KAKASHI!!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Es krachte gewaltig, denn der Blondschopf war im Sturzflug durch das offene Fenster des Hokage gejagt und prallte direkt gegen einen brachialen Haufen an Unterlagen, der sofort zusammenbrach und den Chaos-Ninja unter sich begrub.
„Ah, Naruto. Da bist du ja endlich.“
Schnellstmöglich befreite sich der Angesprochene aus seinem ‚Grab‘ und blickte den hochgewachsenen Mann mit dem strubbligen, grauen Haar an, der sich hinter dem großen Schreibtisch befand. Sein alter Meister Kakashi. Der sechste Hokage.
„Entschuldigung, Meister Kakashi!“
Peinlich berührt kratzte sich Naruto am Hinterkopf, als er das Durcheinander erkannte, welches er verursacht hatte. Plötzlich ertönte eine Stimme an der Tür.
„Wieso kannst du nicht einfach den Haupteingang nehmen, wie jeder normale Mensch?“
Shikamaru hatte genervt den Raum betreten. Sein Blick heftete an dem am Boden liegenden Naruto. Dieser grinste.
„So macht es aber viel mehr Spaß, oder?“
Kakashi betrachtete ihn lächelnd. Obwohl man nur seine Augen sah, da das restliche Gesicht durch eine Maske verdeckt wurde, konnte man anhand dieser dennoch sehr leicht feststellen, in welcher Stimmung er war.
„Nun ja, wir müssen einräumen, dass Naruto den Prinzipien eines ‚normalen Menschen‘ so oder so widerspricht.“
Shikamaru stieß einen Seufzer aus und lächelte dann:
„Da haben Sie recht, Hokage.“
Alle drei begannen zu lachen. Schließlich richtete sich Naruto auf und gesellte sich neben Shikamaru. Kakashi betrachtete die beiden und begann zu sprechen:
„Die Mission vor zwei Tagen gilt als absoluter Erfolg unter den verbündeten Großmächten. Das habt ihr wirklich gut gemacht. Ich bin froh, dass ihr alle sicher und heil zurückgekehrt seid.“
Naruto und Shikamaru lächelten zufrieden. Plötzlich fuhr Kakashi etwas ernster fort.
„Dennoch hat sich innerhalb unserer Reihen Unsicherheit breit gemacht. Kumogakure hat eine uns unbekannte Waffe zur Schau gestellt, die eine viel zu große Zerstörungskraft aufweist. Außerdem…“, er zögerte kurz. Sein durchdringender Blick fiel auf Naruto. Dieser schluckte heftig.
„Außerdem hätten sie euch mitsamt des Mondes dem Erdboden gleichgemacht. Diese Skrupellosigkeit muss bedacht werden. Alle Kage treffen sich, um die gegebene Situation in einem ordentlichen Rahmen zu besprechen.“
Shikamarus Augen verengten sich zu Schlitzen. Dann sprach er Kakashi direkt an:
„Was ist ihre persönliche Meinung dazu, Hokage?“
Dieser antwortete nicht sofort. Er stand auf und blickte für einen kurzen Moment still aus dem Fenster. Plötzlich sprach er mit leiser Stimme:
„Wir müssen den Frieden wahren, den wir uns vor zwei Jahren so hart erkämpft haben. Vorsicht ist jetzt geboten! Wenn wir übereilt urteilen, könnte dies fatal enden.“
Naruto öffnete den Mund, doch sagte nichts. Schweiß tropfte erneut von seiner Stirn. Erinnerungsfetzen des Krieges schossen ihm durch den Kopf. Neji. Meister Jiraya…
Urplötzlich wurde ihm übel vor Angst. Seine Gedanken wirbelten. Hinata. Hinata. Hinata.
Schnell versuchte er sich zusammenzureißen und schüttelte heftig mit dem Kopf.
Kakashi und Shikamaru berieten sich bereits angeregt. Sie hatten nichts von seinem Aussetzer mitbekommen. Soeben hatte der Stratege das Wort übernommen:
„Ich werde Sie begleiten und meinen Sachverhalt der Dinge klarstellen. Wir müssen Kumogakure verständlich machen, dass sie sich in Zukunft auf uns verlassen können und nicht auf solche Mittel zurückgreifen müssen.“
Kakashi nickte ihm zu.
„Ich danke dir, Shikamaru. Das war alles, was ich mit euch besprechen wollte. Ihr könnt gehen.“
Shikamaru kehrte sich zur Tür um und wollte gerade voranschreiten, als er bemerkte, dass mit Naruto etwas nicht stimmte. Auch Kakashi betrachtete den blonden Ninja eindringlich.
Dieser schaute geistesabwesend auf den Boden. Der Zopfträger legte ihm die Hand auf die Schulter und rüttelte mit sanfter Gewalt an ihm.
„Hey, Naruto! Alles in Ordnung mit dir?“
Ein weiteres Mal schluckte der Fuchsjunge heftig. Dann lächelte er seinen Kameraden schwach an.
„J-Ja… alles bestens mit mir!“
Shikamaru lächelte nun ebenfalls.
„Gut. Denn du solltest fröhlich sein“, der langjährige Freund zwinkerte ihm schelmisch zu, „Draußen wartet nämlich eine ganz besondere Person bereits auf dich. Deshalb empfehle ich dir, fürs nächste Mal, auf meinen Rat zu hören und den Haupteingang zu nehmen.“
Naruto betrachtete ihn verwirrt und überrascht zugleich. Auch Kakashi horchte auf.
„Eine besondere Person wartet auf Naruto?“
Shikamaru lachte und drehte sich an der Tür ein letztes Mal um.
„Ich glaube, Hokage, das werden sie noch früh genug erfahren. Stimmt’s, Naruto?“
Ein tobender Windzug kam auf. Shikamaru wurde mit einem plötzlichen Ruck leicht gegen die Wand gestoßen, als ein Schatten direkt an ihm vorbeihuschte.
„Hey, hey, hey! Naruto!“
Der blonde Junge hatte auf das Gesagte von Shikamaru sofort reagiert und stürmte aus dem Haus. Vorbei an einer überraschten Shizune. Jegliche Türen aufschlagend. Alle Treppen hinunter. Bis zum Ausgang. Grelles Tageslicht.
Da erblickte er es. Das dunkelblaue Haar. Sofort stahl sich ein breites Lächeln auf Narutos Gesicht und die letzten Meter sprang er.
„HINATAAA!!!!!!“
Die Genannte hatte geduldig vor dem Hokagehaus gewartet. Sie war unschlüssig gewesen, wie sie sich verhalten sollte. Doch nun, da sie ihn sah, freute sie sich umso mehr, und auf ihrem Gesicht zeichnete sich ebenfalls ihr wunderschönes Lächeln ab.
„Naruto!“
Alles wirkte so unglaublich. Seine Hände streckten sich nach ihr aus. Die Leute sahen das Spektakel mit Verwunderung. Ein Traum, der Wirklichkeit geworden war. Wie ein Theaterstück, wo der Prinz seine Holde endlich in die Arme schließen konnte. Wie ein Märchen, welches…
DONG!!!!!!!!!!!!!
Naruto war so stürmisch nach vorn gerast, sodass er mit seinem Kopf direkt auf den Kopf von Hinata prallte. Beide sackten schmerzvoll zusammen.
Kakashi und Shikamaru hatten das Schauspiel vom obersten Fenster des Hokagehauses beobachtet. Der Stratege schlug die Hand vor sein Gesicht, während der ehemalige Lehrmeister vergnügt lachte.
„Ich scheine wohl seit der letzten Mission nicht mehr auf dem neusten Stand zu sein.“
Naruto lag über Hinata und grinste. Er versuchte sich augenblicklich zu entschuldigen. Dabei rieb er sich die schmerzende Stelle an seinem Kopf.
Hinata hielt sich ebenfalls den Kopf. Zuerst tränten ihre Augen, doch dann lachte sie. Ein gutes Zeichen.
Shikamaru schloss zufrieden die Augen und entspannte sich.
„Ja, Es ist einiges passiert. Doch ich glaube, von jetzt an wird alles gut.“
Die beiden beobachteten das Paar, während die Sonne am Himmel langsam emporstieg. Keine Wolke war zu erkennen.
Schreckliches sollte die Shinobi noch ereilen. Denn Frieden schien niemals von unendlicher Dauer zu sein. Doch im Moment gab es keinen Grund, sich darüber zu sorgen. Denn gerade jetzt existierte die junge Liebe. Und sie nahm alle Aufmerksamkeit für sich ein.
Bevor der Schatten sich erneut erheben sollte…
Hinata blickte zum klaren Himmel hinauf. Die Sonne strahlte auf Konohagakure herab, als wollte sie das Dorf höchstpersönlich mit Glück erfüllen. Das Mädchen konnte gar nicht fassen, dass die Winterzeit eigentlich angebrochen war. Zwar fühlte man den frischen Wind als sanfte Brise durch die Straßen ziehen, doch diese war weit davon entfernt, sich unangenehm anzufühlen. Es schien das letzte Aufbäumen eines vergangenen Sommers zu sein.
Langsam wandte sich ihr Blick zu ihrer rechten Seite. Neben ihr lief der junge Mann, der ihr ebenfalls eine Art der Wärme in ihrem Inneren zu fühlen gab. Sie empfand solch starke Zuneigung für ihn, und er hatte die Gefühle nun endlich erwidert. Hinata konnte nicht umhin, den blonden Fuchsjungen namens Naruto unablässig zu betrachten und dabei sanft zu lächeln.
Naruto bemerkte, dass er von seiner Begleiterin beobachtet wurde und grinste sie an. Sofort wurde das Mädchen rot und senkte ihren Kopf. Es wirkte wie ein einstudierter Tanz, welchen sie jahrelang, nein, ein ganzes Leben lang erprobt hatten. Schweigend, doch glücklich, gingen sie beide nebeneinander einher.
„Hey! Naruto! Hinata!“
Das Paar blieb überrascht stehen. Drei Personen traten ihnen entgegen. Der junge Mann links außen trug eine graue Jacke mit Kapuze, welche sein halbes Gesicht beinahe komplett in Dunkel hüllte. Außerdem trug er eine Sonnenbrille. Sein Name war Shino Aburame.
Daneben befand sich eine Frau Mitte 30, deren Markenzeichen ihre großen, roten Pupillen waren, die wiederum in wunderschönem Kontrast zu ihrem schwarzen, fülligen Haar standen. Kurenai Yuuhi, die ehemalige Lehrerin von Hinata.
Der Letzte der Gruppe hieß Kiba Inuzuka. Sein mittellanges, braunes Haar fiel glatt an den Seiten hinunter. Auf seinen Wangen waren zwei rote, aufgezeichnete Fangzähne zu erkennen; das Wahrzeichen seines Clans. An seiner Seite stolzierte ein gewaltig großer Hund, der fröhlich bellte. Sein schimmerndes, weißes Haar glänzte im Sonnenlicht. Er war Kibas bester Freund und stetiger Begleiter: Akamaru.
Gemeinsam mit Hinata bildeten sie das alte ‚Team 8‘ aus ihrer Zeit als Genin.
Naruto betrachtete seine langjährigen Kameraden freudig:
„Hey, Leute! Es ist schön euch zu sehen.“
Kiba lachte laut los und prustete:
„Naruto, du tust ja gerade so, als hätten wir uns seit Jahren nicht gesehen.“
Sein Blick blieb bei Hinata hängen, die unsicher lächelte. Die Augen des Inuzukas verengten sich zu Schlitzen, dann beugte er sich direkt zu der jungen Kunoichi hinüber und flüsterte ihr ins Ohr:
„Äh, Hinata. Hat man dir auf eurer Mission Drogen verabreicht, die noch nicht ganz abgeklungen sind? Du weißt schon, dass du dich in eben diesem Moment nur ein paar Zentimeter neben Naruto befindest.“
Die Angesprochene blickte nervös und mit puterrotem Kopf zur Seite und antwortete:
„Nein, Kiba. Mir geht es gut. Ich bin gesund.“
Doch der Hundefreund gab sich damit nicht zufrieden. Er schaute seiner Kameradin tief in die Augen und kam ihrem Gesicht extrem nah. Seine Nase zuckte. Es wirkte, als wollte er versuchen, ihre Gedanken zu erschnüffeln.
Plötzlich musste Kurenai lachen und Kiba blickte sich verwundert um.
„Na, das ist ja mal eine tolle Wendung der Ereignisse“, die alte Meisterin streckte ihren Daumen aus, „Ich freue mich so sehr für dich, Hinata“.
Die Hyuuga war immer noch nicht in der Lage zu sprechen. Kibas Auge zuckte. Er verstand nur Bahnhof. Stattdessen richtete Shino seine Aufmerksamkeit in Richtung Naruto, der das ganze ungewohnt schweigsam beobachtet hatte.
„Ich hoffe, du passt auf sie auf, Naruto. Darauf musst du mir dein Wort geben.“
Naruto nickte lächelnd.
„Natürlich! Du kannst dich auf mich verlassen.“
Obwohl es sehr selten vorkam, grinste Shino nun auch.
„Ich freue mich für dich und Hinata. Es hat lange gedauert.“
Lange gedauert? Lange gedauert? In Kiba ratterte es gehörig. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Dann, langsam aber sicher, nahm sein Mund immer größere Formen der Verblüffung an. Er hatte es endlich begriffen.
„HAHAHA! JAWOLL!“
Mit gewaltiger Wucht hatte er seine Arme fest um die Hälse von Naruto und Hinata geschlungen und hielt sie vor Freude im Schwitzkasten.
„Das kann ja wohl nicht wahr sein! Wie ist das denn passiert? Ich glaube, das muss gefeiert werden. Haha!“
Seine beiden ‚Opfer‘ rangen förmlich nach Luft. Doch auch Akamaru hatte sich voll purer Fröhlichkeit in das Gerangel gestürzt und ein leichter Kampf um die Freiheit brach aus. Kurenai und Shino lachten und dachten nicht im Traum daran, den Beteiligten zur Hilfe zu eilen.
Nach ein paar Minuten der Glückseligkeit standen sich alle wieder gegenüber. Kiba grinste noch immer bis über beide Ohren. Dann schaute er Naruto mit neckischem Blick an.
„Hör zu, Dummkopf! Wehe du bringst Hinata auch nur einmal zum Weinen und verletzt sie. Sonst kriegst du es mit mir zu tun. Mir egal, ob du Gott persönlich bist. Sollte Hinata etwas zustoßen, bist du dran!“
Auch wenn Kiba seine Worte spaßig meinte, betrachtete Naruto ihn kurzzeitig mit ernster Miene. Seine Mundwinkel zuckten. Hinata entging diese Reaktion nicht. Sie fragte sich, was Naruto wohl durch den Kopf ging. Doch dieser hatte schon wieder seine typischen Gesichtszüge aufgesetzt und grinste.
„Na klar! Ich werde Hinata nie wieder aus den Augen lassen.“
Seine Hand befand sich plötzlich auf ihrer Schulter und sie sah voller Überraschung, dass er sie anblickte. Obwohl ihre Sorgen nicht verschwunden waren, konnte sie nicht umhin, als durch diese Handlung und seine vorigen Worte erneut puterrot zu werden.
Kurenai lächelte Hinata aufmunternd an. Dann mischte sie sich ein letztes Mal in das Gespräch ein:
„Kiba! Shino! Ich denke, wir sollten aufbrechen. Hinata verbringt diesen Tag mit Naruto. Da stören wir nur. Außerdem haben wir eine Mission.“
Sofort wurde Hinata ernst und ihre Sorgen verstärkten sich.
„Eine Mission? Was für eine Mission?“
Die kleine Gruppe setzte sich langsam in Bewegung. Kiba klopfte Hinata fest auf die Schulter und grinste.
„Mach dir keine Sorgen! Wir bleiben für immer ‚Team 8‘. Aber du solltest dich ausruhen und entspannen. Genieße deinen freien Tag. Wir haben nur einen kleinen Eskortauftrag. Nichts Großartiges oder Gefährliches!“
Auch Shino nickte ihr zu. Die Geste sollte wohl die Worte des Hundefreundes untermalen.
Beide jungen Männer schritten voran, während Kurenai sich doch noch einmal zu Hinata beugte und ihr liebevoll ins Ohr flüsterte:
„Du hast dein Ziel erreicht. Nun brauchst du dich nicht mehr verstecken. Du bist frei, Hinata. Jetzt beginnt dein Leben. Genieße es in allen Zügen, damit du niemals etwas bereuen musst.“
Hinata erstarrte vor Verblüffung. Damit hatte sie nicht gerechnet. Eine einzelne Träne rannte ihrer alten Meisterin die Wange hinunter, doch sie war schnell im schönen Lächeln der Frau verschwunden.
Hinata wusste ihre Worte mehr als zu schätzen. Sie waren eine Ansammlung voller Gefühle und Zuneigung. Und das Mädchen wurde traurig, denn sie dachte in eben jenem Moment an Asuma Sarutobi und den Verlust, den sein Tod mit sich brachte.
Plötzlich spürte sie einen leichten Ruck. Naruto hatte seinen Arm um ihren gelegt. Sie betrachtete sein Gesicht, welches auf Kurenais Rücken gerichtet war. Hinata fragte sich, ob er die Worte ebenfalls gehört hatte. Ein Schatten legte sich über seine Augen. Ohne sie anzuschauen, begann er zu sprechen:
„Jeder von uns musste einen Preis für den Frieden bezahlen, den wir hier und jetzt besitzen“, seine azurblauen Augen wandten sich zu Hinata und Narutos Gesichtsausdruck nahm sanfte Züge an, „Wir sollten diesen Frieden erhalten, nicht wahr, Hinata?“
Für einen kurzen Moment blieb die Welt stehen. Hinata betrachtete diese wunderschönen Augen, in denen sie sich so leicht verlieren konnte. Sie dachte über seine Worte nach. Sie fühlte einen unbekannten Schmerz. Doch es war nicht ihr Schmerz. Er gehörte Naruto. Und sie spürte ihn deutlich. Was war das? Ging es ihm gut?
Plötzlich nahm sie die Wirklichkeit wieder genauer wahr. Die Leute beobachteten sie und begannen zu murmeln. Sofort wandte sie ihren Blick von ihm ab und spähte scheu auf den Boden.
Auch Naruto erschrak und nahm sofort seine Hand von Hinata weg. Sein Gesicht lief knallrot an.
„Äh, t-t-tut mir leid, Hinata. Ich wollte dir nicht zu nahekommen. Das war unangebracht von mir. Ich, äh, ich…“
Doch er verstummte, als er sah, dass sie liebevoll lächelte, obwohl ihr Blick noch immer von ihm abgewandt war. Er hörte ihre sanfte Stimme leise erklingen:
„Es war nicht unangebracht, sondern angenehm. Ich danke dir.“
Naruto wusste darauf nichts zu sagen. Mit einem Mal realisierte er, dass er eigentlich überhaupt nichts wusste über Hinata. Er hatte keine Ahnung, was sie mochte und was nicht. Er hatte keine Ahnung, was sie gern aß oder wo sie gern ihre Zeit verbrachte. Er hatte keine Ahnung von allem, was sie umgab.
Doch dann erinnerte er sich an die Worte seines alten Meisters Jiraiya, die er vor Jahren gehört hatte und die ihn inzwischen solange begleiteten:
„Die wahre Qualität eines Ninja wird nicht an der Anzahl der Jutsu, die er beherrscht, oder seinem Talent gemessen. Das eigentlich Wichtige ist die Entschlossenheit, niemals aufzugeben.“
Naruto rieb sich mit seinem Zeigefinger die Nase und feixte. Ja! Er wollte Hinata unbedingt kennen lernen. Seine Entschlossenheit kannte keine Grenzen. Er wollte ihr, so gut es nur ging, bei allem beistehen, was ihr Leben lebenswert machte. Das war sein Wille!
Hinata bemerkte den positiven Sinneswandel und schaute ihn verwirrt an. Naruto griff überraschend ihre Hand und lief rasch los.
„Hinata“, während er einen großen Sprung aufs nächstgelegene Dach vollführte, blickte er fröhlich hinter sich, „ich möchte deine Welt kennen lernen. Ich möchte sehen, was du siehst. Aber vorher muss ich dir etwas zeigen! Etwas, was mir wichtig ist.“
Glückseligkeit jagte durch den Körper der schüchternen Kunoichi. Ihr Körper wirkte, als hätte man diesem einen Stromschlag versetzt. Sie wusste nicht, warum der junge Mann vor ihr plötzlich so greifbar nah wirkte. So unglaublich. Er war der Held, der aus der Einsamkeit kam. Er war die Frohnatur, die immer eine Lösung fand. Ihr Herz zersprang förmlich, denn die Bewunderung, die sie für diesen Mann fühlte, war unendlich groß.
Er wollte sie kennen lernen. Er wollte ihre Welt kennen lernen. Er interessierte sich für sie. Hinata konnte nicht umhin, als vor Glück zu weinen.
Sie sprangen von Dach zu Dach. Naruto hielt noch immer ihre Hand. Als er sich umdrehte, betrachtete er sie bestürzt und hielt an.
„Du weinst ja! Habe ich etwas Falsches gesagt?“
Hinata konnte nicht aufhören. Ihre Tränen purzelten ihr über die Wangen. Doch sie lachte. Sie lachte so herzhaft und fröhlich. Dann bemerkte sie Narutos sorgenhaften Blick und sie wischte sich erfolglos die Tränen aus dem Gesicht. Sie konnte nicht aufhören zu lächeln und zu weinen.
„Naruto! Du machst mich einfach glücklich!“
Der Fuchsjunge war mehr als verwirrt.
„Aber deshalb musst du doch nicht weinen! Wenn ich deine Tränen sehe und du dabei so lachst, wie ich es noch nie gehört habe“, sein Gesicht verzog sich krampfhaft nachdenklich, „dann habe ich beinahe das Gefühl, als wärst du in einem skurrilen Genjutsu gefangen.“
Hinatas Wangen färbten sich rot, während er sich am Kopf kratzte. Dann grinste er mit einem Mal.
„Dein Lachen ist echt süß. Es gefällt mir. Diese Art zeigst du viel zu selten.“
Naruto hatte recht. Sie hatte noch nie solche Fröhlichkeit gefühlt. Und noch nie musste sie so herzhaft lachen. Es war ihr peinlich. Doch aus irgendeinem Grund war es ihr egal.
Für den Bruchteil einer Sekunde schwiegen die beiden. Dann wischte sich Hinata die letzte Träne aus dem Gesicht und lächelte ihren Naruto an.
„Z-Zeig es mir bitte! I-Ich will sehen, was dir so wichtig ist!“
Zögerlich streckte sie ihre Hand nach ihm aus. Der Wind durchstreifte ihr dunkelblaues Haar. Naruto betrachtete sie mit weit aufgerissen Augen. Er fand, dass sie unfassbar schön aussah. Wieder durchfloss wohlige Wärme seinen Körper. Es reichte von Kopf bis Fuß. Das gleiche Gefühl, wie beim Anblick des roten Schalfetzens.
Dann ergriff er ihre Hand und ein Kribbeln jagte durch seinen Körper. Er wusste, dass sie das Gleiche empfand.
„Dann mal los!“
Gemeinsam machten sie sich Hand in Hand auf den Weg und waren bald hinter weiteren Dächern verschwunden…
Irgendwo in einem abgelegenen Waldstück gab es einen lauten Knall. Schreie waren zu vernehmen. Menschliche Schreie.
„NEEEEEIIIIIN!!!!!“
Es gab ein Geräusch, als würde eine spritzende Flüssigkeit aus einem weichen Gefäß gepresst werden. Blut spritzte. Ein dumpfer Aufprall. Stille.
Plötzlich hörte man ein nahes Rascheln. Ein Mann bewegte sich geschwind im Schatten der Bäume. Er trug einen erdfarbenen Poncho, der in der Luft flatterte. Um seinen Kopf war ein dunkles Tuch gewickelt, sodass die Form einem Turban glich. Sein rabenschwarzes Haar war unverkennbar und reichte ihm beinahe bis zu den Schultern.
Rumms! der Fremde hatte ein weiteres Ziel ausfindig gemacht. Mit geschickten Manövern verfolgte er das ‚Opfer‘, welches offensichtlich ein Nukenin war, denn das Stirnband war mit einem Riss durchzogen, welcher sich über das Dorfsymbol, Amegakure, zog.
Ein lauter Knall ertönte. Kurzzeitig waren strahlende Blitze aufgezuckt. Der Nukenin prallte gegen einen Baum und verstauchte sich den Knöchel. Er schrie auf vor Schmerzen und blieb mit Panik in den Augen liegen. Sein Peiniger landete sicher vor seinen Füßen und beobachtete emotionslos das Schauspiel.
„Bitte! Hab erbarmen! Ich weiß von nichts. Wirklich. ICH WEIß VON NICHTS! UARGGGGH!“
Der Nukenin hielt sich voller Schmerzen sein Bein, während die nackte Angst in seinem Gesicht zu erkennen war. Er betrachtete die Person vor sich, als würde der Tod persönlich in seiner menschlichen Gestalt vor ihm stehen.
„W-W-Was willst du bloß von mir? ...“
Doch der Angesprochene blieb still. Sein Blick brannte sich regelrecht in die Seele des Gejagten. Diese Augen.
Blutrot.
Teuflisch.
Allsehend.
„Du bist…“
Der Nukenin wurde kreidebleich. Plötzlich öffnete sich der schmale Mund des Fremden.
„Sag mir, warum existieren sie wieder?“, Kälte und Hass umgaben die Worte, die dem Verletzten gewidmet waren, „Sag es mir! Wer versteckt sich unter ihrem Namen? SAG ES MIR!“
Ein panischer, ohrenbetäubender Schrei hallte durch die Wälder. Vögel kreischten und flogen aus den Baumwipfeln heraus in den Himmel. Ein wahrhaft schrecklichen Ton konnte man vernehmen. Es klang, als würde ein scharfer Gegenstand brutal auf ein Stück rohes Fleisch prallen und sich tief hineinbohren.
Unwirkliche Ruhe folgte. Kein Mucks war zu hören.
Schritte.
Tap! Tap! Tap!
Die Schritte zogen sich langsam durch die Tiefen des Waldes.
Tap! Tap! Tap!
Der Fremde lief ruhig und bedächtig. Eiseskälte umgab ihn. Dann vernahm man seine Worte, die er unaufhörlich vor sich hinmurmelte:
„Akatsuki… Akatsuki… Akatsuki…“
WUMMS!
Ein Baum wurde durchsäbelt und fiel krachend zu Boden.
„AKATSUKI!!!“
…
…
…
„AKATSUKI!“
…
…
…
Sakura schreckte zusammen. Reflexartig blickte sie sich in ihrem Zimmer um. Hatte sie nicht eine vertraute Stimme wahrgenommen?
Minutenlang verweilte sie an der Stelle, als wäre sie festgewurzelt. Nichts regte sich. War es nur Einbildung gewesen? Wurde sie langsam verrückt? Tausende Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Dann murmelte sie leise:
„…Sasuke…“
Plötzlich biss sie mit ihren Zähnen auf ihre Unterlippe. Die Kräfte in ihrem Körper versagten. Ein dumpfer Aufprall. Sie war mit ihren Knien auf den Boden aufgeschlagen. Dann, mit einem Mal, folgte eine unerwartete Welle der Kälte und Angst. Was geschah mit ihr?
Krampfhaft versuchte sie den Anflug von Tränen zu unterdrücken. Sie krümmte sich, als fühlte sie unsägliche Schmerzen. Seelische Schmerzen. Bis sie schrie:
„WO BIST DU???“
…
Naruto und Hinata standen inmitten eines dichten Waldstückes etwas außerhalb von Konohagakure. Sie befanden sich auf einem kleinen Weg, der zwischen den blätterlosen Bäumen hindurchführte. Hinata blickte sich verwirrt um. Dieser Ort kam ihr merkwürdig vertraut vor.
Naruto beobachtete sie still grinsend, während die Kunoichi ihre Augen über die Szenerie wandern ließ. Schließlich entdeckte sie etwas in der Nähe. Eine modrige Holzschaukel, deren Seile, mehr provisorisch gedacht, an einem dicken Ast befestigt waren. Sofort schlug sie die Hand vor dem Mund zusammen. Naruto freute sich bei diesem Anblick.
„Du erkennst es, nicht wahr?“
Unwillkürlich musste Hinata lächeln. Sie nickte, blieb jedoch stumm und schaute sich genauer um. Augenscheinlich schien dieser Ort nichts Besonderes zu sein. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Dies hier wirkte mit einem Mal für sie, wie der wichtigste Platz der Welt.
Naruto trat neben sie. Auch sein Blick wanderte ausgelassen durch die Gegend.
„Hier sind wir uns das erste Mal begegnet. Ich kann mich ganz genau daran erinnern. Dich haben drei komische Typen umzingelt. Und ich konnte es einfach nicht ab, wie sie dich ein Monster genannt haben.“
Hinata spürte die leichte Verbitterung, die in seinen sanften Worten versteckt lag. Sie betrachtete ihn liebevoll, denn obwohl sie sich an diesen schrecklichen Zeitpunkt zurückerinnerte, konnte sie dieser Vergangenheit nun nichts Negatives mehr abgewinnen. Schließlich begann sie leise zu sprechen:
„Du warst zufällig in der Gegend. Du saßest auf der Schaukel und hast dich letztendlich eingemischt, bevor sie mir etwas antun konnten. Das empfand ich als sehr mutig und heldenhaft. Seitdem bewunderte ich dich.“
Sie wandte peinlich berührt ihr Gesicht ab. Ihre Wangen färbten sich rot. Naruto kratzte sich ebenfalls verlegen am Kopf und grinste.
„N-Naja! Ich konnte einfach nicht begreifen, wie man d-deine Augen nicht schön finden konnte“, Hinata blickte ihn verblüfft an, während er fortführte, „Außerdem verstehe ich bis heute nicht, wie man so jemanden Tolles wie dich als Monster bezeichnen könnte.“
Hinata war vollkommen erstarrt. Dies alles war zu viel für sie. Ihr ganzes Leben war sie dem Jungen, der sich nun direkt neben ihr befand, nachgelaufen. Sie hatte ihn im Stillen bewundert. Nie hatte sie daran gedacht, dass ihre Träume je Wirklichkeit hätten werden können. Sie bewies niemals Selbstbewusstsein oder Stärke. Ihre einzige Freude galt allen anderen Wesen dieser Erde. Sie wollte immer, dass ihre Freunde und Kameraden glücklich waren. Das war ihre Art, das Leben zu meistern. Selbst, wenn sie dadurch ihrem eigenen Glück auf ewig im Weg gestanden hätte.
Dies war nun das erste Mal, seit sie denken konnte, dass sich IHR Wunsch erfüllte. Sie verbrachte mit ihrem Idol und ihrer Liebe gemeinsam Zeit. Sie sprachen miteinander. Ausgelassen. Fröhlich. Hinatas Kopf explodierte förmlich. Er machte ihr Komplimente. Ausgerechnet ihr!
Naruto beobachtete seine Begleiterin still. Er merkte, dass sie in Gedanken schwebte und lächelte sanft.
„Weißt du, warum ich dich hierher geführt habe?“
Sofort wurde sie aus ihren Erinnerungen gerissen. Verwirrt von ihrer eigenen geistigen Abwesenheit schüttelte sie mit dem Kopf. Naruto legte seine beiden Arme hinter den Kopf und grinste breit.
„Naja, weißt du… Ich halte jeden Ort in Ehren, an dem ich einen wichtigen Freund kennen gelernt habe. Und diese Stelle gilt dir, Hinata. Hier haben wir uns kennen gelernt!“
Wie durch Zufall stahl sich ein Sonnenstrahl durch die Wipfel der Bäume und schien direkt auf Naruto herab. Hinatas Herz vollführte regelrechte Luftsprünge. Ihn so zu sehen, hier bei ihr, und seinen Worten zu lauschen, war unbeschreiblich.
Lange Zeit blickten sich die beiden still lächelnd an. Niemand wollte etwas sagen. Beide hingen ihren Erinnerungen an jenen denkwürdigen Tag nach. Schließlich war es Hinata, die zögerlich die Stille durchbrach:
„A-Also, du fandest damals meine Augen schön? U-Und hast dich deswegen eingemischt, weil sie mich Monster nannten?“
Naruto schlug sich voller Entschlossenheit auf die Brust und sprach mit stolzem Ton:
„Natürlich! Ich wollte sie allesamt verprügeln und sie dafür bezahlen lassen, was sie dir antaten!“
Hinata betrachtete ihn kurzzeitig. Dann sagte sie ohne Vorwarnung:
„Aber du wurdest geschlagen, nachdem du nur kleine Mini-Schattendoppelgänger erschaffen hast. Die waren ungemein niedlich. Und dann bist du ohnmächtig geworden.“
Sofort schrie Naruto panisch auf.
„HINATA! D-Das muss man in so einem Moment doch nicht erwähnen. Können wir das in der Geschichte nicht auslassen! Sagen wir, dass ich es allen dreien gezeigt habe und sie vor Ehrfurcht weggerannt sind. Das klingt viel cooler!“
Während der Fuchsjunge sprach, tanzte er wild umher. Scheinbar belastete ihn der Gedanke daran, dass er sie in der Vergangenheit nicht beschützen konnte.
Doch Hinata lachte. Sie lachte so klar und hell. Sie freute sich über die schöne Erinnerung. Sie freute sich über Narutos lebhafte Reaktion. Sie freute sich, dass sie so ausgelassen und frei mit ihm sprechen durfte.
Voller Liebe blickte sie ihn an.
„Einverstanden! Du hast sie in die Flucht geschlagen. Genau so war es!“
Das Knacken eines Mikrofons ertönte. Kiba rückte sein Headset zurecht.
„Shino, siehst du sie? Die Zielpersonen?“
Sofort vernahm er ein summendes Geräusch, während er von Baum zu Baum sprang. Dann erklang die Stimme seines Kameraden.
„Ja! Sie befinden sich in Sektor B4.“
Der Inuzuka grinste seinen stetigen Begleiter neben sich an.
„Haha, Akamaru! Wir haben sie! Jetzt geht der richtige Spaß los!“
Am anderen Ende meldete sich Kurenai zu Wort:
„Denkt dran, dass wir vorsichtig agieren müssen. Laut der Berichterstattung sind die Zielobjekte sehr stark.“
Kiba schnaufte süffisant.
„Du machst dir zu viele Sorgen, Meisterin Kurenai. Akatsuki existiert nicht mehr. Das sind nur irgendwelche Deppen, die sich unter dem Deckmantel einen Scherz erlauben, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen.“
Doch Kurenai widersprach ihm vehement:
„Unterschätze die Gegner nicht, Kiba. Unser Spähtrupp wurde vollständig ausgelöscht. Laut den Akten der Anbu ist dies hier eine S-Rang-Mission.“
Der Angesprochene ignorierte die Warnung. Selbstbewusst stürmte Kiba nach vorn. Seine Nase nahm den Geruch von vier Gestalten wahr, die 800 Meter vor ihm auf einer Lichtung standen.
„Bist du bereit, Akamaru? Lass uns mit der Party beginnen!“
Damit es ihn nicht im Kampf störte, riss er sich das Headset vom Kopf und stopfte es sich in seine Jackentasche. Nur noch ein leises, verzerrtes Knacken war zu hören sowie die dumpfe, unklare Stimme von Kurenai.
„YIIIIIIHAAAAAAA!!!!!! GATSUUUUUGAAAAA!!!!!!!!“
Viele Stunden waren vergangen. Naruto und Hinata schlenderten durch den Wald und redeten glücklich miteinander. Sie scherzten. Sie plauderten. Natürlich übernahm Naruto meistens den Part des Erzählers. Und meistens endeten seine Geschichten aus irgendeinem Grund immer bei Ichiraku Ramen, dem Lieblingsrestaurant von Naruto.
Doch auch Hinata öffnete sich so langsam. Sie beantwortete die Fragen des Blondschopfes so ausführlich und ungezwungen wie möglich. Und es fühlte sich gut an für sie.
Nebenbei dachte sie darüber nach, ob es überhaupt eine Person gab, welcher sie sich jemals so nahe empfunden hatte. Es war für sie ein ungewöhnliches Gefühl und vollkommen neu.
Naruto hingegen war vollständig in seinem Element. Er sprach über alles und jeden. Er lachte, jauchzte und schimpfte spaßig. Seine Arme fuchtelten wild durch die Gegend. Er vollführte Sprünge und legte sich auf den Boden. Der Held der Nationen tat alles, um Hinata zu unterhalten. Und es gefiel ihr. Noch nie hatte jemand ihr so lange so viel Aufmerksamkeit gewidmet.
Schließlich kamen sie am Waldrand an und bemerkten, dass die Sonne bereits unterging. Naruto blickte überrascht zum Himmel.
„Ich habe gar nicht mitbekommen, dass es schon Abend geworden ist“, er lächelte Hinata fröhlich an, „wir sollten uns wohl so langsam auf den Heimweg machen.“
Die Hyuuga nickte zustimmend und gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins Dorf, Hand in Hand.
Sie ahnten nicht, dass sie aus den Schatten der Bäume heraus beobachtet wurden.
Gut gelaunt gingen sie, in trauter Zweisamkeit, durch die leeren Straßen. Vereinzelt wurden sie von Bewohnern gegrüßt. Doch der Schatten näherte sich langsam immer mehr.
Gerade, als sie vor dem riesigen Hyuuga-Anwesen Halt machten und sich verabschieden wollten, trat eine Gestalt hinter sie und griff energisch nach Narutos Arm.
„MEISTER NARUTO!“
Vollkommen überrascht drehten sich der Fuchsjunge und die Kunoichi um. Vor ihnen standen drei Mädchen, die streng dreinblickten. Eine von ihnen zerrte regelrecht am Arm des Blondschopfes und begann laut zu nörgeln.
„Meister Naruto, Sie hatten uns letzte Woche versprochen, dass Sie mit uns heute Essen gehen. Wir warten schon den ganzen Tag auf Sie.“
Naruto betrachtete die Neuankömmlinge panisch und wehrte sich etwas zu schwächlich gegen die Bemühungen, ihn von Hinata wegzuziehen. Schließlich fragte er verwirrt:
„A-Ach das war heute? Das hatte ich glatt vergessen. In den letzten Tagen ist so viel passiert.“
Er warf Hinata einen nervösen Blick zu. Diese mied jedoch alle Beteiligten und schaute mit ausdruckslosem Gesicht auf den Boden. Naruto konnte nicht erahnen, was in ihrem Kopf vor sich ging.
Obwohl der ‚Held‘ vergebens versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, schien es so, als ob nun auch die anderen Frauen zur Tat schritten. Sie alle bedrängten ihn und bettelten ihn an. Er wusste nicht, was er tun sollte, da er solch eine seltsame Situation noch nie meistern musste. Seine Augen wechselten schnell zwischen den drei Frauen und Hinata hin und her. Schließlich blieb er bei Hinata hängen. Eigentlich wusste er genau, was er in diesem Moment wollte.
Hinata bemerkte seinen Blick und erwiderte diesen hoffnungsvoll. Sie sagte nichts. Naruto öffnete den Mund und sprach:
„H-Hinata, ist es in Ordnung für dich, wenn ich mit ihnen etwas Essen gehe? Ich habe tatsächlich Hunger und gegen einen kleinen Imbiss hätte ich nichts einzuwenden.“
Das traf sie hart. Ihre Sinne waren wie betäubt. Was war das für ein seltsames Gefühl? Es war überhaupt nicht angenehm. Es tat weh. Schmerz. Tief in ihr drin.
Krampfhaft versuchte sie sich zu beherrschen. Ihre Augen zuckten. Sie wollte augenblicklich hier weg. Schließlich sprach sie mit kehliger Stimme:
„J-Ja. N-Nein. Ja. Tu das. I-Ich wünsche euch viel Spaß.“
Ihr gelang es nur schwer, ihre plötzlich aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Sie verstand selbst nicht, woher diese kamen. Sie wusste nicht, was mit ihr los war.
Naruto spürte, dass etwas nicht stimmte, doch auch er begriff die Lage nicht. Stattdessen zogen die drei Mädchen ihn nun endgültig zu sich.
Das war zu viel für Hinata. Schnellstmöglich richtete sie ihre Aufmerksamkeit der Tür zu und stieß diese ruckartig auf. Ein letzter verletzter Blick traf Naruto, verbunden mit einem kurz angebundenen „Mach’s gut!“ und schon war die Hyuuga verschwunden.
Naruto war von der ganzen Aktion mehr als schockiert. Er konnte sich nicht rühren. Doch das brauchte er auch nicht, denn die drei Mädchen zogen und schoben ihn weg vom Anwesen. Lediglich ein Gedanke schweifte durch seinen Kopf:
Er wollte nicht von ihr getrennt sein!
Hinata lehnte an der geschlossenen Tür und weinte. Sie weinte so schrecklich doll. Was war das für ein Schmerz in ihrem Herzen? Es fühlte sich wie hunderte Nadeln an, die gleichzeitig auf brutalste Art und Weise in ihre Seele stachen. Ihr ganzer Körper verkrampfte. Ihre Sicht verschwamm…
Was sollte sie jetzt nur tun?
…
…
„Hinata, beruhige dich!“
Überrascht blickte die Hyuuga auf und sah sich im Garten des Anwesens um. Zuerst hatte sie den hoffnungsvollen Gedanken gehabt, dass Naruto zurückgekommen war. Doch stattdessen erkannte sie plötzlich rosafarbenes Haar vor sich.
„S-S-Sakura, was machst du denn hier?“
Ihre Freundin hatte sich mit zutiefst besorgter Miene über sie gebeugt. Unter Anstrengung half sie ihr beim Aufstehen.
„Was ist denn passiert?“
Zuerst wollte Hinata nichts sagen. Doch als Sakura fragte, ob es etwas mit Naruto zu tun hatte, konnte das blauhaarige Mädchen sich nicht mehr zusammenreißen. Sie berichtete unter Tränen, was passiert war. Zuerst erzählte sie, wie großartig sie den heutigen Tag empfand und wie schlimm die letzten Momente waren. Dann sprach sie:
„I-I-Ich bin so kindisch. Ich habe doch eigentlich gar keinen Grund so zu weinen, oder? Ich habe ihm Unrecht getan. Er konnte nichts dafür.“
Sakura lächelte sanft und umarmte sie fürsorglich.
„Ich weiß, wie sich das anfühlt, Hinata. Du bist so eine liebe Person. Du solltest nicht so leiden müssen“, für einen kurzen Moment schwieg sie, dann sprach sie leise weiter, „Naruto versteht nichts von alldem. Er weiß nicht, wie er mit den Gefühlen zu dir umgehen soll. Er tut das, was er immer tut.“
Hinata blickte traurig zu Boden. Sie versuchte, Sakuras Worte positiv aufzunehmen, doch es gelang ihr nicht wirklich.
„Ich habe Angst… Angst, dass ich nicht ausreiche. Dass ich ihn wieder loslassen muss. Dass er für immer aus meinem Leben verschwindet…“
Hinatas Augen weiteten sich vor Schreck, denn Sakura hatte sie mit einem Mal an der Schulter gepackt und mit sanfter Gewalt gegen die Torwand gestoßen. Ihr Gesichtsausdruck wirkte seltsam abwesend, doch sie begann ernst und direkt zu sprechen:
„Denk so etwas nicht! Nie wieder! Du liebst ihn. Und er liebt dich! Das weiß ich. Er wird dich nicht verlassen. Er wird… Er wird…“, Hinata bemerkte plötzlich, dass auch Sakuras Augen stark gerötet waren. Mit zitternder Stimme setzte sie fort, „Er wird dich niemals im Stich lassen. D-Du bedeutest ihm alles!“
Nun rannten auch Tränen über Sakuras Wangen und Hinata blickte sie verwirrt an. Unwillkürlich nahm sie ihre Kameradin in den Arm. Sie hatte einen Verdacht.
„Ist etwas mit Sasuke passiert?“
Wie betäubt schaute Sakura zu Hinata. Dann wandte sie ihre Augen Richtung Boden. Stille Traurigkeit umgab sie.
„Ich weiß es nicht. Er war hier. Das hat mir Meister Kakashi erzählt. Aber er… aber er… er…“
Da bemerkte Hinata, dass es ihrer Freundin noch weitaus schlechter gehen musste als ihr. Die Hyuuga hatte den Menschen, mit dem sie über alles zusammen sein wollte, nun endlich an ihrer Seite. Das Mädchen vor ihr hingegen quälte sich jeden Tag aufs Neue. Ungewissheit. Angst. Ratlosigkeit. Hinata erkannte, dass Sakura immer und immer wieder die Hölle durchlitt, denn sie war an einen Mann gebunden, der ihre Gefühle nicht erwiderte.
Die Zeit verging langsam. Die Nacht war hereingebrochen. Sakura und Hinata saßen still nebeneinander und betrachteten den Teich, der inmitten des Hyuuga-Anwesens platziert war. Er strahlte angenehme Ruhe aus. Lediglich das Plätschern des Wassers war ab und an zu hören.
Sakura hatte ihre Arme um die Knie geschlungen. Man konnte nicht erahnen, was sie im Moment dachte, da ihr Gesicht durch die rosa Haare bedeckt wurde. Plötzlich erklang leise ihre Stimme aus dem Nichts:
„Sag mal, Hinata, wieso hast du auf die Situation mit Naruto so heftig reagiert?“
Die Angesprochene blickte unsicher auf den Boden. Sie wusste nicht so recht, was sie darauf erwidern sollte. Stattdessen fragte Hinata sich selbst, was der Hintergrund ihrer Reaktion war. Hatte sie jemals zuvor Eifersucht verspürt? War sie jemals zuvor wütend gewesen, wenn sie Naruto mit anderen Mädchen zusammen sah?
Nein. Nichts dergleichen. Hinata galt eigentlich als ziemlich ausgeglichene Persönlichkeit. Allerdings konnte man dies auch auf ihr schwaches Selbstbewusstsein zurückführen. Schließlich hatte sie sowieso niemals erwartet, Naruto irgendwann so nahe zu stehen.
Sakura hatte geschwiegen und die Hyuuga in ihren Gedanken schweifen lassen. Gerade, als sie ihren Kopf aufrichtete, um Hinata einen sorgenvollen Blick zuzuwerfen, begann diese zu sprechen:
„So viel Spaß und Freude wie am heutigen Tag habe ich noch nie im Leben empfunden“, sie lächelte Sakura schwach an, „ich möchte für immer mit Naruto zusammen sein. Ich fühle mich wohl, wenn er mit mir spricht. Gleichzeitig mache ich mir Sorgen.“
Hinata begann zu zittern. Sakura wischte sich die eigenen Tränen energisch aus dem Gesicht und blickte entschlossen zu ihrer Freundin.
„Ich denke, wir haben genug Trübsal geblasen, Hinata. Ich weiß, dass Naruto manchmal ein gewaltiger Hohlkopf sein kann“, Hinata schaute überrascht zur grinsenden Kunoichi, die ohne zu zögern weitersprach, „ich weiß aber auch, dass er der treuherzigste Idiot auf dieser Welt ist. Und deshalb gibt es keinen Grund, sich über ihn Sorgen zu machen, wenn es um dich geht.“
Das blauhaarige Mädchen freute sich über die Worte, denn sie wirkten wie Balsam auf ihrer Seele. Langsam beruhigte sich auch ihre Atmung. Sie hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, zu ersticken.
Plötzlich schreckte Hinata ohne Vorwarnung auf und Sakura zuckte zusammen.
„Was ist denn jetzt los, Hinata? Mach mir doch keine Angst.“
Ein lautes Knurren war zu hören. Sakuras Augen weiteten sich vor Verblüffung, während Hinata einen hochroten Kopf bekam. Die junge Frau mit den rosafarbenen Haaren lachte.
„Hast du etwa Hunger? Ausgerechnet jetzt?“, Sakura stieß mit ihrer Schulter neckend gegen Hinatas Arm, „ich glaube, dass gewisse Verhaltensweisen von einem bestimmten Herren so langsam auf dich abfärben.“
Voller Überraschung über diese Aussage öffnete Hinata ihren Mund, doch sie brachte keinen ordentlichen Satz zustande.
„A-A-Aber, Sakura, d-d-das ist nicht… ich, äh, ich… N-Naruto ist doch nicht…“
Sakura amüsierte sich über das erschrockene Gesicht ihrer Freundin, dessen Farbe inzwischen einer Tomate glich.
„Na los, lass uns etwas essen“, innerlich rieb sie sich voller Vorfreude die Hände, „ihr habt in eurem Anwesen bestimmt extrem leckere Speisen, die Naruto nur zu gerne anrühren würde. Und als Strafe für sein Verhalten lassen wir ihm nichts übrig. Was sagst du?“
Breit grinsend ließ Sakura ihre Augen über die verschiedenen Gebäude der Hyuugas wandern. Hinata gab den geistigen Widerstand auf und lächelte nun ebenfalls.
„In Ordnung. Darf ich dich als Gast zu uns über Nacht einlad…“
Und schon war Hinata zum zweiten Mal an diesem Tage im Schwitzkasten gefangen, als Sakura freudig ihren Arm um sie schlang und sie mit sich zog.
„Hihi! Ich dachte schon, du fragst niemals.“
Hinata schwieg, doch ihr Lächeln verschwand nicht. Irgendwie war sie froh, dass Sakura ihr zur Seite stand, obwohl sie genau wusste, was der wahre Grund für ihren Besuch war.
Kurzzeitig bemerkte Hinata den schwarzen Schatten im Gesicht der rosahaarigen Kunoichi. Blicke voll Einsamkeit und Furcht.
Die Hyuuga spürte starkes Mitleid für ihre Freundin, denn sie wusste, dass diese sich nach Gesellschaft sehnte. Sakura wollte heute nicht allein sein. Und Hinata teilte dieses Gefühl insgeheim.
„MEISTER NARUTO!“
Die drei Mädchen schrien förmlich begeistert im Chor. Sie saßen, gemeinsam mit ihrem Helden Naruto, in einem Restaurant. Dieser grübelte unentwegt vor sich hin und beachtete seine Begleiterinnen kaum. Doch das störte die Mädchen scheinbar überhaupt nicht.
Sie jauchzten und feixten, hingen sich an seine Schulter oder beschrieben in schwärmender Art und Weise, wie cool Naruto doch beim Essen wirkte.
Der Fuchsjunge hingegen verlor sich in trübsinnigen Gedanken. Wie ging es Hinata? War sie sauer auf ihn? Sollte er zum Anwesen zurücklaufen?
Die Mädchen ignorierten seine aktuelle Stimmung und versuchten erneut, ein Gespräch aufzubauen:
„Meister Naruto!“
„Wie schmeckt Euch das Essen?“
„Das ist das beste Restaurant im Dorf.“
Schwach lächelnd betrachtete der Angesprochene seine noch immer volle Suppenschale mit allerlei Gemüsesorten. Dann antwortete er leise:
„Das Ramen bei Ichiraku gefällt mir persönlich lieber. Und es ist nicht so teuer.“
Doch sofort widersprach eine seiner Anhängsel:
„Na, na, na! Für uns spielt Geld keine Rolle, solange Ihr glücklich seid, Meister. Sie müssen schließlich etwas zu sich nehmen, was Ihnen auch würdig ist.“
Narutos Auge zuckte vor Ärger. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. Was hatte sie gesagt?
Die anderen beiden Mädchen unterstützten ihre Freundin. Die größte von ihnen begann mit belehrendem Ton zu sprechen:
„Ihr als Held solltet ordentliche Mahlzeiten zu euch nehmen. Dieses ungesunde Essen muss vom Speiseplan gestrichen werden.“
Die Augen des Blondschopfes weiteten sich vor Schreck:
„W-W-Wartet mal! …Was?“
Nun mischte sich auch die dritte im Bunde ein:
„Wir werden für Euch sorgen, Meister! Ab sofort müssen Sie nicht mehr wie ein Aussätziger leben.“
Es schepperte! Schalen klirrten. Die Ader an Narutos Stirn hatte gefährlich zu pulsieren begonnen. Er biss wütend die Zähne zusammen, während er mit einem ruckartigen Satz aufstand. Seine Stimme bebte:
„Dankeschön, aber ich denke, dass ich satt bin.“
Schnell versuchte er sich umzudrehen und zu gehen. Seine vermeintlichen Begleiter waren mehr als verwirrt von der Reaktion ihres Helden. Sofort stürmten sie auf ihn ein, um ihn zum Bleiben zu überreden.
„Gehen Sie noch nicht!
„Meister Naruto!“
„Sie können gern noch mehr essen!“
Doch die drei Mädchen erstarrten vollkommen, als sie die Augen ihres Idols sahen. Dieser hatte seinen Arm aus der verzweifelten Umklammerung blitzschnell gelöst und ihnen einen hasserfüllten Blick zugeworfen.
„Lasst mich in Ruhe!“
Ohne ihnen auch nur einen weiteren Hauch der Beachtung zu schenken, zog er von dannen.
Voller Verbitterung rannte Naruto durch die nächtlichen Straßen. Kein Bewohner war mehr außerhalb der eigenen vier Wände unterwegs. Auch die Wärme des Tages schien mit einem Mal verflogen. Stattdessen umgab den Fuchsjungen kalte Winterluft, welche ihm regelrecht den Atem raubte.
Nach wenigen Minuten waren sogar seine Glieder taub, doch er hatte sein Ziel erreicht. Vor ihm lag das Hyuuga-Anwesen. Langsam trat er näher an das große Tor heran.
Mit versteinertem Blick betrachtete er die hölzernen Fassaden. Sollte er es wirklich wagen? Hatte er heute nicht schon genug angerichtet?
Wie in Zeitlupe bewegte sich seine Hand Richtung Türklopfer. Doch er zögerte.
„Willst du nun zu ihr oder nicht?“
Sofort drehte Naruto sich entsetzt zur Seite. Eine kleine Gestalt saß auf einem Baum, welcher sich in der Nähe der Gebäudemauer befand, und grinste fröhlich. Es war Hanabi, Hinatas Schwester.
Der Blondschopf ließ seine Schultern vor Erschöpfung sinken und fasste mit seiner Hand an die Stelle seines Körpers, wo sein Herz bereits heftig schlug.
„Oh Gott, du hast mich ganz schön erschreckt!“
Die Angesprochene lachte laut, denn scheinbar hatte sie genau dieses Ziel verfolgt. Gekonnt sprang sie vom Baum hinunter und landete elegant auf ihren Füßen.
„Der Held der Nationen scheint ein leichtes Opfer für Hinterhalte zu sein.“
Neckisch schaute sie ihn an. Naruto erwiderte den Blick grimmig und nörgelte:
„Wieso sollte ich aufpassen. Wir sind hier sicher. Denke ich…“
Hanabi biss sich leicht in den Zeigefinger, um sich ein nochmaliges Lachen zu verkneifen.
„Ich bin beeindruckt von Ihrer Schlagfertigkeit, Meister Fuchsjunge!“
Der Angesprochene hob schnaufend die Faust und wollte etwas erwidern, doch dann besann er sich anders. Seine Augen richteten sich erneut auf das Tor vor ihm. Sein Blick wurde wieder ernster.
Hanabi lächelte geheimnisvoll und trat näher zu ihm heran. Für einen kurzen Moment sagte keiner ein Wort. Dann unterbrach die kleine Hyuuga die Stille:
„Du solltest sie für heute in Ruhe lassen.“
Bestürzt starrte Naruto sie an.
„W-Was? Wieso sagst du das? Hasst sie mich?“
Mit lächelndem Gesicht schüttelte Hanabi ihren Kopf. Dann kniff sie fröhlich die Augen zusammen.
„Naja, gut. Vielleicht ein bisschen!“
Obwohl Naruto das überhaupt nicht lustig fand, lachte das Mädchen voll purer Leichtigkeit. Anschließend schlug sie mit ihrer Faust sanft gegen seinen Bauch und begann erneut zu sprechen:
„Meine Schwester ist verrückt nach dir. Obwohl du nicht unbedingt der Hellste bist“, Naruto blickte verwundert zu ihr, doch Hanabi ließ sich nicht beirren, „sie wird dir deinen Fehltritt verzeihen, da bin ich mir sicher.“
Plötzlich setzte sie ihren Monolog mit gespielt strenger Miene fort:
„Aber du, lieber Herr Held und so weiter, solltest auf jeden Fall etwas lernen…“
Narutos Mund öffnete sich vor Verblüffung.
„Etwas lernen?“
Hanabi nickte fröhlich und ein breites Grinsen schlich sich über ihr jugendliches Gesicht.
„Genau! Du solltest lernen, wie man mit Frauen richtig umgeht“, das Mädchen warf ihm einen kecken Blick zu, „und natürlich musst du wissen, was es bedeutet, ein echter Ehemann zu sein!“
Ein donnerndes Geräusch folgte. Naruto presste sich so hart an die Mauer, dass diese Risse bekam. Er stotterte:
„W-W-Was sagst du da? E-E-Ehemann? I-Ich?“
Hanabi betrachtete ihn zuerst überrascht. Dann grinste sie erneut.
„Sagtest du nicht, dass du für immer mit ihr zusammenbleiben willst?“
In Narutos Kopf ratterte es gehörig. Man sah eindeutig, wie er sich über diesen Satz Gedanken machte. Dann nickte er leicht verunsichert, da er nicht genau wusste, worauf Hanabi hinauswollte.
Doch die jüngste Hyuuga tanzte übertrieben verliebt im Kreis und spielte ihm die Romantische vor.
„‘Für immer zusammenbleiben‘ bedeutet, dass ihr heiraten werdet! Hihihihi!“
Naruto war sprachlos. Seine Augen waren vor Schreck geweitet. Sein Magen fühlte sich flau an. Es war nicht so, dass er sein gegebenes Versprechen nicht von ganzem Herzen erfüllen wollte. Nein! Genau das Gegenteil war sogar der Fall! Naruto wollte wahrlich für immer mit Hinata zusammenbleiben. Er wollte sie niemals mehr aus den Augen lassen. Das wusste er.
Plötzlich wurde sein Blick trübsinniger.
„Ich habe immer allein gelebt. Ich war ein Einzelgänger. Keine Eltern, die mir zeigten, wie das Zusammenleben funktionierte. Noch dazu habe ich Hinata bereits an unserem ersten gemeinsamen Tag zutiefst verletzt. Wie soll jemand wie ich ein Ehemann sein...“
Hanabi betrachtete den Trauerkloß sanft lächelnd. Dann tippte sie ihm aufmunternd auf die Schulter.
„Du bist vielleicht mal ein Dummkopf“, erneut zwinkerte sie ihm zu, „Na klar ist deine Vergangenheit nicht die rosigste. Aber das ist keine Ausrede. Ich werde dir helfen. Wir machen aus dir den perfekten Partner. Glaube mir! Und am Ende wirst du dich selbst nicht mehr wiedererkennen.“
Naruto musste bei diesen Worten unweigerlich zu der kleinen Hyuuga aufschauen, nachdem er beinahe komplett an der Mauer eingesackt war. Sie unterstützte ihn. Das gab ihm Mut. Hoffnung. Der Wunsch, mit Hinata ein glückliches Leben führen zu können.
Ein schneller Windzug sauste durch die Szenerie. Hanabi wich erschrocken zurück. Naruto hatte seine Faust stürmisch in den Himmel gereckt und grinste selbstsicher.
„Also gut! Du hast mich überzeugt! Packen wir es an und machen mich zum perfekten Partner für Hinata! Jawohl!“
Kurzzeitig betrachtete die junge Kunoichi ihn verblüfft. Dann begann sie lauthals zu lachen, sodass Naruto sie verwirrt anschaute.
„Habe ich wieder etwas Falsches gesagt?“
Hanabi japste vor sich hin und schüttelte mit dem Kopf. Dann sagte sie fröhlich:
„Nein, keine Sorge! Ich habe nur eben verstanden, was Hinata so sehr an dir mag.“
Mit einem Mal, als ob die Welt ihre Worte auf zauberhafte Art und Weise unterstreichen wollte, schien das Mondlicht auf Hanabi hinab und betonte die Augen, die ihrer Schwester so sehr glichen.
„Du bist zwar ein Dummkopf… Aber dafür ein verdammt süßer Dummkopf!“
…
Explosionen. Schreie. Ein schmerzhaftes Jaulen.
Kiba und Akamaru wurden regelrecht durch die Luft geschleudert. Doch der Junge konnte sich im letzten Moment an einem nahen Ast festhalten, während er mit der anderen Hand seinen treuen Freund am Nacken packte, um ihn vor einem härteren Aufprall zu bewahren.
„KIBA!“
Kurenai und Shino hatten ihren Kameraden erreicht. Der Insektenninja versuchte blitzschnell die Situation zu analysieren: Vier Personen. Acht Meter entfernt. Amegakure Nukenins. Akatsuki Mäntel.
Kiba ließ Akamaru sanft auf den Boden hinabfallen und landete dann ebenfalls gekonnt neben seinen Begleitern. Schweißtropfen waren auf seiner Stirn zu erkennen, doch noch immer grinste er selbstsicher.
„Nehmt euch in Acht! Die Typen sind echt nicht ohne. Die haben sich auf jeden Fall nicht umsonst den Namen Akatsuki geklaut.“
Kurenai warf Kiba einen schnellen Blick zu, dann ergriff sie ihr Kunai und ging in Kampfposition.
„Konntest du Schwachpunkte entdecken? Welchen Kampfstil haben unsere Feinde?“
Kiba knurrte grimmig:
„Das wird euch nicht gefallen…“
Seine Kameraden betrachteten ihn überrascht. Ein Schatten zog sich über das Gesicht des Inuzukas. Dann begann er erneut zu grinsen, doch erstmalige Verunsicherung umgab ihn:
„Wir haben es hier mit einem Gegner zu tun, der einst einen unserer Sannin getötet und danach in unser Dorf gekommen und es fast gänzlich ausgelöscht hat.“
Kalter Wind blies ihnen durchs Haar. Die Zeit hielt an. Langsam machte sich stilles Entsetzen auf den Gesichtern von Kurenai und Shino breit. Ihre Augen weiteten sich. Alle Blicke richteten sich auf die eine Person, die sie aus geringer Entfernung emotionslos betrachtete.
Orangenes, zerzaustes Haar.
Schwarze Piercings.
Tote Augen.
Kurenai machte einen Schritt zurück. Shino nahm reflexartig eine verteidigende Stellung ein. Seine Mundwinkel formten sich zu einer schmalen Linie.
„Das darf nicht wahr sein. Wie kann er…?“
Kiba spürte die Furcht seiner Kameraden. Der Hund neben ihm japste vor Schmerzen. Dies war keine gewöhnliche Mission. Nein. Es war ein Selbstmordkommando. Und das hatten sie von Anfang an gewusst.
Angestrengt biss der junge Mann die Zähne zusammen. Ihre Gegenüber rührten sich nicht. Noch nicht. Ein falscher Schritt und alles war zu spät.
Fliehen?
Kämpfen?
Sterben?
Plötzlich bewegte sich der Anführer der gegnerischen Gruppierung. Er streckte langsam seine freie Handfläche nach ihnen aus. Kiba brüllte:
„ACHTUNG! DA KOMMT ES!“
Gewaltige Energien wurden freigesetzt und die vier Helden wurden mit brachialer Gewalt zum Gegner hingesogen. Es gab kein Entkommen.
Die Sonne zog sich langsam über die Felsengesichter der alten Hokage. Ein neuer Morgen war angebrochen und leichte Schneemassen bedeckten die Straßen des Dorfes. Sogleich zog eine sanfte Brise durch die noch leeren Gassen. Lediglich vereinzelt konnte man Schritte vernehmen. Eilige Schritte. Jemand rannte in hohem Tempo durch Konohagakure.
„Hey, Naruto! Wohin denn so früh am Morgen?“
Teuchi, der Besitzer des berühmten Ichiraku Ramen, öffnete gerade das Tor zu seinem kleinen Imbissstand, als er den rasanten Blondschopf bemerkte. Dieser grinste über beiden Ohren und grüßte fröhlich:
„Guten Morgen, alter Opa! Ich bin auf einer dringenden Mission. Habe leider keine Zeit! Bis später!“
Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, raste Naruto bereits weiter. Der Ladenbesitzer lächelte erheitert.
„So, so! Eine dringende Mission? Ich hoffe der Junge muss nicht schon wieder die Welt retten.“
Doch Naruto hatte den letzten Satz nicht mehr mitbekommen. Aufgeregt stürmte er über die Straßen. Hier und da winkte er einem zufälligen Bewohner. Seine Gedanken waren jedoch auf etwas völlig anderes gerichtet.
Sturzartig bremste der Chaosninja vor dem großen Anwesen der Hyuuga ab. Sofort fiel sein Blick auf das beeindruckende Tor und ein mulmiges Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Heute wollte er sich bei Hinata entschuldigen. Das hatte er sich fest vorgenommen.
Unwillkürlich fuhr er sich mit seiner Hand über das kurzgeschnittene Haar und dann erschrak er. Was machte er da? Seit wann interessierte es ihn, ob seine Haare richtig lagen?
Blitzschnell klopfte er an das Tor. Unbändige Nervosität durchfuhr ihn. Woher kamen plötzlich diese merkwürdigen Gefühle? So aufgeregt war er nicht einmal gewesen, als er gegen Pain, Madara oder Sasuke gekämpft hatte. Und wenn er jetzt so darüber nachdachte, wäre ihm eine ordentliche Tracht Prügel tatsächlich lieber.
Unwirsch schüttelte er den Kopf. Was dachte er denn da?
Mit einem lauten Krachen öffnete sich das große Tor. Voller Panik wich Naruto einen Schritt zurück. Aber als er die Person erblickte, die vor ihm stand, entspannte er sich vor Erleichterung. Doch auch eine gewisse Art der Enttäuschung machte sich in ihm breit.
„Hanabi, du bist es.“
Die Angesprochene blickte ihn streng und mit verschränkten Armen an.
„Ein wenig mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf.“
Dann wurden ihre Züge etwas sanfter und sie trat ein paar Schritte auf Naruto zu.
„Du hattest garantiert gehofft, meine Schwester zu treffen. Doch sie ist leider schon sehr früh außer Haus gegangen. Ich weiß leider nicht wohin.“
Naruto blickte sie überrascht an. Dann wandelte sich seine Miene in Besorgnis um.
„Was sie wohl so früh zu erledigen hat?“
Hanabi lächelte fröhlich.
„Wer weiß. Vielleicht ist sie ja mit einem heimlichen Verehrer unterwegs. Alles ist möglich!“
Vollkommen perplex starrte der Fuchsjunge sie an. Einen Verehrer?
Aufgrund dieser unerwarteten Reaktion musste die Hyuuga lauthals lachen.
„Du bist echt ein Dummkopf! Meine Schwester ist doch verrückt nach dir. Hast du das etwa vergessen?“
Dann ergriff sie plötzlich seine Hand und zog ihn mit sich.
„Komm! Da Hinata keine Zeit für dich hat, werden wir uns um das kümmern, was wir die Nacht schon besprochen haben. Wir machen aus dir einen wahren Gentleman!“
Naruto war von dieser Idee noch nicht gänzlich überzeugt, aber da es keinen Grund gab, noch weiter an diesem Ort zu verweilen, begleitete er Hanabi. Was sollte schon passieren?
Diese Frage hätte der Blondschopf sich am liebsten eher beantworten sollen. Denn Hanabi meinte es tatsächlich ernst. Sie schleppte ihn durch die beliebtesten Einkaufspassagen von Konoha und hielt an jedem Stand, der vor Kitsch auch nur so aufsprühte.
Kleine Engelsstatuen.
Luftballons in Herzform.
Knuffige Kuschelbären.
Zauberhaft verzierte Rosensträuße.
Halsketten mit glitzernden Smaragden.
Naruto fühlte sich hier definitiv nicht wohl, doch er merkte, wie Hanabis Augen vor Glück funkelten. Nachdenklich kratzte sich der Fuchsjunge den Kopf. Ob Hinata auch auf solchen Kram stand?
Gedankenverloren schritt er durch die Straßen. Plötzlich winkte ihm seine Begleiterin von der anderen Straßenseite zu. Sie zeigte auf ein Schaufenster und er lief schnurstracks zu ihr. Hanabi grinste breit.
„Schau mal! Das würde meiner Schwester ganz bestimmt gefallen.“
Ihr Finger zeigte auf einen kleinen Gegenstand am unteren Rand der Vitrine. Naruto starrte verblüfft auf die Stelle. Plötzlich formte sich sein Mund zu einem schmalen Lächeln.
„Ja. Das gefällt mir auch.“
Hanabi sprang freudig in die Luft.
„Sehr gut! Dann kaufe und schenke es ihr sofort.“
Naruto nickte. Dies war die perfekte Entschuldigung und der beste Beweis, welche Gefühle er für Hinata hegte.
Entschlossen trat er in den Laden. Hanabi grinste vor Glückseligkeit, während sie vor der Tür wartete.
Zeit verging. Man hörte leise Stimmen im Inneren. Dann herrschte für einen kurzen Moment Stille…
„WAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAS?????????? DAS KANN ICH MIR DOCH NIEMALS LEISTEN????????“
Ein brachiales Klirren ertönte. Der heftige Schrei hatte Hanabi so sehr aufschrecken lassen, dass sie mit einem gewaltigen Stoß ihres Ellenbogens gegen die Glasscheibe prallte. Und diese zerbrach augenblicklich.
Angstvoll zitternd drehte sich die Hyuuga um und betrachtete den Schaden. Einen ewig langen Moment, so kam es ihr zumindest vor, hörte man keine Menschenseele.
Dann, wie in Zeitlupe, erschienen zwei Köpfe an der Eingangstür. Ein Gesicht sprach blankes Entsetzen, das andere schäumte vor Wut.
…
„WAS SEID IHR DENN FÜR RAUDIES! GESINDEL! HERRENLOSES PACK! SCHMAROTZER! SCHREIT RUM UND RUINIERT MIR MEINEN LADEN! ICH KÖNNTE EUCH…“
Voller Panik nahmen Naruto und Hanabi ihre Beine in die Hand und rannten los. Vollkommen überstürzt sprangen sie gemeinsam auf ein naheliegendes Dach und schließlich waren sie der Menge, die sie beobachtet hatte, entkommen. Keuchend vor Erschöpfung und gleichzeitig lachend, kugelten sie sich regelrecht auf dem Sims, auf dem sie sich befanden.
Naruto begab sich mit einem schnellen Ruck in den Schneidersitz und betrachtete aus angenehmer Höhe die Schönheit des Dorfes. Schimmernder Sonnenschein spiegelte sich auf den taubedeckten Dächern wider. Warme Winterluft umgab ihn. Er begann erneut stumm zu lächeln. Hanabi setzte sich neben ihn und betrachtete sein Gesicht mit Neugier.
„Du siehst zufrieden aus.“
Der Blondschopf blickte sie nicht an, doch er antwortete mit klarer Stimme:
„Ich habe mich entschlossen.“
Die kleine Hyuuga-Erbin warf ihm einen überraschten Blick zu.
„Entschlossen? Wofür?“
Doch der Fuchsjunge reagierte nicht sofort. Seine Augen waren in die Ferne gerichtet. Die Zukunft eröffnete sich direkt vor ihm. Er wusste nun, wie er es beweisen konnte. Er wusste nun, wie er sein Versprechen einlöste.
Ruckartig stand er in stolzer Position aufrecht. Sein Zeigefinger war auf die aufgehende Sonne gerichtet. Hanabi wäre vor Schock beinahe vom Dach gefallen.
„W-Was ist denn jetzt mit dir los?“
Naruto grinste bis über beide Ohren. Entschlossenheit zeichnete seinen Blick.
„Ich habe mich entschieden. Ich werde Hinata Hyuuga zu meiner Frau nehmen! JAWOHL!“
Ein entfernter Ort.
Düsternis.
Eine Person krümmte sich vor unerträglichen Schmerzen auf dem Boden. Blut tropfte auf kalten Stein. Ein krampfhaftes Husten.
„Du bist wach.“
Schritte. Schritte in der Dunkelheit. Diese Stimme. Sie kam der Person bekannt vor. Erneut ein schrecklicher Hustenanfall. Noch mehr Blut.
„Pass auf, dass du nicht wieder bewusstlos wirst. Das könnte dein Ende bedeuten.“
Kiba versuchte sich unter größten Anstrengungen aufzurichten. Es gelang ihm nicht. Seine Nase zuckte. Er roch vertrautes Fleisch. Jemand, den er kannte, schritt durch die Finsternis. Kiba rollte sich über den Boden, in der Hoffnung mehr zu erkennen. Ein Licht. Kerzenschein.
„Du solltest dich nicht so viel bewegen.“
Kibas Augen verengten sich zu Schlitzen. Er hatte etwas gesehen. Einen blutroten Schimmer.
Plötzlich wurde er mit einem kräftigen Ruck aufgerichtet und grelles Licht flackerte auf. Als er direkt in das emotionslose Gesicht seines Gegenübers starrte, musste der Hundejunge beinahe automatisch grinsen. Schließlich gelang ihm ein hämisches Krächzen:
„Gerettet von dem Uchiha! Das wird mir ja noch ewig nachhängen.“
…
Hinata lief ruhig die Straßen von Konoha entlang. Ihre Stimmung war inzwischen wieder etwas aufgehellt. Nachdem sie sich lange mit Sakura in der Nacht unterhalten hatte, wurde ihr letztendlich klar, dass Naruto sie nicht mit Absicht versetzt hatte. Schließlich war die Situation auch für ihn neu.
Die Lippen der jungen Frau bildeten eine schmale Linie und ein sanftmütiges Antlitz schlich sich auf ihr Gesicht. Sie dachte innerlich darüber nach, Naruto alle Zeit der Welt geben zu wollen, damit er sich an sie gewöhnen konnte.
Obwohl sie durch diese Gedankengänge neue Entschlossenheit fand, war ihr trotz allem etwas mulmig zumute. Jahrelang hatte sie für den chaotischen Blondschopf geschwärmt. Er hatte das damals noch junge Mädchen zu Taten beflügelt, von denen sie niemals zu Träumen gewagt hätte. Nur für ihn hatte sie Neji getrotzt. Für ihn hatte sie Mut geschöpft und ihre Unsicherheit besiegt. Naruto war das Zentrum ihrer Wahrnehmung gewesen für eine so lange Zeit.
Erneut überkamen Hinata Zweifel, welche sie seit der letzten Nacht nicht mehr gänzlich losließen. Naruto hatte so viel erlebt. Er hatte so viele Menschen kennen gelernt. Hatte das Schicksal tatsächlich sie ausgewählt, um am Ende an seiner Seite stehen zu dürfen? Konnte das wahr sein?
Vollkommen in Gedanken versunken bahnte sich die Kunoichi ihren Weg durch die Gassen. Die kühle Winterluft umspielte ihre Haare. Instinktiv zog Hinata ihren Schal fester um sich. Die warme Brise des vergangenen, gestrigen Tages war längst verklungen. Vor wenigen Stunden hatte es sogar leicht geschneit. Das Wetter wirkte genauso unentschlossen wie die stetig wechselnden Gesichtszüge der jungen Frau.
Schließlich blieb Hinata direkt vor einem Laden stehen. Ein Blumengeschäft namens ‚Yamanaka Hana‘ erstreckte sich vor ihr. Normalerweise stellte die Besitzerin allerlei Ware nach draußen, um kräftig mit der Werbetrommel zu rühren. Doch während der Winterzeit schien dies keine gute Option zu sein. Die Blumen würden womöglich bereits nach einem Tag eingehen.
Die Türklingel läutete, als Hinata das Geschäft betrat. Sofort waberten die unterschiedlichen Pflanzengerüche in ihre Nase. Von duftigen Rosenblättern bis hin zu exotischen Palmensorten. Die Hyuuga war hier sehr gern. Zum einen, da dieser Ort eine gewisse Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlte. Zum anderen, da die Besitzerin eine sehr gute Freundin von ihr war.
„Hinata! Was für eine Überraschung! Du bist aber früh dran. Ich habe gerade erst aufgemacht.“
Eine junge Frau mit äußerst langem, blondem Haar und schimmernd blauen Augen trat vor Hinata. Eine Hälfte ihres Gesichtes war auf elegante Weise von ihrem Pony bedeckt. Das zuversichtliche Lächeln sorgte auch bei der Hyuuga für positive Stimmung. Schnell verbeugte sich Hinata vor ihr, dann sprach sie mit leichter Unsicherheit in der Stimme:
„Guten Morgen, Ino! Ich möchte keine Umstände machen. Falls es dir besser passt, wenn ich später wiederkomme…“
Doch ihre Freundin kniff ein Auge zusammen, während sie neckisch antwortete:
„Sei doch nicht so verbohrt. Ich freue mich, dass du da bist. Wie kann ich dir helfen?“
Hinata nickte ihr dankbar zu und blickte sich kurzerhand um. Nach wenigen Minuten setzte sie erneut an:
„Mein Vater… er ist noch im Krankenhaus.“
Inos Gesicht hellte sich sofort auf. Scheinbar hatte sie verstanden, weshalb Hinata hier war.
„Alles klar! Also suchst du nach einer kleinen Geste, um ihm eine Freude zu machen, richtig?“
Die Angesprochene nickte stumm und ihre Wangen färbten sich in ein zartes Rosa.
Die Blondhaarige zögerte keinen Moment und schritt zur Tat. Mit schnellen Griffen sammelte sie Blumen verschiedenster Farben zusammen und kombinierte sie. Schließlich entstand ein kleiner, aber wunderschöner Strauß. Hinata beobachtete Ino still. Sie bewunderte ihre Freundin dafür, immer und überall eine positive Aura zu versprühen.
Sofort schweiften ihre Gedanken ab. Sie dachte sich, dass auch Naruto eine Person war, die Frohsinn und Lebensfreude an jedes Wesen im näheren Umkreis weitergab. Das hatten die beiden Blondschöpfe gemeinsam.
Mit einem Mal schlug Trübsal auf ihr Gemüt. Sie dachte sich im Stillen, dass sie niemals jemanden mit Elan oder Optimismus anstecken könnte. Wenn Naruto eine längere Zeit mit ihr verbringen würde, bekäme er dies bestimmt auch mit. Die drei Mädchen von gestern hingegen hatten sich voller Entschlossenheit auf ihr Idol geschmissen, ohne Rücksicht auf Verluste. Sie waren viel ehrgeiziger als Hinata gewesen. Die Hyuuga hatte beim ersten Anzeichen eines Widerstandes aufgegeben und ihre große Liebe von dannen ziehen lassen. Schlimmer noch! Sie hatte ihm bestimmt das Gefühl gegeben, dass er sie schlecht behandelt hatte. Doch Hinata empfand nicht so. Die gestrige Situation entstand aus purer Angst und Verzweiflung. Sie wollte ihn nicht verlieren. Sie wollte für immer an seiner Seite stehen. Sie wollte…
„…nata?! Hinata?! HINATA?!“
Die Blauhaarige schreckte aus ihrer Gedankenwelt. Sie blickte in himmelblaue Augen, die sie irritiert musterten. Ino hatte sich regelrecht zu Hinata vorgebeugt. Schließlich fragte die Ladenbesitzerin:
„Alles okay mit dir? Du schienst gerade ganz woanders zu sein?“
Hinata schüttelte unwirsch mit dem Kopf.
„N-Nein! Alles bestens! Entschuldige!“
Ino richtete sich auf und runzelte die Stirn.
„Sicher? Du hast irgendetwas vor dich hingemurmelt.“
Plötzlich zog Ino eine seltsame Grimasse, als würde sie versuchen, Hinatas typische Gesichtszüge nachzuahmen. Dabei rief sie mit überspitzt schriller und nahezu theatralischer Stimme:
„Diese drei Mädchen haben sich voller Entschlossenheit auf ihn geschmissen… Hach wie ehrgeizig sie doch waren… Schau mich nur an dagegen…“
Am Ende des Schauspiels hielt sich die Yamanaka als dramatische Geste ihre rechte Hand an die Stirn.
Ein rosa Schimmer erstreckte sich über die gesamte Nasenbreite von Hinata. Ihre Augen hatten sich zuerst geweitet vor Schreck, doch dann vergrub die Kunoichi mit einem Mal ihr puterrotes Gesicht in ihren Händen und sie stotterte panisch:
„I-Ino! Nein! D-Du musst dich verhört haben. I-Ich… I-Ich…“
Schelmisch beugte sich die Blondine zu ihr und stieß mit ihrem Ellenbogen sanft gegen Hinatas Arm.
„Nun sag schon. Worum geht es denn? Wir sind doch Freunde. Und ich kann Geheimnisse für mich behalten. Zumindest einen groben Teil…“
Doch Hinata schüttelte heftig mit dem Kopf. Kein Ton drang mehr aus ihrer Kehle, so unangenehm war ihr die Situation. Im Inneren dachte sie sich, dass es einfach noch nicht an der Zeit war, dass es das gesamte Dorf erfuhr. Und Hinata war sich in einer Angelegenheit vollkommen sicher. Wenn ausgerechnet Ino die Sache mit Naruto erfuhr, dann wusste es bald jeder. So viel war sicher.
Schließlich merkte ihre Freundin, wie unangenehm die Thematik für die Hyuuga war. Deshalb entspannten sich ihre Züge etwas und sie präsentierte stattdessen den vorbereiteten Strauß.
„Hier, Hinata. Der geht aufs Haus.“
Ein weiteres Mal an diesem Morgen erschreckte sich das sonst scheue Mädchen.
„Aber Ino… das geht nicht. Da waren recht teure Blumen dabei.“
Die Angesprochene hob jedoch den Zeigefinger in die Höhe und ließ ihn von links nach rechts und wieder zurück pendeln. Es war eine Geste, die keinen Widerspruch duldete.
„Ich weiß doch, was du vor drei Tagen für das Dorf… oder besser gesagt, für die ganze Welt getan hast. Da ist das hier das Mindeste, was ich für dich tun kann.“
Nachdem Hinata den Strauß schweren Herzens annahm, verschränkte Ino zufrieden die Arme vor der Brust, ehe sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht zauberte. Die Hyuuga starrte sie mit leichter Verunsicherung an, bevor ihre Freundin erwiderte:
„Wie war es denn eigentlich mit Naruto auf dem Mond? Ein romantischeres Plätzchen gibt es ja fast gar nicht.“
Vollkommen erstarrt ließ Hinata beinahe den Strauß fallen. Doch im letzten Moment konnte sie sich zusammenreißen. Schnellstmöglich krallte sie ihre Finger fest um die Pflanzenstängel, welche höchstwahrscheinlich geschrien hätten, wenn sie eine Stimme besäßen würden.
In verlegenem Tonfall antwortete Hinata hastig:
„W-Wir haben natürlich gekämpft. Naruto war voll und ganz auf seinen Gegner fixiert. Und ich habe mich um meine Schwester gekümmert.“
Ino stöhnte unzufrieden.
„Ernsthaft? Nicht mal ein kleiner, gemeinsamer Blick auf die Erde, während man im weiten All für eine Minute Händchen hält. Wie öde.“
Hinata biss sich unsicher auf die Unterlippe. Sie mochte es nicht, zu lügen. Insbesondere nicht, wenn die Lüge einer Freundin galt. Der Yamanaka schien diese Reaktion jedoch zu entgehen. Stattdessen zuckte sie nur ratlos mit den Achseln.
„Was soll’s! Einen Versuch wäre es wert gewesen. Du tust mir leid, Hinata. Dieser Dummkopf wird wohl nie begreifen, was er ohne dich an seiner Seite verpasst.“
Augenblicklich fand Hinata ihr Lächeln zurück.
„Dankeschön, Ino.“
Die Verkäuferin zwinkerte ihr zu.
„Dafür doch nicht! Ich bin enttäuscht von Naruto. Aber irgendwann schnappst du ihn dir. Warte aber bloß nicht zu lang. Auch wenn ich es nicht gern zugebe, aber er ist inzwischen eine richtig gute Partie. Es haben bestimmt schon andere ein oder zwei Blicke auf ihn geworfen.“
Für einen kurzen Moment antwortete die Hyuuga nicht. Dann fragte sie in flüsterndem Tonfall:
„Was soll ich dagegen unternehmen?“
Verwundert betrachtete Ino ihre Freundin.
„Was meinst du?“
Diese fragte unverzüglich:
„Was soll ich machen, um ihn von mir zu überzeugen.“
Da kam ein lautes „Ha!“ von der Yamanaka, als sie letztendlich sprach:
„Ganz einfach! Du musst die Fäuste ausfahren. Wenn dir etwas gefällt, dann schnapp es dir und verteidige es mit all deiner Kraft gegen deine Mitbewerber. Sodass es dir niemand mehr wegnehmen kann.“
Hinatas Blick wanderte nachdenklich in Richtung Boden. Schließlich wiederholte sie die Worte: „…sodass es dir niemand mehr wegnehmen kann…“
Ino streckte ihr den Daumen voll Zuversicht entgegen und rief:
„Das ist es! Das ist die richtige Einstellung!“
Einen Moment sprach niemand etwas. Die blondhaarige Freundin betrachtete die Byakugan-Nutzerin mit aufmunternder Miene. Diese schien sich nicht zu rühren. Was wohl in ihr vorging?
…
Schlagartig hob Hinata den Kopf und schenkte ihrer langjährigen Freundin ein liebevolles Lächeln. Dann antwortete sie:
„Ich danke dir wirklich von ganzem Herzen, Ino!“
Dann rannte sie in schnellem Tempo hinaus und ließ eine verdutzte Ino zurück.
Ein viel zu lautes Schlürfen war für einige Sekunden zu hören. Hanabis Miene spiegelte sowohl Verwunderung, Respekt als auch leichten Ekel wider. Während ihre eigene Schale Ramen noch halb voll war, bestellte sich Naruto bereits seine dritte Portion. Entsetzt sprach sie den Chaosninja darauf an:
„Hast du in dir drin irgendwo einen zweiten Magen versteckt?“
Doch Naruto antwortete darauf nicht. Nur ein Grinsen der Zufriedenheit zierte sein Gesicht, gemeinsam mit Nudelresten, Sojasauce und Eigelb. Seine Begleitung reichte ihm eine Serviette. Schnell nahm er sie entgegen, bedankte sich bei ihr und machte sich erneut über die nächste Schale her.
Hanabi schlug mit der Faust auf ihre Handfläche und hinterließ ein wissendes „OH!“. Noch während Naruto die nächste Partie Nudeln in seinen Mund schaufelte, blickte er verwirrt zu der Hyuuga. Sie hatte sich zu seinem Bauch hinuntergebeugt und tippte diesen mit ihrem Zeigefinger an. Ein forschender Blick begleitete Hanabi, während sie fragte:
„Du hilfst ihm doch nicht etwa dabei, Neunschwänziger? Das wäre ja total seltsam.“
Der Fuchsjunge blickte sie grimmig an und er erwiderte mit vollem Mund:
„Könnescht du doamisch uffhörun‘?“
Die Kunoichi betrachtete ihn angewidert.
„Was?“
Naruto bemühte sich, sein Essen mit einem Mal herunterzuschlucken. Kurzzeitig wirkte es, als würde er ersticken. Er packte sich mit beiden Händen am Hals und zappelte wild umher. Es fühlte sich an, als hätte er einen Knoten in der Kehle.
Hanabi hingegen machte keine Anstalten ihm zu helfen. Stattdessen sah sie dem Spektakel vergnügt zu.
„AAAAAHHHHH!“
Schließlich hatte er es geschafft. Schweiß tropfte ihm von der Stirn und für einen kurzen Moment atmete er tief ein und aus. Seine Hand wanderte zu seinem Bauch und Naruto stieß einen tiefen Seufzer der Glückseligkeit aus.
Es herrschte Stille.
…
Blitzschnell funkelte er Hanabi böse an.
„Warum hast du mir nicht geholfen? Ich hätte sterben können.“
Da lachte die Braunhaarige und schlug ihm mit geballter Kraft auf den Rücken, sodass es ihn fast vom Stuhl fegte.
„Sag das doch gleich! Ich helfe doch immer gern.“
Naruto bemühte sich, nicht auf den Boden zu fallen. Dann hob er donnernd die Faust und schrie:
„Jetzt doch nicht mehr! Was bist du für eine brutale Person?“
Da trat plötzlich Teuchi, der Besitzer des Ladens ‚Ramen Ichiraku‘, hervor und ermahnte seinen Stammkunden:
„Naruto! Du vertreibst mir noch die Kundschaft.“
Unzufrieden setzte sich der Angesprochene wieder auf seinen Platz zurück und grummelte:
„Was für Kundschaft? Wir sind doch die einzigen gerade hier.“
Sogleich kam auch Ayame, die Tochter von Teuchi, zum Vorschein und gesellte sich an den Tresen hinter der Bar. Vergnügt tadelte sie Naruto:
„So kannst du doch nicht mit einer Dame sprechen, Naruto.“
Der Blondschopf erstarrte bei diesen Worten. Dann zeigte er mit dem Finger auf seine Begleiterin und erwiderte in rechtfertigendem Tonfall:
„Dame? Bist du verrückt? Das ist Hanabi. Sie hat einfach zugeschaut, wie ich an eurem Tisch beinahe krepiert wäre. Ich nenne das eher Teufel.“
Daraufhin verschränkte die Beschuldigte sofort ihre Arme vor der Brust und drehte ihren Kopf beleidigt zur Seite.
„Pah! Du hättest ja ruhig Bescheid sagen können, wenn du meine Hilfe benötigt hättest.“
Vollkommen verzweifelt stand Naruto auf und rief ihr zu:
„Wie sollte ich denn um Hilfe bitten? Ich konnte doch überhaupt nicht sprechen! Man hätte das doch einfach auch sehen können, echt jetzt!“
Doch Hanabi schien keinesfalls Einsicht zu zeigen. Stattdessen blieb sie stur und antwortete verärgert:
„Was soll das eigentlich heißen, dass ich keine Dame bin? Ich verdiene eine genauso respektvolle Behandlung wie jeder andere hier auch! Du solltest dich schämen.“
Die Beschimpfungen schienen kein Ende zu nehmen. Sofort ging Naruto wieder in die Offensive. Teuchi und Ayame versuchten, den Streit zu schlichten, doch sie wurden ignoriert. Der Held der Nation machte seinem Frust eindeutig Luft:
„Wieso sollte ich dich wie eine Dame behandeln? Du bist quasi noch ein Kind. Außerdem sehe ich dich als eine Freundin. Und mit Freunden will ich einfach nur Spaß haben. Ich will sie anmotzen können, wenn mir danach ist. Ich will mit ihnen lachen, wenn mir danach ist. Da sollte es nicht um so merkwürdige Themen gehen, wie ich mich dir gegenüber zu verhalten habe. Das ist doch Blöds-…“
Plötzlich stockte Naruto mitten im Satz. Ihm gelang es nicht, auch nur ein weiteres Wort zu sagen. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Er dachte über das nach, was er soeben gesagt hatte.
Hanabis Ärger hingegen war mit einem Mal vollständig verflogen. Sie grinste den Chaosninja süffisant an. Eine wissende, zufriedene Miene zeigte sich auf ihrem Gesicht.
„Hast du es also letzten Endes kapiert.“
Teuchi und Ayame starrten die beiden perplex an. Der Restaurantbesitzer fragte verunsichert:
„N-Naruto? Alles okay bei dir?“
Die sonst so schimmernd blauen Augen des Fuchsjungen waren im Dunklen verborgen. Man konnte an ihm nicht ablesen, was in eben jenem Moment in ihm vorging. Ayame beugte sich besorgt über den Tresen.
„Was ist mit dir, Naruto? Es tut mir leid, ich wollte dir kein schlechtes Gewissen machen.“
Doch da hob Naruto seinen Kopf und er schenkte Ayame ein einsichtiges Lächeln.
„Schon gut. Ich weiß jetzt, was hier los war“, seine Augen hefteten sich entschlossen auf die junge Kunoichi neben ihm, „Danke, Hanabi.“
Die Angesprochene erwiderte den Blick mit einem höchst zufriedenen Grinsen. Schließlich sprach sie triumphierend:
„Du hast es also kapiert.“
Naruto nickte.
Das nahm Hanabi als Bestätigung, denn sie fuhr selbstsicher fort:
„Jeder hier im Dorf kennt den Helden, der unsere Welt gerettet hat. Du hast viele Freundschaften geschlossen. Und ich weiß“, Ihre Gesichtszüge nahmen etwas sanftere Formen an, „dass dir deine Freunde alles bedeuten.“
Das Mädchen stand auf und richtete nun ihrerseits den Zeigefinger auf die Brust von Naruto. Bestimmtheit schwang in ihrer Stimme mit.
„Du hast es jetzt hoffentlich eingesehen. Hinata ist nicht mehr nur eine Freundin. Sie ist mehr als das. Du hast sie zu respektieren. Sie ist nicht mehr nur deine Kameradin, sondern von nun an auch deine Partnerin, dein Leben. Sie verdient es, dass du sie für alle Zeit behütest. Aber am Wichtigsten ist, dass du sie auch dementsprechend behandelst.“
Der Blondschopf schluckte heftig. Und obwohl er diesmal keine Schwierigkeiten hatte, spürte er erneut diesen seltsamen Knoten im Hals, der ihm die Luft raubte.
Hanabi setzte ein letztes Mal fort, doch ihre Stimme hatte einen freundlicheren, gar verständlicheren Ton angenommen:
„Du möchtest mit ihr auf ewig zusammenbleiben. Das hast du versprochen. Dann bitte…“, ihre Stimme zitterte nun leicht und ihre Augen wurden wässrig, „…bitte… zeige ihr, dass sie die tollste Person auf Erden ist. Das hat meine Schwester verdient. Denn sie IST die tollste Person auf Erden.“
Ihr Gegenüber wirkte gescholten und er flüsterte nur:
"Ich weiß."
Der Ladenbesitzer und seine Tochter waren von dieser Ansprache vollkommen aus dem Häuschen. Sollte es tatsächlich wahr sein, was hier geschah? Sie hatten Naruto beinahe sein ganzes Leben lang begleitet. Sie hatten ihn aufwachsen sehen. So wie er beinahe wie ein Sohn für Teuchi war, so glich er einem kleinen Bruder für Ayame. Und wenn sie richtig verstanden hatten, was hier gerade von Hanabi gesagt wurde, dann hieße das ja, dass…
„Ich verspreche es dir, Hanabi!“
Narutos Stimme war erfüllt mit purem Willen. Und auch sein Blick überstieg jegliche Grenzen der Entschlossenheit. Er streckte der Hyuuga seine Faust enthusiastisch entgegen und flüsterte:
„Hinata ist für mich mehr als nur meine Freundin. Sie bedeutet mir alles. Ich habe es kapiert.“
Hanabi nickte ihm liebevoll lächelnd zu.
„Sehr gut...“
Der Morgen war noch immer nicht verklungen, doch so langsam machte sich auch die Sonne auf den Weg zu ihrer vollen Pracht. Sanfte Strahlen drangen durch die dichte Wolkendecke und erfüllten Konoha mit einem überirdischen Glanz, welcher so unnatürlich und doch wunderschön war. Es war ein Augenblick, der flüchtig wirkte.
Hinata verweilte für einen Moment auf der Stelle. Sie hielt ihre Handfläche schattenspendend über die Stirn, um das Spektakel besser verfolgen zu können. Ihr Mund öffnete sich langsam, aber stetig vor Verblüffung. Leichter Schweiß tropfte ihr die Wange entlang, denn sie war nahezu die gesamte Strecke, von Inos Blumenladen bis hierher, gerannt. Schließlich befand sie sich direkt vor einem immensen Gebäudekomplex, dessen Namensschriftzüge groß und breit über dem Eingangsbereich thronten: Konoha Byouin, das Konoha Krankenhaus!
Noch immer hielt sie den kleinen Straus, den ihre Freundin für sie angefertigt hatte, fest in ihrer Hand. Doch nun, da sie am Ziel angekommen war, lockerte sich ihr Griff etwas. Hinata atmete tief ein und aus, um ihre Sinne zu beruhigen. Dann schlich sich ein sanftes Lächeln auf ihr Gesicht. Leise, fast unhörbar, flüsterte sie:
„Vater, ich hoffe, es geht dir besser.“
Sie zögerte für einen kurzen Moment. Dann schritt sie voran. Nach und nach kamen ihr verschiedene Besucher entgegen, die ebenfalls die Entscheidung getroffen hatten, früher als nötig bei ihren Bekanntschaften aufzutauchen. Für die meisten von ihnen schien es praktische Hintergründe zu haben, den Vormittag als Besuchszeit zu wählen. Einerseits waren sie somit in der Lage, dem vermeintlich großen Besucheransturm am Nachmittag auszuweichen. Zum anderen konnte man im Anschluss noch auf den Markt gehen, da das Zentrum des Dorfes nicht zu weit entfernt lag, und etwaige Erledigungen tätigen, beispielsweise die Zutaten für das Mittagessen besorgen.
Auch Hinata besaß einen besonderen Grund, warum sie ihren Vater bereits so früh wie möglich besuchen wollte. Ein roter Schimmer bildete sich auf ihrer Nasenspitze ab. Schimmerndes, blondes Haar stahl sich in den Wirbel ihrer Gedanken und ein aufgeregtes Kribbeln jagte durch ihren Körper.
Die Hyuuga meldete sich an der Rezeption an und eine dickliche, jedoch gutmütige Frau hinter dem Tresen bat sie um Geduld. Scheinbar war ihr Vater noch nicht aufgewacht. Das verwunderte Hinata etwas. Normalerweise war Hiashi Hyuuga ein regelrechter Frühaufsteher. Dies mussten Hinata und Hanabi bereits in sehr jungem Alter lernen. Seine morgendlichen Trainingsstunden waren berüchtigt gewesen. Und nicht selten hatten die Schwestern ihr Frühstück mit blauen Flecken und schmerzendem Unterkiefer zu sich nehmen müssen.
Es vergingen einige Minuten. Letztlich beobachtete Hinata, die derweil im Besucherraum Platz genommen hatte, wie eine Frau in Medic-Kleidung zur Rezeption trat und die Empfangsdame informierte. Diese blickte schlagartig zu Hinata. Auch die neuangekommene Frau drehte sich nun zu ihr. Nervös schluckte die Hyuuga. War etwas mit ihrem Vater passiert?
Doch sie konnte keinen Gedanken an Schlimmeres verschwenden, denn plötzlich kam die Medical-Kunoichi direkt auf sie zu. Reflexartig stand Hinata auf. Schon während des Laufens hatte die entgegenkommende Frau den unsicheren Blick verspürt, weshalb sie, als sie Hinata erreichte, sofort in ruhiger Manier sprach:
„Es ist alles in Ordnung. Ihr Vater ist nun wach. Er hatte eine etwas kompliziertere Nacht hinter sich bringen müssen.“
Die Hyuuga betrachte die Frau verwundert und fragte:
„Eine k-komplizierte Nacht?“
Der Medical-nin nickte und antwortete mit beruhigender Stimme:
„Ja, aber ich denke, dass Ihr Vater dies Ihnen selbst mitteilen möchte. Er ist nun wach und möchte Sie sehen, Fräulein Hinata.“
Die Angesprochene war bei dieser Mitteilung überrascht. Doch sie nickte als Zeichen, dass sie verstanden hatte, und schloss sich der Ninja-Ärztin an, die sie mit sicherem Schritt durch die Gänge der verschiedenen Gebäudetrakte führte. Hinata war schon oft hier gewesen, doch die schiere Größe des Krankenhauses überforderte sie noch immer. Auch nach so vielen Jahren. Verwobene Korridore. Hunderte Ein- und Ausgänge. Es war ein regelrechter Irrgarten.
Schließlich hielten die Frau und Hinata abrupt an. Sie befanden sich vor einer der unzähligen Türen, die sich links und rechts an den Wänden entlang erstreckten. Die Hyuuga bemerkte das bronzene Schild an der Seite mit der Aufschrift „Nr. 121“. Es existierten wirklich viele Räume, dachte sich die Blauhaarige im Stillen.
Ihre Begleitung klopfte mit lautem Pochen gegen die Tür, lächelte Hinata aufmunternd an und verabschiedete sich. Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille. Dann hörte man ein dumpfes Rascheln aus dem Raum. Und schließlich folgte ein selbstbewusstes:
„Komm herein.“
Hinata warf der weißen Tür vor ihr einen letzten unsicheren Blick zu. Für sie war es nahezu normal, in der Gegenwart ihres Vaters eine gewisse Unruhe zu verspüren. Sie liebte ihn, doch wusste sie auch, dass er in einigen Dingen stur und unnachgiebig blieb, egal was für Argumente man aufbrachte.
Erneut schimmerte das typisch blonde Haar vor ihrem inneren Auge auf. Dieses Mal hatte die Zuversicht sie nahezu verlassen.
Ihre Handfläche umschloss die Klinke. Die junge Kunoichi widerstand dem Drang, nochmals tief ein und auszuatmen. Stattdessen betete sie inständig dafür, dass ihr Vater sie anhören würde. Dass er ihre Beweggründe nicht nur verstehen, sondern auch akzeptieren könnte. Es wurde Zeit für diese Unterhaltung. Und Hinata war bereit. Zumindest hoffte sie dies.
Ihre zittrigen Finger pressten gegen das nachgiebige Metall. Ein leises Klacken war zu hören und Hinata trat in das hellbeleuchtete Krankenzimmer.
Naruto und Hanabi waren auf dem Rückweg zum Hyuuga-Anwesen. Der Blondschopf hatte noch immer seinen entschlossenen Blick aufgesetzt. Er schien es kaum erwarten zu können, sich bei Hinata zu entschuldigen. Sein Fokus war vollständig nach vorn gerichtet. Hanabi empfand dies als beeindruckend und war insgeheim froh darüber, dass Naruto die Gefühle ihrer Schwester ernst nahm.
Sie fragte sich, ob Hinata wohl schon von ihrer Morgentour zurück war. Denn die junge Kunoichi wusste nicht, wohin ihre Schwester gegangen war. Sie hatte lediglich das Öffnen und Schließen der Eingangstür des Anwesens in frühester Stunde wahrgenommen. Und da ihr Vater sich noch immer im Krankenhaus befand, konnte es nur Hinata gewesen sein. Das Personal oder gelegentliche Verwandte hätten das Haus nicht ohne Erlaubnis betreten.
Noch während Hanabi nachdachte, machte ihre Begleitung ein verdutztes Geräusch. Verwirrt schaute sie zu ihm hinauf. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Stattdessen hatte sich seine Miene verhärtet. Die Augen des Fuchsjungen starrten weiterhin gebannt nach vorn.
Hanabi folgte seinem Blick. Die beiden befanden sich bereits auf der Zielgeraden. In etwa hundert Metern Entfernung würden sie das Hyuuga-Anwesen erreichen.
Verspürte der Blondschopf nun doch so langsam Panik in sich aufkeimen? Schließlich musste er gleich allen Mut zusammennehmen und sich bei seiner Traumfrau entschuldigen. Dieser Gedanke amüsierte das Mädchen. Doch schlagartig nahmen auch ihre Gesichtszüge andere Formen an.
Vor dem Heim der Hyuuga standen drei Personen. Sie waren eindeutig wie Anbu gekleidet. Die tierähnlichen Masken, die ihre Gesichter wohlweißlich versteckt hielten, blickten mit toten Augen in ihre Richtung.
Naruto rief bereits von weitem interessiert:
„Hey, was macht ihr hier? Ist ‘was passiert?“
Der Held der Nationen stellte diese Frage nicht ohne Grund. Seit dem Ende des vierten Shinobi-Krieges vor zwei Jahren waren Anbu-Sichtungen eine Seltenheit geworden. Früher einmal hatte die Assassinen-Gruppierung die Aufgabe besessen, die Sicherheit von Konoha aus dem Schatten heraus sicherzustellen. Dabei war jedes Mittel, von hinterhältigen Attentaten zu politischen Morden bis hin zur Eliminierung von Bedrohungen innerhalb der Dorfreihen, recht gewesen. Nachdem man jedoch den Frieden in der Welt vollständig herstellen konnte und die führenden Reiche inzwischen gemeinsam eine neue Zukunft einleiteten, war es nicht mehr von Nöten gewesen, solch eine Spezialtruppe in großer Zahl zu beschäftigen. Insbesondere aufgrund der zwielichtigen Machenschaften innerhalb der Anbu, die von der Geheimorganisation ‚Root‘, ehemals angeführt von Danzou Shimura, ausgegangen waren, hatte man schlussendlich bedachtere Wege eingeschlagen, diese Sondereinheit zu nutzen. Naruto wusste, dass Kakashi und Tsunade ihr Bestes gegeben hatten, um die Informationen zu Root und Danzou zu verbergen. Doch Gerüchte, insbesondere in solch einer Größenordnung, ließen sich niemals zur Gänze verheimlichen.
Inzwischen waren die Anbu zu einer Aufklärungseinheit modifiziert worden, deren hauptsächliche Tätigkeit darin bestand, abtrünnige Ninja und bedrohliche Untergrundgemeinden aufzuspüren, um deren Gefahrenstufen einzuschätzen. Notfalls durfte auch ein schneller Erstschlag durchgeführt werden. Dies galt jedoch nur nach eindeutiger Absprache mit dem Hokage.
Noch immer war es eine Ehre, den Anbu beizutreten. Doch ihre Präsenz hatte sich eindeutig rarer gemacht in diesen Tagen.
„Naruto Uzumaki?“
Einer der drei Personen sprach die Neuankömmlinge direkt an. Seine Stimme klang dumpf und nicht einzuordnen. Die fuchsgesichtige Maske sorgte dafür. Wem er seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen ließ, war jedoch eindeutig. Naruto fühlte sich nahezu durchbohrt von den schwarzen Knopfaugen. Nichtsdestotrotz ließ sich der Blondschopf nicht beirren.
„Genau der bin ich.“
Die mittlere Person schien der Captain zu sein. Er machte einen Schritt nach vorn und übernahm das Wort:
„Der Hokage möchte dich so schnell wie möglich sprechen. Wir sollen dich zu ihm geleiten.“
Naruto machte ein unwirsches Gesicht und erwiderte mit gerunzelter Stirn:
„Kakashi-sensei? Er weiß doch, dass ich frei habe. Richtet ihm aus, dass ich später vielleicht mal vorbeischaue.“
Hanabi zupfte an seiner Kleidung und flüsterte ihm mit nachdenklicher Stimme ins Ohr:
„Vielleicht ist es wichtig. Du solltest zu ihm gehen.“
Naruto legte den Kopf schräg und antwortete ihr mit leichter Verzweiflung in der Stimme:
„Naja, aber Hinata… ich kann sie doch nicht wieder hängen lassen, echt jetzt.“
Hanabi lächelte ihn beschwichtigend an.
„Mach dir darüber keine Gedanken.“, plötzlich schmunzelte sie bedächtig, „Gerade im Moment bist du ja sowieso ein Dummkopf in ihren Augen. Da macht das also gar keinen Unterschied, wenn du dich erst ein paar Stunden später entschuldigst.“
Bestürzt drehte sich der Blondschopf zu ihr um.
„H-Hey, was soll denn das heißen? Ich… warte, WAS? Hanabi!“
Die junge Kunoichi bemühte sich, das Lachen zu verkneifen. Währenddessen standen ihnen die drei Anbu-Ninja noch immer erwartungsvoll gegenüber. Da bemerkte Naruto etwas und er wandte sich wieder dem Captain der Einheit zu. Mit irritierter Miene fragte er:
„Woher wusstet ihr eigentlich, dass ich beim Hyuuga-Anwesen zu finden sein werde.“
Eine kurze Stille folgte. Dann räusperte sich der Captain und antwortete:
„Der Berate des Hokage, Shikamaru Nara, hat uns eine Liste an Orten gegeben, wo wir Sie aufsuchen können. Seltsamerweise befand sich das Heim der ehrenwerten Hyuuga-Familie bereits an dritter Stelle. Wir haben diese Tatsache nicht hinterfragt. Letztendlich war die Angabe korrekt.“
Sofort wurde der Chaos-Ninja puterrot im Gesicht und riss den Mund weit vor Entsetzen auf. Hanabi war nun nicht mehr in der Lage, sich das Lachen zu verdrücken. Sie prustete vollends los:
„Dein Freund scheint dich ziemlich gut zu kennen. Er hat wohl vermutet, dass du die Nacht hier verbringst.“
Naruto hingegen schrie in Rage:
„Shikamaru, du Idiot! Was hältst du von mir bitte schön? Ich bin doch nicht wie Jiraiya-sensei, dieser perverse Einsiedler!“
Der Captain der Anbu-Einheit hüstelte in seine Faust und der Fuchsjunge gab grummelnd Ruhe.
„Wir sollten sofort aufbrechen. Es ist von oberster Wichtigkeit, dass Sie sich mit dem Hokage treffen.“
Naruto stieß einen tiefen Seufzer aus und antwortete resignierend:
„Schon gut, lasst uns gehen.“
Schnell drehte er sich ein letztes Mal zu seiner Morgenbegleitung um und winkte ihr grinsend zu:
„Ich danke dir, Hanabi. Du hast mir echt geholfen.“
Die junge Kunoichi winkte ihm ebenfalls zu und rief ihm freudig hinterher:
„Denk ja nicht, dass wir schon fertig sind! Ich mache dich zum idealen Hausmann!“
Naruto grinste über beide Ohren und streckte ihr selbstsicher den Daumen entgegen. Das stellte Hanabi mehr als zufrieden.
Als Hinata das Krankenzimmer betrat, fiel ihr vor allem anderen die Schlichtheit des Raumes auf. Abseits des Bettes gab es lediglich eine Maschine mit einer Vitalanzeige, einen kleinen, quadratischen Tisch mit zwei Holzstühlen und einen Nachtschrank. Sogleich kam ihr der Gedanke, dass ihr Vater sich hier drin garantiert langweilen musste.
„Hinata! Schön dich zu sehen.“
Hiashi Hyuuga lag auf dem Krankenbett und blickte seine Tochter mit ungewohnt sanften Zügen an. Die Spuren seines Alters machten sich langsam bemerkbar und erste graue Haare sprossen an den Seiten empor. Hinata schritt zu ihm und setzte ein zuversichtliches Lächeln auf.
„Vater, es tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe. Das war nicht meine Absicht gewesen.“
Das Hyuuga-Oberhaupt entgegnete das Lächeln.
„Mach dir darum keine Sorgen. Es ist sowieso schon viel zu spät. Was wirst du nur von deinem Vater denken, wenn er auf seine alten Jahre plötzlich nachlässig wird.“
Hinata schüttelte vehement mit dem Kopf und erwiderte sorgsam:
„Das stimmt nicht. Auch du brauchst ab und zu eine Auszeit.“
Hiashi blickte seine Tochter liebevoll an, sagte jedoch nichts. Stattdessen richtete sich sein Augenmerk auf die Blumen in Hinatas Hand.
„Oh, sind die für mich?“
Sofort schreckte die junge Kunoichi auf, als hätte sie vollkommen vergessen, dass sie ihm etwas mitgebracht hatte.
„J-Ja! Die sind für dich, Vater.“
Etwas zu angestrengt richtete sich Hiashi auf und suchte in seinem Nachtschrank nach einer Vase. Zuerst wollte Hinata ihm dabei helfen, doch ihr Vater lehnte dankend ab. Und tatsächlich fand er ein hübsches Stück Porzellan. Behutsam reichte er es an seine Tochter weiter. Als diese die Vase entgegennahm und für kurze Zeit im Badezimmer nebenan verschwand, blickte Hiashi auf seine zitternden Hände. Müde lächelte er, während er laut sprach:
„Ich danke dir. Das bringt etwas Farbe in diese kargen Räumlichkeiten.“
Hinata kehrte zu ihm zurück. Ruhig stellte sie die volle Vase, mit den wunderschönen Blütenblättern in ihr, auf den Tisch nahe dem Fenster. Die Sonnenstrahlen spendeten wundersame Wärme. Für einen kurzen Moment verweilte Hinata an Ort und Stelle und betrachtete das wundersame Bildnis, welches sich vor ihr entfaltete. Ihre Gedanken entfernten sich.
Hiashi beobachtete seine Tochter für eine Weile still. Er merkte, dass ihr etwas Wichtiges auf dem Herzen lag. Ein leichtes Schnauben kam von ihm und Hinata wurde ins Hier und Jetzt zurückgeholt. Peinlich berührt drehte sie sich zu ihm und stammelte:
„E-Entschuldigung, Vater! I-Ich war in Gedanken.“
Das Hyuuga-Oberhaupt schmunzelte.
„Nun, was gibt es Neues? Es wird wohl noch etwas dauern, bis ich wieder meine Aktivitäten aufnehmen darf. Diese vermaledeite Shizune will mich einfach nicht entlassen. Was sich die jungen Küken heutzutage einbilden, nur weil ihre Meister möglicherweise Hokage waren.“
Man hörte eindeutig heraus, dass er diese Aussage spaßig gemeint hatte. Doch Hinata bemerkte ebenfalls, dass ein wehmütiger Tonfall in seiner Stimme mitschwang.
Sie gesellte sich wieder zu ihm und fragte besorgt:
„Vater, du bist jetzt einige Tage in Behandlung. Toneris Assassinen haben dir ziemlich zugesetzt.“
Hiashis Miene wurde ernster, doch er antwortete nicht. Deshalb setzte Hinata unsicher fort:
„Als wir vor drei Tagen zurückkamen, warst du in schlechter Verfassung. Doch Sakura meinte, dass du schon sehr bald wieder fit sein würdest.“
Ihr Vater wandte den Blick ab. Seine Augen richteten sich auf das Fenster. Eine Zeitlang sprach niemand ein Wort. Plötzlich erwähnte Hiashi grimmig:
„Letzte Nacht sind die Nähte gerissen.“
Wie aus dem Nichts zog er die Decke von seinem Körper weg. Hinata schlug die Hände geschockt vor dem Mund zusammen. Der Verband, welcher um den Rumpf von Hiashi gewickelt war, wies schwarzrote Spuren von Blut auf. Die Wunden waren bereits mehrere Tage alt, doch sie schienen nicht zu verheilen, trotz Behandlung durch Medical-Nin. Hinata beugte sich voller Entsetzen über den Körper ihres Vaters.
„Byakugan!“
Unzählige Adern pulsierten um die Augen der Kunoichi und bahnten sich ihren Weg zum Zentrum ihrer Pupillen. Gewaltiger Druck erstreckte sich von der Schläfe bis in ihre Augäpfel hinein. Das Kekkei Genkai des Hyuuga-Clans war aktiv.
Blitzschnell untersuchte Hinata die Chakra-Verläufe ihres Vaters. Insbesondere lag ihr Fokus auf den beschädigten Stellen am Unterkörper. Stiche und Risse zeigten sich auf der Oberfläche. Auch erkannte sie, dass der Chakra-Fluss stets bemüht war, den natürlichen Heilungsprozess einzuleiten. Doch aus irgendeinem Grund wurde dieser blockiert. Was war also das Problem?
Mit einem Mal spürte sie einen festen Griff um ihren rechten Arm. Sofort löste sie das Jutsu auf. Hiashi starrte sie beklommen an. Dann sprach er resignierend:
„Meinst du nicht, dass die Ärzte dies nicht bereits untersucht hätten? Sie haben keine Erklärung gefunden.“
Hinatas Augen wurden wässrig. Ein Kloß bildete sich förmlich in ihrem Hals. Schließlich fragte sie mit leiser Stimme:
„W-Was ist passiert, als du von Toneri verfolgt wurdest?“
Das Hyuuga-Oberhaupt schloss nachdenklich die Augen. Dann berichtete er nüchtern:
„Nun, nachdem ich sein Angebot abgelehnt hatte, wurden wir gejagt. Ich bemühte mich, zu entkommen, doch dies war kaum mehr möglich. Also suchte ich Unterschlüpf in einer nahen Höhle. Allerdings hatten seine Puppenkrieger mich bereits entdeckt. Kurzerhand nutzten sie ihre Kräfte, um die Höhle zum Einsturz zu bringen. Ich wurde begraben.“
Hinatas Augen weiteten sich. Ihr Gesicht wurde kreidebleich. Doch ihr Vater winkte erschöpft lächelnd ab.
„Wenn es nur das gewesen wäre, hätte ich keine Probleme gehabt. Ich irrte mehrere Stunden umher. Es wäre eine Schande für mich gewesen, dort meinen Verletzungen zu unterliegen. Glücklicherweise fand mich Sasuke Uchiha.“, er seufzte gedrungen, „Hätte niemals gedacht, dass es einmal ein Uchiha sein wird, der mir das Leben rettet. Ich schätze, wir Hyuuga schulden ihm zukünftig etwas.“
Hinata betrachtete ihren Vater unumgänglich. Nach einer kurzen Pause fragte sie trübselig:
„A-Aber warum heilen die Wunden nicht?“
Hiashis Mundwinkel zuckten. Stille breitete sich aus. Wasser tropfte an den wunderschönen Blumen hinunter und plätscherte in die Vase. Ein einzelner, kühler Windhauch wirbelte durch das Fenster ins Zimmer hinein. Plötzlich sprach Hinatas Vater mit sanfter, trauriger Stimme:
„…Ich bin meinem Bruder, deinem Onkel, begegnet… Hizashi.“
Eine zweite Welle des Schocks jagte durch Hinatas Körper bei dieser Nachricht.
„W-W-Was?“
Doch die Augen des Hyuuga-Oberhaupts wurden trüb, während trotz allem ein schuldbewusstes Lächeln sein Gesicht zierte.
„Ich denke, er hat mir das angetan. Er möchte, dass ich für meine Sünden büße… …Er kommt mich holen.“
…
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Kapitel: | 9 | |
Sätze: | 1.798 | |
Wörter: | 18.808 | |
Zeichen: | 113.990 |
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