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Even when your kind appears to triumph - Part 2

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14.07.20 16:10
16 Ab 16 Jahren
Fertiggestellt

4 Charaktere

Edward J. Kenway

Britischer Pirat und Freibeuter, geboren am 1. März 1693 in Swansea, Wales. Er ist der Vater von Haytham Kenway und Großvater von Ratonhnhaké:ton (Connor). 1711 traf Edward im Alter von 17 auf Caroline Scott. Die Mutter seiner Tochter Jennifer.

Haytham Edward Kenway

Haytham E. Kenway, Sohn von Edward J. Kenway, geboren 04. Dez. 1725, London, gestorben 16. Sep.1781, New York, durch die Hand seines eigenen Sohnes Connor Kenway. Haytham war ein sehr vornehmer Engländer, der jedoch immer bereit war, alles zu tun was nötig war um sein Ziel zu erreichen. Er verachtete den Assassinenorden, hielt die Ziele, die sie vor hunderten von Jahren hatten, aber für ehrenhaft.

Shay Patrick Cormac

Shay Patrick Cormac (12.09.1731-Unbekannt) war einst ein Assassine, der später ein Mitglied des Templerordens wurde, im Atlantik während des Siebenjährigen Krieges tätig war, und den Kolonialen Assassinenorden mit anderen Templern fast vollständig auslöschte.

Alxandra Frederickson

Alex kommt am 25. Mai 1976 in der Nähe von Hannover zur Welt. Von Klein auf wird sie darauf vorbereitet, Assassine zu sein. Sie ist Mutter eines Sohnes, welcher 2001 das Licht der Welt erblickt hat und auf den Namen Yannick hört!

Kapitel 1




**** Oktober 1759 ****


Wie konnte mir das passieren? Warum konnte ich mich so Hals über Kopf in diesen Menschen verlieben? Das war einfach nicht richtig, es war nicht gut. Weder für mich, meine Psyche und überhaupt!

Nach all den gemeinsamen Tagen. Nach allem, was ich jetzt über Haytham wusste. Warum wollte ich bei ihm bleiben?

Ich müsste mich für eine Seite entscheiden! Es blieb mir keine Wahl, oder doch? Wie sollte ich denn so weiter machen? Sollte ich mit meinem Mentor darüber beraten, oder lieber noch nicht?

Mir gingen tausende Fragen plötzlich im Kopf herum, aber Antworten wollten sich keine einstellen! Es war zum Kotzen und in Gedanken machte ich mir eine Notiz. Lass diese Zeitreisen einfach sein, es bringt dich nur völlig durcheinander! Eine andere Stimme sprach mit mir Du hast mir ein Versprechen gegeben. Du wirst meinen Sohn beschützen und ihm zur Seite stehen! Ich vertraue darauf, dass du dein Wort hälst! Edward! Auch daran musste ich denken, denn man bricht keine Versprechen! Darüber hinaus sollte ich dringend nach den Artefakten und ihren Kräften forschen.

Dieser Abschied war der Schmerzvollste von allen! Als ich an Deck meiner Jackdaw stand und auf die Schaulustigen hinab sah, verschwamm mein Blick und ich konnte die Tränen nicht mehr zurück halten. Am Kai stand Haytham, alleine und verloren mit traurigem Blick. Mit einem Ruck drehte er sich plötzlich um, marschierte schnellen Schrittes in Richtung der belebten Straßen und verschwand in der Menschenmenge.

Und ich? Ich sah ihm mit offenem Mund nach und hoffte, noch ein kleines Fitzelchen vom Großmeister erhaschen zu können. Aber... er war verschwunden. Für mich brach jetzt alles zusammen und ich ließ mich an der Reling hinunter gleiten und blieb zusammen gekauert dort sitzen. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Es tat so weh, warum nur? Mit Vernunft kam ich nicht weiter, aber mein Herz war auch keine große Hilfe.

Mein erster Maat und mein Sohn standen besorgt vor mir. „Mum, kann ich etwas tun? Brauchst du etwas?“ „Alex, es ist besser so. Du kennst das Risiko, wenn du jetzt schon bleiben würdest!“ DAS war auch nicht hilfreich!

Die Jackdaw nahm langsam an Fahrt auf und ich rappelte mich hoch und warf noch einmal einen Blick zum Kai. Aber... niemand war mehr zu sehen.

„Nein, ich brauche nichts. Das was ich bräuchte, verschwand gerade in der Menschenmenge. Und ja, ich kenne das Risiko! Aber... es wäre mir gerade herzlich egal!“ wütend stampfte ich davon in meine Kajüte und ertränkte meine Gefühle fürs erste mit dem guten Rum, den mir Mrs. Wallace mit gegeben hatte. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, ich weiß nur noch, dass ich IN meine Kajüte ging. Was danach noch war, daran kann ich mich nicht erinnern.

 

*** Einige Zeit später ***




Ich erwachte mit einem hämmernden Kopf und einem sehr, sehr flauen Gefühl im Magen. Als ich mich umdrehte, sah ich aus den Augenwinkeln einen Eimer vor meinem Bett stehen. Eine Flasche Wasser und ein Glas mit eben diesem bereits gefüllt. Dazu gab es noch eine Ibuprofen-Tablette. Wie nett, hatte mein betrunkenes Ich noch mitgedacht?

Nein, sollte die Antwort lauten. Denn leise wurde die Tür geöffnet und ein besorgter Sohn steckte seinen Kopf durch den Spalt und sah mich an. „Oh, du bist wach! Wie geht es dir?“ fragte mich Yannick, als er auf mich zukam.

Als ich ihm antworten wollte, kam nur ein Gekrächze, aber kein Satz. Ich setzte mich vorsichtig auf, nahm das Glas Wasser und trank einen kräftigen Schluck. DAS war keine gute Idee. Postwendend landete es im Eimer und ich lag keuchend in den Kissen.

Was predigte ich immer? In kleinen Schlückchen trinken! Ja, man selber hält sich nicht immer daran. „Mum, geht es wieder? Trink lieber erst nur ein ganz kleines bisschen!“ Und mit einer gekonnten Handbewegung hatte ich einen eiskalten Lappen auf der Stirn. DAS war eine Wohltat. Tief seufzend nahm ich einen KLEINEN Schluck und dieser tat einfach nur gut.

Meine Stimme kehrte zurück und ich wagte einen weiteren Versuch: „Yannick, oh man, es tut mir so leid. Was habe ich denn gestern noch angestellt? Ich kann mich an nichts erinnern!“

Kichernd erklärte er mir die Vorkommnisse der vergangenen Nacht. „Naja, nachdem du vermutlich eine ganze Flasche Rum alleine schon leer hattest, bist du auf Rafael losgegangen und hast ihm mit deiner Klinge gedroht, wenn er nicht sofort wieder kehrt macht. Und wir alle sollten uns doch zum Teufel scheren, weil wir alle keine Ahnung haben, was richtig oder falsch wäre. Die Templer seien auch nur arme Wesen, denen man mit Lügen und Intrigen ihre Leben versaut hätte. Wir alle sollten uns endlich zusammen reißen und zusammen arbeiten! Soll ich noch mehr erzählen?“ er sah mich mit einem herausfordernden Grinsen an.

„Bitte, ich bin neugierig, erzähl weiter!“ brachte ich mit hochrotem Kopf und brüchiger Stimme hervor.

„Danach hast du dich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und wolltest über Bord springen und zurück schwimmen. Denn wir wären ja alle gegen dich und Haytham und würden euch nur im Weg stehen. Du wärst besser alleine dran. Aber ich konnte dich mit zwei anderen der Crew gerade noch davon abhalten! Du hast wie verrückt geschrien und alles und jeden verflucht. Mum... es war stellenweise sehr, sehr unheimlich. So habe ich dich nur erlebt, als du in diesem Körper von Marie in der anderen Welt warst. Ich hatte echte Angst um dich! Mach das nie wieder, ja?“ Und plötzlich nahm er mich in seine Arme und drückte mich! Mir kullerten die Tränen runter und Yannick schluchzte auch leise an meiner Schulter!

Du meine Güte, was hatte ich getan?



 

**** Nachmittag des selben Tages ****




Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten und ich noch ein paar Stunden Schlaf hatte, ging es mir besser und ich war in der Lage aufzustehen. Vorsichtig zog ich mich an und überlegte, was ich, wenn ich an Deck kam, sagen sollte? Ich musste mich entschuldigen, denn ich hatte es ja eigentlich gar nicht so gemeint.

Vorsichtig öffnete ich meine Tür und schaute hinaus. Die Jungs gingen ihrer gewohnten Arbeit nach und bemerkten mich vorerst gar nicht. Langsam ging ich hinauf zum Ruder und zu Rafael. Dieser beäugte mich misstrauisch. „Na, wieder beruhigt?“ kam es etwas mürrisch von ihm.

„Ähm, ja... oh bei Odin. Es tut mir so leid, ich hoffe, ihr könnt mir alle verzeihen?“ ich hatte automatisch nach seinem Arm gegriffen und drückte ihn.

„Ich denke, wir werden dir alle verzeihen. Auch wenn du uns verflucht hast. Ich wusste gar nicht, dass du so eine Sprache führen kannst. Du warst eindeutig damals zu lange mit Piraten unterwegs.“ es folgte ein betroffenes „Oh, entschuldige“. Dann aber nahm er mich einfach in den Arm und drückte mich. „Ich bin froh, wenn du bald wieder die Alte bist. Es wird nicht leicht, aber wir sind alle für dich da, wenn du reden willst! Das weißt du doch, oder?“

Natürlich wusste ich das. Aber wollte ich jetzt schon reden? Wollte ich jetzt schon mein altes Leben? Oder wollte ich einfach noch ein ganz kleines bisschen Zeit in meiner Trauer verbringen? Die Antwort lautete: Ja, das will ich! Ich brauchte diese Zeit und ich würde sie mir nehmen.

„Wenn wir wieder daheim sind, werde ich fürs erste Urlaub einreichen und bin dann für niemanden zu sprechen. Yannick wird wieder zur Schule gehen und seine Ausbildung weiter machen. Und dann sehen wir irgendwann weiter!“

Diese Worte schienen meinen ersten Maat zufrieden zustellen. „Das hört sich nach einem Plan an. Dann wollen wir das Schätzchen hier mal wieder nach Hause bringen, was meinst du?“

Ohne zu antworten, brüllte ich den Befehl für volle Segel und lehnte mich ein wenig zufriedener ans Geländer und beobachtet das Treiben meiner Crew.

Kapitel 2

**** Es wurde Abend … ****

 



Morgen Mittag würden wir unser Ziel erreicht haben, von dem aus wir wieder zurück in unsere Zeit reisen würden. Bis dahin gab es nichts für uns zu tun.

„Aber nicht, dass ihr wieder auf die glorreiche Idee kommt, die Breitseitenkanonen ein weiteres Mal zu testen!“ Ermahnte ich meine Crew mit einem breiten Grinsen und erntete Gelächter und hier und da ein „Sorry, passiert nie wieder“

Mein Appetit war zurück und so saßen wir in der Messe zusammen und genossen das Essen. Ich hatte zwischendurch immer wieder Bilder von Haytham im Kopf, wie er neben mir saß beim Essen. Oder wie er gedankenverloren in ein Glas Wein starrt. Aber meine Leute lenkten mich mit Geschichten ab, die sie während ihres Aufenthaltes in New York erlebt hatten. Was eindeutig heraus zu hören war, war, dass die Prostituierten ganz schön hartnäckig sein konnten. Ja, das war ja nichts neues! Einigen waren ihre Geldbörsen geklaut worden. Wir konnten von Glück reden, dass es nicht so schlimm für uns war. Doch es war ärgerlich, weil man lernte, dass andere Zeiten auch andere Maßnahmen der Vorsicht mahnten!

Nach dem Essen ging ich wieder an Deck, um frische Luft zu tanken und noch ein letztes Mal diesen wolkenlosen klaren dunklen Himmel des 18. Jahrhunderts zu bewundern. Es war zwar ziemlich kalt mittlerweile, doch ich lehnte an der Reling, als plötzlich der Mann im Ausguck brüllte: „SCHIFF IN SICHT! NÄHERT SICH VON ACHTERN!“ Ich eilte ans Heck und versuchte, eben dieses Schiff auszumachen.

Aber ich konnte beim besten Willen noch nichts erkennen. Also schnappte ich mir ein Fernglas und suchte das Meer ab. Und tatsächlich, da kam ein Schiff hinter uns her. Erkennen, was für eines es war, konnten wir aber alle nicht, es war noch zu weit entfernt. Es näherte sich aber schnell, also war es vermutlich kleiner als die Jackdaw. Gebannt schaute ich auf das größer werdende andere Schiff und in mir keimte dieser Wunsch auf, es möge die Morrigan sein. Es möge Haytham an Bord sein und dann...

„ES IST DIE MORRIGAN! MIT VOLLEN SEGELN!“ hörte ich es von oben rufen!

Rafael sah mich fragend an. „Was machen wir jetzt? Wir können sie nicht auch mit rüber nehmen. Alex, das ist gerade echt scheiße, wenn ich das so sagen darf!“

Verdammt, er hatte ja Recht. Es würde alles nur noch einmal weiter nach hinten verzögern. Aber durfte ich mich nicht ein ganz kleines bisschen freuen, dass mein Templer mir hinterher kam? Wenn er denn an Bord war, ich nahm es einfach an, denn Shay würde vermutlich nicht nach mir suchen! Warum auch?

„Ich weiß es gerade nicht, Rafael. Ich weiß es wirklich nicht!“

Jetzt konnte ich auch die Männer auf der Morrigan langsam erkennen. Und es war tatsächlich Haytham, der dort am Bug stand und... hatte er wirklich ein breites Grinsen im Gesicht und winkte mir zu???

Wir verlangsamten die Jackdaw, damit wir mit der Morrigan gleich auf waren und sicherten dann die beiden Schiffe.

Ohne zu warten oder auf die Etikette zu achten, sprang ich an Deck der Morrigan und stürmte auf den Großmeister zu und ihm in die Arme. Er war wirklich hier... Ich übersäte ihn mit Küssen und klammerte mich regelrecht an ihn mit meinen Armen und Beinen.

Ein Räuspern ringsum von den versammelten Mannschaften riss uns aus unserem seligen Moment. „Ich konnte es nicht ertragen, dich einfach so gehen zu lassen. Und ja, ich werde es zulassen müssen. Aber diese Nacht möchte ich noch mit dir verbringen und mich dann morgen überzeugen, dass du heile nach Hause reist.“

Ich war immer noch sprachlos, aber glücklich. Gleichzeitig plagte mich dieser Gedanke, dass wir das Ganze jetzt nur hinauszögerten. Aber... ER war hier, wir hatten noch EINE gemeinsame Nacht! Was wollte ich mehr?

„Haytham, ich weiß nicht, was ich sagen soll...“ meine Hand berührte seine Wange und er lehnte sich daran.

„Du brauchst nichts sagen, ich weiß, was du denkst!“ grinste er auf mich hinunter. Achja, da war ja was. Das offene Buch, daran musste ich dringend weiter arbeiten, aber in seiner Gegenwart fiel mir das einfach sehr schwer.

Meine Mannschaft zog sich dezent zurück und verteilte sich auf der Morrigan oder eben unter Deck der Jackdaw. Jetzt hatte ich meinen Templer noch ein wenig für mich alleine.

Und so verbrachten wir noch eine Nacht gemeinsam. Eine fast schon gestohlene Nacht, aber es war mir egal. Noch nie hatte ich so ein inniges Gefühl gehabt und ich genoss es einfach! Ich versank in seinen Erzählungen und in seiner Stimme. Haytham war völlig gelöst und nichts deutete irgendwie auf den ach so disziplinierten Großmeister hin. Und ab und an, sah ich ihn mit seinen 9 Jahren, wenn er mal wieder in ganz alten Zeiten schwelgte.

Selig und völlig entspannt lag ich schläfrig in seinen Armen, aber nach schlafen war Haytham dann doch nicht. Ich erspare euch die Einzelheiten meiner Lobpreisungen über seine Fähigkeiten und sein Können. Denn die Bezeichnung als Großmeister verdiente er in so mancher Disziplin! So viel sei gesagt, auch DAS würde ich sehr sehr vermissen!

„Weißt du was gerade eigenartig ist?“ fragte mich Haytham plötzlich. Ich sah zu ihm auf „Nein, das weiß ich nicht, ich hoffe, es ist nichts schlimmes. Habe ich etwas falsch gemacht?“ Verdammt, immer dieses schlechte Gewissen.

Ein leises Lachen „Nein, hast du nicht. Es ist nur seltsam, dass ich hier... also auf dem Schiff meines Vaters... das wir...“ Ohhhh, ich verstand. „Haytham, sag nichts, ich weiß was du meinst. Aber ich versichere dir, daran ist nichts merkwürdig oder so. Es gibt keine Assoziationen in egal welcher Richtung, falls du das befürchtest.“ Hörte ich da ein erleichtertes Seufzen?

„Ich wollte es nur erwähnt haben.“ sagte Haytham betont gleichgültig. Doch es war ihm nicht gleich. Ein Schmunzeln konnte ich mir dann aber doch nicht verkneifen und nahm meinen Templer wieder in den Arm.

Die Zeit verging viel zu schnell und der Morgen kam viel zu früh! Der Moment rückte immer näher und ich wollte einfach nicht. Ich WOLLTE es nicht, ich konnte ihn nicht verlassen. Aber tief in mir wusste ich, ich musste es. Könnte ich nicht einfach noch ein paar mal hin und her reisen? Hey, ich hatte die Macht über die Zeit. Also...

Doch auch das, so wusste ich, würde über kurz oder lang, nicht gut gehen. Die Vorläufer hatten eine eindeutige Warnung gegeben! Mein Plan nahm aber immer mehr Gestalt an, auch wenn er bis jetzt nur in meinem Kopf war!

Als wir aufgestanden waren, bat mich Shay für einen Moment unter vier Augen zu sprechen. Was wollte er denn jetzt? Mit einem genervten Seufzen folgte ich ihm etwas außerhalb der Hörweite der Crew. „Mrs. Frederickson, ich muss euch um etwas bitten!“ Oh, er konnte höflich fragen, wie schön. „Und um was wollt ihr mich bitten?“ mit verschränkten Armen stand ich vor ihm.

„Ich... wir brauchen ein Medikament von euch. Ich weiß, es ist nicht richtig und es ist eigentlich gefährlich. Doch es geht um unsere Tochter July. Meine Frau hatte eine Vision von diesem Wesen, in welcher ihr gezeigt wurde, dass unsere Tochter sterben wird!“ Ich sah ihn nur fragend an!

Konnte diese Frau nicht einfach mal den Mund aufmachen? „Master Cormac, dass tut mir sehr leid, so etwas sehen zu müssen. Aber warum in drei Teufels Namen kann eure Frau nicht einfach etwas sagen? Was zur Hölle ist so schwer daran zu fragen. Ich bin die letzte Person auf Erden, die nicht helfen würde! Lasst mich raten, eigentlich solltet ihr mir das Medikament einfach entwenden, stimmts?“ ich starrte ihn wütend an.

„Wäre euch das lieber, Mrs. Frederickson?“ fragte er provozierend. „Nein, natürlich nicht, denn ich komme in Teufels Küche, wenn hier Sachen von Bord verschwinden. Aber das ist euch vermutlich auch ziemlich egal! Das Ganze ist nämlich nicht gerade billig! Aber nun gut, welches Medikament benötigt ihr?“ meinte ich sauer und stieß resigniert die Luft aus.

„Gegen Scharlach, Cephalosporine heißt es, glaube ich.“ Ich sollte lieber selber noch mal nachschlagen, nicht dass ich etwas falsches mitgab.

„Also schön, folgt mir nach unten.“ Haytham kam auf uns zu und fragte, ob alles in Ordnung sei und ich bat ihn ebenfalls mit zukommen.

Gemeinsam betraten wir die Krankenstation. Ich holte das große Medikamenten Buch aus dem Regal und sah noch einmal nach. Es gäbe auch noch die Möglichkeit von Amoxicillin. Doch das würde über mindestens 10 Tage verabreicht werden müssen. Da war Cephalosporine tatsächlich die bessere Wahl.

Ich nahm den Schlüssel für den Schrank mit den wichtigen Medikamenten und fischte 2 Fläschchen raus. Danach verschloss ich ihn sorgfältig wieder und ging an die Schublade mit den Spritzen. Als ich sie aufzog, traute ich meinen Augen nicht! Dort wo eigentlich mindestens zwei Dutzend dieser Folterinstrumente drin sein sollten, lagen nur noch 5 Stück!

Langsam drehte ich mich zu Shay um und er bekam meine ganze Wut zu spüren. „Was glaubt eure Frau eigentlich wer sie ist? WAS hat sie hier noch mitgehen lassen? Ich... ich bin gerade so dermaßen wütend, ich könnte euch jetzt und hier dafür erwürgen! Dieses Weib hat fasst meinen gesamten Bestand an Spritzen mitgenommen und...“ ich drehte mich nochmal um und sah in den anderen Schubladen nach, wo die leichten Schmerzmittel und ähnliches lagern! Auch dort herrschte fast gähnende Leere! Sie schien einfach hineingegriffen zu haben, ohne explizit zu suchen!

„DAS darf nicht wahr sein! Ich... explodiere gleich, glaubt mir... geht mir aus den Augen, oder ich bringe euch um!“ mit diesen Worten, welche ich ihm fast entgegen spuckte, drückte ich ihm nur die Fläschchen in die Hand und schubste Shay hier raus. Ich selber blieb hier unten, denn ich musste mich beruhigen.

„Alex, was hat meine kleine Schwester alles entwendet? Und warum ist das so schlimm?“ fragte mich mein Templer in einem beschwichtigenden Ton.

„Dieses Weib hat mindestens zwei Dutzend Spritzen mitgenommen und einige Schmerzmittel und diversen Kleinkram an wichtigen Medikamenten. Haytham, das wird für mich ein ernstes Nachspiel haben. Ich muss mich rechtfertigen, wohin das alles gegangen ist. Ich kann ja noch nicht einmal sagen, ich brauchte es für Notfälle. Ich habe keine Patientenunterlagen, nichts gar nichts kann ich nachweisen! Zumal mir die Zulassung für eine Krankenstation tatsächlich auch noch entzogen werden kann!“

„Das ist natürlich jetzt schwierig, helfen kann ich dir sicherlich nicht dabei, oder?“ wütend sah ich zu ihm auf. „Nein, DU kannst nichts machen. Oder doch, richte deiner kleinen diebischen Schwester aus, wenn ich sie das nächste Mal sehe, hat sie schlechte Karten!Verdammt, das wird mich ein Vermögen kosten!“ Wütend stapfte ich aus dem Raum und atmete tief durch. Als ich wieder an Deck war, versuchte ich mich immer noch zu beruhigen! Ich war so dermaßen sauer gerade, ich könnte wirklich jemanden umbringen, ganz langsam und mit … lassen wir das!

Rafael bemerkte meine Wut und fragte, mit einem bösen Blick Richtung Haytham, ob alles in Ordnung sei. „Ich erklärs dir später, ok?“ ich sah einfach aufs offene Meer und hoffte dort auf meinen inneren Frieden zu stoßen.

Kapitel 3

 

**** Am späten Mittag ****




Der Ausguck verkündete, dass wir unsere Zielposition erreicht hatten. Die gesamte Mannschaft der Jackdaw war wieder versammelt und wartete auf meine Befehle.

Mein Templer stand mit Shay neben mir und sah mich erwartungsvoll an. Irgendwie fand ich es eigenartig, in seiner Gegenwart meinen Job zu verrichten, ich hatte keinen blassen Schimmer warum.

„Rafael, geh hinunter und schau nach den Generatoren und setze sie in Gang. Yannick, du hilfst ihm dabei. Für alle anderen gilt, holt die Segel ein und hisst unsere Flagge. Löst die Morrigan von der Jackdaw. Dann macht euch bereit, dass wir wieder hinüber können.“ Mit gemurmelten Ayes kam Bewegung in meine Mannschaft.

„Es ist soweit, denke ich.“ sagte ich an Haytham gerichtet. „Ihr solltet jetzt alle von Bord gehen!“

„Wir wussten, dass wir es nicht länger hinauszögern können. Und ich kann dir immer wieder nur danken. Ich bin froh, dass wir uns wieder gesehen haben. Dass du mir gezeigt hast, dass es auch ein anderes Leben geben kann. Und natürlich danke ich dir, dass du nicht mehr den Wunsch hast, mir die Leviten zu lesen!“ ein etwas gezwungenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

„Ja, darüber bin ich ebenfalls froh und glücklich, dass ich diese Reise angetreten habe. Du hast mir ebenso vieles gezeigt.“ Leise an sein Ohr gedrückt, sagte ich noch: „Und ich werde einen Weg finden, wieder in deiner Nähe sein zu können! Doch es wird noch dauern, ich hatte es dir ja erklärt.“

Mit diesen Worten nahm ich sein Gesicht in meine Hände und gab ihm einen letzten leidenschaftlichen Kuss. Dann zog ich mich mit einem wissenden Lächeln zurück und Haytham sah immer wieder über seine Schulter und schüttelte grinsend den Kopf.

Es war eigentlich unfair ihn so im Unklaren zu lassen, aber da ich noch nicht wusste WANN, wollte ich ihm nicht unnötig Hoffnung machen. Das wäre auch nicht fair! So blieb mir und Haytham nur abwarten!

Als alle Morrigan-Angehörigen auf derselbigen waren, ging ich zum Bug und aktivierte den Zeitspiegel. Mit dem wohlbekannten Pfummmp ploppte er auf und waberte vor der Jackdaw dahin. Der Generator für die kleinen Motoren lief und Rafael hatte am Steuer seine Position wieder eingenommen. Wir hatten Strom, aber noch keinen Empfang.

Ich sah zu Shays Schiff hinüber und mir schauten eine Reihe groß und ungläubig aufgerissener Augenpaare entgegen. Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass wir nicht in meine Zeit segeln würden, sondern die Motoren nutzen würden.

Auch mein Templer stand an der Reling und sah erwartungsvoll zu mir auf. Ein letztes Mal warf ich ihm einen Handkuss zu und winkte, dann setzte sich die Jackdaw etwas schwerfällig in Gang, aber nahm gut Fahrt auf. Ich lief an der Reling entlang bis zum Heck, immer mit dem Blick auf Haytham und mir wurde mal wieder schmerzlich bewusst, dass ich so etwas nur noch EINMAL machen würde und dann für immer! So der Plan!

Ich wollte an seiner Seite sein, auch wenn es schwer werden würde! Ich konnte nicht anders.

Ein Ruck ging durch die Brig und das Gefühl der Schotterpiste tobte in mir. Als mein Blick wieder klar wurde, waren wir bereits im 21. Jahrhundert und hinter uns schloss sich langsam der Zeitspiegel! Ich streckte meine Hand aus, so als könne ich noch etwas ertasten. Aber das war großer Blödsinn!

Nur dieser kleine Funken im Hinterkopf ließ mich nicht wieder zusammenbrechen. Naja, nicht ganz. Ich stand am Heck und starrte auf das leere Meer, in der Hoffnung die Morrigan würde ebenfalls noch hindurch gekommen sein. Aber es passierte nichts mehr und so stand ich einfach dort und ließ meinen Tränen ihren Lauf.

Wir waren zurück, im Mai 2019 und es war strahlender Sonnenschein, völlig unpassend zu meinen Emotionen!



**** Später Abend des selben Tages ****
 



Wir hatten uns langsam wieder akklimatisiert und hatten zu Abend gegessen. Ich fühlte mich irgendwie leer, einsam aber nicht alleine. Um mich herum waren meine Freunde, sie alle freuten sich auf ihr Zuhause, ihre Familien. Worauf freute ich mich eigentlich? Im Kopf machte ich eine Liste von Dingen, die ich in den letzten Wochen sehr vermisst hatte.

Dazu gehörte eine heiße Dusche, ein sauberes Bett mit einer weichen Matratze und einer Jogginghose und T-shirt! Nicht viel, aber ich freute mich genau darauf am meisten.

Meinem Sohn fehlten seine Freunde und er wollte endlich mit seiner Narbe prahlen. Naja, so gut es ging, denn alles durfte er ja nicht preisgeben. Er hibbelte auf der Bank herum, als hätte er Hummeln im Hintern. Aufgeregt zählte er alles auf, was er als erstes essen wolle. Pizza, Döner, Pommes und Cola und Energy... Und, wie sollte es anders sein, seine geliebte PS4 wurde auch noch in seine Aufstellung mit einbezogen.

Dann bekamen wir das Zeichen, dass wir den Hafenbereich in Cuxhaven erreicht hatten. Also hieß es jetzt, einpacken und die letzten Minuten mit Ordnung schaffen verbringen. Ich ging in meine Kajüte und fing an, meine persönlichen Sachen, wie Seife, Bücher, Schreibzeug und Toilettensachen einzupacken. Als ich mein Bett machte, stieg mir Haythams so eigenwilliger Geruch in die Nase. Das Kissen roch nach Seife und Lavendel und ich hielt es an meine Nase und sah meinen geliebten Templer wieder vor mir in der letzten Nacht! Mit einem leicht roten Kopf und dümmlichen Grinsen sah ich auf mein Schlaflager hinunter, seufzte tief und richtete es dann her!

Als ich auf meinen Schreibtisch blickte, fiel mir ein kleines Paket auf. Es war in Papier gewickelt und mit Bindfäden verschnürt. Nanu, dass hatte ich den ganzen Tag überhaupt nicht bemerkt. Doch ich konnte mir denken, WER es hier hingelegt hatte. Aber sollte ich es jetzt schon öffnen?

Ich beschloss es auszupacken, wenn wir in unserer Wohnung sind und ich mit einem guten Glas Wein zur Ruhe kommen konnte auf der Couch. Also verstaute ich das Bündel in meiner Umhängetasche und sah mich noch einmal um. Die Papiere waren verstaut, alle Regale leer. Meine Truhen standen zur Abholung bereit. Mein kleiner Seesack hing mir über der Schulter. Ein letzter Blick zurück und ich verließ meine Kajüte.

Ich würde sie nie wieder betreten, wenn alles so klappte, wie ich es mir ausgedacht hatte. Doch ich sollte falsch damit liegen! Denn ich hatte etwas entscheidendes vergessen!

Wir gingen von Bord und ich besprach mit der Hafenbehörde das weitere Prozedere. Die Jackdaw würde jetzt erst einmal wieder ins Trockendock kommen und auf eventuelle Schäden überprüft. Danach sollte sie dort bleiben bis auf weiteres.

Wir machten uns alle auf den Weg zu unseren Autos und einige nahmen den Bus oder ein Taxi zum Bahnhof. Als ich wieder in meinem Sternchen saß, überkam mich ein eigenartiges Gefühl von Euphorie. Ich habe keine Ahnung, woher diese rührte. Aber ich sah zu meinem Sohn hinüber und auch er hatte ein Strahlen im Gesicht. Ich nahm seine Hand und drückte sie. „Wir sind wieder zuhause! Und das in einem Stück und heile! Ich bin stolz auf dich!“ und ein dicker Schmatzer landete auf seiner Wange. Hier konnte er sich ja nicht davor drücken!

„Danke Mum, aber... worauf bist du stolz? Dass ich so lange das Bett gehütet habe, weil ich in die Flugbahn eines Dolches gelaufen bin?“ ein dämliches Grinsen spielte um seinen Mund.

„Ja, darauf auch, du Blödmann! Du weißt, was ich meine. Und jetzt, lass uns nach Hause fahren. Willst du noch bei Mäcces vorbei? Oder lieber direkt die 3 Stunden durchfahren?“ Mir wäre es lieber durchzufahren.

„Lass uns durchfahren, dass können wir morgen oder so auch noch nachholen. Ich will einfach nur in mein Zimmer!“

Erst jetzt fiel mir ein, dass ich noch gar nicht mein Handy eingeschaltet hatte, vermisst hatte ich es nicht wirklich in den letzten Wochen! Die ganze Zeit über hatten Yannick oder Rafael das übernommen. Also schaltete ich es ein und in einer Tour kamen jetzt Nachrichten rein. Diese würden aber jetzt noch warten müssen.

Ich ließ den Motor an und lenkte mein Auto vom Parkplatz in Richtung Heimat!

Kapitel 4

 

**** Späte Nacht am selben Tag ****




Wir kamen gegen 2 Uhr vor unserer Haustür an. Erschöpft, müde und steif stiegen wir beide aus und ich fischte die Haustürschlüssel aus meiner Tasche. Jetzt noch schnell die Sachen nach oben hieven und dann... DUSCHEN!!!! Wir würden uns wahrscheinlich drum prügeln müssen!

Als Yannicks und mein Hab und Gut oben im Flur und in den Zimmern verteilt war, sah ich erst einmal nach meinen Pflanzen. Da diese eh entweder Wüste oder Sumpflandschaft kannten, ging ich davon aus, sie haben überlebt. Und so war es auch! Etwas trocken, aber mit einem Schluck Wasser würde ich ihnen schnell aushelfen.

Während ich mit dieser WICHTIGEN Aufgabe beschäftigt war, genoss mein Sohn die wohlverdiente Reinigung in der Nasszelle! Ich hörte ein seliges und zufriedenes „Boahhhhhh, ist das geil!!!!!“ Und musste lachen, ich konnte ihn so gut verstehen!

Ich sortierte schon mal die Schmutzwäsche, das würde ich aber erst morgen in die Maschine werfen.

Als mein Sohn nach einer gefühlten Ewigkeit endlich das Bad räumte, war ich an der Reihe und... auch ich ließ mich hinreißen, so selig zu stöhnen. Es war wirklich geil! Gereinigt und in eine Jogginghose und T-shirt gehüllt, holte ich mir den Wein aus dem Kühlschrank, schnappte mir ein Glas und setzte mich ins Wohnzimmer auf meine weiche kuschelige Couch. Eine Wohltat, wenn man bedenkt, dass die Möbel damals einfach nicht so komfortabel gepolstert waren.

Der Wein war super lecker und ich genoss die ersten Schlucke in aller Ruhe. Dann fiel mir aber das kleine Päckchen wieder ein, welches mir vermutlich Haytham dagelassen hatte. Wer sonst hätte es sein sollen?

In meiner Tasche wurde ich fündig und schnitt die Schnüre auf und wickelte das Papier ab. Zum Vorschein kamen Bücher. Ungefähr DIN A5 große in dunkelblaues Leder gebundene kleine Bücher. Perplex sah ich sie mir an. Es waren 19 Stück! Und alle trugen die Initialen HEK auf dem Einband und darunter das Templerkreuz.

Hatte er mir jetzt ernsthaft... das konnte doch nicht sein Ernst sein! Ich schlug das oben liegende auf und fing an zu lesen:

6. Dezember 1735

Vor zwei Tagen hätte ich eigentlich meinen zehnten Geburtstag feiern sollen, zu Hause am Queen Anne´s Square. Stattdessen verstrich mein Geburtstag unbemerkt – es gab keine Feier, nur Begräbnisse, und unser ausgebranntes Haus hockt wie ein schwarz gewordener, fauler Zahn zwischen den hohen weißen Villen am Queen Anne´s Square.

Einstweilen wohnen wir in einem von Vaters Anwesen in Bloomsbury. …


Fassungslos starrte ich die feine geschwungene Handschrift auf den Seiten an. Sprachlos schaute ich auf die anderen kleinen Bücher nieder. Und ich spürte, wie ich mal wieder meine Tränen nicht zurück halten konnte.

Haytham hatte mir seine Tagebücher überlassen? Alle, die er bisher verfasst hatte? Bis zum 10. Oktober 1759, bis wir uns trennten? Mir fehlten die Worte und ich stand wie aufgezogen auf und ging zu Yannicks Zimmer. Auf mein Klopfen kam ein freudiges herein und ich betrat sein Reich. „Er hat mir seine Tagebücher übergeben!“ war alles, was ich sagen konnte und sackte auf dem Boden zusammen.

Mein Sohn war mit einem Satz bei mir. „Mum, alles in Ordnung? Du meinst Kenway? Wann hat er sie dir gegeben?“ er sah mich besorgt an und half mir wieder auf.

„Ich weiß es nicht, sie lagen in der Kajüte auf meinem Schreibtisch der Jackdaw. Ich habe sie vorhin erst gesehen und eben ausgepackt. Ich dachte, es wäre IRGENDEIN Buch. Was mach ich denn jetzt?“

„Du liest sie, ist doch ganz klar. Deswegen wird er sie dir doch sicher gegeben haben? Damit du vielleicht einen klareren Blick auf alles hast, oder was weiß ich. DU kennst ihn besser als ich!“ meinte Yannick etwas zu spitz nach meinem Geschmack.

„Ich weiß nicht, ich bezweifle, dass er genau DAS wollte. Er war zum Beispiel nicht gerade davon angetan, dass dieser Autor Oliver Bowden seine Tagebücher zitiert hatte und sie allen zugänglich gemacht hat. Warum sollte er JETZT wollen, dass ich sie lese? Zumal ich sie ja, vermutlich, in unzensierter Form bekommen habe. Bei Odin, ich weiß gar nichts mehr!“

Ich saß auf seinem Bett und starrte vor mich hin. „Mum, die Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen. Und wenn dir das unangenehm ist, dann warte erst einmal und lass Gras über die Sache wachsen. Irgendwann bist du bereit, sie zu lesen.“ Er setzte sich neben mich und legte seinen Arm um mich. „Jetzt ist es vielleicht wirklich noch zu früh. Die ganzen Ereignisse und so sind noch so frisch. Ich bin auch noch gar nicht richtig wieder hier. Weißt du, jetzt kann ich dich auch verstehen. Immer wenn du von einer solchen Reise kamst, warst du erstmal gar nicht wirklich wieder hier. Jetzt kenne ich dieses Gefühl!“

Ich lächelte meinen Sohn an und nahm ihn ebenfalls in den Arm und drückte ihn. „Ja, du hast Recht. Ich werde sie erst einmal weg legen und zusehen, dass ich hier wieder zurecht komme. Irgendwann die Tage lass uns dann zum Büro fahren und klären, wie es jetzt weiter geht, ja?“

„Ok, ich bin dabei. Dann kann ich morgen ausschlafen und mich mit Tom treffen? Wir wollten ne Runde Rainbow zocken mit ein paar Freunden! Köööööönnnntest du mich viiiiiiiiiiielleicht hin bringen???“ Ein breites Grinsen und der Dackelblick genügte um mich automatisch „Ja!“ sagen zu lassen.

Ich stand auf und ging wieder ins Wohnzimmer. Auf einmal fühlte ich mich etwas besser, nicht mehr so bedrückt. Ich nahm die Tagebücher und verstaute sie in einer der Schreibtischschubladen und machte mich dann daran, die Flasche Wein zu genießen. Ich hatte mir mein Laptop geholt und schaute irgendwelche dummen Videos auf YT zum Ablenken, bis ich dann müde wurde und ins Bett ging. Für Emails und dergleichen war morgen noch Zeit genug, dachte ich mir.


**** Der erste Traum ****


Ich lag in seinen Armen. Mein Blick war auf den hellblauen Himmel gerichtet und ich hörte seinen leisen gleichmäßigen Atem neben mir. Sein Körper wärmte mich und ich fühlte mich wie schwerelos.

„Es ist unglaublich schön hier, Haytham. Ich würde so gerne hier wohnen!“ Ich sah zu ihm auf und ich bekam ein warmes Lächeln zurück.

„Hier? Du willst dich wirklich mit dem bösen Templer hier an diesem Bergsee niederlassen?“

Mein Herz setzte für einen Moment aus und ich fühlte tausend Dinge gleichzeitig! „Ja, denn deswegen bin ich doch wieder hier!“ Ich klammerte mich an den Großmeister...

Doch plötzlich fiel ich wie durch eine Wolke auf den Erdboden zu. Warum hat er mich nicht gehalten??? Warum lässt er mich los??? Schoss es mir noch durch den Kopf!

Und dann schlug ich im Gras auf …


Mit einem heftigen Zucken wurde ich wach und mir taten alle Muskeln weh. Gleichzeitig musste ich mit einer Trauer kämpfen, von der ich nicht wusste, dass ich sie in mir hatte!

Ich verstand diesen Traum nicht. Ich wusste nicht, was er zu bedeuten hatte. Kann es sein, dass er eine Warnung sein sollte? Wollte mir mein Unterbewusstsein damit sagen, dass ich mir meine bescheuerte Idee aus dem Kopf schlagen soll? Nein... das wollte ich nicht wahrhaben. Ich werde meinen Plan umsetzen. Auch wenn es noch einige Monate oder Jahre der Planung bedurfte. Ich werde wieder zurück gehen!

Aber zuerst musste ich mich um meinen Sohn kümmern. Ich musste ihn sicher wissen, wissen, dass er auf eigenen Beinen steht und nicht mehr meiner Hilfe bedarf.

Und dann musste ich hier mein Leben abschließen und mich von allem trennen. Geistig wie auch physisch! Eine Herausforderung, der ich mich noch stellen musste und die mit Sicherheit nicht einfach werden würde!

 

Kapitel 5

**** Der nächste Morgen (20. Mai 2019) ****



Ich stand etwas schwerfällig auf und ging leise ins Bad. Es war erst 8.30 Uhr und ich wollte meinen Sohn nicht schon so früh aus dem Bett werfen. Also machte ich mich leise fertig und ging dann in die Küche.

Was hatte ich sie doch vermisst. Als ich den Kühlschrank öffnete, sah ich erst, dass meine Freundin gut vorgesorgt hatte. Gestern Nacht hatte ich nicht mehr darauf geachtet. Fast alle meine Lieblingsspeisen waren da und es fehlte nichts. Memo an mich: Bedank dich nachher gleich richtig!

Ich schmiss meine Kaffeemaschine an und holte die Dose Kaffee aus dem Schrank. Der Duft von diesem unglaublichen köstlichen und sagenhaften Heißgetränk ist einfach soooo umwerfend... entschuldigt. Ich schweife ab. Kurz darauf stieg mir der Kaffeeduft in die Nase und ich schnappte mir meinen Becher.

Bewaffnet damit ging ich ins Wohnzimmer an meinen Schreibtisch und schaltete den Rechner an. Dieses wohlvertraute Geräusch war wie Musik in meinen Ohren und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Wie wir uns doch an so viele Dinge einfach gewöhnt haben, Geräusche die für uns selbstverständlich geworden sind... Meine Gedanken schweiften ab und ich dachte über diese Stille nach, die ich so oft in den Nächten des 18. Jahrhunderts erlebt hatte.

Hier war es immer irgendwie lebendig. Man hatte ständig Geräusche um sich herum, es war nie still.

Als mein PC hochgefahren war, rief ich meine Emails auf. Da hatten sich so einige angestaut. In den meisten normalen Mails wurde aber oft nur gefragt, wann ich wieder im Lande sei. Nicht jedem konnte ich erzählen, dass ich zwischen den Zeiten reiste. Viele Bekannte dachten, ich sei im Ausland unterwegs. Nun ja, es war ja eigentlich auch so ähnlich.

Die Firmenmails und Anfragen von meinem Mentor beantwortete ich schon mal. Denn wir würden uns ja eh in den nächsten Tagen dann zusammen setzen und dort würde ich dann meinen Bericht abgeben.

Gleichzeitig fing ich aber an, wieder im Jahr 1759 rum zu stochern. Denn ich wollte schon mal anfangen, mich mit den folgenden Jahren auseinander zusetzen, damit ich besser planen könnte. So in meine Gedanken versunken und mit dem Lesen beschäftigt, hatte ich Yannick gar nicht bemerkt, der plötzlich neben mir stand.

„Mum, was machst du da? Du bist schon wieder am weiter forschen? Du willst nicht ernsthaft sofort NOCH eine Reise antreten, oder? Du bist gerade erst wieder zurück!“ mit einem zweifelnden Ausdruck im Gesicht, sah er mich an.

„Du hast mich ganz schön erschreckt, Yannick!“ maulte ich ihn an. „Das ich zurückkehre steht ja fest. Doch es gibt noch einiges zu erledigen und wann, das steht noch nicht fest und auch nicht ob es tatsächlich dazu kommen kann.“ antwortete ich nur.

„Das sagst du jetzt doch nur, um mich zu beruhigen. Lass mich raten, du hast schon einen Plan angefangen zu schmieden. Ich kenne diesen Ausdruck von dir! Und ich weiß, du willst dann dort bleiben. Ich kann es ja auch irgendwie verstehen, denn ich habe mit Master Kenway darüber gesprochen. Doch... jetzt? So schnell wieder?“ ein trauriger Ausdruck legte sich auf sein Gesicht.

„Ich sage das nicht um dich zu beruhigen, sondern weil ich erstmal hier aufräumen muss, Yannick! Das braucht Zeit, vermutlich noch einige Jahre. Und erst, wenn ich sicher bin, dass du versorgt bist, werde ich gehen. Ich gehe nicht einfach so, das könnte ich gar nicht machen!“ sagte ich beschwichtigend und lächelte ihn an.

„Es tut mir leid, ich hätte nicht so unfair sein sollen. Aber ich mache mir nun mal Sorgen um dich! Und ich möchte doch nur, dass es dir gut geht!“ Yannick stellte sich hinter mich und umschlang mich mit seinen langen Armen und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. „Ich gehe jetzt duschen.“

Im Hinausgehen kam zögerlich „Duhuuuu, Mum, denkst du daran, dass ich noch weg wollte heute?“ Ich sah zu meinem Sohn hinüber. „Ja, daran denke ich. Keine Sorge!“

Er verschwand im Bad und ich schloss die Seiten mit meiner Recherchen vorerst und fuhr den PC wieder runter. Jetzt hatte ich keine Ruhe mehr dafür. Später konnte ich ja noch einmal einen Blick darauf werfen.

Ich schmiss die dreckige Wäsche in die Maschine und begann mich langsam einzurichten. Dabei fiel mir das Buch „Forsaken“ wieder in die Finger, doch bevor ich wieder anfing zu grübeln, verstaute ich es schnell in meiner Nachttischschublade. Ich machte mein Bett und hatte plötzlich die Bilder von Shays und auch Haythams Schlafzimmer im Kopf. Ich schüttelte meinen Kopf, um diese Gedanken zu verdrängen. Jeder Handgriff rief in mir eine Erinnerung hervor. Es war zum verrückt werden.

Vielleicht sollte ich unseren hausinternen Psychologen die Tage mal zu Rate ziehen. Denn ich konnte so nicht weiter machen, es zehrte jetzt schon unendlich an meinen Nerven und ich hatte Angst, es könnte noch schlimmer werden.

Mittags aßen wir noch eine Kleinigkeit bei unserem Lieblingsgriechen und ich brachte danach meinen Sohn zu seinem Freund Tom. Dieser hatte ein regelrechtes Leuchten in den Augen, als er Yannick begrüßte. Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten und waren fast wie Brüder. Toms Mutter erschien in der Tür und wir unterhielten uns noch kurz, wann ich denn meinen Sohn wieder abholen wolle und über die üblichen Kleinigkeiten des Alltags. Da im Moment in der Schule der beiden Jungs der Unterricht ausfiel, weil durch einen Sturm einige Beschädigungen entstanden waren, beschlossen wir, dass Yannick bis Sonntag ruhig bleiben könne. Ich würde mich umgekehrt dann genauso wieder revanchieren!

Ich ging zurück zum Auto und fuhr ein wenig ziellos durch die Gegend, bis ich an meinem Lieblingswaldstück ankam und ausstieg. Es war kalt geworden, aber die Luft war klar und die Sonne kam raus. Also machte ich einen ausgiebigen Spaziergang, um meinen Kopf frei zu bekommen.

Nach etwa eineinhalb Stunden ging ich zurück, setzte mich in mein Sternchen und fing an zu weinen. Der Waldspaziergang hatte meinen Kopf keineswegs frei gepustet. Im Gegenteil, in mir keimte immer mehr der Wunsch, so schnell wie möglich wieder zurück zu gehen. Es tat innerlich schon regelrecht weh, dieser Drang. Ich konnte es nicht abstellen. Kurzerhand machte ich einen Termin bei unserem Psychologen. Nächste Woche konnte ich schon dran kommen, perfekt!

Und was machte ich jetzt mit meinem angebrochenen Tag? Und... vor allem, was machte ich in den nächsten Tagen, wo ich alleine war? Vielleicht sollte ich einige Freundschaftsbesuche machen. Das wäre sicherlich besser, als zu hause zu hocken und Trübsal zu blasen! Während ich jetzt so unterwegs war, rief ich bei meinen zwei besten Freundinnen an und wir machten für die nächsten Tage ab, dass ich zum Kaffee rum komme. Das würde mir sicherlich gut tun.
 

Kapitel 6

 

**** 24. Mai 2019 ****



Die letzten Tage hatte ich mit meinen Freundinnen verbracht, wir waren Essen und im Kino und ich war beim Friseur gewesen. Gestern war ich dann noch in der Therme und habe die Sauna und die Massagen genossen. Diese Annehmlichkeiten hatte ich tatsächlich vermisst und ließ mich verwöhnen.

Allmählich fiel die Anspannung von mir ab und ich integrierte mich wieder in meinen Alltag und mein altes Leben. So gut es denn eben geht.

Nachmittags stand ich dann vor Toms Tür und ein mürrischer Teenager kam mir entgegen. „Man, kann ich nicht noch ein bisschen bleiben. Es war so geil hier!“ Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

„Nein, leider geht das nicht. Morgen ist auch wieder Schule und dein Alltag fängt wieder an. Aber sei beruhigt, im Sommer kannst du bereits deine Ausbildung anfangen und brauchst dann nicht mehr täglich in die Schule!“ meinte ich aufmunternd.

„Na toll, das ist ja noch ne Ewigkeit hin!“ maulte Yannick und war sichtlich sauer und übel gelaunt.

„Es hilft ja nichts. Du musst halt Geduld haben!“ sprang mir Toms Mutter jetzt bei. „Tom hat auch überhaupt keinen Bock mehr!“

Wir verabschiedeten uns und fuhren noch beim Italiener vorbei, um uns unser Abendessen abzuholen. Denn auf Kochen hatte ich heute keine Lust.

So saßen wir dann mit unserer Pizza und den Spaghetti im Wohnzimmer auf der Couch und schauten eine Runde Netflix. Ich hatte noch einige Folgen von „Black Butler“ die ich nachholen musste. Gegen 22 Uhr war dann Schicht im Schacht und wir gingen Schlafen. Morgen früh müssten wir beide wieder zeitig aus den Federn.

 

**** 25. Mai 2019 ****




Der Morgen kam wieder einmal viel zu früh und meinen Wecker hätte ich gerne gekillt! Verschlafen stand ich auf, denn mich plagten die Träume um meinen geliebten Templer und raubten mir den erholsamen Schlaf.

Die Küche rief und mein Kaffee auch. Als ich die heiße Tasse in meinen Händen hatte, erschien mein Sohn ebenfalls sehr übellaunig, genau wie gestern schon. „Morgen!“ maulte er nur und verschwand im Bad. Ich konnte es ihm nicht verübeln.

Danach machte ich mich fürs Büro fertig und packte meine bisher fertigen Aufzeichnungen und dergleichen ein. Gleichzeitig wappnete ich mich für die Fragerunde, der ich dann die nächsten Tage in unserer Werkstatt ausgesetzt sein würde. Sie waren ja alle ebenfalls neugierig.

Ich fuhr Yannick zur Schule und machte mich auf den Weg Richtung Assassinen-Büro. Dort angekommen empfingen mich meine Brüder und Schwestern freudig und erleichtert, dass ich wieder heile angekommen bin. Die Crew der Jackdaw sollte im Laufe des Vormittags auch noch erscheinen, denn sie warteten noch auf die Bezahlung. Und die hatten sie sich redlich verdient.

Als wir alle versammelt in der kleinen Küche saßen, fing ich an über die Geschehnisse zu berichten. Zwischendurch kamen Einwürfe bezüglich meines durchaus tolpatschigen Verhaltens ab und an oder eben auch belustigtes Prusten. Aber alles in Allem hörte man mir gebannt zu und unterbrach mich nicht.

Nach gefühlten 100 Stunden Erzählung, meinte mein Mentor nur: „Dieses Mal scheinst du die Reise aber besser zu verkraften, als die letzten Male! Du siehst auch nicht so gehetzt aus, eher so, als hättest du abgeschlossen.“

Da hatte er ja nicht ganz unrecht, aber hatte ich nicht mit dem 18. Jahrhundert abgeschlossen, sondern fing langsam an mit meinem Leben hier abzuschließen, denn dieses wollte ich hinter mir lassen. Aber ich traute mich noch nicht, das zu erwähnen und zur Sprache zu bringen. „Abgeschlossen wäre zu früh gesagt, aber ich weiß, was ich will und das hilft mir bei der Verarbeitung! In den nächsten Tagen habe ich einen Termin mit dem Psychologen. Dann sollte ich vollends einen klaren Kopf bekommen.“

„Das solltest du tatsächlich machen und schaden kann es ja nicht.“ kam es einstimmig vom Mentor und Rafael.

Gemeinsam fingen wir an, meine Erlebnisse aufzuzeichnen und zu analysieren. Es war eine ganze Menge, auch an technischen Daten zu bearbeiten und auszuwerten. Gerade weil es um die Vorläufer-Warnungen ging und alles was damit noch einherging mussten wir untersuchen. Wir zogen zwei Sprachen-Experten hinzu, um die Schriftzeichen entziffern zu können. Der Ring von Marius war tatsächlich ein anderer und bewirkte eben, dass eines dieser Wesen transportiert werden kann. Wer aber nicht weiß, was genau zu beachten ist, wird Gefahr laufen, besetzt zu werden. Zumal auch noch die Warnung, welche mir auch Faith gegeben hatte, auftaucht. Das Gleichgewicht!

Dieser Gedanke war immer noch unheimlich und ich ertappte mich dabei, wie mir eine Gänsehaut über denn Rücken lief. Ob es nun falsch war oder nicht, konnte ich nicht beurteilen. Aber ich erwähnte von den Familien-Geheimnissen von Familie McGregor-Williams vorerst nichts. Diese Nachforschungen stellte ich für mich alleine an, auch wenn es Faith gegenüber sicherlich unfair wäre, doch wenn man mich so im Unklaren lässt, dann muss ich halt selber suchen!

Das große Problem war nur, diese Dinge standen in Chroniken und Aufzeichnungen der Templer! Und wie ich daran kommen sollte, war immer noch die Frage. Denn Anna Richter würde mich bestimmt nicht mit offenen Armen empfangen! Jetzt wäre Marius hilfreich, aber der war wie vom Erdboden verschwunden und hatte sich, solange wie wir wieder zurück sind, nicht einmal gemeldet oder blicken lassen!

Sollte ich eventuell doch mal versuchen mit ihm zu sprechen? Aber mir schoss in den Kopf, dass er vermutlich sowieso nichts mehr weiß, da man ihn sicherlich des Ordens verwiesen hatte. Mist!!! Doch wenn dieses Wesen eine Fähigkeiten hinterließ, welche wäre es dann bei Marius gewesen? Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich früher oder später mit meinem Ex auseinander zusetzen.

Eigentlich hätte ich ja ein gewisses Druckmittel in der Hand. Wir waren im Besitz der Schatulle UND dem Manuskript! Doch sollte ich DAS als Gegenleistung einsetzen? Nein, war mein Gedanke. Ich sollte lieber noch schauen, ob sich nicht eine Alternative auftat. Wir sollten es vorerst unter Verschluss halten.

Die nächsten Tage verliefen tatsächlich sehr entspannt und ich konnte mich mit meiner Arbeit ablenken und die Gespräche mit meinem Seelenklempner halfen mir zusätzlich sehr dabei.

So vergingen die Tage und Monate ohne nennenswerte Ereignisse. Ich nahm einige „Außendienst“ Aufträge wahr und konnte so auch Yannick noch weiter ausbilden und auf seine zukünftige Arbeit vorbereiten. Ablenkung... doch mein Templer spukte weiter in meinem Kopf herum und bescherte mir diverse schlaflose Nächte!

Und natürlich hatte ich ein riesiges Theater mit den Behörden, wegen der fehlenden Utensilien und Medikamenten von meinem Schiff. Ich musste tief in die Tasche dafür greifen und versuchte alles zu erklären. Es hätte einen Überfall gegeben, so gab ich bei meinem Bericht an. Mehr konnte ich nicht tun. Doch ich würde es dieser diebischen Schottin schon noch unter die Nase reiben!

Kapitel 7

 

**** 9. September 2019 *****



Die Zeit verging wie im Flug. Doch Haytham hatte ich immer noch im Hinterkopf und in meinem Herzen, dass konnte ich nicht leugnen. Es tat mir von Tag zu Tag mehr weh, ohne ihn leben zu müssen. Hin und wieder ertappte ich mich dabei, wie ich die Ringe in die Hand nahm und nach den Koordinaten sah.

Jedoch machte sich ein anderer Gedanke in meinem Kopf breit: Was würde passieren, wenn ich zurück ginge und er überhaupt nicht wollte, dass ich blieb? Damit musste ich ja auch rechnen, denn so abwegig war das nicht. Aber ich verdrängte diese dunklen Schatten. Vorerst.

Yannick hatte mittlerweile eine Ausbildung zum IT-ler begonnen und liebte es. Ich war froh, dass er so viel Freude an seiner Arbeit hatte. Auch hatte er eine Freundin, ein wirklich hübsches Mädel, Melissa hieß sie und war 16 Jahre alt und machte eine Ausbildung in einer Tischlerei. Mit anderen Worten, mein Sohn war beschäftigt und ich hatte nicht mehr so wahnsinnig viele Verpflichtungen ihm gegenüber. Denn er war in den letzten Monaten immer selbstständiger geworden. Seine Freundin wohnte eigentlich bei uns, da sie mit ihren Eltern immer wieder aneinander geriet und dort nicht mehr bleiben wollte. Ich hatte damit kein Problem, wir mussten nur sehen, dass sie nichts von den richtigen Tätigkeiten mitbekam, welchen wir nachgingen. NOCH nicht, denn irgendwann müsste ich sie einweihen.

Yannick hatte einen Führerschein und das begleitende Fahren endete in ein paar Tagen auch schon. Sein richtiger 18. Geburtstag stand an und ich freute mich für ihn, dass er dann endlich selber mobil sein könne. Ich hatte mit Rafael zusammen ein eigenes Auto für ihn besorgt, welches er an seinem Geburtstag bekommen sollte.

 

**** 30. September 2019 ****



Es war soweit. Yannick wird volljährig. Es ist ein sehr seltsames Gefühl, wenn das eigene Kind plötzlich ganz offiziell zu den Erwachsenen gehörte. Aber ich empfand auch Stolz und freute mich für ihn. Seltsam war nur, dass er eigentlich zweimal seinen Geburtstag gefeiert hat. Leider konnte er aber niemandem von dem anderen erzählen, geschweige denn seine Geschenke präsentieren.

Als wir ihm feierlich die Schlüssel für seinen fahrbaren Untersatz überreichten, leuchteten seine Augen und, oh Wunder, er war sprachlos! Das erste eigene Auto, kein Neuwagen oder so, aber es war gut in Schuss. Jetzt musste ich ein weiteres Kapitel abschließen. Der nächste Schritt in seine eigenständige Zukunft... Und meine eigenen Pläne wurden weiter in den Vordergrund geschoben, auch wenn es sich egoistisch anhört!

Wir alle gingen an diesem Abend noch Essen und anschließend verließen wir „alten“ Erwachsenen die Runde. Denn die Freunde warteten schon sehnsüchtig auf das Geburtstagskind.

Ich verabschiedete mich von Yannick und auch von meinen Kollegen und machte mich auf den Weg nach Hause. Während ich so nach Hause fuhr, ging mir mein Plan wieder durch den Kopf. So langsam wurde es ernst und die nächsten eineinhalb Jahre würden vermutlich auch schneller rum sein, als man glaubt.

In meiner Wohnung nahm ich mir ein Glas und meinen Wein aus dem Kühlschrank und setzte mich ins Wohnzimmer. Ich grübelte immer noch darüber, WIE ich hier alles beenden sollte. Mich plagte jetzt schon das schlechte Gewissen meinem Sohn gegenüber. Was die Arbeit anbelangte, so hatte ich weniger Skrupel. Ich ging davon aus, meine Brüder und Schwestern würden das schon nachvollziehen können. Doch auch darüber musste ich nachdenken. Will ich der Bruderschaft treubleiben oder doch den Templern meine Treue schwören. Das ist keine Entscheidung aus einer Weinlaune heraus, sondern es war essentiell. WAS wollte ich... ich wollte BEIDES. Aber vereinen konnte ich die beiden Organisationen im Moment noch nicht so einfach. Aber ich sollte mich erst einmal um die profanen Dinge in meinem Leben kümmern.

Seltsame Gedanken

Ich ging an meinen Schreibtisch, um die Unterlagen für die Wohnung herauszusuchen. Dabei fielen mir die Mappe mit der Schenkungsurkunde der Jackdaw und die Tagebücher von Haytham wieder in die Hände. Die hatte ich tatsächlich vergessen, oder besser gesagt, erfolgreich verdrängt, dass ich sie ja lesen wollte.

Wollte ich das wirklich? Sollte ich sie lesen? Ich bezweifelte immer noch stark, dass mein Großmeister es so angedacht hatte. Meine Finger fuhren über den Einband und über die Initialen und eine eigenartige Wärme durchströmte mich plötzlich. Es war ein Gefühl, als würde ich ihm wieder nahe sein. Ein wenig erschrocken sah ich mich in meinem Wohnzimmer um, denn ich hatte den Eindruck ich würde beobachtet. Eine gewisse Präsenz schien im Raum zu sein. Aber es war nichts auszumachen. Vermutlich bildete ich mir das auch nur ein und es war die Wunschvorstellung, welche mir mein Gehirn vorgaukeln wollte. Doch der Gedanke, dass mir ja Edward im Nacken saß, vermittelte mir das Gefühl, dass ich nicht ganz falsch lag. Doch ich nahm nichts wahr, keine weitere Aura!

Ich legte die Bücher nicht zurück in die Schublade, sondern ließ sie auf der Arbeitsplatte liegen und nahm mir den Ordner meiner Wohnung und fing an, eine Anzeige zu schreiben für den Verkauf.

Nur irgendwie sträubte sich etwas in mir, sie einem Fremden zu überlassen. Ich hielt inne und plötzlich war es eine Eingebung, welche mir sagte: Schenk sie deinem Sohn. Dann bleibt sie in der Familie und er ist abgesichert! Meine Jackdaw habe ich ja auch nicht ohne Hintergrund DIR überlassen! Etwas verwirrt sah ich mich um, war das gerade Edward in meinem Kopf gewesen? Ich schüttelte mich um wieder klar zu denken! Genauso werde ich es machen. Ich machte mir eine Notiz in mein Handy, dass ich in den nächsten Tagen einen Termin bei einem Notar machen sollte.

Somit war das, vorerst, schon einmal geklärt und ich fühlte mich besser. Und so ging ich dann ins Bett, denn auf Yannick warten wäre totaler Quatsch. Die würden feiern bis zum Umfallen und morgen ordentlich verkatert aufwachen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich stellte ihm schon einmal ein Glas Wasser und eine Ibu hin, mit einem Zettel, dass ich ihm einen guten Morgen wünschte.

Ich lag noch nicht lange im Bett, als ich es poltern hörte. Die Badezimmertür wurde aufgerissen und ich hörte nur noch ein Würgen. Tja, warum säufst du auch so viel. Aber ich war schon wieder auf den Beinen und stand meinem Sohn bei, als er wie ein Häufchen Elend vor dem Klo hing. Ich verfrachtete ihn heile in sein Bett mit einem Eimer davor für Notfälle und ging dann wieder schlafen. Naja, so gut es eben ging. Aber ich hatte die ganze Zeit ein Schmunzeln auf dem Gesicht. Eimer... der Großmeister …

Meine Träume waren entsprechend verworren und sehr eigenartig.

Der nächste Morgen war für Yannick nicht wirklich gut, aber er riss sich zusammen und ging auf Arbeit. Ich selber machte mich auf den Weg zur Werkstatt, denn ich hatte früh morgens die Nachricht bekommen, dass ein neuer Auftrag anstand und wir die Besprechung dafür extra früh ansetzen müssten. Es ging um ein längeres Überwachen einer Person und eben, wenn genügend Informationen und Beweise eingeholt worden waren, um die Exekution dieser.

Kapitel 8

 

***** 25. November 2019 ****



Ich hatte einige Nachforschungen betrieben, was die Zeitungen in den Jahren so berichteten. Viel war es nicht, denn das meiste kannte man aus Geschichtsbüchern und warum sollte ich mir durchlesen, wer wo ein Geschäft eröffnete oder schloss?

Doch in der New York Gazette sprang mich plötzlich eine Anzeige an. Eine Hochzeitsanzeige! Ich dachte ich sehe nicht richtig! Sie war riesig, sie ging über eine ganze Seite! Das musste ein Vermögen gekostet haben.

Mir sprangen die Namen der Eheleute wie heiße Kohlen in die Augen:

 

Shay Patrick Cormac * 18.12.1731

und

Faith Williams McGregor * 29.2.1736

werden sich am 17. Mai 1760

in der Dreifaltigkeitskirche das Ja-Wort geben!




Ich starrte darauf und dachte nur Aber die beiden sind doch schon verheiratet? Nicht offiziell aber... Doch dann fiel mir noch ein Name ins Auge. Lady Melanie! Hmmm, ich meine, Haytham hatte sie mir gegenüber einmal erwähnt, als er der Ansicht war, Yannick sollte ein paar Benimmstunden bei ihr bekommen.

Soweit ich weiß, war es Faiths Großmutter. Ihren Vater hatte ich nie persönlich kennengelernt. Ziemlich verworrene Familiengeschichten, wenn man mich fragte.

In mir fing wieder ein Funke an überzuspringen! Die Idee, ich müsse zu diesem Anlass noch einmal dorthin zurück, jetzt hätte ich sogar noch eine Begründung für das WARUM! Naja, für mich, für alle anderen war sie einfach nur sehr abwegig und nicht nachvollziehbar! Dennoch... ich würde noch ein wenig weiter stochern und mir überlegen, ob, wie und wann!

 

**** 22. Dezember 2019 ****


Die letzten Wochen hatten wir es geschafft, einen Informanten bei den Templern einzuschleusen und dieser kam gerade durch die Tür und schmiss einen Packen Papiere auf meinen Schreibtisch in unserem Büro. Lukas war nicht gerade ein sehr höflicher Mensch, aber er machte seine Jobs immer 100%ig. „Hier, das ist alles was ich bisher über die McGregors und Williams herausfinden konnte.“ blaffte er mich an. Ich funkelte ihn nur an. „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“

„Diese Templer sind einfach dermaßen arrogant und überheblich! Es ist schon fast widerlich. Ich musste mich durch die ganze Chefetage schleimen, bis ich Zutritt zum Archiv bekam. Und nur durch meinen Charme konnte ich bis ins Allerheiligste vordringen.“ Jetzt sah er einfach nur stolz zu mir hinunter.

„Du warst in der Asservatenkammer?“ fragte ich nur staunend!

„Jipp, war ich. Alex, es ist unglaublich. Aber warte, ich zeigs dir.“ er holte sein Handy raus und zeigte mir ein Video, welches er dort aufgenommen hatte. Ich traute meinen Augen nicht, es gab dort uralte Schwerter, Schatullen mit Schmuck, Bücher ohne Ende. Wie gerne wäre ich da selber gewesen!

Doch dann blieb mein Auge an einer Kiste hängen und ich stoppte das Video! Auf ihr prangte ein Wappen mit Templersymbol. Das hatte ich schon gesehen, nur ich konnte mich nicht mehr erinnern wo! Verdammt. „Kannst du mir das ausdrucken? Ich muss wissen, was es damit auf sich hat!“ Erstaunt sah mich Lukas an. „Ich könnte doch auch noch mal dorthin. Die Kamerasysteme habe ich ablenken können, also sollten sie noch keinen Wind von meiner Aktion bekommen haben!“

Irgendwie war ich ja skeptisch, aber unrecht hatte er nicht. „Aber bitte sei vorsichtig. Und wenn du sie hast, nicht öffnen, sondern bring sie hierher! Das ist wichtig! Du weißt ja, dass die Vorläufer-Artefakte nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen sind!“

„Jipp, das ist mir bewusst, Alex. Also dann noch viel Spaß bei deiner Lektüre. Ich melde mich dann wieder, wenn ich dieses Kistchen in Händen halte. Bis dahin werde ich mal dieser Büroschnecke noch ein bisschen schmeicheln. Sie sieht aber auch echt klasse aus, da fällt es leicht!“ ein breites Grinsen auf seinem Gesicht zeigte mir, dass er eindeutige Absichten mit der Dame hatte.

Warum nicht, wenn es für beide Seiten ok ist, bitte. Ein Vorteil für uns!

Lukas verabschiedete sich noch von meinem Mentor und ging dann. Ich hingegen nahm mir die Papiere vor und fing an zu lesen!

Schon nach der dritten Seite schwirrte mir der Kopf. Bei Odin, diese Familie war ja schlimmer als ein Mafia-Clan und viel verzweigter und... hier wurden mal eben Artefakte von einem zum anderen übergeben! Vor allem stolperte ich des öfteren über die Bezeichnung Jungbrunnen. Was? Hatten sie jetzt das verschollen geglaubte El Dorado gefunden? Doch es schien etwas profaneres zu sein. Die Rede war immer wieder von Schmuckstücken, welche als Erbe durch die Reihen ging.

Und ich las, wie man sich mit hessischen Assassinen auseinander setzte und und und. So langsam bekam ich ein schlechtes Gewissen, mein Gerechtigkeitssinn wollte nicht weiter lesen. Denn wenn man mir das nicht selber erzählte, dann musste es ja einen Grund geben!

Also schloss ich diese Papiere in meinen Tresor im Arbeitsbereich und machte mich erst einmal auf nach Hause. Denn ich hatte immer noch diesen Wunsch zur Hochzeit von Faith und Shay zu reisen! Ich wollte zu Haytham! Die Hochzeit wäre halt nur, wie ich bereits sagte, ein Vorwand!

Zuhause angekommen, machte ich mich daran die restlichen Weihnachtsgeschenke für Yannick und Melissa zu verpacken, ging duschen und setzte mich dann mit meinem Lieblingswein aufs Sofa und fing an, mir einen konkreten Plan zu überlegen und aufzuschreiben!

Gerade als ich fast damit fertig war, kamen die beiden herein und meinten nur, ich muss mal die Augen zuhalten, sie müssten etwas noch unverpacktes kurz verstecken! Ich grinste nur und tat, was sie sagten. Kurz darauf kam mein Sohn ins Wohnzimmer und setzte sich zu mir. Skeptisch linste er auf mein Laptop und meine bisherigen Gedanken.

„Du hast es schon soweit geplant? Wann wolltest du mich eigentlich informieren?“ fragte er jetzt sauer. „Yannick, es ist nur kurz. Ich würde nur zu Faiths und Shays Hochzeit reisen und dann bin ich auch schon wieder hier! Versprochen!“ Er sah mich misstrauisch an, doch weiter konnten wir nicht reden, denn Melissa erschien mit einem wunderschön verpackten Geschenk im Wohnzimmer und deponierte es unter unserem kleinen Bäumchen!

„Das ist für dich, Alex. Aber noch nicht auspacken!“ sagte sie gespielt streng! Ich mochte sie, sie hatte meinen Sohn auf andere Gedanken gebracht und ihn selbstständiger werden lassen. Sie tat ihm gut und mir kam der Gedanke, dass mir Faith etwas ähnliches nachsagte bezüglich Haytham. Doch bevor ich wieder Trübsal blies, bestellten wir noch etwas zu essen und ließen den Abend ausklingen.

Die Weihnachtstage vergingen wie immer sehr geruhsam und ich hatte auch noch nichts wieder von Lukas gehört. Sollte mich das beruhigen, oder nicht? Aber es hieß ja, wenn man nichts hört, ist alles in Ordnung!

Melissa und Yannick hatten mir tatsächlich einen Gutschein geschenkt für ein Tattoo. Ich hatte es irgendwann einmal erwähnt, dass ich gerne noch eines hätte. Dazu bekam ich auch gleich noch einen neuen Ring für meinen Ringfinger mit dem Assassinensymbol. Er war wunderschön, aus Silber gefertigt und hatte eine Gravur in der Innenseite Mum i love you! 24.12.2019 Das war alles, aber ich heulte wie ein Schlosshund! Yannick nahm mich nur in den Arm und auch Melissa kam dazu und so standen wir einen Moment zusammen. Mein Sohn beendete das Ganze, indem er fragte, wer noch Bock auf Sekt hätte! Wir sahen uns alle an und waren uns einig! Wir ALLE wollten noch etwas haben!

Die Tage bis Silvester verbrachte ich mit weiteren Gedanken hinsichtlich meiner Reise. Ich hatte es meinem Sohn erklärt und hoffte, er würde es einfach verstehen.

Der Termin für mein Tattoo stand in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr an. Es ist immer gut, wenn man Freunde mit solchen Berufen hat! Denn ich hatte mich für ein Motiv entschieden. Etwas gewagt und ich musste es vorerst noch unter Verschluss halten, aber ich wollte es einfach haben. Es war ein Assassinen-Zeichen welches wie durch eine Sanduhr rinnt und unten dann ein Templerkreuz entsteht. Mehr Symbolik hinsichtlich meiner Gedanken und Gefühle, ging einfach nicht.

Der Tätowierer machte seinen Job wirklich gut. Wir platzierten es zwischen den Schulterblättern, also konnte man es nicht auf den ersten Blick sehen, wenn ich normale Kleidung trug. Ich besah mir sein Werk und war begeistert, genauso wollte ich es haben! Jetzt hoffte ich, dass es schnell verheilen würde!

Kapitel 9

**** 3. Januar 2020 ***


Das neue Jahr brach kalt und regnerisch an und ich hatte keine Motivation zu irgendwas. Meine Gedanken kreisten immer mehr um meinen geliebten Templer und ich trieb meinen Plan jetzt voran. Nicht nur den für die Hochzeit, auch für die endgültige Reise! Doch die musste noch warten.

Also saß ich jetzt vor meinem Mentor und klärte ihn auf, was ich vorhatte. „Du willst WIEDER dieses Risiko eingehen? Du willst ernsthaft zu ihm?“ kam es völlig verständnislos von ihm. Und zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass er vermutlich meine Zweifel bezüglich meiner Zugehörigkeit spürte.

„Ja, das habe ich vor. Ich will dieses Ereignis nicht verpassen! Versteh mich doch, ich habe so einiges mit ihnen erlebt und... ich würde sie gerne wiedersehen!“ druckste ich jetzt rum. „Ich... würde dieses mal aber alleine und ohne die Jackdaw reisen wollen. Es soll kein Staatsakt werden, sondern den Eindruck eines bescheidenden Besuches haben!“

„Manchmal glaube ich wirklich, dass du sie nicht mehr alle hast, Alex! Aber ich gehe davon aus, du hast schon alles genauestens ausgearbeitet?“ seufzte mein Mentor jetzt grinsend. Er kannte mich zu gut.

„Oh ja, ich bin alles immer und immer wieder durch gegangen! Ich bräuchte lediglich noch das Geld, welches ich mitgebracht habe und das übliche an Kleidung. Denn ich müsste mir dort vor Ort sicher ein passendes Kleid für die Hochzeit besorgen! Oder meinst du, dass das dunkelblaue Schulterfreie mit den silbernen Stickereien passend genug wäre?“ Er sah mich nur fragend an. „Woher soll ICH das denn wissen? War ich schon dort? Nein, das warst DU.“ kam es dann schnippisch von ihm.

„War ja nur ne Frage, aber ok. Ich nehme das einfach mit und sehe dann weiter!“ Damit war das geklärt und ich würde das Geld und die anderen Sachen noch an mich nehmen. Denn geplant war jetzt der nächste Tag.

Auch erschien Lukas wieder und berichtete, dass er bezüglich der Kiste noch nicht weiter gekommen sei. Vielleicht sollte ich mich, wenn ich zurück bin, selber auch noch einmal mit den hiesigen Templern befassen, es kann nicht schaden. Ich weiß, ich bin zu harmoniebedürftig, aber man könnte es doch auch auf vernünftigem Wege versuche! Oder nicht?
 

**** 4. Januar 2020 ****


Yannick begleitete mich heute morgen mit in die Werkstatt, es waren mein Mentor und Rafael anwesend, ansonsten war niemand weiter hier. Ich hatte wie üblich ein schlichtes Kleid ausgewählt, dieses mal ein Grünes. Meine persönlichen Sachen und das üppige Kleid hatte ich kunstvoll in die Reisetasche aus Leinen bekommen und dann hatte ich noch eine Art Seesack in dem ich den Ornat untergebracht hatte und Waffen natürlich. Etwas nervös sah ich mich um und hielt die Ringe in der Hand!

„Bist du dir sicher, Alex? Ich habe eigentlich kein gutes Gefühl bei der Sache, dich alleine dorthin zu lassen!“ merkte Rafael an. Ich konnte ihn verstehen, wir beide hingen sehr aneinander und hatten immer wieder Angst um den anderen bei Aufträgen oder so. Doch ich konnte bei diesem Besuch niemanden dabei haben, wie hätte man noch mehr Gäste bei einer Hochzeit ankündigen sollen?

„Ich bin mir sicher und ich verspreche, ich komme heile wieder zurück. Zur Not, lasse ich euch eine Nachricht zukommen!“ Ich erwähnte schon? Zuviel Zurück in die Zukunft! Aber alle verstanden was ich meinte!

Meine klatschnassen Hände hielten die Ringe und ich schaltete das Blackberry zitternd an. Zeit und Koordinaten waren schnell eingegeben. Wir hatten überlegt, dass ich in dem Waldstück in der Nähe vom Fort George ankomme. Die Uhrzeit war früh morgens, gegen 7. Durch die weiteren Reiseartefakte hatten wir jetzt sogar die Möglichkeit eine ungefähre Uhrzeit anzusteuern. Nur das von Marius war im Safe, das rührten wir nicht mehr an! Vorerst!

Mit dem obligatorischen Pfuuuuuuuump tauchte das wabernde Gebilde auf. Und wieder stand ich da, sah über meine Schulter und meinte nur „Wir sehen uns bald wieder! Versprochen!“ Und dann ging ich hindurch!
 

**** 13. Mai 1760 ***



Ich schlug etwas unsanft auf und sah mich gleich um. Ich war umgeben von Bäumen, es war aber schon hell und es sah nach Mai aus, die Bäume waren in hellgrünes Laub getunkt! Ich richtete mich auf und strich mir das Gras von den Knien, sammelte meine Habseligkeiten und suchte nach einem Anhaltspunkt, wohin ich mich wenden musste.

Lange suchen musste ich nicht, denn ich konnte durch die Bäume hindurch bereits die Mauern von Fort George sehen! Bei Odin, ich war so nervös, dass ich am ganzen Leib zitterte und mir war wahnsinnig übel. Tief durchatmen und weitergehen... tief durchatmen und weitergehen... So ging ich in Richtung der Tore zum Fort.

Als ich auf der Straße ankam, sah ich, dass schon einiges los war. Die Menschen hier waren regelrechte Frühaufsteher und ich musste einigen Karren ausweichen. Aber es war ein angenehmer Morgen, die Sonne schien bereits und es war nicht zu warm, aber ich fror auch nicht.

Dann stand ich endlich vor dem Tor und erst jetzt fiel mir ein, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Denn ich hatte keine Ahnung, ob mich diese Wachen namentlich überhaupt noch kannten und auch durchlassen würden. Also musste ich es einfach ausprobieren.

„Halt! Ma´am, was wollt ihr?“ hielt mich gleich der erste Soldat auf.

„Ich möchte zu Master Haytham Kenway!“ ich sah schüchtern zu ihm auf und lächelte noch dazu.

„Aha, und wer seid ihr, dass es um diese Uhrzeit schon so wichtig sei?“ fragte er mich jetzt scharf.

„Mein Name ist Alexandra Frederickson, ich bin eine Bekannte von Master Kenway. Ich würde ihn einfach gerne besuchen, da ich gerade auf der Durchreise bin!“ gab ich an.

Er musterte mich lange und sagte dann. „Dann folgt mir, ich bringe euch zu ihm.“ Och nöööö, so wollte ich das nicht. Aber ich seufzte nur und folgte diesem Rotrock ins Innere. Vor dem Backsteingebäude blieb er stehen und klopfte. Es dauerte nicht lange und ein altbekanntes freundliches Gesicht öffnete. Mrs. Wallace sah von der Wache zu mir. Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht und sie riss mich förmlich in ihre Arme! Ich konnte nur einen leisen erschrockenen Ausruf zustande bringen!

„Mrs. Frederickson, oh Gott... es ist so schön, euch wieder zusehen! Lasst euch ansehen! Ihr seht erholt aus. Wie ist es euch in der Zwischenzeit ergangen! Ihr müsst mir unbedingt alles erzählen!“ sprudelte es aus der Haushälterin hervor. Sie zog mich hinein und ohne ein weiteres Wort zu dem Soldaten schloss sie entschieden die Tür!

„Mrs. Wallace, ich bin auch froh, wieder hier zu sein. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen? Aber ich las diese Anzeige in der Zeitung über die bevorstehende Hochzeit der Cormacs. Da musste ich einfach herkommen.“ ich strahlte sie an, aber gleichzeitig wurde ich ungeduldig.

„Ja, das wird ein riesiges Spektakel werden. Lady Melanie hat keine Kosten und Mühen gescheut! Und nein ihr kommt nicht ungelegen.“ wissend grinste sie mich jetzt an. „Er ist oben, Alex!“ Kopfnickend wies sie auf die obere Galerie.

Ich drückte der Küchenfee meine Sachen in die Hand und schritt langsam die Treppe hinauf, bei jeder Stufe musste ich tiefer durchatmen. Meine Nervosität wuchs ins unermessliche und ich musste mich am Geländer festhalten, sonst wäre ich hintenüber gefallen. Ich sah noch einmal nach unten und Sybill stand da mit einer scheuchenden Handbewegung und lachte leise in sich hinein.

Und dann stand ich vor seiner Schlafzimmertür. Ich hörte nichts von dort drinnen, aber einfach so hinein marschieren mochte ich auch nicht. Also klopfte ich höflich an und stand mit einem noch lauter klopfenden Herzen davor.

Mir wurde geöffnet, aber es war im Vorübergehen. Haytham ging vermutlich davon aus, dass ich Sybill sei oder sein Kammerdiener. Er ging ins Ankleidezimmer und sagte nur, ich solle schon mal die Seife bereitstellen und das Messer schärfen. Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen.

Langsam schloss ich die Tür und ging nach links Richtung meines alten Schlafplatzes. Er stand vor der Kommode und ordnete sichtlich genervt sein Hemd, zerrte an den Ärmeln, aber es war nicht nach seiner Zufriedenheit. Haytham sah nicht in den Spiegel, also ging ich weiter und stellte mich hinter ihn und richtete den Kragen seines Hemdes. Erschrocken drehte sich mein Templer um und starrte mich an!

Kapitel 10

**** Immer noch am selben Tag ****



„Ich wünsche euch einen guten Morgen, Master Kenway!“ sagte ich nur breit grinsend wie ein Honigkuchenpferd! Sein Mund klappte auf und zu! Sprachlos erlebte man diesen Mann wirklich nur sehr selten und ich genoss diesen Moment gerade.

„Was... Alex... wieso...“ er trat auf mich zu und nahm mein Gesicht in beide Hände, er umklammerte es schon fast. „Du bist wieder hier!“ Und dann gab er mir einen so leidenschaftlichen Kuss, dass ich wirklich weiche Knie bekam. Die ganze Aufregung war so langsam genug!

Aber ich erwiderte diese Küsse, weil es einfach wie nach Hause kommen ist. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und hielt meinen Templer fest. Er schob mich ein Stück zurück und betrachtete mich. „Du hast dich nicht verändert, wie lange... also, wann bist du...“ Ich unterbrach ihn.

„Ich bin ungefähr vor einem dreiviertel Jahr in meiner Zeit wieder angekommen. Und habe dann einige Nachforschungen angestellt und bin irgendwann über diese riesige Anzeige der Hochzeit gestolpert! Und da dachte ich mir, ich muss hierher. Ich... ich... das klingt jetzt sicherlich dumm, aber ich... konnte es nicht ertragen, dass du eventuell mit jemand anderem dorthin gehst!“ mit hochrotem Kopf sah ich ihn an und er zog nur eine Augenbraue hoch!

„Du... Alex, bist du etwa eifersüchtig? Du hast doch nicht ernsthaft gedacht, dass ich dich einfach so vergesse und mir nichts dir nichts jemand anderen an meine Seite hole!“ erstaunt, dass ich solche Gedanken tatsächlich hatte, sah er mich weiter an.

„Ich hatte nicht geglaubt, dass du mit einer anderen liiert bist. Ich wollte nur nicht, dass dir jemand aufgezwungen wird. Bei Odin, ich wollte dich einfach wiedersehen, Haytham und die Hochzeit war der perfekte Anlass!“ so jetzt war es raus!

„Du bleibst also NOCH nicht für immer?“ etwas enttäuscht sah er auf mich hinunter! „Nein, noch nicht. Ich habe noch ein paar Sachen in meiner Zeit zu klären, aber... es wird auf vielleicht zwei höchstens drei Jahre hinauslaufen! Aber... ich weiß es nicht genau! Doch dann, wenn du es immer noch möchtest, dann bleibe ich! Und ich werde das Versprechen an deinen Vater erfüllen!“ Jetzt stand ich heulend vor ihm, es tat mir leid, ihn jetzt erst einmal enttäuschen zu müssen.

„Alex, das sind doch gute Neuigkeiten und ich verspreche dir, ich werde dich sicherlich nicht einfach so vergessen und dich nicht mehr bei mir haben wollen. Die letzten Monate waren die reinste Tortur und ich glaube, ich habe ziemlich vielen Menschen in der Zeit Unrecht getan...“ kam es jetzt etwas Kleinlaut von meinem Templer.

„Dann bist du nicht der einzige Mensch hier in diesem Raum, der etwas mürrisch war!“ lachte ich.

Ich legte einfach meinen Kopf auf seine Brust und seine Arme schlangen sich wie von selbst um meine Taille. Diese Ruhe und dieser Frieden, die ich so vermisst habe, kehrten zurück, ich schwelgte in seinem Geruch aus Seife und Lavendel. Und wieder einmal, wurden wir unterbrochen.

Aber es war Mrs. Wallace die mitteilte, dass das Frühstück fertig sei. „Wir kommen gleich hinunter, Sybill! Danke!“ kam es in einem so ruhigen Ton, dass ich schon dachte, er hätte den Mund gar nicht aufgemacht.

Also machte ich mich daran, ihm bei seinem verflixten Hemd zu helfen. In seiner Wut hatte er die Bänder wieder verdreht und ich hatte Mühe, sie wieder zu sortieren. Dabei schüttelte ich nur den Kopf und erntete ein „Was denn? Wenn es nicht so sitzt wie ich es will, dann muss ich eben nachhelfen!“

Nach getaner Arbeit besah ich meinen Großmeister und befand, dass er so auf die Menschheit losgelassen werden kann! Seine Haare band ich noch und als ich sie so in meinen Händen hielt, wanderten meine Gedanken zu nicht ganz jugendfreien Aktivitäten. „Alex, wo bist du schon wieder?“ fragte mich Haytham breit grinsend. „Das möchtest du JETZT sicher nicht wissen, denn sonst werden wir diesen Raum nie verlassen!“ gab ich ebenfalls breit grinsend hinzu.

„Es ist seltsam, ich konnte dieses mal nicht in deinem Gesicht lesen. Du hattest zwar diesen verträumten Blick in den Augen, wie beim ersten Mal, als ich dich darum bat mir die Haare zu binden. Aber nicht mehr, ich sah nichts anderes.“ meinte er erstaunt aber auch anerkennend.

„Nunja, ich habe mich wieder auf meine Fähigkeiten besonnen und sie weiter trainiert, Haytham.“ Und damit gab ich ihm einen Kuss auf die Haare. „Fertig, Master Kenway. Ich glaube, so kann ich euch laufen lassen!“ Er stand auf, drehte sich zu mir und hob mich hoch! „Danke!“ war alles, was er sagte, aber mehr musste es auch nicht sein. Denn sein Blick verriet mir, dass er gerade für alles dankbar war. Ein langer Kuss folgte und dann ließ er mich runter.

„Ich kann noch nicht ganz so raus, rasieren sollte ich mich noch.“ fragend sah er mich an. „Oh nein, Haytham, DAS mache ich nicht. Ich kenne mich damit überhaupt nicht aus und ich möchte dich nicht aus Versehen verletzen!“ Gab ich entsetzt zurück. „Dann zeig ichs dir!“ Und damit nahm er den Rasierpinsel und tauchte ihn in die kleine Schale mit der Seife und schäumte sie auf, strich sich das Gesicht ein und reichte mir dann das Rasiermesser.

Mit großen Augen sah ich darauf und zitterte. „Entschuldige, ich habe wirklich Angst, dich zu verletzen.“ und reichte es zurück. „Nein, du wirst es lernen müssen. Denn ich kann es vielleicht nicht immer selber machen, dann brauche ich deine Hilfe. Also... Mrs. Frederickson, wir kommen zu eurer ersten Lehrstunde in Rasur für euren Mann!“ bei dem Wort klappte mir mein Mund auf und auch Haytham schien zu merken, WAS er da gerade gesagt hat.

Ein vorsichtiges Räuspern seinerseits und er sah mich verlegen an. „Das... war etwas übereilt, verzeih mir.“ ein schüchterner Kuss auf meine Stirn und ich nahm doch wieder das Messer. Warum motivierte mich jetzt auf einmal dieser Ausdruck „...für euren Mann...“?

Es ging aber dann doch leichter als ich dachte, nur ein Mal hatte ich das Messer zu steil gehalten und ein kleines Rinnsal lief über seien Wange. Vorsichtig legte ich ein Tuch darüber. Aber Haytham sagte nichts weiter dazu, sondern sah mich die ganze Zeit im Spiegel an und seine grauen Augen hatten diesen warmen Glanz wieder, den ich so vermisst hatte.

Als er mit meinem Tun zufrieden war, machten wir uns auf, endlich zu frühstücken. Hunger hatte ich schon. Denn es war mittlerweile schon halb Neun! Im Esszimmer hatte Mrs. Wallace wieder ganze Arbeit geleistet und es war einfach lecker.

„Haytham, was hast du heute noch zu tun? Denn ich platze mal wieder unangekündigt in dein Leben. Ich will dich nicht von der Arbeit abhalten!“ fragte ich ihn dann entschuldigend als ich meinen geliebten Kaffee in Händen hielt.

„Du wirst es nicht glauben, aber ich habe vorerst keine wichtigen Termine. Wir konnten die Artefakte bergen und sind schon fast am Ziel. Doch ich hatte mir diese Tage frei gehalten. Denn vorgestern haben wir Faith in den Orden aufgenommen!“ er sah mich freudestrahlend an. Doch ich fühlte mich mal wieder nicht ganz so wohl, denn ich saß hier immer noch als Assassine.

„Das ist schön, das freut mich.“ gab ich nur zurück. „Alex, ich weiß, wie du gerade fühlst. Aber ich werde dir dieses Gefühl nicht nehmen können. Du weißt ja, du musst entscheiden, WAS du willst. Ich werde dich nicht zwingen zwischen dem Orden und der Bruderschaft zu wählen. Aber irgendwann wirst du dich entscheiden müssen!“ gab er mir logisch zu denken.

„Das weiß ich doch, Haytham, aber es fällt mir noch sehr schwer. Denn... ich weiß nicht, wie ich mich dann in meiner Zeit meinen Brüdern und Schwestern gegenüber verhalten soll.“ war meine ehrliche Antwort. Doch tief in mir, kam wieder dieser Wunsch auf, beides zu vereinen.

„Mach dir bitte im Moment keine Sorgen deswegen, du wirst noch genug Zeit haben, alles zu überdenken. Und bis dahin, stehe ich an deiner Seite!“ lächelte mich Haytham an.

„Danke!“ gab ich mit erstickter Stimme zurück. Meine ganzen aufgestauten Gefühle, drohten mich gerade wieder zu erwürgen!

Plötzlich zuckte mein Templer zusammen und stöhnte auf. Im ersten Moment hatte ich die Befürchtung, er hätte einen Schlaganfall. Doch ich sah, dass ihm etwas siedendheiß eingefallen war. „Alex, wir müssen heute noch etwas erledigen!“ und er sah mich etwas bedauernd an.

„Oh, ist es so schlimm?“ fragte ich zögerlich. „Nein, dass nicht unbedingt, aber... Lady Melanie hatte eine Begleitung für mich ins Auge gefasst. Ich muss ihr mitteilen, dass ich mit einer anderen Frau erscheinen werde!“ Bei Odin, ich sollte doch nicht ernsthaft mitkommen und... Nein...

„Ich soll da mit hingehen? Bist du irre?“ … und ich biss mir auf die Zunge, aber ich war so perplex, dass ich einfach in meine Sprache gerutscht bin. „Verzeih mir, ich meinte...“ Haytham sah mich grinsend an. „Ja, ich weiß, was du meintest. Aber... versuche an deiner Wortwahl zu arbeiten und zügle dich, auch wenn es schwer fällt!“ mit einem tadelnden Blick erhob er sich und zog mich mit hoch.

Kapitel 11

 

**** später Vormittag ****

 

 

Als wir in den Eingangsbereich kamen, besah er mich von allen Seiten, runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. Na, schönen Dank auch, war ich so hässlich oder was? „Bin ich so schrecklich anzusehen?“ fragte ich ihn einfach und nicht ganz ohne säuerlich zu wirken.

 

Ein Lachen kam über seine Lippen und er sagte nur „Nein, du bist wunderschön. Aber für den Besuch bei Lady Melanie, brauchst du eine andere Garderobe! Und ich weiß auch schon, wo wir die auf die Schnelle her bekommen! Und der Rest ergibt sich dann, ich habe ja frei und kann meine Zeit für mich einteilen!“ Und damit schleifte er mich hinaus und rief uns eine Kutsche!

 

Ich vermutete, dass er irgendein Geschäft ansteuern würde. Doch wir fuhren Richtung Fort Arsenal! „Haytham... bitte, nicht das auch noch heute. Ich hatte schon genug Aufregung und ich muss auch noch in die Höhle des Löwen!“ gab ich etwas gequält von mir.

 

Keine Widerrede, Alex. Du benutzt übrigens denselben Ausdruck wie Faith für einen Besuch bei Lady Melanie.“ meinte er dann grinsend. „Die beiden werden sich sicherlich freuen dich wieder zusehen.“ meinte er fröhlich und für einen Moment hatte ich ihn wieder als neunjährigen vor mir. Ich schmunzelte in mich hinein. „Ich kann es wieder sehen.“ bekam ich die Retourkutsche. Ich seufzte theatralisch und riss mich zusammen. „Aber Haytham, die beiden haben genug mit ihrer Hochzeitsplanung zu tun, wir stören nur und...“ aber mein Templer ließ mich nicht ausreden.

 

Die beiden haben so gut wie nichts zu bedenken, Master Williams und Lady Melanie tragen dafür schon die Sorge! Glaub mir, Master Cormac hat Zeit genug sich mit seiner Frau zu amüsieren!“ bei dem Satz schmunzelte er nur.

 

Woran denkst du gerade, Haytham? Ich hoffe doch, du hast keine schmutzigen Gedanken!“ grinste ich ihn an. „Nein, die habe ich nur, wenn ich an dich denke und glaube mir, die Nächte ohne dich waren hart!“ eindeutig zweideutig, wenn ihr mich fragt!

 

Also kamen wir im Fort Arsenal an und ich war immer noch am überlegen, ob ich jetzt wirklich eines der Kleider von Faith bekommen sollte. Eigentlich war mir das nicht recht und ich fühlte mich einfach nicht ganz wohl bei dem Gedanken. Aber Haytham brachte mich auf andere Gedanken. „Wenn wir alles erledigt haben, dann sollten wir wirklich nach einer Garderobe für dich suchen. Und ich weiß auch schon WO!“ Und damit stieg er aus und half mir ebenfalls aus der Kutsche.

 

Nervös stand ich jetzt neben ihm und wartete, dass uns jemand öffnete. Es war Marge und sah mit offenem Mund von mir zu Haytham und wieder zurück. „Master Kenway, Mrs. Frederickson! Das ist ja... ein überraschender Besuch. Kommt herein, Master Cormac und Mrs. Cormac werden erfreut sein euch zu sehen. Und EUCH wiederzusehen, Alex. Es freut mich wirklich!“ gab sie strahlend von sich und eilte mit einer Hand vor dem Mund davon, als sie uns im Salon abgeliefert hatte.

 

Kurz darauf, hörten wir schon schnelle Schritte heran eilen und das Ehepaar stand mitsamt ihrer Tochter in der Tür! Beide starrten mich an, sagten aber nichts. Die einzige Person die etwas tat war July. Sie watschelte auf ihren Patenonkel zu. An mich würde sie sich nicht erinnern, aber es war einfach so süß, wie mein Templer sie hochnahm und begrüßte. Denn sonst kamen gerade keine Grüße oder Worte.

 

Also ging ich einfach auf Faith zu und reichte ihr meine Hand. Doch sie starrte mich weiter an, dann, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen, nahm sie meine Hand und zog mich in eine Umarmung. „Alex, ihr seid wieder hier. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin. Mein großer Bruder hat regelrechte Seelenqualen gelitten!“ ihre Worte sprach sie sehr sehr leise an mein Ohr und ich verstand warum. Sie hielt mich ein Stück von sich weg und musterte mich. „Ihr habt euch gar nicht verändert.“ Ich war drauf und dran zu sagen, Warum auch?, aber... ich ließ es lieber!

 

Mrs. Cormac, ich bin so froh wieder hier zu sein. Ich habe die Anzeige über eure bevorstehende Hochzeit gefunden und … ich... also ich musste... es war einfach so!“ stammelte ich.

 

Doch es war Shay, der wie aus dem Nichts meine Hand nahm, den obligatorischen Handkuss hauchte und nur sagte „Ihr glaubt gar nicht, wie erleichtert wir sind, dass ihr wieder hier seid! Er war unerträglich!“ dabei grinste er verschwörerisch mit einem Blick zum Großmeister.

 

Glaubt mir, Master Kenway war nicht der einzige, der so maulig war. Meine Kollegen waren auch mehr als genervt von mir!“ ich lächelte den Iren an und zum ersten Mal, sah ich diese braunen Augen ganz anders. Etwas hatte sich verändert. Nur was, konnte ich nicht deuten.

 

Haytham war es, der das Thema auf die richtige Bahn lenkte. „Faith, wir brauchen ein Kleid. Nur für heute, denn ich muss dringend deiner Großmutter meine Begleitung vorstellen, bevor sie noch...“ doch weiter kam er nicht.

 

Oh, da wirst du schon zu spät kommen. Denn Lady Melanie hat Bridgets Tochter Sophia schon vor einigen Wochen schriftlich mitteilen lassen, dass sie dich begleiten wird!“ Sie sah ihre großen Bruder mit Bedauern in den Augen an.

 

Dann werde ich ihr das wieder ausreden. Und... wer ist diese Sophia überhaupt!“ doch dann schien es ihm zu dämmern und er rollte nur mit den Augen. „Faith, sag nicht, es ist dieses schnatternde Frauenzimmer! Wie kommt deine Großmutter nur auf so eine Idee?“

 

Das weiß ich nicht, Haytham. Aber du solltest vielleicht doch mit ihr reden. Denn ich sehe, dass du eine weit passendere Begleitung hast!“ war das jetzt ein Kompliment? Doch wieder überkam mich dieses unwohle Gefühl... es war extrem unangenehm. Und mit einem Male wurde mir bewusst, wenn ich mit meinem Großmeister dort auf diese Hochzeit ginge, stünde ich alleine als Assassine inmitten von zig Templern.

 

Ich bekam nur noch mit, wie mich mein Großmeister festhielt und auf einen Sessel sinken ließ. „Alex, was hast du?“ kam es besorgt von ihm. Ich sah ihn hilfesuchend an.

 

Mir ist gerade bewusst geworden, dass ich das nicht kann! Ich … kann dich nicht begleiten!“ ich atmete schwer, denn mir lagen zig Tonnen Gewichte plötzlich auf der Brust. „Warum kannst du es nicht?“ fragte er enttäuscht!

 

Fragend sah ich ihn an. „Kannst du dir das nicht denken?“

 

Nein, denn du bist auf einmal völlig verschlossen. Ich...“ Faith ließ ihn nicht ausreden. „Ihr ward immer ein offenes Buch, doch jetzt seid ihr die Verschlossenheit in Person. Das ist erstaunlich, ich dachte immer, ich sollte euch bezüglich dieser Fähigkeit noch ein bisschen was zeigen, aber... das hat sich anscheinend erledigt!“ kam es erstaunt aus ihrem Mund.

 

Ich kann mich verschließen, aber beim letzten Mal, war ich völlig überwältigt von … all den Geschehnissen, dass es mir schwer fiel, diese Fähigkeit auch wirklich zu nutzen!“ Gab ich jetzt von mir. Ich war noch keinen ganzen Tag hier und schon war ich wieder völlig fertig mit den Nerven. „Aber um mich zu erklären, auch wenn es mir unangenehm ist, mir wird bewusst, dass ich auf der Hochzeit unter zig Templern als Assassine stehen werde und...“ doch weiter kam ich nicht.

 

Plötzlich zupfte ein kleines rothaariges Mädchen an meinem Rock und reckte ihre Arme hoch und fragte nur „Hoooo?“ Ohne darüber nachzudenken, nahm ich die kleine July auf meinen Schoss und sie fand meine Ketten. Ich hatte sie allesamt von meiner Mutter, das Kreuz zur Konfirmation, das Herz zu meinem 18. Geburtstag und dann einen Talisman aus Australien, einen Knochen der nicht so aussah, aber so war der Name. Ihre kleinen Finger spielten damit und ich sah ihr dabei zu. Denn wieder hatte ich die Bilder von meinem eigenen Sohn im Kopf, wie er gedankenverloren mit meinen Ketten gespielt hatte.

 

July scheint euch zu mögen.“ meinte Faith beruhigt. Hatte sie etwa Angst, ich könnte ihrer Tochter etwas antun? Ich bin selber Mutter... das geht gar nicht! Und dann schob sich dieser kleine fiese Gedanke in meinen Kopf. Du hast nicht mehr viel Zeit! Kinder sind kostbar! Ich versuchte es zu verdrängen, aber mein Templer hatte es gesehen. Nichts mit verschlossen, in solchen Momenten schien nichts zu helfen.

 

Haytham saß neben mir und sagte nur leise „Wir werden sehen.“

 

Es war Faith mal wieder, die mich aus diesen trüben Gedanken holte. „Also, was für ein Kleid schwebt dir denn vor, Haytham?“ fragte sie in einem doch sehr zynischen Ton.

 

Ich denke, du weißt am besten, was deine Großmutter friedlich stimmt!“ kam es nur von meinem Großmeister! Ich nahm nur seine Hand und drückte sie und da war wieder dieser ruhige Ausdruck in seinen Augen!

 

Dann solltet ihr mir einfach nach oben folgen, Mrs. Frederickson. Die Herren werden sich schon zu beschäftigen wissen, wenn nicht, dann wird ihnen sicherlich July dabei helfen!“ Mit diesen Worten nahm sie ihre Tochter von meinem Schoss und drückte sie Haytham auf. Das Mädchen quietsche und freute sich, bei ihrem Patenonkel zu sein. Verdammt... ich konnte es nicht abstellen, es war ein hinreißendes Bild der beiden. Wie schnell man doch moderne Technik vermissen kann. Einfach mal schnell ein Bild machen!

Kapitel 12

 

**** Die Anprobe Teil 1 ****

 

 

Ich folgte Mrs. Cormac nach oben ins Schlafzimmer und dann ins Ankleidezimmer. „Es ist irgendwie eigenartig wieder hier zu sein.“ Rutschte es mir hinaus.

 

Das kann ich mir vorstellen!“ sagte sie nur lächelnd. Und dann fiel mir ein, dass sie ja jetzt dem Orden, genauer gesagt, dem britischen Ritus angehörte. Sollte man da gratulieren? Ach was solls...

 

Mrs. Cormac, ich möchte euch noch zu eurer Indoktrination beglückwünschen. Haytham erzählte vorhin davon!“ sagte ich höflich, auch wenn ich das Gefühl hatte, als wären tausende von Schwerter gerade auf mich gerichtet.

 

Ich habe meine Entscheidung getroffen!“ mehr sagte sie nicht. Aber es war weder böse, noch tadelnd, noch klang es als würde sie mir aufzeigen wollen, dass es besser wäre mich jetzt auch endlich mal zu entscheiden.

 

Meine Zugehörigkeit muss ich noch überdenken, aber in zwei verschiedenen Epochen, zwei verschiedene Zugehörigkeiten, wird wohl nicht das beste sein.“ sagte ich nur und ich ging davon aus, dass diese Frau wusste, WAS und WIE ich es meinte!

 

Doch leider nein. Sie sah mich fragend an. „Es ist doch keine Frage der Epoche oder der Zeit, es ist eine Frage des Herzens und des eigenen Glaubens!“ Bei Odin... ich hatte vergessen, dass im 18. Jahrhundert die Maßstäbe andere waren, man dachte über Moral, Ethik und so weiter einfach anders. Es war nicht so leichtläufig und schnelllebig wie in meiner Zeit. Hier dachte man wirklich noch länger über eine Entscheidung nach! Dazu kam, dass ich ein ganz anderes Hintergrundwissen hatte. Und wieder fragte ich mich, sollte ich mich dieser Frau anvertrauen, oder würde sie es, weil Templer, einfach gegen mich nutzen? Paranoid und das waren die beiden Seiten schon immer.

 

Es war nicht von der Hand zu weisen! Doch ich beschloss, dem Ganzen jetzt erst einmal einen Riegel vorzuschieben, denn noch würde ich nicht für immer bleiben und wenn es soweit wäre, dann würde ich eine Entscheidung treffen... ich würde sie treffen MÜSSEN! Denn ich würde sicherlich nicht mit einem Templer zusammenleben können, während ich noch Assassine war. Oder gäbe es doch einen Weg? Ich drängte diese ganzen Gedanken in den Hintergrund. Beizeiten würde ich darüber wieder nachdenken.

 

Mrs. Cormac, ich WERDE meine Entscheidung treffen, doch im Moment steht sie nicht an. Ich werde nur wenige Tage hier sein und wieder gehen. Es gibt noch so einiges aufzuarbeiten und zu erledigen. Ihr wisst, dass ich mein altes Leben komplett abschließen muss. Also verschont mich im Moment bitte mit euren Ansichten. Denn sie sind fehl am Platz. Und … ihr könnt euch sicher sein, dass ich für Haytham alles tun würde!“ ich sah sie herausfordernd an, mein Kampfgeist erwachte jedes mal, wenn ich in ihrer Nähe war. Warum auch immer. Doch ein Edward kam mir zuvor und sagte nur Du wirst dich mit ihr messen, wir wissen es... mein Sohn braucht eine Kämpferin an seiner Seite!

 

Und plötzlich hörte ich nur ein Aufkeuchen... Faith stand vor mir und sah mich völlig entgeistert an. „Alex, das kann nicht sein.“ ich sah sie ebenfalls nur an. „Ihr habt es … auch gesehen... gehört?“

 

Ich habe Edward nie kennengelernt, aber es war, als stünde er gerade hier und rede mit euch. Es... ist unheimlich. Was ist das?“ In kurzen Sätzen erklärte ich Faith, was in den letzten Tagen vor meiner damaligen Abreise passiert war. Irgendwie spürte ich, dass ich ihr eine Erklärung schuldig war. Haytham schien nichts weiter erwähnt zu haben! Verdammt!

 

Mrs Cormac starrte mich immer noch völlig ungläubig an. „Was soll ich noch erklären, entweder ihr glaubt und vertraut mir, oder ihr lasst es. Ich kann nicht ändern, was alles vorgefallen ist. Aber seid versichert, ich werde Haytham nicht alleine lassen. Ich brauche nur noch ein wenig Zeit! Und Edward scheint auch nur HIER aufzutauchen. In den Monaten zuhause hörte ich ihn nie, oder ich glaube es zumindest...“

 

Sie schüttelte ihren Kopf und sah mich wieder an. „Es ist einfach unfassbar, was diese Vorläufer für Auswirkungen haben. Aber wenn ihr ein wenig Zeit habt, würde ich gerne einige Dinge mit euch durch gehen.“ Das traf sich gut, auch ich hatte diverse Dinge die mich beschäftigten mit ihr zu besprechen! Unter anderem das Theater, welches ich wegen ihr und ihrem Diebstahl hatte. Doch ich wollte davon jetzt und hier nicht anfangen!

 

Das beruht anscheinend auf Gegenseitig, Mrs. Cormac. Und verzeiht jetzt meine Ungeduld, aber... das Kleid. Obwohl ich sicherlich selber in der Lage wäre...“ sie ließ mich nicht ausreden.

 

Nein, ich kenne meine Großmutter. Sie ist sehr kritisch und wer nicht in ihr Schema passt, fällt hinaus ohne Wiederkehr!“ DAS beruhigte mich ja mal so gar nicht.

 

Das... hört sich vielversprechend an. Großartig!“ entgegnete ich nur.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir ein Kleid gefunden, welches nicht zu aufdringlich, nicht zu obszön (sie hatte durchaus eines dabei, bei dem ich dachte, na na na... das ist aber nicht für den Opernbesuch gedacht) und auch nicht zu einfach erschien.

 

Es war ein dunkelrotes Kleid aus weich fließender ägyptischer Baumwolle (einfach unverkennbar weich und angenehm auf der Haut!) welches ich jetzt trug. Ich war froh, dass wir ungefähr die gleiche Größe und Statur hatten. Aber Haytham hatte ein Auge für so etwas. Und JETZT huschte ein Stich der Eifersucht über mein Herz. Er beobachtete genau... auch andere Frauen... Doch ich schüttelte es wie immer ab.

 

Als ich mich so im Spiegel sah, verstummten alle anderen Stimmen in meinem Kopf. DAS war es. Eine dumme Frage blieb mir aber noch zu stellen. „Mrs. Cormac, was für ein Typ Mensch ist eure Großmutter? Es wäre hilfreich, wenn ich eine kurze Beschreibung hätte. Dann könnte ich mich auf dem Weg dorthin ein bisschen vorbereiten!“ Sie überlegte kurz. „Sie ist streng, sie ist traditionell und kann ihr Gegenüber sehr leicht einschätzen. Aber sie ist auch ein Mensch, der weiß, wer ihr gegenüber loyal ist.“ kam es aufrichtig und wie in einer Buchbesprechung von Faith. „Hmmm, damit muss ich wohl jetzt arbeiten. Aber ich danke euch!“

 

Wir gingen wieder hinunter und als wir im Salon ankamen, sah ich wie mein Templer hingebungsvoll mit seinem Patenkind spielte. Shay und Haytham saßen um sie und versuchten ihr eine Puppe wegzunehmen, mit Erklärungen und und und... Als ich genauer hinsah, konnte ich Ähnlichkeiten mit Altair erkennen. „Sie hat eine Altair Puppe, Mrs. Cormac?“ fragte ich stirnrunzelnd. „Ja, die hat sie noch aus meiner... alten Zugehörigkeit!“ kam es etwas entschuldigend.

 

Altair hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch wenn seine Philosophie nicht

100 Prozent mit meiner übereinstimmt, aber die Revolution war schon nicht von der Hand zu weisen!“ meine Gedanken drifteten wieder ab und ich hinterfragte wieder alles, verdammt.

 

Ihr habt nicht unrecht, aber wir sollten das Wesentliche im Auge behalten.“ Da hatte sie auch wieder recht. Doch was WAR denn das WESENTLICHE? Das war immer noch Ansichtssache. Auch wenn ich bei mir bei vielen Dingen nicht mehr so sicher war.

 

Genau wie Shay oder auch Faith. Ich muss abwarten und dann...

 

Ein „Alex, das ist perfekt!“ Ausruf meines Templers holte mich aus den Gedanken und ich lächelte ihn an. „Danke“ mehr konnte ich gerade nicht sagen.

 

Wir werden dann jetzt zu Lady Melanie aufbrechen. Je eher desto besser!“ meinte Haytham in einem völlig kaufmännischen Ton. Bin ich jetzt eine Ware, ging es mir durch den Kopf? Doch ich musste mir wieder vor Augen führen, dass ich noch nicht hierher gehörte, dass ich zu lernen hatte. Es waren nur ein paar Tage, das konnte ja nicht so schwer werden.

 

Also verabschiedeten wir uns und fuhren Richtung Anwesen von Lady Melanie. Es klang aber eher nach: Geh aufs Schafott und dann ab mit dem Kopf! Marie Antoinette wäre neidisch gewesen.

Kapitel 12

 

**** Die Anprobe Teil 1 ****

 

 

Ich folgte Mrs. Cormac nach oben ins Schlafzimmer und dann ins Ankleidezimmer. „Es ist irgendwie eigenartig wieder hier zu sein.“ Rutschte es mir hinaus.

 

Das kann ich mir vorstellen!“ sagte sie nur lächelnd. Und dann fiel mir ein, dass sie ja jetzt dem Orden, genauer gesagt, dem britischen Ritus angehörte. Sollte man da gratulieren? Ach was solls...

 

Mrs. Cormac, ich möchte euch noch zu eurer Indoktrination beglückwünschen. Haytham erzählte vorhin davon!“ sagte ich höflich, auch wenn ich das Gefühl hatte, als wären tausende von Schwerter gerade auf mich gerichtet.

 

Ich habe meine Entscheidung getroffen!“ mehr sagte sie nicht. Aber es war weder böse, noch tadelnd, noch klang es als würde sie mir aufzeigen wollen, dass es besser wäre mich jetzt auch endlich mal zu entscheiden.

 

Meine Zugehörigkeit muss ich noch überdenken, aber in zwei verschiedenen Epochen, zwei verschiedene Zugehörigkeiten, wird wohl nicht das beste sein.“ sagte ich nur und ich ging davon aus, dass diese Frau wusste, WAS und WIE ich es meinte!

 

Doch leider nein. Sie sah mich fragend an. „Es ist doch keine Frage der Epoche oder der Zeit, es ist eine Frage des Herzens und des eigenen Glaubens!“ Bei Odin... ich hatte vergessen, dass im 18. Jahrhundert die Maßstäbe andere waren, man dachte über Moral, Ethik und so weiter einfach anders. Es war nicht so leichtläufig und schnelllebig wie in meiner Zeit. Hier dachte man wirklich noch länger über eine Entscheidung nach! Dazu kam, dass ich ein ganz anderes Hintergrundwissen hatte. Und wieder fragte ich mich, sollte ich mich dieser Frau anvertrauen, oder würde sie es, weil Templer, einfach gegen mich nutzen? Paranoid und das waren die beiden Seiten schon immer.

 

Es war nicht von der Hand zu weisen! Doch ich beschloss, dem Ganzen jetzt erst einmal einen Riegel vorzuschieben, denn noch würde ich nicht für immer bleiben und wenn es soweit wäre, dann würde ich eine Entscheidung treffen... ich würde sie treffen MÜSSEN! Denn ich würde sicherlich nicht mit einem Templer zusammenleben können, während ich noch Assassine war. Oder gäbe es doch einen Weg? Ich drängte diese ganzen Gedanken in den Hintergrund. Beizeiten würde ich darüber wieder nachdenken.

 

Mrs. Cormac, ich WERDE meine Entscheidung treffen, doch im Moment steht sie nicht an. Ich werde nur wenige Tage hier sein und wieder gehen. Es gibt noch so einiges aufzuarbeiten und zu erledigen. Ihr wisst, dass ich mein altes Leben komplett abschließen muss. Also verschont mich im Moment bitte mit euren Ansichten. Denn sie sind fehl am Platz. Und … ihr könnt euch sicher sein, dass ich für Haytham alles tun würde!“ ich sah sie herausfordernd an, mein Kampfgeist erwachte jedes mal, wenn ich in ihrer Nähe war. Warum auch immer. Doch ein Edward kam mir zuvor und sagte nur Du wirst dich mit ihr messen, wir wissen es... mein Sohn braucht eine Kämpferin an seiner Seite!

 

Und plötzlich hörte ich nur ein Aufkeuchen... Faith stand vor mir und sah mich völlig entgeistert an. „Alex, das kann nicht sein.“ ich sah sie ebenfalls nur an. „Ihr habt es … auch gesehen... gehört?“

 

Ich habe Edward nie kennengelernt, aber es war, als stünde er gerade hier und rede mit euch. Es... ist unheimlich. Was ist das?“ In kurzen Sätzen erklärte ich Faith, was in den letzten Tagen vor meiner damaligen Abreise passiert war. Irgendwie spürte ich, dass ich ihr eine Erklärung schuldig war. Haytham schien nichts weiter erwähnt zu haben! Verdammt!

 

Mrs Cormac starrte mich immer noch völlig ungläubig an. „Was soll ich noch erklären, entweder ihr glaubt und vertraut mir, oder ihr lasst es. Ich kann nicht ändern, was alles vorgefallen ist. Aber seid versichert, ich werde Haytham nicht alleine lassen. Ich brauche nur noch ein wenig Zeit! Und Edward scheint auch nur HIER aufzutauchen. In den Monaten zuhause hörte ich ihn nie, oder ich glaube es zumindest...“

 

Sie schüttelte ihren Kopf und sah mich wieder an. „Es ist einfach unfassbar, was diese Vorläufer für Auswirkungen haben. Aber wenn ihr ein wenig Zeit habt, würde ich gerne einige Dinge mit euch durch gehen.“ Das traf sich gut, auch ich hatte diverse Dinge die mich beschäftigten mit ihr zu besprechen! Unter anderem das Theater, welches ich wegen ihr und ihrem Diebstahl hatte. Doch ich wollte davon jetzt und hier nicht anfangen!

 

Das beruht anscheinend auf Gegenseitig, Mrs. Cormac. Und verzeiht jetzt meine Ungeduld, aber... das Kleid. Obwohl ich sicherlich selber in der Lage wäre...“ sie ließ mich nicht ausreden.

 

Nein, ich kenne meine Großmutter. Sie ist sehr kritisch und wer nicht in ihr Schema passt, fällt hinaus ohne Wiederkehr!“ DAS beruhigte mich ja mal so gar nicht.

 

Das... hört sich vielversprechend an. Großartig!“ entgegnete ich nur.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir ein Kleid gefunden, welches nicht zu aufdringlich, nicht zu obszön (sie hatte durchaus eines dabei, bei dem ich dachte, na na na... das ist aber nicht für den Opernbesuch gedacht) und auch nicht zu einfach erschien.

 

Es war ein dunkelrotes Kleid aus weich fließender ägyptischer Baumwolle (einfach unverkennbar weich und angenehm auf der Haut!) welches ich jetzt trug. Ich war froh, dass wir ungefähr die gleiche Größe und Statur hatten. Aber Haytham hatte ein Auge für so etwas. Und JETZT huschte ein Stich der Eifersucht über mein Herz. Er beobachtete genau... auch andere Frauen... Doch ich schüttelte es wie immer ab.

 

Als ich mich so im Spiegel sah, verstummten alle anderen Stimmen in meinem Kopf. DAS war es. Eine dumme Frage blieb mir aber noch zu stellen. „Mrs. Cormac, was für ein Typ Mensch ist eure Großmutter? Es wäre hilfreich, wenn ich eine kurze Beschreibung hätte. Dann könnte ich mich auf dem Weg dorthin ein bisschen vorbereiten!“ Sie überlegte kurz. „Sie ist streng, sie ist traditionell und kann ihr Gegenüber sehr leicht einschätzen. Aber sie ist auch ein Mensch, der weiß, wer ihr gegenüber loyal ist.“ kam es aufrichtig und wie in einer Buchbesprechung von Faith. „Hmmm, damit muss ich wohl jetzt arbeiten. Aber ich danke euch!“

 

Wir gingen wieder hinunter und als wir im Salon ankamen, sah ich wie mein Templer hingebungsvoll mit seinem Patenkind spielte. Shay und Haytham saßen um sie und versuchten ihr eine Puppe wegzunehmen, mit Erklärungen und und und... Als ich genauer hinsah, konnte ich Ähnlichkeiten mit Altair erkennen. „Sie hat eine Altair Puppe, Mrs. Cormac?“ fragte ich stirnrunzelnd. „Ja, die hat sie noch aus meiner... alten Zugehörigkeit!“ kam es etwas entschuldigend.

 

Altair hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch wenn seine Philosophie nicht

100 Prozent mit meiner übereinstimmt, aber die Revolution war schon nicht von der Hand zu weisen!“ meine Gedanken drifteten wieder ab und ich hinterfragte wieder alles, verdammt.

 

Ihr habt nicht unrecht, aber wir sollten das Wesentliche im Auge behalten.“ Da hatte sie auch wieder recht. Doch was WAR denn das WESENTLICHE? Das war immer noch Ansichtssache. Auch wenn ich bei mir bei vielen Dingen nicht mehr so sicher war.

 

Genau wie Shay oder auch Faith. Ich muss abwarten und dann...

 

Ein „Alex, das ist perfekt!“ Ausruf meines Templers holte mich aus den Gedanken und ich lächelte ihn an. „Danke“ mehr konnte ich gerade nicht sagen.

 

Wir werden dann jetzt zu Lady Melanie aufbrechen. Je eher desto besser!“ meinte Haytham in einem völlig kaufmännischen Ton. Bin ich jetzt eine Ware, ging es mir durch den Kopf? Doch ich musste mir wieder vor Augen führen, dass ich noch nicht hierher gehörte, dass ich zu lernen hatte. Es waren nur ein paar Tage, das konnte ja nicht so schwer werden.

 

Also verabschiedeten wir uns und fuhren Richtung Anwesen von Lady Melanie. Es klang aber eher nach: Geh aufs Schafott und dann ab mit dem Kopf! Marie Antoinette wäre neidisch gewesen.

 

Kapitel 14

 

**** Lady Melanie Teil 2 ****

 

 

Aber ich frage mich, wie ihr die Familie Kenway kennen gelernt habt. Soweit wie ich verstanden habe lebtet ihr in Preußen, dass ist nicht gerade nah beieinander!“ eine berechtigte Frage, wie ich fand, und ihr Ton war berechnend. Aber ich konterte.

 

Das ist richtig. Doch mein Vater war schon länger geschäftlich mit Master Edward Kenway in Kontakt, schon vor der Zeit, als er sich in London niederließ. Und wann immer es ging, nahm Vater mich mit. Damit ich nicht so weltfremd aufwuchs, sagte er immer.“ Ich ließ mich von ihrem Blick nicht einschüchtern, sondern hielt stand. Die Hand auf meiner Schulter war beruhigend.

 

Löblich, doch für eine junge Dame ist das Leben auf einem Schiff doch sicherlich beschwerlich. Gerade wenn man so oft auf See ist!“ wieder eine Art Fangfrage. Es wurde immer besser.

 

Dadurch lernte ich aber viel über die Schifffahrt und habe neue Städte bereist. Meine Lehrer fanden es ebenfalls bereichernd für den Unterricht, wenn ich zum Beispiel über Rom etwas erzählen konnte, was nicht in den Büchern stand. Die Überfahrten waren anstrengend, ich gebe es zu, doch wie gesagt, ich freute mich immer darauf.“ und weiter im Text.

 

Haytham hat nie von euch gesprochen!“ Ah... jetzt kommen wir zum richtigen Verhör.

 

Ich vermute, ich bin ihm nicht wirklich aufgefallen. Und warum hätte er mich euch gegenüber erwähnen sollen? Wir hatten regen Briefkontakt, aber nach Master Edwards Tod waren wir nicht mehr in London. Zumal Master Haytham später ja auch mit Master Birch aufbrach. Und so vergingen die Jahre ohne weitere persönliche Treffen.“ erwiderte ich nur. Mir kam jetzt mein Wissen zugute, auch wenn es Haytham überhaupt nicht schmeckte.

 

Wann habt ihr Master Kenway dann wieder getroffen?“ in ihrer Stimme klang eine leichte Langeweile mit.

 

Es war im vergangenen Jahr. Ich gehe davon aus, dass ihr das Spektakel um die Jackdaw bemerkt haben werdet. Und ich gebe zu, es war etwas unbedacht von mir.“ ein wenig auf entschuldigend machen, konnte nicht schaden!

 

Ja, das ist uns allen nicht entgangen. Dieses Schiff gehört euch, soweit ich weiß?“

 

Das ist richtig. Hätte ich damals geahnt, dass nach meiner Abreise aus London und der Übergabe...“ in diesem Moment nahm Haytham meine Hand und drückte sie. Ich sah ihn an und in seinen Augen lag diese Trauer wieder.

 

Lady Melanie begnügte sich jetzt mit dieser Aussage, entweder aus Höflichkeit, echtem Bedauern oder einfach Rücksicht auf die Gefühle von Haytham, fragte sie diesbezüglich nicht weiter.

 

Doch wir näherten uns einer Frage, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte ich mich gefragt, ob ich dem Orden oder eben der Bruderschaft angehöre. Mein angeblicher Vater hatte Geschäfte mit einem Assassinen gemacht. Da sollte man sich schon fragen, ob dieser eingeweiht war oder eine neutrale Rolle spielte.

 

Doch es kam nichts dergleichen. „Wie lange werdet ihr hier in New York bleiben, Mrs. Frederickson? Ich gehe davon aus, dass ihr wieder mit eurem eigenen Schiff angereist seid?“

 

Ich gehe von ungefähr 14 Tagen aus. Ich werde nach Boston weiterreisen, wenn meine nächste Passage gebucht ist. Und nein, ich bin dieses mal mit einem fremden Schiff hierher gereist. Die Jackdaw bedarf größerer Reparaturen, sie hat jetzt schon etliche Jahre auf See hinter sich.“ das konnte ich auch wahrheitsgemäß beantworten.

 

Nach Boston? Verzeiht meine Neugierde, aber warum gerade dorthin?“ ihre Neugierde tat ihr sicherlich NICHT leid.

 

Ich besuche Freunde von mir. Sie sind vor 4 Jahren aus Bremen nach Boston ausgewandert. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen und da konnte ich diese Reisen wunderbar verbinden!“ ich lächelte immer noch ruhig vor mich. Man könnte auch meinen, ich hätte irgendetwas getrunken.

 

Wollte sie jetzt auch noch wissen, wie die alle heißen? Aber die Frage kam auch nicht. Lady Melanie wandte sich wieder an Haytham. „Master Kenway, es tut mir leid, aber ich kann Miss Sophia nicht absagen, sie hätte nämlich keine Begleitung und ich kann sie schlecht ausladen. Ihre Familie wird ja auch an den Feierlichkeiten teilnehmen.“ Innerlich stöhnte ich nur und verdrehte die Augen.

 

Lady Melanie, verzeiht, aber das kann und werde ich nicht akzeptieren! Es ist immer noch meine freie Entscheidung, wer mich begleitet. Und...“ doch sie ließ ihn nicht ausreden. Wie unhöflich von ihr!

 

Haytham, ich werde es nicht dulden, dass ihr mit einer Fremden hier erscheint, die ihr vermutlich noch nicht einmal vorhabt zu ehelichen. Ihr wisst, was von euch erwartet wird und Sophia ist eine gute Partie!“ Oh, da wurde jemand allmählich sauer.

 

Mit einem Satz war mein Templer auf den Beinen und funkelte Lady Melanie an. „Ich habe mit keinem Wort erwähnt, dass ich diese Frau NICHT heiraten werde.“ Jetzt drehte er sich zu mir um und fischte eine kleine Schachtel aus der Innentasche seines Gehrocks. Dann ließ er sich auf ein Knie sinken, öffnete sie und sah mir lange in die Augen.

 

Das war doch nicht sein Ernst. Er konnte mich doch nicht vor vollendete Tatsachen stellen und ich konnte förmlich sehen, dass er sich das Ganze auch ein bisschen anders vorgestellt hatte. „Alexandra Frederickson, willst du meine Frau werden?“ Ich konnte ihn nur anstarren, mein Blick verschwamm, meine Hand legte sich auf seine Wange und ich brachte nur ein krächzendes „Ja“ heraus.

 

Haytham nahm den Ring aus der Schachtel und steckte ihn an meinen rechten Ringfinger. Der linke war ja NOCH besetzt. Dann zog er mich hoch und küsste meine Hand vorsichtig. Ich sah auf diesen Ring, es war ein goldener Ring mit einem wunderschön geschliffenen Diamanten. Leise kam nur von meinem Templer „Er gehörte meiner Mutter! Es tut mir leid, ich hätte dir den Antrag gerne unter anderen Umständen gemacht!“ Mit diesen Worten bekam ich noch einen Kuss.

 

So langsam konnte ich mich nicht mehr beherrschen und ich sah, dass jemand ganz anderes auch die Beherrschung verlor! In der ganzen Zeit hatte sich Master Williams nicht weiter zu Wort gemeldet, was mich gewundert hatte. Doch jetzt sah er Haytham mit einem so wütenden Blick an, der mir Angst machte. „Wann hattet ihr vor uns das mitzuteilen?“ kam es nur kalt von Lucius.

 

Master Williams, ich hätte es in den nächsten Tagen nach der Hochzeit sicher zur Sprache gebracht, SO sollte es nicht sein. Mrs. Frederickson hat eine andere Behandlung verdient, als so vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden! Doch ihr habt mir jetzt keine andere Wahl gelassen. Zumal ich der Ansicht bin, dass ich euch gegenüber keine derartige Rechenschaft schuldig bin.“ sagte mein Templer nun ebenso aufgebracht.

 

Master Kenway, dann muss ich eure Entscheidung so akzeptieren! Ich werde Miss Sophia eine Nachricht zukommen lassen!“ kam es mit zusammengebissenen Zähnen von Lady Melanie. Sie musste sich arg zusammen reißen. Doch ich verstand immer noch nicht, warum Haytham sich ihr oder Master Williams gegenüber immer rechtfertigen musste. Vielleicht würde ich ja doch irgendwann einmal eine Erklärung dafür bekommen.

 

Man verabschiedete uns nun so höflich, wie es denn eben noch vertretbar war und der Diener geleitete uns zur Tür. Als wir draußen an der frischen Luft waren und ein Stück von der Villa weg waren, brach meine Fassade ein und ich stand schwer atmend einfach nur da. Das waren die schlimmsten 90 Minuten meines Lebens, dachte ich nur.

 

Alex, ist alles in Ordnung?“ fragte mich Haytham besorgt und nahm mich in den Arm.

 

Ja, es geht wieder. Bei Odin, was war das denn dort drinnen?“ fragte ich drauflos. Doch auch mein Verlobter wusste keine Antwort.

 

Das war alles etwas merkwürdig. Hast du auch diese eigenartige Präsenz gespürt? Als wenn noch jemand mit im Raum gewesen wäre!“ Er sah fragend auf mich hinunter und ich konnte ihm nur beipflichten, genau das hatte ich auch gefühlt.

 

Es war seltsam, es fühlte sich an, als würde mir jemand beruhigend die Hand auf die Schulter legen und mich immer wieder zur Ruhe ermahnen.“ dann fiel mir aber wieder ein, ob es nicht diese Edward-Gegenwart sein könnte. „Hast du etwas gesehen? Auch wenn es nur Schemenhaft gewesen ist?“

 

Nein, da war nichts. Ich habe auch meinen Adlerblick genutzt, aber da war nichts auszumachen. Wir waren zu viert, mehr nicht! Aber... ich weiß, ich habe dich gerade einfach überfallen. Ich hoffe, du kannst mir das verzeihen. Doch ich hatte einfach keine andere Wahl!“ etwas verwirrt, ob des Themenwechsels, sah ich den Großmeister an.

 

Ich... natürlich verzeihe ich dir. Auch mir tut es ebenso leid, dass du so Hals über Kopf handeln musstest. Ich... freue mich einfach nur. Doch ich hatte ehrlich gesagt überhaupt nicht mit so etwas gerechnet. Ich hoffe, du hast nicht das Gefühl, dass du es aus Zwang tun musstest. Denn... ich... also...“ Ein langer Kuss verriet mir, dass er es so wollte und auch so meinte.

Kapitel 15

 

**** Garderobenkauf ****

 

 

Als Haytham eine Kutsche rufen wollte, hielt ich ihn davon ab. Ich brauchte einfach die frische Luft und ein bisschen Bewegung! „Lass uns ein Stück zu Fuß gehen, dabei kriege ich am besten meine Gedanken sortiert.“ meinte ich dann nur.

 

Vermutlich wirklich eine gute Idee!“ sagte er nur grinsend. Ich hakte mich bei ihm unter und mein Blick fiel noch einmal auf den Ring! „Er ist wunderschön, Haytham!“ er lächelte mich einfach nur an!

 

Während wir Richtung Fort George gingen, dachte ich noch einmal über das Gespräch nach und hoffte, dass ich keine Lücken gelassen hatte oder mich verraten habe. Eines jedoch war mir schwergefallen. Mein Alter war schwer zu erklären. Wie alt hätte ich damals sein müssen, als ich Edward traf? 14 oder 15 nicht älter und jetzt müsste ich mindestens 50 wenn nicht sogar älter sein. Ok, ich habe mich gut gehalten, könnte man noch vermuten! Und erst jetzt dachte ich zum aller ersten mal daran, dass ich tatsächlich älter als mein Verlobter war. Es müssten 7 Jahre sein, wenn ich richtig rechnete! „Warum grinst du so breit, Alex? Ich hoffe, es geht nicht um mich?“ kam es gespielt tadelnd von ihm. „Du hast mich durchschaut! Es geht um dich, mir ist nämlich gerade unser Altersunterschied durch den Kopf gegangen!“

 

Jetzt blieb Haytham stehen und drehte mich zu sich um! „Der Altersunterschied? Wie kommst du darauf, dass das wichtig sei?“

 

Es ist nicht wichtig, aber du bist tatsächlich 7 Jahre jünger als ich. Du hast mich nie nach meinem Alter gefragt und ich habe eigentlich auch nie darüber nachgedacht.“ oder hatte ich doch einmal etwas erwähnt? Rechnen konnte er ja, Jahreszahlen hatte er auch genannt bekommen.

 

Das ist mir aber nicht wichtig. Was zählt ist, dass ich dich tatsächlich einfach liebe und...“ hatte er mir gerade auf offener Straße zum allerersten mal gesagt, er liebe mich? Und wieder brach ein Stück Fassade und mein Blick verschwamm wieder. „Ich dich auch, Haytham!“ Ich zog seinen Mund näher zu mir und gab ihm vorsichtig einen Kuss. Langsam registrierte ich, dass ich jetzt wirklich verlobt war! Es war ein seltsames Gefühl. Auch wenn ich es schon einmal war, dieses mal war es etwas, dass ich wollte und behalten wollte. Dieser Mensch war mir wichtig und ich wollte ihn in meiner Nähe haben.

 

Doch es standen einige Entscheidungen an, die ich treffen musste. Diese mussten aber einfach für die paar Tage, welche ich nun hier war, hinten anstehen, ich würde mich mit ihnen befassen, wenn ich meine restlichen Angelegenheiten geklärt hätte. Also liefen wir weiter und hier und da erklärte mir mein Verlobter, es klingt immer noch so eigenartig, was das für ein Gebäude sei oder wer wo wohnte. Endlich bekam ich eine kleine Sightseeingtour und es war sehr beruhigend für meine Nerven.

 

Dann standen wir plötzlich vor einem Geschäft, welches Frauenkleider anbot. Haytham stellte sich hinter mich und schlang seine Arme um mich. „Wir sollten deine Garderobe aufstocken! Was meinst du?“ ich sah in der Fensterscheibe sein breites Grinsen!

 

Wie? Jetzt sofort?“ fragte ich sprachlos, naja nicht ganz. Aber er hatte es ja angekündigt, dass er mir noch das ein oder andere Kleid besorgen wolle. „Ja, jetzt sofort. Also rein mit dir!“

 

Wir betraten den Verkaufsraum und ich sah Unmengen an Stoffballen in den Regalen, in allen erdenklichen Farben und auch Mustern. Auch waren einige Kleider ausgestellt, wo eines schöner als das andere war. Ich kam aus dem Staunen nicht wieder raus. In unserer Zeit geht man online einkaufen oder aber in sehr unpersönliche Läden um sich Klamotten von der Stange zu kaufen. Diese hier waren alle individuell gefertigt und es war angenehm persönlich.

 

Vorsichtig strich ich über eines dieser Kleider, es war aus dunkelgrüner Seide mit einem goldenen Blumenmuster. Dahinter war eines aus Samt, weinrot, Schulterfrei und mit kurzen Ärmeln. Plötzlich riss mich ein Räuspern aus den Gedanken und ich sah mich entschuldigend um. Mein Verlobter stand mit dem Schneider hinter mir und beide grinsten wissend.

 

Euer Verlobter bat mich, euch ein paar Kleider zu zeigen, aber ich sehe schon, ihr habt ein Auge für die wirklich ausgefallenen Exemplare, Miss“ gab er mit einem holländischen Akzent ein Kompliment. „Verzeiht, wo sind meine Manieren, Matheus Vandenwinkel, zu euren Diensten Miss!“ stellte er sich mir mit einer tiefen Verbeugung noch vor.

 

Es freut mich, euch kennenzulernen, Mr. Vandenwinkel, mein Name ist Frederickson.“ er hauchte mir den Handkuss auf und dann fing er auch schon an, seine Waren anzupreisen. Seine Angestellte stellte sich als seine Tochter heraus, die eines Tages sein Geschäft übernehmen sollte. Sie war ungefähr 16 Jahre alt, hieß Vera, war blond und hatte ein einfach niedliches Gesicht.

 

Jetzt ging es ans Anprobieren und ich schmunzelte in mich hinein. Männer waren nicht gerade die besten Kaufberater, doch ich musste mich jetzt auf Haythams fachkundige Meinung und Beobachtungsgabe verlassen.

 

Als Vera mir bei dem ersten Kleid half, blieb sie kurz hinter mir stehen und stutzte. „Mrs. Frederickson, ihr habt aber eine seltsame Tätowierung. Hat sie eine Bedeutung?“ Das hatte ich ja völlig vergessen. Wenn ich ein Kleid ANHATTE sah man es nicht, doch so schon. Denn das Unterkleid war nicht so hoch geschnitten.

 

Ja, das hat sie. Eine sehr persönliche, Vera.“ sagte ich nur und versuchte nicht allzu tadelnd zu klingen. Eigentlich fragte man das nicht so einfach frei raus.

 

Verzeiht, ich wollte nicht neugierig sein.“ gab sie jetzt leise von sich. „Ist schon gut!“ versuchte ich sie zu beruhigen.

 

Ich trat nach vorne in den Verkaufsraum und erntete einen staunenden und anerkennenden Blick meines Verlobten. „Das wäre Nummer eins.“ Wie? Das wurde jetzt gekauft? Gut, wenn er meint.

 

Das gleiche Prozedere kam auch bei den anderen beiden Kleidern, dem aus Samt und dem aus grüner Seide! Die kosteten doch ein Vermögen und es fiel mir schwer, so ein Geschenk anzunehmen. „Mach dir keine Gedanken, was das Geld angeht, Alex. Das steht dir nicht gut zu Gesicht. Ich möchte nur, dass du Kleider hast, die dir und deinem Erscheinungsbild entsprechen!“ Man muss es ihm lassen, er umschrieb seine Meinungen und Komplimente immer sehr gut und man musste genau hinhören! Doch auch das war etwas, was ich an ihm so liebte. „Aber ich kann das nie wieder gutmachen!“ … ein Kuss auf die Stirn. „Und wer sagt, dass du das musst?“ Das sagte mir mein Verstand, es ist ein Geben und Nehmen!

 

Aber damit waren wir noch lange nicht durch, denn Haytham ließ Maß nehmen und orderte noch 2 weiter Kleider nach Schnittmustern die ihm Mr. Vandenwinkel gezeigt hatte. Sie sahen auf der Zeichnung einfach fantastisch aus. Den Stoff suchte ich dann allerdings doch selber aus. Denn ich hätte gerne eines in dieser wunderschönen schwarzen Seide, mit den silbernen Stickereien.

 

Schmerzlich wurde mir bewusst, dass ich vermutlich nicht mehr hier war, wenn sie fertig waren! Haytham müsste sie ohne mich abholen und... sie würden 3 Jahre irgendwo lagern müssen! „Haytham, ich … versteh mich nicht falsch. Aber ist es nicht Verschwendung, sie jetzt schon zu kaufen? Ich... werde sie erst in vermutlich 3 Jahren tragen können!“ Ein dunkler Schatten huschte über seine Augen!

 

Ich weiß, aber ich will es so!“ Seine Hand lag unter meinem Kinn und er sah mich wieder so prüfend an. „Wir werden auch mit der Hochzeit so lange warten müssen! Doch das ist mir gerade mehr als egal. Denn du bist jetzt hier und ich brauche dieses Gefühl von Normalität einfach im Moment!“ es kam schon fast flehend aus seinem Mund. „Aber die Hochzeit werden WIR planen, niemand anderes!“ sagte ich gespielt entrüstet. „Keine Sorge, da habe ich ja auch ein Wörtchen mitzureden!“

 

Als die Einzelheiten besprochen waren, ich noch einiges an Unterwäsche und Unterkleidern bekommen hatte und man sich mit den Preisen einig war, verließen wir das Geschäft. Die fertigen Kleider sollten gegen Abend ins Fort George gebracht werden.

 

Wir waren schon fast dort angekommen, als neben uns eine Kutsche hielt und eine aufgebrachte Schottin mit ihrem irischen Ehemann uns plötzlich gegenüberstand. „WANN hattest du vor mir das mitzuteilen, Bruder?“ kam es wütend von Faith!

 

Warum sollte Haytham immer erst allen anderen Bescheid sagen, ehe er eine Entscheidung traf? So langsam war es nervend und blöderweise kam mir Edwards Satz im Ankleidezimmer wieder in den Sinn! Ich sah kampflustig von meinem Verlobten zu seiner kleinen Schwester, doch ich kam nicht zu Wort!

 

Du nicht auch noch, Faith! Ich sagte es deiner Großmutter schon. Nach eurer Hochzeit hätte ich es offiziell gemacht! Aber wie schön, dass man immer wieder in seinen Plänen gestört wird.“ Das hatte gesessen, der Mund der Schottin stand nun auf. Leider achtete ich zu spät auf mein dämliches Grinsen und sie kam drohend einen Schritt auf mich zu. „Ihr nehmt das Ganze anscheinend nicht ernst, kann das sein?“ funkelte sie mich an.

 

Doch, Mrs. Cormac, ich nehme das ernst. Es fällt nur tatsächlich schwer zu glauben, dass Haytham nicht frei alleine entscheiden darf. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch nicht immer der Spielball sein. Ich wurde vorhin auch vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte einen Haufen an Fragen zu beantworten! Glaubt mir, ich bin gerade nicht in Stimmung für derlei Gespräche und Anschuldigungen!“ verdammt ich redete mich in Rage.

 

Vielleicht ist der Vorschlag, den Master Edward gemacht hat, gar nicht so verkehrt!“ kam es jetzt ebenso kampfbereit von ihr! Da ich aber Haytham noch nicht davon berichten konnte, sah dieser mich fragend an und dann zu seiner kleinen Schwester.

 

Was wird das, wenn ich fragen darf? Und was hat mein Vater damit zu tun?“ er verschränkte die Arme vor der Brust und sah uns beide abwartend an.

 

Kapitel 16

 

**** Die Kampfansage ****

 

 

Also erklärte ich es meinem Verlobten. „Als Mrs. Cormac und ich vorhin das Kleid herausgesucht hatten, hörten wir die Stimme deines Vaters. Wir BEIDE. Er sagte nur, ich müsse mich mit ihr messen, er wisse es. Du bräuchtest eine Kämpferin an deiner Seite!“

 

Wie bitte? Und das wollt ihr beide jetzt wirklich in die Tat umsetzen? Da habe ich aber auch noch ein Wörtchen mitzureden, Alex!“ kam es jetzt entrüstet von Haytham.

 

Aber ich befürchte, da wirst du kein Mitspracherecht haben. Dies ist etwas, was nur mich und Mrs. Frederickson etwas angeht. Und wir werden sehen, was dann passiert!“ mit einem Funkeln in den Augen, sah sie mich an und ich erwiderte es nur. Wenn es nach mir ginge, hätten wir sofort loslegen können.

 

Doch wie aufs Kommando sahen wir beide an uns herab und wie aus einem Mund kam nur ein „Aber nicht so!“ Im Kleid kämpfen wäre definitiv nicht gut und vor allem unpraktisch. „Was schlagt ihr dann vor, Mrs. Frederickson?“ kam es angriffslustig von ihr.

 

Oh ich denke, NACH eurer Hochzeit, ist ein angemessener Termin. Wisst ihr, ich möchte nicht, dass ihr mit gebrochenen Rippen oder einem Veilchen vor den Altar treten müsst.“ Ich ließ es mir nicht nehmen, noch ein wenig zu provozieren und grinste breit.

 

Mrs. Frederickson, dass ist eine gute Idee. So könnt ihr euch noch einige Tage seelisch auf eine Niederlage vorbereiten!“ kam es ebenso kampflustig von der Schottin.

 

Herrlich, ich liebte solch einen Schlagabtausch und ehrlich gesagt, ich freute mich auf diesen Kampf schon jetzt. Nur nicht Shay und Haytham, wie es schien. „Mon aingeal, das ist doch nicht dein Ernst oder? Wozu das Ganze? Du musst dich nicht beweisen...“ aber sie ließ ihren Mann nicht ausreden. „DAS weiß ich, es geht nur darum, dass wir ein für allemal die Fronten klären. Aber ihr Männer könnt das vermutlich mal wieder nicht nachvollziehen.“ maulte sie ihn an.

 

Auch Haytham war alles andere als begeistert. „Alex, weißt du eigentlich, was du da gerade machst?“ fragte er völlig entgeistert. „Ach, glaubst du, ich bin nicht fähig für so einen Kampf? Wir können ja Wetten abschließen. Hmmm?“ Doch er schüttelte nur den Kopf und sah zu Shay.

 

Beide waren sich ohne Worte einig, dass sie uns fürs erste auseinander und von einander fernhalten sollten. Ich reichte ihr die Hand mit den Worten „Dann am 19. Mai?“ sie reichte mir ihrerseits die Hand und erwiderte nur „Das hört sich hervorragend an!“ Und damit war es abgemacht.

 

Zufrieden drehte ich mich zu meinem Verlobten, doch dieser war immer noch sauer, dass ich mir einen Kampf mit seiner Schwester liefern wollte. „Verstehe einer die Frauen!“ meinte er Kopfschüttelnd. DAS sagte der Richtige!

 

Was soll ich sagen, ich war erleichtert. Erleichtert, dass ich jetzt endlich klären konnte, was mir die ganze Zeit auf der Seele lag. Dieses Gefühl, ich müsse IHR etwas beweisen war es NICHT! Es ging darum, zu zeigen, dass ich keine Idiotin bin und einfach untauglich für diese Zeit bin! Das konnte ich nicht einfach so auf mir sitzen lassen!

 

Wir verabschiedeten uns alle und Haytham versprach, das Kleid dann in den nächsten Tagen zurückzugeben und eilte mir hinterher. Ich war schon voraus gegangen. Als wir im Eingangsbereich standen, schloss er mit einem lauten Knall die Tür, kam auf mich zu und nahm mich bei den Schultern. „Alex, was soll das werden? Du glaubst doch nicht, dass du diesen Kampf so einfach bestehen wirst. Wir haben gar nicht genügend Zeit, dich im Schwertkampf...“ doch ich ließ ihn nicht ausreden, oder besser Edward ließ ihn nicht ausreden.

 

Sohn, das wird auch gar nicht nötig sein! Sie ist vorbereitet und wird antreten. Ganz einfach. Du kannst sie begleiten oder du lässt es. Aber an deiner Stelle, würde ich meine Verlobte nicht alleine lassen! Denn du wirst sehen, ich habe sie nicht ohne Grund ausgewählt!“ Ungläubig und mit weit aufgerissenen Augen stand Haytham vor der Erscheinung seines Vaters. Und ich spürte, wie in ihm die Trauer emporstieg. Langsam nahm ich seine Hand und sah ihn an.

 

Vater, ich... das kann doch nicht sein. Heißt das, dass du Alex beschützen wirst im Kampf? Ich... verstehe das nicht!“ stammelte er.

 

Haytham, ich werde sie leiten. Mehr nicht. Mrs. Frederickson hat sich schon bewiesen, oder? Alleine durch meine Worte war sie in der Lage, sich zu verteidigen.“ Damit sprach er meine Mordserie an den Assassinen auf der Jackdaw an. „Ja, das habe ich damals gesehen, aber wie ist das möglich?“ wollte er nun von seinem Vater wissen.

 

Das, mein Junge, kann ich dir nicht erklären. Es ist eine Art Gabe, so wie du den Adlerblick hast und wenn du jetzt darüber nachdenkst, dann hat er sich verändert, oder?“ meinte Edward wissend.

 

Jetzt war es an mir, nachzuhaken. „Was hat sich verändert, Haytham? Du hast gar nichts erwähnt, naja, nicht das wir Zeit hatten uns darüber zu unterhalten!“

 

Verwirrt sah er von mir zu seinem Vater. „Es... ich habe das Gefühl, dass ich Menschen spüren kann. Durch Wände oder auch, wenn sie vor einiger Zeit schon verstorben sind. Als wenn ihre Auren noch anwesend wäre. Es ist, als könnte ich das verbliebene Leben oder die Seelen wahrnehmen. Es... ist unheimlich!“ Sein Blick lag immer noch gebannt auf Edwards schimmerndem Körper.

 

Dann hast du jetzt eine Erweiterung, die dir in späteren Jahren gute Dienste leisten wirst. Ihr beide gemeinsam werdet Veränderungen bringen, die wichtig für die Menschen sind. Leider hatte ich keine Zeit mehr dafür.“ Dann trat Edward auf seinen Sohn zu und legte seine Hand auf seine Schulter. „Ich glaube an dich, Haytham, dass habe ich immer und werde ich auch weiterhin. Wir gehören zwar zwei verschiedenen Bünden an, doch gemeinsam ist alles möglich, vergiss das nicht mein Sohn!“

 

Tief in mir reifte dieser Gedanke, dass ich genau jetzt mein Stichwort hatte. So könnte ich Connor und Haytham von einer Einigung überzeugen! Edward hatte hoffentlich einen Gedanken bei seinem Sohn gepflanzt, der nicht so schnell erlischt, hoffte ich!

 

Und langsam löste sich diese Gestalt vor uns auf und ließ uns einfach so stehen. Meine Hand umklammerte immer noch Haythams, doch er verstärkte den Griff und zog mich zu sich. „Hat er Recht, Alex? Werden wir etwas ändern können? Ich würde gerne daran glauben, denn... ich zweifle immer mehr!“ sah mich mein Templer fragend an.

 

Haytham, ich hoffe, dass dein Vater recht behalten wird. Wenn ich es jetzt so betrachte, dann kann ich mit diesen Worten deines Vaters an dich, etwas verändern. Glaub mir, ich wünsche es mir so sehr.“

 

Warum gerade diese Worte? Alex, du ...“ doch ich ließ ihn nicht ausreden. „Ja, ich weiß mehr. Aber du wirst dich noch gedulden müssen. Haytham, deine Zweifel sind berechtigt und … keiner verlangt, dass du dem Orden den Rücken kehrst. Bei Odin nein, doch du hast noch diesen Funken in dir. Diese kleine Hoffnung, dass es Vereinigung geben kann. Und auch ich habe diese Hoffnung. Lass uns zusammenarbeiten und...“

 

Doch jetzt ließ er mich nicht ausreden. „Wie meinst du das? Zusammenarbeiten? Du würdest eine Bruderschaft aufbauen wollen? Hier?“ Jetzt wich er ein Stück von mir zurück. So hatte ich das gar nicht gemeint!

 

Nein, ich werde nur einen Mittelweg finden. Und wenn ich ihn nicht finde und ihn nicht betreten kann, dann... werde ich mich entscheiden müssen. Aber das weißt du selber am besten, Haytham! Ich... versuche es schon, doch es geht nicht von heute auf morgen!“

 

Ich weiß das, doch wäre es für mich von Vorteil zu wissen, was genau geändert werden müsste.“ jetzt lag so ein typischer Templerausdruck in seinem Gesicht. Ich seufzte nur. „Natürlich wäre es das, umgekehrt ist es nicht anders. Aber man weiht mich nicht ein. Und was machen wir jetzt?“

 

Da war sie wieder... diese Barriere... einer von uns musste sich entscheiden! Aber es würde nicht Haytham sein! Das wurde mir gerade bewusst!

Kapitel 17

 

*** Das Symbol ***

 

Ich werde wieder in meine Zeit reisen und ich werde noch eine Weile brauchen, bis ich Klarheit habe. In den letzten Monaten hatte ich immer öfter den Gedanken, dass es keine echte Vereinigung zwischen euch und uns gibt...“

 

Sag das nicht so, denn es hat nichts mit UNS beiden zu tun!“ Haytham klang nicht gerade begeistert.

 

Doch hat es und du weißt das auch. Ich kann nicht mit dir zusammen leben, nicht mit dir zusammen sein, solange ich noch der Bruderschaft angehöre. Denn es würde IMMER auf einer Seite Gerede, Missgunst und Misstrauen auslösen! Doch ich habe mich eigentlich tief in mir schon entschieden... aber ich kann es noch nicht umsetzen.“ ich sah meinen Templer an und hoffte, er verstand meinen Zwiespalt.

 

Da fiel mir meine Tätowierung wieder ein und ich nahm seine Hand und zog ihn nach oben Richtung Schlafzimmer. „Alex, es helllichter Nachmittag! Was hast du vor?“

 

Nichts schlimmes, Master Kenway... ich muss euch nur etwas zeigen! Doch... ich muss mich halb entkleiden und ich glaube nicht, dass ihr möchtet, dass ich das hier unten vor aller Augen mache!“ gab ich jetzt süffisant zurück.

 

Sah ich etwa doch diesen hoffnungsvollen Schimmer, dass ich noch mehr mit ihm vorhatte? Wir würden sehen, was alles passierte.

 

Als wir oben waren und Haytham die Tür geschlossen hatte, bat ich ihn, mir mit den Schnüren im Rücken zu helfen. Er tat wie ihm geheißen wurde... Mein Mieder des Oberkleides war somit schon gelöst und jetzt bat ich ihn, das Unterkleid am Rücken nach unten zu ziehen.

 

Ich spürte es mehr, als das ich es sah. Er hielt inne mit einem fragenden Blick und es kam keine Regung.

 

Alex, das... diese.... das ist neu. Aber... warum?“ Haytham drehte mich zu sich herum und sah mich durchdringend an.

 

DAS ist das was ich gerade durchmache, Haytham. Es ist ein Wandel. Aber er dauert! Und das wollte ich damit zum Ausdruck bringen. Und … es ist wie eine Niederschrift in den Chroniken. Es stellt einen symbolischen Akt da. Haytham, versteh doch. Es geht nicht von jetzt auf gleich.“

 

Er hatte aber verstanden und sah mich auf einmal nur noch mit diesem warmen Glanz in den Augen an. „Ich hatte auch nichts anderes erwartet, Alex!“ Und damit bekam ich diesen verlangenden Kuss in dem alles lag, was wir beide brauchten. Verständnis, Liebe, Zuneigung und vor allem EINIGUNG... wir waren uns im Stillen einig geworden! Nur musste ich es noch umsetzen!

 

Plötzlich schien der helllichte Nachmittag meinen Verlobten nicht mehr zu stören. Er befreite mich heroisch von meinen Stoffbahnen und ich tat es ihm gleich und... ich riss einfach sein Hemd auf, diese Schnüre waren ein Graus!

 

Wir hatten uns wieder. Es war aber wieder ein ganzes Stück inniger, als wir unsere Wiedervereinigung zelebrierten. Als ich ihn drängend an meinem Oberschenkel spürte, ließ ich mich wieder vollends auf ihn ein und es war dieses unausgesprochene, was uns vereinte. Doch dieses mal wollte ich meinen Verlobten dirigieren und ich drehte mich unter ihm weg und Haytham auf den Rücken. Ein etwas erstaunter Ausdruck erschien in seinem Gesicht, doch er protestierte nicht, sondern umfasste meine Hüften und ich wurde für meinen Einfall belohnt.

 

Mehr als das, denn ich übernahm die Führung indem ich seine Hände von meinen Hüften löste und sie über seinen Kopf hielt und so konnte ich uns beide zum Höhepunkt bringen. Ein geflüstertes „Das wird ein Nachspiel haben, Mrs. Frederickson.“ gab mir dann doch wieder den allerletzten Kick und meine Stimme war lauter als ich gewollt hatte. Doch sein Name schien in meinem Kopf nachzuhallen, auch vernahm ich nur meinen Namen laut stöhnend aus seinem Mund.

 

Innerlich freute ich mich auf das von ihm angedrohte Nachspiel! Ich ließ Haythams Hände los und drehte mich von ihm weg. Doch er zog mich an sich und atmete schwer, aber erleichtert und durchaus befriedigt. Mir ging es nicht anders.

 

Alex, ich liebe dich wirklich.“ kam es von meinem Templer in einem noch etwas atemlosen Zustand. „Ich dich auch, Haytham! Auch wenn ich es nie wahrhaben wollte!“

 

Er stützte sich auf einen Ellbogen und sah auf mich herab. „Du hast wirklich dagegen gekämpft?“ fragte er ungläubig. „Nicht wirklich gekämpft, aber mein schlechtes Gewissen und die Moral... Haytham... bitte... du weißt, dass es nicht einfach war! Aber ich habe in den Monaten, als ich wieder zuhause war gespürt, dass genau DU fehlst. Ich brauche dich einfach! Ich will nicht mehr ohne dich sein...“ und meine Tränen kamen und ich war machtlos.

 

Mir ging es genauso! … Also... müssen wir nur noch ein wenig Geduld haben, ja?“ sah Haytham mich fragend an.

 

Ja, wir werden uns gedulden müssen. Ich... muss mein Leben abschließen...“ Und mir wurde bewusst, dass es wirklich ein Abschluss sein würde. Ich würde ALLES aufgeben! Doch ich hatte auf einmal keine Zweifel mehr, dass es eine falsche Entscheidung war, es war das Richtige. Es war das, was ich wollte! Aber dennoch tat es weh, ich musste … in meinem alten Leben sterben, damit man es erklären konnte, oder nicht? Wollte ich das? Wollte ich das wirklich meinem Kind antun?

 

Ich würde meinen Verlobten gerne kurz mit in meine Zeit nehmen, dass er einen Einblick erhielt. Doch ich wusste, es würde nicht gut gehen. Alleine schon wegen der Umwelteinflüsse. Das wäre so gut wie nicht zu verkraften! Umgekehrt ist es ja doch etwas anderes. Doch Haytham hatte meinen Zwiespalt bemerkt. „Du würdest mich in deiner Zeit haben wollen?“ … ich sah ihn nur verträumt an. „Ja, aber das ist absurd und ich will keine Risiken mehr eingehen. Zumal ich auch keine Lust habe, mich mit Faith anzulegen, weil ich dich mitgenommen habe!“ gab ich grinsend zurück.

 

Aber ich würde gerne wissen, wie du lebst!“ gab er jetzt etwas enttäuscht von sich. „Das mag ja sein, Haytham. Doch das Risiko, dass du zum Beispiel mit der verunreinigten Luft nicht zurechtkommst oder dich mit irgendwas ansteckst, ist einfach zu hoch.“ Und dann fiel mir das mit den Büchern wieder ein und ich setzte mich abrupt auf. „Hat Faith in der letzten Zeit irgendwelche seltsamen Experimente gemacht oder ähnliches?“

 

Haytham richtete sich ebenfalls auf. „Nicht das ich wüsste, aber sie sagt mir ja auch nicht alles. Vielleicht solltest du sie …“ Doch ich fuhr ihm über den Mund.

 

Du bist manchmal ein echter Witzbold, als wenn MIR eine Templerin IRGENDETWAS sagen würde... soviel zum Thema Vertrauen, Haytham. Deine kleine Schwester ist misstrauischer als eine Nonne!“

 

Und wieder gluckste er vor sich hin. „Du findest das wieder lustig, Haytham?“ kam es empört von mir.

 

Oh ja.... jetzt weiß ich, worauf ihr beide es bei dem bevorstehenden Kampf eigentlich abgesehen habt. Es geht wirklich nur darum, zu klären, wer wem vertrauen kann. Oder?“

 

Was dachtest du denn? Aber nicht nur, du hast deinen Vater gehört!“ fragte ich meinen Großmeister.

 

Ich dachte, es wäre Eifersucht oder einfach nur ein Machtgehabe.“ er grinste so breit, dass ich ihm am liebsten … nein... die Kissen waren mittlerweile nur noch zur Zierde da!

 

Ich... besser Faith und ich haben beide einen inneren Konflikt, den wir BEIDE geklärt haben wollen. Sie ist auf mich eifersüchtig, dass ich ihr dich wegnehme und umgekehrt geht es mir genauso...“ Hatte ich das jetzt ernsthaft so formuliert? Das klang nach Kindergarten, mehr auch nicht. Doch ich hatte die Befürchtung, dass Haytham es zu persönlich nahm. Faith liebte ihn... wie einen Bruder. ICH liebte ihn wie meinen MANN. Diese Gegensätze... sie waren es, die es zu regeln galt, oder?

 

Und es ging um diesen Beweis, dass ich Haytham wirklich zur Seite stehen konnte!

 

Kapitel 18

 

*** Ein kleines bisschen Frieden und Ruhe ***

 

 

 

Sein Blick war einfach verwirrt. „Alex, ich liebe Faith nicht, dass solltest du wissen...“ Mein Finger auf seinen Lippen sollte ihm zeigen, dass ich es wusste.

 

DAS weiß ich bereits. Aber... es ist einfach eine Sache, die unterbewusst abläuft! Ich weiß, es geht nicht um Heirat oder so. Aber ich will nicht immer das Gefühl haben, dass sie zwischen mir und dir steht! Du weißt, dass es nicht so ist. Ich weiß das auch. Aber ich will das endlich geklärt haben. Ihr Männer dürft solche Streitigkeiten ja auch klären, also will ich das jetzt auch für mich haben. Und … ich mag Faith und seltsamerweise ist sie mit mir einer Meinung und denkt exakt so!“

 

Du magst meine kleine Schwester wirklich oder?“ fragte er skeptisch. Was sollte ich denn jetzt bitte sagen, ja ich mag sie, sie hat eine Persönlichkeit wie so viele Frauen in meiner Zeit. Sie könnte ganz einfach in meiner Epoche überleben. Denn sie hatte diesen Instinkt, welcher hier bei normal sterblichen Frauen zu wünschen übrig ließ, weil ihre Männer sie nicht an der Gesellschaft teilhaben ließen.

 

Ich mag sie, ja. Deswegen möchte ich diese Barriere nicht zwischen ihr und mir haben. Kannst du das verstehen, Haytham?“ fragte ich ihn einfach.

 

Natürlich verstehe ich das, aber muss es unbedingt ein Kampf sein?“ kam es gespielt tadelnd und mit einem tiefen Seufzen! „Ja, das muss sein. Denn... ich widerspreche ganz bestimmt nicht deinem Vater!“ grinste ich ihn an und mein Templer sah mich plötzlich wieder so traurig an.

 

Es ist ein so seltsames Gefühl, dass er wieder da ist. Obwohl er es eigentlich NICHT ist. Und es ist schwer zu erklären! Aber... darf ich dich etwas fragen, Alex?“ er zog mich an sich und ich lag mit dem Rücken an seiner Brust, so dass ich ihn nicht ansehen konnte.

 

Ja, darfst du!“ Bei Odin, was kam denn jetzt? Aber ich erahnte seine Frage schon.

 

Wenn du meinen Vater siehst und er mit dir sprichst, empfindest du noch etwas für ihn?“ Haytham sprach so leise und es klang schon fast schüchtern.

 

Schwer zu sagen. Es fühlt sich unwirklich an, aber ich muss dir vielleicht auch sagen, dass ich deinen Vater nie wirklich tief geliebt habe. Ich mochte ihn, mag ihn wohl eher gesagt! Doch mehr ist da nicht, wirklich nicht!“ wie zur Bestätigung, zog ich seine Arme enger um mich. Ich erntete ein erleichtertes Ausatmen und der Großmeister begann vorsichtig meinen Hals mit Küssen zu übersäen.

 

Und ich bekam das angedrohte Nachspiel nun in vollen Zügen zu spüren. Was soll ich sagen, es war, als könne er mit einem Fingerschnippsen einen Schalter bei mir umlegen, einfach so. Seine Stimme, welche mir seine Wünsche befahl, war der Schlüssel für meine Hingabe an ihn! Wir verbrachten so eine Ewigkeit miteinander und als es zu dämmern anfing, schlief ich in seinen Armen einfach ein. Erschöpft, aber überglücklich. Ich war wieder hier bei ihm und konnte langsam weiter planen in kleinen Schritten!

 

Ich erwachte im Dunkeln und musste mich erst einmal orientieren. Doch als ich neben mir den ruhig atmenden Körper meines Templers spürte, beruhigte sich mein Herzschlag. Ich befreite mich aus seiner Umarmung und hörte nur ein verschlafenes „Du willst mich hier alleine lassen?“ Er hatte wirklich einen sehr leichten Schlaf, dachte ich mir und grinste nur.

 

Nein, ich lasse dich nicht alleine, aber ich habe Durst wie eine Bergziege!“ meinte ich grinsend und zog mir einen Morgenrock über. „Ich bin nur kurz unten in der Küche und hole mir etwas. Möchtest du auch etwas zu Trinken?“

 

Wenn ich schon einmal wach bin, dann kann ich auch mit hinuntergehen!“ kam es nun wacher von Haytham. Er schwang die Beine aus dem Bett und ich wollte ihm sein Hemd schon reichen... doch ich entschied mich dagegen, denn es war ziemlich ramponiert. Also reichte ich ihm wenigstens seine Hosen. Als ich eine Kerze entzündet hatte, ging ich damit ins Ankleidezimmer und holte ein neues Hemd.

 

Bewaffnet damit kam ich hinaus und mein Templer hatte sich wenigstens schon mal die Beinkleider angelegt. Doch ich stand in der Tür und sah ihn nur an, denn ich fragte mich das erste mal, wie er eigentlich trainierte? „Alex, da ich nicht viel an Kleidung trage, brauchst du mit deinen Augen auch nicht so lange, mich wieder zu entkleiden.“ kam es lachend von ihm.

 

Oh, verzeih mir. Ich wollte dich nicht so anstarren.“ ich wurde knallrot. Bei Odin, wir hatten gerade noch den tollsten Sex und ich wurde rot, wenn ich ihn nur ansah. „Weiß du, ich frage mich, WIE trainierst du? Ich habe dich nie dabei gesehen.“

 

Jetzt sah er mich erstaunt an. „Es gibt keinen festen Plan oder feste Trainingszeiten. Hin und wieder übe ich mit Master Cormac, oder in der Garnison habe ich einige Soldaten, denen ich im Schwertkampftraining helfe. Aber... wirklich etwas festgelegtes habe ich nicht. Warum fragst du?“ er nahm mir das Hemd aus der Hand mit einem Danke und zog es sich an.

 

Nur so, denn... naja, also...“ boah, war das jetzt wirklich so schwer? „Weil du einfach sehr definierte Muskeln hast.“ So, jetzt war es raus! Wieder hob er erstaunt eine Augenbraue! „Ist das in deiner Zeit anders? Ich hoffe doch nicht, dass die Menschen sich dort gehen lassen. Du siehst ja auch nicht danach aus, als wärest du untrainiert.“

 

Grinsend und schüchtern gab ich ein „Danke“ zurück. „Es gibt hier und da sicherlich den einen oder anderen pummeligen Menschen. Genauso wie hier bei euch auch. Aber wir leben in einer Zeit, in der man diese harte körperliche Arbeit zum Beispiel auch nicht mehr so hat. Ich hatte es glaube ich auch mal erwähnt, wir haben Maschinen die uns beim Abwasch helfen oder eben die Wäsche waschen. Bei dem Gedanken an den Waschtag bei Master Cormac tun mir immer noch die Arme weh!“ gab ich lachend zu.

 

Also hast du in deiner Zeit einen richtigen Plan und feste Zeiten?“ kam es neugierig von meinem Templer.

 

Den habe ich tatsächlich. Auch wenn ich nicht immer so diszipliniert bin, ihn einzuhalten. Oder auch meine Essensgewohnheiten lasse ich hin und wieder ein wenig schleifen!“ grinste ich ihn an.

 

Dann wird es Zeit, dass du disziplinierter wirst, Mrs. Frederickson!“ kam es jetzt mit einem ironischen Grinsen von meinem Templer und seine flache Hand landete auf meinem Hintern.

 

Wir gingen hinunter in die dunkle Küche und Haytham entzündete eine der kleinen Petroleumlampen und stellte sie auf den Tisch. „Wonach steht dir der Sinn?“ Haytham stand an dem Schrank mit dem guten Alkohol. „Ich hatte fürs erste eher an etwas nichtalkoholisches gedacht.“ und ich goss mir aus dem Wasserkessel ein Glas ein. Ich konnte davon ausgehen, dass es abgekocht war. Ehrlich gesagt, war ich zu faul, das Feuer anzuwerfen, um mir einen Tee zu machen.

 

Mit meinem Glas in der Hand drehte ich mich um und Haytham hatte sich mittlerweile ein großes Glas von dem Portwein eingegossen. Bewaffnet damit gingen wir hinaus in den Hinterhof. Jetzt blühten hier tatsächlich auch ein paar Blumen. Bei meinem letzten Besuch, war es doch sehr trostlos gewesen, weil der Herbst begonnen hatte. Wir hielten auf die Außenmauer des Fort zu und ließen uns darauf nieder.

 

Ich sah zum Himmel und es war eine fast Sternenklare Nacht und der Mond bildete eine kleine Sichel. Plötzlich konnte ich diesen Blick auf mir spüren und ich wandte mich zu Haytham um. „Du weißt, dass ich das nicht mag.“ sagte ich gespielt maulig.

 

Ich weiß, deswegen tue ich es ja. Deine Aura ist übrigens immer noch dieser gelblich goldene Ton, doch sie ist fester geworden. Sie wabert nicht mehr so.“ sein Blick ruhte immer noch auf mir. Jetzt versuchte ich es auch und er hatte Recht. Auch bei ihm war es derselbe Farbton und es war tatsächlich so, als wäre dieses Licht fest am Körper dran.

 

Weißt du, deine Augen haben einen unglaublichen Schimmer, wenn du diesen Sinn einsetzt. Sie werden grüner und scheinen von innen zu leuchten!“ sagte er in einer einfach liebevollen ruhigen Stimme.

 

Mir wurde plötzlich wieder bewusst, dass wir verlobt waren. Ich saß hier mitten in der Nacht mit MEINEM Verlobten auf den Mauern des Forts. Es kam mir vor, als würden wir schon seit Ewigkeiten zusammen sein. Dieser Moment fühlte sich wie ein kleines bisschen Normalität an, die wir beide dringend brauchten. Doch noch war es nicht soweit.

 

Ich freue mich auf die Zeit, wenn ich bleiben kann!“ sagte ich ehrlich zu meinem Großmeister. Er zog mich zu sich und mir stieg der Geruch von Wein, Seife und Lavendel in die Nase und ich kuschelte mich an ihn. „Ich mich auch, Alex. Ich mich auch!“ Und so saßen wir noch eine Weile hier und genossen diese Stille, welche nur vom Rauschen des Meeres unterbrochen wurde hin und wieder.

Kapitel 19

 

*** Muss das wirklich sein? ***

 

 

Der nächste Morgen war sonnig und man hatte bereits die Vorhänge und die Fenster geöffnet. Ich musste tatsächlich tief geschlafen haben, denn auch Haytham war nicht mehr im Bett. Etwas verwirrt sah ich mich um, aber dann entdeckte ich ihn im Ankleidezimmer.

 

Und wieder kämpfte er mit einem Hemd. Ich stieg aus dem Bett und half ihm bei den Manschetten und wieder dachte ich nur, diese Bändergeschichte ist echt nervig! Als ich fertig war, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und küsste meinen Templer auf die Wange. „Guten Morgen, Master Kenway!“ und gab ihm noch einen Klaps auf seinen Hintern. Meiner tat mir nach der letzten Nacht ein wenig weh, denn das Nachspiel hatte ein weiteres nach sich gezogen und mit ihm gab es noch ein paar Lektionen bezüglich meines losen Mundwerks.

 

Ich konnte mir ein tiefes Schmunzeln nicht verkneifen und wurde bei dem Gedanken rot. „Na na na, wer wird denn am frühen Morgen schon wieder solche schmutzigen Gedanken haben?“ kam es tadelnd von Haytham.

 

Ich komme auf solche Gedanken, du bist nämlich schuld, dass ich nicht richtig sitzen kann heute.“ gab ich gespielt schmollend an.

 

Dann solltest du dich lieber anziehen, bevor ich dir noch eine Lehrstunde in Anstand gebe. Denn eine Dame sollte sich nicht so freizügig einem Mann zeigen, welcher nicht ihr Ehemann ist!“ grinste er mich an und ging an mir vorbei.

 

Ich werde mich dann wohl wieder in diesen Stoff zwängen, oder schwebt dir etwas anderes vor?“ fragte ich ihn jetzt in der Hoffnung, ich könne einfach nur in etwas bequemes steigen.

 

Da wir gestern von Training gesprochen haben, würde ich dir schon gerne ein wenig beibringen, wie man mit dem Schwert umgeht. Schau nicht so, ich weiß, dass mein Vater da seine Hand im Spiel haben wird. Doch genau deswegen wäre es interessant und für mich sicherlich auch noch eine Übungsstunde.“ meinte er in freudiger Erwartung.

 

Dann werde ich wohl mal meinen Ornat überwerfen!“ doch ich ernteten einen bösen Blick von Haytham. „Ja, ich weiß, du siehst es nicht gerne, doch ich hab nichts anderes dabei!“ Ich drehte mich zur Kommode und fing an mich zu waschen, das kühle Wasser tat gut und ich fühlte mich erfrischt und sauber.

 

Als ich fertig angezogen war, ging ich ins Schlafzimmer und sah, dass mein Verlobter mit seinen Haaren hantierte. Ich nahm ihm die Bürste ab und drückte ihn auf den Stuhl und fing an, sie zu richten. „Alex, dein Blick ist immer so weit weg, wenn du das machst. Woran denkst du dann?“ wollte er mal wieder wissen.

 

An nichts, wenn ich ehrlich bin. Ich liebe es nur einfach durch deine Haare zu fahren. Es ist beruhigend für mich!“ und gab ihm einen Kuss auf den Kopf. Haytham sah zu mir hoch und zog mein Gesicht weiter hinunter zu sich und gab mir einen vorsichtigen Kuss. Meine Hände wanderten über seine Brust und ich war schon wieder in Versuchung, mir die Kleider vom Leib zu reißen. Dieser Mann machte mich noch wahnsinnig!

 

Du bist wirklich unmöglich, Alex.“ kam es lachend von meinem Verlobten. Er erhob sich und nahm sich noch seinen Gehrock vom Bett, den ich bereit gelegt hatte und dann gingen wir hinunter zum Frühstück.

 

Es war eine Wohltat für meinen Hals, als ich den Kaffee langsam meine Kehle hinunter rinnen fühlte. Diese süßen Brötchen waren mal wieder einfach köstlich, das Rezept musste mir Mrs. Wallace unbedingt überlassen. Denn auch mein Sohn mochte sie unglaublich gerne, die Brötchen UND Sybill versteht sich!

 

Wenn wir fertig sind, dann sollten wir zur Garnison hinüber gehen. Dort haben wir mehr Platz für die Übungen!“ meinte Haytham plötzlich.

 

Ich soll mit dir vor den ganzen Soldaten trainieren?“ fragte ich ihn entsetzt und mit vollem Mund, ich schluckte schwer.

 

Warum nicht? Sie werden sicherlich kein Problem damit haben, aber es wäre bestimmt hilfreich, wenn die Männer auch mal sehen, wie ein Kampf anders aussehen kann.“ er sah mich begeistert an und erwartete, dass ich es auch war.

 

Das mag ja sein, aber... mir ist sowas immer unangenehm. So vor Publikum kämpfen, ich weiß nicht recht...“ druckste ich rum.

 

Wie dachtest du denn, wird der Kampf mit Faith sein? Auch dabei werdet ihr Publikum haben. Zumindest zwei Zuschauer stehen fest!“ grinste er mich jetzt an. „Ja, aber das ist etwas anderes, Haytham!“

 

Mach dir einfach nicht so viele Gedanken darüber. Lass uns erst einmal hinüber gehen und dann sehen wir weiter. Ich passe schon auf dich auf...!“ doch ich konnte ihn nicht ausreden lassen, denn mir schoss plötzlich Charles durch den Kopf.

 

Ist dieser Lee auch dort?“ fragte ich jetzt kalt. Haythams Blick aber war weiterhin ruhig und entspannt. „Nein, er und Hickey sind auf einer größeren Mission außer Landes und beide sind bis auf weiteres noch suspendiert! Keine Sorge!“

 

Erleichtert seufzte ich tief und nahm noch einen großen Schluck aus meiner Tasse. „Dann ist es ja gut!“

 

Mein Verlobter stand auf und zog sich seinen Gehrock über und nahm sein Schwert, Dolch und die Pistole, verstaute alles Ordnungsgemäß und ich tat es ihm gleich. Doch mir kam wieder dieser Gedanke, dass ich noch nach dem Kurzschwert forschen lassen wollte! Direkt mochte ich ihn aber nicht danach fragen, denn es wäre ja keine Überraschung mehr. Ich ging davon aus, dass wir es früher oder später finden würden.

 

Ich überprüfte noch meine Versteckten Klingen, denn von Zeit zu Zeit hatten sie die blöde Angewohnheit, sich zu verstellen und meine Muskelbewegung löste sie nicht richtig aus. Aber es kam ein Klick und sie schossen hervor. Zufrieden, sah ich auf meine Handgelenke. „Eigentlich sehen sie genauso aus, wie unsere Klingen auch.“ mein Templer betrachtete sie eingehend von allen Seiten.

 

Naja, es sind halt einfach Klingen, nicht mehr und nicht weniger. Warum sollten sie anders aussehen? Wobei ich sagen muss, wir setzen sie eher selten ein in meiner Zeit. Dafür haben wir unsere modernen Schusswaffen und anderes Spielzeug!“ ich grinste ihn nur an.

 

Das würde ich zu gerne einmal selber sehen!“ kam es neugierig von Haytham.

 

Vielleicht kann ich dir ja wenigsten einmal die Glock zeigen und dir erklären, wie man mit ihr umgeht. Schwer ist es nicht, dass bekommt jedes Kleinkind hin!“ meinte ich so leichthin. „Kindern gibt man bei euch Waffen in die Hände?“ fragte er mich jetzt völlig ungläubig.

 

So abwegig ist das nicht, aber nein. Sie bekommen keine Waffen. Das sagt man nur so, ist eine Redensart. Auf der anderen Seite, die Kinder in dieser Zeit hier bekommen ja auch Training an der Waffe.“ meinte ich logisch.

 

Da hast du Recht, aber auch nicht jedes Kind kommt in diesen Genuss!“ meinte mein Templer mit einem gewissen stolzen Ausdruck im Gesicht. Denn er war damals eines dieser wenigen Kinder, die ein Waffentraining bekamen, auch wenn ihm das erst später auffiel.

 

Kapitel 20

 

**** Kampftraining mit Master Kenway ****

 

 

Und so verließen wir das Haus und gingen zwei Straßen weiter zur Garnison. Am Tor angekommen beäugten mich die Wachen etwas kritisch, vermutlich wegen meines Auftretens. „Guten Morgen, Master Kenway, Miss!“ Der Soldat tippte an seinen Hut und verbeugte sich leicht.

 

Das ist Mrs. Frederickson, meine Verlobte!“ erwiderte Haytham jetzt in einem scharfen Ton, welcher die Wache hellhörig werden ließ. „Oh verzeiht, dass wusste ich nicht. Mrs. Frederickson!“ mit einer tieferen Verbeugung begrüßte er mich nun und ließ uns eintreten.

 

Und so betraten wir den Innenhof der Garnison. Es hatte sich seit meinem letzten Besuch nicht viel verändert. Es war nur ein wenig unordentlicher geworden, es stapelten sich Kisten an den Mauern. Von weiter hinten ertönten die Befehlsstimmen der Offiziere, die versuchten ihrer Truppe Disziplin zu lehren. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen!

 

Wir gingen weiter und an einem langen Gebäude vorbei, welches die Quartiere der hier stationierten Soldaten darstellte, erzählte mir mein Templer. Dahinter befanden sich die Ställe und das Vorratslager. Und dann kamen wir an dem Munitionslager vorbei, welches von 2 Soldaten bewacht wurde. Beim Vorbeigehen salutierten sie nur und wieder wusste ich nicht so recht, welche Funktion Haytham hier bekleidete. Er unterstützte nicht die britischen Truppen oder die Krone. Soweit ich noch in Erinnerung hatte, diente er eine Weile unter Braddock und hatte unter anderem in den Niederlanden an dessen Seite gekämpft.

 

Aber ich mochte nicht nachfragen, stattdessen nickte ich nur, wenn er mir erläuterte, wie so eine Garnison aufgebaut war. Es war ein gut durchdachter Komplex und nun näherten wir uns dem Gebäude, in welchem ich vor ein paar Monaten noch von Charles und Thomas festgehalten wurde. Doch mich heiterte der Gedanke, dass sie beide nicht hier waren und sogar suspendiert waren, in diesem Moment auf.

 

Du scheinst dich auf die Übungen zu freuen?“ fragte mich mein Templer plötzlich. Ich musste grinsen, denn anscheinend konnte er nicht mehr so leicht in meinem Gesicht lesen. Das sollte mir jetzt hoffentlich beim Kampf zugute kommen, dachte ich nur.

 

Nein, oder doch auch. Aber ich bin nur froh, das Lee und Hickey hier nicht auftauchen können.“ sagte ich ehrlich.

 

Ah, verständlich. So da wären wir.“ mit einer einladenden Handbewegung schritt er auf einen großen quadratischen Bereich in der Mitte von drei länglichen Gebäude zu. „Das hier ist der Exerzierplatz und ich denke, hier werden wir genügend Platz haben.“ So langsam rutschte mir dann doch wieder mein Herz in die Hose.

 

Aus den Erzählungen wusste ich, WIE mein Verlobter kämpfen konnte. Hatte ihn aber nie selber dabei gesehen, geschweige denn konnte ich mir ein Bild davon machen. Also musste ich mich wohl oder übel langsam an seine Taktik herantasten und ich hoffte, dass ich nicht völlig versagte. Der Kampf der mir mit Faith bevorstand, war für mich weniger das Problem. Haytham stellte für mich ein Problem dar und... „Ich kann sehen, was du denkst, Alex!“ kam es nur. Oh verdammt.

 

Das wäre fatal beim Kampf, Haytham, oder? Aber... dann muss ich wohl in mich gehen und mich versuchen zu beherrschen.“ ich sah ihn an und seine Haltung hatte sich geändert. Er stand aufgerichtet vor mir und sah mit kühlen grauen Augen auf mich herunter. „DAS solltest du, denn du würdest ansonsten nicht lange überleben!“

 

Das werden wir ja noch sehen, Master Kenway!“ gab ich jetzt ebenfalls kühl zurück.

 

Mein Verlobter ging ein Stück zurück und zog unvermittelt sein Schwert, ich griff nach meinem und spürte dieses Gewicht in meiner Hand. Langsam schwang ich es, um ein Gespür dafür zu bekommen.

 

Mit geschlossenen Augen atmete ich tief durch und spürte Haythams Präsenz. Er bewegte sich langsam um mich herum, griff aber noch nicht an. Er taxierte mich und wartete, auch er schwang sein Schwert. Und dann hörte ich sie in mir! „Du schaffst das! Glaub an dich, du hast schon einmal bewiesen, dass du dich verteidigen kannst. Vertraue jetzt auf deine Fähigkeiten!“

 

Ich spürte Haytham hinter mir, wartete noch einen Moment bis meine Sinne zur Ruhe kamen und wirbelte dann herum und griff ihn an! Damit hatte ich den Überraschungsmoment auf meiner Seite. Doch auch mein Verlobter war ja nicht unfähig und parierte die Schläge gekonnt.

 

Ich öffnete meine Augen und fing an, ihn zu analysieren, seine Bewegungen, auch seinen Gesichtsausdruck. Doch... der war nicht zu deuten. Aber auch bei mir selber spürte ich wieder diese unheimliche Ruhe, genau wie gestern bei Lady Melanie! Es musste tatsächlich Edward sein, der dieses Gefühl aus löste. So wich meine eigentliche Angst und ich konnte mich völlig auf diesen Kampf konzentrieren.

 

Mein Templer war wirklich gut, das muss ich ihm lassen. Seine Ausdauer und Stärke waren nicht zu verachten und er verabreichte mir dann tatsächlich den ein oder anderen Schlag. Doch ich konnte die meisten kontern und parieren. Dann traf er allerdings einmal meine Klingenhand und ich hätte beinahe mein Schwert fallen gelassen, klammerte mich aber daran, als wäre es ein Rettungsring.

 

In einem, meiner Meinung nach, unbedachten Moment von Haytham, als er mich versuchte mit seinem Schwert immer und immer wieder zu attackieren, ging ich einige Schritte zurück und nahm dann Anlauf und sprang. Im Sprung streckte ich mein rechtes Bein und landete mit meinem Fuß auf seiner Brust, so dass er zurück wankte. Und jetzt sah ich die regelrechte Kampflust in seinen Augen.

 

Das konnte und wollte er sich nicht gefallen lassen! Also bekam ich weitere Schläge ab, die wie ein gewaltiger Gewitterregen auf mich nieder donnerten. Ich hatte meine liebe Mühe, mich zu wehren und vor allem zu schützen. Und dann konnte er doch einen weiteren Treffer landen und zwar mit der Rückhand seiner Klingenhand unter mein Kinn. Der Schmerz stach mir in den Kopf und ich musste kurz die Augen schließen, doch es war Odin sei Dank nicht ganz so schlimm. Noch konnte ich weiterkämpfen.

 

Jetzt standen wir uns lauernd gegenüber und in seinem Gesicht erschien ein überhebliches fieses Grinsen. Und ich spürte plötzlich diese alte Wut in mir hochkochen. Dieser kleine arrogante Bengel meinte doch nicht wirklich, mir das Wasser reichen zu können. „Doch er kann und er wird es tun. Also fang an dich zu wappnen und verteidige dich!“

 

In diesem Moment war es, als könnte ich Edwards Gegenwart in mir spüren. Er leitete mich wirklich, er gab mir nicht nur Anweisungen, sondern er führte mich regelrecht. Seine Erfahrung im Kampf ging in mich über und in meinen Kopf und ich sah, wie ich anfing, Haytham regelrecht zu malträtieren.

 

Denn nun war er es, der Mühe hatte, meinen Schlägen auszuweichen. Doch er ließ mich nicht die Oberhand gewinnen, versuchte mich immer wieder zurück zu drängen. So richtig gelang ihm das aber nicht und in seinem Gesicht konnte ich langsam eine gewisse Frustration sehen.

 

Mit einem lauten Schrei sprang er plötzlich auf mich zu und brachte mich mit einer ausholenden Bewegung seines linken Beines zu Fall. Verdammt, ich war unvorsichtig gewesen! Er hockte auf mir wie ein Gargoyl und hielt mir seine Schwertschneide an den Hals. Mit einem betont überheblichen Klang in der Stimme kam nur „Gebt ihr auf, Mrs. Frederickson? Oder soll ich weiter machen?“

 

Ich werde sicher nicht so einfach auf dem Rücken liegend aufgeben, Master Kenway!“ brachte ich mit knirschenden Zähnen heraus und ich hatte sie immer noch in mir diese Wut. Mit ihrer Hilfe schaffte ich es, meinen linken Arm zu befreien und Haytham einen Schlag mit der Faust in die rechte Seite zu verpassen. Dieser ließ ihn kurz schmerzverzerrt zurückweichen und ich konnte mich unter ihm befreien.

 

Doch er war schneller und drehte mir, noch bevor ich mich ganz aufrichten konnte, meinen Klingenarm mit einem Schwung auf den Rücken und ich hatte schon Angst, dass er ihn mir brechen würde. Damit zwang er mich auf die Knie und beugte sich über mich von hinten. „Und wie ist es jetzt, Mrs. Frederickson? Immer noch der Meinung, dass ihr nicht aufgeben wollt?“

 

Ich musste mir eingestehen, dass ich eigentlich so keine Chance mehr hatte. Die einzige die ich hatte, wäre ihn mit meiner versteckten Klinge und meiner linken Hand entsprechend zu verletzen. Doch es widerstrebte mir, meinem Verlobten das anzutun. Was sollte ich also tun? Es war Edwards Stimme in meinem Kopf, die mich mahnte, dass ich noch nicht aufgeben sollte und noch eine Möglichkeit hätte.

 

Also holte ich mit letzter Kraft meines linken Armes aus und schlug mit voller Wucht gegen sein linkes Knie und ich konnte spüren, dass irgendetwas verrutschte. Hinter mir hörte ich nur ein Aufkeuchen und er sackte neben mir zusammen. Jetzt wo ich wieder frei war, drehte ich mir Haytham auf den Rücken und hockte jetzt meinerseits wie ein lauernden Gargoyl auf ihm. „Was jetzt Master Kenway? Immer noch der Meinung, dass ihr mir das Wasser reichen könnt?“ fragte ich ihn bissig und hielt seine Arme unter meinen Knien fest.

 

Außer Atem und leicht schmerzverzerrter Stimme kam nur ein. „Du bist gut! Ich hätte dich gar nicht so eingeschätzt.“ und es schwang Anerkennung darin mit.

 

Ich erhob mich und half ihm hoch, doch er konnte nicht auf dem linken Bein stehen. Oh verdammt, war ich doch zu weit gegangen? „Es tut mir leid, ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm? Sollen wir Faith Bescheid sagen?“ Mein Verlobter sah mich an und fing an zu grinsen. „Ja, das sollten wir und sie wird nicht begeistert sein. Aber ich glaube nicht, dass ich übermorgen auf der Hochzeit viel ausrichten kann. Du wirst dir jemand anderen suchen müssen, der mit dir tanzt!“

 

Die Hochzeit! DAS hatte ich völlig vergessen!

Kapitel 21

 

Immer die Ruhe bewahren!“

 

Einer der Soldaten half Haytham jetzt auf einen Karren und mit diesem brachten wir ihn zu Faith. Als wir beim Fort Arsenal ankamen, wurden wir nicht unbedingt herzlich begrüßt. Es war mal wieder unangekündigt und dann auch noch recht früh am vormittag.

 

Mrs. Cormac, ich müsste um ärztliche Hilfe bitten. Ich glaube, mit meinem Knie stimmt etwas nicht!“ humpelnd ging er an seiner kleinen Schwester vorbei. Diese beäugte mich säuerlich. Erst jetzt fiel mir auf, dass unsere Kleidung ganz schön schmutzig war und man uns vermutlich den Kampf auch ansah. Ich begleitete meinen Verlobten, in der Hoffnung, dass sein Knie nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen worden ist.

 

Setz dich Haytham, ich schau mir das an. Wie ist das denn passiert, wenn ich fragen darf?“ doch sie sah mich immer noch skeptisch an und Haytham ergriff das Wort.

 

Ich wollte wissen, wie meine zukünftige Frau mit dem Schwert umgehen kann. Das Resultat siehst du jetzt hier.“ und er deutete auf sein linkes Bein, wo der Stoff der Hose schon ziemlich spannte. Bei Odin, so geschwollen war es schon? Das wollte ich gar nicht. „Es tut mir leid, Haytham. Aber... ich konnte doch nicht einfach so aufgeben!“ versuchte ich eine leise Entschuldigung.

 

Wenn ich ehrlich bin, ich hatte schon damit gerechnet, dass du sogar die versteckten Klingen einsetzen würdest, wenn du in Rage bist.“ Sein Blick verriet mir, dass er erleichtert war, dass ich es NICHT getan hatte!

 

Bist du wahnsinnig, Haytham? Das könnte ich niemals tun!“ entgegnete ich entsetzt. „Auch wenn mir der Gedanke kurzfristig kam, doch... es war dein Vater der mich auf die Idee mit der Faust brachte. Und... es tut mir wirklich leid. Mrs. Cormac, könnt ihr das behandeln? Ich würde Haytham schon gerne übermorgen an meiner Seite haben und zwar stehend.“ fragte ich die Heilerin mit einem Flehen in meiner Stimme!

 

Ich denke ich bekomme es wieder gerichtet. Aber Schmerzen wirst du noch einige Tage haben. Doch ich schau mal nach, was ich so da habe zum Schmerz lindern!“ antwortete sie grinsend. Dann fiel es mir plötzlich wieder ein. Sie hatte einige Mittel da, nämlich die, die sie mir von der Jackdaw geklaut hat! Und in mir stieg so plötzlich diese Wut hoch, die ich damals hatte, als ich den Diebstahl bemerkte!

 

Da unter anderem auch Paracetamol und diverse andere Mittelchen dabei waren, sagte ich ihr das auch einfach! Mal sehen, was für eine blöde Ausrede ich dieses mal bekommen sollte! „Mrs. Cormac, mir fällt da gerade etwas Interessantes ein, ihr könntet eurem großen Bruder ganz einfach mit dem von mir entwendeten Paracetamol helfen!“ jetzt sah ich sie herausfordernd an! Und schon wieder konnte ich diesen Wunsch, mich mit ihr zu messen in mir spüren!

 

Ich...“ es war weder ein erschrockener noch ein erstaunter Ausdruck. Sie fühlte sich ertappt, aber mehr auch nicht. Ja, schönen Dank auch! Ich ließ diese Frau einfach nicht mehr zu Wort kommen. Das würde sich hoffentlich in ein paar Tagen alles klären!

 

Und jetzt macht einfach, ihr habt eh alles schon notiert gehabt und ich wette, auch schon entsprechende Pläne für Spritzen im Kopf. Ich sag es gerne noch einmal, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Und wenn ich einen Rat geben darf? Ihr landet so schneller auf dem Scheiterhaufen, als euch lieb ist. Wunderheiler sind nicht gerne gesehen hier! Aber das wisst ihr ja auch besser als ich! Und übrigens, euer Diebstahl kam mich teuer zu stehen! DAS nur mal am Rande erwähnt!“ Ich redete mich in Rage, doch Haythams Hand versuchte mich zu beruhigen. Doch genau das Gegenteil erreichte er damit. Ich ging ohne ein weiteres Wort hinaus, ich brauchte frische Luft!

 

Warum zum Teufel konnte ich bei ihr nicht ruhig bleiben? WAS war es, was mich so an ihr störte? Wir hatten eigentlich einiges gemeinsam, wir sagten oft was wir dachten, beherrschten uns umgekehrt, wenn es sein musste. Ich hätte es gerne einfach anders, denn... ich mochte sie ja!

 

Dennoch... wenn überhaupt kein Vertrauen vorhanden war, konnte auch keine Freundschaft entstehen. Auch wenn ich es für Haytham gerne so hätte.

 

So stand ich auf dem Innenhof vom Fort Arsenal und mir schlich sich mein erster Tag damals hier wieder ins Gedächtnis. Hätte ich vielleicht doch die ganze Sache anders angehen sollen? Aber es war müßig, sich jetzt darüber noch den Kopf zu zerbrechen! Hätte, wenn und aber bringen jetzt nichts mehr!

 

Ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, es war Shay, der mich ansprach. Vermutlich auch schon wieder ein paar Mal, denn er hörte sich nicht begeistert an. Und ganz ehrlich, gerade war ich auch nicht von den Menschen hier begeistert. Etwas unwirsch entgegnete ich deshalb nur „Was gibt es denn? Gibt es mal wieder ein paar Anschuldigungen für mich?“ erstaunt sah mich der Ire an.

 

Ähm, nein. Ich hatte mir nur Sorgen gemacht, denn ihr saht gerade aus, als wolltet ihr jemanden umbringen!“ meinte er nur.

 

Da liegt ihr Goldrichtig, Master Cormac. Also werde ich jetzt lieber gehen, bevor ich meinen Gedanken in die Tat umsetzen kann! Einen schönen Tag noch!“ ich ging einfach. Ich wollte alleine sein!

 

Ein wenig ziellos ging ich durch die Straßen und landete aus welchen Gründen auch immer, bei den Finnegans. Jetzt stand ich vor der kleinen Pension und überlegte, ob ich ihnen noch einmal einen Besuch abstatten sollte und mich entschuldigen sollte. Doch ich ging weiter, denn im Grunde hatte ich mit ihnen nichts mehr zu schaffen und ich konnte nichts für das Verhalten dieser Stümpertruppe damals!

 

Irgendwann stand ich dann an einem großen See oder Teich oder was auch immer und sah auf das Wasser. Ich kann nicht sagen, warum mich so etwas beruhigte, ich konnte stundenlang auf diese sich kräuselnde Oberfläche schauen. Es war fast hypnotisch! Ich sah eine glatte Oberfläche auf mich zukommen, doch diese verschwand und wieder offenbarte eine Felsspalte die Hölle unter mir...

 

Als ich meine Augen öffnete, stand ich immer noch am Wasser, oder besser IM Wasser. Bis zu den Knien war ich hinein gewatet und stand zitternd dort, doch es passierte nichts mehr. WAS zum Kuckuck war das schon wieder. Eine leise Stimme im Hinterkopf meinte nur Du erinnerst dich an eine Art Prophezeiung! Du hast es schon ein paar Mal gesehen, oder? Es war Edwards raue tiefe Stimme, die mir das erzählte! „Warum hast du mich vorhin nicht zur Ruhe gebracht, als ich es dringend brauchte?“

 

Im Kampf werde ich das weiterhin tun, aber in anderen Situationen musst du lernen, deinen Körper noch stärker zu beherrschen! Du bist mittlerweile ein nahe zu unergründliches Buch geworden! Aber das reicht bei Weitem noch nicht! Arbeite weiter daran und du wirst sehen, die Ruhe kommt von ganz alleine.

 

Das sagst du so einfach, aber du erklärst mir nicht WIE!“ Es dauert nicht mehr lange, dann wirst du diese Fähigkeit beherrschen! Und damit verschwand der Pirat aus meinem Kopf und ich sah an mir hinunter. Ich stand mittlerweile bis zu der Hüfte in diesem See.

 

Langsam drehte ich mich um und ging wieder ans Ufer. Keiner der Anwohner schien mein Verhalten seltsam zu finden, sie gingen ihrer Arbeit auf den Feldern nach, ohne mich zu beachten. Ich schüttelte irritiert den Kopf und ging zurück zum Fort George. Haytham wäre sicherlich schon wieder dort und ich dürfte mir noch seine tadelnden Worte anhören. Verdammt, ich war so genervt, dass ich sogar auf das Gespräch schon jetzt sauer reagierte. WAS war denn los mit mir?

Kapitel 22

 

Noch mehr Kleider?“

 

Ich ging also wieder Richtung Fort George und ich fühlte mich, als müsse ich meinen Eltern für etwas Rede und Antwort stehen, wie damals! Ich habe keine Ahnung warum diese Gefühle so aufploppten, immer wenn ich im Fort Arsenal war, immer wenn Faith in meiner Nähe war.

 

Als ich vor Haythams Tür stand, zögerte ich für einen Moment, irgendwie hatte ich auch ein schlechtes Gewissen! Leise öffnete ich die Tür und wollte mich schon nach oben schleichen, um in trockene Sachen zu schlüpfen, da erschien mein Verlobter in der Tür zu seinem Arbeitszimmer und funkelte mich ziemlich wütend an!

 

Da bist du ja, ich habe nach dir gesucht! Wo in drei Teufels Namen warst du so lange? Ich habe mir Sorgen gemacht! Master Cormac sprach davon, dass du am liebsten einen Mord begehen würdest und dann kann ich dich nirgends finden. Zumal ich auch gerade nicht so gut zu Fuß bin, wie du sicherlich noch weißt!“ donnerte er seine erste Predigt auf mich nieder!

 

Und die zweite folgte zugleich! „Du bist einfach gegangen und hast es nicht für nötig gehalten, uns darüber aufzuklären, wozu man diese Medikamente noch nutzen kann. Aber ich hoffe, dass Faith das richtige genommen hat. Zumal ich jetzt endlich wissen will, was mit dir und Faith überhaupt los ist? Ihr könnt euch ganz normal unterhalten und in der nächsten Sekunde hat man Angst, ihr bringt euch gegenseitig um! WAS ist los mit euch beiden?“ Das war also Teil zwei und mir lag schon auf den Lippen, dass ich auf den dritten weiteren spannenden Part wartete. Ich schloss meinen Mund aber wieder und sagte stattdessen gar nichts. Ich sah Haytham nur an, denn mir fehlten die Worte ehrlich gesagt.

 

Könntest du jetzt bitte etwas sagen, Alex? Herr Gott, ich mache mir Sorgen um dich.“ jetzt kam er langsam hinkend auf mich zu und nahm meine Hände in seine. „Deine Hände sind eiskalt, weißt du das?“

 

Nein, ist mir nicht aufgefallen, als ich im See fast ertrunken wäre!“ nuschelte ich nur und wollte mich von ihm wegdrehen und endlich in andere Sachen schlüpfen!

 

Du... WAS? Sieh mich gefälligst an, was ist passiert und wo warst du?“ seine Stimme klang alarmiert und ich spürte, dass er tatsächlich Angst um mich und meinen Geisteszustand hat.

 

Haytham, lass mich bitte erst einmal aus den nassen Sachen raus. Dann reden wir, ja?“ ich sah zu ihm auf und versuchte zu lächeln, aber so wirklich wollte es nicht klappen. Er ließ mich dennoch gehen und ich konnte hinter mir spüren, wie er nur mit dem Kopf schüttelte.

 

Oben im Schlafzimmer zerrte ich mir meinen Ornat schon fast vom Leib, denn ich war so voller Wut und Hass, dass es schon fast weht tat! Was tat ich überhaupt, an jeder Ecke, in jedem Moment wurde ich daran erinnert, dass ich hier falsch bin. WAS hielt mich denn dann hier? Warum hatten mir die Vorläufer eine Fähigkeit vermacht, die ich nur HIER nutzen konnte. Und wieder: Ich war kaum einen Tag hier und fühlte mich schon wieder überfordert!

 

Ich fischte mir eines der einfachen Kleider aus meinem Schrank, zog mich an und machte meine Haare. Als ich ein wenig kaltes Wasser im Gesicht hatte, ging es etwas besser. Ich betrachtete mein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche und... es war mein Gesicht, aber für einen kurzen Moment sah ich jemand anderen mir entgegenblicken!

 

Erschrocken fuhr ich zurück und prallte mit dem Rücken an Haytham. Dieser war, wie immer völlig lautlos hinter mich getreten und ich erschreckte doppelt. Und mir entwich ein spitzer lauter Aufschrei und ich zitterte am ganzen Körper! Seine Arme umklammerten mich plötzlich und ich hörte nur ein „Shhhhhh... es wird alles gut. Was ist denn nur los?“ Haytham setzte mich aufs Bett und nahm neben mir Platz, dann hielt er meine immer noch eiskalten Hände.

 

Haytham, ich weiß es nicht. Ich hatte euch nichts erklärt, weil Faith eh schon alles notiert haben wird! Sie ist nicht dumm. Doch als ich dort in ihrem Arbeitszimmer stand, kochte in mir eine böse Wut hoch, die mich aufzufressen drohte. Es war wie damals, als du besessen warst und dieses Wesen uns alle manipulierte. Sag mir bitte, dass ich nicht verrückt werde, ich fühle mich überhaupt nicht gut!“ ich ließ meinen Kopf auf seine Schulter sinken.

 

Etwas zögerlich fragte er „Vielleicht sollten wir Dr. Ambrosch rufen lassen, nur damit er dir etwas zur Beruhigung geben kann?“ er nahm mein Kinn in seine Hand, doch mein Kiefer schmerzte noch und ich zuckte ein bisschen zurück.

 

Oh, verzeih mir. Ich hatte vergessen, dass du ja auch einige Blessuren vom Kampf davon getragen hast.“ Vorsichtig gab er mir einen Kuss und schloss mich dann in seine Arme, dieser Friede legte sich wieder über mich.

 

Ich brauche keinen Arzt, Haytham. Ich... brauche eigentlich nur genau DAS. Deine Arme und deine Nähe!“ ich spürte die Tränen wieder in meinen Augen. Es war zum verrückt werden.

 

Wir saßen einen Moment so da und als ich das Gefühl hatte, mich wieder im Griff zu haben, erzählte ich ihm von meinen Gedanken und dem See. „Mein Vater hat eine gewisse Macht über dich, stimmt es? Aber wenn er meint, dass du bald diese Ruhe selber heraufbeschwören kannst, dann wird er Recht haben! Und ich könnte dir zeigen, wie du Emotionen verbirgst, so dass dir niemand zu nahe treten kann!“ Er sah mich mit diesem warmen Glanz in den Augen an und meine Wut und dieses Durcheinander meiner Gefühle verschwanden wieder langsam. So, als würde ich eine Tür öffnen und alles hinaus kehren, wie bei einem Frühjahrsputz.

 

Das ist eine großartige Idee!“ meinte ich begeistert, denn meine Lebensgeister kehrten zurück und ich fühlte mich besser. „Aber zuerst würde ich gerne eine Kleinigkeit essen, denn ich merke gerade, dass ich Hunger habe. Vielleicht sollten wir Mrs. Wallace Bescheid geben?“ fragte ich meinen Verlobten jetzt.

 

Das sollten wir, denn auch mein Magen knurrt, jetzt wo du es erwähnst!“ vorsichtig stand er auf und half mir ebenfalls hoch.

 

Wie geht es deinem Knie? Ich hoffe doch, es geht etwas besser?“ fragte ich ihn mit einem unglaublich schlechtem Gewissen in der Stimme.

 

Ja, es geht. Dank dieser Schmerzmittel aus deiner Krankenstation. Die reinsten Wundermittel, wenn du mich fragst!“ strahlte er mich jetzt an. „Ja, das sind sie! Aber nicht zu viel verabreicht bekommen oder einnehmen, sonst liegst du schneller unterm Tisch, als du Aua sagen kannst!“ grinste ich ihn jetzt an.

 

Wir gingen hinunter und als hätte Sybill nur auf uns gewartet, schob sie uns unaufgefordert ins Esszimmer und das etwas verspätete Mittagessen wurde aufgetragen. Es gab zu meinem Leidwesen ein Gericht mit Hase, doch ich mochte nicht sagen, dass ich aus Tierliebhabergründen nichts essen könne. Also versuchte ich auszublenden, WAS ich aß. Schwerer als man denkt.

 

Mein Verlobter und ich hatten dann wohl noch frei heute und morgen wäre nur die Anprobe für mein Kleid. Eigentlich hatte ich eines mitgebracht, doch Haytham bestand darauf, dass ich ein anderes bekam. DAS Kleid! Die Kleider, die wir gestern ausgesucht hatten, waren bereits eingetroffen, aber Haytham schien dann doch ein wenig unzufrieden zu sein. „Nein, ich finde, keines passt für die Hochzeit. Aber ich kenne noch ein Geschäft, welches aber etwas außerhalb liegt. Wenn du also ein wenig Zeit erübrigen kannst?“ fragte er mich grinsend.

 

Oh, ich habe durchaus noch ein wenig Zeit übrig, zumal ich sie in so netter Gesellschaft verbringen werde!“ ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab meinem Verlobten einen langen Kuss, welchen er umgehend erwiderte und... wir beide schon wieder ganz andere Gedanken hatten.

 

Master Kenway, dazu ist sicherlich später noch Zeit, wir sollten aufbrechen, ehe es zu spät wird.“ raunte ich nur an seinem Hals und hätte mich lieber mit ihm irgendwohin zurückgezogen, wo wir ungestört wären.

 

Mrs. Frederickson, ihr habt Recht, doch ich bekomme später noch eine Entschädigung dafür, dass ihr mich jetzt einfach so stehen lasst.“ sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Ich liebte es, wenn er mich so ansah, es gab ihm ein jungenhaftes Aussehen und es stand ihm ausgesprochen gut.

Kapitel 23

 

**** Die Anprobe Teil 2 ****

 

Doch genug der Schwelgereien. Die Kutsche brachte uns bis vor die Stadt zu einem kleinen Geschäft außerhalb von dem eigentlichen Stadtkern. Es war aber kein kleiner unscheinbarer Ramschladen, sondern man sah so schon, dass er gehobenere Ausstattung hatte. Erstaunt sah ich mich hier um, denn ich hätte ja einiges erwartet. Aber doch keinen Luxusladen, auch wenn das ein wenig übertrieben klingen mag.

 

Du hattest mit einem Hinterwäldler-Lädchen gerechnet, oder?“ fragte Haytham mich belustigt. „Ich werde dir sicher keinen Ramsch kaufen, denn ich möchte, dass die Kleider und deine Sachen dir angemessen sind. Also müssen wir hierher. Und sollten wir einmal in London sein, dann sollten wir auch dort noch einmal für dich einkaufen.“ er kam ja richtig in Fahrt und ich fand diesen Gedanken, dass er unsere Zukunft plante, so wahnsinnig romantisch, dass ich ihm mal wieder einfach nur einen Kuss auf die Wange gab.

 

Wofür war der?“ kam es erstaunt von meinem Templer. „DER war für deinen Enthusiasmus und deine Freude. Ich liebe das an dir, weißt du das?“ Seine Augen hatten wieder diesen warmen Glanz und sahen einfach zu mir hinunter.

 

Er nahm meine Hand und führte mich in den Laden. Hier trafen wir auf eine Besitzerin, eine noch recht junge Dame, Mitte 30 schätzte ich sie und sie hatte dunkelblondes schulterlanges Haar unter ihrer Haube. Sie war so groß wie ich selber und hatte ein pausbäckiges rotes Gesicht, mit einem schelmischen Grinsen darauf! „Was kann ich für euch tun, Ma´am, Sir?“ fragte sie mit einem deutschen Akzent. Sollte ich es versuchen?

 

Ihr kommt ebenfalls aus Preußen, nehme ich an? Euer Akzent ist wie meiner.“ Ich lächelte sie an und sie kam um die Ladentheke auf mich zu. „Das ist richtig, meine Name ist Marianne Fischer. Ich komme aus der kleinen Stadt Hameln, wenn euch das etwas sagt?“ sie strahlte mich gerade an und ich wäre ihr am liebsten um den Hals gefallen. „Das nenne ich doch einmal Zufall, Frau Fischer. Mein Name ist Alexandra Frederickson und ich komme aus einer kleinen Kurstadt in der Nähe. Das ist mein Verlobter, Master Kenway!“ auch ich strahlte sie an und Haytham stand mit offenem Mund neben mir, begrüßte aber Frau Fischer höflich wie es sich gehörte. „Ach, ihr kommt aus Bad Pyrmont? Das ist ja wirklich ein Zufall. Was verschlägt euch denn in diese schrecklichen Kolonien, wenn die Frage erlaubt ist?“ fragte sie interessiert.

 

Ich besuche Freunde von mir, die aus Bremen kommen und hierher ausgewandert sind. Ich habe sie schon einige Jahre nicht mehr gesehen und nun habe ich auch noch erfahren, dass dort eine Hochzeit ansteht.“ gab ich die Geschichte, die ich auch schon den Templern damals erzählt habe, wieder.

 

Na, was kann ich denn für euch tun, Frau Frederickson?“ sie hatte immer noch ein breites Grinsen im Gesicht. Doch jetzt schaltete sich mein Templer ein.

 

Wir brauchen für diese Hochzeit dringend ein passendes Kleid...“ doch ich ging mit offenem Mund an ihm vorbei und sah DAS Kleid. Es war rot, nicht leuchtend, sondern etwas gedeckt. Darüber gab es einen extra Rock, welcher mit weißer Spitze abgesetzt war und nach vorne hin offen zulief. Dieser Stoff war mit Gold bestickt und der Rest des Kleides, sowie das Oberteil waren mit dunkelrotem Faden bestickt in Rankenoptik. Es sah umwerfend aus.

 

Wie ich sehe, habt ihr euch schon entschieden. Aber was sagt ihr dazu, Master Kenway? Meint ihr, eurer Verlobten stünde es und ist auch angemessen für die bevorstehenden Feierlichkeiten?“ Jetzt sah sie gespannt zu meinem Verlobten, dieser hatte ebenfalls ein breites Lächeln auf den Lippen und sagte nur lachend. „Ja, es ist angemessen und ich denke, so wie Mrs. Frederickson sich das Kleid ansieht, werde ich sie nicht von einem anderen überzeugen können, geschweige denn ich will es. Es ist wirklich wunderschön!“ mit diesen Worten stellte er sich hinter mich.

 

Probiere es bitte an, ich will sehen, wie es an dir aussieht!“ raunte er mir in die Halsbeuge und ich bekam überall eine Gänsehaut. Also hatte ich damit definitiv seinen Geschmack getroffen.

 

Aber wie teuer ist es denn, es fühlt sich nach teurer Seide an und es ist bestimmt verschwenderisch kostspielig...“ als wolle er mich eines besseren belehren, bekam ich einfach einen Kuss von ihm und er schob mich Richtung des hinteren Bereichs, dort wo ich es anprobieren konnte. Frau Fischer nahm es an sich und eilte mir hinterher.

 

Kurz darauf stand ich mit diesem Traum wieder vor meinem Verlobten und in seinen Augen war ein Leuchten, welches ich so noch nicht gesehen habe an ihm. „Es sieht einfach perfekt aus! Und es passt auf Anhieb, oder Frau Fischer? Was meint ihr?“

 

Es muss ein wenig an den Seiten noch enger gemacht werden, aber dann ist der Sitz perfekt! Das dauert auch nicht lange, wenn ihr so lange warten möchtet?“ fragte Marianne mich und ich nickte nur.

 

Also wieder ausziehen, nachdem sie es abgesteckt hatte und so warteten wir ungefähr eine halbe Stunde. Dann kam die Schneiderin wieder vor und half mir ein zweites Mal bei der Anprobe. Jetzt saß es aber wirklich hauteng, aber... ich war einfach hin und weg. Ich drehte mich vor dem Spiegel, um auch alle Seiten zu begutachten und mein Verlobter stand hinter mir mit einem so liebevollen Lächeln, dass ich schon wieder den Tränen nahe war.

 

Mit einem Nicken von Haytham, half sie mir wieder mit dem Ausziehen, denn es gab zwei dicke Unterröcke und ein Gestell, welches links und rechts der Hüfte für Volumen sorgen würde. Um das Korsett kam ich nicht drum herum, leider. Also gab es auf der Hochzeit auch nur die Iss-wie-ein-Spatz-Diät. Ich schmunzelte in mich hinein.

 

Woran hast du gerade gedacht, Alex?“ fragte Haytham neugierig. „Dass ich irgendwann ein Buch schreiben werde, ein Diätbuch für Korsettträgerinnen!“ dabei musste ich dann doch lachen, denn er verstand gar nichts in diesem Moment. „Vergiss es einfach, Haytham. Du musst nur wissen, wer in diese Dinger gezwängt wird, kann nichts essen, die perfekte Diät wie ich finde!“

 

Warum willst du abnehmen? Du bist perfekt, so wie du bist!“ das kam so ehrlich aus seinem Mund, dass er sich noch einen Kuss verdient hatte. „Danke!“ sagte ich nur.

 

Als das Kleid verpackt war brachte man es zu unserer Kutsche und wir machten uns auf den Weg nach Hause. Nach Hause klang immer noch eigenartig für mich. Denn NOCH war es das ja nicht, aber ich fühlte mich so.

 

Gegen Abend trafen wir dann im Fort George ein und uns erwartete bereits Besuch. Als ich die Personen sah, die im Salon saßen, wäre ich am liebsten wieder gegangen! Es waren Faith und Shay mit July. Ok, July darf bleiben, aber... „Alex, reiß dich zusammen!“ ermahnte mich Haytham und ließ das Kleid nach oben bringen, damit es gleich aufgebügelt werden konnte.

 

Haytham, ich hatte mich auf einen ruhigen Abend gefreut, ich bleibe ja nicht so lange und...“ doch mehr konnte ich nicht sagen, denn er schob mich einfach ohne Worte durch die Tür. Die Cormacs erhoben sich und klein July watschelte freudestrahlend zu ihrem Patenonkel. Könnte bitte jemand ein Foto davon machen?

 

Doch ich konnte nicht aus meiner Haut und stand mit verschränkten Armen dort und wartete einfach nur. Neben mir vernahm ich nur eine Handbewegung und Master Cormac ging mit dem Großmeister hinaus und ließ mich mit dieser Schottin alleine. Toll. Danke auch! Und jetzt?

 

Mrs. Cormac, was wollt ihr? Ich habe leider nichts bei mir, was ihr mir auch noch entwenden könntet, um euer eigenes Todesurteil zu unterzeichnen! Tut mir leid. Also?“ gab ich schnippisch von mir, denn ich wollte möglichst schnell wieder meine Ruhe haben.

 

Das weiß ich, ich … sollte mich bei euch entschuldigen. Woher sollte ich wissen, dass diese wenigen Dinge so einen Kostenaufwand für euch mitbringen?“ meinte sie nur.

 

Pffff... wie wäre es mit FRAGEN? Glaubt ihr eigentlich, dass ich euch hängen lassen würde? Wenn ihr mir gesagt hättet, für wen oder gegen was ihr diese ganzen Sachen bräuchtet, hätte ich euch sicher geholfen. Aber ich lasse mich weder hintergehen, bestehlen noch belügen! Das solltet ihr euch merken!“ ich wurde lauter zum Schluss und eigentlich tat es mir ja schon fast wieder leid.

 

Was soll ich denn mehr sagen, als dass es mir aufrichtig leid tut?“ sie stand nur einen Schritt von mir entfernt und ich konnte sie nur anstarren.

 

Mir vielleicht endlich reinen Wein einschenken? Ich verstehe das WARUM! Aber ich warne euch, finde ich heraus, dass ihr mit diesen Medikamenten und sonstigem Schindluder betreibt, dann gnade euch Odin! Auf der anderen Seite solltet ihr auf eure eigene Haut aufpassen. Ich weiß, ich wiederhole mich, doch es geht schneller mit der Verunglimpfung eures Könnens und eurer Heiler-Kräfte als ihr denkt. Denn ich weiß, was in den nächsten Jahren hier noch los sein wird!“ So... jetzt hatte ich mich genug aufgeregt und plötzlich fiel eine innere Ruhe über mich und ich spürte sie, wie einen warmen Mantel um meine Schultern.

 

Ihr versteht nicht, Alexandra. Es hat nichts mit euch, eurer Zugehörigkeit oder eurer Person zu tun. Es... es geht einfach nicht! Auch ihr müsst mir erst einmal vertrauen!“ sie stand immer noch dicht vor mir, doch ich sah sie nur an und dachte, ja ja … erzähl mir noch einen!

 

Na, da bin ich ja froh. Vertrauen auf beiden Seiten... wird wohl etwas schwer werden, Mrs. Cormac, oder?“ ich konnte doch meine zynische Seite nicht zügeln, dafür war ich jetzt die Ruhe in Person.

 

Wir sollten es versuchen, Mrs. Frederickson. Denkt ihr nicht, alleine schon wegen meinem großen Bruder!“ jetzt trat ein triumphierender Ausdruck auf ihr Gesicht. Entweder dachte sie, dass sie mich damit umstimmen konnte und mir ein schlechtes Gewissen einreden konnte oder sie meinte es wirklich ernst.

 

Ich entschied für mich selber, KEINS von beiden. Denn ich würde sicherlich für meinen Verlobten alles tun, was in meiner Macht stünde, aber sicherlich keinen faulen Kompromiss eingehen.

 

Ich denke, dass wird sich zeigen. Spätestens in ein paar Tagen! Und jetzt entschuldigt mich, ich brauche etwas hochprozentiges!“ ich schüttelte nur noch ihre Hand und ging in die Küche. Als ich am Arbeitszimmer vorbei kam, sah ich die Männer dort sitzen, Haytham sah mich an, ich schüttelte nur den Kopf und ging weiter.

 

Aber wer hätte es gedacht, ich hatte meine Ruhe gefunden. Ich hatte einen Schritt im Ausbau dieser Fähigkeit gemacht, auch wenn mir hier vermutlich niemand IRGENDETWAS zutraute. Da war er wieder, der Stich in mein Herz!

Kapitel 24

 

*** Zwiegespräche und eine Entschädigung ***

 

 

Ich saß in der Küche vor dem Glas mit dem Portwein, naja, es war eher ein Kelch als ein Glas. Ich starrte in diese dunkelrote Flüssigkeit und dachte mir nur, dass sie in der untergehenden Sonne sicher noch viel intensiver aussehen würde. Also schnappte ich mir den Kelch und ging mit der ganzen Flasche zusätzlich hinaus auf die Außenmauer und ließ mich dort nieder.

 

Die Sonne auf meiner Haut tat mir gut und entspannte mich wieder. Jetzt versuchte ich zu analysieren, worauf diese Ruhe basierte die ich vorhin wie aus heiterem Himmel gespürt hatte. Mein Misstrauen war deswegen aber keineswegs wie weggeblasen, auch hatte ich immer noch eine gewisse Wut in mir gegenüber Faith. Doch... langsam fing ich an sie zu zügeln!

 

Du hast es verstanden, du musst nur an deine Grundsätze glauben. Du musst sie wie ein Mantra vor dir sehen und sie immer und immer wiederholen. Genau wie in einem Kampf. Fang langsam an und suche dir immer weitere Ziele, bei denen du nicht aus der Haut fahren darfst. Denn jeder Weg, egal wie lang er sein wird, braucht bedachte Schritte und keine stolpernden Füße!

 

Du hast ja Recht, aber es fällt mir sehr schwer. Liegt es wirklich an meiner Zeit? Daran, dass ich eine andere Sichtweise, eine andere Erziehung habe? Wenn dem so ist, dann habe ich noch viel zu lernen!“

 

Das hast du, aber du wirst auch diese Etappen meistern. Ich weiß es, WIR wissen es und ich vertraue auf dein Können und deine Durchsetzungskraft. Denke immer daran, du bist nicht alleine!

 

Das weiß ich, aber trotzdem fühle ich mich hier alleine, wenn Haytham nicht da ist. Wie soll dass denn erst später werden? Bleibt dieses Gefühl? Geht es weg?“

 

Eine gute Frage, aber darauf habe ich auch noch keine Antwort. Denn ich kann noch nicht sehen, dass du tatsächlich für immer bleiben wirst. Du willst es, dass kann ich sehen und spüren, aber der Rest ist wie hinter einer Nebelwand verborgen. Mein Sohn zählt auf dich, ich zähle auf dich und vergiss nicht, meine Jackdaw zählt auch auf dich! Ich spürte eine kurze Berührung auf meiner Schulter, aber sie war genauso schnell wieder verflogen!

 

Alex, wie ich sehe, ist das Gespräch nicht so gut gelaufen?“ und damit ließ sich Haytham mit einem zischende Laut wegen des Knies neben mir nieder. „Wie lange bist du schon hier, Haytham?“ fragte ich jetzt etwas beklommen.

 

Lange genug, um dein Gespräch mit meinem Vater mitzubekommen. Es tut mir leid, man soll nicht lauschen, aber... ich wollte auch nicht dazwischen gehen. Doch es tut mir weh, wenn du das Gefühl hast, du wärst hier alleine. Das bist du nicht!“ er drehte mein Gesicht zu sich.

 

Doch ich bin alleine, alleine als Assassine unter Templern. Und genau aus dem Grunde habe ich eigentlich Angst übermorgen zu dieser Hochzeit zu gehen. Auch wenn ich es wirklich gerne möchte. Verdammt... ich mag Faith doch, aber sie bringt mich zur Weißglut! Und Shay... keine Ahnung... das ist auch nicht besser, er ist mir gegenüber immer noch misstrauisch. Sag mir, was ich tun soll!“ flehte ich Haytham jetzt an, denn ich wusste es wirklich nicht!

 

Wir werden dort gemeinsam hingehen, wir werden diesen Menschen dort zeigen, dass wir zusammengehören. Wir werden ihnen zeigen, dass man auch Kompromisse eingehen kann. Zumal ich sagen muss, dass Master Williams als Templer auch eine Assassine geheiratet hatte!“ Ich sah ihn entgeistert an! Faiths Mutter war Assassine? Warum wusste ich das nicht? Naja, ich hatte ja noch keine großen Gelegenheiten für die Ahnenforschung gehabt, weil mir fehlte die Zeit!

 

Das deine kleine Schwester Assassine gewesen ist, DAS wusste ich ja, aber ihre Mutter?“ ich starrte ihn immer noch verblüfft an.

 

Mein Vater war auch Assassine, vergiss das nicht!“ sagte er in seiner logischen Denkweise.

 

Haytham, DAS ist aber etwas anderes gewesen. Und bitte, ich mag gerade darüber nicht reden, ja?“ ich hielt meine Hand an seine Wange und er lehnte sich hinein. „Einverstanden!“

 

Dann warf er einen Blick auf die Flasche und dann auf mich. „Alex, ich hoffe, dass war nur die eine Flasche heute oder? Sie ist fast leer.“ tadelnd sah er mich an. „Verzeiht mir, Master Kenway, aber ich brauchte etwas alkoholisches, um meinen Geist zu benebeln.“ grinste ich ihn jetzt an.

 

Er nahm mein Gesicht in beide Hände und drückte mir einen langen Kuss auf. „Und wie steht es jetzt um eurem benebelten Geist, Mrs. Frederickson? Ich hoffe, ihr habt nicht vergessen, dass ich noch eine Entschädigung erwarte?“ er grinste mich süffisant an und hatte mein Gesicht immer noch in seinen Händen.

 

Oh, die hatte ich ja fast vergessen!“ und sah meinen Verlobten nur leicht verträumt an, denn seine Augen hatten dieses dunkle Grau angenommen und verschlangen mich gerade wieder.

 

Aber irgendwie genoss ich gerade diesen Moment hier draußen mit Haytham mal wieder. Das Meer, die Sonne und einfach nur wir beide. Leider wurden wir aus den Gedanken gerissen, denn das Abendessen war fertig. „Sind Faith und Shay wieder weg?“ fragte ich jetzt, denn ich glaube, ich hatte gar nicht nachgefragt.

 

Ja, sie sind vorhin, kurz nachdem du in die Küche bist, auch gegangen. Alex, Faith ist kein schlechter Mensch. Sie sorgt sich um ihre Familie und...“ doch ich unterbrach ihn.

 

Das weiß ich, denn sie ist eine hingebungsvolle Mutter und Ehefrau. Ich bin nicht blind. Es ist etwas anderes und bitte, lass uns davon heute nicht mehr anfangen!“ sagte ich nur und sah ihn bittend an.

 

Also schön, dann lass uns hineingehen. Du solltest vielleicht dem Wein ein wenig Grundlage geben!“ grinste er mich nur an. Und ich spürte tatsächlich, dass mir die drei oder vier Kelche des Portweins zu Kopf gestiegen sind. „Entschuldige, aber ich kann mich nicht immer beherrschen.“ sagte ich lachend.

 

Mit einem Klaps auf meinen Hintern meinte mein Verlobter nur. „Na, da bin ich aber auf später gespannt, ob es da auch immer noch so ist, oder ob dann eine Nonne in meinem Bett ist!“ ich sah ihn völlig perplex an. „Haytham! Und sowas aus deinem Munde! Also wirklich, das hätte ich dir nicht zugetraut!“ seine Antwort war eindeutig. „Du wirst dich noch wundern!“ Seine Arme schlangen sich um mich, hoben mich leicht hoch und er vergrub sein Gesicht in meinem Ausschnitt. Sein warmer Atem auf meiner Haut hinterließ einen wohligen Schauer auf meinem Körper, doch völlig unvermittelt ließ er mich mit den Worten „Das Essen ist fertig und danach sehen wir weiter, Mrs. Frederickson!“ los, doch sein Atem ging schwer und ich konnte in seinen Augen sehen, dass er sich bald selber nicht mehr beherrschen konnte.

 

Wir gingen hinein und uns beäugte eine Mrs. Wallace mit wissendem Blick und grinste nur. Ich konnte ihr nur ein schüchternes Lächeln zuwerfen, denn plötzlich kam mir der dumme Gedanke, ob ich die Einzige in seinem Leben war.

 

Na gut, als ich noch nicht hier war, hat er sicherlich nicht wie ein Mönch in völliger Abstinenz gelebt. Doch was war die Monate, als ich nicht hier war? Da nagte schon wieder etwas an mir. Ich beschloss, mit offenen Karten zu spielen und ihn einfach danach zu fragen. Aber Später erst, nicht jetzt sofort.

 

Das Essen war wie immer köstlich und ich bekam noch mehr Wein. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, da möchte mich jemand betrunken machen, um leichtes Spiel zu haben!

 

Doch ich behielt erstaunlicher Weise einen relativ klaren Kopf, erst als ich in diese dunklen Augen sah, die mich hier und jetzt vermutlich am liebsten vor sich auf dem Tisch liegen sehen wollten, spürte ich ein leichtes Schwindelgefühl. Aber ich bezweifelte, dass es der Wein alleine war. Die Gesamtsituation war schuld, eindeutig!

 

Ohne ein Wort nahm Haytham meine Hand und führte mich nach oben!

Kapitel 25

 

*** Dominanz und Kosenamen ***

 

 

Als wir hinter verschlossener Tür waren, nahmen seine Gesichtszüge einen unnahbaren Touch an. Er kam in kurzen schnellen Schritten auf mich zu, schob mich an die Wand und dann konnte ich nur noch meine Beine um seine Taille schlingen. Gekonnt schob er mir die Röcke hoch und seine Hände lagen auf meinem Hintern. Anscheinend waren die Schmerzen im Knie vergessen oder der Wein in Kombination mit dem Schmerzmittel tat seine Wirkung.

 

Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und seine dunklen grauen Augen sahen mich nur durchdringend an. Sein stoßweiser Atem an meinem Ausschnitt gab mir den Rest, Anstand und Moral waren plötzlich für mich nur noch Fremdwörter.

 

Dann würde ich ihm eben beweisen, dass ich keine Nonne war! Ich versuchte sein Gesicht zu mir zu ziehen, doch er hielt stand und sah mich nur an. Auch mein Atem ging schwer und ich wollte ihn gerade jetzt mehr denn je, doch mein Verlobter machte nicht die Anstalten, mich in den Genuss seines Könnens zu lassen. „Das ist nicht fair, Haytham!“ kam es maulig von mir.

 

Ich weiß, aber ich kann dich nicht mehr lesen. Du bist verschlossen. Sag mir, was du willst!“ kam es rau aus seiner Kehle.

 

Ich will dich und zwar jetzt. Denn ich gehe davon aus, dass du immer noch deine Entschädigung haben möchtest! Und ich glaube, ich bin genau die richtige Person dafür.“ Bei Odin... tu endlich etwas, oder ich zerspringe innerlich!

 

Er nahm seine Hände von meinem Hintern und ließ mich wieder auf den Boden gleiten. Etwas verwirrt sah ich ihn an, aber er nahm nur meine Hand und ging zu dem Stuhl an dem kleinen Schreibtisch, ließ sich nieder, stützte den einen Ellbogen auf die Armlehne, die Hand unters Kinn und sah zu mir auf. „Helft mir aus den Stiefeln!“ kam es in diesem mir so bekannten Befehlston, dass mir wieder ein Kribbeln in den Bauch jagte.

 

Sehr wohl, Master Kenway!“ gab ich nur von mir und ließ mich auf die Knie sinken. Ich glaube, so schnell hatte ich diese vermaledeiten Dinger ihm noch nie ausgezogen. Ich sah wieder zu ihm auf und Haytham sah mich auffordernd an.

 

Worauf wartest du noch?“ Also knöpfte ich seine Hosen auf und erntete ein erleichtertes Seufzen. Ich umfasste ihn einfach ohne weiter darüber nachzudenken mit dem Mund und zeigte meinem Verlobten, dass er keine schüchterne Nonne in seinem Bett haben würde. Seine Hand fuhr in meine Haare und lenkte mich, ich konnte nur noch meine Hände auf seinen Oberschenkeln abstützen. Er genoss es sichtlich, wie ich ihn kostete und er machte keinerlei Anstalten, etwas anderes zu wünschen! Doch auch ich ließ mich einfach darauf ein und säße zwar gerade lieber auf seinem Schoss, doch Haytham ließ mich nicht! „Ich wusste es!“ kam es plötzlich und völlig atemlos von Haytham und mit einem Satz ließ er meinen Nacken los, stand auf und trug mich zum Bett. Er machte sich nicht die Mühe, mich zu entkleiden, wozu auch, er war zu recht in Eile!

 

Er ließ sich in mich gleiten und ich stieß ein erleichtertes Keuchen aus. Es war das erste Mal, dass er mir zeigte, was er wirklich will, wie er sich unseren Sex vorstellte. Und ich fühlte mich ein stückweit befreiter und konnte ihn so besser einschätzen. Denn wir standen auf den richtigen Seiten, er bevorzugte die Dominanz, ich hingegen genoss das submissive. Verantwortung abgeben, auch wenn es nur für kurze Zeit ist! Und so konnte ich mich ihm wirklich hingeben, denn es war richtig, es fühlte sich richtig an.

 

Seine Bewegungen wurden fordernder und ich verlor mich wieder in diesen grauen Augen, die mich unentwegt ansahen. Seine Haare fielen mir ins Gesicht, als er sich zu mir herunterbeugte und in meinen Hals biss, aber es war kein unangenehmer Schmerz, denn er war gewollt und ich nahm ihn an. Denn es war ER, der mich in diesem Moment führte und mir zeigte, wohin es gehen sollte!

 

Mit einem lauten Aufstöhnen und einem „Alex, ich liebe DICH!“ bäumte er sich über mir auf und sackte dann leicht zuckend auf meine Brust. Doch er machte in seinen Bewegungen weiter und trieb mich ebenso auf den Höhepunkt zu. Er packte meine Handgelenke, hob sie über meinem Kopf und sagte nur „Komm!“ und ich tat wie mir geheißen war. Ich klammerte mich mit meinen Beinen um seine Hüfte und hielt Haytham so bei mir. Ich brachte nur ein Keuchen zu Stande und sah ihn an, während ich das Gefühl hatte unter ihm zu zerfließen!

 

Wir lagen beide völlig erleichtert da und sahen uns an. „Alex, ich … wusste ja nicht!“ stammelte er plötzlich, so kannte ich ihn gar nicht.

 

Sag nichts. Ich fühle mich wohl, wenn du mir sagst, was ich tun soll. Lass mich einfach für diese kurzen Momente meine Verantwortung in deine Hände legen!“ Hatte ich das gerade wirklich so gesagt? Es klang so wahnsinnig kitschig, aber es lag so viel Wahrheit darin.

 

Du... bist nicht zornig mit mir, weil ich … nunja...“ war er wirklich gerade so schüchtern? Doch ich half ihm, indem ich seine Worte weiterführte. „Nein, ich bin nicht böse auf dich, im Gegenteil. Denn ich will es ja, ich lasse zu, dass du mich führst. Daran ist nichts falsch, denn wir wissen umgekehrt, wo jeder von uns steht, oder nicht? Und was wir hinter verschlossenen Türen treiben, geht wohl kaum die Gesellschaft etwas an.“ grinste ich ihn breit an.

 

Erleichtert drehte er sich von mir runter und nahm mich in seine Arme. „Nein, es ist unser Reich und unsere Zeit. Aber wenn du etwas nicht willst, dann sag es mir bitte.“ Ich sah zu ihm auf und nickte nur. Seine Lippen schlossen meine wieder ein und ich fühlte dieses wohlige Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg waren, in vielerlei Hinsicht!

 

Doch leider musste ich ein wenig unromantisch werden, denn ich wollte aus diesem Kleid und dem Korsett raus. Es war Haytham, der wie selbstverständlich bei den Schnüren half und mir die Röcke abnahm. Und ich beschloss ab da an, dass ich kein Hemd mehr bräuchte nachts. Ein erstaunter Blick von meinem Verlobten verriet mir, dass das wohl eher ungewöhnlich war. „Haytham, zum einen, es ist warm. Zum anderen... dieser ganze Stoff behindert mich im Schlaf und in einigen anderen Dingen!“ erklärte ich grinsend. Er tat es mir gleich, wobei er oft unbekleidet schlief, denn es war einfach praktischer.

 

Wenn natürlich ein Brand ausbrach oder ein Überfall... aber dafür gab es entsprechende Notfallkleidung am Fußende.

 

Aber ich war irgendwie noch nicht so richtig müde. Ich wusch mir kurz durchs Gesicht und sah im Spiegel, wie mein Verlobter im Bett am Kopfende lehnte und mich beobachtete. Warum verdammt stieg mir wieder diese Röte ins Gesicht? Ich senkte meinen Blick und erntete ein „Meine Verlobte ist immer noch verwirrt, wenn ich sie ansehe, so so. Komm her, mi sol!“

 

Bei diesen Worten drehte ich mich fragend und erstaunt um! „Hast du mich gerade meine Sonne genannt?“ langsam schritt auf das Bett zu und kletterte hinauf und auf seinen Schoß. Meine Hände umfassten sein Gesicht und ich sah ihn weiter an.

 

Ja, habe ich. Du verstehst spanisch, Alex?“ kam es jetzt fragend von ihm. „Also, naja, ich bin dem spanischen nicht so mächtig. Aber ein paar Kleinigkeiten kenne ich zum Beispiel aus einem Urlaub noch!“ ich musste einfach lachen, denn es war wirklich dumm. „Ich kann mir eine Flasche Mineralwasser bestellen! Das ist doch schon etwas, oder?

 

Was ist Mineralwasser?“ kam es mit gerunzelter Stirn von meinem Verlobten.

 

Das ist Wasser, welches mit verschiedenen Mineralien und Kohlensäure versetzt wird. Das ist in meiner Zeit völlig selbstverständlich. Hier müsste ich erst alles abkochen und durch Filter jagen, um überhaupt reines Wasser zu bekommen.“ versuchte ich eine Erklärung.

 

Und wie heißt dieser Satz jetzt auf spanisch, mi sol?“ ein leichter Oberlehrer Touch lag in seiner Stimme, welcher mich wieder an sehr ungehörige Dinge denken ließ!

 

Ich überlegte kurz. „Me gustaría una botella de agua mineral con gas, por favor.“ stolz, diesen Satz hoffentlich fehlerfrei herausgebracht zu haben, sah ich meinen Großmeister immer noch auf seinem Schoss sitzend an. „Es klingt fast richtig, aber... dein Akzent ist ja grauenhaft. Wie wäre es, wenn ich dir ein wenig Sprachunterricht gebe?“ Herausfordernd ruhte sein Blick auf mir.

 

Aber gerne doch, Master Kenway, jederzeit, wenn ihr bereit seid!“ erwiderte ich mit meinem süffisantesten Ton, den ich gerade zustande brachte. Doch auch Haytham musste dabei lachen!

 

Aber warum gerade meine Sonne und dann auf spanisch?“ etwas skeptisch war ich schon.

 

Er sah mich erstaunt an. „Kannst du es dir nicht denken? Die Sonne, die Tätowierung und dieses Leuchten, welches von dir ausgeht! Deine Aura erinnert mich genau daran! Und spanisch? Nunja, mir war danach und ich mag diese Sprache!“ Achja, sein Talent für Sprachen, oder auch für Mathe... dieser Mann konnte einen neidisch machen.

 

Und ich liebe dich, mi amor!“ sagte ich nur und gab MEINEM Schatz einen Kuss!

Kapitel 26

 

*** Ich will sie nicht lesen! ***

 

 

Diese Nacht würde mir vermutlich noch lange in Erinnerung bleiben, denn bisher wusste ich immer nicht, ob Haytham eine Art Kosename für mich haben würde. Umgekehrt wusste ich auch nicht, WIE ich ihn denn nennen sollte. Immer nur beim Vornamen? Naja... nicht unbedingt meins. Doch jetzt war eine nächste Hürde geschafft auf dem Weg in unsere Zukunft, so hoffte ich.

 

Als ich an seiner Schulter einschlief, mit diesem Geruch von Seife, Lavendel und Wein, war es wie selbstverständlich. Ich fühlte seine Haut unter mir und wäre es möglich, wäre ich noch näher an ihn herangerückt.

 

Am nächsten Morgen weckte uns ein vorsichtiges Klopfen und ein Räuspern von Sybill. Und ob es nun gewollt war oder ob sie einfach nur in Gedanken war, kam nur „Mistress Kenway, Master Kenway, das Frühstück ist fertig.“ Und danach hörte ich ihre Schritte, wie sie wieder nach unten gingen.

 

Ich grinste wie ein kleines Schulmädchen, denn ich fand diese Vorstellung immer noch sehr sehr eigenartig, dass ich wirklich IRGENDWANN einmal Mistress Kenway sein sollte! Haytham bemerkte, NATÜRLICH, meine Reaktion, denn immer noch hatte das verschlossene Buch bei IHM Lücken! Verdammt.

 

Gewöhne dich schon einmal daran!“ kam es nur gähnend von meinem Verlobten und er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Hatte er tatsächlich genauso lange geschlafen wie ich? Das wäre ja schon fast eine Sensation, denn sonst ist Haytham immer unglaublich früh auf den Beinen. „Mi Amor, hast du wirklich geschlafen, oder hast du mich wieder beobachtet?“ fragte ich gespielt skeptisch!

 

Ich spürte sein Lachen regelrecht. „Ich habe wirklich tief geschlafen und keine Observation mitten in der Nacht gestartet, mi sol!“

 

Dann bin ich ja beruhigt!“ gab ich nur von mir und drehte mich zur Seite um aufzustehen. „Wo willst du so eilig hin, Alex?“ fragte er skeptisch und stützte sich auf den Ellbogen und sah mich an.

 

Haytham, wonach sieht es denn aus? Heute ist die Anprobe meines Kleides und deines Anzuges und... ich brauche dringend noch eine Einweisung, wie ich mich zu verhalten habe. Wie du sicherlich noch weißt, gehöre ich keiner Kirche an und weiß nichts über eine solche Hochzeit!“ Ich stand vor der frischen Waschschüssel und war dankbar für das kühle Wasser.

 

Du bist also weder katholisch, noch evangelisch... noch sonst irgend etwas?“ sah mich mein Verlobter völlig überrascht an. Das war wohl ein weiterer Punkt in unserer Beziehung, der in absehbarer Zeit zur Sprache gekommen wäre.

 

Nein, ich bin... wie sagt ihr so schön, Heide. Ich glaube an die nordischen Götter! Und würde es auch gerne weiterhin tun! Denn sie geben mir eine gewisse innere Kraft und Zufriedenheit!“ erklärte ich es ehrlich.

 

Diese Trauung wird nicht so schlimm, denke ich. Auch wenn ich selber Protestant bin, habe ich auch nicht wirklich eine Ahnung, wie genau das abläuft. Und ich werde ja leider nicht in deiner Nähe sein können, während der kirchlichen Zeremonie.“ Nein, denn er war Shays Trauzeuge... und da war er wieder. Dieser fiese kleine Stich ins Herz. Ich... nein, ich mag es nicht sagen. Denkt euch einfach, dass ich Faith gerne diesen Zuspruch gegeben hätte. Ich seufzte nur und fing an, mich in ein Kleid zu zwängen.

 

Ich weiß, dass du in den Momenten alleine dort sein wirst, aber ich bin in greifbarer Nähe und stehe dir bei. Du bist nicht wirklich alleine, glaub mir!“ versuchte mich Haytham aufzubauen. Das half aber nicht über diesen fiesen Gedanken hinweg.

 

Wer würde MICH später begleiten, wer würde meine Trauzeugin sein, wer würde mich an Haytham übergeben? Niemand, vermutlich. Denn es war niemand hier, der diese Aufgabe auch wirklich übernehmen konnte.

 

Mit dem Unterkleid und Korsett bekleidet ließ ich mich auf das Bett fallen und stöhnte einfach nur, denn das war zu viel Denkanstoß am Morgen ohne Kaffee. „Mi sol, bis wir beide heiraten können, wird es noch dauern und bis dahin, wird sich sicher noch einiges ergeben und ereignen. Meinst du nicht? Warte vor allem den Schlagabtausch mit Faith erst einmal ab.“ Ich sah ihn fragend an. „Ja, das offene Buch!“ er gab mir einen schnellen Kuss auf die Lippen und lachte leise in sich hinein.

 

Haytham half mir bei den Schnüren und ich half ihm mit der Rasur und den Haaren. Seine Haare waren einfach... Entspannung, ich sollte in stressigen Situationen mal daran denken, ihn zu fragen, ob ich einfach seine Haare bürsten dürfte. „Alex, was ist so faszinierend an meinen Haaren?“ fragte er mich wieder und lachte dabei. „Nichts, aber es ist wie... eine Beruhigungsspritze. Es lässt meine Nerven wieder runterfahren, es ist einfach so.“ grinste ich ihn an und gab ihm einen Kuss auf den Kopf.

 

Die Rasur beherrschte ich jetzt doch schon etwas besser, auch wenn ich noch ein wenig zitterte. „Perfekt, jetzt weiß ich, dass du mich nicht gleich mit dem Rasiermesser um die Ecke bringen würdest!“ lachte Haytham und zog meinen Mund zu sich hinunter!

 

Warum sollte ich das wollen, mi amor? Denn ich wüsste, welchen Zorn ich als erstes zu spüren bekommen würde und das will ich definitiv nicht riskieren und … wenn ich ehrlich bin, ich will dich einfach bei mir haben!“ Mir kamen die Bilder der parallel Welt plötzlich in den Sinn. Dieses Bild von Haytham mit aufgeschnittener Kehle. Und prompt stiegen mir die Tränen in die Augen!

 

Alex, nein, verzeih mir. Ich wollte dich nicht daran erinnern. Oh Gott... es tut mir leid!“ Sofort waren seine Arme um mich und ich konnte mich an seine Brust sinken lassen. „Es war ein schrecklicher Anblick, mi amor! Ich will das NIE WIEDER erleben müssen!“ gab ich schluchzend von mir und klammerte mich an meinen Templer!

 

Wirst du auch nicht!“ Ein Kuss von ihm auf meinem Kopf und er nahm mein Kinn hoch. „Denk nicht mehr daran, es war nicht dein Werk, es war nicht deine Welt. Es war wie in einem schlechten Albtraum!“ Aber ich sah, dass Haytham selber damit zu kämpfen hatte. Denn er hatte bereits seinen Tod gesehen, die Vorläufer haben dafür gesorgt, dass er es erfährt. Alleine dafür könnte ich diese Wesen einfach zum Teufel jagen!

 

Es könnte alles so einfach sein, aber nein...“ gab ich nur laut denkend von mir. „Deine Neugierde hat gesiegt, wer nicht neugierig ist und Fragen stellt, wird nie etwas neues erfahren. Das sollte man auch im Hinterkopf haben.“ Und da war wieder diese logische Schlussfolgerung von meinem Verlobten. Handfest mit viel Wahrheit und Tatsache! Doch es klang seltsam.

 

Haytham, ich brauche Kaffee, ganz dringend. Sonst funktioniere ich gar nicht mehr heute. Sei mir nicht böse, aber... lass uns hinunter gehen!“ gab ich an seine Brust gelehnt und gähnend von mir.

 

Lachend kam nur ein. „Mir ist schon aufgefallen, dass du kein Morgenmensch bist, mi sol! Also los, bevor dein heißgeliebter Kaffee kalt ist!“ und damit hatte ich seine Hand auf meinem Po. Theatralisch schlug ich seine Hand weg. „Master Kenway, reißt euch zusammen!“

 

Unten angekommen erwarteten uns Sybill und das Personal bereits und wünschten einen guten Morgen. Als ich am Tisch saß fiel ich regelrecht über die Kaffeetasse her. Es tat so gut.

 

Mein Verlobter erhielt derweil die Post und ich las in einer Zeitung, die zwar schon zwei Tage alt war, aber ich konnte wenigstens lesen. In diesem Moment fiel mir ein, dass ich ja so gerne noch in Haythams Büchersammlung gestöbert hätte. „Mi amor, darf ich gleich mal in deine Bücher schauen und lesen? Du hast wunderschöne alte original Ausgaben von...“ als ich mir selber zuhörte musste ich glucksen. „Du weißt was ich meine. Darf ich ein Auge darauf werfen?“

 

Nur zu, denn ich muss mich noch einmal mit Master Pitcairn treffen. Ich denke, ihr braucht noch nicht vorgestellt werden. Also lass dir ruhig Zeit!“ und ich fing sofort an zu grübeln, was er JETZT mit ihm zu bereden hatte, denn eigentlich wäre der Zeitpunkt erst später. Aber wir wären wieder bei dem Punkt der Verschwiegenheit und des Vernichtens von Schriftstücken.

 

Nein, Alex. Es geht um die Hochzeit von Shay und Faith. Er ist wie Faith Schotte und wird wegen Shay anwesend sein, sowie seine Frau. Und ich hatte noch ein paar Dinge bezüglich Shays Beitritt mit ihm zu klären!“ erklärte er mir, als er wieder bei mir das offene Buch sah.

 

Ich hoffe, es ist nichts gravierendes. Aber lass dir ruhig Zeit, denn ich werde sicherlich genug Lesestoff finden!“ gab ich lachend von mir.

 

Wo wir gerade bei Lesestoff sind.“ er räusperte sich und ich sah dieses mal genau, worauf ER hinaus wollte. Soviel zum Thema, das offene Buch! „Nein, Haytham, ich habe sie nicht gelesen. Ich habe die ersten Zeilen vom 6. Dezember 35 gelesen... und habe es zugeschlagen und seitdem nichts mehr angerührt. Ich möchte es nicht lesen. Nicht ohne dein Beisein und deine Erlaubnis!“

 

Aber warum glaubst du, habe ich sie dir gegeben?“ fragte er mich verwundert. Darauf hatte ich keine wirkliche Antwort. „Ich dachte erst, dass du willst, dass ich deine Tagebücher lese. Doch dann sah ich dein Gesicht vor mir, als du „Forsaken“ in den Händen gehalten hast und... Haytham, ich kann das nicht. Mein Gewissen bringt mich um. Es gehört sich einfach nicht. Ich … habe sie übrigens wieder mit gebracht!“ gab ich jetzt kleinlaut von mir!

 

Du … mi sol. Ich wollte, dass du sie liest. Ich wollte, dass du mich besser verstehst...“ doch ich unterbrach ihn.

 

Haytham, ich verstehe dich vermutlich besser, als so manch ein anderer. Auch wenn du mich oft noch vor Rätsel stellst. Doch ich kenne dich und ich brauche diese Aufzeichnungen nicht. Wenn ich ganz hier bin, dann werde ich sie sicherlich lesen. Aber nicht, wenn DU nicht anwesend bist. Stell dir vor, ich habe Fragen, weil ich etwas nicht verstehe, oder nicht lesen kann. Wer würde es mir erklären?“ gab ich jetzt lächelnd von mir.

 

Danke, mi sol!“ sein Kuss war wieder alles. Mehr brauchte ich nicht!

Kapitel 27

 

*** Endlich verstehe ich diese Zeilen! ***

 

 

Haytham verabschiedete sich also nach dem Frühstück und machte sich auf den Weg zu Master Pitcairn. Auf ihn war ich ja dann doch schon gespannt, denn ich hatte nur über ihn gelesen. Morgen würde ich dann hoffentlich Gelegenheit dazu bekommen.

 

Ich ging mit einer frischen Tasse Kaffee in das Arbeitszimmer meines Verlobten und ging an den Reihen mit den Büchern entlang. Meine Finger strichen ehrfurchtsvoll darüber hinweg, ich bin da ein wenig eigenartig. Aber Bücher sind mein ein und alles und man muss sie gut behandeln.

 

Mir fiel dann eine Ausgabe von Kants „Der Zardig“ in die Hand. Ich hatte diesen kleinen Roman irgendwann mal während meiner Schulzeit lesen müssen, war aber damals nicht so begeistert davon. Jetzt dachte ich mir einfach, geb ich dem Ganzen noch eine Chance. Ich nahm mir das Buch mit meiner Kaffeetasse, ging nach draußen und steuerte auf die Fortmauer zu und setzte mich dort in die Sonne. Es war ein wunderschöner Tag und ich konnte zum ersten mal hier in dieser Zeit einfach genießen. Ich musste an nichts denken, nur vielleicht nachher an die Anprobe, aber ansonsten konnte ich tun und lassen was ich wollte.

 

Ich fing an zu lesen und was soll ich sagen? Ich hatte gut daran getan, dem Roman noch einmal eine Chance zu geben. Denn vermutlich hatte ich in meinen Teeniejahren noch nicht diesen feinen Sinn für das zwischen den Zeilen lesen!

 

Plötzlich tippte mir jemand Räuspernd auf die Schulter. Es war Mrs. Wallace und fragte, ob ich schon einmal ohne Master Kenway essen wolle. Erstaunt sah ich zu ihr auf, ich hatte die Zeit völlig vergessen! Dieses Buch war doch fesselnder als ich dachte, ging es mir durch den Kopf. Doch es hatte mich auch auf einen ganz anderen Gedanken, bezüglich der Vorläufer gebracht.

 

Aber ich sagte Sybill, dass ich lieber auf meinen Verlobten warten wollte. Bei dieser Bezeichnung lächelte sie mich warm an. „Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich für euch und Master Kenway freue. Und wenn dann erst die Hochzeit ansteht... Das wird ein Fest werden.“ meinte sie voller Vorfreude. „Habt ihr euch schon über einen Termin Gedanken gemacht?“ fragte sie und sah mich wartend an. Was sollte ich denn jetzt sagen? Ich bin bald wieder weg und erst in drei Jahren wieder hier? Ich beließ es bei „Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen, Mrs. Wallace, um ehrlich zu sein! Ich bin noch so überrascht von seinem Antrag, dass ich wohl auch noch ein bisschen Zeit brauche!“ lachte ich sie an.

 

Oh natürlich, das kann ich verstehen. Aber... ich freue mich für euch!“ rief sie mir über die Schulter hinweg zu, während sie wieder in die Küche ging.

 

Auch ich ging jetzt wieder ins Haus und in Haythams Arbeitszimmer. Dort nahm ich mir Papier und Feder und fing an, meine Gedanken aufzuschreiben. Diese Cherubin ließen mich nicht in Ruhe aus dem Roman. Sie waren entweder an Gottes Seite oder auch einfach übernatürliche Wesen, welche den Menschen in unterschiedlichster Form begegnen konnten.

 

Das fand ich faszinierend, ich hatte denselben Eindruck auch bei diesen Isu! Und waren es vielleicht, wie die Erzengel, unterschiedliche Persönlichkeiten? Oder so etwas wie die Todsünden? Ich erinnerte mich an das Wesen, welches meinen Templer besetzt hatte. Das wäre eindeutig der Hass oder Zorn gewesen!

 

Jetzt schrieb ich mir die Todsünden auf und versuchte mich daran entlang zu hangeln. Ich sah mich in den Regalen noch einmal um und wurde auch bei zwei Büchern fündig. Einmal hatte Haytham ein Buch über Ethik und ähnliches von Voltaire und dann natürlich die Bibel. Als ich diese in die Hand nahm, trat wieder eine kleine Trauer in mein Herz. Die Familienbibel von Edward konnte nicht gerettet werden damals, dort waren schon die ersten Einträge für den Stammbaum verzeichnet gewesen.

 

Nein, davon wollte ich mich jetzt nicht herunter ziehen lassen. Also setzte ich mich wieder an den Schreibtisch und fing an.

 

*Hochmut *Neid *Zorn *Trägheit *Habgier *Völlerei *Wollust

 

Bei der letzten musste ich doch schon ein wenig schmunzeln. Denn... Wollust... nunja... ich brauchte meinen Verlobten nur ansehen und hatte schmutzige Gedanken. Doch es war derzeit kein Wesen anwesend, oder übersah ich etwas?

 

Auch musste es ja noch mehr dieser Zeitreise-Artefakte geben, doch ich würde zu dieser Zeit hier nichts ausrichten können. Denn ich brauchte die Archive der Assassinen und Templer. Sobald ich wieder zuhause war, sollte ich versuchen, eine gewisse Einigung mit dem Orden zu erreichen. Denn ich hatte es immer noch im Kopf, ich wollte eine Zusammenarbeit, ich wollte es wenigstens versuchen. Sicher würde ich auf Widerstand stoßen, das bliebe nicht aus. Für meine Nachforschungen wäre es aber wichtig und ich würde es in Kauf nehmen!

 

Auch das schrieb ich jetzt mit auf und kam so richtig in Fahrt mit meinen Gedanken. Gerade als ich den Gedanken hatte, dass in der parallelen Welt ja auch eines dieser Artefakte vorhanden war und ich überlegte, wie ich vielleicht dort noch einmal hingelangen könnte, unterbrach mich mein Verlobter.

 

Er stand vor dem Schreibtisch und stützte seine Hände auf die Arbeitsfläche und war nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, als ich aufsah. Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen und schrie nur laut auf, dabei stieß ich vor Schreck das Tintenfass um, welches sich jetzt über den Boden und den teuren Teppich ergoss.

 

Haytham, bist du eigentlich wahnsinnig geworden, mich so zu erschrecken! Bei Odin!“ stammelte ich atemlos vor mich hin. „Verzeih mir, ich hoffe, das bekommt man aus dem Teppich wieder raus!“

 

Er grinste mich nur breit an und meinte beschwichtigend. „Mi sol, ich bin weiß Gott nicht wahnsinnig, ich bin nur sehr leise. Ich wollte dich nicht stören, ich fand den Anblick, dich in deiner Arbeit so vertieft zu sehen, faszinierend.“ langsam schritt er um den Schreibtisch herum, stellte sich hinter mich und warf über meine Schulter einen Blick auf meine Gedanken und Notizen.

 

Ich habe zwar keinen blassen Schimmer, WAS du da gerade machst, aber … es sieht wichtig aus. Deine Schrift ist so geschwungen, aber gleichzeitig auch so eckig. Ihr lernt in der Schule ja eine seltsame Art zu schreiben!“ meinte er grübelnd.

 

Oh, findest du? Und ich dachte noch, ich hätte eine sehr schöne Schrift!“ gab ich gespielt beleidigt von mir und sah zu ihm auf! Ich erntete ein Prusten von meinem Verlobten. „Und ich habe ja auch nur ein paar Gedanken niedergeschrieben, ich wollte ja jetzt keinen Preis für die schönste Handschrift bekommen, mi amor!“ Und ich streckte ihm die Zunge raus. Pah...

 

Wenn ich vorhin erwähnte, dass sein bloßer Anblick und seine Anwesenheit mich schon wuschig machten, dann lasst euch gesagt sein: Als er jetzt hinter mir stand und seine Hände über meinen Hals in meinen Ausschnitt wandern ließ, so brachte mich das förmlich zum schmelzen. Er beachtete die eintrocknende Tinte nicht mehr, sondern er zog mich hoch und hob mich auf die Arbeitsfläche des Schreibtisches. Dann stellte er sich vor mich und ich schlang wie automatisch meine Beine um seine Hüften, seine Hand griff in meinen Nacken und zog mich mit Schwung an seine Lippen. Sein Kuss war so fordernd, dass ich ihm am liebsten nachgegeben hätte, doch wir waren hier nicht ungestört und ich vernahm nur ein frustriertes Seufzen, als auch Haytham dämmerte, dass hier und jetzt gerade kein guter Zeitpunkt für ein Schäferstündchen sei.

 

Du machst mich wahnsinnig, mi sol! Wie soll das erst werden, wenn du ganz bei mir bleibst?“ seine Augen waren dunkel vor Begierde und er sah mich durchdringend an.

 

Ich weiß es nicht, Haytham. Ich werde mein Bestes geben, dass du auch mal auf andere Gedanken kommst! Aber bis dahin darfst du gerne weiter so an mich denken!“ meine Beine waren wie eine Schere und ich drückte sie zusammen, so dass er näher kommen musste und ich spürte seine Erregung. Mein Verlobter sah immer noch auf mich herunter und stand reglos da. „Ich werde nicht nur an dich denken, sondern werde dir auch praktisch zeigen, WAS ich mir so vorstelle mit dir!“ kam es mit dieser rauen Stimme.

 

Darauf freue ich mich am meisten, mi amor. Aber... wir sollten jetzt lieber für Ablenkung sorgen, bevor...“ doch Haytham war auf die gleiche Idee gekommen und zog mich unvermittelt vom Schreibtisch und hinter sich her die Treppe hoch. Bei Odin, hatte es dieser Mann plötzlich eilig.

 

So eilig, dass mal wieder keine Zeit für die Kleidung war. Haytham schlug nur die Tür zu, hob mich hoch und dagegen und war schneller in mir, als ich Luft holen konnte. Es war einfach ohne nachzudenken, ohne an Konsequenzen zu denken und es war harter Sex. Mein Verlobter wusste, welche Knöpfe er bei mir drücken musste, damit ich mich ihm völlig hingab und das nutzte er jetzt wieder aus. Es dauerte nicht lange und ich lag schwer atmend an seiner Schulter und auch Haytham kam mit einem leisen Aufstöhnen und ließ seinen Kopf an meinen sinken.

 

Sein Atem beruhigte sich langsam und auch ich kam wieder zu mir. „Was tut ihr nur mit mir, Master Kenway? Wie ist das möglich, dass ich die Finger nicht von dir lassen kann?“ lächelte ich ihn an.

 

DAS Mrs. Frederickson, kann ich auch nicht erklären, weil ihr anscheinend das selbe mit mir macht. Eigentlich müsste ich euch für dieses schändliche Verhalten bestrafen, aber ich denke, dass werden wir jetzt erst einmal verschieben. Das Essen wartet unten!“ gab mein Verlobter grinsend von sich.

 

Wir lösten uns vorsichtig von einander und versuchten einen möglichst passablen Eindruck zu machen, doch als ich mein Spiegelbild und meine Haare sah, wusste ich, dass ich noch einen Moment brauchen würde. Also dann mal, Haare richten, Wasser ins Gesicht. Haytham tat es mir gleich und dann konnten wir hinunter.

 

 

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Immanuel Kant, deutscher Philosoph (1724 – 1804) – „Der Zadig“

 

(Der zu den so genannten „kleinen Romanen“ gehörende Zadig erzählt im Stil von Tausendundeine Nacht die wechselvollen Abenteuer eines jungen, tugendhaften Babyloniers, den himmlische Fügung – die sich ihm zuletzt als geflügelter Cherub entschleiert – zu einem glorreichen, glücklichen Ende führt. Die satirische Darstellung entlarvt den religiösen Fanatismus und den Machtmissbrauch in der französischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts und wirft die Frage nach Glück und Gerechtigkeit auf.)

Kapitel 28

 

*** Langsam wird es ernst ***

 

 

Es war schon später Nachmittag, als wir zum Essen kamen. Die Besprechung mit Master Pitcairn hatte wohl doch länger gedauert. Haytham erzählte von seinem Treffen und wie es morgen dann ablaufen würde.

 

Man träfe sich direkt an der Dreifaltigkeits Kirche am frühen Mittag, um 11 Uhr sollte die Trauung stattfinden. Danach würden wir zum Anwesen von Lady Melanie fahren und dort die Feierlichkeiten begehen. Ach ja, ich hatte diese Frau völlig aus meinen Gedanken gestrichen, aber ich ging davon aus, dass ich nicht allzu viel Zeit mit ihr verbringen musste.

 

Gerade, als mir Haytham erklärte, wo ich in der Kirche sitzen würde, kam ein Diener und kündigte die Schneiderin und den Schneider für Haythams Garderobe an. Er hatte mir erklärt, dass Shay nun aufgrund seiner Verdienste für den Orden, eine Meistertemplermontur bekommen habe, welche er morgen tragen würde. Auch er würde in seiner erscheinen, doch seine war, wie sollte es anders sein, in diesem dunklen blau gehalten. Der Schneider musste sie hier und da ausbessern und umnähen, nichts gravierendes, doch angepasst werden sollte sie schon.

 

Ich ging mit Frau Fischer hinauf und sie half mir wieder in das Kleid. Als ich fertig war, stand ich wieder mit offenem Mund vor dem Spiegel, es war ein Traum und ich sah, wie die Schneiderin zufrieden lächelte. „Ihr seht fantastisch darin aus, Frau Frederickson.“ Es war gerade eine Wohltat, deutsch sprechen zu können und nicht ständig simultan übersetzen zu müssen.

 

Das Kleid ist wunderschön, wenn mein Verlobter und ich heiraten, würde ich euch gerne bitten, mein Hochzeitskleid zu nähen!“ gab ich immer noch staunend von mir. „Das wäre mir eine Freude, Frau Frederickson. Wisst ihr denn schon, wann ihr Meister Kenway das Ja-Wort geben werdet?“ fragte sie mit einem breiten Lächeln, genau wie Mrs. Wallace.

 

Nein, das wird sicherlich auch noch ein bisschen dauern. Es gibt noch vieles zu erledigen und ich muss auch noch einmal zurück nach Hause, um meiner Familie Bescheid zu sagen. Aber ihr werdet eine der Ersten sein, die es erfahren.“ lächelte ich sie jetzt an. „Dann warte ich gerne noch!“

 

Es musste nichts an meinem Kleid verändert werden, es saß perfekt, also konnte Frau Fischer beruhigt wieder gehen. Sie wünschte uns noch alles Gute und zwinkerte mir zu! Haytham sah mich nur fragend an. „Mi amor, sie wird mein Hochzeitskleid nähen! Schau nicht so erstaunt!“ und gab ihm einen Kuss. „Und was hat dein Schneider zu deiner Garderobe gesagt? Gibt es viel, was geändert werden muss?“ wollte ich jetzt umgekehrt wissen. Doch es waren, wie schon angenommen, nur ein paar Kleinigkeiten! Morgen früh, würde die Montur wieder hier sein!

 

So langsam wurde ich doch nervös, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich besprach mich mit einem der Mädchen dann noch, wie ich mir meine Haare vorstellte und wir probierten ein paar Sachen aus. Doch es war zum davon rennen. Nur mit Haarnadeln hielt nichts, immer fiel alles in sich zusammen. Also beschloss ich, dass ich mir die Haare in Fischgrät-Optik flechten lasse und einfach kreisförmig hochstecken lasse. Das würde halten, so hoffte ich.

 

Es dämmerte schon, als ich gut gelaunt hinunter ging und mich noch kichernd mit dem Mädchen über diverse Männerarten austauschte. Sie verabschiedete sich und ich ging hinüber zum Arbeitszimmer von Haytham. Dieser brütete über irgendwelchem Schreibkram und als ich näher kam, sah ich, dass er meine Notizen vor sich hatte. „Haytham, ist alles in Ordnung? Du siehst gerade aus, als hätte ich etwas Schlimmes aufgeschrieben!“ besorgt trat ich neben ihn und legte meine Hand auf seine Schulter.

 

Er legte eine Hand auf meine und drückte sie nur, dann sah er zu mir auf. „Nein, es ist nichts, was mir Sorgen bereitet. Es ist nur faszinierend zu lesen, was dir im Kopf herum schwirrt und was du für Gedankengänge hast. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du ein so umfangreiches Wissen hast. Und wenn ich mir vorstelle, dass du mehr weißt, als ich wissen kann, dann habe ich vollsten Respekt davor!“ diese Anerkennung von ihm ging mir gerade runter wie Öl und ich wurde rot.

 

Danke, mi amor. Es liegt einfach daran, dass ich tatsächlich mehr behalten musste. Alleine schon geschichtliche Hintergründe, oder auch was Bücher und Musik zum Beispiel angeht. Doch für mich ist das Normalität! Und... du machst mich mit diesem Kompliment gerade verlegen!“ gab ich ehrlich zurück.

 

Haytham grinste nur und zog mich auf seinen Schoß. „Alex, wenn dir jemand ein Kompliment macht, dann nimm es einfach an. In meinem Falle meine ich es auch ernst, es ist eine Wohltat, wenn ich jemanden um mich habe, mit dem man sich auch tiefgründiger unterhalten kann.“ er sah mir in die Augen und schien auf etwas zu warten, doch ich wusste nicht auf was.

 

Habe ich dich etwa sprachlos gemacht, Alex?“ grinste er noch breiter. „Ich … ja, ich glaube das hast du. Und ich könnte dir zum Beispiel durchaus noch so einige Bücher empfehlen, die dir gefallen könnten. Wie du sicherlich bemerkt hast, kann ich schlecht an Lesestoff vorbei gehen, ohne nicht wenigstens einen kurzen Blick darauf geworfen zu haben!“ meinte ich ehrlich.

 

Du schreibst, dass du eine Einigung zwischen dem Orden und der Bruderschaft in deiner Zeit anstrebst. Glaubst du, es wird funktionieren?“ fragte er mich plötzlich.

 

Ich weiß es nicht, aber ich will es versuchen. Du solltest wissen, dass ich die Templer brauche, ich muss die Archive einsehen. Sonst komme ich keinen Schritt weiter mit den Forschungen. Wir haben zwar schon jemanden eingeschleust, aber ich möchte nicht immer diese Heimlichtuerei haben. Du weißt ja, ich und mein Gewissen!“ lächelte ich meinen Verlobten an.

 

Das ist mir schon aufgefallen. Eigentlich eine lobenswerte Eigenschaft, aber von Zeit zu Zeit doch etwas hinderlich, gerade wenn man verdeckt etwas erreichen will.“ erklärte er mir jetzt und ich wusste das ja, doch es war halt für mich schwer.

 

Dann solltest du mir auch dahingehend noch etwas beibringen, mi amor. Du entwickelst dich noch zu einem echten Lehrer, ich bin stolz auf dich!“ und damit gab ich ihm einen Kuss.

 

Was haben eigentlich die Todsünden mit diesen Vorläufern zu tun? Oder ist es nur eine Art Vergleich? Ich meine, ich finde den Gedanken interessant, es wäre ja auch eine Möglichkeit...“ ich musste dazwischen gehen. „Haytham, das ist ein Gedanke, der mir vorhin kam. Als du damals besessen warst, hatten wir alle einen gewissen Zorn und Hass in uns. Als dieses Wesen dann verschwand, ebbte es ab und alles war wie immer. Naja, fast, aber du weißt, was ich meine!“

 

Aber wenn es auch die anderen gibt, wie würden sich diese Wesen denn dann zeigen? Habgier, nur als Beispiel! Würde es einen Menschen dann so manipulieren, dass man klaut, stiehlt und dergleichen?“ Ich sah ihn erstaunt an, denn ich war in meinen Gedanken noch nicht ganz so weit gewesen.

 

Das könnte durchaus sein und Neid wäre dann ähnlich. Dieses Wesen, welches ich in dem Turm in der anderen Welt gesehen hatte, war aber sanfter und es machte nicht diesen hasserfüllten Eindruck. Was könnte das gewesen sein? Wenn diese Dinger manipulieren, dann muss dieses ja auch etwas gewollt haben. Doch da würde mir keine der Sünden einfallen.“

 

Hmmm... da hast du Recht. Denn Trägheit oder Hochmut wären eher unpassend. Vielleicht solltest du wirklich noch ein wenig weitersuchen und ich wünsche dir, dass du einen Weg für beide Seite gemeinsam findest.“ er zog meinen Mund zu sich herunter und gab mir einen Kuss, der mich in meinem Willen bestärkte, alles daran zu setzen.

 

Das hoffe ich auch, weil meine Tätowierung genau DAS darstellen sollte und war nicht nur einfach aus einer Laune heraus. Du solltest wissen, ich mache selten Dinge unüberlegt.... und nein... das mit der Jackdaw war was anderes...“ Ich sah nämlich, dass er schon den Mund aufmachte und ich drückte ihm einfach einen weiteren Kuss auf, um seine Aussage zu unterbinden!

 

Mit einem Glucksen schob er mich von seinem Schoß. „Das war aber unleugbar unüberlegt, Alex. Gib es zu!“ grinste er nur und zog mich Richtung Küche, wo er eine Flasche Wein und zwei Gläser nahm und mit mir nach draußen ging. Wir saßen wieder auf der Mauer und genossen diese Ruhe. Es würde nicht immer so sein, das wusste ich, aber ich würde ihm noch nichts davon erzählen.

Kapitel 29

 

*** Die Hochzeit Teil 1 ***

 

 

Ich wurde von neugierigen Händen geweckt, welche sich ihren Weg zielstrebig über meinen Körper bahnten. Wohlig räkelte ich mich und seufzte nur. Als ich die Augen aufschlug hatte ich diese dunklen grauen Augen vor mir, die mich gerade versuchten zu verschlingen. „Ah, da bist du ja, mi sol! Ich hatte schon Sorge, ich müsste dich überfallen so früh am Morgen!“ kam es von meinem Templer nur.

 

„Nein, aber gegen ein bisschen überfallen werden hätte ich nichts!“ grinste ich nur und er beugte sich zu mir hinunter. Seine Haare kitzelten über meinen Hals, sein Haarband hatte sich über Nacht verabschiedet. Als ich gerade mit meiner Hand in seinen Nacken greifen wollte, war mir das nicht möglich und ich registrierte, dass er mich schon wieder fest im Griff hatte.

 

„Das hättest du wohl gerne!“ kam es jetzt schwer atmend von Haytham und schneller als ich reagieren konnte, war er ganz über mir und mein Widerstand war dahin. Eine heutige Lektion galt meiner Haltung und das ich nicht so zappeln sollte. Meine Lernbereitschaft wurde mit einem tiefen Aufseufzen belohnt. „Mir fällt auf, du wirst noch mehr zu lernen haben, Mrs. Frederickson!“ bekam ich stockend zu hören.

 

„Ich glaube auch, Master Kenway, auch wenn der Unterricht mit euch sehr... nunja, intensiv ist!“ meine endlich befreiten Hände fuhren über seinen Rücken und hielten ihn fest und ich fühlte eine Gänsehaut unter meinen Fingern. „Ich liebe dich, Haytham!“ ich musste es einfach loswerden.

 

„Ich dich auch, Alex. Vergiss das nie!“ Haytham schloss mich in seine Arme und wir hatten wieder diesen Frieden. Doch es war mein Verlobter der dann kundtat, dass wir uns so langsam fertig machen sollten.

 

Bevor ich jedoch in das gute Kleid schlüpfen würde, zog ich etwas einfaches über mein Unterkleid und das Korsett. Haytham zog sich auch erst einmal nur etwas einfaches an und so gingen wir hinunter. Mein geliebter Kaffee stand bereit und ich klammerte mich wie immer an dieses koffeinhaltige Heißgetränk. Dafür erntete ich von meinem Verlobten mal wieder nur ein belustigtes Grinsen, obwohl er auch kein Morgenmensch war. Doch ihm genügte Tee und dann auch noch dieses dünne Zeugs aus England... es war halt nicht meins.

 

Als wir dann anfingen uns fertig zu machen und herzurichten, brach bei mir eine Panik aus, die ich nicht erklären konnte. Es war nicht MEINE Hochzeit. Doch es war wieder dieses Gefühl von alleine unter Templern! Das Mädchen, Angelina hieß sie, bemerkte meine Angst und sagte nur, dass ich doch nicht zu einer Hinrichtung ginge, sondern auf eine Hochzeit, das wäre doch etwas schönes.

 

Sie hatte ja Recht, doch sie wusste nichts von Templern oder Assassinen. Sie wusste nichts von meinem Zwiespalt oder woher ich kam. Sie war unwissend und in diesem Moment beneidete ich sie darum! Aber ihre lockere entspannte Art brachte mich ein bisschen zur Ruhe und als ich in diesem Kleid und den Röcken steckte, setzte ich mich, damit sie mir die Haare flechten konnte. Wir hatten noch einige rote Bänder gefunden, welche sie jetzt kunstvoll mit hinein band. „Mrs. Frederickson, eure Haare sind aber wirklich dick und sehr widerspenstig.“ lachte sie, als sie mal wieder einige Strähnen, die sich selbstständig machten, einfangen musste.

 

Ich lachte sie an, es war für mich auch immer ein Graus, alles, im wahrsten Sinne des Wortes, unter einen Hut zu bringen! „Ich weiß, aber ich muss ja annehmbar aussehen, oder nicht?“

 

„Wir schaffen das schon!“ meinte Angelina zuversichtlich. Und was soll ich sagen, sie schaffte es tatsächlich. Die roten Bänder hielten alles noch zusätzlich mit umschlungen und so konnte nichts mehr entfleuchen und auf Wanderschaft gehen!

 

Zufrieden mit ihrer Arbeit sah sie mich an und sie hatte wirklich ganz Arbeit geleistet. Mir taten nicht die Haare weh oder spannten irgendwie, doch es war fest auf meinem Kopf platziert. „Danke, alleine hätte ich das sicherlich nicht hinbekommen!“ lächelte ich sie an und sie dankte mir mit einem schüchternen Knicks.

 

„Wenn ich sonst nichts mehr tun kann, Mrs. Frederickson?“ fragte sie und ich konnte sie ruhigen Gewissens gehen lassen. Für einen Moment stand ich noch vor dem Spiegel und sah mich an. Wer hätte gedacht, dass ich irgendwann einmal in so einem teuren Kleid stecken würde und mit einem Mann an meiner Seite, der mich liebte...

 

„Alex, ist alles in Ordnung?“ kam es fragend hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um, es war Haytham in seiner vollen Montur und ich stand einfach nur da und starrte ihn an. Ihr wisst noch? Der Kartoffelsack... dieser Mann konnte alles tragen. Aber diese Montur gab ihm einfach eine solche Autorität und Präsenz, dass ich schon fast ehrfürchtig auf die Knie gehen wollte.

 

„Haytham... ich... du siehst fantastisch aus... ich... weiß nicht was ich sagen soll!“ staunte ich einfach nur.

 

„Danke und ich muss das Kompliment einfach zurückgeben. Dieses Kleid war die richtige Entscheidung und ich freue mich darauf, mit dir so auf der Hochzeit zu erscheinen.“ er kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Wie immer... ich beruhigte mich umgehend.

 

Die Kirche war nicht weit entfernt vom Fort George, aber mein Verlobter hatte trotzdem eine Kutsche geordert. „Wir sollten jetzt hinunter gehen, mi sol!“ und er reichte mir seinen Arm. Er hatte nicht seine versteckten Klingen angelegt, sondern nur das Schwert. Als ich tastend über seine Handgelenke ging, sah er mich fragend an.

 

„Du hast doch wohl nicht gedacht, dass ich das ganze Waffenarsenal anlege, oder?“ grinste er nur. „Nein, natürlich nicht, du bereitest dich ja nicht auf einen Kampf vor!“ gab ich nur wider.

 

Als wir vor der Kirche ankamen, war schon ein riesiger Auflauf an Menschen dort. Anscheinend war die ganze Stadt informiert worden. Wir stiegen aus und als ich jetzt zum ersten Mal offiziell mit Haytham in der Öffentlichkeit stand, wurde mir bewusst, dass ich eine gewisse Rolle inne an. Ich musste mich wirklich entsprechend bewegen, benehmen. Es war nicht mehr dieses wir schauen mal was wird sondern es wurde ernst und das machte mir jetzt doch Sorgen.

 

Ich fühlte mich eigentlich noch gar nicht so richtig bereit dafür, es war als würde ich ins kalte Wasser geworfen. Haytham jedoch behielt die Ruhe und versuchte, mich auch wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. So schritten wir in die Kirche und sie war großzügig geschmückt an den Bänken mit Maiglöckchen und weißen Bändern. Ich zitterte leicht, denn ich fühlte mich beobachtet und irgendwie unwohl.

 

Vorne am Altar standen bereits Shay und Christopher. Master Cormac hatte die weiße neue Montur an und sah, wenn ich es so sagen darf, großartig darin aus. Gist hatte sich eher in bedeckten Farben gehalten, aber seine Art konnte er nicht verstecken, er hatte immer eine Bemerkung oder ähnliches auf Lager. Ich mochte ihn irgendwie.

 

Ich sah von weitem Lady Melanie und hielt inne. Irritiert sah mich mein Verlobter an. „Alex, was ist?“ er sah sich um, so als wolle er schauen, ob ich bedroht würde.

 

„Haytham, ich fühle mich hier nicht wohl! Es sind alles Templer!“ bei diesen Worten klammerte ich mich an seinen Arm. „Wir haben darüber gesprochen, Alex. Wir sind eine Einheit und dir wird nichts passieren, das habe ich dir versprochen. Die Zeremonie wird nicht lange dauern und dann bist du schon fast wieder befreit.“ er drückte meine Hand und sah auf mich hinunter.

 

Doch das beruhigte mich keinesfalls, ich sah, dass die Menschen mich neugierig beäugten und mir einige Damen gerade sehr giftige Blicke zuwarfen.Aber genau DAS war es, was mich dann aus heiterem Himmel aufbaute und mir Selbstsicherheit gab! Master Kenway gehörte MIR, ihr Schnepfen! Du hast ein neues Mantra für dich gefunden, sehr gut. Und ich hörte das mir so vertraute Lachen von Edward. Er war hier und das beruhigte mich zusätzlich!

Kapitel 30

 

*** Die Hochzeit Teil 2 ***

 

 

Mit dieser inneren Ruhe, welche sich langsam ausbreitete, ging ich am Arm meines Verlobten weiter mit erhobenem Kopf. Vor dem Altar begrüßten wir Shay und Gist und dann brachte mich Haytham zu meinem Platz.

 

Doch vorher war noch die Begrüßung von Lady Melanie an der Reihe, dank meiner inneren „Edward-Ruhe“ begrüßte ich sie unverbindlich und bekam ein neutrales herablassendes Nicken zurück.

 

Ich hatte ehrlich gesagt mit einem weit abseits liegenden Platz gerechnet, doch es war die zweite Reihe hinter Faiths Großmutter. Ich sah July, wie sie aufgeregt hin und her wackelte und musste an Yannick denken, wenn wir auf Veranstaltungen waren und er einfach nicht stillsitzen konnte.

 

Die Kleine sah über die Schulter ihrer Urgroßmutter und hatte ein breites Grinsen im Gesicht, sie war einfach süß und wieder stieg dieser Wunsch in mir auf, dass ich gerne auch noch einmal … aber nein. Ich schüttelte diesen Gedanken ab und versuchte mich auf das jetzt und hier zu konzentrieren. Ich war zu alt, machen wir uns nichts vor!

 

Neben mir nahm ein Mann Platz der sich als Jack vorstellte. Ich reichte ihm meine Hand und stellte mich meinerseits vor. „Ah, ihr seid also die Verlobte von Master Kenway, es freut mich euch kennen zu lernen.“

 

Wie aufs Stichwort verstummten alle und erhoben sich. Wir sahen zum Eingang und dort stand Faith am Arm ihres Vaters! Sie strahlte über das ganze Gesicht und sah einfach glücklich aus. Langsam schritten die beiden auf den Altar zu. Ihr Kleid war atemberaubend und ich sah, dass es mit Diamanten besetzt war. Das Kleid überstieg vermutlich sogar den Preis meiner Wohnung inmitten des Zentrums und die hatte schon ein Vermögen gekostet. Innerlich musste ich grinsen, ich war einfach der Meinung, dass mir das zu viel des Guten wäre. Doch jedem das seine und ich ging davon aus, dass Faith nicht unbedingt ein Mitspracherecht gehabt hatte. Für so verschwenderisch hielt ich sie nämlich nicht!

 

Als sie dann vorne ankam und ihr Vater sie an Shay übergab, spürte ich diese Tränen in mir aufsteigen. Wer wäre an meiner Seite in diesem Moment? Ich schluckte die Trauer hinunter und konzentrierte mich auf das Geschehen vorne. Man sah, dass die Schottin so gut wie nichts wahrnahm, außer ihren Mann. Der Priester erzählte über Gott und die Welt und das Übliche, was man so bei einem Gottesdienst sagte. Versteht mich nicht falsch, aber ich habe damit nichts am Hut.

 

Ich hörte nur mit halbem Ohr zu und sah zu Haytham, auch er sah die ganze Zeit in meine Richtung! Ich warf ihm ein Lächeln zu und er erwiderte es, ein bisschen Beruhigung für mich. Wir würden sicherlich nicht kirchlich heiraten, es war für mich nicht möglich und konvertieren würde ich nicht mehr!

 

Dann hörte ich nur das obligatorische „Ihr dürft die Braut küssen!“ vom Priester und das Brautpaar lag sich in den Armen. Sie waren einfach für einander bestimmt und passten zusammen. Da konnte man nichts sagen. Dann rannte der kleine Wirbelwind namens July auf ihre Eltern zu. Die Kleine musste aber auch lange warten und stillsitzen.

 

Dann kam der Auszug der Eheleute und wir konnten uns erheben. Als endlich mein Verlobter neben mir war und ich mich unterhaken konnte, fühlte ich ein bisschen Ruhe wieder. Jack hatte während der Zeremonie immer mal wieder kleinere Anekdoten über Faith erzählt, doch so wirklich zuhören konnte ich nicht und ich nahm mir vor, später mit ihm noch zu reden. Denn irgendwie mochte ich diesen Mann, erklären konnte ich das nicht.

 

Als wir nach draußen kamen, war diese Menschenansammlung immer noch dort und jubelte. Bei Odin... Lady Melanie hatte ganze Arbeit geleistet! Das Brautpaar schritt auf die bereitstehende Kutsche zu und die anderen Gäste taten es ihnen gleich. Jetzt ging es zum Anwesen von Faiths Großmutter und ich brannte darauf, etwas hochprozentiges trinken zu können. Meine Nervosität brach sich bahn, denn jetzt kamen weitere offizielle Dinge, von denen ich immer nur gelesen hatte, oder in Filmen gesehen hatte.

 

Haytham hatte sein Bestes gegeben und mich versucht zu instruieren. Doch hören, lesen und es dann zu erleben sind einfach zwei verschiedene Paar Schuhe. Hibbelig saß ich neben ihm in der Kutsche und er ergriff meine Hand und drückte sie. Vor uns saßen Jack und Gist. Christopher lächelte mich einfach nur an und meinte „Stellt euch vor, ihr geht zu einem Essen unter Freunden!“ DAS war nicht hilfreich, doch ich lächelte tapfer zurück und nickte.

 

Dann kamen wir am Anwesen an und wurden regelrecht durchgewunken. Es war, laut Haytham, üblich, dass jetzt das erste Essen aufgetragen wurde. Doch vorher gab es das offizielle Spalier, in dem jeder den frisch Vermählten seine Glückwünsche überbrachte. Das tat ich, aber mehr auch nicht, denn ich spürte diesen Widerstand in mir. Wir hatten noch lange nichts geklärt, doch ich musste mich noch gedulden.

 

Danach nahmen wir unsere Plätze an der Tafel ein und ich war dankbar, dass ich direkt neben meinem Verlobten sitzen konnte. Es kamen die üblichen Reden des Vaters, des Bräutigams und so weiter... es vergingen gefühlte Stunden und ich musste schmunzeln, denn ich hörte immer die gleichen Worte. Plötzlich hörte ich aber meinen eigenen Vater reden, als Lucius über seine Tochter sprach und es brach mir kurz mein Herz. Auch als er Faiths Mutter erwähnte... Diese Verluste taten mir regelrecht körperlich weh, doch ich musste mich zusammen reißen und klammerte mich wieder an Haytham. Auch er hatte diese Trauer in den Augen und wir sahen uns nur an. Wie gerne würde ich ihn jetzt einfach umarmen und mich an seine Schulter lehnen. Das musste aber noch warten.

 

Nach dem Essen und den ganzen Ansprachen ging es feuchtfröhlich weiter. Wobei ich sagen muss, ich hielt mich vorerst zurück, denn der Tag war noch jung. Auch Haytham sprach dem Alkohol nicht zu, im Gegenteil, er lehnte alles Angebotene ab. „Mi amor, du verdurstest noch, wenn du gar nichts trinkst!“ sagte ich nur. „Alex, ich will nicht völlig betrunken sein, ich habe noch Pläne für heute!“ lächelte er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Ohhhh...

 

Danach ging es etwas entspannter weiter, doch ich hatte mich noch immer nicht eingelebt und ich befürchtete, es würde noch Jahrhunderte dauern. Welch ironische Gedanken einem doch manchmal kommen!

 

Haytham tat sein Bestes mich vorzustellen und ich konnte langsam ein Gespür für diese Zeit entwickeln, wie man sich unterhielt, wie man sich bewegte. Lasst euch gesagt sein, es ist schwer!

 

Irgendwann spürte ich einen Blick auf mir, als ich mich umsah, bemerkte ich Faith. Wir beide prosteten uns zu. Auch sie machte jetzt nicht den Eindruck, dass sie umgehend ein tiefer gehendes Gespräch mit mir führen wollen würde! Also unterhielt ich mich weiter mit Jack. Ja, Jack... nichts weiter. Aber ich fand ihn sehr angenehm, schon in der Kirche war mir aufgefallen, dass er sehr aufgeschlossen war. Etwas zurück haltend aber offen und mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht.

 

Im Laufe des Nachmittags machte ich mit so vielen Menschen Bekanntschaft, dass ich nicht mehr durchstieg, wer WER ist. „Haytham, bitte... ich weiß nicht einmal mehr, mit wem ich schon geredet habe und wer es war. Wie soll ich das alles behalten?“ und sah ihn dabei flehend an.

 

„Das musst du auch nicht, lass mich das machen. Du wirst merken, es dauert nicht lange, dann weißt du, wer wohin gehört und wer wie heißt!“ lachte er mich an. Er hatte leichtes Reden, er war daran gewöhnt und kannte sie alle.

Kapitel 31

 

*** Lasst die Feier beginnen! ***



Nachdem ich durch die ganze New Yorker High-Society durch war, ging es zum Abendessen. Doch es war so gemein, es gab die köstlichsten Sachen und ich konnte nichts essen, weil dieses verfluchte Korsett mir im Wege war. Besorgt fragte mich Haytham irgendwann, ob mir etwas auf den Magen geschlagen sei! Ich sah ihn nur frustriert an. „Wonach mein lieber Schatz sieht es denn aus? Dieses verfluchte Korsett hindert mich am Essen, obwohl ich gerne eine Grundlage für den Alkohol hätte!“ gab ich maulig von mir und er musste sich ein Lachen verkneifen.

„Alex, es tut mir leid, aber ich hatte doch keine Ahnung. Dann solltest du aber auch nicht dem...“ ich ließ ihn nicht ausreden. „Ich trinke das, was ich will und wenn ich umfalle, dann ist mir das gerade egal.“ Neben mir saß Christopher, der mir angesäuselt lauthals zustimmte. Und ich musste einfach lachen... Die Templer waren nicht alle so gemein und gegen mich, oder?

Und jetzt kam die Eröffnung des Brautpaares. Der Hochzeitstanz. Gebannt sah ich den beiden zu, denn es war wirklich anders als bei uns. Alle Gäste hielten sich zurück und sahen nur zu. Und wieder konnte ich kaum an mich halten und hielt meinen Verlobten fest, welcher mich besorgt ansah, doch ich schüttelte nur meinen Kopf und lächelte.

Danach ging es zu wie in einem Taubenschlag. Master Williams hatte natürlich das Privileg mit seiner Tochter, neben dem Bräutigam, als erstes zu tanzen. Und so ging es weiter. Haytham übergab mich an Shay, dann an Faiths Vater und natürlich noch einige andere Herren, die mich aufforderten. Es war ehrlich gesagt sehr anstrengend, auch weil ich immerzu lächeln musste.

Bei Master Williams hatte ich jedoch eher den Eindruck, er würde mich beobachten und versuchen mich einzuschätzen. Das war mir eigentlich klar, denn ich wusste, dass Faith erzählt hatte, woher ich kam.

Plötzlich kam eine junge Frau auf uns zu und funkelte mich mit leicht wässrigen Augen an. „Ach, ihr seid also dieses Weib, welches mir meine Begleitung abspenstig gemacht hat! Was fällt euch ein, einfach so hierher zu kommen und euch einzumischen. Ihr habt kein Recht dazu!“ Ich sah auf diesen Blondschopf nieder und mir fiel ein, dass Lady Melanie ja eigentlich eine Begleitung für Haytham angedacht hatte. War DAS etwa Sophia? Jetzt sah sie zu Haytham und ihr Blick zog ihn regelrecht aus! Wütend stellte ich mich dazwischen. „Miss Sophia ich muss doch wohl sehr bitten. Sucht euch einen geeigneten Gatten und lasst uns ins Ruhe!“ immer noch wütend sah sie von mir zu Haytham, so als suche sie nach seiner Bestätigung, SIE hätte ein Anrecht!

Haytham in seiner gut erzogenen Art, versuchte das Ganze zu schlichten. „Miss Sophia, ich bitte euch. Ihr wisst, dass ich verlobt bin. Auch wenn ich das eher kurzfristig erklärt habe. Doch seid ehrlich zu euch selbst. Wir kennen uns nicht und ich bin euch keinerlei Rechenschaft schuldig. Wendet euch an Lady Melanie, sie wird euch alles erklären können!“ Mit diesen Worten wandte er sich von ihr ab und ging demonstrativ außer Reichweite. „Die Frauen lieben dich, Haytham! Was soll ich denn bitte davon halten?“ grinste ich ihn an.

„Auch wenn es sich überheblich anhört, ich musste schon so einigen heiratswütigen Damen den Laufpass geben, denn es hört nicht auf!“ lachte er mich an. „Und ja... ich bin dir treu! Ich habe schon bemerkt, dass du diesen Gedanken hattest! Glaub mir, ich will niemand anderen an meiner Seite, geschweige denn in meinem Bett! Ich will dich! Nichts anderes!“ und damit lehnte ich an seiner Schulter. „Mi amor, ich brauche frische Luft.“ und wandte mich von ihm ab, doch er hielt mich fest und ging mit mir hinaus. Im Garten war mittlerweile eine gewisse Kühle und ich genoss diese frische Luft. Es war kein riesiger Bereich, aber er beherbergte einen Pavillon in der Mitte und diesen steuerte ich zielstrebig an. Haytham folgte mir einfach ohne zu fragen.

Als wir dort endlich kurz ungestört waren, musste ich tief durchatmen und schmiegte mich an ihn. „Was ist los, Alex? Geht es dir nicht gut, oder … habe ich etwas übersehen...?“ Seine Stimme klang ein wenig verzweifelt. Kein Wunder, woher sollte er auch wissen, wie ich mich gerade fühlte. Für ihn war das alles vermutlich normal. „Haytham, es ist einfach anstrengend für mich und mir tun die Füße weh. Diese Schuhe sind einfach unfassbar unbequem und das Korsett auch... Ich mag es zwar, eine schmale Taille zu haben, doch dieses Folterinstrument ist einfach die Hölle auf Erden!“

„Dann sollte ich dich lieber schnell davon befreien und dir … meine Hölle zeigen?“ fragte mich Haytham mit diesem begierlichen Ton in der Stimme. „Master Kenway, alles ist mir gerade lieber, als noch eine Sekunde in diesem Gefängnis zu stecken!“ und ich schlang meine Arme um seinen Hals!

„Nicht so schnell! Wir müssen uns noch verabschieden und... mit Anstand diese Hochzeit verlassen, vergiss nicht, ich bin immerhin Shays Großmeister und muss die Etikette wahren.“ Verdamm doch diese blöde Etikette...

„Wenn du meinst! Aber können wir dann gehen?“ lächelte ich Haytham an und erntete dunkle graue Augen und ich wusste, das wir dann definitiv gehen würden!

Als wir in die Villa zurück gingen war die Feier im vollen Gange, doch von Shay und Faith war keine Spur mehr zu sehen. Ich konnte mir schon denken, dass sie ähnliche Gedanken wie mein Verlobter und ich hatten. Von daher verabschiedeten wir uns nur von Master Williams, welcher mich immer noch seltsam ansah und von Lady Melanie. Jack fand ich gerade ebenfalls nirgends und auch Christopher war nicht auszumachen.

Die Kutsche wartete schon und wir stiegen ein und mit einem Mal fiel alle Anspannung von mir ab und ich verfiel in eine euphorische Stimmung. Ich hatte kaum etwas getrunken, fühlte mich aber so und Haytham sah mich grinsend an. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist betrunken!“

„Nein, mi amor. Aber ich habe meinen ersten offiziellen Abend mit dir hinter mich gebracht. Das ist doch eine kleine Anerkennung wert oder nicht?“ fragte ich nur und sah ihn erwartungsvoll an!

„Alex, du hast es ohne Fehler gemeistert und ich bin stolz auf dich, auf meine Verlobte!“ mit diesen Worten umschlangen mich seine Arme und ich fühlte nur noch diese Ruhe und Geborgenheit. Gegen Mitternacht kamen wir im Fort George an und ich war einfach nur noch müde und wollte schlafen.

Mrs. Wallace war immer noch wach und da beschloss ich sie zu fragen, warum sie denn jetzt immer noch wach sei. „Aber Mrs. Frederickson, was ist das für eine Frage? Natürlich warte ich, bis ihr und der Hausherr wieder zugegen seid. Erst dann kann ich mich zurückziehen.“ Das kam so selbstverständlich, dass ich Haytham fragend ansah. „Alex, es ist einfach so. Das solltest du doch selber noch wissen, oder nicht?“ und er grinste mich an.

Natürlich, man hatte zu warten, bis die Herrschaften wieder zuhause waren. Und wieder eine neue Lektion! „Sybill, aber wir brauchen nichts mehr. Ich wünsche euch eine gute Nacht.“

Haythams Blick sprach Bände. Anerkennung, Verständnis und … war es Stolz? Ich musste noch so einiges lernen, ich musste vor allem damit klar kommen, dass es Angestellte gab, die mir meine Arbeit einfach abnahmen. Arbeit die für mich meinen Alltag bedeutete.

Als wir im Schlafzimmer waren und er mir aus dem Kleid half, sah er über meine Schulter in den Spiegel zu mir. „Alex, warum fällt es dir so schwer, zuzulassen, dass es Menschen gibt, die dir doch nur das Leben erleichtern wollen? Es ist doch nichts verwerfliches daran, oder? Sie werden ordentlich bezahlt und haben ihre freien Tage. Ich habe mit dem Personal ein stillschweigendes Abkommen, zum Beispiel wer krank ist, ist halt krank. Ich bin kein Unmensch.“

„Das weiß ich Haytham. Doch... es fällt mir schwer und ich brauche Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Normalerweise mache ich alles alleine. Abwasch, Wäsche, Kochen, Aufräumen, Kindererziehung... ich bin mein eigener Chef wenn du es so willst. Ich kenne es nicht anders.“ Und genau jetzt schoss mir das Bild von meinem Sohn in den Kopf und ich ließ mich auf das Bett sinken.

„Yannick, nicht wahr? Er kann sich glücklich schätzen, so eine Mutter zu haben. Eine Mutter die sich für ihn aufopfert und alles gibt. Alex, ich habe gesehen, wie du von jetzt auf gleich in deine Rolle als Mutter gerätst. Ich verstehe dich, aber lass los und lass etwas anderes zu.“

Das sagst du so einfach!

Kapitel 32

 

*** Ich und mein schlechtes Gewissen! ***



Er redete weiter auf mich ein, doch ich hatte kaum Gegenargumente. Wer würde alles alleine machen wollen, wenn er doch die Möglichkeit hätte, andere für sich arbeiten zu lassen? Doch DAS war der Punkt. Es fiel mir schwer und mein schlechtes Gewissen und auch meine moralischen Ansichten hinderten mich daran!

Mir wurde von jeher eingetrichtert, mach deinen Kram alleine, dann kannst du auch niemanden beschuldigen, etwas falsch gemacht zu haben.

„Alex, sieh mich an. Du bist schon wieder zu weit weg!“ hörte ich Haythams Stimme aus weiter Ferne.

„Ich weiß, doch... ich brauche Zeit, ich brauche Hilfe beim Hilfe-zulassen!“ ich fühlte mich gerade einfach völlig unverstanden. Ich konnte es nicht zulassen. Auf der einen Seite, waren Diener sicher hilfreich und oft in meinem Alltag wünschte ich sie mir. Doch jetzt, wo ich sie hatte, war es einfach ein Unding. Ich fühlte mich schuldig!

„Lass mir Zeit, ja?“ fragte ich meinen Templer nur! „Natürlich, auch wenn es MIR schwerfällt, denn … ich kenne es ja nicht anders!“

„Haytham, darf ich dich etwas fragen? Bezüglich deiner Kindermädchen und ich weiß um die Geschichte mit Digweed und Betty, wenn du es wissen willst. Aber war es für dich nicht seltsam oder eigenartig, dass deine Eltern sich nicht direkt um dich gekümmert haben? Versteh mich bitte nicht falsch, aber das frage ich mich schon seit langem.“ Jetzt sah mich Haytham mehr als erstaunt an.

„Das ist eine Selbstverständlichkeit. Denn Vater und Mutter hatten entsprechende Verpflichtungen...“ doch er hielt inne. Ich wusste, dass er sich selber fragte, WAS sie zu tun gehabt haben, wenn ihnen doch alles abgenommen wurde. Edward, das war ein wenig anders, er hatte geschäftliche Dinge zu klären und war oft außer Haus. Aber seine Mutter war anwesend. WAS hatte sie zu tun?

„Ich verstehe, worauf du hinaus willst. Wenn ich ehrlich sein soll, ich weiß nicht was meine Mutter für Aufgaben hatte. Es war einfach... es war einfach so!“ meinte er etwas frustriert.

„Mi amor, ich wollte dich nicht ärgern. Aber genau das ist es doch. Warum soll ich mir Arbeiten abnehmen lassen, wenn ich doch Zeit dazu hätte. Und ich kann dir versichern, dass ich es genossen habe, Yannick aufwachsen zu sehen. Ich fand jeden Moment mit ihm großartig und konnte sehen, wie er mit jedem Tag wuchs und sich entwickelte. Und ich weiß, Tessa war genauso!“

Skeptisch sah er mich jetzt an und meinte nur „Es hört sich aber so an, als würdest du meine Erziehung in Frage stellen!“

„Nein, das meinte ich damit nicht, aber... Haytham... ich bin keine Angestellten oder Diener gewöhnt. Es ist mir unangenehm! Ich gebe ungerne meine Arbeiten ab, ich mache lieber selber Fehler!“ meinte ich lächelnd! „Deine Erziehung hat damit nichts zu tun... auch wenn ich … Bei Odin... du warst halt einfach verwöhnt … und hast mich zur Weißglut getrieben!“ ich sah auf meine Hände, plötzlich wusste ich nicht, wie ich weitermachen sollte.

„Weißt du, das ist das seltsame gerade. Ich weiß, dass du mich schon so lange kennst und es fühlt sich auch so an. Aber ich kann mich nicht daran erinnern. Ich würde mich aber gerne erinnern und wissen, was damals war.“ seine Augen waren wieder in diesem warmen grau und sahen mich flehend an.

„Aber was soll ich denn machen, ich kann dich schlecht in deine Vergangenheit schicken, oder?“ Und mir wurde wieder bewusst, dass ich es durchaus könnte. Es war aber einfach keine Option, es würde vermutlich Überschneidungen geben und wer weiß, was dann noch alles passiert.

„Haytham, vertrau mir einfach. Deine Erinnerung wird sicherlich zurückkommen. Da bin ich von überzeugt. Auf der anderen Seite, du musst dich ja nicht an mich erinnern, irgendwie... wäre es schon eine seltsame Konstellation dann, oder? Ich bin zwar immer noch älter als du, aber...“

„Du bist ETWAS älter als ich... aber ich ziehe daraus meine Vorteile, vergiss das nicht.“ Damit beendete er das Thema und es war mir durchaus recht! Sein Blick hatte diesen lüsternen dunkel-grauen Ton angenommen der mir sagte, dass ich mich lieber jetzt wappnen sollte.

„Haytham... was hast du vor?“ fragte ich etwas erschrocken, sein Blick nahm plötzlich einen drohenden Ausdruck an. Doch mein Verlobter verlor keine Worte mehr und nahm sich, was er für sich beanspruchte und ich gab ihm, was seins war.

Alles, was sich in den letzten Stunden aufgestaut hatte, ließ ich raus und auch Haytham ließ diesen unterdrückten Gefühle jetzt freien Lauf. Es war wieder eine Erleichterung und ich war mir wieder sicher, dass es richtig war, wenn ich ganz hierher reiste. Mit allen Konsequenzen!

Der nächste Morgen war regenverhangen und düster und ich hatte keine Lust mich aus diesem Nest zu befreien. Seine Arme lagen wie Schraubzwingen um mich, aber er rührte sich nicht. Ich sah ein wenig auf und konnte sehen, dass er wirklich schlief. Aber er hatte doch sonst immer einen so leichten Schlaf. Auf einmal machte ich mir Sorgen, dass ich eventuell dafür verantwortlich sein könnte, dass man Haytham jetzt einfach so im Schlaf... doch ich wollte nicht weiter daran denken und schüttelte mich.

„Mi sol... ist dir kalt?“ kam es von meinem Verlobten und ich hob erstaunt meinen Kopf. „Es ist alles in Ordnung, doch ich hatte nur... also... ach verdammt...!“ ein Klaps auf meinen Hintern und er meinte nur. „Deine lose Zunge... zügel sie!“ ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Doch seine Augen waren immer noch geschlossen.

„Es ist zu früh für Belehrungen, mi amor. Lass mich noch ein wenig schlafen!“ gab ich nur von mir in der Hoffnung, dass ich noch ein paar Minuten diesem dunklen Tag entkommen konnte. Doch Haytham war wach und dachte nicht daran mich schlafen zu lassen.

„Zu früh, hmmm? Wer hat mich denn geweckt... ? Jetzt bin ich wach und...“ Doch Haytham zog mich nur zu sich hinüber und ich saß auf seinem Schoß. Verschlafene graue Augen sahen mich an. „Ich habe dich geweckt und ich wollte es eigentlich nicht... wie kann ich das nur wieder gut machen?“ fragte ich lasziv.

„Ganz einfach... lass mich dich genießen!“ mehr musste er nicht sagen und ich versank wieder in diesen Augen, in seinen Bewegungen und seiner Stimme. Es war einfach... Drück diesen Knopf und die Automatik läuft! Er war schon fast toxisch, doch ich wollte es so. Ich wollte ihn haben und ich dachte in diesen Momenten nicht wirklich an spätere Ereignisse. Auch Haytham war in diesen Momenten wie losgelöst, es gab nur uns beide. Nichts würde sich zwischen uns stellen!

Und es dauerte mal wieder nur einen Moment und ich lag keuchend an seiner Brust, er wusste genau, welche Wirkung er auf mich hat und ich hasste ihn dafür! Aber auch wieder nicht, eigentlich... wollte ich es ja genauso, oder?

Heute hätten wir noch unsere Ruhe, naja, ICH hätte noch meine Ruhe. Morgen steht mein Schlagabtausch mit Faith an...

„Alex, warum grinst du so?“ fragte mich Haytham. Und erst jetzt bemerkte ich, dass ich wirklich grinste.

„Ähm... ich dachte gerade an morgen, ich dachte an den Kampf mit deiner kleinen Schwester!“ lächelte ich auf ihn herab.

„Nein, könnt ihr das nicht einfach anders klären? Muss es...“ ich fuhr ihm über den Mund.

„JA, es muss sein, sonst wirst du die nächsten Jahrhunderte heimgesucht werden, Master Kenway!“ lachte ich plötzlich, denn der Gedanke war einfach lustig.

„DAS will ich natürlich nicht, also... runter mit dir und wir sehen, dass du eine ordentliche Montur bekommst!“ Seine Hände umfassten meinen Hintern und wollten mich herunterheben.

„Was? Nein... ich habe eine und... noch brauche ich sie!“ und damit gab ich ihm einen Kuss, der keine Widerworte gelten ließ. Was soll ich sagen... Auch die nächsten Stunden gehörten uns!

Kapitel 33

 

*** Und noch einmal trainieren ***
 


Doch Haytham bestand darauf, dass er mich, was das Schwerttraining angeht, unterweisen sollte. Bis morgen, dem 19. Mai hatte ich noch Zeit. Doch ich verstand nicht, warum er unbedingt wollte, dass ich mich noch vorbereitete. Denn ich wusste, was ich konnte und verließ mich innerlich auf Edward.

Du bist sehr zuversichtlich, Mrs. Frederickson. Doch ein bisschen mehr körperliche Stärke kann nicht schaden! Hörte ich Edwards Stimme plötzlich. Ja, schönen Dank auch.

„Da seid ihr euch wieder einig, na toll!“ gab ich maulend von mir.

Ein Lachen seitens Haytham war alles was ich brauchte, um mich in Angriffslaune zu versetzen. „Du willst wirklich noch einmal mit mir trainieren? Bist du dir sicher?“ fragte ich meinen Verlobten!

„Ich will dich nicht herausfordern, ich will dir zeigen, wie du besser werden kannst!“ kam es versöhnlich von ihm.

Etwas skeptisch sah ich Haytham an. „Wenn du meinst, aber denke daran, dass ich morgen antreten muss. Ich kann keine Blessuren oder so gebrauchen und ich kenne dich, du nimmst nur bedingt Rücksicht, Haytham... ich weiß es!“ zwinkerte ich ihm zu. Leider wusste ich, dass er, einmal in Kampflaune, nicht zurückweicht.

Also war der Exerzierplatz in der Garnison unser Treffpunkt mal wieder. Dort angekommen griff er mich ohne Vorwarnung an. Seine Schläge prasselten auf mich nieder und ich musste mich verteidigen.

Edward war aber nicht mit von der Partie. Ich spürte ihn nicht... sondern fühlte einfach nur mein eigenes Mantra und dieses ließ ich an Haytham aus. Ich schlug zu und konnte so gut wie alles kontern und parieren. Einige wenige Male traf mich ein Schlag, aber es war auszuhalten.

Als wir uns beide atemlos gegenüber standen, sah mich Haytham einfach nur bewundernd an. „Was bitte hat sich verändert, ich habe das Gefühl, als wärest du plötzlich die Person mit der Erfahrung!“

„Woher soll ich das wissen, es geht einfach wie von selber, je mehr Zeit ich mit dem Schwert verbringe, desto mehr verinnerliche ich seine Stärke!“ Ich war selber verwundert und sah auf mein Schwert.

Ein Glucksen kam von Haytham, denn er nahm wie ich auch, die Gegenwart von Edward war. „Haytham, du weißt was ich dir beigebracht habe. Genauso mache ich es jetzt bei Alex. DU kannst mein Werk ein großes Stück fortsetzen und IHR könnt euch helfen. Also tut es auch!“ kam es in einem Befehlston von Edward. Haytham zuckte zusammen, doch ich stand nur da und sah auf diese Silhouette von Edward. Haytham sah eigentlich
nicht anders aus, wenn ich es recht bedachte und ich verfluchte mich für einen Vergleich, der überhaupt nicht angemessen ist. Doch was sollte ich machen... meine Gedanken und Gefühle fuhren mal wieder Achterbahn und keiner gebot ihnen Einhalt!

Dieser „Kampf“ würde definitiv anders verlaufen, ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass ich nicht auf meine Edward-Fähigkeiten bauen konnte. Dieser unterstützte gerade auch noch seinen Sohn.

Das wurde immer besser. Es war ein Schlagabtausch, welcher mich an den Rand meiner Möglichkeiten brachte. Doch ich fühlte mich besser, je länger ich kämpfte und ich hatte dieses Hochgefühl, von einem Sieg in mir. Doch Haytham konterte und parierte, genau wie ich auch. Und immer wieder griff Edward ein und ermahnte uns mit einigen Hinweisen. Und immer mehr wurde mir klar, was er eigentlich bezweckte. Genauso konnte ich zukünftige Kämpfe angehen. Ich musste ihm nur zuhören.

Doch in einem Moment von Unachtsamkeit, rammte mir Haytham mal wieder seine Rückhand unter das Kinn. Dieses mal jedoch biss ich mir böse auf die Zunge und musste unterbrechen, denn es tat höllisch weh. Von beiden Herren kam freundlicherweise wenigstens eine leise Entschuldigung.

Als ich wieder durchatmen konnte, sah ich zu meinem Templer, in der Hoffnung, er würde jetzt auch aufgeben. Doch weit gefehlt. Er hielt das Schwert weiter in der Hand. Also machte auch ich weiter. Eine neue innere Stärke ließ mich meine neuen Fähigkeiten erproben. Die Angst, dass ich morgen kaum aus dem Bett kam, weil mir alle Knochen weh taten, verdrängte ich. Vorerst.

Dieser späte Vormittag ging also komplett für das Training drauf und als wir zu Mittag aßen, hatte ich das Gefühl, dass meine Knochen in Einzelteile zerlegt worden waren. Haytham hatte so gut wie keine Rücksicht mehr genommen. Doch wie sollte ich so morgen antreten. Ich bezweifelte, dass Shay Faith genauso hart rannahm, geschweige denn überhaupt mit ihr trainierte.

Doch nach dem Essen verabreichte mir Haytham ein Bad und eine Massage... eine Wohltat und ich genoss es einfach. Meine Muskeln entspannten sich etwas und ich konnte wieder durchatmen.

Am späten Nachmittag erschienen dann unangemeldet Master Pitcairn und seine Frau. Ich hatte leider nur wenig Zeit, die beiden auf der Hochzeit von Faith und Shay kennen zu lernen. Doch als sie hier erschienen war ich durchaus dankbar. Sie brachten Haytham und mich auf andere Gedanken. Und so verging dieser Tag ruhig. Warum ich Schotten mochte, kann ich nicht sagen! Es war diese Art, wie sie sich gaben und sie waren meiner Art und Weise nicht unähnlich. Auch wenn man immer die Jahrhunderte dazwischen hatte. Ich war halt ein Nord... den Dänen nicht unähnlich.. aber ich behielt meine Gedanken bezüglich von König Alfred zurück.

Also ließ ich Mrs. Pitcairn erzählen und hörte ihr zu... auch wenn es nur mit halbem Ohr war. Aber sie erklärte mir die Zusammenhänge, oder wer mit wem verwandt war. Herr Gott, das waren ja riesige Sippen... jeder kannte jeden und die Kinder wurden einfach unter einander versprochen. Jetzt verstand ich auch Faiths Angst, dass July davon betroffen sein könnte OHNE ihr Wissen. Ich würde vermutlich Amok laufen, DAS würde niemand bei meiner Tochter wagen. Doch ich hatte keine und bei meinem Sohn würde ich ein Auge drauf haben.

Es war durchaus interessant, zu erfahren, wer hinter diesem Mann steckt, der so vieles erreicht hat. Ich kannte ihn ja nur aus den Geschichtsbüchern, auch wenn ich nicht so wahnsinnig viel mit der amerikanischen Geschichte zu tun habe.

Mrs. Pitcairn fragte mich nach meinen Kindern und als ich ihr von meinem Sohn berichtete, sah sie sich fragend um. „Nein, er ist nicht mitgekommen. Er hat andere Verpflichtungen und für eine so lange Reise, wollte ich ihn nicht beurlauben lassen!“ gab ich ehrlich zur Antwort.

„Das ist besonders wichtig, dass man seinen Kindern beibringt, seine Verpflichtungen einzuhalten. Ihr habt gut daran getan, so lernt euer Sohn ein gutes Verhalten, welches ihm später sicher hilfreich sein wird.“ sagte sie anerkennend. Also ist meine Erziehung nicht völlig daneben, dachte ich grinsend.

Kapitel 34

 

*** Ein paar Gedanken vor dem Kampf ***



Als es schon fast dunkel war, gab es das Abendessen, doch ich hatte irgendwie nicht so richtig Hunger. Ich grübelte über den morgigen Tag nach und ich sah, dass Haytham mich fragend betrachtete.

„Alex, was ist los? Du denkst über morgen nach, hab ich recht?“ fragte er jetzt einfach.

„Ja, das tue ich. Ich habe keine Angst oder so, falls du das glaubst. Ich bin aber ein bisschen nervös. Und ich hoffe, ich komme morgen so aus dem Bett. Mir tut noch alles weh!“ lächelte ich meinen Verlobten an.

„Aber dafür hast du wieder etwas gelernt, sieh es doch mal so rum!“ meinte Haytham grinsend.

„Haytham, kann ich dich etwas fragen?“ etwas vorsichtig wollte ich mich an eine Vermutung herantasten. Mir war nämlich Faiths Veränderung an ihrem Äußeren aufgefallen.

„Das klingt jetzt bedrohlich, habe ich etwas vergessen oder falsch gemacht?“ und da sprich noch einer von meinem schlechten Gewissen.

„Nein, mi amor. Du hast nichts falsch gemacht. Es... also... mir ist aufgefallen, dass Faith plötzlich diese blonden schulterlangen Haare hat. Ich mochte nicht direkt fragen, da dachte ich, du wüsstest etwas darüber.“ fragend sah ich ihn an und er seufzte tief. Oh verdammt, was hatte ich denn jetzt los getreten?

„Es waren grauenvolle Monate, mi sol. Du kannst es dir nicht vorstellen.“ Haytham stützte sein Gesicht in seine Hände. Bei Odin... in diesem Moment wollte ich gar nicht mehr wissen, was passiert war.

„Als du ganz zurück in deiner Zeit warst, hatte man July entführt. Wir konnten sie aber ausfindig machen und als Austausch für sie hat sich Faith dann diesem Charles Campbell angeboten! Es war, als hätte sie ihr Todesurteil unterschrieben und wir setzten alles daran sie zu finden und zurück zuholen. WAS man ihr in der Zeit alles angetan hat, vermag ich nicht zu sagen und ich möchte es mir auch nicht vorstellen!“ traurig sah er mich an und ich konnte nachvollziehen, wie er sich gerade fühlte. Aber er erzählte weiter.

„Irgendwie konnte sie sich befreien und es war ehrlich gesagt ein völliges Durcheinander. Genau bekomme ich es auch nicht mehr zusammen. Faith tauchte dann auf der Gerfaut auf! Auf jeden Fall hatten wir dann den Chevalier zur Strecke bringen können und konnten so zumindest an das Manuskript gelangen. Als Faith dann wieder bei uns war, war sie wie ausgewechselt. Es war einfach schrecklich.“ er nahm meine Hand. „Ich möchte so etwas nie mit dir durchleben müssen, mi sol!“ Haytham küsste meinen Handrücken.

„Das wirst du auch nicht! Und danke, dass du mir das erzählt hast. Einzelheiten sind, denke ich, auch ziemlich unnötig und ich werde auch Faith nicht damit belasten, wenn sie nicht von alleine damit anfängt.“ ich atmete schwer durch, denn ich konnte es mir regelrecht vorstellen. Auch wenn ich diesen Campbell nicht kannte, laut der Beschreibung war er nicht gerade einer der nettesten Menschen!

Plötzlich hatte ich Angst, dass mir in meiner Zeit ähnliches passieren könnte und ich dann keinerlei Möglichkeit hätte, Haytham wissen zu lassen, was los ist. Was ist denn dann? Was passierte, wenn ich sterben sollte, noch bevor ich hierher zurück kam? Wenn ich keine Einigung mit den Templern erzielte, sondern in ihre Schussbahn gelangte? Ein grauenhafter Gedanke, weil er von nichts wüsste. Oder würde Yannick so weit denken und ihn unterrichten?

An so ein Szenario hatte ich noch gar nicht gedacht, es machte mir Angst und dann schlug das fehlerhafte geschlossene Buch zu. „Alex, sollte dir in deiner Zeit etwas zustoßen, dann gehe ich davon aus, dass mich dein Sohn sicherlich in Kenntnis setzen wird. Darüber solltest du dir nicht den Kopf zerbrechen und ich bin zuversichtlich, dass nichts dergleichen passieren wird!“

Ich sah ihn gedankenverloren weiter an, sein Optimismus könnte für uns beide reichen. Aber in diesem Moment fehlte mir diese Zuversicht komplett. „Haytham, ich weiß es nicht und ich habe gerade diese Panik. Am liebsten würde ich gar nicht mehr zurückgehen, sondern gleich hier bleiben. Denn ich hatte wirklich noch nie DARÜBER nachgedacht! Ich bin einfach zu blöd für so etwas!“ und ich brach in Tränen aus!

Seine Arme legten sich um mich und beruhigend redete er auf mich ein. „Nein, du bist ganz und gar nicht zu … blöd... dazu! Was ist das überhaupt für ein Wort? Du hast einfach zu viel zu bedenken und musst sehr, sehr weit im Voraus planen, da kann es doch passieren, dass du etwas vergisst. Wir sind alles nur Menschen und können nicht alles überblicken und an alles denken!“ ein Kuss auf meine Stirn und er sah mich an. „Oder hast du noch Zweifel, ob es die richtige Entscheidung sein wird?“ fragte er etwas ängstlich.

Mir klappte der Mund auf. „Was? Nein, wie kommst du denn darauf? Meine Entscheidung, dass ich mein altes Leben aufgeben werde und zu dir kommen werde, steht fest und sie ist nicht falsch. Da gibt es nichts zum dran zweifeln. Es sind nur... so viele Dinge, die mir, jetzt, wo es halt auch konkreter wird, durch den Kopf gehen. Und wenn ich ehrlich bin, wäre es mir lieber, ich hätte schon alles erledigt!“ ich lächelte meinen Templer zuversichtlich an, es tat gut, dass ich so offen mit ihm über meine Angst sprechen konnte.

Als ich aufstand, spürte ich, wie mir dann doch einige Muskelpartien weh taten. „Danke, Master Kenway, ich glaube, ich kann morgen dann wohl nicht laufen! Es sei denn, ihr tragt mich und haltet mein Schwert für mich!“ grinste ich ihn an, aber ich hatte tatsächlich so etwas wie Muskelkater.

Er stand auf und kam auf mich zu, hob mich hoch und trug mich nach draußen. Haytham platzierte mich auf der Außenmauer mit den Worten „Bleib sitzen, beweg dich nicht, ich hole den Wein!“ und verschwand in der Küche und kurz darauf kam er mit zwei Gläsern und der Flasche wieder hinaus.

Ich hatte mich wirklich nicht bewegt, weil ich das Gefühl hatte, dass meine Muskeln und Sehnen reißen würden. Grinsend sah mich mein Verlobter an. „Gehe ich also recht in der Annahme, dass ich dich heute Nacht nicht mehr unterweisen kann und dir einige Lektionen näher bringen kann?“ War das Schadenfreude auf seiner Stimme? Weil ich zusätzlich ein leises Prusten hörte.

Meine flache Hand landete auf seinem Oberschenkel. „Das ist nicht fair, ich kann nichts dafür, dass mir gerade alles weht tut. DU hast damit angefangen!“ und in mir stieg ein klein wenig die Kampfeslust wieder und ich sah meinen Verlobten nur herausfordernd an. „Ohhh nein, du brauchst deinen Schlaf und ich werde mich hüten, deinen Zorn morgen zu spüren zu bekommen, weil du nicht schlafen konntest und dir noch alles wehtut. Ich bin nicht Lebensmüde, mi sol!“ Also nahm er mich nur in den Arm und wir saßen noch eine Weile hier. Es war einfach so friedlich und ich wünschte mir mal wieder, es würde so bleiben!

Kapitel 35

 

*** Jetzt werden die Fronten geklärt ***
 

Teil 1



Der nächste Morgen war wie erwartet, leicht schmerzerfüllt. Es waren aber nicht meine Muskeln, sondern mein Hinterteil. Erst hatte mein Verlobter mich in den Genuss einer weiteren Massage kommen lassen, welche in einer doch etwas ausführlicheren Lektion hinsichtlich meines Benehmens ihm gegenüber endete. Dabei hatte ich nichts schlimmes getan, außer ihn darauf hingewiesen, dass er doch bitte mehr Körpereinsatz bei der Massage zeigen könne.

Als ich erwachte, war er schon auf den Beinen und sogar schon rasiert. Sein Kammerdiener wuselte schon um ihn herum. Und ich lag wie Gott mich schuf im Bett und nur dürftig mit der Decke über mir. Danke! Ich zog sie weiter hoch und funkelte Haytham wütend an. Doch ich bekam nur ein Grinsen zurück. Das würde für IHN noch ein Nachspiel haben, das schwöre ich! Nachdem wir wieder alleine waren, stieg ich ohne ein Wort aus dem Bett und erntete einen anerkennenden Blick und ein „Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht!“

Ich schlug die Tür zum Ankleidezimmer einfach zu und machte mich fertig. Erstaunlicherweise hatte sich der Muskelkater etwas gelegt, nur mein Kiefer tat mir noch weh und wies den einen oder anderen blauen Fleck auf. Bei Odin, ich sah wirklich aus, als wäre ich verprügelt worden. Wer weiß, wie ich nachher aussehen würde, aber der Gedanke machte mir keine Angst, eher im Gegenteil, ich wurde immer neugieriger.

In meinem Ornat erschien ich wieder im Schlafzimmer und Haythams Blick sagte schon wieder alles. „Sollten wir nicht doch nach einer anderen Montur suchen, mi sol?“ fragte er genervt. „Nein, ich denke nicht. Denn hiermit fühle ich mich wohl und weiß, wie ich damit kämpfen kann. Später können wir das gerne in Angriff nehmen, Haytham.“ ein resigniertes Seufzen von ihm und wir gingen hinunter.

Diesen Tag hatte ich ehrlich gesagt herbeigesehnt! Ich brannte regelrecht darauf und wusste, dass Faith ebenso darauf wartete. Warum auch nicht? Denn es gab da einfach diesen gewissen Machtkampf. Wer gewinnt war noch nicht mal entscheidend. Ich wollte mich beweisen, auch wenn ich aus einer anderen Zeit komme, bin ich weder dumm, noch unfähig!

DAS würde ich ihr jetzt zeigen, ihr großer Bruder wusste es bereits, ihm hatte ich jetzt schon zweimal meine Fähigkeiten zeigen können. Doch das hatte mir nicht unbedingt ihr Wohlwollen eingebracht, Faith war nicht glücklich darüber, dass Haytham fast nicht laufen konnte an ihrer Hochzeit. Doch was konnte ich dafür, dass mein Verlobter auf so einen Kampf aus war?

Also trafen wir uns am späten Vormittag im Fort Arsenal! Seltsamerweise war ich nicht nervös, sondern gelassen und entspannt. Ich ruhte wieder in mir! Als Marge uns hinein bat, kamen dann doch einige Zweifel auf. Doch es war wie so oft bei mir, das ich IN einem Gebäude eine gewisse Angst hatte. Es waren diese Fluchtmöglichkeiten, welche ich nicht hatte.

Dann erschien Faith in ihrer Templermontur mit hoch erhobenen Kopf. Oh, wie passend. Das war wie eine Kriegserklärung für mich, die ich in meinem Meister-Assassinen-Ornat vor ihr stand. Haytham bemerkte die Spannung und versuchte durch eine Handbewegung mich zur Ruhe zu bringen... DAS hilft leider nicht, mein Lieblingstempler, dachte ich nur und funkelte ihn an.

Kurz darauf erschien Shay mit July, doch er übergab Danja seine Tochter und sah mich ebenso herausfordernd an. Der Gedanke, dass ich ihm einen Kampf ebenso schuldig war, kam einfach wie aus heiterem Himmel in meinen Kopf geschossen. Aber dazu später mehr.

Jetzt war es an der Zeit mich mit dieser Schottin auseinander zusetzen! Es ist nicht so, dass ich einen Hass oder Groll gegen sie hatte und wenn dann nur ein ganz kleines bisschen! Es war eher ein Gefühl von wir müssen da mal etwas klären. Es war unter anderem auch eine Art Eifersucht. Sie hatte eine bestimmte Macht über meinen Verlobten, das konnte ich so nicht stehen lassen. Auf der anderen Seite war es einfach ein bisschen Revierabgrenzung! Ganz ehrlich...? Ich wollte dieser Frau einfach zeigen, dass ich nicht so dämlich bin, wie sie mich einschätzte. Leider war sie immer noch der Ansicht, dass ich keine Ahnung von irgendwas habe.

Dazu kam, dass sie mich bestohlen hatte und ich bei der Inventur damals rechtfertigen musste, warum diese Spritzen UND diverse Medikamente abhanden gekommen sind. Danke Faith, du blöde Kuh. Du weißt gar nicht, wie teuer das für mich war... Es waren locker einige tausend Euro! DAS hielt ich mir jetzt wieder vor Augen! Soviel zum Thema, dass man jemanden für dumm und unfähig hält. Das beruhte gerade auf Gegenseitigkeit!

Also standen wir uns, kurz nach der frostigen Begrüßung, in der morgendlichen Sonne auf dem Innenhof vom Fort Arsenal gegenüber! Weder sie noch ich sagten ein Wort. Wir standen uns nur gegenüber. Plötzlich fühlte ich wieder diese Gegenwart von Edward. „Lass sie anfangen, du wirst dann deine Chance haben. Beobachte sie einfach erstmal. Glaub mir, sie wird anfangen.“ Und wieder hatte ich das beunruhigende Gefühl, dass mir jemand in den Körper fuhr. Doch es war nicht unangenehm. Es war reine Gewohnheit?

Für einen kurzen Moment nahm ich Faiths erstaunten Ausdruck war. Sah man, dass Edward mich leitete? Ich hatte nie darüber nachgedacht, ich ging davon aus, dass das alles in meinem Kopf von statten ging. Aber wir hatten ihn ja schemenhaft schon einmal gesehen. Vorsichtig drehte ich mich um, um nachzusehen. Und tatsächlich! Eine neblige Gestalt hatte sich zwischen Haytham und Shay begeben!

Faith ging in Kampfstellung, aber noch griff sie nicht an. Ich stand wieder da und schloss meine Augen. Ich spürte sie vor mir, ihre Präsenz, ihren Körper und hatte das Gefühl, als würde sie wie ich, abwarten wollen. Natürlich... so unähnlich waren wir uns nicht. Doch... ich hatte den „Piraten“ Vorteil... „Naaaaaaa... Alex, du denkst immer noch schlecht von uns, oder?“ dröhnte mir Edwards Stimme im Kopf. Und ich konnte nicht anders und musste breit grinsen!

„Worauf wartet ihr eigentlich, Mrs. Cormac? Ich gehe davon aus, dass July bald Hunger haben wird und ihr auch noch andere Verpflichtungen habt, die eure volle Aufmerksamkeit erfordern!“ kam es aus meinem Mund. Doch es war erschreckend, denn es war wie zu der Zeit, als Marie und dieses Wesen in mir waren. Dieses mal war es aber EDWARD der sprach! Und das waren nicht nur SEINE Gedanken, sondern sie trafen meine ebenso. Nur meine Stimme war geblieben!

Ein breites Grinsen erschien auf Faiths Gesicht. „Na, dann mal los, du preußisches Weib. Zeig was du drauf hast!“ Entschuldigt, aber ich hatte Mühe diesen Ausdruck nicht ohne lauthals loszulachen zu übergehen! Ich bin DEUTSCHE du kleine SCHOTTIN! Ok... konzentrieren... Edwards Mantra brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen!

Er sollte Recht behalten, sie griff an und ich konnte tatsächlich parieren. Sie versuchte es es mit schnellen Schlägen, doch ich konnte fast allen in irgendeiner Weise ausweichen und verteidigte mich jetzt erst einmal nur. Ich wollte sehen, wie sie so kämpft, ihre Art kannte ich noch nicht. Als ich für einen Moment nicht richtig bei der Sache war, verpasste sie mir einen Tritt gegen das Schienbein und ich hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, als würde das Bein wegbrechen. Es verflog aber schneller als gedacht und ich fing langsam an, in den Angriff überzugehen.

Die Defensive hatte ich jetzt genug genutzt, jetzt ging ich in die Offensive. Denk an deinen Kampf auf der Templerfregatte, du hast eine Schneise von Verletzten und Toten hinterlassen. Nutze diese Aggressivität in dir wieder! Es war, als stünde ich wieder dort an Deck und schnetzelte mich durch die Horde. Nur war es dieses mal EINE Person, die sich mir in den Weg stellte.

Plötzlich vernahm ich begeisterte Rufe und Anfeuerungen wahr. Doch ich konzentrierte mich weiter auf diese Schottin! Sie war gut, aber das muss ja nichts heißen. Ich brachte einen größeren Abstand zwischen uns, nahm dann Anlauf und sprang ab und trat ihr mit aller Kraft gegen das Brustbein. Ich rollte mich ab und sah sie an. Bei Haytham hatte es nur ein Taumeln bewirkt und dass sein Kampfgeist erwachte. Hier taumelte diese Frau zurück und fiel sehr undamenhaft hintenüber und atmete schwer. Doch ich dachte nicht darüber nach und ging wieder ein Stück zurück und wartete ab.

Und da war er! Der Kampfgeist und eine Aggressivität wie ich sie erwartet hatte. Faith holte zum Gegenschlag aus und ihre Schläge donnerten wieder auf mich hinunter. Es war nicht leicht, aber irgendwie schaffte ich es immer wieder, mich von ihr zurückzuziehen. Ich deutete einen ähnlichen Tritt an, wie gerade schon und sie reagierte in dem sie zurück wich. Doch ich nutzte es, um hinter sie zu gelangen. Ich nahm Anlauf, aber ließ mich dann auf die Knie fallen und schlug mit der Breitseite meines Schwertes gegen ihre Knöchel. Ein wütendes Aufkeuchen und Faiths Angriff wurde noch härter.

Was soll ich sagen, es machte so langsam wirklich Spaß! Doch ich hatte leider einen unbedachten Moment, in dem ich kurz nach Atem rang. Diesen nutzte sie doch tatsächlich aus und verpasste mir mit der Flachen Hand eine gebrochene oder zumindest angeknackste Nase. Ich sah für einen Moment Sternchen und spürte, wie mir das Blut aus der Nase schoss. Du blöde Kuh, ich hatte noch nicht mal die Blessuren meines Kiefers richtig abheilen lassen können.

Jetzt reicht es mir! Hörte ich Edwards Stimme in meinem Inneren meckern und ich agierte wie ferngelenkt! Er stürmte auf die Schottin zu und jetzt war es nur noch Schwert gegen Schwert. Keine von uns beiden wollte aufgeben, warum auch?

„Reicht es jetzt nicht auch mal?“ kam es von meinem Verlobten und Shay stimmte ihm zu. „Es ist doch klar, dass das hier völlig unentschieden bleibt. Wir haben es verstanden! Und jetzt...“ Faith und ich starrten beide gleichzeitig zu unseren Männern und es kam wie abgesprochen einheitlich ein „Das könnte euch so passen! Wir machen weiter!“

Von der anwesenden Mannschaft der Morrigan erhielten wir regen Zuspruch, also machten wir weiter, parieren, kontern... ausweichen und vorpreschen. Deckung nicht vergessen und wieder von vorne. Mittlerweile hatte ich einige blaue Flecken an den Handgelenken und mir schwoll die Nase immer weiter zu und schränkte meine Luftzufuhr ein.

Kapitel 36
 


*** Jetzt werden die Fronten geklärt 2 ***



Plötzlich standen wir beide uns mit gekreuzten Schwertern nur wenige Zentimeter gegenüber und belauerten uns nur noch. Ich sah in ihren Augen, dass sie genau wie ich, überlegte, ob das jetzt bis zum Sankt Nimmerleinstag weitergehen sollte. Unsere Atmung ging schwer und ich fühlte, dass ich dringend etwas kaltes für meine kaputten Knochen im Gesicht brauchte.

Völlig synchron ließen wir unsere Waffen sinken und steckten sie wieder weg. Doch wir blieben immer noch so stehen und sahen uns an. Worte waren gerade völlig unnötig. Wir hatten es geklärt und ich spürte hinter mir meinen Verlobten und hinter Faith trat ihr Mann. „Gehe ich recht in der Annahme, dass dieser Kampf damit jetzt beendet ist und wir...“ fing Shay an, doch Faith ließ ihn nicht ausreden. „Ja, davon kannst du ausgehen! Und ich glaube, wir können jetzt eine gute alkoholische Stärkung vertragen!“ sie sah mich weiterhin an und grinste breit!

„Oh, da hätte ich keine Einwände, aber wenn ich bitte vorher kurz meine Nase richten kann?“ Wie aufs Stichwort spürte ich wieder Edward. Nur tauchte er nicht in dieser nebligen Gestalt bei uns auf, sondern... er war... echt? Also... ihr wisst schon, sein Geist hatte sich manifestiert? Ging so etwas überhaupt? Aber nicht nur ich starrte ihn an und ich konnte nichts sagen!

„Vater? Ich... wie ist das möglich?“ kam es von Haytham und ich fühlte, dass er am ganzen Körper zitterte. Ich nahm seine Hand und wandte mich dem Piraten zu. Er stand in der Assassinenmontur vor uns und lächelte von seinem Sohn zu mir. „Denkt euch einfach, dass es irgendwie funktioniert. Erklärungen gibt es dafür nicht! Haytham, ich bin stolz auf dich. Auch wenn ich mit deiner Entscheidung bezüglich des Ordens nicht einverstanden bin. Aber ich habe mit Reginald einen großen Fehler begangen und hätte ich es eher gewusst...“

Da musste ich einhaken! „Du hast es eher gewusst. Denn wir haben alle versucht, dir die Zusammenhänge zu erklären! Ich bin aber der Meinung, dass dieses Thema jetzt nicht hierher gehört und ich mich auch nicht schon wieder mit dir streiten will!“ Es mag sich lächerlich anhören, aber ich musste ihn anstupsen. Ich wollte wissen, ob er wirklich ECHT ist und … er war es. Edward sah auf meinen Finger und dann in meine Augen. Mit einem Schwung nahm er mich in den Arm! „Ich bin echt, glaubst du mir jetzt?“ lachte er über meine Schulter in Richtung der anderen.

Erst jetzt realisierten wir, dass die halbe Mannschaft der Morrigan hier noch anwesend war und gebannt zusah, was für ein Schauspiel sich gerade auftat. Es war Shay, der Anweisung gab, dass sie sich bitte zurückziehen sollten, es gäbe keinen Kampf mehr. Schmollend und meckernd drehten sie sich um und verschwanden durch den Durchgang zum Kai nach hinten.

„Vater, ich zweifle meine Entscheidungen mittlerweile an, nicht alle. Doch was den Orden betrifft... deine Worte haben mich zum Nachdenken gebracht. Und auch Alexandra hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass ein Umdenken von Nöten sein sollte. Doch ich weiß nicht, ob es so einfach sein wird!“ meinte mein Verlobter auf einmal und ich sah ihn erschrocken an! Er hatte wirklich immer noch diese Bedenken und ich würde sie ihm wohl auch nicht mehr nehmen können.

„Ja, diese Frau macht einen wahnsinnig, lass dir das gesagt sein! Doch triff deine Entscheidung nicht übereilt, das wird niemandem helfen!“ lächelte Edward auf mich herunter und klopfte Haytham auf die Schulter. Und es war wie eine Eingebung der beiden. Vater und Sohn lagen sich plötzlich in den Armen und was tat ich? Ich brach in Tränen aus und sah wie gebannt auf dieses Bild, es war unglaublich und ich hätte es so gerne irgendwie festgehalten. Dann spürte ich, wie mir jemand seinen Arm um die Taille legte und leicht schniefend murmelte „Es ist ein so schöner Gedanke, dass es so für immer sein könnte“. Es war Faith, der ebenfalls die Tränen liefen.

Wir standen so einen Moment neben diesen beiden Männern und warteten. „Das werde ich tun, Vater, versprochen!“ hörte ich plötzlich meinen Verlobten sagen. Verwundert sah ich zu der Schottin, doch auch sie konnte sich darauf keinen Reim machen!

Dann lösten sich Haytham und Edward voneinander und dieser trat jetzt zu mir und nahm mich ebenfalls in den Arm. „Du weißt ja, was du zu tun hast und was für Aufgaben du hast! Du schaffst das, weil es dein Schicksal ist. Hätte ich es damals schon verstanden, wäre vieles anders gekommen. Doch nun können wir nur ab hier weitermachen und ich bin froh, dass du an der Seite meines Sohnes bist. Er liebt dich anscheinend über alles! Und wehe, mir kommen Klagen von ihm über dich! Du weißt noch? Ich kann da sehr ungehalten werden!“ kam es breit grinsend von Haythams Vater. Mit schniefender erstickter Stimme konnte ich nur ein leises Lachen von mir geben. „Ja, das weiß ich noch sehr gut. Und ich habe es dir ja schon versprochen, ich passe auf, so gut ich kann!“

Edward ging ein Stück zurück, doch dann erhob er seine Hand und legte sie auf meine Nase und ich konnte fühlen, wie sich die Knochen verschoben und ein heißer Schmerz durchfuhr mein Gesicht! Er ließ mich auf die Knie sinken und ich fing an zu würgen. Hatte er mir gerade die Nase gerichtet? „Das ist das mindeste, was ich tun kann, ich habe das ja schließlich schon einmal gemacht, oder nicht Mrs. Frederickson?“ grinste er auf mich hinunter und reichte mir seine Hand.

Als ich wieder stand, reichte mir mein Verlobter ein Taschentuch, welches nass war, vermutlich mit Wasser aus dem Brunnen. Ich legte es auf mein Gesicht und es war wie eine kleine Erlösung. Der Pirat nickte uns nur noch zu, dann löste sich die Gestalt langsam wieder auf, mit diesem Grinsen, was ich ein klein wenig vermisste!

Ich sah zu meinem Verlobten, welcher immer noch leicht zitternd neben mir stand und mich jetzt musterte. „Das ist doch unmöglich, dass habe ich mir gerade nur eingebildet, oder? Sag mir, dass ich nicht verrückt geworden bin!“ da schwang eine echte Panik in seiner Stimme mit.

„Nein, du bist nicht verrückt geworden. Wir haben Edward alle gesehen und so langsam bin ich auch der Meinung, dass die Vorläufer viel mehr Möglichkeiten und Fähigkeiten haben, als wir bisher angenommen haben! Ich werde dahingehend meine Recherchen vertiefen und ausweiten, wenn ich wieder daheim bin!“

Ich nahm Haytham jetzt in den Arm, es war mir egal, ob sein Rock oder Hemd mein Blut abbekamen. Automatisch schlangen sich seine Arme ebenfalls um mich und diese Ruhe senkte sich auf uns nieder. Das Zittern ließ nach und als ich merkte, dass ich meinen Verlobten jetzt wieder loslassen kann, sah ich zu ihm auf. „Du bist jetzt offiziell meine Aufgabe, Haytham.“ sagte ich lächelnd.

„Ich weiß, Vater deutete so etwas an und ich bin froh, dass DU es bist, die an meiner Seite sein wird.“ er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich, ich erwiderte es in dem ich mich an ihn schmiegte. Als er sich von mir löste, musste ich ihm übers Gesicht wischen, er hatte doch mein Blut noch abbekommen. „Verzeih mir, ich kann nichts dafür!“

Hinter mir ertönte ein Räuspern. Oh, ich hatte die Cormacs gerade völlig vergessen! Ich drehte mich um und sah in zwei Gesichter, die einen wissenden und schmunzelnden Ausdruck gleichzeitig hatten. „Alex, komm. Ich werde sehen, was ich für deine Nase tun kann. Und die Herren können ja... so lange auf July aufpassen. Aber vergesst es, ihr Altair abspenstig machen zu wollen!“ meinte Faith nur und hakte sich bei mir unter.

Als wir in ihrem Arbeitszimmer ankamen, kramte sie in ihren medizinischen Vorräten herum. Und das war mein Stichwort.

„Faith, warum?“ mehr fragte ich nicht. Im Grunde wusste ich es ja schon, Haytham hatte es mir erklärt und auch Shay hatte diese Vision mit ihrer Tochter angedeutet. Aber da steckte noch etwas mehr dahinter.

Sie sah mich etwas ertappt an, wusste aber, worauf ich anspielte. „Es musste sein! Aber ich erkläre es dir. Erstmal sollten wir deine Nase versorgen und ich glaube, du hast mir eine Rippe gebrochen!“ kam es lachend rüber und ich musste mir eingestehen, dass das Gespräch heute noch länger dauern wird.

Sie verarztete meine Nase so gut es ging, denn viel machen konnte man mit den Mitteln hier nicht. Aber ich war zumindest froh, dass ich ein bisschen Schmerzmittel bekam. Das hatte Faith ja auch mitgehen lassen. Vorsichtig tastete ich über mein Gesicht. „Wie sehe ich eigentlich aus? Mein Kiefer ist ja auch noch nicht ganz verheilt. Dein Bruder hat aber auch einen ordentlichen Schlag drauf!“

„Warum musstest du dich auch mit ihm schlagen? Aber er scheint ziemlich beeindruckt zu sein. Das habe ich selten bei ihm gesehen!“ meinte sie nur anerkennend.

„ER wollte es. Ich habe bestimmt nicht damit angefangen. Aber ich vermute, dass er einfach neugierig war und sich vergewissern wollte, ob ich überhaupt mit dem Schwert umgehen kann. Ich wüsste sonst nicht, warum Haytham mich herausgefordert haben sollte.“ sagte ich ein wenig stirnrunzelnd, doch diese Art von Gesichtsregung brachte mir meine gebrochene Nase wieder ins Gedächtnis.

„Habe ich dir wirklich eine Rippe angeknackst? Das tut mir leid, bei Haytham wars nur ein Taumeln, obwohl ich nicht weiß, ob ich nicht doch... Aber nein, dann könnte er sich nicht so... also, er wäre nicht so... er könnte sich nicht so leicht bewegen.“ mir war das Blut in den Kopf geschossen, denn ich wollte schon andere Aktivitäten kundtun. Doch ich bekam ein Prusten und Kichern zurück, na gut, sie hatte mich verstanden!

Als wir beide einigermaßen verarztet und gereinigt waren, gingen wir hinaus Richtung Salon. Dort saßen unsere Männer mal wieder um July herum und versuchten mit guten Worten und Argumenten sie von ihrer Puppe abzubringen. Wie lange wollten sie das eigentlich noch versuchen? Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass ein Lieblingsspielzeug IMMER Lieblingsspielzeug bleibt. Und besonders dann, wenn einem eingeredet wird, dass das nicht gut ist!

Die beiden sahen etwas genervt zu uns und standen dann vom Boden auf. „Alex, du siehst aus, als... nunja, als hättest du eine Tavernenschlägerei hinter dir!“ grinste mein Templer mich nur an. Kleiner Witzbold! „Danke, ich fühle mich großartig!“ sagte ich nur und drückte ihm einen Kuss auf.

„Apropos Taverne! Wollen wir dann?“ fragte Faith und sah mich voller Vorfreude an. „Ja, ich denke die beiden Herren können sich einen Abend auch mal alleine beschäftigen!“ gab ich fröhlich von mir und mit diesen Worten drehten wir uns um, gingen hinaus und ließen zwei Männer mit offenen Mündern zurück!

Kapitel 37

 

*** Ein feuchtfröhlicher Abend unter Frauen! ***
 


Ich musste ein wenig grinsen, denn ich konnte mir vorstellen, dass Haytham und Shay nicht wussten, was sie von diesem plötzlichen Frieden halten sollten. Doch ich hakte mich bei Faith unter und wir verließen das Fort Arsenal. Ich hätte vielleicht doch noch meinen Ornat ablegen können, er war voller Blut, ich muss zum Fürchten aussehen. Doch ich war ja auch nicht auf Männerfang aus heute!

Wir gingen in Richtung Lower Manhatten und unterwegs erzählte mir die Schottin, wie sie ihr erste Zeit hier verbracht hatte und dass sie in der Taverne, welche wir anstrebten, gearbeitet und gewohnt hatte. Das Appel Pie war eine kleine Taverne, aber sauber und ordentlich, sowas findet man ja eher selten, wenn ich das so sagen darf. Es war ein ganz seltsames Gefühl, so entspannt mit dieser Frau durch die Straßen zu gehen, ohne dieses Gefühl von Misstrauen und Zweifel. Ich sah sie kurz an und ich spürte, es hatte sich wirklich etwas verändert. Natürlich wusste ich, was ihr in den letzten Monaten widerfahren ist, auch wenn es nur grob erzählt von Haytham kam.

Faith öffnete die Tür und ich ging hinein. Sie schob mich Richtung Tresen und stellte mich dem Herren dahinter vor. Alexander hieß der junge Mann, ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, denn ich erinnere mich an die Erzählung meiner Mutter, dass ich eigentlich, wenn ich ein Junge geworden wäre, ebenso heißen sollte. Doch... ich bin ein Mädchen und einen neuen Namen sollte es nicht geben, also wurde dieser nur angepasst. Ja, meine Familie war schon immer sehr pragmatisch!

Da erfuhr ich auch, dass Shay und Faith eine Feier anlässlich ihrer Hochzeit nur mit Freunden zusätzlich veranstaltet hatten. Denn ihre Großmutter, wer hätte es gedacht, wollte dieses Fußvolk nicht auf der offiziellen Feier dabei haben. Wie ich doch so eine Art hasste, es waren Freunde und keine Barbaren! Aber nun gut, sollte ich heiraten, würde es wohl eh OHNE meine Freunde ablaufen! Und wieder kamen dunkle Wolken auf, doch ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken.

Sie bestellte eine Karaffe französischen Rotwein und ich schnappte mir die Becher. Also, wenn ich es recht überlege, das waren schon große Gefäße. Wir setzten uns an einen Tisch in einer ruhigen Ecke und Faith goss uns beiden ein. Ich verstand nicht viel von Wein, ich erwähnte es schon, aber dieser roch ziemlich gut. Ich nippte daran und es tat gut, etwas flüssiges im Hals zu spüren, auch wenn es um diese Uhrzeit schon Alkohol war, aber mir war es egal. Über meinen Becher hinweg sah ich, dass Faith überlegte, WIE sie anfangen sollte, es stand noch die Erklärung oder besser Entschuldigung an, für die ganzen entwendeten Dinge von der Jackdaw!

„Es tut mir Leid für mein Verhalten dir Gegenüber und die Schwierigkeiten die ich dir bereitet habe“ kam es von ihr und sie nahm schnell einen weiteren Schluck Wein. Ich grinste nur und sagte, dass die Entschuldigung angenommen ist. Aber ich brannte immer noch auf eine plausible Erklärung, warum sie mir nicht einfach gesagt hatte, WOZU sie diese Medikamente und so weiter bräuchte.

„Alex wie du weißt bin ich eine Heilerin und ich möchte den Menschen hier nur helfen. Ich meine, ich sah all die Dinge auf deinem Schiff und wollte mit diesen Möglichkeiten den Menschen ihre Schmerzen lindern. Ich weiß, ich habe nicht über die Folgen nachgedacht, aber nachdem mir dieses Wesen Julys Tot gezeigt hatte, bekam ich Panik“ Natürlich verstand ich ihre Sorge um ihre Tochter, ich bin selber Mutter und würde vermutlich auch aus dem Bauch heraus handeln. Doch ich gab ihr noch den Rat, bitte sorgsam damit umzugehen. „Das soll keine Belehrung sein, ich will nur nicht, dass dir etwas zustößt!“ und ich lächelte sie an und wieder fielen mir diese wahnsinns blauen Augen auf. Edward hatte auch blaue Augen, aber wesentlich dunkler und, wenn ich ehrlich bin, auch nicht ganz so hübsche!

„Wenn du ein paar Monate früher hier gewesen wärst, dann hätte ich dir bestimmt alles erzählt. Aber ich wurde von meiner Schwester verraten und den anderen Assassinen in meiner Bruderschaft. Sie haben sich mit einem Templer Namens James Law zusammengetan, um so an einen Edenapfel zu kommen. Law braucht mein Blut dafür, weil nur der Erbe des Vater des Verstehens das Schloss für den Apfel öffnen kann. Und dieser Erbe bin ich.“ Ich sah sie ungläubig an, auf der einen Seite, tat es mir leid, dass man sie so hintergangen hatte und dann hatte sie jetzt eine Bürde, die ich auch nicht tragen wollen würde. Ich nahm einen kräftigen Schluck aus meinem Becher und sah sie weiter an. „Das heißt, du weißt, wohin dich dein Schicksal führen wird?“ und eine Traurigkeit fiel auf ihre Gesichtszüge. „Leider ja und ich wünschte es wäre anders“

Darauf konnte ich nur sagen, dass ich mich ähnlich fühlte, da ich ja auch Kenntnis von so vielen Dingen hatte, die in den nächsten Jahren passieren würden. Auch was mit meinem Verlobten in ungefähr 20 Jahren passieren würde. Die Vorstellung war grauenhaft, doch ich schüttelte diesen Gedanken wieder ab und trank meinen Becher in einem Zug aus.

Doch mir kam ein anderer Gedanke. „Dann weißt du mehr über diese Wesen?“ fragte ich jetzt einfach. Vielleicht könnten wir uns gegenseitig bei dieser Frage helfen! Doch ich bekam nur ein „Ja“ innerlich seufzte ich, doch ich sprach einfach meine eigenen Gedanken aus, hinsichtlich der Todsünden und ähnlichem. Und jetzt kam es etwas zögerlich und stockend, so als wüsste sie nicht, ob das eine gute Idee sei, dass sie mir das erzählte. „Das stimmt, aber ich denke es gibt auch noch andere, die mehr wie Götter sind und uns wohlgesonnen sind“ Also wie das Wesen im Turm, denn ich hatte dort keinen Hass gespürt, sondern so etwas wie Fürsorge, Liebe und Geborgenheit! Auf meine Frage, an welche Götter sie konkret dachte kam nur, dass sie die nordischen Götter meinte.

Ich habe mich seit meiner Jugend mit diesen auseinandergesetzt und liebte diese Mythologie. Also erzählte ich meinerseits, dass mir Freya einfallen würde, da sie für Liebe und Ehe stand und dass ich, wenn ich wieder daheim wäre, mich näher damit befassen würde. Die Runen auf dem Armreif erwähnte ich auch, die hatten wir angefangen zu entschlüsseln, doch das käme passend mit den Gottheiten. Waren wir tatsächlich auf einem guten Weg, das Ganze schneller abschließen zu können?

Aber wie kam Faith darauf, dass es Freya sei? „Weil mir eines dieser Wesen das Leben gerettet hat.“ Und jetzt kam die Geschichte um Julys Entführung und ihre Gefangenschaft bei diesem Hermann. Bei Odin, es war grausam gewesen und ich war den Tränen nahe, wenn mir dieses Arschloch begegnet wäre, hätte sein letztes Stündlein geschlagen. Und mir fiel auch gleich wieder Lee ein, der auch noch sein Fett weg kriegen müsste, doch auch das erst später!

Als die Schottin auch noch vom Chevalier berichtete, hätte ich ihn gleich noch einmal umgebracht. Er war doch ein absolutes Ekel. In mir kochte eine gewisse Wut hoch, aber ich spürte wieder diese Hand auf meiner Schulter und im Stillen dankte ich meinem Piraten dafür. Nicht jeder kann einen Piraten und einen Templer sein Eigen nennen und dieser Gedanke tat mir irgendwie gut!

„Ich sprang vom Schiff und schwamm in der Seeschlacht zur Morrigan, aber das eiskalte Wasser...ich ertrank“ sagte sie in einem Flüsterton und ich musste erst einmal noch einen Schluck nehmen. Es müssen schreckliche Monate und auch Momente gewesen sein und ich sah Faith einfach nur mitfühlend an. Mehr konnte ich jetzt nicht tun, oder doch?

Dann kam sie auf das Wesen und diese seltsame Stadt zu sprechen, in der sie von ihrem Schicksal erfuhr. Es war also tatsächlich Freya, die ihr erschienen ist, und sie hat ihr das Brisingamen überlassen und jetzt sah ich, dass sie zwar eine Kette um hatte, aber sie war völlig unscheinbar! „Bei Gelegenheit zeige ich es dir, aber bitte behalte es vorerst für dich, Haytham würde es nicht so toll finden, dass ich einen weiteren Edensplitter besitze“ meinte sie nur und ich würde mich hüten, meinem Verlobten davon zu erzählen. Denn dann stünde er schneller vor der Tür als ihr lieb ist. Im Grunde hatte er die Schnauze eigentlich von diesen ganzen Edensplitter-Geschichten voll.

Meine Gedanken gingen wieder zu diesem Turm in der parallelen Welt und ich meinte nur, dass ich damit jetzt abschließen könne, weil man dort nichts mehr zu befürchten hätte. Ich vermutete, dass Marie zur selben Ansicht gelangt ist und irgendwie vermisste ich sie plötzlich.

Als Faith aufstand, um uns Nachschub zu holen, strich sie leicht über meine Hand und ein wohliger Schauer lief mir über den Körper. Also hatte sich mehr zwischen uns geändert, als ich angenommen hatte. Ich sah ihr nach und dachte nur, was für ein netter Hintern und wurde bei dem Gedanken doch tatsächlich rot.

Die Schottin hatte kurzerhand auch noch etwas zu Essen geordert und da fiel mir ein, dass ich noch gar nichts wieder im Magen hatte, seit dem Frühstück. Doch mit dem Eintopf den uns Margery brachte, füllte ich dieses Loch im Bauch und mein Kopf wurde wieder etwas klarer, ich spürte nämlich, dass mir der Wein zu Kopf gestiegen war.

Mit einem Mal musste ich an meinen ersten Tag bei Shay als Zimmermädchen denken und ich hatte mich ja damals schon gefragt, WAS vorgefallen war, dass meine Vorgängerin so übereilt gehen musste. Oh, mit Faith Gesichtsausdruck hatte ich nicht gerechnet. Sie war richtig verärgert und erzählte mir, dass diese Justine es zu gut mit ihrem Mann gemeint hatte und ihm auch noch ein Kind unterjubeln wollte. Und sie hatte Faith als fett bezeichnet, nur weil sie nach der Schwangerschaft nicht gleich wieder ihre alte Figur hatte. Wer hat das schon?

Solche Weiber sind die Respektlosigkeit in Person und sagte das auch so. Als ich aber erwähnte, dass Shay oben ohne im Ankleidezimmer damals stand, während ich mit dem Bett zugange war, huschte wieder eine leichte Verärgerung über ihr Gesicht. „Davon hatte er mir gar nichts erzählt, aber ich glaube, er wollte dich nur testen wie du auf ihn reagierst. Wäre aber ein guter Test für die neuen Zimmermädchen, ich könnte sehen wie sie reagieren.“

Ich stellte mir jetzt gerade vor, wie ein Mädchen nach dem anderen schreiend weglief, aufgrund dieses Tests und musste kichern. Doch dann rutschte mir raus, dass Shay ja nun nicht gerade hässlich war, ganz im Gegenteil. Mit ihrer Antwort hatte ich aber nicht gerechnet. „So wie dein Verlobter!“ grinste sie mich über ihren Becher hinweg an.

Kapitel 38
 


*** Da ist bestimmt Alkohol mit im Spiel ***



Jetzt wollte ich es aber genauer wissen und hakte nach, konnte aber eine gewisse Eifersucht nicht unterdrücken in meiner Stimme. „Na ja es gab da eine Nacht zwischen Shay, Haytham und mir. Aber eine Freundin von mir hatte etwas in unseren Wein gemischt, sonst wäre das nicht passiert“ kam es etwas verlegen und auch entschuldigend von ihr und ich konnte sie nur mit offenem Mund anstarren. DAMIT hatte ich beim besten Willen NICHT gerechnet! Aber... bei mir pflanzte sich ein ganz anderer Gedanke plötzlich daneben, gepaart mit Bildern! Shay, Haytham, Faith und ich. Trotzdem sollte ich meinen Verlobten danach fragen, obwohl ich bezweifelte, dass er mir bereitwillig Auskunft gab.

„Du musst nicht fragen, ich würde es dir zeigen.“ kam es leise von Faith und in ihren Augen lag plötzlich ein seltsamer Glanz, welcher meine Gefühle in ein riesiges Chaos stürzten und ich mir diese Frau am liebsten hier und jetzt unter den Nagel gerissen hätte. So hätte ich sie nicht eingeschätzt, geschweige denn unsere Männer, aber man lernt nie aus und, wenn ich ehrlich bin, brannte ich auf eine praktische Einweisung, keine Theorie!

„Lass dich später überraschen“ wir beide sahen uns über unseren Wein hinweg an und wussten, dass dieser Abend einen doch etwas anderen Verlauf nehmen würde, als gedacht. Doch... es musste Schicksal sein, oder?

Auf meine Frage, weil ich ja neugierig bin, wie sie sich das so vorstellte und ob unsere Männer ebenfalls mit von der Partie sein sollten, kam nur ein gehauchtes „Ich will dich erstmal alleine, aber wir könnten sie später dazu holen“ … erzähl weiter so und ich verschlepp dich ins Hinterzimmer, ging es mir nur durch den Kopf! Wobei mir ein gemütliches Bett durchaus lieber wäre gerade. Trotzdem sollten wir unsere Männer in unsere Pläne einweihen! Gerade weil ich als Neuling dazukomme! „Dann lass sie uns suchen!“ kam es grinsend von Faith und als ich mich umsah und mit meinem Blick den Schankraum betrachtete, fielen mir in der Nähe der Küchentür zwei goldene Auren auf. Sie einer an, wen wir da haben, meinte ich an Faith gerichtet.

„Wie wäre es, wenn wir die Herren einfach fragen würden, was sie von unserer Idee hielten!“ meinte sie grinsend und ich fand, dass das ein sehr guter Vorschlag sei und machte mich auf den Weg zu den beiden Herren! Haytham hatte anscheinend nicht damit gerechnet, dass wir sie entdecken würden. Er sah mich erstaunt an. „Vielleicht wollen die beiden Herren uns Gesellschaft leisten? Wir hätten da ein paar interessante Details zu besprechen!“ fragte ich sie so lasziv, dass sie gar nicht anders konnten, als mir zu folgen.

Faith hatte den beiden bereits etwas zu trinken besorgt, wie es sich gehörte, hochprozentiges! Denn sie mussten noch aufholen, wir hatten einen gewissen Vorsprung. Eigentlich waren wir schon am Ziel, aber... lassen wir das!

„Kann mir mal bitte jemand sagen, warum ihr uns gefolgt seid? Ihr taucht hier einfach auf als wolltet ihr uns hinterher spionieren. Haytham, du weißt, ich mag das nicht“ ich konnte mir diese Frage nicht verkneifen, ich hatte den Eindruck, dass Haytham mir nicht ganz vertraute. Doch seine Antwort ließ mich breit grinsen. „Dachtest du ich lasse dich mit Faith alleine? Dann hast du daneben gelegen, ich weiß, dass SIE und DU Gleichgesinnte seid.“ dabei sah er Shay mit einem wissenden Blick an. Dann ist meinem Verlobten die Veränderung also auch nicht entgangen!

Shays Reaktion war eindeutig. Es schien ihm nicht recht zu sein in der Öffentlichkeit darüber reden zu wollen. Er warf Faith einen mehr als wollüstigen Blick zu und sie erwiderte ihn. „Wie wäre es, mo aingeal, wenn wir das Ganze im Fort Arsenal weiter besprechen?“

Das wäre durchaus eine gute Idee, dachte ich im Stillen und erntete von meinem Verlobten eine Hand auf meinem Oberschenkel, welche zudrückte. Aha, daher wehte der Wind. Ich war auf jeden Fall gespannt. Die beiden Herren Templer hatten einen ordentlichen Zug drauf und es wurde nicht nur ein Krug geleert. Gegen 21 Uhr und dann doch leicht erhitzter Gemüter, machten wir uns auf den Weg Richtung Fort Arsenal. Ich hatte links Haytham und rechts Faith und ich muss sagen, so war es mehr als angenehm, durch die Straßen zu gehen.

Wohlbehalten kamen wir beim Fort an, obwohl ich spürte, dass Haytham gerne für einen Moment mit mir verschwunden wäre und bei diesem Gedanken musste ich breit grinsen. Ich hätte auch noch eine ganz andere Person gerne in eine dunkle Gasse gezogen!

Wir gingen direkt in den Salon und ließen uns vor dem Kamin auf den davor stehenden Sofas nieder. Es ergab sich so, dass ich einfach die Nähe von Faith suchte und wir beide auf einem zusammen Platz nahmen. Die Herren saßen uns gegenüber und ich sah nur in die immer dunkler werdenden grauen Augen von Haytham und eine Gänsehaut überlief meinen Körper! Er hatte tatsächlich etwas geschafft, dass noch keiner konnte. Er konnte mich ohne Berührung zum Kochen bringen und das nicht nur vor Wut!

Ich ergriff das Wort, ich wollte endlich Einzelheiten. Ob meinem losen Mundwerk der viele Alkohol nun gut tat oder nicht, war egal. „Mir sind da sehr interessante Dinge zu Ohren gekommen, mi amor. Und ich würde gerne mehr darüber erfahren.“ sagte ich nur und sah Haytham in die Augen! Er hielt meinem Blick stand, sagte aber nichts. Sondern es war Shay der sich zu Wort meldete.

„Prinzessin hast du irgendwas bestimmtes erwähnt?“ kam es fragend von Shay.

Mein Blick glitt zu Faith, ich war gespannt, was sie noch zu berichten hatte! „Naja... so die eine Nacht, wir drei?“ Meinte Faith mit einem Seitenblick auf meinen Verlobten! Dieser druckste plötzlich ein wenig herum, entweder war ihm das wirklich unangenehm, oder er war ein guter Schauspieler! „Das war … nicht so... aber es hat sich einfach so ergeben, weil wir in einem gewissen Rausch geraten waren. Was das ganze ausgelöst hat, weiß ich nicht.“

Rausch hörte sich sehr vertraut für mich an und mir fielen da auch einige spannende Abende ein in meiner Jugend! „Das hört sich nach einer Menge Spaß an, ich kann mich da an so einige Abende unter Freunden erinnern, wo man auch nicht mehr so genau wusste, was man da alles zu sich genommen hatte.“

„Oder zwischen wem man aufwacht“ meinte Shay wissend an Faith gewandt. Ein interessanter Gedanke, wie ich fand und musste schmunzeln. Doch Faith riss mich aus meinen schmutzigen Gedanken. „So lange du nicht bei deinem besten Freund rein schneist und ihn bei seinem Liebesspiel mit seiner besseren Hälfte störst!“ kam es grinsend von ihr. Solche Momente waren wirklich ein wenig unangenehm, ließen sich aber nicht immer vermeiden!

„Es kommt immer darauf an, wer da gerade mit wem im Bett ist und ich finde, es gibt durchaus interessante Konstellationen!“ meinte ich mit einem Seitenblick auf Haytham und prompt hatte ich wieder sehr verstörende Bilder im Kopf. Ich konnte aber eine leichte Eifersucht weiterhin nicht unterdrücken, was diese besagte Nacht der drei anging. Auch wenn es vor meiner Zeit war, es war ein eigenartiges Gefühl!

Plötzlich lehnte sich Faith zu mir rüber und flüsterte mir verführerisch ins Ohr. „An wen hast du denn da genau gedacht?“ Ebenso leise flüsterte ich mit einer dezenten Röte im Gesicht „Fürs erste hatte ich an dich gedacht.“ zu mehr war mein Mund mit einem mal nicht mehr fähig.

Etwas entrüstet meinte mein Verlobter mit einem leicht gespielten Tadel in der Stimme. „Da habe ich aber auch noch ein Wörtchen mitzureden, mi sol!“

„Die Gelegenheit werdet ihr später bestimmt noch bekommen, Master Kenway!“ sagte ich mit einem lasziven Lächeln an Haytham gewandt.

Shay trank einen Schluck Whiskey und verschluckte sich fast, als er hörte was ich sagte!

Faiths Blick wanderte von ihrem Mann zu mir. Ihre blauen Augen verdunkelten sich und sie beugte sich zu mir hinüber und gab mir einen vorsichtigen Kuss, welchen ich erwiderte mit einem Seitenblick auf Haytham. Ich wollte seine Reaktion sehen!

Haytham sah mich mit diesen dunklen grauen Augen an und ließ sie auf uns beiden ruhen! Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Shay ebenfalls mit diesem dunklen Schleier auf seinen Augen in unsere Richtung sah. Doch noch mussten sie sich gedulden, sie wären erst der Nachtisch hatte ich beschlossen.

Faith nahm einfach meine Hand, zog mich hoch und hinter sich her hinauf in eines der Gästezimmer im hinteren Bereich! Faith entzündete ein paar Kerzen und kam dann wieder auf mich zu und drückte mich an die Tür und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss. Ich schlang meine Arme um sie und zog sie enger an mich ran.

Sie fühlte sich so wahnsinnig weich an und ihr Geruch nach Lilien und Maiglöckchen war einfach berauschend. Ich wollte mehr und nicht nur ich. Faith machte kurzen Prozess und ließ sich von meinen Kleidern nicht aufhalten, sondern zerschnitt kurzerhand mit den versteckten Klingen die Schnüre.

Ich tat es ihr gleich und entledigte Faith ebenfalls mit Hilfe meiner Klingen von den lästigen Stoffbahnen. Der Rest war schnell erledigt, lange wollte ich mich damit nicht mehr aufhalten. Den ganzen Abend über hatte sich eine wohlige Lust in mir breit gemacht, so als würde man auf Weihnachten warten und dann endlich seine Geschenke bekommen.

Mit einer innigen Umarmung und weiteren leidenschaftlichen Küssen gingen wir Richtung Bett und da Faith vor mir stand, schubste ich sie einfach sanft aufs Bett und folgte ihr! Ich beugte mich über sie und betrachtete ihren Körper für einen Moment. Sie sah wirklich fantastisch aus und ihre weiche Haut fühlte sich traumhaft an unter meinen Fingern.

Meine Hände fingen an ihren Körper zu erkunden, dabei fielen mir einige Narben auf, aber sie störten mich nicht. Im Gegenteil, sie machten diese Frau einfach noch interessanter. Und es wurde noch spannender, als ich meine Finger zwischen ihren Oberschenkeln einen länglichen Gegenstand ertasteten und sie plötzlich lustvoll aufstöhnte! Damit hatte ich nicht gerechnet.

Da ich auf dem richtigen Weg war, begann ich meine Lippen einzusetzen, ich wollte Faith ganz haben! Ich konnte fühlen, wie sie sich mir entgegen schob und ihre Hände glitten in meine Haare und hielten mich fest, aber nicht für lange. Plötzlich zog sie mich wieder hoch und küsste mich leidenschaftlich. Dann war sie in einer fließenden Bewegung über mir und sah mich mit einer Begierde an, die ich nur erwidern konnte.

Faith Hände begannen nun umgekehrt, meinen Körper zu erkunden, während sie mich weiterhin mit ihren Lippen festhielt. Ich genoss ihre kühlen Finger auf meiner Haut und die Bahnen die sie zogen ließen einen Schauer nach dem anderen über mich gleiten.

Es klopfte, doch wir wollten noch nicht gestört werden und wie aus einem Munde sagten wir beide „Jetzt nicht“. Ich wollte noch ein wenig Zeit mit ihr alleine haben. Doch wir hatten nicht mit unseren Männern gerechnet, welchen es herzlich egal war, was wir sagten. Haytham war nicht gerade der Geduldigste! Und dann standen die Herren im Zimmer und schienen nicht gerade erstaunt zu sein, was sie da auf dem Bett sahen.

Kapitel 39


 

*** Zügellos im Fort Arsenal! ***




Faith stand auf und schlang ihre Arme um Shay und küsste ihn einfach. Ich tat es ihr gleich und ging auf meinen Verlobten zu und legte meine Hand in seinen Nacken und zog ihn zu mir runter und gab ihm einen Kuss, welcher keine Widerworte duldete. Bereitwillig ließ er sich darauf ein.

Ich fing an Haythams Weste aufzuknöpfen und danach war sein Hemd an der Reihe... er ließ es einfach geschehen und ließ mich nicht aus den Augen. Dann spürte ich eine warme Hand auf meinem Hintern, welch sanft zudrückte! Ich ließ mich auf die Knie sinken und entledigte ihn auch noch seiner Hosen und Stiefel. Mein Blick glitt immer wieder zu Faith und Shay und Haytham bemerkte meine Neugierde. Langsam zog er mich hoch küsste mich heftig und drehte mich dann mit dem Rücken zu sich, damit ich die beiden im Blick hatte. Seine Hände wanderten über meinen Hals hinunter zu meinen Brüsten und über meinen Bauch und ich konnte ein lautes Stöhnen nicht unterdrücken! Seine Hände fanden ihren Weg und ehe ich mich versah, fühlte ich seinen Finger in mir.

Faith hatte bemerkt, dass ich sie beobachtet und drehte sich einfach um und küsste mich wieder. Als ich nun von zwei Seiten diese Wärme spürte, überliefen mich wohlige Schauer und auch mein Verlobter konnte sein Verlangen nicht mehr länger unterdrücken. Ich schob meinen Verlobten Richtung Chaiselongue, gleichzeitig zog ich Faith mit und ließ mich auf seinem Schoss nieder. Doch mein Blick ruhte weiter auf Faith und ihrem Mann, welche jetzt neben uns saßen. Meine Hand wanderte zu ihrem Hinterm und strich vorsichtig darüber. Diese Frau fühlte sich einfach gut an!

Doch auch mein Verlobter wollte sich nicht länger zügeln müssen und hob mich an und ließ sich in mich gleiten. Mit einem lauten Aufstöhnen umklammerte ich seinen Nacken und küsste ihn stürmisch! Seine Augen waren mittlerweile wieder so dunkel vor Begierde und sahen mich nur an. Mit rauer Stimme sagte er „Sieh mich an!“ und ich ließ von Shay und Faith ab, welche jetzt von ihrem Mann seinerseits zu sich gezogen wurde.

Haytham dirigierte mich weiter, wie er es immer tat und ließ mir bald keine andere Möglichkeit mehr, als mich an ihn zu klammern. Seine Hände auf meinem Hintern hinterließen einen süßen Schmerz, welcher mich immer weiter auf meinen Höhepunkt zutrieb. Es gab nur noch uns zwei und wieder fühlte ich, dass wir einen weiteren Schritt gegangen waren. Einen weiteren Schritt, der mich meinem Ziel, für immer bei ihm zu bleiben näher brachte.

Mein Verlobter ließ es sich nicht nehmen, hob mich hoch und brachte mich zum Bett. Dort umklammerte er meine Hände über meinem Kopf und ich spürte wie seine Bewegungen immer schneller wurden und wieder kam nur ein „Sieh mich an“ in einem lauteren Ton! Ich konnte nur noch seinen Namen rufen und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter und auch er bäumte sich über mir auf mit einem seligen Aufstöhnen.

„Mi sol, ich wusste ja nicht, dass du solche Fantasien hast. Aber ich bin froh, dass wir euch beiden hinterher sind. Sonst hätte ich das Beste heute noch verpasst!“ lächelte Haytham auf mich herunter und küsste meine Halsbeuge. „Mi amor, ich habe noch ganz andere Gedanken. Aber die werde ich dir sicher bei Gelegenheit auch noch mitteilen!“ sein Blick war einfach so erstaunt, dass ich kichern musste.

„Aber ich hätte nichts gegen eine Wiederholung in dieser Konstellation, mi amor. Doch seid doch das nächste Mal nicht so schnell mit dem Nachkommen!“ sagte ich mit krächzender Stimme! „Ich werde versuchen mich zurück zuhalten!“ gab er etwas widerwillig zurück.

Als wir uns langsam voneinander lösten, bemerkten wir auch wieder, dass wir nicht ganz so alleine waren. Auch Faith und ihr Mann hatten sich nun wieder unter Kontrolle. Faith fragte Shay kurzerhand, ob er noch etwas zu trinken rauf holen könne und er tat es etwas mürrisch. Erst jetzt bemerkte ich diese Wolfstätowierung auf der rechten Brustseite, die hatte er nämlich das letzte mal noch nicht oder sie war mir damals nicht aufgefallen. So genau hatte ich mir Shay nun auch nicht angesehen, weil es mir einfach unangenehm war, ihn oben ohne zu sehen und das an meinem ersten Tag!

Als Shay nach unten ging, beschloss Faith uns Gesellschaft auf dem Bett zu leisten. Jetzt lag ich zwischen meinem Verlobten und der Schottin und genoss für einen Moment die Wärme von zwei Seiten. Dann spürte ich ihre Lippen zwischen meinen Schulterblättern, wo sie zärtlich mein Tattoo küsste und darüber fuhr. Ein Schauer überlief mich und ich lehnte mich weiter an sie und drehte meinen Kopf in ihre Richtung und umfasste ihren Nacken mit meiner Hand und zog sie so zu mir. Ihre Hände fuhren weiter über meinen Bauch und ich fühlte, dass ich sie haben wollte, ihre Nähe war berauschend. Tief in meinem Hinterkopf war auf einmal ein Gefühl aufgetaucht, welches ich wie eine Art beginnende Liebe bezeichnen würde.

Haytham bemerkte meine Reaktion, unternahm aber nichts, sondern sah uns nur weiter zu und sein Atem wurde schwerer und seine grauen Augen verdunkelten sich wieder vor Begierde. Er drehte mein Gesicht zu sich und raunte mir ins Ohr „Mach weiter, ich will euch zusehen!“ und damit lehnte er sich an meinen Rücken und ich konnte seine Erregung auf meiner Haut spüren. Haytham drückte sich gegen mich und seine Hände strichen vorsichtig über meine Oberschenkel und dann lag seine Hand auf meinem Hintern!

Als ich kurz über Faiths Schulter sah, nahm ich wahr, dass auch Shay bereits wieder im Zimmer war. Ich hatte sein Erscheinen gar nicht bemerkt. Auch er gab nur die Anweisung an seine Frau, sie solle weitermachen! Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und meine Hand wanderte über ihren Oberschenkel zur Innenseite und meine Finger fanden ihr Piercing, über welches ich langsam strich. Ihr Stöhnen war genau das, was ich hören wollte!

In mir stieg ebenfalls die Lust, zumal mir Haytham nicht von der Seite wich und ich seine schwere Atmung und das ebenfalls tiefe Stöhnen von ihm wahrnahm. Er übersäte meinen Nacken mit Küssen und ich fühlte mich wie im Paradies. Dieser Moment sollte am besten für immer so bleiben, ich wünschte mir, ich könnte die Zeit anhalten!

Während Faith mir verlangende Küsse gab, vergrub Haytham sein Gesicht weiter in meinem Nacken und seine ebenfalls verlangenden Bewegungen drängten mich näher an an diese Frau! Ich spürte ihre Hände über meinen Hals zu meinen Brüsten wandern und mit ihren Finger kniff sie mich spielerisch, doch dieser Schmerz war mir willkommen, genauso wie die flache Hand von meinem Verlobten auf meinem Hintern.

Langsam folgten Ihre Lippen ihren Händen und ich fühlte die Wärme ihres Atems auf meinen Brüsten, welche sie immer noch mit den Fingern streichelte. Immer mehr und mehr stieg in mir der Wunsch, sie zu schmecken, sie ganz zu haben. Doch mein Verlobter umklammerte mich und hielt mich fest, sodass ich mich nicht rühren konnte. Für einen kurzen Moment zog Shay Faith von mir und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was sie mit einem verführerischen Lächeln quittierte.

Sie kam näher und wieder liebkoste ihr Mund meinen Körper und wanderte immer tiefer, bis sie zwischen meinen Schenkeln ankam. Mein Verlobter ließ es sich nicht nehmen, ihr den Weg frei zumachen, in dem er meinen Oberschenkel anhob! Ihr Zunge erforschte mich intensiv und als sie an meiner empfindlichsten Stelle vorsichtig leckte, konnte ich mir ein lautes Stöhnen nicht verkneifen und klammerte mich mit einer Hand in den Nacken Haytham und drehte meinen Kopf ein wenig zu sich. Sein langer Kuss brachte mich zusätzlich meinem Höhepunkt, welchen ich jetzt nicht mehr lange zurückhalten konnte, näher!

„Lass es zu, lass dich fallen, mi sol!“ kam es mit rauer Stimme von meinem Templer hinter mir und seine Hand wanderte über die Innenseite meiner Oberschenkel. Seine Finger öffneten mich noch ein Stück mehr für Faith und ich konnte mich nicht mehr beherrschen und rief einfach nur noch ihren Namen! Langsam kam ich wieder zu mir und Faith wanderte mit ihrer Zunge wieder nach oben und küsste mich sanft. Nun wandte sie sich ihrem Mann zu, welcher es sichtlich genoss, in den Genuss ihrer Leidenschaft zu kommen.

In einer fließenden Bewegung zog mich Haytham auf sich und drang mit Leichtigkeit in mich ein. Er raunte mir ein „Beweg dich!“ zu und ich tat wie mir geheißen. Seine Hände lagen auf meinen Hüften und er dirigierte mich zu seinem Höhepunkt, welcher nicht lange auf sich warten ließ. „Das wird noch ein Nachspiel haben, Mrs. Frederickson, mich so lange warten gelassen zu haben!“ kam es in seinem mir so vertrauten Befehlston und in mir breiteten sich wieder wohlige Schauer aus. „Master Kenway, darauf freue ich mich schon!“ stöhnte ich ihm nur ins Ohr und küsste seinen Hals.

Mit einem Mal hörte ich nur „Sieh mich an!“ und seine Hand hielt mein Gesicht fest und zog es zu sich. Sein Kuss war hart und ich spürte wie er kam mit einem lauten „Alex!“ auf den Lippen. Langsam registrierten wir auch wieder, dass noch zwei Personen mit ihm Raum waren.

Ich hörte, wie Faith ihren Mann anbettelte, sie kommen zu lassen, doch er ließ sie nicht. Sondern stoppte jedes mal, kurz bevor sie ihren Höhepunkt hatte. Ein Grinsen huschte über Haythams Gesicht mit den Worten „Vielleicht solltest DU ihr zu Hilfe kommen, mi sol!“ Ich löste mich von meinem Templer und ich neigte mich zu Faith hinüber und begann damit ihren Körper mit Küssen zu bedecken. Meine Hände fuhren über ihre weiche Haut und ihre vollen Brüsten. Ich genoss sie wieder, ihren unglaublichen Geruch und schmeckte das leicht salzige auf ihrer Haut. Meine Finger glitten wieder zu ihrem Piercing und mit einem Male kam ein lautes und erleichtertes Stöhnen aus ihrem Mund und ich spürte ihren Höhepunkt an meinen Lippen.

Nachdem wir wieder bei Atem waren, konnten wir entspannt noch etwas trinken, also stand ich auf und holte zwei Gläser gefüllt mit dem Rotwein und ging zum Bett. Ich reichte Faith eines davon und das andere teilte ich mit meinem Verlobten. Dieser Wein tat gut in meinem Hals und schmeckte fantastisch. Denn ich hatte immer noch Faiths Geschmack auf meinen Lippen, was ihn doppelt so lecker machen. Doch so langsam machten sich der Kampf und meine Verletzungen bemerkbar und es überkam mich eine tiefe Müdigkeit. „Mi amor, ich bin völlig fertig.“ sagte ich grinsend zu meinem Templer und lehnte mich an seine Brust. Faith und Shay waren ebenfalls erschöpft und es dauerte nicht lange, da hatten sich die Herren die Bettdecken geschnappt und uns damit zugedeckt. Ich kuschelte mich an meinen Templer und Faith lehnte an meinem Rücken und legte ihre Hand auf meinen Bauch, ich umfasste sie und hielt sie einfach fest.

Kapitel 40


*** Das Geschenk! ***



Am nächsten Morgen erwachte ich, weil ich wieder diese Blicke von meinem Verlobten auf mir spürte. Vorsichtig öffnete ich die Augen und sah in seine warmen grauen Augen! „Guten morgen, mi sol!“ kam es raunend von ihm und seine Hand fuhr über meine Wange, über meinen Hals zu meinem Bauch. Ich hielt Faiths Hand immer noch, doch Haytham befand, ich sollte sie jetzt los lassen und löste sie langsam von mir.

Seine Lippen senkten sich auf meinen Mund und ich umfasste seinen Nacken und erwiderte diese Liebkosungen. Neben mir hörte ich plötzlich nur ein schmerzhaftes Stöhnen und als ich mich umdrehte, versuchte Faith gerade sich unter ihrem Mann zu befreien.

Doch ihre angeknacksten Rippen machten es ihr nicht leicht. Und da war wieder mein schlechtes Gewissen, ich gab ihr einfach nur einen Kuss und hoffte, die Entschuldigung wäre ausreichend. Faith erwiderte ihn, doch bevor wir wieder miteinander verschmelzen konnten, räusperte sich mein Verlobter und verlangte meine Aufmerksamkeit.

Er hatte nämlich noch einen eher unkonventionellen Plan. Mit einer schnellen Bewegung war er über mir und hielt mich so auf dem Bett fest, dass ich mich nicht mehr rühren konnte. Seine Erregung war deutlich zu spüren und er nahm mich, ohne Rücksicht auf die anderen Anwesenden. Es störte mich nicht, wenn ich ehrlich bin, im Gegenteil! Als er schwer atmend an meiner Schulter lag, flüsterte er nur „Ich liebe dich, mi sol!“ und in seinen dunklen grauen Augen las ich, dass er mich am liebsten nie wieder loslassen will.

Es wurde Zeit fürs Aufstehen, denn auch July würde gerne ihre Eltern wieder um sich haben. Mir fiel aber ein, dass ich meinen Ornat nicht tragen konnte, da er zerschnitten auf dem Boden des Gästezimmers lag. Gerade als ich das Hemd anziehen wollte, meinte Faith nur. „Hey, nu komm du preußisches Weib, suchen wir dir etwas ordentliches zum Anziehen.“ grinsend nahm sie meine Hand und zog mich über die Galerie ins Schlafzimmer und ins Ankleidezimmer. „Eine gute Idee, du störrische Schottin!“ gab ich lachend von mir. Und mir fiel ein, dass ich ihr rotes Kleid noch hatte! Bei Gelegenheit sollte Haytham es ihr wiedergeben!

Faith suchte in ihrem Kleiderschrank nach etwas Passendem. Doch als sie mir ihren schwarz-roten Meisterassassinen-Ornat reichte mit den Worten „Es würde mich freuen wenn du ihn nimmst!“ stand ich mit offenem Mund vor ihr. Man machte mich selten sprachlos, doch ich wusste wirklich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich brachte nur ein „Das kann ich nicht annehmen!“ hervor. „Doch das kannst du, es ist mein letzter und ich weiß, bei dir ist er in guten Händen! Die anderen hat meine Großmutter bereits entsorgt!“

Ich starrte sie immer noch an. „Faith, ich... danke! Und du kannst davon ausgehen, dass ich gut darauf acht geben werde!“ und nahm sie in den Arm. Dieser Gedanke, dass ich jetzt bald gehen musste, ließ wieder diese dunklen Wolken aufziehen und ich versuchte mich abzulenken. Ich zog mir den Ornat an und er passte mir tatsächlich wie angegossen, es war großartig, dass wir die gleiche Größe hatten. Als ich mich im Spiegel betrachtete, sah mich eine Frau mit einer ziemlich ramponierten Nase an, aber in einem wirklich großartigen Stoff gehüllt.

In der Zwischenzeit hatte sich Faith ebenfalls etwas angezogen und war zu July hinüber gegangen. Jetzt musste ich noch meine Stiefel, Strümpfe und Waffen aus dem Gästezimmer holen. Auf dem Weg dorthin begegnete mir Shay und warf mir einen seltsamen Blick zu. Ich grinste nur breit und ging einfach an ihm vorbei! Nachdem ich mich fertig angekleidet hatte, trat ich wieder auf die Galerie.

Haytham erschien fast zeitgleich mit mir, er hatte sich in seinem Zimmer fertig gemacht. Als er mich dort in dem Ornat stehen sah, weiteten sich seine Augen und wanderten etwas säuerlich von mir zu Faith. Doch er kam nicht dazu etwas zu sagen, denn July rannte mit ihren kurzen Beinchen freudestrahlend auf ihren Patenonkel zu. „Ho ho!“ rief sie und wie automatisch nahm er die Kleine auf den Arm. „Guten morgen, kleine Maus!“ begrüßte er sie und kam auf mich zu mit den Worten „Darüber reden wir später noch!“

Immer noch grinsend, gab ich ihm einen Kuss und sah, dass auch Shay mich immer noch seltsam beäugte. Unten angekommen, setzte Haytham July in ihren Hochstuhl. Dann nahmen wir Platz, Shay an der Kopfseite des Tisches links von ihm saß die kleine Maus und daneben Faith. Haytham saß July gegenüber und ich nahm gegenüber meiner Freundin Platz. Ich saß noch nicht ganz und hatte bereits eine große Tasse mit wunderbar heißem Kaffee vor meiner Nase, Marge ist einfach toll! Ein glückliches Seufzen kam mir über die Lippen und Haytham schüttelte nur mit dem Kopf, er würde diese Liebe zu diesem Heißgetränk nie verstehen.

Während ich meinem Heißhunger nach etwas Süßem nachging, bekam ich die Diskussion von July mit ihrer Mutter mit. Die Kleine wollte lieber Butter, als ihren Haferbrei, doch Faith blieb standhaft. Doch es gab statt des Breis einen geschälten Apfel, wie ich fand auch gesünder. Ich erinnerte mich an Yannicks Essgewohnheiten und musste lächeln, auch er hatte seltsame Wünsche beim Essen gehabt.

Ich genoss diesen Frieden und wünschte mir, ich könnte es noch öfter erleben. Und endlich konnte ich auch wirklich ESSEN, denn ich trug nur ein leichtes Mieder und kein Korsett. Es war eine Wohltat und wie aus einem Reflex, lehnte ich mich an Haytham, welcher mich erstaunt ansah. „Ist alles in Ordnung, Alex?“ fragte er besorgt. „Hmmmm?“ kam es nur. „Oh, ja. Natürlich, ich war gerade nur in Gedanken, mi amor.“ und ich gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Uns gegenüber entbrannte nun ein Kampf um ein süßes Brötchen mit Honig, welches sich eigentlich Faith geschmiert hatte. Doch July wollte es unter allen Umständen für sich und zerrte daran. Irgendwann nahm die Schottin ihre Tochter auf ihren Schoss und fütterte sie, damit sie selber auch endlich frühstücken konnte. Ja, diese und ähnliche Szenen kannte ich auch noch. Es musste immer das Brot vom Mama sein, es war zum Verrückt werden.

Nachdem wir alle fertig waren, war es an der Zeit, dass wir gingen. Meinen kaputten Ornat hatte Marge bereits in ein Päckchen geschnürt und es lag im Eingangsbereich auf einem kleinen Tisch. Shay hatte seine Tochter auf dem Arm und stand nun mit Faith bei der Tür. Gerade als uns ein Bediensteter die Tür öffnen wollte, fragte Faith uns „Wie wäre es, wenn ihr beide morgen Abend zum Essen vorbei kommt? Ich würde gerne etwas für euch kochen!“ Das hörte sich fantastisch an, meiner Meinung nach.

Doch Haytham sah mich fragend an und ich konnte verstehen, dass er lieber so viel Zeit wie möglich mit mir verbringen wollte. Aber es wäre nur ein Abendessen, den Rest des Tages hatte er ja mich für sich alleine! Also stimmte ich ihr zu. „Das ist eine großartige Idee, dann wäre es wie ein Abschiedsessen für mich unter Freunden!“ meinte ich freudestrahlend. „Was hast du denn geplant?“ fragte ich neugierig und erntete schon wieder so einen seltsamen Blick von meinem Verlobten. Fragte man nicht danach? Wieder eine Lektion die ich wohl noch lernen musste.

„Oh nichts großartiges. Nur ein Ragout, das Rezept habe ich von Cassidy und wollte es schon lange einmal ausprobieren!“ meinte Faith und sah mich erwartungsvoll an. „Hört sich hervorragend an, ich liebe Ragout.“ sagte ich nur, denn ich liebte Fleisch über alles. Und diese irischen Gerichte waren einfach ein Traum.

Nachdem wir uns für den morgigen Abend verabredet hatten, verabschiedeten Haytham und ich uns. Aber nicht ohne noch einmal meiner Freundin einen lange Kuss zu geben.

Kapitel 41

 

*** Sightseeing und ein netter Plausch ***




Wir machten uns also auf den Weg zurück zum Fort George, nicht jedoch mit einer Kutsche sondern zu Fuß. Ich wollte gerne noch etwas von der Stadt sehen, bevor ich übermorgen abreiste. So war mein Plan, auch wenn es mir schwerfiel!

Ich hing während dessen ein wenig meinen Gedanken nach und ließ die letzte Nacht noch einmal Revue passieren. Ich konnte sie immer noch fühlen, sie riechen und schmecken. So schnell würde ich das nicht vergessen und diese Erinnerung würde mir durchaus in einsamen Nächten helfen!

Auch dachte ich daran, was mein Verlobter dann ab jetzt machen würde. Ich hatte wieder ein dumpfes Gefühl von Eifersucht in meinem Hinterkopf. Würden sie zu dritt so eine Nacht noch einmal wiederholen? Würde Haytham sich darauf einlassen? Irgendwie wollte es aber nicht so recht zu ihm passen, er war ein treuer Mensch, dieses Vertrauen musste ich ihm einfach zugestehen.

Mein Herz sträubte sich gegen eine Rückreise, es wollte nicht verstehen, dass es wichtig war, erst einmal abzuschließen. Mein Bauch musste also bestimmen! Und ich fällte eine Entscheidung! Ich sollte übermorgen wieder zurück gehen. Denn je länger ich wartete, umso später konnte ich wieder bei ihm sein.

„Du denkst darüber nach, wann du wieder zurück gehen wirst, mi sol?“ fragte er mich traurig. Achja, das fehlerhafte offene Buch in seiner Gegenwart!

„Ich muss, Haytham. Je länger ich bleibe, umso länger muss ich an meine Forschungen und alles andere hängen und würde noch später erst wieder zu dir zurück können.“ versuchte ich mich selber zu trösten und mein Herz zu überzeugen, doch so wirklich klappen wollte es nicht.

„Das weiß ich, Alex. Aber warum tut es einfach weh, wenn ich weiß, dass du dann nicht mehr bei mir bist? Ich habe die ganzen Tage bis jetzt nicht darüber nachgedacht, weil es weit weg war. Es war, als wenn ich es vergessen hätte.“ fragend sah er mich an und ich wusste darauf keine Antwort.

„Mi amor, ich weiß nicht warum. Mir geht es ja genauso, immer wenn ich in deiner Nähe bin, ist mir alles egal und ich vergesse, wo ich gerade bin. Aber weißt du, was mich dieses mal etwas aufmuntern wird, wenn ich gehe?“ ich sah ihn erwartungsvoll an und hoffte, dass er aus mir lesen konnte.

Ein Grinsen erschien um seinen Mund. „Ja, beim nächsten Mal gibt es keinen Abschied mehr! Also werde ich jetzt nur noch warten können?“ seine Hand hatte sich auf meine Wange gelegt. „Vorerst ja, aber nicht, dass du mir Dummheiten anstellst und ohne mich Abenteuer erlebst!“ lachte ich zu ihm auf.

„Keine Sorge, ich werde jeden Schurken extra für dich verschonen, damit wir sie gemeinsam erledigen können!“ jetzt schlang er wieder seine Arme um meine Taille und sah zu mir hinunter. „Was hast du nur gemacht, dass ich alles um mich herum mit anderen Augen sehe. Und wenn du nicht bei mir bist, dann ist alles irgendwie... leblos!“

Auch darauf gab es keine einleuchtende Erklärung. „Das würde ich auch gerne wissen, mi amor. Aber ich liebe es, wenn ich völlig blind bin wegen dir!“ ich zog seinen Mund zu mir und gab ihm einen langen Kuss.

Haytham führte mich kreuz und quer durch die Stadt und zeigte mir einige Sehenswürdigkeiten und wieder ärgerte es mich, dass ich nicht einfach mal ein Foto machen konnte. Diese Bauten wird es bald so nicht mehr geben, was in diesem Moment für mich auch schwer vorstellbar war. So verbrachten wir den Vormittag bis zum Mittag und gingen dann langsam zurück zum Fort. Am Nachmittag wollte mir mein Verlobter noch das Hospital zeigen, in welchem Faith tageweise arbeitete. Ich hatte so etwas ja auch noch nie gesehen und war gespannt, wie der Standard wirklich ist und ob die Geschichtsschreiber recht hatten.

Das Mittagessen war eine Wohltat und als ich nach oben ging um mich umzuziehen, den Ornat von Faith wollte ich nicht die ganze Zeit anbehalten, kündigte sich ein Besucher für Haytham an. Ich hörte ihn nur genervt sagen „Wer ist es denn? Eigentlich habe ich dafür gerade jetzt keine Zeit!“ Ich wollte nicht in der Haut seines Gastes stecken, mit so einer Laune war nicht gut Kirschen essen mit ihm.

Im Ankleidezimmer angekommen, stand ich wieder vorm Spiegel und begutachtete mich ein weiteres Mal. Mein Gesicht sah allmählich sehr bunt aus, mein Kinn war immer noch leicht geschwollen und ich hatte durch den Schlafmangel Augenringe bis zum Boden. Aber mein Gemüt erhellte sich, als ich über den Stoff meines Gewandes strich. Es fühlte sich fantastisch an und ich überlegte, was ich meiner Freundin vermachen konnte, so als Dankeschön. Ich hasste es immer, wenn ich selber nichts geben konnte. Ich fühlte mich dann immer sehr sehr unwohl!

Doch zuerst pellte ich mich aus den Stoffen und quälte mich in ein einfaches Kleid und Korsett. Es war das schwarze wollene Kleid mit einem sittsamen weißen Schultertuch. Mittlerweile konnte ich mich selber einschnüren, doch ich war etwas nachlässig, ich war noch zu satt vom Essen. Fertig angezogen fing ich an, meine Haare zu richten. Diese hatten in der letzten Nacht ganz schön gelitten, aber ich würde heute Abend ein Bad genießen und hoffte, ich wäre dann nicht alleine in der Wanne!

Als alles an Ort und Stelle war, ging ich hinunter und hörte, wie eine Männerstimme lautstark mit Haytham über eine Zusammenkunft diskutierte, welche in den nächsten Tagen anstand. Beide Herren hatten aber verschiedene Ansichten, was die anwesenden Personen anbelangte. Und schon bekam ich ein schlechtes Gewissen, ich hatte Master Kenway von seinen Verpflichtungen abgehalten.

Unschlüssig, was ich jetzt tun sollte, ging ich hinaus in den Hof und auf die Fortmauer. Ich musste mich dringend mit den politischen Einzelheiten auseinandersetzen, damit ich nichts verpasste und nichts falsch machte. Das hätte fatale Folgen und plötzlich tauchte dieses Bild in meinem Kopf auf, in welchem Connor seinen Vater ermordete. Nein, soweit würde ich es nicht kommen lassen! Es wird einen Weg geben, DAS zu verhindern, schwor ich mir.

„Mrs. Frederickson, ist alles in Ordnung?“ hörte ich hinter mir Sybill leise fragen. Ich drehte mich zu ihr um. „Ja, es ist nichts. Ich hänge nur meinen Gedanken nach, solange Master Kenway beschäftigt ist, habe ich ja nichts zu tun.“ lächelte ich sie an.

„Wollt ihr mir vielleicht Gesellschaft leisten? Denn ich muss noch einige Früchte kleinmachen fürs Einkochen und diese Arbeit ist so eintönig, da kann ich eine nette Gesprächspartnerin gut gebrauchen!“ lächelte sie mich an und zog mich einfach mit sich.

Wir setzten uns auf die kleine Bank, die draußen vor der Küchentür stand und sie fing an, das Obst kleinzuschnippeln. Auf dem Tisch vor uns standen schon zwei riesige Schüsseln, die nur darauf warteten, gefüllt zu werden. Als ich sie so beobachtete dachte ich nur, dass sie ein ordentliches Tempo an den Tag legte. Da konnte man neidisch werden, ich hätte mir dabei schon zig Mal in den Finger geschnitten. Beeindruckend, das war sie!

Unsere Unterhaltung führte uns zu den Männern, welche es einem nicht immer leicht machten. „Wisst ihr, Mrs. Frederickson. Wenn ihr unseren Master Kenway dann bald ehelicht, verspreche ich euch, er wird euch ein guter Ehemann sein. Als ihr damals abgereist ward, war er unausstehlich und einfach nicht mehr er selbst. Und jetzt? Ich erkenne ihn gar nicht mehr wieder. Und...“ sie wurde rot und druckste ein wenig rum. „... und ich würde mich freuen, wenn wir hier auch bald kleine Kinderfüße hören würden!“ ihr Blick war tränenverschleiert, als sie zu mir hinüber blickte.

„Mrs. Wallace... das... also ich weiß nicht... ich bin ja schon über 40 und...“ plötzlich sah sie mich mit großen Augen an und besah mich staunend von oben bis unten. „Wie macht ihr das? Ihr seht nicht älter als 30 aus oder eben in Master Kenways Alter.“ Immer noch staunend saß sie da und hatte das kleine Messer in ihrer Hand völlig vergessen.

„Ähm, danke für das Kompliment, aber doch, ich bin wirklich schon 43 Jahre alt. Haytham ist der Ansicht, dass ihn mein Alter nicht interessiert. Doch was ist, wenn er auch Kinder haben möchte?“ fragte ich sie jetzt einfach ganz offen.

„Ich denke, dass liegt nicht unseren Händen... Aber es gibt sicherlich einige Kräuter und Essenzen, die euch bei diesem Wunsch helfen würden.“ mit einer verschwörerischen Miene, als würde sie mir Drogen verkaufen wollen, sah sie mich an. Ich musste grinsen und meinte nur, dass ich auf das Angebot dann sicher noch zurückkommen werde.

„Auf welches Angebot, mi sol? Willst du etwa Handel treiben hier?“ kam es belustigt von meinem Templer und er kam ebenfalls nach draußen. Als er mich jetzt ansah, mit den verschränkten Armen vor der Brust, fiel mir seine Präsenz und Autorität wieder auf. Doch ich erhob mich nur und stellte mich vor ihm auf die Zehenspitzen und gab ihm einen vorsichtigen Kuss auf die Wange. „Mi amor, es gibt einfach Dinge und Themen, die einen Mann nicht unbedingt zu interessieren haben sollten!“ meinte ich mit einem breiten Grinsen an Sybill gerichtet und diese nickte mir ebenfalls grinsend zustimmend zu.

„Also schön, dann habt ihr Frauen also doch tatsächlich Geheimnisse vor uns.“ kam es gespielt entrüstet von ihm. Ein Glucksen meinerseits schien ihn zufrieden zustellen und wir gingen wieder hinein.

Kapitel 42

 

*** Gedanken zu den Göttern und die Rückkehr ***




Jetzt wurde er etwas ernster und sah mich schon fast bittend an. „Alex, ich muss heute Nachmittag dringend einem Treffen beiwohnen. Und...“ ich ließ ihn nicht ausreden. „... ich weiß, ALLEINE. Geh ruhig, ich habe dich vermutlich schon wieder zu lange von deiner Arbeit abgehalten. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen deswegen, Haytham. Ich finde sicherlich eine Beschäftigung.“

Erleichtert sah er mich an. „Es wird bestimmt auch nicht lange dauern, aber diese Kolonisten fühlen sich immer mehr übergangen und ich finde, da sollte man möglichst früh einschreiten!“ Oh, wenn du wüsstest, ging es mir durch den Kopf. „Alex! Ich kann schon wieder in dir lesen!“ verdammt... „Es tut mir leid, aber es wird auch nicht wirklich besser werden in Zukunft hier. Doch du darfst nicht aufgeben, Haytham. Versteh mich nicht falsch, es ist wichtig, dass jeder für seine eigenen Ziele einsteht! Aber der Weg... es wird dauern!“

„Das befürchte ich auch. Aber vielleicht kann man den Weg schon einmal ein wenig ebnen.“ meinte er hoffnungsvoll. Wie gerne würde ich sagen, dass er oder auch alle anderen diesem Traum nur nachrennen, jedoch nichts wirklich handfestes erreichen werden. Noch nicht!

„Ich werde mich jetzt umziehen, mi sol.“ sagte er noch und ging nach oben. Ich sah ihm hinterher und dachte daran, wie es dann sein wird, wenn ich ganz hier wäre. Mein Blick fiel auf den Verlobungsring und es fühlte sich immer noch ein kleines bisschen unwirklich an.

Dann sollte ich mir eine Beschäftigung suchen und ich wusste auch schon, was ich machen werde. Ich werde weiter an meinem Plan arbeiten und noch ein wenig über die nordischen Götter lesen. Haythams Sammelsurium aus Büchern bot sicherlich genügend Material, auch wenn ich einige Bücher wälzen musste.

Zuerst jedoch bat ich in der Küche um einen Kaffee und damit bewaffnet ging ich dann ins Arbeitszimmer. Meine Notizen lagen immer noch dort, aber der Tintenfleck war entfernt worden und ein neues kleines Fässchen stand auf dem Tisch. Ich las die Seiten noch einmal und fing dann an, die Regale abzusuchen.

Haytham kam herein, als ich mich gerade wieder mit einem dicken Schreibwerk gesetzt hatte. „Wie ich sehe, brauche ich mir keine Gedanken machen, dass du Langeweile hast, mi sol!“ meinte er grinsend. „Nein, ich kann mich sehr gut beschäftigen, Haytham!“ lächelte ich ihn an. Dann verabschiedete er sich mit einem langen Kuss und ich fing an zu lesen.

Die nordischen Götter... so so... Dann mal los. Doch die Todsünden und Cherubs ließen mich auch nicht wirklich los. Wenn Faith aber Recht hatte mit Freya, dann sollte ich dem als erstes nachgehen. Vielleicht würde ich dann auch auf eine Verbindung zu den anderen stoßen oder einen Hinweis auf weitere Artefakte finden.

Andeutungen gab es genug, immer wieder ist in den Schriften und der Edda die Rede von Schmuckstücken, welche reich verziert sind, ob nun mit Zeichen und Runen oder einfach nur Mustern. Je länger ich über diese Dinge las, desto öfter stolperte ich über die Zahl 4. Es wurde immer und immer wieder von 4 Göttern, 4 wichtigen Zeichen und Schmuckstücken berichtet.

Wenn unsere Vermutung richtig ist, dann haben wir bereits 1 Göttin und 1 Schmuckstück. Freya und das Brisingamen. Wo war jetzt aber der Rest? Als ich kurz innehielt und meine bisherige Arbeit betrachtete, sah ich, dass es schon wieder über 5 Seiten geworden sind. Lässt man mich einmal mit Büchern alleine, vergaß ich alles um mich herum. Doch ich war, meiner Meinung nach, schon ein ganzes Stück weiter.

Also... Götter... 3 fehlten noch. Wenn ich jetzt einen Vergleich mit den Todsünden anstellte, welche anderen nordischen Wesen könnten dann in Frage kommen? Wer war böse und manipulativ? Denn DAS war es, was uns damals alle so zornig gemacht hatte, als Haytham besessen war.

Ich stieß auf Loki! Seines Zeichens Gestaltwandler, Dieb des Brisingamens und Mörder von Balder! Hmmm, das wäre eine Möglichkeit. Aber ich notierte mir schon mal seinen Namen und las dann über seine Brüder weiter. Byleist und Helblindi, doch die gaben nichts spannendes preis, also eine Sackgasse. Loki war Odins Blutsbruder und er war es, der ihm auch Sleipnir schenkte. Wie es dazu kam ist schon sehr hanebüchen erzählt, aber als Gestaltwandler wohl nicht ausgeschlossen.

Loki ließ mich nicht los, denn es würde passen! Dann würde ihm auch einer der Armreifen zugeordnet werden können. So dachte ich mir das. Jetzt müsste ich aber noch wissen, wie ich an dieses Schmuckstück kam. Aber über ihn gibt es keine beschriebenen Artefakte oder ähnliches. Also stellte ich das noch einmal hinten an.

Dann blätterte ich ohne Ziel weiter und stieß auf den Namen Idun (klingt wie eine Versicherung und so war es auch, fast). Die Erneuernde, die Verjüngende und und und. Sie ist die Hüterin der goldenen Äpfel und in diesem Moment wurde ich stutzig. Kann es sein, dass diese Idun für die Edenäpfel verantwortlich gemacht werden kann? Denn dann hätte ich eine Göttin und ein Reiseartefakt welches es zu suchen galt. Doch ich hatte ein Schmuckstück, einen der goldenen Äpfel hatten wir bereits in unserem Besitz und auch die Templer besaßen einen solchen.

So notierte ich auch Idun. Das ging ja schneller als gedacht. Doch noch fehlte ein Gott oder eine Göttin. Mir taten aber langsam die Augen weh, weil das Licht hier nach ließ und ich machte mich auf den Weg in die Küche, ich hatte Durst.

Sybill sah mich und fragte, ob sie mir etwas bringen könne. „Ihr könntet mich glücklich machen mit einem Kaffee, Mrs. Wallace!“ meinte ich lächelnd und ließ mich auf die Bank vor dem Tisch nieder. Eigentlich war es bald Zeit für das Abendessen, doch mein Verlobter war noch nicht zurück. Ich hoffte, dass alles gut verlaufen würde und er in seinem Vorhaben nicht blockiert wurde oder auf große Hindernisse stieß.

Gerade als ich mit meinem Kaffee wieder ins Arbeitszimmer wollte, erschien Haytham mit einem mürrischen Ausdruck im Gesicht. Also war die Versammlung nicht so gut gelaufen, schade, dachte ich mir. „Mi amor, du siehst nicht gerade glücklich aus. Was ist denn passiert?“ seufzend sah er mich an und gab mir einen langen Kuss zur Begrüßung. „Alex, es ist einfach anstrengend, wenn man nicht durchdringt zu den Ratsmitgliedern. Sie alle sind so wahnsinnig verbohrt und wollen keine Veränderungen zulassen. Wie soll man aber weiter kommen, wenn man sich auf nichts Neues einstellen will? Veränderung braucht aber nun einmal Mut und Entschlossenheit. Dies fehlte heute auf jeden Fall allen Anwesenden!“ und wieder seufzte er nur.

Ich nahm ihm seinen Gehrock ab und folgte ihm nach oben. Meinen Kaffee hatte ich aber immer noch in der Hand und den würde ich nicht verschwenden. Im Ankleidezimmer hing ich seine Garderobe an den Kleiderschrank und als ich ins Schlafzimmer trat, saß mein Verlobter mit grüblerischer Miene auf dem Bett und starrte auf den Fußboden.

„Haytham, du scheinst noch andere Gedanken zu haben. Willst du darüber reden?“ fragte ich leise und setzte mich neben ihn. Er sah mich erstaunt an. „Wenn ich ehrlich bin, ja. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass du mir nicht sagen wirst, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege, oder? Weil du ja weißt, was in den Kolonien passieren wird und wie es enden wird, da gehe ich einfach von aus!“

Da hatte er Recht, auch wenn ich nicht zu 100% die Geschichtsdaten im Kopf hatte, so wusste ich doch ein bisschen darüber. „Wenn es nichts gravierendes ist, dann kann ich dir sicherlich ein paar Details berichten. Doch wenn es um wirklich geschichts-schreibende Dinge geht, dann natürlich vorerst nicht.“ Aber WAS waren denn Ereignisse, die man als solche bezeichnen konnte? Es war doch einfach ALLES, schon die kleinste Kleinigkeit konnte entscheidend sein.

„Es geht einfach nur darum, dass wir für die Kolonisten keine weiteren Steuern und Verpflichtungen haben wollen. Sie sollen sich erst einmal hier niederlassen können und leben können. Doch es wird erschwert durch diese unsinnigen Summen, die der König verlangt.“ sein Blick war fragend.

„Diese Steuern werden in den kommenden Jahren immer absurder Haytham, leider. Und niemand kann etwas unternehmen. Noch sind die Männer und Frauen HIER nicht soweit, auf die Barrikaden zu gehen. Doch es wird passieren! Und dann... kommen auch Veränderungen, aber es wird dauern, einige Jahre noch. Doch friedlich wird es nicht ablaufen, das kann ich dir schon mal sagen!“ erklärte ich ihm, auch wenn es sehr, sehr grob geschildert war.

„Das heißt, du wirst in eine Zeit zurückkehren, die eigentlich gefährlich für dich sein könnte?“ fragte er mich völlig erstaunt und ich sah ihn auch nur mit offenem Mund an. „Wie kommst du plötzlich auf diesen Gedanken? Das hat doch gerade ...“ doch ich konnte nicht ausreden.

„Mi sol, doch... es sind meine Gedanken. Ich will nicht, dass du zu mir zurückkommst und in Gefahr leben musst. Das werde ich nicht zulassen!“ meinte er so rigoros, dass ich mich schon fast nicht traute, zu widersprechen! Doch ich tat es! „Mi amor, es ist MEINE Entscheidung! Und ich habe eine Verpflichtung, diese werde ich sicherlich nicht aufgeben. Und... wir werden das dann gemeinsam hinbekommen! Ich glaube daran, Haytham!“ ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn.

„Deine Zuversicht ist ansteckend, Alex. Ich hoffe, du behältst recht und wir werden uns erfolgreich gegen diese Widrigkeiten durchsetzen können!“ jetzt lächelte er mich an und gab mir ebenfalls einen langen Kuss. Die Störung ließ nicht lange auf sich warten, Jones teilte uns mit, dass das Abendessen serviert war.

Kapitel 43

 

*** Ich weiß etwas, was du nicht weißt ***




Haytham seufzte nur und sah mir entschuldigend in die Augen. ER konnte ja nichts dafür, also müsste er leider bis zum Nachtisch warten. „Wir werden nachher weitermachen, mi amor. Ich denke mal, du wirst ja wissen, wo du aufgehört hast!“ sagte ich süffisant mit einem tiefen Augenaufschlag. „DARAN werde ich auf jeden Fall denken, mi sol. Keine Sorge!“ und seine Hand wanderte unter meinen Rock die Innenseite meiner Oberschenkel hinauf, ließ aber unverrichteter Dinge schnell von mir ab. „Das ist unfair, Master Kenway!“ gab ich maulend von mir!

„Ich weiß!“ kam es nur mit einer rauen Stimme von meinem Verlobten! Er zog mich hoch und küsste mich, dann gingen wir hinunter.

Im Esszimmer waren aber vier Gedecke und ich sah ihn fragend an. „Oh, ich hatte ganz vergessen, dass Master Johnson auch auf der Versammlung war und uns Gesellschaft heute Abend leisten wollte mit seiner Ehefrau!“ meinte Haytham entschuldigend. „Das hättest du mir doch sagen müssen, wie sehe ich denn aus? Völlig zerzaust und … Haytham, ich habe einfach nur was unscheinbares an.“ meckerte ich ihn jetzt an, ich war wirklich sauer. So wollte ich bestimmt keine Gäste empfangen, dass machte ja einen unglaublich guten ersten Eindruck.

„Ich denke, du hast aber nicht mehr genügend Zeit, mi sol. Und es tut mir leid, aber... ich war ein wenig abgelenkt gerade!“ sagte er wieder entschuldigend und ließ seinen begierlichen Blick über mich gleiten. „DAS habe ich gemerkt, doch ich gehe schnell nach oben. Dauert auch nicht lange!“ rief ich ihm noch über die Schulter zu und eilte schon die Treppe nach oben!

Im Spiegel besah ich mein Haarchaos, doch das ließ sich schnell beseitigen. Und ich müsste mir auch nur ein anderes Kleid überwerfen. Doch welches... das war die Frage. Für einen Moment stand ich vor dem Kleiderschrank und wusste nicht, welches ich nehmen sollte. Zieh das dunkelblaue mit den silbernen Stickereien an, dass steht dir! Ich sah neben mir die Silhouette von Edward. „Du denkst also, du bist mein neuer Kleidungsberater?“ fragte ich lachend. "Wenn du dich nicht entscheiden kannst, dann ja." Meinte er ebenfalls lachend. „Dann werde ich wohl deinen Rat annehmen, Edward.“ Das will ich meinen, Mrs. Frederickson. Und wo wir gerade dabei sind, ich kam nicht umhin dein Gespräch vorhin mit anzuhören. Ich bin wieder einmal erleichtert, das DU meinem Sohn beistehst und dass du so mutig bist, es mit dieser kommenden schlimmen Zeit aufnehmen willst. Ich weiß, du hasst diese Verpflichtung, doch es ist für mich gut zu wissen, dass ich mich richtig entschieden habe. Und jetzt... geh. Du siehst atemberaubend aus! Ein breites Grinsen von meinem Piraten und er war wieder in der Versenkung verschwunden.

Würde er mir immer mal wieder solche Ratschläge erteilen? Es war für mich immer noch sehr unheimlich, aber auf der anderen Seite unglaublich beruhigend zu wissen, dass Edward mich leitete.

Ein letzter Blick in den Spiegel und ich ging hinunter. Im Esszimmer waren bereits die Eheleute Johnson mit Haytham in ein Gespräch vertieft, doch sie unterbrachen es, als ich eintrat. William begrüßte mich mit den anerkennenden Worten, ich sähe fantastisch aus und stellte mich dann seiner Frau vor. Catherine Johnson hieß sie, ein wie ich fand, wirklich schöner Vorname. Damit war die Begrüßung durch und wir gingen zu Tisch.

Während des Essens hielten sich die Herren mit politischen Themen zurück, doch ich sah, dass beide darauf brannten, endlich ihre vermutlich vorhin angefangene Diskussion beenden zu können. Bei Tisch war es nicht gern gesehen, solche Themen anzuschneiden.

Nach dem Essen ging es dann in den Salon und siehe da, sie konnten endlich drauflos reden. Ich musste grinsen, in Haythams Augen las ich einfach diese Erleichterung, jetzt endlich weitermachen zu können. Hatte ich angenommen, dass Mrs. Johnson sich lieber anderen Themen zuwandte, so war ich ehrlich gesagt erstaunt. Auch sie brachte sich in die Diskussion mit ein und ich tat es ihr gleich. Und so entbrannte eine spannende Debatte darüber, wie es denn weitergehen könne, mit welchen Mitteln man seine Ziele durchsetzen konnte.

Mrs. Johnson war eine Wohltat, sie war klug und gebildet und wusste, was sie wollte. Sie war mir sehr sympathisch, gerade auch, weil ihre Ansichten meinen glichen und das Gespräch war zwar hitzig, aber entspannt!

Irgendwann gegen 22 Uhr verabschiedeten sich die Eheleute Johnson dann und wünschten mir noch eine gute Heimreise und sie würden sich freuen, mich bald wieder zu sehen. Und da war er wieder, dieser leise Stich, dass es noch einige Jahre dauern würde! Ich antwortete nur, dass ich mich ebenso freuen würde und es nicht abwarten könne. Und das war noch nicht mal gelogen!

Als wir dann wieder alleine waren, saß ich an meinen Verlobten gelehnt auf dem Sofa vor dem Kamin, hielt mein Glas Wein in der Hand und betrachtete diesen gedankenverloren. „Mi sol, ist alles in Ordnung. Du bist auf einmal so still.“ kam es etwas vorsichtig von Haytham. „Hmmm? Doch doch... es ist alles in Ordnung. Ich dachte nur gerade an die Johnsons, sie sind sehr angenehme Gesprächspartner und Gäste. Ich wusste gar nicht, dass Master Johnson verheiratet war. Das muss ich wohl überlesen haben!“

„Wie, du hast es überlesen? Du kennst ihn aus Aufzeichnungen?“ meinte Haytham erstaunt. „Ja, ich habe über ihn gelesen. Genauso wie über Charles, Thomas, Benjamin und Jonathan.“ gab ich jetzt mein Wissen zum Besten und erntete einen weiteren fragenden Blick. „Haytham, ich musste doch wissen, wer dich so umgibt. Ich kann doch nicht völlig ins Blaue agieren, ohne überhaupt einen Anhaltspunkt zu haben.“ gab ich als Erklärung.

„Das ist mir bewusst, aber... ich vergesse immer wieder, dass du Einsicht in Dinge hast, die ich nicht verstehe. Aber seis drum, dann kennst du diese Männer ja, einige mehr, andere weniger und mindestens einen, den du davon hasst!“ meinte Haytham zynisch! „Ja, EINEN auf jeden Fall! Aber... es gibt da einen Mann, der es mir weitaus mehr angetan hat und der sitzt hier neben mir!“ sagte ich in meiner verführerischsten Stimme die mir möglich war und sah in seine wahnsinnig grauen Augen.

„Aha... ich wüsste nicht wen ihr meinen könntet, Mrs. Frederickson!“ sagte mein Verlobter nur und zog mein Kinn zu sich hoch und legte seine Lippen auf meine und ich spürte sein Verlangen! Langsam stellte ich mein Glas ab und setzte mich auf seinen Schoss. „Master Kenway, muss ich euch tatsächlich noch darüber aufklären, dass es einen Mann in meinem Leben gibt, der mich alles vergessen lässt?“ fragte ich mit leicht stockendem Atem.

„Nein, ich denke, ich weiß, wen ihr meint und ich bin der Ansicht, wir sollten das Ganze jetzt im Schlafzimmer weiter besprechen. Eure Manieren lassen schon wieder zu wünschen übrig, Mrs. Frederickson.“ kam es schwer atmend von Haytham und seine Augen waren so dunkel, dass man meinen könnte, sie wären schwarz.

Mit einer Leichtigkeit hob er mich hoch und trug mich nach oben. Haytham schloss die Tür und drückte mich dagegen und sein Kuss war fordernd! Und wieder einmal befand er, dass die Kleidung gerade unwichtig war und nahm mich einfach, ohne große Worte. Wer behauptet, dass ginge nicht, der hat so etwas noch nicht erlebt. Ein Fingerschnippen genügte, eine Berührung mit der Hand oder einfach nur dieser lüsterne Blick, reichten aus, um aus mir ein hilfloses Häuflein zu machen und ich genoss es.

Und so war diese Nacht von einigen Lektionen gespickt, die ich aber gerne annahm. Mein Hintern würde es mir nicht unbedingt danken morgen früh, aber das war mir völlig egal! Irgendwann lag ich neben meinem Verlobten und versuchte wieder zu Atem zu kommen. „Mi sol, ich habe Angst davor, wenn du nicht bei mir bist, dass du alles vergisst.“ kam es plötzlich von Haytham. Erschrocken sah ich ihn an. „Wie? Was soll ich vergessen? Dich? Ich...“

„Ja, auch! Doch... also... wenn du dann alleine bist, in deiner Zeit und...“ er druckste herum, wollte er mich etwa fragen, ob ich ihm untreu werden könne? Ich unterbrach ihn etwas unwirsch. „Haytham dein Ernst? Ich würde mir doch nicht jemand anderen suchen, nur weil ich gerade … ich... weiß ehrlich gesagt nicht, was ich gerade davon halten soll. Denn ich hoffe, DU wirst dir nicht einfach so eine andere Frau fürs Bett holen?“ fragte ich ihn jetzt etwas lauernd.

„Was? Nein, warum sollte ich?“ mein Verlobter saß jetzt vor mir und schaute mir in die Augen. „Warum glaubst du wohl, habe ich dich so oft, wenn du noch geschlafen hast, beobachtet? Doch nur, um mir dich und deinen Körper genauestens einprägen zu können für diese doch sehr … einsamen Stunden!“ und ein breites Grinsen erschien auf seinem Mund.

„Dann sind wir uns ja einig, mi amor. Die einsamen Nächte werde ich nämlich mit eben solchen Augenblicken von dir überstehen!“ hauchte ich ihm jetzt ins Ohr und spürte wie eine Gänsehaut über seinen Körper lief. „Ich würde dann zu gerne Mäuschen spielen, Master Kenway!“ und wieder fühlte ich einen Schauer über seinen Körper laufen!

„Da wären wir dann schon zu zweit, Mrs. Frederickson.“ meinte er mit der mir so vertrauten rauen Stimme und schlang die Bettdecke um uns und begrub mich unter sich. Noch gab es aber keine einsamen Stunden, noch gab es uns beide gemeinsam und wir nutzten diese letzten Momente.

Kapitel 45
 

*** Wer braucht schon Regeln für die Zeitreise? ***




So in meine Gedanken versunken ging ich weiter und fand mich irgendwann bei einer Kirche wieder. Ein kleiner Holzbau, nichts ausladendes. Davor war ein kleiner beschaulicher Friedhof, wo gerade eine Beisetzung statt fand. Wie ich so etwas immer hasste, auch wenn ich nicht selber betroffen war, trieben mir solche Szenen Tränen in die Augen. Ich blieb dennoch am Zaun stehen und sah einfach auf die Trauergäste. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. „Da bist du ja, mi sol. Warum schaust du bei einer Beerdigung zu?“ fragte mich Haytham neugierig.

„Ich weiß es nicht, als ich hier vorbei kam, fingen sie gerade an und... ich bin einfach stehen geblieben. Ich hasse solche Szenen eigentlich.“ meinte ich nur und drehte mich zu ihm um. In seinem Gesicht lag ein mürrischer Ausdruck. „Haytham, was ist los? Gab es schlechte Neuigkeiten von Mr. Driftwood?“ fragte ich.

„Ja, weil man ihn letzte Nacht in seinem Haus überfallen hat und all seine Korrespondenz entweder verbrannt oder mitgehen lassen hat. Er... er ist ein Befürworter des Königs und dazu steht er auch. Gestern auf der Versammlung hat man ihm deswegen schon mit dem Tode gedroht, wenn er nicht endlich mit den Kolonisten an einem Strang zieht. Doch er lässt sich nicht beirren, noch nicht. Aber ich arbeite daran!“ bekam ich als Antwort.

„Ja, die Loyalisten haben es nicht leicht und es wird immer schlimmer für sie in den kommenden Jahren. Aber ich sagte dir ja schon, halte an deinem Vorhaben fest und lass dich nicht von irgendwelchen Rückschritten entmutigen!“ ich sah ihn flehend an, ich wollte, dass Haytham weiter standhaft sein Ziel verfolgt. Auch das, welches mit der Zusammenarbeit der Templer und den Assassinen einherging.

„Ich befürchte, es wird ein langer Weg werden und nicht ohne Kämpfe vonstatten gehen oder?“ jetzt sah er mich einfach nur fragend an. „Nein, ohne Kampf wird es nicht gehen. Aber bis dahin bin ich wieder hier und ich werde dir zur Seite stehen, Haytham!“ er nahm meine Hand und lächelte mich an.

„Wenn ich mir vorstelle, wie du jemandem die Leviten liest, dann Gnade ihm Gott, denke ich mal. Deinen Zorn möchte ich nicht zu spüren bekommen, mi sol!“ meinte er leicht grinsend. „Du hast ihn noch nicht abbekommen, ich war immer zurückhaltend und...“ er ließ mich nicht ausreden. „Zurückhaltend? DU? Ich habe mir schon einige Male Schimpftiraden anhören müssen, Alex. Und... deine Ausdrucksweise ist mitunter sehr sehr gewöhnungsbedürftig!“ meinte er leicht tadelnd und hob eine Augenbraue.

„Verzeih mir, aber ich kann mich nicht immer beherrschen. Doch ich werde daran arbeiten! Versprochen, Master Kenway!“ und ich gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange.

„Ich werde euch daran erinnern, Mrs. Frederickson. Doch wir sollten uns langsam wieder auf den Weg zurück machen, das Abendessen bei Faith steht an und ich möchte, dass du umwerfend aussiehst.“ meinte er mit einem musternden Blick über meine Erscheinung. „Danke, Haytham, ich weiß, ich bin nicht in Topform gerade und ich habe auch kein gutes Kleid an. Aber das werde ich noch ändern!“ meinte ich gespielt maulig.

Kurz vor halb sechs waren wir wieder im Fort George. Auf dem Weg hatte ich Haytham von meiner Begegnung mit dieser Frau erzählt. Doch auch er konnte mit ihrer Beschreibung nichts anfangen, also verdrängten wir beide das Ganze.

Ich ging hinauf und fing an mich auszuziehen und wusch mich gründlich. Das kühle Wasser tat gut und ich beschloss, meine blauen Flecken jetzt doch ein wenig abzudecken. Ich hatte etwas von diesem Camouflage-Make-up mit und es wäre jetzt genau das richtige, fand ich.

Ich suchte mir das dunkelgrüne Seidenkleid aus und begann, mein Unterkleid anzuziehen. Gerade als ich mein Korsett umlegte erschien mein Verlobter. „Ah, genau richtig. Dann kann ich dir ja helfen. Deine Figur kommt in diesen Kleidungsstücken erst richtig gut zur Geltung!“ meinte er süffisant an mein Ohr gelehnt. „Ich nenne sie lieber, Folterinstrumente, Haytham. Aber... könntest du mir bitte einen Gefallen tun?“ fragte ich jetzt gespielt geziert und er sah mich überrascht an.

„Was für einen, mi sol?“ kam es etwas zögerlich. „Könntest du bitte eine Handbreit Platz lassen und mich nicht bis zum äußersten einschnüren? Ich würde schon gerne etwas essen können nachher. Faith gibt sich große Mühe und ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es nicht schmeckt!“ gab ich praktisch als Antwort.

Haytham seufzte theatralisch tief und sah mich mit einem gespielten Augenrollen an. „Aber nur unter einer Bedingung, Mrs. Frederickson.“ ein Kribbeln lief mir bei diesen Worten über den Rücken und ich konnte mir ja denken, was jetzt kam.

Doch ich fragte trotzdem „Die da wäre, Master Kenway?“

„Ihr werdet nachher eine neue Lektion bezüglich des Anstandes lernen, ohne Widerworte, habe ich mich klar ausgedrückt, Mrs. Frederickson?“ meinte er in diesem Befehlston, der mich alles vergessen ließ und ich zerfloss innerlich und hätte mich ihm am liebsten jetzt gleich schon wieder an den Hals geworfen.

Ich räusperte mich und straffte die Schultern! „Wie ihr wünscht, Master Kenway.“ und sah in seine dunklen grauen Augen. Dann erschien ein jungenhaftes breites Grinsen auf seinen Lippen.

„Master Cormac wartet leider auf uns, mi sol. Ich möchte nicht zu spät erscheinen, auch... wenn ich gerade ganz andere Dinge im Kopf habe!“ frustriert seufzte er und fing an, mein Korsett nach meinen Wünschen zu schnüren. Als wir fertig waren, führte er mich hinunter und wir stiegen in die Kutsche.

Für einen kurzen Moment musste ich wieder einmal an die gemeinsame Nacht mit Faith, Shay und Haytham denken und schmunzelte in mich hinein, eine dezente Röte stieg in mein Gesicht und ich dachte nur noch Auch sie wirst du wahnsinnig vermissen!

„Oh Alex, du bist wirklich unmöglich. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich so eine Nacht sicherlich noch einmal wiederholen wollen würde.“ grinste er mich an und ich sah, dass er es ernst meinte. Diese Hoffnung hatte ich ebenfalls! Doch das würde vorerst weit hinten in der Agenda stehen.

Wir kamen gegen 19 Uhr abends am Fort Arsenal an und wurden von Marge freudestrahlend begrüßt und sie brachte uns in den Salon. Dort wartete Faith mit Shay bereits. July war schon im Bett, wie es aussah. Schade, dachte ich noch, so konnte ich mich von der Maus nicht mehr verabschieden.

Shays Begrüßung fiel wie immer etwas zurückhaltend aus, doch ich ließ es mir nicht nehmen, Faith in den Arm zu nehmen und ihr einen vorsichtigen Kuss zu geben. Ich konnte es nicht sehen, aber ich fühlte regelrecht wie Haytham mit den Augen rollte und musste breit grinsen. Damit hätten wir die Begrüßung und nun ging es zum Esszimmer und es roch schon fantastisch. Meine Freundin hatte tatsächlich Cassidys Ragout gekocht und ich freute mich darauf. „Ich wusste, du magst es!“ stupste sie mich. „Oh, du glaubst gar nicht, wie sehr ich irisches Essen mag. Obwohl ich mich eigentlich eher zu den Dänen zugehörig fühle .. aber die Iren, auch wenn einige HIER mir nicht wohlgesonnen sind, haben es mir angetan.“ Diesen Seitenhieb mit passendem Blick in Richtung Master Cormac konnte ich mir nicht verkneifen.

Auf der anderen Seite, es war mein letzter Abend, er würde genügend Zeit haben, sich wieder abzureagieren. Er konnte sich ja bei seinem Großmeister über mich beschweren, sollte mir recht sein. Wir nahmen also Platz und genossen dieses Essen und ich konnte tatsächlich essen, weil ich nicht mit einer Wespentaille geschnürt war. Im Stillen freute ich mich auf die Strafe dafür nachher. Faith bemerkte meinen lüsternen Blick und grinste mich nur über ihr Weinglas an.

So konnte ich mir jetzt das Ragout schmecken lassen, natürlich nicht in riesigen Mengen, aber... doch mehr als ich hier sonst essen konnte! Faith hatte sich selber übertroffen. Und dieser Wein war einfach göttlich, auch wenn ich nicht so wahnsinnig viel davon verstand. Sie hatte mir erzählt, dass dieser aus Geschäften mit Madame de L´Isle stammte.

Ich wusste, wen sie meinte, der Name war mir ein Begriff, es war die Stiefmutter von Avéline Granpré. Dieses Kind würde später auch noch eine relativ wichtige Rolle spielen und wenn ich nicht falsch lag, sogar noch auf Connor, Haythams Sohn, treffen.

Als wir nach dem Essen wieder hinüber in den Salon gingen, fingen Haytham und Shay an darüber zu diskutieren, wie sie jetzt fortfahren sollten und zum ersten Mal äußerte mein Verlobter, dass er sich gerne hier niederlassen würde. Wo, war ihm aber noch nicht ganz klar. Ob es nun gut war oder nicht, richtig oder falsch, war mir in dem Moment egal, als ich sagte „Ich würde dir Virginia vorschlagen, Haytham. Es ist eine wunderschöne Gegend und du könntest dich mit einer Plantage sicherlich anfreunden, oder?“ Ich erntete drei verdutzte Augenpaare.

„Warum glaube ich, dass du mir gerade gesagt hast, wo ich tatsächlich ein Anwesen kaufen werde?“ grinste mich mein Verlobter jetzt an. „Nun, ich wollte nur einen Denkanstoß geben, Haytham.“ lächelte ich ihn wissend über mein Glas Wein an. Was solls, wenn ich schon eine gewisse Macht inne hatte, dann wollte ich sie bei solchen Kleinigkeiten wenigstens nutzen können.

Kapitel 46

 

*** Noch einmal die klare Luft des 18. Jahrhunderts genießen! ***




„Bruder, auch wir wissen schon etwas mehr, nämlich dass wir definitiv noch mehr Nachwuchs bekommen werden. Das hat Alex uns schon bei ihrer letzten Reise erklärt!“ und Faith strahlte ihren großen Bruder an. Ja, ich hatte von einem Enkel erzählt, der von seinem Vater trainiert wird.  Cudgel Cormacs Erwähnung!


Plötzlich meldete sich Shay zu Wort. „Also gibt es auch durchaus positives zu berichten und ich bin dafür sehr dankbar!“ sah er mich jetzt wirklich wohlwollend friedlich an?

Als wenn ich es geahnt hätte, verfielen die beiden Herren in eine Diskussion über die politischen Zustände hier, doch wenn sie dachten, dass ich sie DARÜBER weiter aufkläre, hatten sie sich geschnitten. Wenn ich erzählte, wer der erste Präsident werden würde, bräche hier die Hölle los!

Hilfesuchend sah ich zu meiner Freundin und sie nickte nur leicht Augen rollend und wir erhoben uns. Haytham und Shay schien das nicht wirklich zu stören. Gut so. Faith und ich gingen nach draußen, es war ein wirklich schöner Abend und ich genoss diese klare Luft. „Du glaubst gar nicht, wie ich diese saubere Luft hier genieße. Es ist regelrecht berauschend!“ und sah dabei zum sternenklaren Himmel.

Ich fühlte ihre Hand in meiner und sie drückte zu. „Ich würde so gerne wissen, wie es in deiner Zeit ist. Was ihr alles erreicht habt, es muss doch fantastisch sein, oder nicht?“ enthusiastisch sah sie mich an und ich hatte Skrupel, ihr diese Illusion zu nehmen. Denn es war ja nicht alles toll, genau wie hier nicht alles toll war.

Also versuchte ich, ein gewisses Mittelmaß zu finden. Positiv erwähnte ich, dass wir derzeit immer noch in Friedenszeiten lebten und dass unser Fortschritt was Medizin anging enorm war. Doch ich versuchte auch zu erläutern, dass es umgekehrt eben auch sehr viel negative Aspekte gab. Klimawandel, Bankenkrisen, Pandemien, Armut und so weiter. Dass ich Yannick eigentlich auch die letzten Jahre alleine groß gezogen habe, neben meinem Job, erwähnte ich auch. Aber im 21. Jahrhundert war das eher alltäglich als hier, daher tat ich es mit einem Achselzucken ab.

„Dann hast du es auch nicht wirklich leicht, oder? Und du bist ganz auf dich alleine gestellt gewesen mit deinem Sohn? Wie macht man das?“ kam es völlig erstaunt aus ihrem Mund.

„Man macht einfach Faith, ich hatte keine Wahl. Stell dir vor, du fällst, du stehst auf, trocknest die Tränen und machst weiter! So war es schon immer und so wird es auch immer bleiben!“ In diesem Moment dachte ich daran, was sie mir über ihre Zeit bei Charles und diesem Hermann und so berichtet hatte. Auch Faith hatte keine andere Wahl und hat genau DAS getan. Sie hat weiter gemacht.

„Faith, du würdest sehr gut in meine Zeit passen, weißt du das? Aber ich glaube, dass hatte ich dir schon einmal gesagt!“ ich musste dann doch leicht lachen... ich würde sie gerne alle einmal nur ganz kurz mitnehmen, einfach nur, damit sie sich ein Bild davon machen konnten, auch wenn es nur ein kleiner Ausschnitt wäre, wie und wo ich lebe!

Auf einmal hatte ich wieder ihr Gesicht in meinen Händen und schmeckte ihre Lippen. Es war einfach so selbstverständlich, dass ich vor mir selber erschrak. „Ich werde dich vermissen, du kleine Schottin!“ grinste ich sie an.

„Ich dich auch, du preußisches Weib!“ lachte sie und strahlte mich mit ihren blauen Augen an. Ich schlang meine Arme um sie und hielt sie fest, es fühlte sich gerade wie ein Rettungsanker an. Ich hatte das Gefühl, ich könne jetzt einfach hierbleiben und alles wäre gut.  Faith und Alex    

Ein Räuspern riss uns aus diesem Moment und ich verfluchte mal wieder das Timing meines Verlobten! „Da seid ihr ja, wir hatten euch schon vermisst!“ meinte er gespielt tadelnd und nahm mich demonstrativ und sehr besitzergreifend in die Arme. Shay tat es ihm gleich. Kann es sein, dass die beiden zwar entsprechende Fantasien über zwei Frauen im Bett hatten, aber im Umkehrschluss doch lieber ihr Revier alleine verteidigen wollten? Ich musste bei diesem Gedanken lachen, es war so typisch Mann, auf der anderen Seite aber auch sehr schmeichelhaft. Musste ich zugeben. Aber ich genoss Faiths Nähe und sie roch einfach himmlisch. Ja ich weiß, das klingt so furchtbar kitschig, doch was soll ich machen. Es war einfach so!

„Mi amor, wo sollten wir schon groß sein. Glaubt ihr, wir haben uns die Morrigan geschnappt und sind ausgewandert?“ meinte ich jetzt etwas maulig in Richtung beider Herren. Bei der Erwähnung seines Schiffes, wollte Shay schon etwa sagen, begriff aber, dass es eine rhetorische Frage war!

„Das will ich euch auch nicht geraten haben, immerhin hast du ein eigenes Schiff!“ Und wie aufs Kommando, sahen sie mich an und mir fiel ein, dass ich den Umbau ja auch in Angriff nehmen musste! „Ich muss die Jackdaw wieder zurückbauen lassen! Sonst kann ich nicht wieder hierher kommen. Und Edward würde mich einen Kopf kürzer machen, sollte ich ohne sie hier aufschlagen!“ Ich dachte überhaupt nicht über meine Wortwahl nach, sondern plapperte einfach.

Ich stöhnte laut auf. „NOCH ein Punkt auf meiner Liste. Und ich weiß gar nicht, WIE ich das machen sollte, ohne dass die Hafenbehörden das mitbekommen.“

„Dir wird schon etwas einfallen, oder nicht?“ fragte mich Faith jetzt. Ich lächelte sie an. „Ja, mir wird etwas einfallen MÜSSEN. Aber... ich schaff das schon!“

Dann sah sie mich plötzlich so komisch an. „Wann brichst du morgen auf, Alex?“ kam es jetzt etwas düster von meiner Freundin und ich sah, dass sie ebenfalls nicht so wirklich wollte, dass wieder Alltag einkehrte.

„Ich weiß es noch nicht genau, ich würde gerne noch...“ ich sah zu Haytham „... ausschlafen und dann weitersehen!“ Ich konnte es nicht gleich erkennen, aber wurde er wirklich rot?

Shay kicherte etwas unmännlich vor sich hin und erntete einen bösen Blick seines Großmeisters. Ich sah den Iren stattdessen einfach nur an und ich dachte mir, jetzt oder nie.

„Master Cormac, hättet ihr einen Moment unter vier Augen?“ sein Gesichtsausdruck war unbezahlbar. „Aber sicher, Mrs. Frederickson!“ etwas zögerlich sah er von seiner Frau zu meinem Verlobten und nickte dann.

Wir gingen Richtung Kai und standen dann alleine bei der Morrigan. Ich nahm mir mein Herz und fragte frei raus. „Master Cormac, was für ein Problem habt ihr mit mir? Habe ich euch irgend etwas getan, weswegen ihr böse auf mich sein könntet? Ihr könnt mich nicht leiden, das ist mir klar. Aber ich würde gerne wissen, WAS es ist!“

Über meine doch sehr direkte Frage verwundert, sah er mich an und schüttelte lächelnd den Kopf. „Eigentlich habe ich nichts gegen euch. Doch... ihr seid hier hereingeschneit und habt ein heilloses Chaos verursacht. Ihr habt meine Frau völlig durcheinander gebracht und mein Leben eigentlich ein Stück weit auch auf den Kopf gestellt. Und ganz zu schweigen von Master Kenway! Ihr... ihr habt ihn verändert und... ich verstehe es nicht!“ Diese ganzen Worte hatte er ohne großartig Luft zuholen raus gehauen.

Ich konnte ihn nur anstarren. „Mrs. Frederickson, wenn ich ehrlich sein darf?“ sah er mich jetzt fragend an. „Nur zu, Master Cormac, ich bin ganz Ohr!“

„Es macht mir Angst, dass es jemanden gibt, der Nachforschungen über mich anstellt, ohne dass ich es wirklich weiß. Es ist unheimlich, denn ich gehe davon aus, dass ihr in eurer Zeit sicherlich weitersuchen werdet. Ihr seid genauso neugierig wie Faith.“ wir mussten beide lachen, es war so und er hatte recht. Ich würde weitersuchen!

„Shay, verzeiht... Mas....“ doch er unterbrach mich. „Nein, ihr … könnt mich ruhig bei meinem Vornamen nennen.“ umgekehrt bot ich ihm das gleiche an.

„Shay, es ist nicht so, dass ich schmutzige Details finden will. Doch es ist erstaunlich, was über euch erzählt wird. Es werden die größten Gerüchte in die Welt gesetzt, welche einfach nicht der Wahrheit entsprechen. Wollt ihr, dass eure Nachfahren solchen Gerüchten ausgesetzt sind? Sollten sie nicht, gerade weil es die eigene Familie ist, die Wahrheit kennen?“ erwartungsvoll sah ich ihn jetzt an.

„Also wollt ihr mir wirklich nicht schaden, verstehe ich euch da richtig?“ kam es jetzt erstaunt von ihm.

„Was dachtet ihr denn? Ich hatte es doch schon erklärt, oder nicht? Ich will euch nicht in irgendeiner Form verunglimpfen oder ähnliches. Ich würde nur gerne die großen Lücken schließen. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn das erledigt ist, kennt man aber die Wahrheit, es liegt doch eigentlich auch in eurem Interesse!“ ich hatte plötzlich einen flehenden Unterton in der Stimme.

„Das läge in meinem Interesse. Aber warum nur ich, warum nicht auch Master Kenway?“ doch ich sah, dass er sich die Antwort gerade selber gegeben hatte. „Oh, ich verstehe. Sein Lebenslauf ist lückenlos denke ich mal?“

„Nicht ganz, aber ich werde mir ja einen eigenen Überblick verschaffen können. Und nein, ihr braucht ihm davon nicht berichten. Denn er weiß, dass ich das beabsichtige!“ nahm ich ihm gleich den Wind aus den Segeln.

„Alexandra, ich hoffe, dass ihr wieder hierher kommt. Ich befürchte, ohne euch wird mein Großmeister eingehen und uns allen sehr auf die Nerven gehen. Das letzte Mal war er schon unausstehlich!“ seine braunen Augen sahen mich schon fast flehend an.

„Natürlich werde ich mein Versprechen halten! Wo dachtet ihr hin?“ etwas empört sah ich ihn an. „Ich liebe diesen Mann, ich habe ihm gegenüber eine Verpflichtung und ich will bei ihm sein. Und glaubt mir, die nächsten Monate und Jahre werden nicht einfach. Weder für ihn, noch für mich und ich befürchte, für euch leider auch nicht!“ ich lächelte ihn an.

„Nein, wahrscheinlich nicht! Aber ich tue mein bestes!“ Shay reichte mir seine Hand und ich nahm sie entgegen. In einer fließenden Bewegung zog er mich in seine Arme. „Solltet ihr ihm das Herz brechen, verspreche ich euch keine ruhige Minute mehr! Templer-Ehrenwort!“

„Ähm, ja... wenn ihr das sagt. Dann habe ich jetzt noch eine Person mehr, die sauer werden könnte. Als wenn ich an Edward nicht schon genug zu knabbern hätte!“ … und ich vernahm neben mir ein empörtes „Hey, das habe ich jetzt einfach mal überhört, ist das klar?“ Ich konnte nicht mehr, ich musste lachen, auch Shay gluckste nur vor sich hin.

Kapitel 47

 

*** Die Erinnerungen werden reichen müssen! ***




Wir gingen zurück und fanden Faith und Haytham im Salon wieder. Beide sahen uns erleichtert an, was bitte hatten sie denn gedacht? Dass wir... oh... Moment... „Nein, Alex... du wirst nicht noch einen Kampf austragen!“ kam es jetzt meckernd von Haytham.

Ich schmollte ihn an „Aber ich dachte doch nur, wenn ihr schon so fragend schaut!“ doch auch Faith war der Meinung, dass es wohl eher unnötig wäre. Schade... dachte ich nur.

Es wurde Zeit, dass wir aufbrachen. Morgen gegen 11 Uhr würden sie zum Fort George kommen und mich auch noch verabschieden. Auf der einen Seite, war es mir ganz recht, doch ich hatte Angst, dass mir dann der Abschied noch schwerer fallen würde. Denn dieses mal gab es diese Option nicht, dass man mir hinterher kommen könne mit einem Schiff. Wenn ich einmal weg war, dann... ja, dann war ich weg.

Ich verdrängte es, bis dahin hatten wir noch ein paar Stunden! Als wir in der Kutsche saßen, die uns zurück zum Fort George bringen sollte, fragte mich Haytham, was ich mit Master Cormac zu besprechen hatte.

„Es war einfach auch eine Art Fronten klären und du kannst beruhigt sein, ich denke, er und ich, wir wissen jetzt woran wir sind.“ ich lächelte meinen Templer an und drückte seine Hand wie zur Bestätigung.

„Das wäre tatsächlich sehr schön, ich konnte spüren, dass er irgend etwas gegen dich hatte.“ fragend sah er mich an. „Achso, er war mir gegenüber halt immer noch skeptisch, wegen meiner Suche nach den Ereignissen, die sich in diesen Lücken seines Lebenslaufs befinden. Aber ich habe es ihm noch einmal erklärt und ich glaube und hoffe, er hat es verstanden!“ ich lehnte mich an meinen Verlobten und wäre fast eingeschlafen, doch mit einem Ruck hielt die Kutsche.

„Wir sind da, mi sol! Nicht schlafen, vergiss dein Versprechen von vorhin nicht!“ kam es jetzt mit dieser rauen Stimme vom Großmeister und mir fuhr wieder eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Achja, da war ja etwas, wegen des Korsetts. Innerlich wappnete ich mich schon mal, mittlerweile kannte ich Haythams Vorlieben.

Wir stiegen aus und Mrs. Wallace öffnete uns die Tür. „Ich hoffe, ihr hattet einen schönen Abend, Mistress Kenw... verzeiht, Mrs. Frederickson, Master Kenway.“ errötet senkte sie den Kopf. Ich fand es einfach süß und ich hoffte, dass sie immer noch die Küchenfee und Haushälterin hier war, wenn ich ganz zurückkam!

„Ja, den hatten wir. Ich denke, wir brauchen euch dann heute nicht mehr. Wir wünschen euch eine angenehme Nachtruhe, Sybill!“ meinte Haytham nur und ging mit mir zielstrebig die Treppe hinauf.

Auf einmal hatte ich ein Déjà-vu. Ich stand in diesem Schlafzimmer und wusste nicht was ich tun sollte. „Mrs. Frederickson, worauf wartet ihr?“ kam es in diesem Befehlston von meinem Verlobten. Und ich sah, dass er auf dem Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch saß und auf seine Stiefel deutete.

„Master Kenway...“ ich nickte nur und ließ mich auf die Knie sinken. Es war mal wieder eine letzte Nacht und ich hatte Angst, dass sie enden wird. Doch ich konnte es nicht mehr stoppen. Also ließ ich mich einfach vom Großmeister führen und wollte diese Hände, diese Lippen... ich wollte alles von ihm am liebsten mitnehmen!

Die letzte Nacht!

Haytham befreite mich von meinem Kleid, stand dann aber vor mir und sah mich einfach nur an. Langsam schritt ich auf ihn zu und nahm sein Gesicht in meine Hände und plötzlich sah ich, dass er Tränen in den Augen hatte. Mein Verlobter schloss sie und schlang seine Arme um mich, hob mich hoch und trug mich zum Bett.

Seine Art war plötzlich weder fordernd, noch hart... es kam einfach nur dieses Gefühl rüber, dass wir nur noch diese Nacht für sehr, sehr lange Zeit haben werden! Seine Lippen erkundeten jeden Zentimeter von mir und umgekehrt konnte mein Mund auf Wanderschaft gehen. Es war ruhig, völlig losgelöst, so als würden wir beide diesen nächsten Tag von uns schieben wollen.

Doch irgendwann konnte sich Haytham nicht mehr zurückhalten und ich bekam meinen Templer, ich bekam seine Befehle und ich befolgte sie, als gäbe es kein Morgen. Doch dieser brach plötzlich an, erschrocken sahen wir uns an und mussten beide grinsen. Die letzte Nacht war vorbei!

Ich hatte aber eine Erinnerung, die mir sicherlich über einige schwere Nächte helfen würde! Auch Haytham prägte sich alles noch einmal ein. Es war eine wirklich schlaflose Nacht, doch es war mir egal. Als die Sonne schon fast aufgegangen war, schlief ich zum letzten Mal für lange Zeit in seinen Armen wieder ein!

Es waren diese Arme die sich plötzlich bewegten und mich weckten. Die Sonne war aufgegangen und schien durch die Fenster. „Ich mag noch nicht aufstehen, es ist viel zu früh, mi amor!“ gab ich maulend von mir. Ein Kuss auf meine Stirn ließ mich aufsehen und diese warmen grauen Augen sahen auf mich hinunter.

„Leider wirst du nicht drum herum kommen. Du kannst schlecht splitternackt wieder nach Hause reisen, das könnte einen falschen Eindruck hinterlassen!“ grinste er mich an.

Also schön, wenn es sein muss. Ich pellte mich aus diesen warmen kuscheligen Armen und dem Bett und schmiss mir Wasser ins Gesicht. Verdammt, war das kalt! Aber ich war wenigstens wach und als ich im Spiegel meine Augenränder und meine demolierte Nase betrachtete, dachte ich auch nur „Bei Odin, Schlaf ist doch nicht überbewertet.“

Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken! „Haytham, was ist? Ich kann regelrecht fühlen, was du gerade mit deinen Augen machst!“ langsam drehte ich mich um und lehnte mit verschränkten Armen vor der Brust an der Kommode.

„Das will ich hoffen, ich will ja nicht immer alles erklären müssen, mi sol. Aber hat dir schon mal jemand gesagt, dass dein Hintern fantastisch aussieht?“ Sein breites Grinsen brachte mich zum kichern. „Nein, nicht das ich mich daran erinnern könnte. Danke fürs Kompliment, mi amor! Und dank deiner Hände hat er sogar eine gesunde Hautfarbe angenommen!“ und ich wurde rot.

„Komm her!“ und Haytham hielt mir seine Hand hin und deutete mir, zu ihm zu kommen. Langsam schritt ich wieder auf das Bett zu und blieb davor stehen. Mein Verlobter saß auf der Bettkante und legte seine Hände auf mein erwähntes rot gefärbtes Hinterteil und ließ seinen Kopf auf meinen Bauch sinken! Vorsichtig fuhren meine Hände durch seine verwuschelten Haare und für einen Moment blieb die Zeit wieder stehen. Doch leider nicht für lange, denn Mrs. Wallace klopfte vorsichtig und sagte, dass alles im Esszimmer bereit sei, dann entfernten sich Ihre Schritte langsam.

Widerwillig löste ich mich von Haytham. „Ich sollte mich jetzt anziehen und … meine Sachen packen!“ ich ging ins Ankleidezimmer und fing an mich in meinen Ornat zu schmeißen, aber es wollte nicht so recht sitzen. Irgendwie war alles … scheiße! Ich fluchte wie ein betrunkener Pirat und wurde immer ungehaltener.

Dann schmiss ich meine Habseligkeiten einfach nur noch in meine Tasche und den Seesack. Dabei fielen mir wieder die Tagebücher in die Hände. Ich hielt sie fest und sah dann, dass mein Verlobter ebenfalls frustriert an seiner Kleidung herumwerkelte. Ich trat neben ihn und legte die Bücher einfach auf den Schreibtisch. „Ich werde sie jetzt nicht mehr benötigen, Haytham. Es sind deine und sie bleiben hier. Wenn ich wieder da bin, werde ich sie lesen, aber nicht vorher und nicht OHNE dich!“

Kopfschüttelnd seufzte er nur, aber er widersprach mir nicht. Als alles verstaut war und wir einigermaßen passabel aussahen, gingen wir hinunter. Im Esszimmer wartete bereits Familie Cormac auf uns und sie sahen uns etwas mitleidig an, als wir eintraten.

„Sag nichts Faith, sonst garantiere ich für gar nichts mehr!“ warnte ich meine Freundin, denn meine Augen drohten überzulaufen.

Wir genossen das letzte gemeinsame Frühstück und es dauerte auch nicht lange, da hatten wir ein paar Themen, die mich von meiner Abreise ablenkten. Als Mrs. Wallace zum Abräumen erschien, bat ich sie kurzerhand um dieses Rezept für die Brötchen. Entgeistert sah sie mich an. „Ihr wollt euch selber an den Herd stellen? Das ist doch viel zu viel Aufwand, ich werde euch einfach ein paar mitgeben.“ ich lächelte sie nur an. „Sybill, ja ich möchte sie selber backen, auch wenn ich kein großes Talent zum Backen oder Kochen habe, ausprobieren möchte ich es. Und mein Sohn war so begeistert, dass ich ihm versprochen habe, sie selber zu machen!“

„Also schön, ich schreibe euch das Rezept gleich auf. Master Kenway, wenn ihr Papier und Feder für mich hättet?“ fragte sie an meinen Verlobten gewandt. „Sicher doch, ihr wisst ja wo alles ist. In meinem Arbeitszimmer!“

„Haytham, da liegen noch meine Aufzeichnungen!“ fiel es mir siedendheiß ein und ich sprang auf und stürmte regelrecht an Sybill vorbei. Ich sammelte die losen Papiere zusammen und nahm sie an mich und ließ dann die Küchenfee schreiben.

Kapitel 48


 

*** Warum tut ein Abschied so weh? ***




Faith sah mich verwundert an. „Was war denn so wichtig, was Mrs. Wallace nicht so sehen sollte?“

„Eigentlich nichts schlimmes, ich hatte nur meine Gedanken bezüglich dieser Wesen aufgeschrieben, weil mich ein Buch darauf gebracht hatte. Und... ich hatte angefangen eine Art Plan für eine Vereinigung oder zumindest Kompromiss für Orden und Bruderschaft zu entwickeln.“ etwas zurückhaltend sah ich sie an.

„Du willst das verwirklichen? Aber ich verstehe nicht, WARUM! Denn... es wird nicht funktionieren. Nicht auf Dauer!“ meinte meine Freundin jetzt nur resigniert.

„Das weiß ich sehr wohl, doch ich will es versuchen. Es muss einfach eine Art stillschweigendes Abkommen geben, eine Art Waffenstillstand. Denn beide Seiten würden von ihren Forschungen profitieren und seien wir ehrlich, es geht nicht nur um eine kleine Gruppe von Menschen, sondern um etwas Größeres!“ versuchte ich ihr meine Gedanken zu erläutern. „Und derzeit herrscht ja schon Ruhe zwischen Templern und Assassinen. Bis auf kleinere Scharmützel, doch die sind... naja, ihr konntet euch ja selber von diesem einen Abstergo-Ableger überzeugen. Es sind natürlich nicht alles solche Stümper!“ grinste ich, denn mir fiel ein, dass Tobias Schäfer schon ein ganz ordentliches Kaliber war.

„Ich drücke dir die Daumen, dass es klappt und ich wünsche es mir für dich!“ sie nahm mich in den Arm und drückte mich. „Dein Ansatz mit den Todsünden ist nicht schlecht, aber wir hatten uns ja auch schon über die Götter unterhalten.“ Und mir fiel wieder ein, dass ich ja eigentlich noch mit ihr darüber reden wollte. Doch ich ging davon aus, dass Haytham ihr dann alles, was ich herausgefunden hatte, berichten würde.

„Das habe ich definitiv noch im Hinterkopf wegen dieser Runen auf dem Armreif von Marius. Ich hoffe, ich kann sie weiter entschlüsseln und herausfinden, warum sie in einer solchen Anordnung, die im ersten Moment keinen Sinn ergibt, dort drauf sind.“ gab ich grübelnd von mir und ich war schon wieder bei diesen Symbolen.

„Alex, daran solltest du später denken. Aber was mich wundert. DU kannst die Runen lesen?“ fragte mich Haytham plötzlich. „Ja, wir haben ein regelrechtes Alphabet mit entsprechender Bedeutung dafür. Jedoch gibt es immer mal wieder kleinere Abweichungen, bei denen man wieder genauer hinsehen muss.“ meinte ich nur.

Da fiel mir auch wieder die Kameraaufzeichnung von Lukas ein und ich war mir unsicher ob ich danach fragen sollte, oder es lieber lasse. Dieses Wappen auf der einen Kiste mit dem Templerkreuz, es stellte einen Krebs da. Doch noch wusste ich nichts darüber und wollte mich eigentlich später wieder damit beschäftigen. Ich ließ es, denn ich würde keine Antwort bekommen, NOCH nicht.

Ich beließ es dabei und seltsamerweise fragte mich keiner, woran ich gerade gedacht hatte. Dann funktionierte das geschlossene Buch ja endlich fast einwandfrei. Zufrieden mit mir selber setzte ich mich wieder und nahm mir noch Kaffee.

Irgendwann gegen Mittag wurde July aber quengelig und mahnte uns, dass es so langsam Zeit wäre. Schweren Herzens stand ich als Erste auf und sah mich um. Sollte ich den Spiegel hier im Haus nutzen? Fragend sah ich zu Haytham und er nickte. „Warum nicht, die Angestellten sind gerade mit dem Putzen oben beschäftigt. Und sie sind verschwiegen, vergiss das nicht. Sybill ist sowieso schon fast eingeweiht!“ grinste er mich an. Ja, da hatte er recht.

Der Abschied!

Der Eingangsbereich, ein guter Platz, wie ich dachte. Ich stellte meinen Seesack und die Tasche bereit und legte das Blackberry und die Ringe darauf. Für einen Moment stand ich nur da und sah auf meine Sachen nieder. Dann standen Sybill, Faith, Shay mit July auf dem Arm und mein Verlobter hinter mir. Es war soweit... Oder?

„Wir sehen uns wieder, du nervige Preußin!“ sagte Faith nur und zog mich in ihre Arme! „Danke, ich werde dich auch vermissen, du störrische Schottin!“ und ich gab ihr einen letzten vorsichtigen Kuss. Beide Herren räusperten sich und wir grinsten nur, ja, da mussten sie halt mit leben!

Dann verabschiedete ich mich vom Iren und auch er drückte mich noch einmal, mit der Mahnung, dass er mich findet, wenn ich Haytham nur ein Haar krümmen würde! Auch bei diesem Satz musste ich lächeln. July winkte mir nur zu, doch das war genug für mich.

Sybill stand nur da und ihr liefen die Tränen über die Wangen. Ich wischte mit meiner Hand darüber und sagte nur „Ihr müsst auf meinen Verlobten aufpassen! Ich will nicht, dass er Dummheiten anstellt, wenn ich nicht da bin!“ Sie nahm mich in den Arm mit den Worten, dass sie ein Auge auf ihn haben wird und dass ich mich da voll und ganz auf sie verlassen könne. Ein Lächeln huschte dabei über ihr Gesicht.

Haytham stand irgendwie verloren da, mit verschränkten Armen auf dem Rücken, so als warte er auf eine Antwort. „Mi amor, es ist soweit.“ Seine Arme fuhren nach vorne, zogen mich an ihn und ich spürte, dass er mich nicht loslassen wollte. Mir ging es genauso, doch es blieb mir keine Wahl mehr.

„Alex, ich vermisse dich jetzt schon. Was soll ich die ganze Zeit machen? Und... wann weiß ich, dass du wieder da bist?“ Da ich ihm kein genaues Datum nennen konnte, hatte ich auch keine Antwort auf diese Frage.

„Haytham, spätestens wenn du von der Jackdaw erfährst, dass sie wieder in irgendeinen Hafen einläuft, weißt du, das ICH wieder da bin!“ ich sah in seine warmen grauen Augen und ein Lächeln erschien um seine Lippen. „Ahhhh, wieder ein großer Auftritt geplant?“

„Sohn, ich hatte doch gesagt, dass meine Brig hier gebraucht wird. Also, was ist das für eine seltsame Frage?“ kam es plötzlich von Haythams Vater. Erschrocken sah ich mich um, sah aber nur diese nebelige Silhouette. „Vater, das weiß ich. Es war auch mehr... ach, vergiss es einfach!“

Ich sah meinen Templer erstaunt an, seit wann führte er seinem Vater gegenüber eine solche Sprache? Aber mir ein loses Mundwerk nachsagen! Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. Doch Edward sagte nichts, sondern schüttelte leicht grinsend den Kopf und verschwand langsam.

„Ich liebe dich, mi amor. Und ich werde dir wahrscheinlich in zwei oder drei Jahren wieder auf die Nerven gehen können. Ich beeile mich auch! Versprochen!“ ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen langen Kuss, in dem ich mein Versprechen legte.

„Darauf zähle ich, mi sol. Sonst wäre es mir auch zu langweilig. Wer will schon eine brave Ehefrau an seiner Seite?“ sein Blick ging zu Faith und Shay und ich musste lachen. „Ich glaube, niemand will das hier, da seid ihr Männer ja endlich mal einer Meinung!“ gab ich kichernd von mir.

Dann lösten wir uns langsam von einander und ich spürte wie meine Handflächen klatschnass waren, als ich die Ringe nahm und das Blackberry einschaltete. Ich würde wieder im Winter, besser im Januar 2020 zurück sein. Mit einem Pfuuuuump erschien der Spiegel und ich sah Julys leuchtende Augen und auch ihre Händchen gingen wie automatisch in die Richtung. „Kleine Maus, ich weiß, das ist faszinierend, aber leider nichts für dich. Auch wenn ich euch alle gerne, auch wenn es nur kurz wäre, mitnehmen wollen würde.“ Sie sahen mich alle voller Erwartung an. „Nein! Nein, denkt nicht einmal daran! Das geht nicht und ich werde DAS Risiko nicht auch noch eingehen.“

Ich warf mir den Seesack über und nahm meine Tasche über die andere Schulter und sah weiter in die grauen Augen meines Templers. „Ich bin bald wieder da! Und du Faith, passe auf deinen großen Bruder auf, dass er Shay nicht die Hölle heiß macht!“ grinste ich nur noch.

Ich drehte mich in Richtung des Spiegels und ging darauf zu, drehte mich noch einmal um und sah, wie Haytham meinen Schritten gefolgt war. Ich schüttelte nur meinen Kopf und ging rückwärts weiter, während ich immer wieder über meine Schulter sah. Mit einem ausladenenden Schritt war ich hindurch und dann war ich alleine... ich stand in einem dunklen Raum, es musste unsere Werkstatt sein.

Das wabernde Gebilde verschwand langsam und dann herrschte absolute Stille. Ich ließ mich einfach auf den Boden sinken und spürte den Beton unter mir. Ich winkelte meine Beine an und legte meinen Kopf auf die Knie und weinte und bettelte, dass ich wieder zurück konnte. Gerade als ich das Portal wieder öffnen wollte, ging das Licht an und Rafael erschien in der Tür und rannte auf mich zu, hob mich hoch und drückte mich an sich. „Alex, shhhhhhhhhhh... hey. Alles wird gut! Beruhige dich. Du bist nicht alleine!“ er wiegte mich hin und her und irgendwie war es beruhigend.

„Rafael, ich will zurück. JETZT! Er... ich kann ihn nicht alleine lassen!“ ich bettelte ihn an, doch er hielt mich eisern fest. „Nein, du wirst dich ab jetzt gedulden müssen! Ich lasse meine beste Freundin nicht mehr völlig unvorbereitet wieder in dieses Jahrhundert reisen!“


Ich will wieder zurück!
 


*** To be continued ***

<3

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Danksagung




Die letzten Kapitel sind hochgeladen und es überkommt mich mal wieder dieses seltsame Gefühl des Abschiedes. Doch ist es einer für immer?

Wir werden uns wieder lesen, das wisst ihr und ich hoffe, es hat euch bisher gefallen! Ich bedanke mich bei allen Leser*innen! Auch danke ich für die vielen Favoriteneinträge und Empfehlungen, welche motivieren, weiterzumachen. Auch wenn man als FF-Autor*in leider immer in eine Klischee-Schublade gesteckt wird!

Alex ist aber noch lange nicht mit ihrer Reise am Ende und ich befürchte, es wird noch (im wahrsten Sinne des Wortes) Jahrhunderte dauern, bis sie am Ziel ist... tatsächlich ist noch einiges in Arbeit!

Ich bedanke mich beimKleinen Todesengel noch für diese großartige Zusammenarbeit und ihre große Geduld beim Betalesen! Shay und Haytham werden auch weiterhin zusammenarbeiten, denn es gilt immer noch, diverse Artefakte zu bergen.

Fürs erste muss sich jedoch Alex verabschieden und wird nun ihrer Aufgabe in ihrer Zeit nachgehen und dort unter anderem auf einige unverhoffte Erkenntnisse über ihre Familie stoßen!

Auch dieses Mal muss ich mich bei meinem Mann und meinen Kinder bedanken für diese wahnsinns Geduld, wenn ich mal wieder für Tage in einen Schreibrausch geraten bin. Ihr wisst, ich hab euch lieb, aber... ich kann nicht anders xD Ironie on „Wofür gibt es denn bitte sonst Chickennuggets und Pommes?“ Ironie off

Und jetzt bleibt mir nur zu sagen, dass ich euch noch ein schönes Wochenende wünsche. Vergesst nicht „Stay the F.... home!“ Bleibt gesund!

GLG eure Mrs. Shaytham Corway

Autorennotiz

*** Einleitung und Vorwort ***

Hallo liebe Leser*innen und willkommen zum zweiten Part von
„Even when your kind appears to triumph... Still we rise again!“

Wie ich es ja schon angedroht hatte, bekommt ihr jetzt auch die Fortsetzung der Geschichte um Alex Frederickson und Haytham Kenway! Dieses Mal müssen sich die beiden bei öffentlichen Auftritten und widrigen Umständen durchsetzen und ihren Zusammenhalt demonstrieren!

Mit diesem neuen Part endet aber die Zeitreise Geschichte noch nicht, keine Sorge!

Jedoch wird jetzt ein entscheidender Schritt in die Zukunft (welch seltsamer Ausdruck in diesem Zusammenhang) von Alexandra und dem Großmeister gemacht!

Und wieder muss ich anmerken, dass mir nur meine eigenen Charaktere gehören. Der Rest, wie das AC Universum und die Protagonisten, gehört immer noch Ubisoft und ich verdiene hiermit auch kein Geld!

Mir bleibt dann jetzt nur noch zu sagen, dass ich euch viel Spaß beim Lesen wünsche.

GLG eure Chaoshexe

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Autor

MrsHEKenways Profilbild MrsHEKenway

Bewertung

Eine Bewertung

Statistik

Kapitel: 47
Sätze: 6.192
Wörter: 70.533
Zeichen: 402.154

Kurzbeschreibung

*** Alex muss wieder zurück in ihre Zeit, kann aber nicht lange ohne ihren Templer sein. Also beschließt sie aufgrund eines interessanten Fundes, noch einmal und sehr kurzfristig nach New York zu reisen. Genauer gesagt wird sie im Mai 1760 dort ankommen und kann nun den Grundstein für ihr weiteres Leben legen! Alex muss sich mal wieder mit den widrigen Umständen und dem Misstrauen der Templer auseinander setzen, bekommt dieses Mal aber unerwartete Hilfe! ***

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Assassins Creed 3, Assassins Creed 4, Assassins Creed Rogue, Liebesbeziehung (problematisch), Freundschaft, Kolonialzeit (amerikanische) und Zeitreise getaggt.