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Die Unfassbare

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07.02.21 00:43
16 Ab 16 Jahren
In Arbeit

Charaktere

Tora (die Unfassbare)

Dunkelbraun gelocktes Haar und silberne AugenIst recht klein und dürr Einzelgängerin und Diebin

Hallo ihr,

Dies ist meine erste Naruto Fanfiktion.
Ich bin schon gespannt, was ihr so davon haltet. :)
Viel Spaß beim Lesen.

LG Soleira

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Tora (zehn Jahre)

Mit einem lauten Klirren zersprang die Glasflasche an der Wand, nur knapp von meinem Kopf entfernt. Scherben schnitten in meine Haut und der Alkohol brannte, als er sich in den kleinen Wunden sammelte. Mit Mühe unterdrückte ich ein angstvolles Wimmern und schirmte mit den dünnen Armen das Gesicht ab. Heute war es besonders schlimm. Dabei hatte ich doch gar nichts getan. Aber mein Vater fand immer einen Grund seine Wut an mir auszulassen.

„Du undankbares Gör.“ Drohend ragte er über mir auf und ein Zittern durchlief meinen Körper. Würde er mich wieder schlagen? Oder im Brunnen vor dem Haus halb ertränken? Wie aufs Stichwort begannen die kaum verheilten Wunden auf meinem Rücken zu schmerzen. Der Angstschweiß lief mein Gesicht hinunter. Mit aller Kraft versuchte ich die Tränen zurückzuhalten. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht auch noch geben. Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Zumindest für meine Verhältnisse. Ich war in die Akademie gegangen, hatte eingekauft und anschließend etwas für meinen Vater zu Essen zubereitet.

Doch er hatte auf sich warten lassen. Erst am späten Abend war er nach Hause gekommen und hatte dann nach etwas zu Essen verlangt. Wie so oft war er betrunken gewesen. Als ich ihm mitgeteilt hatte, dass ich das Gekochte noch aufwärmen müsste, bevor er es essen konnte, war er wütend geworden. Wegen etwas so Banalen. Doch was hätte ich tun sollen. Mich gegen ihn wehren? Nein. Dazu hatte ich viel zu große Angst vor ihm. Ich war ein kleines zehnjähriges Mädchen, das gerade einmal ein Jutsu beherrschte. Und er war ein ausgebildeter Jonin und somit um einiges stärker als ich. Zumal er noch größer und ein Mann war. Nicht einmal einen geringfügigen Schaden würde ich ihm zufügen können.

Ein scharfer Schmerz zog sich meinen Kopf entlang. Ich hatte das Gefühl er würde platzen. Starke Hände umgriffen mein Haar und ich unterdrückte mit Mühe einen Schmerzensschrei. Vater hatte meine Unaufmerksamkeit genutzt um mir ins lange Haar zu greifen. Mehrfach hatte er es sich um die Hand gewickelt, sodass ich ihm erst recht nicht entkommen konnte. Tränen des Schmerzes schossen in meine Augen und ich presste meine Lippen fest zusammen um dem Wimmern, das beständig und drängend meine Kehle emporkroch, Einhalt zu gebieten. Wut und Schmerz durchschossen meinen Körper. Es war nicht fair, dass er mich so behandelte. Was hatte ich ihm denn getan? „Hör… hör auf.“ Meine Stimme bebte und ich war mir erst nicht sicher, ob er mich verstanden hatte.

Doch das verstärkte Ziehen in meinen Haaren bestätigte mir, dass dies der Fall gewesen war. Ich biss mir so fest auf die Lippe, dass sie zu bluten begann. Nie und nimmer würde ich vor ihm heulen. „Werden wir jetzt auch noch frech, kleines Fräulein? Weißt du denn überhaupt, was du mir zu verdanken hast?“ Seine Stimme war ganz nah bei mir. Ich presste die Augen fest zusammen, um nicht in sein Gesicht sehen zu müssen. Innerlich wusste ich, dass es dann nur noch schlimmer werden würde. Der stechende Geruch des Alkohols brannte in meiner Nase und ich kämpfte mit aller Gewalt dagegen an, sie angeekelt zu verziehen. Etwas traf meine Magengrube und sämtliche Luft wurde aus den Lungen gepresst. „Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede?“ Seine Stimme war so laut, dass meine Ohren klingelten.

Zittrig öffnete ich meine Augenlider und sah das Gesicht meines Vaters nur knapp vor dem meinen schweben. Es war gerötet vor Wut und Alkohol. Seine Augen trugen einen gefährlichen Schimmer in sich. Noch vermochte ich nicht zu sagen, was es war. Und ehrlichgesagt wollte ich es auch gar nicht wissen. Zu groß war die Angst vor dem, was möglicherweise noch kommen könnte. Unruhig huschten meine Augen umher und blieben an dem Messer haften, welches auf der Spüle lag. Mein Körper kribbelte unangenehm, als ich erkannte, dass mein Vater den Blick verfolgt hatte. Ein beinahe schon triumphierendes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Willst du mich etwa verletzen oder sogar töten?“, lallte er. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Rücken. Sein Blick … er war so … beinahe schon wahnsinnig. Ich zitterte unter dem Ausdruck seiner Augen. Die Hand, welche sich um meine Haare verkrampft hatte, lockerte sich minimal. „Ich wäre nicht der Erste, den du getötet hast, du skrupelloses Monster.“ Erstarrt sah ich ihn an. Wie? Das konnte er doch nicht ernst meinen. Wann? Wen hatte ich getötet? So etwas würde ich nie im Leben tun. Niemanden würde ich das antun, nicht einmal ihm. Schallendes Lachen erfüllte den Raum. Die Augen meines Vaters glühten vor Irrsinn. „Wie du weißt es nicht? Na ja wie auch. Du warst ja gerade einmal ein paar Minuten alt.“ Was sagte er da? „Deine Mutter ist wegen dir gestorben du kleines Monster. Durch deine Geburt. Also wer ist hier der Mörder?“

Mörder. Mörder. Mörder. Immer wieder hallte dieses Wort in meinen Ohren wieder. Ich schüttelte, sofern es eben ging, den Kopf. „Nein… du lügst. Ich würde nie…“, stammelte ich und starrte den Boden an. Ich hatte sie nicht getötet. Ich konnte sie nicht ermordet haben. Das wäre nicht ich.

Der Griff um meine Haare wurde stärker und eine andere Hand packte mich an der Schulter. Mein Körper wurde herumgewirbelt und ich prallte mit dem Rücken voran gegen das harte Holz der Spüle. Die Wunden auf meinem Rücken platzten wieder auf und etwas Warmes lief meinen Rücken hinunter. Blut. Tränen benetzten mein Gesicht, während mein Rücken wie Feuer brannte. Die Schritte meines Vaters hallten laut in meinen Ohren wieder. Wie Donnerschläge, bei einem Gewitter. Nur, dass diese jetzt weniger angsteinflößend wären. Blind vor Schmerz und Trauer tastete meine Hand nach dem Messer auf der Spüle. Fest schlossen sich meine Finger um den kühlen Griff und hielten ihn fest. Erneut begann mein Vater zu lachen. Kalt und herzlos. „Glaubst du wirklich, du kannst mich mit dem Messerchen besiegen. Ich bin ein Jonin und du… du bist nur eine kleine Rotzgöre, die denkt sie könnte es ihm Leben zu etwas bringen. Doch dazu werde ich es nicht kommen lassen. Dein Leben wird deine eigene Hölle. Verlass dich drauf. Für andere wirst du unsichtbar sein und niemand wird etwas mit dir zu tun haben wollen. Unsichtbar hast du mich verstanden?“ Sein Gesicht war erneut so nah an dem meinem.

All meinen Mut samt der Wut zusammenkratzend, spuckte ich ihm ins Gesicht. Die Überraschung war ihm deutlich anzusehen. Doch rasend schnell verwandelte sie sich in pure, mörderische Rage. Ich hatte ihn nur noch rasender gemacht. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich ducken. Ein lautes Krachen folgte. Dort, wo eben noch mein Kopf gewesen war, befand sich nun ein großes Loch. Angsterfüllt sah ich auf den Schaden, den er verursacht hatte. Und in diesem Moment fasste ich einen mutigen und zugleich waghalsigen Entschluss. Mich hielt hier nichts mehr. Mein Vater hasste mich. Mutter war dank mir gestorben. Ich hatte niemanden nur mich und… meine Kraft. Und so sammelte ich mein Chakra und konzentrierte mich auf das einzige Jutsu, das ich beherrschte und von dem niemand bisher wusste.

„Jutsu der Unsichtbarkeit.“

Tora (12 Jahre)

3…2...1...

„Meine schönen Äpfel! Haltet den Dieb.“ Der Aufschrei des Händlers gellte durch die Gassen Konohagakures. Ein breites Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, während ich in Höchstgeschwindigkeit über die Dächer rannte. Selbstverständlich unsichtbar. Sonst würde ich mir mein Selbstmordkommando auf den Hals hetzen. Diesmal hatte er etwas länger gebraucht, um den Diebstahl zu bemerken. Aus einem sicheren Versteck heraus, hatte ich beobachten können wie die Augen des dicklichen Händlers prüfend über seinen Stand gewandert waren.

Daichi war ein wohlhabender Kaufmann, der des Öfteren nach Konoha kam um seine Früchte zu verkaufen. Die wirklich lecker waren. Besonders die frisch gestohlenen. Bei ihm machte es mir am meisten Spaß etwas zu stehlen. Der Kerl war nicht nur geizig, sondern hatte auch noch Geld wie Heu. So zum Ausgleich war es doch nur fair, wenn man den guten Mann ab und zu ein wenig um ein wenig von seiner Ware erleichterte. Besonders für seine Äpfel verlangte der Gute viel zu viel. Acht Ryou für einen einzigen Apfel war doch ein wenig übertrieben. Naja um dem Kerl eins auszuwischen … dafür war ja ich sozusagen zuständig.

Auch wenn ich mir nur das nahm, was ich zum Leben brauchte. Und das war wirklich nicht viel. Ich wollte nicht zu oft mein eigene Sicherheit aufs Spiel setzen, nur um einmal mehr zu stehlen. Und ehrlichgesagt, machte es mir auch nicht wirklich Spaß. Das Gute war, dass mich noch nie jemand erwischt hatte. Nun ja das lag wohl auch an dem Jutsu, das ich beherrschte oder vielmehr beherrschen musste. Denn ohne diese Fähigkeit, wäre ich auf der Straße ziemlich aufgeschmissen.

Still und heimlich konnte ich mich an die Stände heranschleichen und die ein oder andere Sache mitgehen lassen. Und, das Wichtigste war: Aufpassen, dass keine Shinobi in der Nähe waren. Bei meinem allererstem Diebstahl wäre ich beinahe erwischt worden, weil ich vergessen hatte auf meine Umgebung zu achten. Zwei Tage, nachdem ich von zuhause und vor meinem Vater geflohen war, hatte mich der Hunger ins Zentrum Konohas getrieben. Es war ein regnerischer Tag gewesen und die meisten Menschen hatten in ihren Häusern Zuflucht gesucht. Das Jutsu der Unsichtbarkeit nutzend, war ich frierend durch die Gassen geschlichen, auf der Suche nach etwas Essbaren. Meine Kleidung war wie eine zweite, nasse Haut an meinem Körper geklebt, während mein Magen immer wieder schmerzhaft gedrückt hatte. Dann hatte ich den Stand von Daichi entdeckt, mit seinen frischen Äpfeln, Orangen, Bananen….

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie mir bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammengelaufen ist. Trotz meiner Unsichtbarkeit war ich langsam und geduckt an den Stand herangeschlichen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meiner Fähigkeit noch nicht wirklich getraut und war dementsprechend unsicher bei der Anwendung, doch das hatte sich von Mal zu Mal gelegt.

Da sich die Äpfel eher im hinteren Bereich und nicht direkt vor den Augen des Händlers befanden, hatte ich mir auch dieses frische Obst ausgesucht. Vorsichtig hatte ich nach dem ersten Apfel gegriffen und ihn in meiner kleinen Tasche verschwinden lassen. Als nichts passiert war, bin ich mutiger geworden und hatte zum Schluss ganze sechs Äpfel in meiner Tasche. Mit dem Beschluss, dass das reichen würde, hatte ich mich wieder auf den Weg machen wollen um mir ein sicheres Versteck zu suchen und bin gegen ein Hindernis gelaufen.

Noch allzu gut kann ich mich daran erinnern, wie entsetzt ich zu dem Mann über mir aufgeblickt hatte. Es war ein Jonin gewesen. Sein Anblick hatte mich sehr verschreckt, denn auf mein kleines zehnjähriges Ich hatte er einfach nur riesengroß und dunkel gewirkt. Mit seiner dunklen Kleidung und der schwarzen Maske, die sein Gesicht bis unter den Augen verdeckte. Die meinen hatten sich entsetzt geweitet und ich war einen Schritt zurückgegangen. Nur, dass sich dort hinter mir, die Ablage mit den Äpfeln befunden hatte. Es hatte laut gekracht und all die schönen Äpfel waren in den Dreck gefallen. Dennoch hatte ich es nicht gewagt mich umzudrehen. Wohl wissen, dass der Händler bald herumfahren und mit dem Schreien beginnen würde. Und dann hatte ich mich blitzschnell auf dem Absatz umgedreht, war der tastenden Hand des Mannes ausgewichen und davongerannt. Noch heute hielt ich mich von ihm fern. Denn nun wusste ich, was ich damals eigentlich für ein Glück gehabt hatte, ihm entkommen zu sein. Er war nicht nur ein ausgebildeter Jonin, sondern war mitunter auch als der Kopierninja bekannt.

Kakashi Hatake.

Ein weiterer Grund also mich besonders von ihm fernzuhalten. Denn er hatte mich ja schon gesehen. Nicht direkt zumindest. Aber er wusste, dass ich existierte. Und noch dazu eine der meistgesuchten Diebinnen in Konoha war. „Die Unfassbare“ nannten sie mich. Ich verzog das Gesicht. Wenn die Leute wüsste, dass sich hinter diesem Namen ein zwölfjähriges Straßenmädchen verstecken würde. Schon mehrmals hatten sie versucht mich zu fangen. Doch mittlerweile kannte ich Konohagakure wie meine Westentasche. Alle Geheimwege, Pfade und Gassen waren in meinem Kopf eingespeichert. Noch dazu lebte ich außerhalb von Konohagakure im Wald. Und bis zu meinem Versteck, hatte ich mehr als genügend Fallen aufgebaut.

Aber bisher war es noch niemanden gelungen mich bis zu meinem Versteck hin zu verfolgen. Glücklicherweise. Denn dann würde es für mich gar nicht mehr gut aussehen. Zwar hatte ich mich, was Kampftechniken anging auch um einiges weitergebildet, aber dennoch, wenn mir ein ausgebildeter Jonin gegenüberstünde... Ich wollte es mir gar nicht ausmalen.

Denn an Waffen hatte ich zu wenig in der Tasche um wirklich kämpfen zu können. Zwei kleine Shuriken, ein Drahtseil und ein Messer. Nicht wirklich viel. In meinem Versteck hatte ich noch einen Bogen, samt Pfeilen. Den brauchte ich immer, wenn ich jagen ging. Das Schießen hatte ich mir selbst beigebracht und mittlerweile war ich ganz passabel darin. So konnte ich mir ab und an einmal einen Hasen schießen. Und wenn es damit nicht klappte, blieb mir immer noch das Stehlen. Denn das machte ich nur, wenn mir keine andere Wahl blieb.

Vor allem im Winter, wenn viele Tiere Winterschlaf hielten. Da war es immer besonders schlimm. Häufig hatte ich mich dann des Nachts ins Dorf geschlichen und mich in der Nähe von Gaststätten aufgehalten, sodass ich nicht erfror. Das Leben als heimatlose Diebin war hart, aber das einzige, was mir momentan übrigblieb. Denn wer wollte mich schon? Mein Vater? Der erst recht nicht. Er hatte nicht einmal nach mir suchen lassen, als ich von zuhause abgehauen war. Das einzige, was ihn kümmerte, war er selbst. Geschwister hatte ich keine und meine Großeltern waren schon lange tot. Also musste ich es mit mir selbst aushalten und zusehen, dass ich irgendwie überlebte.

Als Kind hatte ich immer den Traum gehabt eines Tages eine großartige Ninja Kriegerin zu werden, die tapfer, gemeinsam mit ihren Freunden, für ihr Dorf kämpfte. Zwar besaß ich gewisse Fähigkeiten, die gefördert werden könnten. Aber ich besaß kein Geld. Wer also würde mir den Aufenthalt in der Akademie zahlen? Keiner. Wer interessierte sich schon für ein dreckiges Straßenmädchen, das sich noch dazu mit dem Stehlen verschuldet hatte?

Mit einem verärgerte Knurren wischte ich all diese Gedanken beiseite. Ich sollte endlich damit aufhören so sehr in Selbstmitleid zu versinken. Ich war schließlich Tora. Die unfassbare Diebin aus Konohagakure.

Ein erleichtertes Seufzen glitt über meine Lippen als ich den Wald erreichte. Ich hatte es geschafft. Und diesmal tatsächlich, ohne verfolgt zu werden. Der Tag versprach wirklich noch gut zu werden. Jetzt würde ich erst einmal mein Versteck aufsuchen und die Äpfel darin lagern. Anschließend könnte ich noch einmal zurück ins Dorf zur Akademie gehen. Genau. Zur Akademie. Natürlich unsichtbar.

Denn neben einem der Klassenzimmer wuchs ein hoher Baum, dessen Zweige so stark waren, dass sie mich tragen konnten. Häufig machte ich es mir dann auf einem Ast gemütlich und lauschte dem Unterricht. Alles was dort gelehrt wurde, konnte ich ebenfalls üben und anwenden. Dadurch hatte ich es geschafft, mir das Jutsu des Tausches oder das der Doppelgänger beizubringen. Äußerst effektiv für eine Diebin wie mich. Eines Tages wollte ich auch das der Schattendoppelgänger beherrschen, aber dazu würde ich mich wohl noch gedulden müssen. Das Jutsu der Nebeltarnung war das einzige des D-Rangs, das ich bisher beherrschte, aber es hatte bereits immer hervorragend funktioniert.

Irgendwie vermisste ich meine Zeit auf der Akademie, auch wenn ich damals nicht wirklich mit den anderen Kindern zurechtgekommen war. Was eigentlich auch daran lag, dass ich mich selbst sehr zurückgezogen hatte. Zu dieser Zeit hatte ich nicht so recht gewusst, was ich mit anderen machen sollte. Ich war lieber alleine gewesen und hatte vor mich hingeträumt. Jetzt, ein paar Jahre später, wünschte ich mir nichts anderes als Freunde. Aber in meiner aktuellen Situation war so etwas schier unmöglich. Man würde mich zurück zu meinem Vater schicken und die Hölle würde erneut beginnen. Bei dem Gedanken an meinen Erzeuger lief mir jedes Mal eine Gänsehaut über den Rücken.

Schon ein paar Mal hatte ich ihn im Dorf von Weitem gesehen und dann lieber einen Bogen um ihn gemacht. Diesem Menschen wollte ich um nichts in der Welt über den Weg laufen. Da bevorzugte ich noch eher eine Begegnung mit dem Kopierninja Kakashi Hatake. Der war mir auch um Meilen sympathischer. Auch wenn sie ihn schon einmal beinahe auf mich angesetzt hätten. Doch der Hokage hatte meinen Fall dann als Nichtigkeit abgetan. Wofür ich ihm auch sehr dankbar war. Das hatte ich alles dem Gespräch zweier ANBU entnehmen können und wäre dabei fast vor Schreck von Dach gefallen. Das war der Schock meines Lebens gewesen, nach dar Situation zwischen mir und meinem sogenannten Vater. Allein der erneute Gedanke an die Person, die mir das Leben zur Qual gemacht hatte, ließ Übelkeit in mir aufsteigen. Entschlossen drängte ich ihn beiseite.

Geschickt schlängelte ich mich durch das dichte Gestrüpp, sorgfältig darauf achtend möglichst keine Spuren zu hinterlassen. Der Boden war noch leicht feucht vom Regen der letzten Nacht. Die Tage zuvor waren abnormal heiß gewesen, umso mehr hatte ich nun das kühle Nass willkommen geheißen. Manch einer würde Regen als nervig bezeichnen, aber für mich war er ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Wasser war kostbar und überlebenswichtig.

Tief im Herzen des Waldes unter dem dichten Blätterdach lag mein kleines, aber sicheres Versteck. Direkt unter den Wurzeln eines großen alten Baumes hatte ich mir eine kleine Höhle eingerichtet, welche von dem wuchernden Gebüsch fast vollständig verdeckt wurde. Undichte Stellen hatte ich mit Moos, Lehm und Harz versiegelt. Meine Behausung war klein, aber es reichte um darin zu übernachten und Sachen zu verstauen. Zumal ich selbst keine wirklich erstrebenswerte Körpergröße besaß. Hoffentlich würde sich das in den kommenden Jahren noch ändern. Ich wollte nicht mein Leben lang so klein bleiben. Andererseits war diese Größe für mich als Diebin auch richtig praktisch. Vor allem wenn man verfolgt wurde. Ich passte durch die engsten Spalten und war noch dazu recht wendig. Ja meine kleine Statur hatte natürlich auch so ihre Vorteile.

In Frühling, Sommer und Herbst ließ es sich hier gut leben. Allerdings musste ich mir im Winter jedes Mal etwas einfallen lassen, um nicht zu erfrieren. Denn auch wenn ich einen Wintermantel aus Tierfell besaß, nicht einmal der schaffte es mich vor dieser tödlichen Kälte zu schützen. Tagsüber war ich dann immer in Bewegung, versuchte meinen Körper möglichst warm zu halten. Entweder durch trainieren oder einen Besuch im Dorf. Bisher hatte das immer funktioniert und hoffentlich würde es in Zukunft auch weiterhin klappen.

Geschwind hatte ich die frisch gestohlenen Äpfel im Inneren der Höhle verstaut. Bis auf zwei. Die würde ich mir für den restlichen Tag aufheben. Zufrieden tätschelte ich meine Gürteltasche. Nun war es an der Zeit Jagen zu gehen. Schon lange war es her, seit ich das letzte Mal Hasenfleisch zwischen die Zähne bekommen hatte. Vielleicht hatte ich ja heute etwas mehr Glück. Sonst würde ich gefühlt den Rest meines Lebens von gestohlenem Brot und Obst ernähren müssen. Nicht wirklich sehr erstrebenswert. Abwechslung musste sein. Ich grinste leicht. Heute würde ich etwas fangen, da war ich ganz sicher. Immer optimistisch bleiben.

Gerade als ich mich auf den Weg machen wollte, erklang nicht weit von meinem Versteck ein lautes Knacksen, gefolgt von einem wütenden Schrei. Ich erstarrte. So weit war noch nie jemand an meine Behausung herangekommen. Auch wenn dieser jemand möglicherweise nicht hinter mir her war, so musste ich ihn dennoch beobachten um den unangekündigten Besucher im Notfall von hier fortzulocken. „Jutsu der Unsichtbarkeit“, wisperte ich. Sofort verschwand mein Körper. Gewohnheitsbedingt sah ich an mir herunter, ob es auch wirklich funktioniert hatte. Als ich keinen Fehler feststellen konnte, machte ich mich in die Richtung auf, aus der die Geräusche kamen.

Lautlos sprang ich von Baum zu Baum. Der „Besucher“ war leicht zu finden gewesen. Mit der Lautstärke, die er momentan verursachte, hatte er all das Wild im Umkreis von mindestens fünf Kilometern verschreckt. Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur so einen Lärm veranstalten? Leicht verärgert schüttelte ich den Kopf. Das wars dann wohl mit jagen. Und dabei war ich so optimistisch gewesen.

Es handelte sich um einen Jungen etwa in meinem Alter. Seine blonden Haare standen nach allen Seiten ab. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Schnurrhaare ab. Ich legte den Kopf schief. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, als ich nachdachte. Vorsichtig schlich ich näher an ihn heran.

Auf einer breiten Astgabel fand ich schließlich den geeigneten Platz, um ihn zu beobachten. Verbissen warf er seine Kunais in die Rinde meines Baumes. Schweißperlen rannen sein junges Gesicht hinab, während er immer wieder ausholte. „Eines … eines Tages werde ich Hokage, verlasst euch drauf.“ Erkenntnis durchzuckte mich wie der Blitz. Natürlich. Warum war ich nicht gleich darauf gekommen. Bei dem Jungen handelte es sich um niemand anderen als Naruto Uzumaki. In ihm wurde der Kyuubi in Form des neunschwänzigen Fuchses kurz nach seiner Geburt versiegelt. Ich hatte wenig mit ihm zu tun gehabt. Anders als ich hatte er sich jedoch nicht vor den anderen Kindern abgeschottet. Nein. Er wollte dazugehören. Doch alle hatten in ihm nur den Fuchs gesehen, von welchem er selbst nichts wusste. Und anscheinend war beides noch immer der Fall.

Nun verstand ich auch seine Wut. Es war sicher nicht leicht für ihn in einer Welt zu leben, die nichts mit ihm zu tun haben wollte. Ein Stich fuhr in mein Herz. Ich verstand ihn. Womöglich besser als manch anderer. Auch wenn wir nicht dasselbe Schicksal teilten, waren wir beide in derselben Situation. Alleine.

Mit einem Mal zischte die Luft. Ein Schmerz an meinem Arm ließ mich laut keuchen. Verdammt, das brannte. Anscheinend hatte er eines der Kunais falsch geworfen und hatte statt des Baumes mich getroffen. Was war ich auch so leichtsinnig und setzte mich direkt auf den Baum, an welchem der junge Shinobi trainierte. Ich musste hier fort, und zwar so schnell wie möglich. Schon wollte ich mich in Bewegung setzen, als mich etwas zurückhielt.

„Wer ist da?“

So ein Mist.

Verdammt. So ein Mist. Ich sollte definitiv verflucht sein. Warum passierte das ausgerechnet mir? Und das noch dazu hier im Wald. Wo es doch so extrem schwer ist in so einem Terrain seine Spuren zu verwischen. Ich knirschte mit den Zähnen und linste zu Naruto, welcher neugierig in meine Richtung blickte. Zwar war ich für ihn nicht sichtbar, doch ich wusste, dass er wusste, dass ich da war. So blöd war er nicht. Mir blieben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder ich flüchtete ins Dickicht und hoffte, dass er irgendwann aufgab. Was ich einem Naruto Uzumaki eher nicht zutraute, denn schon früher war er dafür bekannt gewesen, niemals aufzugeben, komme was da wolle. Oder ich würde mich ihm zeigen und hoffen, dass er nicht darauf kam, dass ich die unfassbare Diebin aus Konoha war.

Ich schüttelte den Kopf. Sicher nicht. Er war wie ich noch ein Kind. Sicher würde Naruto denken es würde sich um eine mächtige erwachsene Person handeln. Nie im Leben würde er davon ausgehen, dass ein zwölfjähriges Mädchen und eine Diebin, dieselben Personen waren. „He ich weiß, dass du da bist. Komm raus. Ich tu dir nichts, echt jetzt.“ Naruto klang keineswegs ungeduldig, eher neugierig und freundlich. Er hatte sich kein Stück verändert.

Schon damals hatte ich den blonden Chaoten gemocht, aber Vater hatte mir immer verboten mit ihm zu spielen. Als ich es einmal dann doch gewagt hatte, hatte ich die Ohrfeige meines Lebens bekommen. Eineinhalb Wochen hatte ich den Handabdruck unter einer Bandage versteckt und behauptet, ich sei auf mein Gesicht gefallen. Seitdem hatte ich mich von ihm ferngehalten, was Naruto zu Beginn sehr verwirrt hatte. Aber mit der Zeit hatte er sich damit abgefunden, dass ich anscheinend nur ein weiteres Kind war, dass nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.

Das schlechte Gewissen begann an meinem Herzen zu nagen. Er würde mich bestimmt nicht mehr erkennen.

Als Naruto einen weiteren Schritt auf den Baum zutrat löste ich schließlich das Jutsu und zeigte mich das erste Mal seit zwei Jahren einem anderen Menschen. Die Augen des blonden Chaoten weiteten sich, als er meine Gestalt dort über ihm erblickte. Hatte er mich erkannt? Nein, das konnte nicht sein. Aber wenn, was würde er von mir denken? „Wer bist du? Irgendwie kenn ich dich.“ Oh nein. Das konnte doch nicht wahr sein.

Naruto zog die Stirn in Falten und schien krampfhaft zu überlegen, woher er mich wohl kannte. „Aber das ist unmöglich. Du wurdest für tot erklärt.“ Mein Herz setzte aus und begann unregelmäßig weiterzuschlagen. Er hatte mich also doch erkannt, oder aber er verwechselte mich. Ich musste es also darauf ankommen lassen.

„Was denkst du denn woher du mich kennst?“, fragte ich und beugte mich leicht nach vorne. Fest sah er mir in die Augen, blinzelte kein einziges Mal. Er schien sich ziemlich sicher zu sein.

„Aus der Schule, aber es ist zwei Jahre her, dass ich dich zuletzt gesehen habe. Und wenn ich mich nicht täusche ist dein Name Tora oder?“

Meine Glieder zitterten leicht. Unsicher setzte ich mich auf den Ast und ließ die Beine baumeln. Er hatte mich erkannt. Aber ich musste herausfinden, weshalb er sich so sicher war.

„Warum bist du von dieser Annahme so überzeugt?“ Prüfend sah ich ihn an und Naruto zögerte keine Sekunde mit seiner Antwort. „Deine Augen.“ Ich versuchte äußerlich ruhig zu bleiben, doch es gelang mir nur halbwegs. „Sie haben so eine ungewöhnliche Farbe. Sie sind so schön silbern.“

Überrascht blickte ich den blonden Chaoten an. Noch nie hatte jemand meine Augen als schön bezeichnet. Eher unheimlich oder seltsam. Ich vermochte mir bisher nicht zu erklären woher ihre Farbe kam, beziehungsweise was es damit auf sich hatte. Aber vielleicht würde ich es ja eines Tages herausfinden.

„Und auch deine Haare. Ich kenne niemanden mit wilden Haaren.“ Ich bildete mir ein, ein Schmunzeln aus seiner Stimme herauszuhören. Das stimmte. Meine Haare waren wirklich verrückt. Am Kopf bis zu den Schulterblättern lockten sie sich und gingen dann in sanfte Wellen über.

Ich starrte ihn einfach nur an. Konnte gar nicht anders. Er erinnerte sich an mich. Das hätte ich wirklich nicht gedacht. Einerseits freute ich mich, aber andererseits fürchtete ich mich davor, dass er ins Dorf laufen und allen von mir erzählen könnte. Das musste ich verhindern. „Hör zu“, hob ich an und sprang in einer fließenden Bewegung vom Baum. Nicht weit von ihm, landete ich sanft auf dem Boden. „Da du mich ja jetzt enttarnt hast, lass dir eines sa…“ „Du bist es wirklich!“, unterbrach er mich. Unglaubliche Freude und Triumph zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. „Ha, ich wusste es. Jetzt kann niemand mehr sagen, dass ich ein schlechtes Gedächtnis habe, echt jetzt. Wenn ich das den anderen erzäh…“

„NEIN NARUTO“, nun war ich diejenige, die ihn unterbrach. Verschreckt sah der Blonde mich an. Verständnislosigkeit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Aber“, versuchte er es erneut und erntete von mir ein heftiges Kopfschütteln plus einem wütenden Blick. Ganz leicht wich er zurück. Noch immer von meiner plötzlichen Wut verblüfft. Ich konnte es ihm auch nicht verübeln. Natürlich wollte ich in mein Ninjaleben zurück. Auf die Akademie gehen und mit Freunden etwas unternehmen.

Doch es gab auch Dinge, die ich bedenken musste. Ich war eine gesuchte Diebin und noch dazu war der Mensch, den ich am meisten fürchtete, mein Vater. Das hieße, ich müsste zu ihm zurück. Und das konnte und wollte ich nicht. Ich würde meine persönliche Hölle betreten und diese würde mich zerstören, das wusste ich genau. „Denkst du denn nicht, dass es einen Grund gibt, weshalb ich von daheim fortgelaufen bin“, seufzte ich. Seine Augen weiteten sich leicht.
„Weggelaufen … aber warum?“ Ich ignorierte die Frage und sah Naruto eindringlich an. „Das. Was ich dir nun erzählen werde, ist nicht nur der Grund, weshalb ich meinem Heim den Rücken gekehrt habe, sondern auch, dafür, dass ich nicht vorhabe jemals dorthin zurückzukehren.“

Immer noch verwirrt nickte er, entspannte sich jedoch ein wenig. Das nahm ich als Aufforderung und begann zu erzählen.

Ich berichtete von dem Tod meiner Mutter nach meiner Geburt und dem sich verschlimmernden Zustand meines Vaters. Dass, er immer mehr damit begann seine Wut an mir auszulassen und immer öfter betrunken nach Hause kam. Mit geweiteten Augen hörte er mir angestrengt zu, bis zu der Stelle, an der ich ihm beichtete, weshalb ich nicht mehr mit ihm gespielt hatte.

„Jetzt versteh ich. Oh, man so ein gemeiner Kerl. Keine Sorge ich bin überhaupt nicht sauer oder so.“ Ich nickte dankbar. Das erleichterte mich. Der Blonde ahnte nicht, wie sehr. Als ich von dem Abend berichtete, an welchem ich fortgelaufen war, sprang Naruto mit einem Satz auf. Das Gesicht rot vor Wut.

„Das glaub ich einfach nicht. Der Kerl ist ja … ist ja … ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll. Schlimm ist sowas jawohl. Sein eigenes Kind so zu behandeln. Schämen sollte er sich dafür und das was er danach gemacht hat.“

Nun war ich an der Reihe mit dem verwirrt sein. „Wie? Was meinst du Naruto?“ „Was ich meine?“ Naruto schob sein Gesicht ganz nah an meines und sah mich an. Seine Augen loderten vor Wut.

„Der Kerl ist am nächsten Tag bei uns im Klassenzimmer aufgetaucht und hat vor uns allen gesagt, dass du verschwunden seist. Und dann ist er in Tränen ausgebrochen.“

Geschockt sah ich ihn an. Mein Vater und Tränen? Nein. Niemals, das musste er gespielt haben. Er hasste mich wie die Pest, sah er doch in mir die Schuld an Mutters Tod. Ich ballte die Fäuste. So etwas hatte ich ihm nun wirklich nicht zugetraut.

Naruto senkte den Kopf und sah zu Boden.

„Und als du dann nach einem Jahr nicht wiederaufgetaucht warst, hat der Hokage dich für tot erklärt.“

„Und das sollen sie auch weiterhin so annehmen“, sagte ich tonlos. Widersprüchliche Gefühle zeigten sich auf Narutos Gesicht. Er schien sich nicht sicher wie er mit der Situation umgehen sollte. Und ehrlichgesagt war ich es auch nicht.

„Warst du denn seitdem nicht mehr im Dorf? Ich meine, du lebst doch nicht nur hier im Wald oder?“ Ich biss mir auf die Lippe. Wahrheit oder Lüge? Was würde ich wählen. Ich entschied mich für die halbe Wahrheit. Von meiner Tätigkeit als Diebin würde der Blonde niemals etwas erfahren. Außerdem wusste ich noch immer nicht, ob ich ihm wirklich trauen konnte.

„Du hast recht. Ab und an komme ich tatsächlich ins Dorf.“ „Und niemand hat dich gesehen?“ Naruto schien es gar nicht glauben zu können.

„Nein. Ich bin klein, weißt du. Ich falle nicht auf. Außerdem bin ich den Augen der Menschen nur ein Straßenmädchen. Wer sieht so jemanden denn bitte genauer an?“ Mein Gegenüber nickte langsam.
„Ja das klingt schlüssig. Aber würdest du denn nicht gerne einfach mal wieder so richtig im Dorf sein, anstatt durch die Gassen zu streichen?"
Ich nickte leicht. „Natürlich. Aber was habe ich denn für eine Wahl? Man würde mich sofort erkennen.“ Naruto zog die Stirn in Falten. „Ich denke mir was aus.“ Sein Magen grummelte und erinnerte mich an den Grund, weshalb ich eigentlich losgezogen war. Ich griff in meine Gürteltasche und fischte einen der beiden Äpfel heraus.

Als Naruto die rote Frucht sah, begannen seine Augen zu glänzen, doch dann huschte sein blaues Augenpaar in meine Richtung. „Und du?“ Ich lächelte. Wie lieb von ihm auch an mich zu denken. Doch ich schüttelte den Kopf. „Ich habe selbst noch einen.“ Ein erleichtertes Aufatmen folgte und Naruto biss herzhaft in den Apfel. Zu meinem Glück fragte er nicht nach, woher ich ihn hatte. Wie er so vor mir saß und mit leuchtenden Augen zu mir herübersah, überkam mich ein Gefühl, dass ich lange nicht mehr gehabt hatte. Ich fühlte mich wohl und seltsam sicher.

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Nicht weit von uns entfernt in einem dunklen Raum, saß ein Mann vor einer großen gläsernen Kugel. Sie zeigte das Bild zweier Kinder, welche sich fröhlich ein paar Äpfel teilten. Seine Augen begannen sich leicht zu verengen, als er das Mädchen weiterhin betrachtete. Irgendwie kam ihm das junge Ding bekannt vor. Die Stirn in Falten ziehend beobachtete er sie noch eine Weile, bis er sich schließlich zurücklehnte und sich mit der rechten Hand über das Gesicht fuhr. „Kann ich denn meinen eigenen Augen noch trauen?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich muss herausfinden, ob es stimmt.“ Dann wandte der Mann seinen Kopf in Richtung des Fensters. Eine große Gestalt stand dort. Es handelte sich um einen großen, schlanken Mann in rabenschwarzen Kleidung. Doch mehr als das, war in der Dunkelheit nicht erkennbar. „Tu mir den Gefallen und überwache sie.“ Ein leichtes Rascheln erklang, als sich der Mann bewegte. „Sind sie sicher, dass ich ein Kind bewachen soll?“ Ein Lächeln glitt über die Lippen des anderen. „Ich vermute, sie ist mehr als das. Ich habe so ein Gefühl.“

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Wir waren noch eine ganze Weile so dagesessen und hatten uns unterhalten. Durch Naruto hatte ich einiges erfahren. In der Schule war wie vor zwei Jahren auch schon sein stärkster Kontrahent Sasuke Uchiha. Obwohl ich versucht hatte ihn von diesem Wettstreit abzubringen, hatte er sich vehement dagegen gewehrt. Er würde Sasuke nicht gewinnen lassen und dass er dann allen zeigen könne, dass er es wert wäre, Hokage zu werden. Schließlich hatte ich dann damit aufgegeben. Es brachte nichts ihn dazu zu drängen. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann konnte man den Blonden Chaoten nur noch sehr schwer davon abbringen. So grundsätzlich hörte er ja auf niemanden, außer sich selbst. Eine Eigenschaft, die er sich hoffentlich irgendwann abgewöhnen würde oder jemand in seinem Leben auftauchte, den er wirklich respektieren würde.

Als die ersten Grillen zu zirpen begannen, wurde mir auf einmal klar, wie spät es geworden war und wie lange ich nun schon mit Naruto dagesessen hatte. Bestimmt drei Stunden. Wie die Zeit doch verging, wenn man mit jemanden Spaß hatte. Spaß… Ich lächelte traurig. Ja es hatte wirklich gut getan wieder einmal mit einer Person reden zu können. „Weißt du Tora … das hat wirklich Spaß gemacht. Es ist lange her, dass ich mit jemanden so schön reden konnte.“

Ich nickte. „Das geht mir genauso. Bei mir sind zwei Jahre vergangen, seit ich überhaupt so richtig ein Gespräch mit einer Person geführt habe. Und das heute … ich habe es sehr genossen. Danke dafür.“ Lächelnd sah ich ihn an. „Das sollte jetzt aber kein Abschied sein.“ „Wie?“, verwirrt sah ich ihn an. Ein wenig verlegen kratzte er sich am Kopf.

„Naja, … ich meine, wir könnten uns doch öfter hier treffen oder auch mal zusammen ins Dorf gehen, wie ich es vorhin schon gesagt habe.“ Als ich den Mund öffnete um zu protestieren, da mich ja jemand erkennen könnte, winkte er ab. „Ich habe mir da schon etwas überlegt. Ganz einfach, wir machen deine Haare kürzer, damit du wie ein Junge aussiehst. Die passende Kleidung dazu trägst du ja schon.“

Naruto hatte Recht. Meine Klamotten sahen tatsächlich nicht wie die eines Mädchens aus. Alles was ich am Leib trug, waren eine dunkelbraune dreiviertel Hose, ein langärmeliges grünes Shirt und schwarze Sandalen. Noch dazu hatte ich keine richtigen weiblichen Rundungen. Die würden wahrscheinlich erst in den nächsten Jahren kommen. Ein weiterer Vorteil den ich nutzen könnte. Meine Haare hatte ich fast immer zu einem Zopf geflochten, damit sie mir beim Rennen nicht im Weg waren. Tatsächlich hatte ich schon einmal überlegt sie abzuschneiden, da sie manchmal ziemlich hinderlich waren.

„Wir müssen sie ja nicht ganz abschneiden“, durchbrach Naruto meine Gedanken. „Ich meine nur so, dass man dich halt nicht mehr als Mädchen erkennt.“ Doch ich schüttelte Kopf. „Wenn wir das machen, dann schon richtig.“ Narutos Augen begannen vorfreudig zu glänzen. „Und ich werde es machen, nicht du“, sagte ich bestimmend. Der Blonde zog eine Schnute. „Kommt gar nicht in die Tüte, Freundchen. Wer weiß, was du mir für ein Muster in den Kopf schnippeln wirst.“ Bei dem letzten Satz begann er zu grinsen. „Jetzt, wo du mich auf die Idee bringst.“

„Oh nein, bestimmt nicht.“ Ich lachte. „Sonst bist du mich schneller wieder los, als dass du Hokage sagen kannst.“ Anscheinend hatte es etwas gebracht. Naruto schien von der Idee, mir ein Kunstwerk in die Haare zu schnitzen, abzulassen. Innerlich atmete ich auf.

„Jetzt muss ich aber los, es ist schon ziemlich spät.“ Schneller, als ich gucken konnte, war er aufgestanden und hatte sich gestreckt. Ich nickte. Er hatte recht. Ich musste auch zurück zu meiner Höhle. Die Hand hebend drehte sich der Blonde um und ging davon. Doch auf halber Strecke drehte er sich noch einmal um und sah mich an. „Weißt du Tora, es wäre schön, dich als Freundin zu haben. Du bist so ein netter und offener Mensch.“ Diese Worte verursachten einen kleinen Stich in meinem Herzen, hatte ich ihm doch nicht die ganze Wahrheit gesagt. Aber ich musste vorsichtig sein. Noch kannte ich ihn nicht lange genug um ihm vollends vertrauen zu können. Also nickte ich nur. „Das wäre schön Naruto.“

„Noch ein letzter Schliff … so … fertig.“ Zufrieden betrachtete ich mich im Teich. Naruto, welcher dicht neben mir saß und mir tatsächlich ein wenig geholfen hatte, betrachtete meine deutlich geschrumpfte Kopfbehaarung mit einem begeisterten Grinsen. „Jetzt hast du fast so kurze Haare wie ich“, lachte er. Erneut lehnte ich mich nach vorne und besah das Ergebnis. Meine Haare gingen mir nun nur knapp über die Ohren und standen aufgrund der vielen Locken nach allen Seiten ab. Dafür, dass ich so etwas noch nie gemacht hatte, war ich jedoch sehr zufrieden. „Ich hätte nie gedacht, dass es so gut wird, echt jetzt.“ Zufrieden musterte Naruto mein Werk. Aus meiner Sicht schon fast ein Kunstwerk.

„Jetzt siehst du wie ein waschechter Junge aus. Und die stehen ja echt lustig ab. Da kommt wirklich keiner drauf, dass du ein Mädchen bist.“ Vorsichtig fasste der Blonde Chaot in meine Haare. „Die in meiner Klasse haben alle lange Haare. Scheint irgendwie im Trend zu sein. Aber ich finde kurze viel besser. Die hindern dich nicht. Und wenn du sie wäschst sind sie schnell wieder trocken.“ Optimistisch strahlte er mich an. Ich lächelte. Seine Gesellschaft tat mir wirklich gut. Zwei Wochen waren nun vergangen, seit wir uns im Wald getroffen hatten. Zwar trafen wir uns nicht jeden Tag, aber dennoch sah ich Naruto mindestens drei Mal die Woche.

Vor zwei Tagen wäre ich, als ich wieder einmal ein paar Früchte von Daichi hatte mitgehen lassen, beinahe mit ihm zusammengestoßen. Es war echt knapp gewesen. Gerade noch so, hatte ich ausweichen können. Hals über Kopf war ich dann davongerannt. Hatte nicht zurückgesehen, aus Furcht erneut jemanden anzurempeln. Tags drauf hatte er mir dann erzählt, die Unfassbare getroffen zu haben. Ich hatte mich beinahe an meiner Spucke verschluckt. Der Blonde hatte richtig davon geschwärmt. Zwar hatte ich versucht ihn von seiner Vermutung abzubringen, aber wie ich ihn kannte, hatte er mal wieder nicht gehört. Ich seufzte. Typisch Naruto. Aber trotz seiner übermütigen und auch unbedachten Art, mochte ich ihn sehr gut leiden. Und das beruhte auch auf Gegenseitigkeit, wie er es mir in den letzten Tagen oft gezeigt hatte. Letzte Woche hatte er mir eine Portion Reis mitgebracht, die wir dann zusammen mit etwas Hasenfleisch vertilgt hatten. Es war lange her gewesen, seit ich das letzte Mal Reis gegessen hatte, denn der ließ sich nicht so einfach stehlen. Da blieb ich doch lieber bei Daichis Stand.

„Hee Tora. Hörst du mir eigentlich zu?“ Ich schreckte auf. Schon wieder war ich abwesend gewesen. Narutos fragendes Gesicht mir gegenüber. „Nein. Tut mir leid. Ich war abwesend“, sagte ich entschuldigend. Leicht besorgt sah er mich an. „Das bist du in den letzten Tagen oft. Ist alles okay. Du kannst mir alles sagen, echt jetzt.“ Er grinste schief. Naruto ahnte ja gar nicht wie recht er mit seiner Vermutung hatte. Nichts war okay. Mich plagte das schlechte Gewissen ihm gegenüber. Noch immer wusste er nicht davon, dass ich die Unfassbare war. Aber ich fürchtete mich im Gegenzug davor, dass er sich dann von mir abwenden oder den Hokage verständigen würde. Und dann, wäre ich wieder allein. Im Wald oder im Gefängnis. Der Wald wäre mir zwar lieber, aber letztendlich würde es dasselbe sein. Ich hatte es satt nur vor mich hin zu vegetieren und brauchte jemanden, der mich verstand. Vielleicht würde ich es Naruto eines Tages sagen. Wahrscheinlich genau dann, wenn ich wusste, dass ich ihm vertrauen konnte.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein Naruto. Es ist alles gut. Ich bin nur etwas müde.“ „Okay. Wir können auch morgen ins Dorf gehen, echt jetzt. Wenn es dir nicht gut geht.“ Ein Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen. So fürsorglich kannte ich den Uzumaki gar nicht. Aber ich mochte diese Seite an ihm.

So schlichen wir uns am frühen Nachmittag ins Dorf. Ich wusste, dass die Wachen um halb drei Schichtwechsel hatten und somit konnten wir unbemerkt das Tor passieren.

Es war so richtig ungewohnt für mich, das Dorf zu betreten. Vor allem sichtbar. Wenn ich mein Unsichtbarkeitsjutsu nutzte, war ich in allem was ich tat sicher und selbstbewusst. Aber nun, so sichtbar, wie es nur ging hier im Dorf zu stehen machte mir zugegeben, doch ein wenig Angst. Ich fühlte mich wie ein zartes Rehkitz. Angreifbar und verwundbar. Immer enger rückte ich an Naruto heran.

Überrascht sah er mich an. „Was ist denn mit dir?“, flüsterte er. „Ich bin es nicht gewohnt, so offen durch die Gassen zu laufen“, erwiderte ich ebenso leise. „Es wird nichts passieren, versprochen. Und sobald wir deinen Vater sehen, kannst du rennen und ich halte ihn auf. Echt jetzt.“ Ich lächelte leicht. Zwar bezweifelte ich, dass der Blonde Chaot in der Lage wäre meinen Erzeuger lange aufzuhalten, aber allein schon seine aufmunternden Worte gaben mir ein Gefühl der Sicherheit. War es das, was Freundschaft ausmachte? Bisher hatte ich nie wirklich Freunde gehabt, weswegen es schwer für mich war, dieses Gefühl zu beschreiben.

Immer ein wenig schräg hinter Naruto, lief ich mit ihm durch das Dorf. Mit einem Mal erstarrte dieser in seiner Bewegung. Dort vielleicht zwanzig Meter von uns entfernt, neben einem der Stände, stand Sensei Iruka und sah sich suchend um. Ein Verdacht überkam mich, als ich in Narutos erstarrtes Gesicht blickte. „Ähm, ist es möglich, dass du jetzt eigentlich noch Unterricht hast?“

Ertappt schreckte er zu mir herum. „Ach Tora. Wie meinst du das? Ich hab keine Ahnung von was du sprichst.“ Ein kleiner Schweißtropfen bildete sich auf seiner Stirn, als er erneut zu Iruka hinüberlinste. Doch der war verschwunden. Naruto atmete aus, doch ich blieb misstrauisch. Irgendetwas war hier faul. „NARUTO!“ Uff. Ich hatte ja schon fast vergessen was für ein Organ mein ehemaliger Sensei hatte. Wie ein wildgewordener Stier rannte er auf uns zu. Alles in mir schrie danach, nun fortzurennen. Doch ich konnte und wollte Naruto nun nicht im Stich lassen.

Geistesgegenwärtig machte ich die Fingerzeichen für das Jutsu des Tausches, packte den Blonden an der Hand und zerrte ihn in eine Nebengasse. Vollkommen überrumpelt ließ er sich mitziehen. Wenige Sekunden später vernahm ich ein lautes Fluchen.

Sensei Iruka hatte anscheinend die Täuschung bemerkt. Wir mussten uns beeilen. Im Rennen ließ ich Narutos Hand los. „Folge mir“, zischte ich und gab mir Fersengeld. Durch meine Tätigkeit als Diebin war ich es gewohnt lange Strecken im Sprint zu rennen. Doch wie ging es Naruto dabei. Kurz blickte ich zurück. Doch der Blonde folgte mir ohne große Probleme. Erleichtert blickte ich wieder nach vorne. Die Gasse war beinahe zu Ende und an ihrem Ende stand niemand anderes als Iruka. Ich stieß einen Fluch aus, packte erneut die Hand meines Freundes und zerrte in eine unscheinbare Gasse.

„Da können wir nicht hinein, das ist eine Sackgasse“, rief Naruto. Ich schüttelte den Kopf. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussah, als würde die große Mauer den Weg blockieren, zwischen ihr und der nächsten Hauswand war eine kleine Lücke. Gerade so groß, dass sich ein Kind hindurchquetschen konnte. Im allerhöchsten Tempo rannte ich darauf zu.

Naruto, der den Spalt noch nicht bemerkt hatte, versuchte seine Hand von der meinen zu lösen, doch ich hielt ihn unerbittlich fest. „Da gibt es eine Lücke. Komm runter“, zischte ich und ließ seine Finger los um mich seitlich durch eben jene hindurchzuzwängen. Meine nun kurzen Haare waren mir ebenfalls eine Hilfe. Denn sonst immer hatten sich die langen Strähnen in den Ritzen der Mauer verfangen. Was manchmal echt nervig gewesen war.

Als wir die Mauer hinter und gelassen hatten und in eine etwas breitere Gasse rannten, packte Naruto mich mit einem Mal am Arm und zog mich in eine kleine Nische. „Hör zu. Ich denke es ist besser, wenn wir uns ab hier trennen. Wir treffen uns morgen Abend am Fluss. Denn wenn sie dich erwischen, bringen sie dich zu deinem Vater zurück. Und das willst du doch nicht oder?“ Ich schüttelte den Kopf, unfähig ein Wort herauszufinden. Im Moment kannte meine Dankbarkeit Naruto gegenüber keine Grenze, wünschte ich mir doch gerade nichts anderes, als mich unsichtbar zu machen und in den sicheren Wald zu verschwinden.

„Dann geh. Wir sehen uns“, sagte er und grinste leicht. „Ich komm zurecht, echt jetzt.“ Ich grinste leicht und nickte erneut. „Gut, aber wenn wir das nächste Mal in die Stadt gehen, versichere dich bitte vorher, dass du keinen Unterricht hast.“ Naruto lachte. „Geht klar.“ Dann war er verschwunden. Ich lächelte und sah mich nach möglichen Beobachtern um. Als ich niemanden sah und mich sicher fühlte, wandte ich mein Lieblingsjutsu an. „Jutsu der Unsichtbarkeit.“

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Nicht weit von der Stelle entfernt, an welcher ich verschwunden war, stand eine dunkle, hochgewachsene Gestalt im Schatten. „Wusste ich es doch. Nun muss ich nur noch abwarten, bis sie erneut in die Stadt kommt und dann wird es einfach für mich.“

Entspannt saß ich am Fluss und ließ meine Beine in das kühle Nass baumeln. Es war ein schöner Tag. Der Himmel war fast wolkenlos und die Sonne strahlte mit angenehmer Wärme auf Konoha herab. Ich genoss das Zwitschern der Vögel und die sanfte Windbriese, welche mit meinem kurzen Haar spielte. Wann immer ich zum Fluss ging, genoss ich es hier zu sein. Diese Umgebung war einfach so schön friedlich. Man hörte nichts außer der Natur und… „ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG.“ Eine laute Stimme erklang hinter meinem Rücken und erschreckte mich so sehr, dass ich vor Überraschung das Gleichgewicht verlor und mit einem lauten Platschen in den Fluss fiel.

Panik überkam mich und ich strampelte hektisch mit Armen und Beinen um nicht unterzutauchen. Er war zwar nicht tief, aber ich fürchtete mich sehr vor dem schnellen Gewässer. Auch wenn ich es eigentlich können sollte. Dies war eine meiner größten Schwächen. Ich konnte nicht schwimmen. Vater hatte es mir nie beigebracht, da er es nicht als wichtig empfunden hatte. Panik kroch in mir hinauf und klammerte sich wie eine eisige Kralle um mein Herz.

Da packte eine starke Hand meinen Arm und zog mich aus den Fluten. „He Tora. Oh Mann, das tut mir so leid, echt jetzt. Ich hatte ja nicht geahnt…“ Besorgt sah Naruto mich an, als ich vor ihm an Land kroch. Zittrig setzte ich mich auf und schüttelte den Kopf. „Kannst du ja nicht wissen. Ich meine, eigentlich kann jeder in meinem Alter schwimmen. Aber mein Vater … er hat es mir niemals beigebracht. Du weißt ja, dass wir nicht die beste Beziehung gepflegt haben.“, sagte ich heiser. Der Blonde nickte. „Ja, es ist aber dennoch schockierend. Wenn du magst, kann ich es dir beibringen.“, sagte er. „Das würdest du für mich tun?“ „Aber klar. Ich helfe dir wo ich kann. Und wenn ich eines Tages Hokage bin, dann sorge ich auch dafür, dass du deinen Platz im Dorf bekommst und dein Vater für seine Taten bezahlt. Echt jetzt.“ Aufmunternd strahlte er mich an und entlockte mir ein kleines Lächeln. „Danke Naruto“, sagte ich.

„Jetzt aber zu dem Grund, weshalb ich überhaupt hier bin. Wir haben schließlich deinen Geburtstag zu feiern“, grinste er. Ach ja richtig. Mein Geburtstag. Dreizehn Jahre werde ich heute. Somit sind drei Jahre vergangen seit ich von daheim fortgerannt bin und acht Wochen, seit ich Naruto begegnet war. Ja, die Zeit vergeht schneller als mancher gucken konnte. Schade eigentlich. So manche Momente, hätte ich gerne festgehalten und nie wieder vorbeigehen lassen. Aber vielleicht musste man sie auch verstreichen lassen, damit man etwas noch schöneres erleben konnte. Und ich konnte wirklich sagen, dass ich viele super Momente zusammen mit Naruto hatte und auch noch haben würde. Da war ich mir sicher.

„He Tora. Schweifst du schon wieder ab? Ich wollte dir doch nicht nur zum Geburtstag gratulieren. Denn was wäre ein Geburtstag ohne ein Geschenk?“ Verdattert sah ich ihn an. Ein Geschenk? Für mich? War das ein Witz? Naruto schien mein blödes Gesicht zu genießen, denn er grinste breit und langte hinter sich. Wie gebannt folgten meine Augen seiner Bewegung, wollte ich doch jede Sekunde in mir aufsaugen und niemals vergessen. Mein erstes Geschenk seit Jahren. „Mach die Augen zu“, forderte er und ich schloss sie, wenn auch nur widerstrebend. Ein leises Rascheln erklang, dann war es still und ich fühlte, wie er etwas vor mir absetzte. „So. Jetzt kannst du.“ Vorsichtig öffnete ich meine Lider und sah…

Einen Kuchen. Einen etwas schiefen, aber dennoch vollständigen Schokoladenkuchen. Ich konnte nicht anders, mir klappte der Kiefer runter. Hatte er den selbst gemacht? Mein Gegenüber grinste breit. „Tadaaa. Mein erster selbstgemachter Schokokuchen. Bin echt stolz drauf. Aber Sensei Iruka wird einen Anfall kriegen, wenn er die Schulküche sieht.“ Leicht verlegen kratzte er sich am Kopf. Mir war die Schulküche egal. Schneller als der Blonde gucken konnte, war ich ihm um den Hals gefallen. „Danke. Das ist das Schönste Geschenk, das du mir hättest machen können. Ich bin so glücklich.“

Lachend genossen wir den, zugegeben, wirklich guten Schokokuchen. Ich genoss das Gefühl, die süße Schokolade auf der Zunge zergehen zu lassen. Naruto ahnte ja nicht, was er mir da für ein riesen Geschenk gemacht hatte. In meinen Augen waren es gleich zwei. Einmal der Kuchen und auf der Anderen Seite, die Tatsache, dass er ihn selbst gebacken hatte. Als wir fertig waren, konnte ich gar nicht anders und fiel dem Blonden ein zweites Mal um den Hals. Ja, der Tag würde noch wunderbar werden.

Am Nachmittag schlichen wir uns nach Konohagakure hinein. Mittlerweile hatte ich meine Furcht, mich sichtbar durch die Gassen zu bewegen, fast gänzlich abgeschüttelt. Aber dennoch, ein Fünkchen blieb noch immer, ganz tief in mir drin. Nicht gewillt, mir meinen Frieden zu lassen. Aber die meiste Zeit, die ich im Dorf war, schaffte ich es diese Zweifel zu unterdrücken. Wenn es hart auf hart kam, würde Naruto mich gehen lassen und die Verfolger in eine andere Richtung lotsen. Zwar war ich eine eins im Abhauen. Musste ich ja sein. Aber unsichtbar. Mit einem sichtbaren Körper gestaltete sich die Sache schon um einiges komplizierter, machte es aber dennoch nicht unmöglich.

Gemeinsam mit Naruto lehnte ich an einer Hauswand und beobachtete das bunte Treiben. Der Schatten, welcher ganz in der Nähe, versteckt hinter einem Kamin saß, bemerkte ich nicht.

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Still saß er da und beobachtete jede einzelne Bewegung des Mädchens, das in der Begleitung des jungen Naruto war. Ihre Haltung wirkte entspannt. Sie schien sich sicher zu fühlen. Lässig hingen die Arme, ihren zarten Körper herunter. Doch er wusste genau, dass dieser Eindruck täuschte. Das junge Ding war hart im Nehmen, hatte viel erlebt und durchgemacht. Das war ihm nach den vielen Wochen des Beobachtens klar geworden und er begann ihre Gefühle zu verstehen. Zu Beginn war er nicht wirklich begeistert gewesen, auf ein Kind aufzupassen, aber die Sache würde noch ziemlich interessant werden. Da war er sich sicher.

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Die Sonne war schon im Begriff hinter den Hausdächern zu verschwinden, als ich mich aufrichtete. Es war schön gewesen, dem Treiben zuzusehen und wieder unter Menschen sein zu können. Durch die Bewegung wurde Naruto wachgerüttelt, welcher im Laufe der Zeit an meiner Schulter eingeschlafen war. So eine Schlafmütze. Ich schüttelte grinsend den Kopf. Nun wurde es aber wirklich Zeit für mich zu gehen. „Naruto. Ich muss los. Die Sonne steht schon tief.“ Der Uzumaki nickte langsam und sah mich mit einem trägen Ausdruck im Gesicht an. „Ich glaub ich geh ins Bett“, nuschelte er. „Das glaube ich auch“, lachte ich und drückte ihn kurz, bevor ich meine Hand hob und davon ging.

Mit einem lächeln auf den Lippen schlenderte ich durch die Gassen des Dorfes. Schon konnte ich das Tor vor mir erblicken. Doch mit einem Mal, konnte ich eine Präsenz hinter mir spüren. Langsam glitt meine Hand zur Gürteltasche und fasste nach dem Kunai. Ein Lufthauch, mehr brauchte ich auch nicht zu spüren um blitzartig herumzuwirbeln und mit meinem Angreifer die Klinge zu kreuzen. Doch die Gestalt, die ich vor mir erblickte, ließ mein Herz stillstehen. Dunkle schwarze Augen sahen mir triumphierend entgegen. Ein Feuer brannte in ihnen, so kalt und grausam, dass es mir nur so den Rücken hinunterlief. Verbissen hielt ich gegen seine immense Kraft an. „Hallo kleine Mörderin.“ Ich schluckte. „Vater.“

Schweißtränen liefen mein Gesicht hinab. Ob der Angst oder Anstrengung wegen vermochte ich nicht zu sagen. Verbissen kämpfte ich gegen seine schier unendliche Stärke an.

„Na. Begrüßt man so etwa seinen Vater? Respekt scheinst du ja keinen mehr zu haben.“ Meine Glieder zitterten vor Anspannung. Die Angst drohte beinahe übermächtig zu werden. Warum musste es ausgerechnet heute passieren? An meinem Geburtstag? Was sollte ich denn nun tun? Mein Vater hatte eine gute Ausbildung hinter sich und war Jonin. Einer der besten Ninjakrieger des Dorfes. Gegen so eine Person kam ich doch nicht an.

Blitzschnell und ehe ich reagieren konnte, hatte er mit der Hand nach meinem Kragen gegriffen und zog mich in die Höhe. Ich röchelte aufgrund des Sauerstoffmangels, sagte jedoch kein Wort. Stumm ertrug ich die fürchterlichen Schmerzen an meiner Kehle. Diese Genugtuung wollte ich ihm nicht geben. Nein! Eigentlich wollte ich ihm gar nicht zeigen, wie schwach ich war. Er sollte sehen, was aus mir geworden war. Ich war nicht länger die kleine ängstliche Tora.

Das würde ich ihm hier und jetzt beweisen. Ich musste nur noch ein wenig warten, auch wenn mich der Kragen zu erwürgen drohte, trotz des fürchterlichen Schmerzes an meiner Kehle. Nun war sein Gesicht schon ganz nah an dem meinen.

„Weißt du, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe? Ich werde das beenden, was ich vor drei Jahren angefangen habe. Keiner kann dir helfen.“ Er grinste erneut. Mir wurde speiübel bei diesem Gesichtsausdruck. „Du hast Recht.“ Beinahe schon verwirrt sah er mich an und der Griff lockerte sich ein wenig. „Mir wird keiner helfen.“ Ein Lachen folgte. „Ich sehe, du hast es begriffen, kleine Göre.“ Ein Knurren entkam meinem Mund und ließ ihn verstummen.

„Ich helfe mir selbst.“ Mit diesen Worten ließ ich meinen Schädel gegen seine Nase krachen. Es knackte. Unsanft kam ich auf dem Boden auf. Doch mir blieb keine Zeit. Schnell griff meine Hand nach dem Kunai und ich ging langsam, Schritt für Schritt zurück. Meinen Vater immer im Auge behaltend.

Als er die Hand von seiner Nase entfernte, stockte mir der Atem. Sie sah seltsam verdreht aus, Blut lief daran herab und tropfte auf den Boden. Seine Augen hatten einen mörderischen Ausdruck angenommen. Hasserfüllt blitzten sie mir entgegen. Langsam und schleichend kam er näher.

„Das. Wirst du bereuen.“ Die Stimme war so leise, aber dennoch dröhnte sie lauter als jeder Trommelschlag in meinen Ohren wieder. Ich schluckte. Stark bleiben Tora. Du bist nicht so schwach wie du aussiehst.

Meine Hand, die sich um das Kunai verkrampft hatte, lockerte sich. Angespannt fixierte ich ihn und beobachtete jeden seiner Schritte. Er schloss die Augen für einen kurzen Moment, dann rannte er auf mich zu und warf drei Kunais auf meinen Körper. Zumindest für den Moment, dann verpuffte mein Ebenbild und gab den Blick auf einen Baumstumpf frei. In ihm steckten die drei Wurfmesser. Ich hatte den Augenblick als er die Augen geschlossen, genutzt um das Jutsu des Tausches anzuwenden. Aber das würde mir womöglich kein zweites Mal gelingen. Erneut würde er sicher nicht darauf hereinfallen.

Wütend brüllte er auf. Ich biss die Zähne zusammen, denn wenn er mich entdeckte, konnte es eng für mich werden. Und wenn ich mich nun bewegte und mein Unsichtbarkeitsjutsu anwendete wäre es ebenfalls keine gute Idee. Denn dann wüsste er, dass ich die Unfassbare wäre und könnte mich verraten. Dann würde auch Naruto von mir Bescheid wissen. Nein. Das durfte nicht passieren.

„Komm raus. Wo versteckst du dich?“ Seine Augen leuchteten unheimlich im Licht der kleinen Gasse. „Ich sehe schon, man nennt dich nicht ohne Grund die Unfassbare.“ Mein Atem setzte aus. Nein. Das konnte er nicht wissen. Woher?

Beißender Schmerz meldete sich an meinem Hinterkopf.

„Hab ich dich.“ Ein kleiner Schmerzensschrei entrang sich meinen Lippen. Nicht schon wieder. „Gar nicht mal so dumm, dir die Haare kurz zu schneiden. Ich vermute mal es war die Idee des kleinen Fuchsbastards. Wie hieß er doch gleich?“

„Naruto“, presste ich wütend hervor. „Wag es nicht so von ihm zu sprechen. Du hast keine Ahnung.“ Wütend warf ich ihm diese Worte entgegen. Mir egal, was er mit mir machen würde, aber ich würde nicht zulassen, dass er so von meinem Freund sprach. Dann hörte ich auf damit mich zu wehren und seine Hand um meine Haare ließ tatsächlich ein wenig lockerer. „Geben wir etwa schon auf. Komm kämpfe mit mir. Das ist doch langweilig.“ Er war verrückt definitiv. Und ich schämte mich dafür, so eine Person als Vater zu haben. Doch er hatte mich unterschätzt. Noch lange dachte ich nicht ans Aufgeben. Das war nicht meine Art.

Schon früh hatte ich als Diebin lernen müssen, dass man nicht kapitulieren durfte, wenn man überleben wollte. Hartnäckigkeit und Wille waren so wichtig wie die Luft, die ich zum atmen brauchte. Meine Hände kratzten über den sandigen Boden. Sand. Mir kam eine Idee. Eilig schloss ich eine Faust und verharrte in der Stellung. Wartete auf den richtigen Augenblick. Ich zwang mich meinen Atem heftig gehen zu lassen um meine Angst und Aufregung vorzutäuschen. Zu meinem Glück konnte er meine Augen nicht sehen, denn dann würde er erkennen, was in ihnen brannte. Purer Wille, Wut und Entschlossenheit. Angst fühlte ich keine mehr. Sie schien wie weggeblasen von der festen Entschlossenheit, mich meinem Vater zu beweisen. Meine Stärke zu zeigen. Und das würde ich.

„Wartest du auf den Tod?“, schnurrte in mein Ohr.

Ich erschauderte, als ich seinen Atem an meinem Hals spürte. Wenn er doch wüsste. Keine Ahnung hatte er. Urplötzlich schloss ich die Augen und warf den Sand in die Richtung, in welcher ich seine Augen vermutete. Meine Haare wurden losgelassen und ich konnte hören, wie er nach hinten sprang. Hatte ich getroffen? Unsicher wandte ich mich um und erstarrte.

Vor meinen Augen ragte eine große Gestalt auf. Doch es war nicht mein Vater. Der Mann vor meinen Augen trug eine Joninweste, genau wie sein Gegenüber. Die Arme waren verschränkt und in der rechten Hand hielt er zwei Kunais.

„Du wirst dieses Mädchen nicht weiter anrühren.“ Die Worte waren so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob er sie wirklich ausgesprochen hatte. Drohend hingen sie in der Luft, wie ein Gewitter, das kurz davor war loszustürmen. Auch diese schien wie erstarrt zu sein. Alles war ruhig. Nur das unregelmäßige Atmen von uns dreien konnte ich vernehmen.

Ich konnte nicht anders, als meinen Retter verblüfft anzustarren. Denn von allen Jonin, die es im Dorf gab, hatte ich ihn am wenigsten erwartet. Unsicher wanderten meine Augen erneut über seine Erscheinung. Kein Stück hatte er sich verändert. Noch immer trug er diese schwarze Maske, die Mund und Nase verdeckte. Das Stirnband hatte er hochgeschoben und ich vermutete, dass meinem Vater nun das berühmte Sharingan entgegenblickte.

Dieser schien sich aus seiner Erstarrung gelöst zu haben, denn er sah sein Gegenüber mit einer Mischung aus Hass und …  Angst an. Das war das Erste Mal in meinem Leben, dass mein Vater sich vor jemanden zu fürchten schien und dieser Umstand gab mir einen Funken Hoffnung.

„Kakashi Hatake.“

Ohne, dass ich es wirklich hatte kontrollieren können, verließen diese beiden so simplen aber gerade doch so aussagekräftigen Wörter meine Zunge. Noch immer sah ich den hochgewachsenen Ninja ungläubig an. Warum verteidigte er mich? Wusste er wer ich war? Oder dass ich soeben gegen meinen eigenen Vater gekämpft hatte? Unzählige Fragen tummelten sich in meinem Kopf. Schwirrten darin herum wie lästige Fliegen.

„Ganz recht.“ Ich zuckte zusammen als ich die Stimme des Grauhaarigen vernahm. Sie war angenehm dunkel und auch … sympathisch. Doch ich konnte sein Wesen nicht an einer einzigen Begegnung festmachen. „Akaya. Ich muss zugeben, bisher habe ich nie wirklich etwas von dir gehalten, aber, dass du ein Mädchen attackierst und ihr Leben bedrohst übersteigt meine kühnsten Vorstellungen.“

Mein Vater lachte. Aber es klang leicht verunsichert. Er schien Respekt vor Kakashi zu haben und ich konnte es ihm nicht verübeln. Denn mir erging es ebenso. Der Kopierninja strahlte etwas aus, das ich mit einem Wort gut beschreiben konnte. Autorität. „Ich habe sie nicht wirklich bedroht, sie hat mir einst Geld gestohlen und ich wollte ihr Angst machen. Sozusagen als kleine Strafe.“ Lüge. So ein feiger Lügner. Kakashi würde ihm das hoffentlich nicht glauben.

„Weißt du denn nicht, dass sie die Unfassbare ist? Ich wollte sie hinterher zum Hokage bringen, damit er sieht, dass sie nichts weiter als ein dummes Kind ist.“ Ich zuckte zusammen, was nicht an der Beleidigung lag, sondern an der Tatsache, dass er meine Identität aufgedeckt hatte. „Ich weiß“, erwiderte der Grauhaarige. Überrascht und geschockt zugleich sah ich ihn an. „Woher?“ Es war nur ein Hauch. Aber er hatte mich dennoch gehört. Halb drehte er sich zu mir um und sah mich an. Ich konnte nicht anders als seinen Blick zu erwidern. Er hielt mich fest.

Doch seine Augen blickten mich weder bedrohlich noch mahnend an. Verständnis blitzte darin auf und ich bildete mir ein, dass sich seine Mundwinkel unter der Maske ein wenig anhoben. Ich kam nicht umhin verwirrt zu sein. Weshalb war dort nichts Feindliches zu erkennen? Ich war eine Diebin, hatte einiges gestohlen. Ein normaler Mensch würde wütend oder mit Ablehnung reagieren oder nicht?

„Später Kleines. Wir werden dir alles erklären. Aber zuerst habe ich hier noch etwas zu erledigen.“ Fest sah er mir in die Augen und ich nickte schwach. Das war mir alles zu viel. Ich war verwirrt, verängstigt und überfordert. Momentan wollte ich einfach nur zurück in meine Höhle im Wald, mich in das weiche Moos legen und schlafen. All das vergessen und mein Leben weiterleben. Als wäre es niemals passiert. Aber die Wahrheit sah anders aus. Um einiges. Ich war aufgeflogen und hatte keine Ahnung was man nun mit mir anstellen würde. Alles drehte sich. Mein Leben würde nicht mehr so sein wie zuvor. Naruto. Was wird passieren, wenn sie es ihm sagen? Ich hielt mir den Kopf. Es war einfach zu viel.

Mühsam um mich abzulenken konzentrierte ich mich wieder auf das Geschehen vor meinen Augen. Kakashi hatte sich inzwischen wieder zu meinem Erzeuger umgedreht. Ich konnte förmlich spüren, wie die Luft zwischen den beiden immer kälter wurde. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte rückwärts um an Abstand zu gewinnen. Auch wenn ich hoffte, dass es zu keinem Kampf kommen würde… Sicher war sicher. Die Augen meines Vaters waren jedoch nicht auf Kakashi, sondern unentwegt auf mich gerichtet. Ein Hass brannte ihn ihnen, sodass ich mir fast sicher war, dass er Kopierninja es ebenfalls gesehen hatte.

„Ich weiß, dass sie deine Tochter ist. Also versuche es nicht zu bestreiten.“ Er wusste es? Aber wie? Alle nahmen doch an, dass ich tot war? Woher also? Hatte er mich etwa beschattet? Mein Vater erwiderte nichts auf diese Aussage. Doch seine Hand verkrampfte sich umso mehr um das Kunai. Er war kurz davor auszubrechen. Ich konnte es spüren. Noch nie war er ein wirklich beherrschter Mensch gewesen. „Also sage mir, weshalb gehst du mit deinem eigenen Kind so um?“ Kakashis Stimme klang ruhig, hatte aber dennoch einen scharfen Unterton.

„Ich bin dir keinerlei Rechenschaft schuldig“, knurrte er. „Außerdem hast du keinerlei Beweise dafür, dass sie meine Tochter ist.“ „Nein, das bist du nicht. Zumindest nicht mir.“ Die Worte ließ er so in der Luft hängen. Wie auch schon, als er aufgetaucht war, klangen sie wie eine Drohung mit einem kleinen Hauch von Triumph.

Ein Geräusch drang an meine Ohren und ich wandte den Kopf in Richtung des nächsten Hausdaches. Dort oben auf dem Sims saßen vier …. Ich blinzelte. Nein. Meine Augen hatten mich noch nie betrogen. ANBU Soldaten. Aber die konnten unmöglich wegen mir hier sein. Mein Blick glitt zu Kakashi. Unsere Blicke kreuzten sich und er schüttelte den Kopf. „Nicht wegen dir“, sagte er leise. Meine Anspannung ließ nach. Aber wenn nicht ich der Grund war, dann…

Ein paar Füße trommelte über den Boden. Hektisch. Mein Vater versuchte tatsächlich davonzulaufen. Wusste er denn nicht, dass es nichts bringen würde? Schneller als ich schauen konnte hatten die vier ANBU ihn umringt und ihm die Waffen abgenommen. „Ich will es wissen. Woher wisst ihr davon?“

Kakashi schüttelte den Kopf. „Wir haben es nicht gewusst, nur vermutet. Danke, dass du soeben gestanden hast.“

Stille.

Geschockt sah Vater den großen Ninja an. Er schien schier überfordert zu sein und ich kam nicht umhin Kakashi Anerkennung entgegenzubringen. Mit einem kleinen, einfachen Trick hatte er es geschafft meinen Vater die Wahrheit gestehen zu lassen ohne, dass dieser sich dessen bewusst war, was er soeben tat. Er hatte ihn in dem Glauben gelassen, sie wüssten bereits, dass ich seine verschwundenen Tochter wäre. Ein kluger Schachzug.

Stumm sah ich zu, wie die ANBU meinen Vater fortbrachten. Er wehrte sich nicht. Und ich fühlte nichts. Weder Triumph, Freude noch Erleichterung. Womöglich lag es auch einfach daran, dass mein Leben gerade ziemlich durcheinander war und ich nun einfach nicht wusste, wohin mit mir. Zögerlich wandte ich mich an Kakashi. „Werde … werde ich nun ins Gefängnis kommen?“ Der Silberhaarige blickte mich mit einem leicht abwesenden Gesichtsausdruck an. „Hmm. Was hast du gesagt?“ Verwirrt sah ich ihn an. „Entschuldige aber ich war gedanklich woanders. Könntest du die Frage noch einmal wiederholen?“ War der immer so drauf? Diese eine Frage kam mir nun doch tatsächlich in den Sinn. Denn irgendwie hatte ich so etwas nicht von ihm erwartet. „Ähm. Ob ich nun ins Gefängnis komme?“ Unsicher blickte ich zu ihm auf. „Wie kommst du denn auf die Idee?“ Nun war ich verwirrt.

„Ich bin eine Diebin und habe viele Jahre lang Essen gestohlen. Eigentlich …“

Kakashi unterbrach mich. „Das mag wohl sein, aber du bist ein Kind. Und außerdem sind deine Diebstähle nichts Gravierendes. Alles war du bisher gestohlen hast war Essen richtig?“ Ich nickte. „So etwas nennt man Mundraub und das ist in Konoha nicht wirklich strafbar. Außerdem bist du noch minderjährig. Und es gibt noch ein paar andere Dinge, die dabei hineinspielen, aber dazu später.“

Schier überrumpelt sah ich ihn an. Keine Bestrafung? Oder wie durfte ich das jetzt verstehen? „Aber was geschieht dann mit mir? Ich werde doch sicher nicht so weiterleben dürfen wie bisher oder?“ Ein Grinsen zeichnete sich unter der Maske meines Gegenübers ab. „Nein. Das auf jeden Fall nicht. Aber sei versichert, der Hokage wird dich sicher nicht weiter auf der Straße leben lassen.“ Der Hokage?

„Ja der Hokage weiß von deiner Existenz, seit du auf Naruto Uzumaki gestoßen bist und hat mich beauftragt, dich ein wenig zu beschatten.“ Er fuhr sich durch die Haare und gab mir einen Augenblick Zeit die neuen Informationen sacken zu lassen. Acht Wochen? Zwei Monate hatte er mich beobachtet und ich hatte nichts davon bemerkt. Was war ich denn für eine Diebin, wenn ich nicht einmal einen Beobachter bemerkten konnte? Ziemlich miserabel. Also meinem Namen machte ich momentan definitiv keine Ehre.

„Jetzt aber Schluss damit. Wir haben schließlich noch einem Termin“, sagte Kakashi.

„Wo?“

„Beim Hokage. Wo denn sonst?“

Nervös stand ich neben Kakashi vor dem Büro des Hokage und zupfte an meinem dreckigen Shirt herum. Auch mein Körper starrte nur so vor Schmutz und Dreck. Ich könnte echt mal wieder ein Bad vertragen. Da wollte ich gar nicht wissen wie ich roch. Das war alles dem Kampf in der Gasse zu verdanken. Aber eigentlich war das Nebensache. Stattdessen sollte ich mich darauf konzentrieren, was nun auf mich zukam.

„Toller Geburtstag“, knurrte ich leise.

Aber Kakashi hatte es natürlich gehört und sah mich an. „Geburtstag? Dein dreizehnter oder?“
Ich nickte leicht in der Erwartung, dass das Thema nun für den grauhaarigen beendet war.
„Na, wenn das so ist … alles Gute.“ Freundlich sah er mich an. „Öhm … danke“, sagte ich überrumpelt.

„Ja, da hat sich dein Vater einen wirklich unschönen Zeitpunkt ausgesucht. Aber nun wird er ja nicht mehr ein Problem für dich darstellen.“ Ich blieb erneut stumm und nickte nur. Momentan war ich einfach zu verwirrt, als dass ich halbwegs vernünftige Antworten geben konnte. Natürlich war ich erleichtert, dass er mir nun nichts mehr tun würde, aber dennoch, ich würde Zeit brauchen um das Geschehene zu verarbeiten.

„Du redest nicht sehr viel, was?“

Erneut spürte ich Kakashis Blick auf mir.
„Kommt auf die Situation an. Momentan ist es mir einfach zu viel auf einmal.“ Meine Augen hefteten sich an meine Zehenspitzen. „Verstehe.“

Ein Klirren war zu hören, gefolgt von einem lauten Fluchen und ich trat abrupt einen Schritt von der Bürotür zurück. Was war denn das gewesen? Auch Kakashi spannte sich an. „Warum sollte ich mich denn bei dem entschuldigen, wenn es doch der Wahrheit entspricht? Das sehe ich nicht ein“, erklang die erregte Stimme eines Jungen. Ich kannte diese Stimme, aber woher? „Nun sei doch vernünftig. Wirklich der Hokage hat noch anderes zu tun, als sich mit eurer Prügelei aufzuhalten. Jetzt entschuldige dich bei ihm“, erklang eine mir vertraute Stimme.

War das etwa Sensei Iruka? Aber weshalb war er hier? Wegen einer kleinen Prügelei zweier Kinder? Nein, wenn er damit zum Hokage ging, musste weit mehr dahinterstecken. „Jetzt krieg dich mal ein. Es war ein Versehen klar? Ich wollte deiner blöden Töle nicht auf den Schwanz steigen. Ehrlich.“ Naruto? Töle? Moment mal. Dann war der andere doch… „Wie hast du Akamaru eben genannt? Dir werd ich’s zeigen.“ Akamaru. Hund. Von wem war er doch gleich der ständige Begleiter?

„Kiba. Jetzt reiß dich zusammen. Ich bin hier doch nicht im Kindergarten. Wenn das so weiter geht versetze ich euch zwei auch auf Zeit dahin zurück.“

Stille.

Das hatte anscheinend geholfen. Kakashi schüttelte neben mir schon fast verzweifelt den Kopf. „Nicht schon wieder.“ Verwirrt sah ich zu ihm auf. „Das ist nun schon, das zweite Mal, dass die beiden aneinandergeraten sind. Aber diesmal ist es anscheinend ausgeartet.“

„Aber weswegen?“, fragte ich. „Nun das erste Mal war wegen dir.“ Wegen mir? Ich wollte schon den Mund aufmachen um ihn zu fragen, als er fortfuhr. „Mehr weiß ich leider auch nicht. Lass dir das am besten von Naruto erklären.“ Na besten Dank. Erst machte er mich neugierig und dann wusste er es selbst nicht so genau.

Mit einem Mal wurde die Tür aufgerissen und ein wütender Junge mit kurzen braunen Haaren, zwei roten Streifen auf den Wangen und kleinen, angriffslustig funkelnden schwarzen Augen, stürmte heraus. Ich entdeckte einen kleinen, weißen Hund, der neben ihm herlief und wusste sofort, dass es sich um niemand anderen, als Kiba Inuzuka handeln musste.

Der hatte sich wirklich kein bisschen verändert, wenn man von seiner Stimme absah. Als er jedoch mich und Kakashi entdeckte, blieb er stocksteif stehen. Die Wut verblasste und machte einem seltsamen Triumph Platz. Dann drehte er sich zu dem großen braunhaarigen Ninja um, welcher ihm durch die Tür gefolgt war. „Das ist der Junge, den ich mit Naruto im Dorf gesehen habe.“ Junge? Hielt der mich für einen Jungen? Irgendwie freute ich mich darüber. Ein Grinsen bildete sich auf meinen Lippen.

„Tut mir leid dich zu enttäuschen, aber ich bin kein Junge.“ Kiba sah mich verdattert an und ich genoss den verwirrten Gesichtsausdruck. Zumal man den wirklich nicht oft bei ihm zu sehen bekam.

„Was machst du denn hier? Haben sie dich erwischt? Wie siehst du denn aus? Was sind das für Male an deinem Hals?“ Naruto war so plötzlich vor mir aufgetaucht, dass ich ihn gar nicht hatte kommen sehen. Ich wich einen Schritt zurück. Das war eindeutig eine Situation, vor der ich mich sehr gefürchtet hatte. „Kann ich es dir später erklären“, fragte ich ihn leise. „Warum denn nicht gleich hier? Ich würde nämlich auch gerne hören, was sie zu sagen hat“, sagte Kiba und bedachte mich mit einem Grinsen, das mir ganz und gar nicht gefiel.

Mein Blick fiel auf Sensei Iruka, der stocksteif hinter Naruto stehengeblieben war. Er war totenbleich im Gesicht. „Tora?“, fragte er verwirrt. Oh nein.

Auch Kiba schien es nun geschnallt zu haben und betrachtete mich erneut gründlich. Dann schnupperte er und zog ein wenig die Nase kraus. „Du stinkst zwar ziemlich, aber deinen Geruch kenn ich. Zwar weiß ich nicht von wo…“ Überlegend sah er mich an. Ich wusste nicht was ich sagen, geschweige denn, wie ich handeln sollte. Diese Situation überforderte mich komplett. Hier standen mein ehemaliger Sensei, ein Klassenkamerad und Naruto vor mir. Die ersten Beiden hatten mich drei Jahre nicht mehr gesehen und mich für tot gehalten. Und dem dritten, den ich Freund nannte, hatte ich mein größtes Geheimnis aus eigener Feigheit nicht anvertraut. Ein leichtes Zittern durchfuhr meinen Körper.

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie ein wenig. Kakashi. In diesem Moment war ich dem Kopierninja wirklich dankbar dafür, dass er meine Verzweiflung spürte und mir den entscheidenden Halt gab. Ich wusste nicht, was ich andernfalls getan hätte. Es tat gut zu wissen, dass es jemanden gab, der mir die nötige Kraft schenkte.

„Weitere Fragen, könnt ihr nach dem Wochenende klären.“ Eine tiefe, raue Stimme durchbrach die herrschende Stille und alle wandten sich zu einem grauhaarigen Mann mit rotweißen Mantel um. Den Yondaime Hokage, Hiruzen Sarutobi.

Prüfend sah dieser in die Runde. Als niemand ein Wort zu sagen wagte, räusperte er sich. „Iruka. Bitte begleite Kiba und Naruto doch nach Hause.“ Als mein ehemaliger Sensei widersprechen wollte, winkte der Hokage ab. „Ich werde es dir noch erklären. Komm danach wieder zum Büro zurück.“ Angesprochener nickte und zog Kiba und Naruto mit sich. Der braunhaarige Inuzuka protestierte zwar lautstark, aber das schien den Chunin nicht im Geringsten zu stören. Naruto dagegen blieb ungewöhnlich still und sah mich aus seinen tiefblauen Augen ernst an. Ahnte er etwas? Unabhängig davon musste ich es ihm so bald wie möglich sagen. Bei diesem Gedanken krampfte sich mein Magen unweigerlich zusammen.

Als die Beiden um die Ecke waren atmete der Hokage hörbar auf. „Gut, das wäre dann geklärt.“ Seine braunen Augen lagen mit einem beinahe sanftmütigen Ausdruck auf mir. „So Tora. Endlich begegne ich auch einmal der Unfassbaren.“ Ich zuckte zusammen, als er meinen „Titel“ aussprach. „Ich gebe zu, dass ich bis vor zwei Monaten noch nicht erwartet hätte, dass sich hinter diesem Namen ein junges Mädchen im zarten Alter von dreizehn Jahren verbirgt. Ich gebe auch zu, dass ich Kakashi beauftragt habe, dich zu beschatten.“

Also doch.

„Aber nicht mit irgendeiner böswilligen Absicht. Nein. Dein Anblick erinnerte mich an ein Mädchen, das vor drei Jahren spurlos aus unserem Dorf verschwunden war. Und dessen Vater behauptete, er wüsste nicht, weshalb es fortgelaufen sei. Eigentlich hätte es mich schon damals stutzig machen sollen.“ Er gönnte sich eine kurze Pause, bevor er weitersprach. „Aber nun gut. Das ist vergangen. Schon seit gegebener Zeit beobachte ich Naruto Uzumaki, da dieser, wie du sich weißt, dazu neigt, Unsinn zu machen.“

Ich nickte. Aber das hatte auch einen Grund. Und ich war sicher, dass der Hokage, diesen auch kannte. Nur, dass er nicht wirklich etwas dagegen unternehmen konnte.

„Dadurch habe ich auch von dir erfahren“, endete er.

Ich schwieg. Unzählige Gedanken bevölkerten meinen Kopf. Schwirrten darin herum wie lästige Fliegen. Aber am meisten beschäftigte mich eine einzige Frage.

„Du fragst dich sicherlich, was nun mit dir passieren wird, da du ja in den vergangenen Jahren einiges gestohlen hast.“ Schweigend nickte ich. Jetzt kam sie. Die Situation, die ich nie haben wollte.

„Nun, mein Kind. Was würdest du davon halten, ein Ninja zu werden und deine Fähigkeiten zum Wohl von Konoha einzusetzen?“

Ich erstarrte.

„Was?“

Unfähig einen gerade Satz herauszubringen, starrte ich den Hokage an. Der wollte mich doch auf den Arm nehmen oder? Das war nur ein Scherz. Weshalb sollte er mir das anbieten? „Ist … das ihr Ernst?“, stammelte ich. Der Hokage lächelte. „Aber sicher. Mädchen, du hast viel durchmachen müssen und ich verstehe auch, dass du deswegen etwas misstrauisch bist. Doch du kannst unbesorgt sein, ich habe nicht die geringste Absicht dir schaden zu wollen. Im Gegenteil.“ Stocksteif stand ich da und starrte ihn an. Meine Beine fühlten sich inzwischen wie Wackelpudding an. Stimmte es? Wollte er mir wirklich helfen?

„Aber … ich habe einiges gestohlen, wie soll ich das wieder gutmachen?“ Ein sanfter Ausdruck bildete sich auf seinen Zügen. „Das lass einmal meine Sorge sein.“

„Wie lautet deine Entscheidung Tora?“, fragte nun auch Kakashi. „Die ganze Zeit, in der ich alleine gelebt habe, hatte ich nur einen Wunsch, bei dem ich mir sicher war, dass er sich nie erfüllen würde. Ich wollte eine Ninja Kriegerin werden und für all das was mir wichtig ist kämpfen. Meine Entscheidung lautet also … ja.“ Der Hokage nickte. „Gut, dann …“

Doch er wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. „Herein.“ Sensei Iruka stürmte in den Raum. Seine Haare waren zerzaust und standen nach allen Seiten vom Kopf ab. Eigentlich ein lustiger Anblick, wenn für mich die Situation nicht so Ernst gewesen wäre. Ich würde ein Ninja werden können. Erst jetzt begriff ich so richtig, wofür ich mich soeben entschieden hatte. Unbändige Freude durchfuhr mich. Mein Traum würde doch noch wahr werden. Und ehe ich mich versah, war ich nach vorne gestürmt und hatte den Hokage umarmt.

Überrumpelt, stolperte dieser einen Schritt nach hinten, fing sich jedoch sogleich wieder. Tränen der Freude rannen mein Gesicht hinunter und benetzten den Stoff seines Gewandes. „Danke“, sagte ich und trat zurück. Es herrschte Stille im Raum. Alle starrten mich an. „Entschuldigt, es hat mich einfach nur unglaublich glücklich gemacht, zu wissen, dass sich mein Traum doch noch erfüllen kann“, erklärte ich und wischte die Tränen fort. Lächelnd sah mich der Hokage an. „Wofür denn entschuldigen? Es freut mich, dass ich dir helfen konnte.“

Dann räusperte er sich. „Iruka. Gut, dass du da bist. Sicherlich wirst du einige Fragen haben, was Tora anbelangt. Ich sage dir schon einmal so viel: Ihr Vater hat uns vor drei Jahren alle belogen. Er selbst war daran schuld, dass sie fortgerannt ist. Nun, fragst du dich bestimmt, wie es die liebe Tora so lange geschafft hat, zu überleben und dabei ungesehen zu bleiben.“ Auffordernd sah er mich an. Ich schluckte. Also war ich diejenige, die es ihm sagen musste. „Ich bin die Unfassbare.“ Meine Stimme klang heiser in den Ohren.

Sensei Iruka schien überrumpelt. „Das … das glaube ich nicht. Wie willst du … ungesehen.“ Fast ein wenig gekränkt sah ich ihn an. „Ich habe ein spezielles Kekkei Genkai, das mir dies möglich gemacht hat. Das ist der Grund, weshalb mich niemand finden konnte.“ Ich atmete tief ein. Jetzt würden sie es alle wissen. Mein Geheimnis. Es selbst sehen. „Jutsu der Unsichtbarkeit.“

Beinahe schon genoss ich die Blicke, als sich mein Körper vor den anderen auflöste. „Das ist unglaublich. Eine solche Fähigkeit, wäre dir im Kampf von großem Nutzen“, sagte Kakashi, der als erster seine Stimme wiedergefunden hatte. „Das stimmt wohl, aber dennoch musste auch ich mich erst einmal damit zurechtfinden. Die Koordination fiel mir besonders schwer, denn ich konnte zwar fühlen, aber nicht sehen, wo, an welcher Stelle sich meine Arme und Beine befanden. Erst ganz langsam habe ich es mir beibringen können.“

Schließlich löste ich das Jutsu und machte mich somit wieder für alle sichtbar. Der Teil war schon einmal geschafft. Schließlich räusperte sich der Hokage. „Gut. Fahren wir fort.“ Sein Blick wandte sich nun wieder direkt mir zu. „Du wirst nach dem Wochenende wie jeder andere Schüler auch auf die Akademie gehen. Iruka. Du wirst erneut ihr Sensei sein.“ Angesprochener nickte zustimmend. „Das heißt, du wirst auch wieder mit Naruto in eine Klasse gehen. Ich bin sicher, dass dies euch beiden sehr gut tun wird.“ Ich lächelte. Ja allerdings.

„Aber es ist so, dass du in all den Jahren einiges an Lehrstoff verpasst hast, deswegen, werde ich dir einen Nachhilfelehrer zur Seite stellen…“

„Das ist nicht nötig“, sagte ich. Verwunderung blitzte in den Augen der anderen auf. Ich unterdrückte ein Grinsen. Wenn die wüssten. „Ich habe am Großteil des Unterrichts teilgenommen.“

Iruka hob verwirrt den Kopf. „Wie darf ich das verstehen?“ „Nun ja…“ Jetzt konnte ich das Grinsen wirklich nicht mehr unterdrücken.

„Vor ihrem Klassenzimmer steht ein sehr hoher Baum Sensei. Und ich habe mich oft darauf gesetzt und unsichtbar Ihrem Unterricht gelauscht. Nur musste ich dabei wirklich aufpassen, dass Kiba mich nicht riechen konnte, wegen seines starken Geruchsinns. Und parallel dazu auch noch auf Hinatas Byakugan achten.“

Erwartungsvoll blickte ich die drei Männer an. Iruka konnte nicht so richtig glauben was er hörte. Kakashis Gesichtsausdruck konnte ich nicht lesen und der Hokage wirkte beinahe interessiert. „Soso. Wirklich interessant, was du alles beachtet hast und gleichzeitig in der Lage warst dich nicht zu verraten. Das sind wirklich sehr gute Fähigkeiten“, sagte Hiruzen Sarutobi. „Dann hätte sich die Frage mit dem Lehrer wohl geklärt. Ich werde dir jemanden zuweisen, der dir helfen wird, deine praktischen Fähigkeiten zu verbessern. Geh morgen gegen Mittag auf den Trainingsplatz, denn dort wird dein zukünftiger Mentor auf dich warten.“ Ich nickte überrumpelt und aufgeregt zugleich.

Der Hokage atmete aus. „Gut, dann müssen wir uns nur noch darum kümmern, wo du heute Nacht und dann auch demnächst schlafen kannst. Ich denke nicht, dass sich für heute noch etwas finden wird. Denn es ist schon ziemlich spät.“ Er hatte Recht. Inzwischen war es außen schon stockfinster geworden. Es war mindestens schon acht Uhr abends. Wie doch die Zeit verging.

Mit einem Mal wurde die Tür aufgerissen und ein blonder Wirbelwind stürzte herein. Ich kam nicht umhin Naruto verblüfft anzusehen. Nie hätte ich gedacht, dass er um diese Uhrzeit hier noch einmal aufkreuzen würde. Schnellen Schrittes kam der Uzumaki auf mich zugelaufen. Seinen Sensei und die anderen Beiden völlig außer Acht lassend. Verdammt.

„So Tora. Es ist mir jetzt vollkommen egal, was hier läuft und die alle hier machen, aber ich will eine Antwort hören. Und zwar jetzt!“

Erschrocken stolperte ich einen Schritt zurück. Der Ausdruck in seinem Gesicht verletzte mich. Aber ich hatte es nicht anders verdient. Viel zu lange hatte ich mein Geheimnis vor ihm geheim gehalten. „Ähm Naruto.“ Der Blonde zog die Augen zu Schlitzen zusammen und schielte an mir vorbei in Richtung des Hokage. Die Unterbrechung schien ihm ganz und gar nicht zu passen. „Könntest du Tora vielleicht heute Nacht bei dir schlafen lassen?“ Jetzt entgleisten dem Blonden schließlich alle Gesichtszüge. „Wo-Woher wisst ihr Toras Namen und warum soll sie bei mir schlafen? Ich meine klar kann sie das aber ich versteh nicht…“ Sensei Iruka unterbrach sein verwirrtes Gestotter.

„Ich denke, das kann sie dir später selbst erklären. Es ist nur wichtig, dass sie für diese Nacht ein Dach über dem Kopf hat, bevor wir für sie eine Wohnung suchen.“

„W-Wohnung?“

Oh je. Der war komplett verwirrt. Ja ich konnte es definitiv nachvollziehen, hatte ich mich doch heute des Öfteren in solch einer Situation wiedergefunden.

„Ich würde sagen, für heute ist es genug. Tora, geh du mit zu Naruto und bleib die Nacht über bei ihm. Es wäre vielleicht auch besser, wenn du ihm die Wahrheit sagst.“ Ich nickte und hoffte, dass der Uzumaki mir verzeihen würde, was ich ihm vorenthalten hatte. „Ja das wird sie machen“, sagte Naruto mit einem Blick in meine Richtung, unter dem ich zusammenzuckte. Da hatte ich mir wirklich etwas eingebrockt.

„Gute Nacht“, sagte er, packte meinen Arm und zog mich aus dem Raum.

„Wo ist er denn nur? Ich könnte schwören, dass …“

Ich lehnte an dem Geländer vor Narutos Wohnung und beobachtete aufmerksam den Blonden, welcher verzweifelt in seinen Hosentaschen nach dem Schlüssel suchte. Die Anspannung vor dem kommenden drohte beinahe mich zu erdrücken. In den nächsten Minuten würde er mich mit unzähligen Fragen durchlöchern und ich war mehr als nur unvorbereitet. „Hier ist er ja, wusste ichs doch.“ Beinahe schon triumphierend hielt er einen kleinen silbernen Schlüssel in die Höhe. Eilig und mit leicht zittrigen Fingern sperrte er auf und zog mich beinahe schon in seine Wohnung.

Als ich sie betrat, sperrte er die Tür wieder hinter mir ab. „Damit niemand auf die Idee kommt uns einen Überraschungsbesuch abzustatten“, murmelte er, mehr zu sich selbst, als zu mir. Schnurstracks lief der Blonde an mir vorbei, fegte mit seinem rechten Fuß noch eine am Boden herumliegende Packung Chips aus dem Weg und drehte sich zu mir um. „Setz dich“, sagte er und verwies auf einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Geradezu perfekt für eine Unterhaltung auf meinerseits nicht ganz freiwilliger Basis. Erleichtert ließ ich mich auf einem der Stühle nieder. Endlich konnte ich wieder hocken. Die letzten paar Stunden war ich nur gestanden und erst jetzt fühlte ich, wie sehr meine Beine schmerzten.

Ein Räuspern erklang. „Ich warte Tora.“ Oh Mann. Auf einmal kam Naruto mir furchtbar erwachsen vor. So wie er mich gerade ansah mit einem Hauch von Strenge im Gesicht. Das kannte ich so gar nicht von ihm. Ich seufzte. Gut, wahrscheinlich würde ich mit der Tür ins Haus fallen müssen, damit er mir seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. „Gut. Du willst die Wahrheit hören Naruto.“ Prüfend sah ich ihn an, doch er musterte mich nur unentwegt. Nicht mehr lange. „Ich bin die Unfassbare.“

Stille.

Ich konnte förmlich sehen, wie meinem Gegenüber die Gesichtszüge entglitten. Mit einem Mal erinnerte mich dieser Ausdruck schrecklich an den von Sensei Iruka, als er es erfahren hatte. Also sozusagen auch erst vor kurzem. Ein kleines Grinsen bahnte sich auf meine Lippen. Damit hatte er nicht gerechnet.

„Warum hast du es mir nicht gesagt?“

Enttäuschung und Verwirrung schwangen in seiner Stimme mit. Ich schluckte. Dies war eine Frage, mit der ich tatsächlich gerechnet hatte. Doch die passende Antwort war schwer zu formulieren.

„Ich versuche es zu erklären ja? Zwei Jahre habe ich auf der Straße gelebt. Viel habe ich gestohlen und mir somit auch einen Namen gemacht. Ich bin immer unerkannt geblieben. Niemand wusste, wie alt ich war, noch war mein Aussehen bekannt.“

Ich räusperte mich.

„Und dann habe ich dich getroffen. In dem Moment, wo du mich entdeckt hattest, war ich der Angst ausgesetzt, dass du mich tatsächlich für die Unfassbare halten könntest. Doch so war es nicht. Stattdessen hast du in mir das Mädchen gesehen, das früher einst in deine Klasse ging. Und genauso sehr wie du habe ich mir in diesem Moment jemanden an meiner Seite gewünscht. Zwei Jahre lang war ich allein gewesen, hatte niemanden zum Reden gehabt. Aber …“ Naruto unterbrach mich.

„Du hast mir nicht vertraut.“ Ich schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht und das weißt du auch.“
Der Blonde verzog das Gesicht. „Versteh doch ich war eine gesuchte Diebin. Und ich wusste nicht, wie du auf diese Nachricht, reagieren würdest. Ich fürchtete einen neugefundenen Freund zu verlieren und hinterher noch von der ANBU erwischt zu werden.“

Vorsichtig sah ich zu Naruto, in der Erwartung, er würde meine Worte anzweifeln, doch der Blonde schien in Gedanken versunken zu sein. „Ja ich versteh dich“, sagte er und lächelte vorsichtig. „Es tut mir leid, dass ich so harsch zu dir war, aber ich habe einfach die Welt nicht mehr verstanden.“ Ich nickte. „Ist doch auch nachvollziehbar.“

Anschließend berichtete ich ihm noch davon, warum ich eben im Büro des Hokage gestanden hatte. An der Stelle, als ich von dem Kampf erzählte, sprang Naruto auf. „Dem hast du es aber gegeben. Ehrlich ich bin so froh, dass du dich behauptet hast und er jetzt auf ewig im Gefängnis hockt.“ Seine Augen glänzten, doch dann tauchte ein fragender Ausdruck in ihnen auf.

„Aber … was passiert dann mit dir? Ich meine, die tun dir doch nichts oder?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein das nicht aber …“ Gespielt traurig sah ich zu Boden.

„Aber was?“, besorgt musterte er mich.

„Ich darf mit dir auf die Akademie gehen, ist das nicht super?“, strahlte ich ihn an.

Naruto war baff. Und zwar ziemlich. Das schien ihn fast noch mehr umzuhauen, als die Offenbarung, dass ich die Unfassbare war. „Echt jetzt? Dein Ernst?“ Ich nickte lächelnd.

„Das ist der Hammer! Ich glaubs nicht, echt jetzt.“ Schneller als ich gucken konnte, hatte er den Tisch umrundet und mich umarmt. „Das ist supercool. Mensch, mit dir werden die vielen Stunden im Unterricht bestimmt viel interessanter.“ Ich grinste in seine Schulter hinein. Ja, und vielleicht würde das ihn auch davon abhalten so viel Unruhe zu stiften.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über die kommenden Schulwochen und auch über die bald anstehende Abschlussprüfung. Ich versprach ihm ganz fest, ihn dabei zu unterstützen, sodass er diese auch gewiss bestehen konnte. Eine erneute Umarmung und ein noch breiter strahlender Naruto waren die Folge daraus gewesen.

Kurz vor Mitternacht legten wir uns beide Schlafen. Naruto hatte extra für mich die Couch freigeräumt und mir Kopfkissen und Decke bereitgelegt. Nach einem kurzen gegenseiteigen „Gute Nacht“, bewegte sich der Uzumaki Richtung Bett und ich mich gen Couch.

Es war ziemlich ungewohnt nach so langer Zeit wieder auf einem weichen Untergrund zu schlafen, aber ich würde mich sicherlich noch daran gewöhnen. Zufrieden kuschelte ich mich in die Decke und schlief schließlich ein.

Ich lief einen langen, dunklen Gang entlang. Vereinzelt spendeten ein paar Lampen Licht. Schatten tanzten an den Wänden, unheilvoll und bedrohlich. Sie schienen mich zu verfolgen. Meine Schritte wurden immer schneller. Ich wollte hier weg. Fühlte mich bedroht und beengt von dieser unheimlichen Stille. Ein Zittern erfüllte meinen Körper. Es war kalt, eiskalt. Doch war es nur die Kälte, die mich zittern ließ, oder aber auch etwas anderes.

Meine Arme schlangen sich um den Oberkörper und ich sah mich hektisch um. Hier musste es doch irgendwo einen Ausgang geben. Ich musste hier raus, sonst würde ich vermutlich noch den Verstand verlieren. Ein Geräusch ließ mich auffahren. Schritte. Schritte erklangen im Gang. Jedoch nicht leichtfüßig, sondern lautstark und kraftvoll. Immer schneller leiteten mich meine Beine. Ich wollte nur fort von hier. Ganz gleich wer dort war, er hatte bestimmt keine guten Absichten.

„Kleine Mörderin.“ Ich erstarrte in meiner Bewegung. Nein, nicht er.

Mich ruckartig aus der Starre lösend, rannte ich den schmalen Gang entlang, aber dennoch fühlte es sich an, als würde ich nicht von der Stelle kommen. Ich spürte, dass ER aufholte. Immer näher kam.

Unkontrolliert begann mein Körper zu zittern. „Du wirst sehen, dass es nichts bringt fortzulaufen und nun, wirst du dafür büßen.“ Mein Herz galoppierte vor Angst, als ich seinen Atem hörte. Er war fast bei mir. Doch noch immer rannte ich, setzte einen Fuß vor den anderen, wollte nicht aufgeben. Doch mitten in der Bewegung trat ich auf etwas Glattes. Mit dem Rücken voran knallte ich auf den harten Steinboden. Ein scharfer Schmerz schoss mein Rückgrat hinauf und ich zog heftig die Luft ein.

„Ich sagte doch es bringt nichts.“

Ich erzitterte unter dem unheimlich tadelnden Tonfall und versuchte fortzurobben. Doch es ging nicht. Kein Glied konnte ich bewegen. Und dann schoss ein heftiger Schmerz durch meinen Rücken. Er brannte wie aus tausenden von kleinen Wunden.

Und ich begann zu schreien.

Wie aus dem Nichts schoss eine Hand hervor, zerrte an meinem Arm und ruckartig öffnete ich meine Augen. Panisch sah ich mich um. Der düstere Gang und mein Vater waren verschwunden. Stattdessen saß ich auf einem Sofa in einer kleinen Wohnung. Eine erneute Schmerzenswelle überkam mich und ich krallte meine Finger in das Leder der Couch. Mein Rücken, er brannte wie Feuer. Die Narben, welche von den grausamen Taten meines Vaters zeugten, waren nie wirklich verheilt. „Tora! Tora was ist los?“ Verschwommen konnte ich Narutos Gesicht vor mir erkennen. Ich presste die Lippen aufeinander um einen erneuten Schmerzensschrei zu unterdrücken. Fest biss ich mir auf die Lippe, sodass sie zu bluten begann. Es sollte aufhören. „M-Mein Rücken“, brachte ich hervor.

Naruto reagierte blitzschnell. Er schob meinen Pullover hoch und legte meinen Rücken bis zu den Schultern frei. Durch all den Schmerz hindurch konnte ich vernehmen, wie er scharf die Luft einzog. „Tora. Was hat dein Vater dir angetan? Ich … ich muss Hilfe holen.“ Ruckartig stand er auf und eilte aus dem Raum. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als er zurückkehrt. Ich konnte nicht direkt erkennen, was er bei sich trug, da mein Blick zu verschleiert war. Etwas Kühles legte sich auf meinen Rücken und dämpfte den Schmerz. Dankbar seufzte ich auf. „Ich bin gleich zurück Tora. Beweg dich nicht vom Fleck.“ Ich knurrte leise. Als ob.

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Naruto Sicht:

Hastig rannte ich durch die Gassen des Dorfes. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich eigentlich gehen sollte oder zu wem. Wer wusste alles von Tora? Der Hokage, der komische grauhaarige und Sensei Iruka… Genau. Ich musste zu meinem Sensei. Der kannte Tora ja auch noch von früher. Vielleicht wusste er was zu tun war. Auf dem Absatz machte ich kehrt und rannte den Weg zurück.

Schwer atmend klopfte ich an der Tür meines Sensei. Es ging um Tora. Mir egal was der mir am Montag für eine Arbeit aufbrummen würde, aber ich konnte nicht zulassen, dass ihr was passierte. Meiner einzigen Freundin. „Verdammt Sensei. Es ist dringend“, rief ich ungeduldig. Jede Sekunde zählte. Ich wusste zwar nicht genau, um was es sich auf ihrem Rücken gehandelt hatte, aber es hatte echt gefährlich ausgesehen.

„Was schreist du so Naruto? Es ist mitten in der Nacht?“ Ich kam nicht drum herum erleichtert aufzuseufzen, als er mir schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit die Tür öffnete. Leicht verärgert war noch untertrieben, so wie der mich ansah. Aber als er meinen Blick bemerkte, wandelte sich der Ausdruck in seinem Gesicht. „Ist was passiert Naruto?“ Blöde Frage. Natürlich. Oder glaubte der etwa ich würde einfach mal so mitten in der Nacht meinen Sensei aus dem Schlaf reißen. Könnte ich theoretisch schon aber so lebensmüde war ich dann auch wieder nicht. „Naruto?“, besorgt musterte er mich und erinnerte mein Hirn daran, weshalb ich eigentlich vor seiner Haustür stand. „Es geht um Tora.“ Sofort war er in Alarmbereitschaft. „Etwas stimmt mit ihrem Rücken nicht. Er ist ganz rot und mit ganz vielen Wunden übersäht. Und sie hat Schmerzen ohne Ende …“ Mein Sensei unterbrach mich. „Ich bin gleich da Naruto.“ Krach. Die Tür war zugeflogen und wieder stand ich allein. Was der unter gleich verstand, würde ich GLEICH herausfinden. Aber gleich musste schnell sein.

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Tora Sicht:

Meine Hände verkrampften sich um die Decke. Zu viel Schmerz. Was war das bloß? Die Wunden waren zwar nie wirklich verheilt, aber einen solchen Schmerz hatte ich noch nie zuvor verspürt. War das etwa …

„Dort liegt sie!“ Ich vernahm das Quietschen einer Tür und hektische Schritte. Jemand hob vorsichtig meinen Kopf an. „Tora. Ich bin es Sensei Iruka. Wir bringen dich sofort ins Krankenhaus. Du musst behandelt werden.“ Ruckartig war ich wach. Nein! Nur nicht ins Krankenhaus. Bloß nicht. Was wenn die Ärzte wussten, wer ich war? Würden sie mir dann überhaupt helfen wollen? Instinktiv wehrte ich die Hände ab und versuchte auf die Beine zu kommen. „Tora! Bist du des Wahnsinns? Was soll das“, hörte ich Narutos wütende Stimme durch den Nebel des Schmerzes und der Panik hindurch. Ich musste hier weg. „Jutsu der …“ Doch eine Stimme unterbrach mich. „Das tut mir jetzt wirklich leid, aber es muss sein.“ Dann spürte ich einen kurzen Schmerz am Hals und alles wurde dunkel.

Leises Klappern drang an meine Ohren. „Geh … schlafen … passe … auf.“ Sachte wurde eine Tür geschlossen. Langsam wurden meine Sinne schärfer. Ich spürte einen kühlen Wind, der mir über die Haut strich. Gedämpft drangen Stimmen an meine Ohren. Der Geruch von Suppe wehte an meiner Nase vorbei. Genießerisch sog ich ihn ein. Wie roch das gut.

„Na, wach?“, fragte eine leise Stimme rechts neben mir und ich zuckte zusammen. Vorsichtig öffnete ich meine Lider. Erst verschwommen, doch dann ganz klar konnte ich meine Umgebung erkennen. Ich befand mich in einem Krankenhaus. Keine Frage. Zimmer und Bett rochen nach diesen ganzen Mitteln, deren Namen ich kannte. Und neben mir auf einem Stuhl saß niemand anderes als Kakashi. Die Nase in einem Buch versenkt. Neugierig rückte ich ein wenig näher um den Titel erkennen zu können. Doch bevor ich den ersten Buchstaben lesen konnte, hatte er es beiseitegelegt und sah mich aufmerksam an.

„Du hast uns allen einen ziemlichen Schreck eingejagt, Kleines“, sagte er. „Hm“, machte ich nur, da ich keine Ahnung hatte was ich darauf erwidern sollte. Kleines. War das jetzt etwa mein Spitzname bei ihm? Sehr motivierend, bei meiner Körpergröße. Ich war schon wieder viel zu negativ. Vorsichtig tastete ich unter das Krankenhaushemd und erfühlte einen Verband, welcher sich um meinen gesamten Oberkörper spannte. Meine Hand zuckte zurück.

Die Erinnerungen an die vergangene Nacht brachen mit einem Mal über mich herein. Diese furchtbaren Schmerzen auf meinem Rücken. Als hätte man ihn angezündet. Mein Körper begann zu zittern. „Hast du Schmerzen?“ Aufmerksam und zugleich ein wenig besorgt, wurde ich von Kakashi gemustert. Ich schüttelte den Kopf. „Erinnerungen an die Nacht“, sagte ich leise. Der grauhaarige nickte verstehend. „Ich versteh schon. So etwas ist gewiss nicht einfach. Wir sind uns selbst noch nicht sicher worum es sich auf deinem Rücken handelt.“ Er schwieg.

„Aber ich“, brach es aus mir hervor und erschrocken hielt ich mir die Hand vor den Mund. Überrascht sah er mich an. „A-Also zumindest glaube ich es“, fügte ich unsicher hinzu. „Das ist egal. Sag, was du vermutest“, ermunterte er mich.

„Diese Verletzungen trage ich schon sehr lange auf meinem Rücken. Schon seit ich von daheim geflohen bin. Ich denke sie können es sich selbst denken, von was sie stammen“, sagte ich leise und Kakashi nickte bestätigend. Ich war erleichtert, als er mich eher verstehend als mitleidig ansah. Denn ich hasste letzteres wie die Pest. Niemand wollte, oder brauchte Mitleid.

„In all der Zeit sind diese Wunden nie wirklich verheilt, aber aufgeplatzt sind sie auch nur an jenem Abend, als ich fortlief. Und selbst da, war es nicht so schlimm. Ich denke, dass mein Vater etwas damit zu tun haben könnte.“

„Wie meinst du das?“

„Er hat früher gerne herumexperimentiert. Mit den Jutsus. Hat versucht sie miteinander zu kombinieren und neue zu erschaffen“, erwiderte ich zittrig. Die Erinnerung daran ließ Dinge hochkommen, die ich hatte vergessen wollen.

„Du denkst hierbei handelt es sich um eines seiner Jutsus?“, fragte Kakashi mit grimmiger Miene.

„Genau.“

Gelangweilt lag ich im Krankenbett und starrte die weiße Decke an. Heute Abend würde ich gehen dürfen, wenn es keine weiteren Zwischenfälle mehr geben würde. Warum erst in ein paar Stunden? Ich wusste, dass die Medic-Nin kein Risiko eingehen wollten, aber dennoch. Es war gerade einmal Mittag. Oh Mann. Jetzt hätte ich eigentlich die erste Trainingseinheit mit dem neuen Sensei, den der Hokage mir zuteilen wollte. Die würde nun wohl ins Wasser fallen. Kakashi hatte mir erzählt, dass Naruto die ganze Nacht bei mir geblieben war. Kurz vor meinem Aufwachen hatte er ihn heimgeschickt. Noch immer berührte mich die Tatsache, dass der blonde Chaot mehrere Stunden neben mir ausgeharrt hatte. Und das obwohl er doch eigentlich viel Wert auf Schlaf legte. So stark konnte Freundschaft sein. Und ich war einfach nur dankbar dafür.

Ich sah aus dem Fenster. Kakashi hatte es, bevor er gegangen war, geöffnet. Damit ich laut ihm auch etwas frische Luft abbekam. Die täte mir ganz gut. Was auch immer er damit meinte. Er war schon irgendwie komisch, aber gleichzeitig auch richtig sympathisch. Ja, ich mochte den grauhaarigen Jonin. Irgendwie. Auch wenn ich ihn noch nicht lange kannte.

„Überraschung.“ Eine leise Stimme erklang neben meinem Ohr. Zwar nicht laut, aber dennoch reichte es um mir einen halben Herzkollaps zu versetzen. Ich riss abrupt den Kopf herum und knallte mit Stirn und Nase voraus gegen ein Hindernis. Sternchen tanzten vor meinen Augen und ein stechender Schmerz schoss durch meinen Kopf. „Aua“, sagte mein Gegenüber und rieb sich ebenfalls die Stirn. „Mann, hast du einen Dickschädel. Der tut weh, echt jetzt.“ Trotz meiner schmerzenden Stirn musste ich schmunzeln. Naruto, wie er leibt und lebt. „Warum bist du hier? Die Besuchszeit ist doch schon längst vorbei?“ Ein fettes Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

„Dich besuchen. Ist doch klar oder?“ Natürlich. „Außerdem war es richtig lustig die Schwestern auszutricksen.“ Typisch Naruto. Ich schüttelte den Kopf. „Den Spaß kannst du dir natürlich nicht nehmen lassen.“ „Sicher nicht“, gespielt entrüstet sah er mich an und ich lachte leise. „Das wäre dann doch nicht Naruto Uzumaki“, neckte ich. „Genau.“

„NARUTO“, erschallte es wütend durch den Flur. Uh, das war wohl mal wieder Sensei Iruka. Der auch mal wieder nicht gut auf den blonden Chaoten zu sprechen war.

Ein Hauch von Enttäuschung huschte über dessen Gesicht. „Schade. Ich dachte, mein Sexy-Jutsu hätte ihn ein wenig länger außer Gefecht gesetzt. Aber gut. Dann halt nicht.“ Er grinste schief. Ich biss mir auf die Lippe. So kurz davor, laut loszulachen.

„Ähm … Tora? Dürfte ich kurz mal dein Fenster als Fluchtweg benutzen.“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ganz und gar nicht. Das ist strikt verboten. Ich dachte sie wissen das, Herr Uzumaki“, sagte ich grinsend im tadelnden Tonfall. Naruto lachte. „Danke dir“, sagte er und war im nächsten Augenblick aus dem Fenster verschwunden.

Keine Sekunde zu früh, denn da stürmte auch schon Sensei Iruka zur Tür herein und warf mir einen wissenden Blick zu. Ich grinste leicht. „Dieser Kerl. Irgendwann erwisch ich ihn.“ So wütend klang das eigentlich gar nicht. „Wissen sie Sensei Iruka …, wenn man mich einfach entlassen würde, wären Sie das Naruto Problemchen hier schon einmal los.“ Angesprochener lachte leicht und kratzte sich am Kopf. „Weißt du Tora. Ich würde ja gern … nur hab ich das leider nicht zu entscheiden.“ Ich seufzte leise. „Können Sie denn nicht wenigstens fragen? Ich hab ja angeblich strikte Bettruhe und darf somit auch bis abends nicht aufstehen.

Mein bald nicht mehr ehemaliger Sensei musterte mich prüfend und nickte schließlich. „Also gut, ich frage, aber ich kann nichts versprechen.“ „Danke“, sagte ich. Dann war er verschwunden und ich lehnte mich ins Bett zurück.

Tatsächlich durfte ich eine geschlagene Stunde später wirklich gehen. Ich war so erleichtert, dass ich doch glatt die mir zugeteilte Medic-Nin umarmte. Überrascht stolperte diese zurück, fing sich jedoch schnell wieder. Mann, ich war einfach zu emotional.

Anstatt meiner alten Kleidung, trug ich nun neue. Die nun auch eher an die eines Mädchens erinnerte. Ich hoffte, dass nun keiner mehr, auf die Idee kam mich mit einem Jungen zu verwechseln. Ich trug ein dunkelgrünes Shirt und darüber eine Kapuzenjacke in einem helleren grün. Meine Hose war Rabenschwarz und ging mir bis zum Schienbein. Dunkelgrüne Ellbogenschoner befanden sich je rechts und links an meinen Armen und ein schwarzer Handschuh, welcher nur den Daumen freiließ hatte seinen Platz an meiner Hand gefunden. Da ich mir vorgenommen hatte, öfters mit Pfeil und Bogen zu üben, was Sensei Iruka sehr verwundert hatte, hatte ich ihn nach eben solchen Handschuhen gebeten. Ach ja, und die Sandalen waren von einem schönen dunkelgrün. Irgendwie mochte ich diese Farbe. Vielleicht waren ja die vielen Jahre, die ich im Wald verbracht hatte, daran schuld.

Ich war durchaus zufrieden mit mir. Neben mir lief Naruto. Mittlerweile war der Nachmittag angebrochen. Die Sonne stand nicht mehr so hoch am Himmel und auf den Straßen des Dorfes herrschte reger Betrieb. „Sag mal Tora. Magst du vielleicht heute Abend mit mir ne Nudelsuppe essen gehen?“ Fragend sah Naruto mich an. „Aber klar“, sagte ich. Doch da fiel mir etwas ein. „Warte, ich habe doch kein Geld.“ „Das macht nichts, ich habe noch zwei Gutscheine. Du kannst einen haben“, sagte er. Ich verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht, wann ich es dir zurückzahlen kann.“ Doch der Blonde schüttelte nur den Kopf. „Deine Freundschaft ist alles was ich brauche“, sagte er mit einer Ehrlichkeit, die mir beinahe den Atem verschlug. Und somit war Naruto der zweite Ninja, den ich heute schon umarmte.

Lachend saßen wir nebeneinander bei Iraku und seiner Tochter und schlürften unsere Nudelsuppe. Ich genoss das Gefühl, als die warme Suppe sich in meinem Bauch breit machte und das Gefühl des Hungers vertrieb.

Doch schon seit einiger Zeit schwirrte mir immer wieder eine Frage im Kopf herum. Ich leerte meine Schüssel und wandte mich schließlich an Naruto.

„Sag mal, weshalb hast du dich mit Kiba in letzter Zeit so oft gestritten.“ Naruto verschluckte sich bei meiner Frage glatt an den Nudeln und begann zu husten. Fest klopfte ich ihm auf den Rücken. Als er sich wieder beruhigt hatte, gab er ein wütendes Knurren von sich. „Dieser Kiba. Ich kann den Kerl einfach nicht ausstehen.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Aber das wird ja wohl kaum der Grund dafür sein, weshalb ihr zwei Mal hintereinander eine handfeste Auseinandersetzung miteinander hattet.

„Nein. Nicht direkt zumindest. Das erste Mal, hat er uns zwei zusammen im Dorf gesehen und mich daraufhin, als ich auf dem Nachhauseweg war verspottet, dass es ja ein Wunder ist, dass es überhaupt jemand mit mir aushält und so. Und dann hat er mir noch gesagt, dass ich niemals ein richtiger Ninja werden kann, wenn man meine bisherigen Leistungen ansieht. Ab da ist dann eine Sicherung bei mir durchgebrannt und ich hab ihm eine reingehauen.“

Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf Narutos Gesicht.

„Hehe. Das hat dem gar nicht geschmeckt. Aber es hat irgendwie gutgetan es ihm mal gezeigt zu haben.“ Unentschlossen sah ich ihn an. Zwar verstand ich seine Wut und das Missfallen, das er Kiba entgegenbrachte, aber dennoch war Gewalt nicht immer eine Lösung. Zumindest in meinen Augen, was vielleicht auch daran lag, dass ich schon einiges hatte durchmachen müssen und somit diese verabscheute.  

„Und das zweite Mal, bin ich Akamaru wirklich versehentlich auf den Schwanz getreten. Kiba ist voll ausgetickt. Der hängt aber auch echt an seiner Töle.“ „Naruto. Du weißt doch genauso gut wie ich, dass die beiden so gut wie unzertrennlich sind. Wie würdest du denn reagieren, wenn …“ Er unterbrach mich. „Ja, ja ich weiß. Vermutlich würde ich in deinem Fall ähnlich reagieren. Aber trotzdem es war keine Absicht. Und dann hat Kiba seine Freunde gegen mich aufgehetzt … was dann in einer Schlägerei geendet ist. Nun ja ich gebe zu, dass ich seine Wut ein kleines bisschen angefacht habe, aber auch nicht so sehr. Echt jetzt.“ Mit einem geradezu niedlichen Hundeblick sah er mich an. Ich schüttelte den Kopf und seufzte. „Versuch es einfach, ihn in Zukunft nicht mehr zu reizen. Du siehst ja auf was das hinausführt.“

„Ich versuchs“, sagte er ohne mir in die Augen zu sehen.

Prüfend musterte ich ihn. „Versprochen?“

„Ja ja“, knurrte er.

Mal sehen, wie lange das halten würde.

Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. Heute war Montag. Die alte Tora würde sagen, dass es ein Tag wie jeder andere wäre. Doch die Neue, welche in diesem Moment mit Sensei Iruka im Lehrerzimmer stand hatte da eine ganz andere Meinung drüber. So seltsam und komisch es nun aus dem Mund einer dreizehnjährigen klingen mochte, aber heute war mein erster Schultag in einem neuen und bis jetzt auch viel besserem Leben. Das war alles, was ich mir in meiner Zeit als Diebin erträumt hatte, jedoch niemals in der Lage war, dies zu verwirklichen.

Und nun hatte ich tatsächlich diese einmalige Chance bekommen und diese nach anfänglicher Verwirrung auch ergriffen. Und nun stand ich hier und wartete darauf, dass mich mein alter, neuer Sensei ins Klassenzimmer führt. Zum Großteil wusste ich schon wer in meiner Klasse sein würde. Allen voran Kiba. Ich verzog das Gesicht. Auf dieses Zusammentreffen hatte ich so gut wie gar keine Lust. Ob er den anderen schon von mir erzählt hatte? Ich hoffte nicht … aber die Chance stand auf null, dass er es nicht getan hatte.

„Komm, folge mir. Ich werde dich gleich deinen Klassenkameraden vorstellen.“

Vorstellen. Wie es mich vor diesem Wort grauste. Was sollte ich denn bitte über mich sagen?

Hallo, ich bin Tora und war drei Jahre lang die Unfassbare. Von daheim bin ich weggelaufen, weil mein Vater mich misshandelt hat… Klang doch super. Ich knurrte. Das würde lustig werden. Denn ewig würde ich den ganzen Fragen nicht ausweichen können. Und wie es aussah, würde mir da auch niemand dabei helfen. Da würde ich selbst zusehen müssen, wie ich wieder herauskam. Und zwar lebend.

Schon von weitem drang das Stimmgewirr an meine Ohren. „Nein! Ich sitze dort neben Sasuke.“ Ich kam nicht umhin leicht entnervt aufzustöhnen. Sasuke. Den Herrn Uchiha hatte ich also auch noch in der Klasse. Und dem Organ nach zu urteilen war das Mädchen Ino. Das würde ein Spaß werden.

So Tora! Genug der negativen Gedanken. Positiv sein. Immer positiv.

Tja. Leichter gesagt, als getan. Aber ich würde es versuchen.

Mit einem sachten Quietschen öffnete sich die Tür des Klassenzimmers und Sensei Iruka trat gefolgt von mir hinein. Er schenkte mir noch ein zuversichtliches Lächeln, kurz bevor ich meinen Fuß über die Schwelle setzte.

Sofort begann sich die Lautstärke im Zimmer um einiges zu erhöhen. Viele neugierige Augenpaare musterten mich. Es wurde getuschelt, geflüstert und mit ausgestrecktem Finger auf mich gezeigt. Ich straffte meine Schultern und sah mich um. Einige Gesichter kamen mir ziemlich bekannt vor. Gleich in der ersten Reihe saß Choji und sah mich neugierig an, während er in die Chipstüte langte, die, wie selbstverständlich vor ihm auf dem Tisch stand. Ja ihn konnte man einfach nicht vergessen.

Direkt hinter ihm saß niemand anderes als Shikamaru Nara. Der schwarzhaarige musterte mich mehr oder weniger interessiert. Er schien sich ebenfalls nicht wirklich verändert zu haben. Nur ein wenig größer schien er geworden zu sein und die Gesichtszüge ein wenig älter. Aber sonst, auf den ersten Blick schien er mir derselbe wie auch noch vor drei Jahren zu sein.

Direkt neben ihm saß Ino Yamanaka. Diese sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und strich sich mit einem leicht überheblichen Gesichtsausdruck durch das lange blonde Haar. Ich hatte noch nie so wirklich gewusst, was ich von ihr halten sollte. Auf den ersten Blick schien sie einfach nur überheblich zu sein. Aber mal sehen. Menschen konnten sich ändern.

Ganz leicht lehnte sie sich zu Shikamaru hinüber. „Ist das ein Junge oder ein Mädchen? Oder überhaupt ein richtiger Ninja? Sieht eher nach einem Straßenmädchen aus. Schau dir mal die komischen Haare an.“ Okay. Nein. Sie hatte sich nicht geändert. Shikamaru sah die Blonde mit einem genervten Gesichtsausdruck an.

„Das ist ein Mädchen. Das sieht doch jeder, dich selbstverständlich ausgeschlossen“, sagte er in einem gelangweilten Tonfall.

Inos Augen sprühten Funken. „Selbstverständlich? Hast du mich gerade als blöd bezeichnet? Also wirklich, wenn das hier einer ist, dann du!“, keifte sie und warf erneut ihre Haare zurück. Ich grinste leicht. Wenn die sich dabei nicht einmal irrte. Shikamaru mochte vielleicht noch immer in der Schule schlecht sein, aber das auch nur weil er auf den Stoff keine Lust hatte. Doch schon früher, hatte ich bemerkt, dass der schwarzhaarige in Situationen, die etwas mit Denken zu tun hatten, immer die Nase vorn hatte. Anstelle von Ino würde ich ihn auf keinen Fall unterschätzen.

„Hee Tora!“ Mann hatte ich den vermisst. Ein grinsender Naruto winkte mir aus der zweiten Reihe zu. Enttäuscht musste ich jedoch feststellen, dass bereits jemand neben ihm saß. Sasuke. Der Schwarzhaarige betrachtete mich eher mit mäßigem Interesse. Ehrlichgesagt war ich auch froh darum. Je weniger ihren Senf dazugaben desto besser.

„Ruhe bitte“, sagte Sensei Iruka und sah streng in die Klasse.

„Ich möchte euch jemanden vorstellen. Das ist Tora und sie wird ab heute in eure Klasse gehen. Seid bitte freundlich zu ihr. Es ist nicht einfach für jemanden sich in einer neuen Klasse einzufinden.“

„Schau da hast du es. Ein Mädchen“, sagte Shikamaru gelangweilt an Ino. „Und jetzt lass mich in Frieden. Du nervst.“ Ino stieß ein wütendes Fauchen aus, das dafür sorgte, dass nicht mehr ich Mittelpunkt der ganzen Aufmerksamkeit war, sondern ihre Wenigkeit und Shikamaru.

„Na großartig. Jetzt hast du es geschafft. Und jeder sieht zu uns her. Applaus Ino. So viel Aufmerksamkeit nur für dich. Wolltest du das nicht immer, oder zumindest die von …“ Shikamaru wurde von einer rasenden Ino unterbrochen, deren Augen nun wirklich Funken sprühten.

„Jetzt reichts mir du aufgeblasener, arroganter Vollidiot“, schnaubte die Blonde, mit einem nun ziemlich ungesunden, dunkelroten Farbton im Gesicht.

Bildete nur ich mir das ein, oder kam aus ihren Ohren Dampf? Ich zuckte mit den Schultern.
Musste wohl meine Fantasie sein. Aber lustig wäre es schon.

„Shikamaru, Ino es reicht! Muss das schon wieder sein? Das ist schon das zehnte Mal in diesem Monat. Sensei Iruka war ziemlich wütend. Das zehnte Mal schon? Dabei ging der doch erst eine Woche. Das war ja mal ne Leistung.

„Mir reicht es jetzt. Ich setzte euch auseinander.“ Er atmete tief durch. Ich konnte ihn durchaus verstehen. Diese Klasse war wirklich schwer zu bändigen. Hier überhaupt schon zu unterrichten musste ein ziemlicher Kraftakt sein. Vor allem was die Nerven anbelangte. Die mussten einiges aushalten. Eine kleine Kostprobe hatte ich eben ja schon bekommen. Das konnte noch was werden.

„Ich hab’s. Tora. Du setzt dich neben Shikamaru und Ino kommt neben … Hinata.“

Ich sah auf. Oh weh. Die arme Hinata. Das konnte noch was werden. Eine schüchterne Hinata und dann noch die dominante und aufbrausende Ino. Das passte gar nicht.

Die blonde Yamanaka widersprach überraschenderweise nicht, sondern setzte sich mit einem, wohl eher glücklichen Gesichtsausdruck neben die kleine Hyuga, welche ihr sofort ein wenig Platz machte.

Ich lächelte. Hinata hatte ich schon immer gemocht. Die war einfach richtig niedlich. So schüchtern.
Und …, wenn ich ihre Blicke in Richtung eines blonden Chaoten richtig deutete noch immer in Naruto verliebt. Der schien jedoch noch immer keinen Schimmer von der Schwärmerei ihm gegenüber. Denn er hatte eher ein Auge auf Sakura geworfen, welche wiederum auf Sasuke stand, wie fast jedes Mädchen, außer mir. Gut zugegeben, er war schon ganz hübsch. Aber ich konnte seine kalte und arrogante Art einfach nicht ausstehen. Weder damals noch heute. Und er schien sich nicht im Geringsten geändert zu haben.

„So Tora. Der Platz ist frei. Dann kannst du dich neben Shikamaru setzen.“ Ich seufzte erleichtert. Da hatte ich ja noch mal Glück gehabt. Shikamaru war wirklich in Ordnung. Und ich würde ihm bestimmt nicht auf die Nerven gehen. Andersrum würde er mich auch in Ruhe lassen.

Mit einem dickten Grinsen ließ ich mich auf den Platz sinken und verstaute meinen Rucksack unter dem Tisch. Dann streckte ich meine Beine aus und beobachtete Iruka, welcher mit dem Unterricht begonnen hatte.

„Na wer sagts denn. Hast wir es auch endlich hierhergeschafft?“

Hatte ich eben noch gesagt, dass ich mich über die Platzwahl freuen würde. Das war vergessen, sobald ich auch nur diese Stimme, direkt neben meinem Ohr wahrgenommen hatte.

Ich knurrte wütend und drehte mich um.

Schwarze kleine Augen, rote Streifen auf den Wangen und ein Grinsen mit spitzen Zähnen. Gepaart mit braunen, stacheligen Haaren und einem kleinen hellen Hund, welcher auf nur wenige Zentimeter von mir entfernt auf dem Tisch hinter meinem Rücken saß.

„Kiba Inzuka.“

Hoch konzentriert saß ich auf meinem Stuhl und versuchte Kibas nervtötende Blicke zu ignorieren, die sich permanent in meinen Rücken bohrten. „Wie kann man nur so nervig sein“, knurrte ich leise. Das einzige, was mir der Satz einbrachte war ein schiefer Seitenblick von Shikamaru. Mit hochgezogener Augenbraue musterte er mich. „Du bist schon ein komisches Mädchen“, sagte er.

Ein höchst unintelligentes „Hä“, war alles was mir zu diesem Satz einfiel. Shiakamarus Mundwinkel zuckten leicht.

„Mädchen sind laut, reden viel und sind allgemein sehr nervig. Du dagegen hast in der vergangen halben Stunde kaum ein Wort gesagt. Ich find’s seltsam.“ Ich öffnete den Mund um zu antworten, doch eine ernste Stimme unterbrach mich.

„Tora, wenn du schon so ein Redebedürfnis hast, kannst du gerne meine Frage beantworten“, riss mich Sensei Irukas Stimme aus der Unterhaltung.

Mein Kopf schoss nach oben. Hitze begann sich auf meinen Wangen zu sammeln, als ich in die mahnenden braunen Augen meines Lehrers blickte. Gut gemacht Tora. Schon am ersten Tag wegen Ratschen im Visier des Lehrers. Sei stolz auf dich. Jetzt darfst du nachfragen, was er gefragt hat.

„Eh, Sensei Iruka. Entschuldigung aber ich habe die Frage nicht mitbekommen.“

Die rechte Augenbraue meines Lehrers wanderte immer mehr gen Norden. „Ja, das ist mir aufgefallen. Also gut, dann noch einmal für dich: Was ist ein Kekkei Genkai?“

Ich räusperte mich. „Das ist eine Fähigkeit, die vor allem in den Clans von Generation zu Generation weitervererbt wird. Mithilfe von ihr besitzt der Ninja eine Kraft die ihm im Kampf größere Vorteile verschaffen könnte. Außerdem können sie nicht erlernt werden, denn man braucht ein bestimmtes Gen dazu, das im DNS-Strang liegt.“ Schweigend sah mein Lehrer mich an.

„Nun Tora. Ich sehe. Du wurdes anscheinend sehr gut unterrichtet“, sagte er schließlich. „Jedoch gibt es, was das Kekkei Genkai angeht auch Ausnahmen. Ab und an kommt es vor, dass Ninjas, die zu keinem der großen Clans gehören ebenfalls diese Fähigkeit in sich tragen.“ Kurz huschte sein Augenmerk in meine Richtung. Unmerklich nickte ich.

Das stimmte. Ich war einer dieser Beweise. Gehörte ich doch selbst zu keinem der großen Clans. Ich wusste selbst nicht viel über meine Abstammung. Nur, dass meine Mutter ebenfalls ein Kekkei Genkai gehabt hatte, im Gegensatz zu Vater. Bei dem Gedanken an ihn kam Übelkeit in mir auf. Ich hoffte so sehr nie wieder auf ihn treffen zu müssen.

Ich seufzte erleichtert auf, als es zur Pause klingelte. Gerade wollte ich mich in Narutos Richtung aufmachen, als ich enttäuscht erkennen musste, dass Sensei Iruka ihn beiseite gezogen hatte und intensiv auf ihn einredet. Das Gesagte schien doch eher an dem Blonden abzuprallen, als dass er sich es anhörte.

Dann eben nicht. Naruto würde mich schon finden, wenn das eher einseitige Gespräch der beiden beendet war. Auf leisen Sohlen huschte ich aus dem Klassenzimmer und durch die vielen Flure der Akademie. Kurz warf ich einen Blick in den großen Hof, zuckte jedoch mit den Schultern und ging daran vorbei. Ich hatte kein Interesse in engeren Kontakt mit den anderen zu treten. Außerdem war ich nicht erpicht darauf, über meine Herkunft und Vergangenheit ausgefragt zu werden.

„Kein Interesse daran, deine neuen Klassenkameraden kennenzulernen?“ Ich sah auf. Rechts von mir an der Wand des engen Flurs lehnte ein großgewachsener Jonin. Seine schwarzen Haare hatten einen bläulichen Schimmer und trug einen Vollbart. Die Hände hatte er gemütlich in den Taschen seiner Jacke verstaut. Genüsslich zog er an seiner Zigarette und atmete wenig später wieder aus. Ich musste durch den Rauch hinweg ein wenig husten.

„Ich zähle nicht zu den kommunikativsten Ninjas“, sagte ich schulterzuckend und beäugte mein Gegenüber weiterhin neugierig. Irgendwie erinnerte mich dieser Ninja an den Hokage. Ob die wohl verwandt waren? Vielleicht …

„So, du bist also Tora, ja? Interessant. Ich bin ja schon gespannt wie sich die Unfassbare so entwickeln wird.“ Schlagartig wurde ich bleich. Woher wusste dieser Jonin davon. Der Hokage hatte es doch nicht etwa jedem Jonin im ganzen Dorf erzählt.

„Keine Panik. Niemand will dir böses. Ich bin übrigens Asuma. Asuma Sarutobi“, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen. Zögerlich ergriff ich diese. Warm umschlossen seine Finger die meinen und drückten sie leicht. Ich kam nicht umhin, über seine riesigen Hände zu staunen. Neben dem fühlte ich mich wirklich klein und verletzlich.

Sarutobi. Moment mal, dann war er doch mit dem Hokage verwandt. So war das also. Schief sah ich ihn an. Ja, ich könnte diesen Mann schon fast mögen. Er hatte eine ruhige und besonnene Art, die irgendwie gegensätzlich zu seinem Aussehen stand. Große, breite Männer verband ich immer mit Ärger und Gefahr. Das hatte ich wohl meinem Vater zu verdanken.

Als ich einen Blick auf mir spürte, sah ich auf. Mein Gegenüber hatte damit begonnen, mich intensiv zu mustern. „Dein Kekkei Genkai ist sehr interessant. Es würde dir in jedem Kampf einen Vorteil verschaffen, wenn du es richtig zu trainieren lernst. Ein paar Grundzüge kennst du ja schon und ich bin schon sehr gespannt, wie du dein Wissen diesbezüglich ausweiten wirst. Ich bin sicher, dein spezieller Sensei wird es dir beibringen“, sagte er und wandte sich zum Gehen. Kurz blickte er noch einmal über die Schulter zurück. „Hat mich gefreut Tora.“

Mein spezieller Sensei… Moment mal. „Hey … sie wissen doch, wer mein neuer Sensei ist nicht war. Wer ist es?“, fragte ich mit erhobener Stimme. Ich konnte ihn schon fast Schmunzeln hören. „Ja das weiß ich durchaus. Aber ich wie sagt man so schön: Lass dich überraschen. Ach ja, und dieser spezielle Sensei lässt dir was ausrichten. Er erwartet dich heute Abend auf dem Trainingsplatz. Du sollst pünktlich sein“, sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Dann war er fort. Etwas verloren blieb ich im Flur zurück. Warum diese ganze Geheimnistuerei? Oder wussten die selbst noch nicht, wer mein neuer Sensei werden sollte. Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Wohl oder übel würde ich warten müssen. Aber zuerst einmal musste ich zurück ins Klassenzimmer gehen und das so schnell wie möglich, denn soeben hatte ich feststellen müssen, dass es schon längst zum Pausenende geklingelt hatte. Und ich rannte los.

Grinsend liefen Naruto und ich Seite an Seite nach Hause. Der Hokage hatte mir die Wohnung gleich neben der von Naruto zur Verfügung gestellt. Allein die Tatsache, dass ich direkt neben dem Blonden Chaoten wohnen durfte, hatte mich mit unglaublicher Freude erfüllt.

Ich sah in den Himmel. Noch war er überwiegend von deinem schönen blau durchzogen. Doch schon bald würde die stetig sinkende Sonne ihn in ein angenehmes orangerot verfärben. Und ich wusste genau, was das für mich heißen würde. Asuma hatte mir ja erzählt, dass ich heute Abend meinen „speziellen“ Sensei, wie er ihn nannte, kennenlernen würde. Und womöglich auch schon einige Kampftaktiken zeigen müsste. Das Problem dabei war nur, dass ich mich selbst ausschließlich auf Verteidigung spezialisiert hatte und nicht auf den Angriff.

Meine Stärken lagen in meinem Kekkei Genkai und der Schnelligkeit. Schon früher hatte ich festgestellt, dass ich schneller war als so manch anderer Ninja und das war ebenfalls ein Vorteil den ich nutzen konnte.

In den vergangenen Monaten hatte ich mich an einem neuen Jutsu versucht. Doch bisher hatte es nur ein einziges Mal funktioniert. Mal sehen, vielleicht konnte mir mein neuer Sensei ja dabei helfen.

Wenn ich doch nur wüsste, wer derjenige war…

Hoch oben in den Ästen eines Baumes saß ich an den breiten Stamm gelehnt und beobachtete den Trainingsplatz. Mein neuer Sensei müsste jetzt eigentlich in den nächsten paar Minuten aufkreuzen. Ich lehnte meinen Körper ein Stück nach vorne und zog ein Kunai aus meiner Waffentasche hervor. Mit zusammengekniffenen Augen visierte ich ein kleines Astloch an, welches sich etwa zehn Meter von mir entfernt auf dem gegenüberliegenden Baum befand. Locker drehte ich die kleine Waffe in der Hand, dann griff ich fester zu und warf. Mist. Knapp vorbei. Aber das nächste, würde ganz sicher treffen. Ich langte mir über die Schulter und nach meinem Bogen, samt dem Pfeilköcher.

Ich lächelte leicht, als ich das dünne Holz der Pfeile zwischen meinen Fingern spürte und zog wahllos einen hervor. Vorsichtig stand ich auf. Mein Ziel waren die Trainingspuppen die kreuz und quer auf dem Platz verteilt standen. Die Sehne knarzte leise, als ich sie spannte. Ein leichter Wind kam von rechts und ich änderte ein klein wenig die Richtung. Wenige Sekunden später ließ ich den Pfeil fliegen. Mit einem leisen Zischen durchschnitt er die Luft und bohrte sich direkt in den Kopf der Puppe. Ich grinste. Getroffen.

Bisher war das Bogenschießen eher eine Art Hobby von mir gewesen. Ich übte zum Zeitvertreib und für die Jagd. Das war alles. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, Pfeil und Bogen in einem wirklichen Kampf zu nutzen. Aber mal sehen, vielleicht gab es dabei dennoch ein paar Möglichkeiten.

In einer einfachen Bewegung hängte ich mir den Bogen wieder um. Dann nahm ich Anlauf und sprang. Meine Hände bekamen den Ast über mir zu fassen und ich zog mich daran hoch. Zu Beginn meiner Zeit als Diebin hatte ich wirklich Probleme damit gehabt auf Bäume zu klettern. Ich hatte sogar Höhenangst. Doch mit der Zeit hatte ich diese Furcht beiseitegelegt und gelernt mich beinahe lautlos durch das Geäst zu bewegen. Wie ein Raubtier auf der Pirsch, hatte ich mich jedes Mal gefühlt, wenn ich jagen ging. Hoch oben in den Astgabeln der Bäume. Eine ziemlich ungewöhnliche, aber meist effektive Art, jagen zu gehen.

Mit einem Ruck zog ich das Kunai aus dem Astloch und verstaute es in meiner Waffentasche. Behände kletterte ich den Baum hinunter. Wozu springen, wenn klettern doch viel mehr Spaß machte. Natürlich könnte ich ihn auch mithilfe meines Chakras hinauflaufen. Doch das tat ich nur im allerhöchsten Notfall.

Meine Glieder spannten sich an. Ich konnte etwas fühlen. Eine Präsenz, jedoch vermochte ich nicht zu sagen, wo sich der oder diejenige befand. Schlagartig verharrte ich in meiner Bewegung und blieb still an den Stamm gekrallt an Ort und Stelle. Ich schloss die Augen und konzentrierte meine Sinne auf die Umgebung. Hörte den Gesang der Vögel, das Rauschen des Windes und … ein Knacken direkt hinter mir. Die Luft zischte und blitzartig ließ ich den Stamm los und sprang.

Mit einem hässlichen Knirschen bohrten sich die zwei Wurfmesser in den Stamm. Ich blickte nicht zurück, mit dem Hintergedanken von irgendetwas abgelenkt zu werden. Noch im Fall fischte ich eines meiner Kunais aus der Gürteltasche. Keinen Augenblick zu früh. Weitere der Messer kamen auf mich zu. Es klirrte, als ich sie abwehrte. Sanft trafen meine Füße auf dem Boden auf. Als ich erneut das verräterische Zischen hörte, machte ich blitzschnell ein Fingerzeichen und tauschte meinen Körper mit einem Baumstumpf. So konnte ich blitzartig in die Schatten verschwinden und mich verstecken.

Dicht an den Stamm eines Baumes gepresst, saß ich da und beobachtete meine Umgebung mit wachsamen Blick. Mir war momentan ziemlich egal, um wen es sich bei dem Angreifer handelte. Wichtig war nur, dass ich aus dieser Sache heil wieder herauskam. Wenn er es schaffen würde mich aus meinem Versteck und auf eine offene Fläche zu treiben, wäre es aus für mich. Dann wäre ich in jedem Punkt angreifbar.

Etwa glomm vor meinen Augen auf. Erst kleine und unscheinbar, doch dann bewegte es sich mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu. Ein kleiner Feuerball. Instinktiv reagierte ich und sprang beiseite. Es krachte, als das Geschoss in den Baum krachte. Gierig züngelten die Flammen an der Pflanze hoch. Als weitere Feuerbälle in meine Richtung kamen, sprang ich Stück für Stück zurück. Ich fühlte mich ein wenig hilflos. Allein aus dem Grund, dass ich nur mit dem Ausweichen beschäftigt war.

Meine Augen weiteten sich, als ich weitere Geschosse auf mich zurasen sah. Moment mal. Ich fühlte ihre Hitze nicht. Waren das etwa Täuschungen? Das hieß doch nicht etwa? Mutig straffte ich die Schultern und lief den heißen Geschossen entgegen. Sie gingen einfach durch mich hindurch. Weder brannte meine Haut, noch spürte ich ihre Hitze. Ein triumphierendes Lächeln zierte meine Lippen. Hatte ich es doch gewusst.

Nun war es Zeit für den Angriff. Wenn ich mich nicht täuschte, hatte mein Gegner inzwischen schon einiges von seinem Chakra verbraucht. Das bedeutete für mich, dass ich eine größere Chance besaß, diesen Kampf möglicherweise für mich zu entscheiden. Aber dabei musste ich überlegt und vorsichtig vorgehen. Aber auch damit nicht übertreiben.

Ich grinste, bevor ich mein Chakra in den Füßen zu sammeln begann und den nächsten Baum hinaufrannte. Oben angekommen, ließ ich den Chakrafluss abebben um nicht zu viel zu verbrauchen und sah mich um. Ich griff nach einem meiner Pfeile und legte ihn in die Sehne. Was mein Feind nicht sehen konnte, war, dass ich eine Briefbombe um den Pfeil gewickelt hatte.

So saß ich nun da und wartete auf den nächsten Angriff. Schweiß lief meine Stirn hinab und Anspannung ließ jeden Muskel meines Körpers erzittern. Da! Ein Geräusch im Astwerk, nicht weit von mir entfernt. Ein Schatten hatte sich bewegt und kam direkt auf mich zu. Ich konnte nicht viel von meinem Gegner ausmachen, da er noch immer die Dunkelheit des Waldes nutzte um sich mir zu nähern. In der Hand hielt er vier kleine Shuriken. Blitzschnell hatte ich den Pfeil abgeschossen. Jedoch nicht direkt auf meinen Gegner, sondern den Ast, welcher ihn von mir trennte.

Wenige Sekunden später erschütterte ein ohrenbetäubender Knall das kleine Waldstück. Fest verkrallte ich mein Finger in dem Ast auf welchem ich saß. Dann, ohne Vorwarnung, sah ich vier kleine Shuriken auf mich zufliegen. Ich hatte keine Zeit mehr zu reagieren, sondern klammerte mich an das einzige, was mir in dieser Situation einfiel. „Jutsu des unsichtbaren Schildes.“

Ich spürte es. Fühlte, dass es funktioniert hatte, sobald die kleinen Waffen an meinem Schild abprallten. Ich kam nicht darum herum erleichtert aufzulachen. Geschafft. Ich hatte das Jutsu erneut gemeistert und das in einer solch schwierigen Situation. „Nicht schlecht“, erklang es nicht weit von mir entfernt und ich sah auf.

Auf einem Ast schräg über mir saß niemand anderes, als Kakashi Hatake.

Wie vom Donner gerührt starrte ich ihn an. Hatte er mich also angegriffen. War dieser ganze Kampf nur eine Übung gewesen? Oder vielleicht hatte er es auch genutzt um mich zu prüfen, ob ich gut genug wäre. Ich wusste es nicht.

Kritisch musterte ich mein Gegenüber.

Leise landete der hellhaarige Jonin direkt vor mir. Zumindest versuchte er es. Irgendetwas hinderte ihn daran. Ich begriff und löste grinsend das Jutsu.

„So ein Jutsu habe ich noch nie zuvor gesehen. Und kopieren kann ich es ebenfalls nicht. Das ist wirklich interessant.“

Ein Rascheln in Gebüsch kündigte einen weiteren Besucher an. Verwirrt sah ich den Ankömmling an, ihn hatte ich noch nie hier gesehen. Vielleicht einmal durch Zufall. Aber ich war auch nicht der Typ, der sich Gesichter schnell merkte.

Er war etwa so groß, wie Kakashi und besaß schulterlange, braune Haare und sein Konoha Stirnband war seltsamerweise vorne verknotet, anstatt hinten. Beinahe prüfend sah er mich an, während er auf einer seltsamen Nadel herumkaute. Er hatte eine ruhige und überlegte Ausstrahlung, doch vielleicht täuschte ich mich auch.

Anhand seiner Weste erkannte ich ihn als Jonin, doch was machte er hier? War er etwa mein neuer Sensei?

„Was hat das zu bedeuten. Wollt ihr mich etwa prüfen?“, fragte ich verwirrt.

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Kapitel: 17
Sätze: 2.249
Wörter: 22.945
Zeichen: 132.732

Kurzbeschreibung

Tora ist ein Straßenmädchen in Konohagakure und eine Diebin. Da sie kein Geld besitzt muss sie sich mit dem Klauen durchschlagen. Noch nie hat sie jemand erwischt. Denn Tora ist unsichtbar.

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Freundschaft, Familie, Drama (Genre), Spannung und Allgemein getaggt.