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Kapitel: | 29 | |
Sätze: | 2.450 | |
Wörter: | 26.699 | |
Zeichen: | 158.227 |
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
nach langer Zeit entsteht nun der erste Band der Black Lake Saga-Trilogie. Ich muss gestehen, dass diese Trilogie ein Teil meines Lebens widerspiegelt.
Im Jahr 2011 gab es viele Abschnitte, die ich in meiner Schulzeit durchlebt hatte und ich eine faszinierende Welt der Schwarzen Seele eintauchte. Die Widmung ist an diese Person (Nicole) gedacht, die mich vieles über diese Schwarze Szene aufklärte. (Insbesondere den Kleidungsstil und die Metal Musik)
Eines Tages hat mich sie gefragt, ob ich nicht Lust hätte, eine solche Geschichte im Stil einer dunklen Romanze, Dramatik in einer dunklen fantastischen Welt zu schreiben. (Ich hatte zuvor, zwei kurze Mystery-Fantasy Novellen geschrieben) Meine „kleine Schwester“ wollte eine Trilogie.
Leider hatte ich keinen Kontakt mehr zu Nicole (was sehr schade war), dennoch wollte ich sie nicht vergessen.
Ich machte mir Gedanken zu den Charakteren und ihre Schicksale, dann fing ich mir an vorzustellen, wie diese eine Bindung eingehen würden und was sie gemeinsam prägten.
Viele meiner Leser, die die Leseprobe der ersten drei Kapitel des ersten Bandes gelesen haben, fragten sich, warum die Vergangenheit nicht in diesem Teil eine große Rolle spielte. Ich dachte, es würde vielleicht besser sein, damit zu warten.
Eins ist sicher, wie Mark Twain sagte: „Jeder ist ein Mond und dieser hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.“
White Wedding – Billy Idol
Lullaby in Blue – Bette Midler
Sweet Sixteen – Billy Idol
Of the Dark Past – Joan Baez
Anywhere Is – Enya
Wild Child – Enya
Schwarze Witwe – Eisbrecher
Devil’s Dalliance – Noisia
Enter Sandman – Metallica
Alles Schwarz – die Prinzen
Apocalypse – Lacuna Coil
You will know my name – Arch Enemy
Book of Days – Enya
Children of the Dark – Mono Inc
Rip Out the Wings of a Butterfly – HIM
Gemini – the Alan Parsons Projects
Dead Memories – Slipknot
Poison Theme - Noisia
The Legacy – Black veil Brides
While your lips are still red – Nightwish
Hello – Evanescence
A Dream That Cannot Be – Amon Amarth
Say my name – Within Temptation
Nothing compares to you – Sinéad O’Connor
Diese kalt Nacht – Faun
I want tomorrow – Enya
Bloodstained Cross- Arch Enemy
Going Under – Evanescence
Under the Northern Star – Amon Amarth
Black Diamond – Stratovarius
Rebel Love Song – Black veil Brides
For Crying Out Loud – Meat Loaf
End of time – Lacuna Coil
Wicked Game – HIM
Numb – Linkin Park
Nothing else matters – Metallica
Coming Home – Stratovarius
Run to you – Bryan Adams
Ich hatte mir nie viele Gedanken über meine Zukunft gemacht, obwohl ich diese tun musste. Und doch hatte sich mein Schicksal ganz plötzlich verändert. Meine Träume waren auf eine dunkle Welt gerichtet und fokussiert. Es war sicher nicht leicht, aber als Kind des Mondes war ich bereit, einen weiteren Schritt zu machen.
Ein wenig Angst und Unsicherheit verspürte ich schon, doch das ließ mich kalt. Ich war bereit meine Ziele zu erreichen. Es war eine große Verantwortung.
Ich wachte auf und hatte schlecht geträumt. Einst wusste ich: Das Schicksal lag in meinen Händen.
Mein Schicksal hatte sich an meinem 16. Geburtstag geändert. Ich hielt wichtige Papiere in meinen Händen fest. Meine Hände zitterten vor Wut und Angst. Innerlich spürte ich auch die Gefühle von Hass, Belogen worden zu sein und Trauer. Ich las nochmal alles durch. Ich hasste Lügen. Schreie setzten sich meinen Kopf fest und mein Herz raste vor Zorn. Es pochte laut. 16 Jahre lang wurde ich belogen. Ich hatte mich in mein Zimmer eingeschlossen und wollte nicht mehr heraus. In ihre Augen wollte ich nicht mehr schauen. Sie riefen mich schon zum 10. Mal zum Abendessen, doch ich versuchte keine Antwort zu geben, sowie zu sagen. Sie kam die Treppen hoch und klopfte an meiner Zimmertür. „Amaris, komm doch bitte zum Abendessen!“, flehte sie mich an. Sie klang verzweifelt. Ich blieb auf meinem Bett sitzen und rührte mich nicht von der Stelle. Dreimal wiederholte sie noch ihre Aufforderung mit bettelnder Stimme. Ich hatte ohnehin keinen Hunger mehr seit ich von diesem Schreiben wusste, was die Tatsache war: Ich war adoptiert worden! Das stand fest und der Druck stieg.
Vom ersten Augenblick an, seit ich dies gefunden hatte, wusste ich, dass ich kein Wunschkind war. Meine Mutter (die ich nie kennenlernen konnte) hatte mich an fremde Menschen abgegeben (die für mich an diesem Tag nicht mehr als dumme, verlogene Kreaturen waren). Auch die Gedanken zu meinem Erzeuger drehten sich wie in einem Kreis in meinem Kopf. Das Wort „Mutter“ war nicht auszusprechen, da sie eher eine Rabenmutter war und mein „Vater“ blieb Mister XY in meinen Augen. Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass ich adoptiert wurde.
In der Zwischenzeit hatte meine Ziehmutter wahrscheinlich die Hoffnung aufgegeben, mich weiter zu rufen. Sie war vermutlich im Wohnzimmer. Die Lautstärke des Fernsehers war laut und ich wusste, welcher Film ausgestrahlt wurde; The dark willow. Er war einer meiner Lieblingsfilme, doch an diesem Tag wollte ich ihn nicht mit meinen Zieheltern anschauen. Mein Magen begann unvermittelt zu knurren. Ich stand auf, ging leise aus meinem Zimmer und schloss vorsichtig die Tür. Ich versuchte schleichend hinunter in die Richtung der Küche zu gehen, doch mein Ziehvater hatte mich bemerkt. Er war immer der Meinung, dass er auch hinten Augen hätte und wusste, wenn ich was angestellt hatte. Ich durfte mir bei ihm keine Lügen erlauben und musste gehorchen.
„Amaris, Liebes, wir müssen mit dir reden.“, sagte er mit ernster Stimme und schaute mich mit seinen dunklen Augen an. Meine Ziehmutter stand neben ihm. Ich sah beide mit einem wutentbrannten Blick an und schrie sie an: „16 Jahre lang habt ihr mich belogen und mir kein einziges Wort von allem gesagt! Ihr seid echt feige!“ Dabei hielt ich ihnen nervös die Adoptionspapiere vor ihre Augen, „Und das finde ich in der Schublade meines Nachttisches unter einem Kartonstück tief versteckt neben meinem Tagebuch. Wie dumm haltet ihr mich? Zeigt mir euer wahres Gesicht!“
Meine Ziehmutter fing an zu weinen und schlug sich die Hände über den Kopf. Mein Ziehvater versuchte sie zu trösten und zu beruhigen. Ich schritt zum Kühlschrank und holte mir den Rest vom Linsen-Mango-Curry Gericht, das er am vorigen Mittag gekocht hatte. Ich nahm einen Teller, belegte ihn mit dem Übrigen und ließ es in der Mikrowelle für drei Minuten und vierzig Sekunden aufwärmen. Als die Zeit abgelaufen war, holte ich den Teller heraus, nahm noch anschließend Messer und Gabel und setzte mich an den Esstisch. Sie setzten sich hinzu. „Amaris, wir müssen gleich mit dir darüber reden, wenn du aufgegessen hast.“, wagte er mit beruhigender Stimme zu sprechen. Was gab es darüber noch zu reden?, fragte ich mich genervt. Ich schaufelte meine Gabel mit dem Essen und stopfte mir es in den Mund, sodass mein Frust anzumerken war. Als der Teller leer war, wusch ich ihn ab. Dann legte ich ihn in die Spülmaschine und knallte die Tür hoch.
„Jetzt lasst uns miteinander reden. Amaris, wir wissen, wie du dich fühlst. Wir haben dir nichts gesagt, zu deinem eigenen Schutz. Du hast das Recht darüber Bescheid zu wissen, doch es ist uns sehr schwer gefallen, die richtigen Worte zu finden … Es tut uns sehr Leid, dass du selbst die Wahrheit erfahren musstest. Wir mussten deiner Mutter versprechen, dass du es an deinem 16. Geburtstag erfährst. Wir dachten, dass das zu früh wäre, im Gegensatz dazu war deine Mutter in deinem Alter schon mit dir schwanger und überfordert mit der gesamten Situation. Sie wollte dich zuerst an ihre ältere Schwester Adrienne übergeben, doch deine Tante ist eine sehr beschäftigte Karrierefrau und könnte sich nicht um dich kümmern. Sie ist eine sehr berühmte Sängerin von einer Symphonic-Metalband, deren Name Flame Snake ist. Ihre Stimme überwältigt die Menschenmenge. Sie ist großartig ...“, erzählte mir mein Adoptivvater.
„Und wer seid ihr?“, unterbrach ich ihn, „wie steht die Beziehung zwischen meiner Mutter und Euch?“
„Deine Ziehmutter ist die beste Freundin von deiner Mutter. Trista hieß deine leibliche Mutter und hat dich uns übergeben. Qadira und ich kümmern uns um dich seit deiner Geburt. Wir waren selbst jung und doch haben wir die Verantwortung genommen. Ich hatte für Qadira und dich gekämpft, um euch ein behütetes Leben zu schenken, deshalb hatte ich auch früher zwei verschiedene Jobs angenommen und mein Medizin Studium abgebrochen. Nun “, sicherte er mir zu.
„Das stimmt und wir werden zusammen immer deine Familie sein, egal was kommen wird.“, bezeugte meine Pflegemutter. Mein Pflegevater Thorn war immerhin zehn Jahre älter als sie und doch sah er noch jung aus. Sein Haar war bisher nicht ergraut, auch als er viel Stress hatte. Manchmal glaubte ich, ich hätte alle überfordert, dabei war ich selbst überfordert mit der Situation. Ich wollte es selbst nicht einsehen. Der Druck hatte sich jedoch ein wenig gelöst und mein Herz pochte nicht mehr so laut. Wo gehörte ich denn wirklich hin? Und wieso will meine Tante nicht für mich da sein? Mein Vater überreichte mir ein Foto und sagte: „Das ist deine leibliche Mutter mit deiner Ziehmutter. In ihren Armen hielt sie dich fest.“ Ich betrachtete das Foto und fing wieder an zu zittern und begann ebenfalls zu weinen. Qadira schloss ihre Arme um mich und umarmte mich tröstend. Ich schaute mir das Foto an und entdeckte, dass ich meiner leiblichen Mutter sehr ähnlich war: Alle Gesichts- und Körperzüge hatte ich wie sie. Ich nahm das letzte Erinnerungsstück und ging langsam traurig hoch in mein Zimmer zurück.
„Gute Nacht, Liebes!“, rief mir meine Ziehmutter zu. Ich nickte spärlich und schloss sanft die Tür zu. Folgende Tage und Monate vergingen. Ich zog mich weiter zurück und musterte jeden Abend, vor dem Schlafengehen, das Erinnerungsfoto. Dann schlief ich.
***
Drei Monate später wendete sich alles erneut. Es war der erste September. An diesem Morgen wachte ich erschreckt auf, da ich ein rasendes Auto hörte, das die schwarze Engelsstatue umfuhr und diese niederfiel, als der Wagen bremste. Die Bremsen quietschten. Ich eilte zum Fenster. Ein schwarzer Lotus parkte vor unserer Haustür. Der Name des Modells war Evora und hatte vier Sitze. Ich kannte mich schon ein wenig mit Autos aus; insbesondere die Modelle der unterschiedlichen Automarken und weitere wenige Informationen. Plötzlich öffneten sich die Türen des Wagens. Eine Frau in einem schwarzen Kleid stieg aus. Sie trug langes schwarzes Haar und eine Sonnenbrille. Über ihrer Schulter hing eine schwarze Tasche. Gegenüber von ihr stand ein junger Mann. Ich schätzte ihn zwei Jahre älter als ich. Er hatte ebenfalls schwarzes Haar, das schulterlang war. Er trug einen schwarzen, weiten langen Mantel, der bis zu seinen Schuhen ging. Sein Gesicht war leicht mit weißem Make-up gepudert, wie das der unbekannten Frau. „Wir sind spät dran, Valerian! Hättest dich ein wenig schneller beeilen sollen!“, hörte ich sie zu ihrem Sohn verärgert sagen. Der junge Mann verdrehte genervt die Augen und folgte ihr. Wer waren diese Fremdlinge? Ich hatte ein ungutes Gefühl, das sich bald bewahrheitete.
Es klingelte bei uns am Haus. Behutsam ging ich aus meinem Zimmer. Da sah ich, wie meine Ziehmutter schnell zur Haustür eilte. „Oh nein!“, regte sie sich innerlich auf. Es klingelte noch mal. Mein Ziehvater hatte ihren Blick gesehen.
„Schatz, was ist los und warum öffnest du nicht die Tür?“, wollte er wissen.
„Sie hat sie gefunden. Was machen wir jetzt?“ sprach sie stockend.
„Wer?“
„Öffne sie selbst , dann wirst du es sehen!“, befahl sie ihm aufgeregt. Er öffnete die Eingangstür. Ich beobachtete von der Treppe im oberen Stockwerk das Geschehnis; es waren die fremden Personen, die ich vor dem Fenster gesehen hatte. Die unbekannte Frau stolzierte zum Eingang hinein. Sie setzte ihre Sonnenbrille ab.
„Oh mein Gott; es sind Adrienne und ihr Sohn Valerian!“, murmelte Qadira in sich leise hinein, sodass Valerian es nicht hörte, hingegen erkannte Thorn die Unbekannte.
„Guten Tag, Mrs. Merchand und wer seid Ihr? Wie kommen wir zu Ihrer Ehre?“, wollte Thorn in Erfahrung bringen.
Die Unbekannte begrüßte sie zurück: „Ich grüße euch, Freunde von Trista! Ich bin vier Stunden gefahren, um meine verehrte Nichte Amaris abholen zu kommen“ Neben ihr stand mein angeblicher Cousin. Ich schreckte hoch, als ich hinunter blickte. Habe ich das richtig verstanden? Ist das meine Tante Adrienne? Sie kam, um mich abzuholen, aber wieso und weshalb sprach sie formell?
„Wo ist sie denn?“, fragte meine scheinbare Tante. Ich ging verwirrt ins Zimmer zurück. Mein Pflegevater hatte doch erzählt, dass ihre Karriere wichtiger wäre als Kinder und neben ihr stand ein junger Mann
„Oh bitte verzeiht mir! Mein Name ist Valerian Merchand. Ich bin der Sohn von Adrienne Merchand.“, stellte er sich vor. Also doch, waren es meine leibliche Tante und mein Cousin von gleicher Abstammung.
„Lasst uns gemeinsam einen Tee trinken!“, schlug Qadira vor. Ich beschloss leise ins Wohnzimmer zu schleichen, um in Erfahrung zu bringen, was sich ereignete. Es roch nach einem hergestellten Brombeerentee.
„Jetzt tauchst du aus dem Nichts auf und verlangst, dass Amaris zu Euch ziehen wird. Das ist doch kompletter Quatsch! Wer würde dir diese Erlaubnis geben? Wir haben uns um sie gekümmert, seit sie ein Baby war. Sie hat es bestens bei uns. Sie braucht dich nicht!“, regte sich meine Ziehmutter auf. Thorn hatte mich wieder entdeckt. Ich starrte traurig zu Boden. Meine Ziehmutter war empört und wollte ihr weitere Vorwürfe machen, doch sie hatte auch mich gesehen. Adrienne und sie drehten sich zu mir um. Valerian beachtete mich nicht. Den ersten Blickkontakt wollte ich mit ihnen nicht austauschen. Meine Tante erhob sich.
„Ich bin Adrienne, deine Tante; die ältere Schwester deiner leiblichen Mutter Trista.“, begrüßte sie mich. Sie kam auf mich zu und umarmte mich flüchtig. Ich fühlte keine Wärme.
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs. Merchand!“, grüßte ich sie klein beigebend zurück.
„Sag bitte Tante Adrienne zu mir!“, forderte sie mich auf. Mein Cousin stellte sich nun auch nochmals persönlich vor.
„Pack bitte deine Sachen, du wirst nun bei uns wohnen!“ Sie hatte vorhin die Frage von meiner Ziehmutter ignoriert.
„Wer hatte dir das Befugnis gegeben, unsere Ziehtochter zu dir mitzunehmen?“, fragte Qadria sie ein letztes Mal.
„Mein Anwalt hat mir das Recht gegeben, am heutigen Tag das Sorgerecht von Amaris zu übernehmen.“, antwortete Mrs. Merchand leicht gereizt.
„Du kannst doch jetzt nicht erwarten, dass Amaris jetzt sofort zu Euch kommen wird. Vor drei Monaten hatte sie erfahren, dass wir nicht ihre leiblichen Eltern sind und nun drängelst du sie dich kennenlernen.“, meckerte meine Ziehmutter sie weiter an. Meine Tante nahm einen Umschlag aus ihrer schwarzen Tasche, die wie ein Buch aussah und mit nekromantischen Symbolen bestickt war.
„Hier ist ein persönlicher Brief von Trista, den sie verfasst hat und ihren Wunsch äußert, dass ich das Sorgerecht erhalte, wenn Amaris ihr 16. Lebensjahr erreicht. Und darunter die gerichtliche Verfügung!“ Sie übergab ihn an Thorn und er schaute sie unbescheiden an. Er öffnete den Umschlag und las die beiden Briefe vor. Ich stand unter Schock. Meine Blicke wanderten zu jedem einzelnen. Allerdings blieben sie nichtsahnend fixiert auf die dunkelbraunen Augen meiner Tante. Sie tat es ähnlich.
„Nun lass uns endlich deine Koffer packen und zu Onkel Cadell fahren. Er wartet schon ungeduldig.“, appellierte sie leicht erregbar an mich. Kein weiteres Wort kam aus dem Mund von meinen Zieheltern, nur die Körpersprache drückte Trauer und ähnliches aus. Sie ging mit mir hoch und wir machten mein Gepäck fertig.
„Alles Gute zum Geburtstag nachträglich!“, gratulierte sie mir. Drei Monate zu spät, aber du hast wenigstens daran gedacht!, dachte ich mir für sie.
„Danke Mrs. Merchand!“, bedankte ich mich.
„Adrienne.“, korrigierte sie mich. Ich konnte mich noch immer nicht daran gewöhnen. Sie schaute sich in meinem Zimmer um und nahm ein paar von meinen Zeichnungen wahr, die ich gezeichnet hatte. Zeichnen war mein größtes Hobby. Ich malte mit Bleistift-und Aquarellfarben; ich bevorzugte lieber Aquarell, da diese meine Lieblingstechnik war.
„Hast du diese Bilder gezeichnet?“, wollte sie wissen.
„Ja.“, antwortete ich mit leiser Stimme.
„Du hast echt ein sehr großes Talent!“, sagte sie mir begeistert. Ich nahm sie von der Wand und legte sie in meine große Zeichenmappe.
Zwei Stunden vergingen und das Gepäck war fertig gepackt. Wir baten um Hilfe, um sie herunter tragen zu lassen. Thorn und Valerian halfen uns und trugen sie zum schwarzen Lotus Evora. Meine Tante öffnete den Kofferraum und die beiden Männer legten meine Sachen hinein. Valerian schloss den Kofferraum des Wagens.
Der Abschied folgte. Qadira umarmte mich und sagte mir schließlich: „Wir werden immer für dich da sein. Ruf uns bitte an, wenn du angekommen bist und es dir nicht gut geht. Versprichst du mir das? Wir haben dich sehr lieb und pass bitte auf dich auf!“
„Ja, mach‘ ich!“, versprach ich ihr. Thorn drückte mich auch noch mal an sich und versicherte mir, dass Qadira und er mich besuchen kommen würden, wenn ich mich ein wenig eingelebt haben würde. Valerian öffnete mir die Hintertür des Wagens und befahl mir, ich sollte einsteigen. Ich zögerte und stieg schließlich ein. Ich drückte den Knopf, um die Fensterscheibe herunter zu lassen und schaute zum letzten Mal zu meinen Zieheltern hoch. Thorn hielt Qadira tröstend im Arm und beide winkten mir zum Abschied. Tante Adrienne stieg zur Fahrertür ein und fuhr rasend mit Valerian und mir davon, ohne sich zu verabschieden. Sie fuhr sehr schnell. Ich setzte meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Lautstärke meines MP3-Players höher, sodass ich das Gespräch von meinen Blutsverwandten nicht hören konnte und beobachtete die Landschaft.
Stunden, Minuten und Sekunden vergingen. Beinahe war ich eingeschlafen, doch da sagte Valerian mir: „Willkommen in Death Tale, verehrte Cousine!“ Ich schaute kurz hoch. Es war schon dunkel geworden. Die Nacht war schon angebrochen. Adrienne fuhr auf einmal langsamer. Sie parkte ihren Wagen in einem Garagentor einer großen Villa. Mein Magen zog sich zusammen. Mein Cousin öffnete mir die Wagentür und ich stieg aus. Valerian holte meine Sachen aus dem Kofferraum.
Adrienne rief nach Cadell: „Cadell, mein geehrter Ehemann, wir brauchen deine Hilfe!“ Mein Onkel schritt edel wie ein König in dunkler Kleidung zur Garage und half seinem Sohn, mein Gepäck hoch zu bringen. Auf seinem Kopf trug er einen schwarzen Zylinder. Er verbeugte sich kurz und stellte sich vor: „Mein Name ist Cadell Merchand. Ich bin Adriennes Ehemann und dein Onkel. Es freut mich sehr, endlich die Bekanntschaft meiner Nichte zu machen.“ Ich nickte leicht und folgte ihnen ebenfalls.
Die Villa war sehr groß und unübersichtlich wie ein Labyrinth. Sie hatte insgesamt vier Stockwerke; Untergeschoss, Erdgeschoss und Garten, erstes Stockwerk und zweites Stockwerk. Ich betrachtete die Räumlichkeiten. Sie waren dunkel und dunkle Kronleuchter beleuchteten sie schwach. Alles war ordentlich eingeräumt. Wir bestiegen in diesem Augenblick eine Wendeltreppe mit einem versilberten Geländer des ersten Stockwerkes zum Zweiten. Es war so edel. Der Griff hatte einen gemeißelten Kopf eines Drachens. Ich bemusterte ihn und hielt mich am Geländer fest, als ich weiter hochging. Ich zählte leise die Stufen: 40 Stufen waren es, als wir das zweite Stockwerk erreichten. Keiner sagte etwas und es war still.
„Wir werden dir jetzt dein neues Zimmer zeigen.“, machte Adrienne mich damit aufmerksam. Ich nickte und gähnte. Ein wenig müde war ich schon. Onkel Cadell zeigte mir in der linken abgebogener Richtung auf die dunkelbraune Ebenholztür, in der schöne filigrane Muster rund herum geschnitzt wurden und öffnete sie. Meine Familienverwandte setzten mein Gepäck nieder, verließen das Zimmer und ließen mich allein. Onkel Cadell schaltete zuletzt das Licht an, dann ging er. Ich betrachtete das Zimmer. Es war jedenfalls größer als mein ehemaliges in Wicked Rose. Die schwarze Lampe erhellte leicht den Raum. Alle Möbel waren aus dem selben Holz wie die Tür hergestellt. Wenige Zeit später entdeckte ich mein Bett. Die Decke- und Kissenbezüge waren ebenfalls schwarz, sowie alles vorhin. Schon seltsam, dass sie nicht viel sagen und mich wieder allein lassen! Das ist echt gruselig! Und ist das Wort „Gute Nacht“ überbewertet? Ich verstand ihre Art und Weise nicht. Ich holte mein Handy und schrieb meiner Ziehmutter, dass ich angekommen war und sie sich keine Sorgen machen sollte, obwohl ich mich den ersten Tag nicht wohl fühlte.
Dann schaltete ich es aus und legte mich ins Bett. Ich schlief schnell ein.
Am nächsten Morgen rissen mich dunkle Glockenschläge aus dem Schlaf. Ich schaltete das Licht meiner Nachttischlampe an und schaute auf die Uhrzeit des schwarzen Weckers: Es war sieben Uhr morgens. Ich krabbelte mühsam aus dem Bett. Wenige Minuten später klopfte jemand an meiner Zimmertür.
„Ja?“, fragte ich leise. „Ich bin’s Adrienne, meine Kleine. Dürfte ich rein kommen?“, wollte sie wissen. Seit wann bin ich ihre Kleine? Ich bin nicht ihr Kind!
„Kommen Sie herein!“, sagte ich ihr. Sie öffnete die Tür, kam ins Zimmer und regte sich leicht auf, warum ich noch nicht geduscht und mich nicht angezogen hatte. Was ist mit ihr los? Ich habe doch nichts gemacht! Ich antwortete, dass ich erst vor ein paar Minuten wach wurde. Sie befahl mir, dass ich mich beeilen sollte, da sie mit mir wichtige Sachen zu besprechen hatte. Ich wollte wissen wo das Badezimmer sich befand. Sie wirkte gestresst und begleitete mich dorthin. Nach ein paar Schritten entdeckte ich erneut eine Ebenholztür mit einem gravierten gotischen Schriftzug, das das Wort „Bad“ hervor hob. Ich ging hinein. Tante Adrienne schritt eilig wieder davon. Schwarze Fliesen mit weißen Ornamentfiligranen waren auf dem Boden gelegt. Die Decke und Mauer waren weiß und mit französischen schwarzen Lilien tapeziert. Es sah interessant aus. Ein silberner Lüster erhellte den Raum leicht. Ich duschte schnell.
Nachdem ich geduscht hatte, zog ich mich an, stieg die Wendeltreppe und die andere Treppe hinunter und rief nach meinen Verwandten.
„Wir sind im Wohnzimmer, die zweite Tür links.“, antwortete Cadell mir zurück. Ich eilte zu ihnen. Mein Onkel nahm sich eine Tasse Kaffee und trank einen Schluck davon. Dann setzte er sich nieder. Tante Adrienne saß neben ihm auf einer schwarzen Couch.
„Setz dich!“, forderte sie mich auf. Ich schaute sie verwirrt an und fühlte mich noch immer nicht wohl hier. Ich setzte mich auf einen Stuhl.
Sie sprach: „Amaris, hör uns jetzt bitte genau zu! Wir müssen ein paar Sachen verändern“. Ich hörte zu, dennoch verspürte ich wieder Druck sowie zuletzt vor drei Monaten. Ich bewegte meine Arme hin und her. Was will diese Gruselfrau noch von mir? Ich gestikulierte sehr nervös. Etwas dazu zu sagen, war unmöglich! Ich biss mir auf die Unterlippe, damit ich mich nicht aufzuregen. Ich wollte zurück zu meinen Adoptiveltern. Doch es war zu spät! Das dunkle Paar Merchand hatte mich durchschaut, jedoch sagten nichts zu meinem Verhalten. Tante Adrienne war allerdings hin leicht genervt.
„Zuerst gehen wir mit dir neue Kleidung kaufen, dann zum Frisör und anderen Geschäften. Später gehen wir eine Kleinigkeit essen, dann neues Schulmaterial einkaufen und um 16 Uhr haben wir ein Gespräch.“ Noch mehr Veränderungen? Welches Gespräch? Und bei wem? Ich wollte protestieren, aber meine Stimme stockte. Wieso nahm ich alles hin, was sie sagte? Ich wusste es nicht, warum ich dies tat. Mrs. Merchand stand auf und forderte auf, ich sollte mitkommen. Ich folgte ihr. Wir schritten zum Garagentor und setzten uns in ihren Lotus. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf. „Wir fahren nach Neroluz, das ist unsere Stadt. Sie ist nicht weit von hier. Nur 20 Minuten müssen wir fahren.“, erklärte sie mir ernst, „Und sei nicht so angespannt! Es wird alles gut!“ Nichts ist gut! Ich will wieder zurück nach Wicked Rose! Ich versuchte das Weinen zu unterdrücken, auch wenn dies mir sehr schwer fiel. Ich durfte keine Schwäche zeigen! Du musst stark und selbstbewusst sein! Denk immer daran! Der schwarze Lotus rollte aus der Garage. Tante Adrienne tippte noch schnell das Ziel ins Navigationssystem.
Innerhalb von einigen Sekunden fuhr sie den Wagen mit sehr hoher Geschwindigkeit. Ich wurde nervöser und mein Herz begann schneller zu schlagen. 20 Minuten sollte die Fahrt dauern, aber wir waren schon 10 Minuten vor der Zeit am Ziel angekommen. Um welchen Preis verkaufte sie mich? Ich war nicht dumm, besser gesagt; ich war kein dummer Teenager! Das hatten Qadira und Thorn mir schon immer versichert und gemerkt, aber meine ehemals verschollene Tante hielt mich von dem einen zum anderen Augenblick für unintelligent und leichtgläubig. Das wahre Probleme war, dass ich alles hinunter schluckte und Angst hatte, meine Meinung zu vertreten. Wir parkten in der Nähe des Zentrums. Neroluz war eine mittelgroße Stadt. Ich beobachtete die Menschenmenge, die durch die Fußgängerzone schlenderten. Ihre Gesichter waren mit sehr hellem Make-up eingeschmiert. Die Augenlider waren mit schwarzen Lidschatten und die Lippen der Frauen waren mit dunklen Farben aufgetragen: dunkelrot, dunkelviolett, dunkles Kirschrot. Jeder hatte ein anderen Kleidungsstil, doch die Farbe war schwarz.
Meine Tante begleitete mich zu einem Geschäft, das den Namen Royal Blood Moon trug. Es war ein riesiges Kleider-, Schuh und Accessoire Geschäft; alles was die schwarze Seele brauchte. Ich versuchte mich langsam an die Farbe schwarz zu gewöhnen und das ging unerwartet sehr schnell. Adrienne begrüßte die Geschäftsinhaberin. Sie war eine Bekannte. „Sei herzlichst gegrüßt, Adrienne“, grüßte die Bekannte sie, „Suchst du dir eine neue Garderobe?“ Ich beachtete die beiden nicht und überhörte das Gespräch.
„Nein, verehrte Rhodante. Meine Nichte Amaris braucht neue Kleidung und dabei bitte ich dich, dass du sie berätst. Ich finde, dass du sie sehr gut beraten kannst und sie hier in guten Händen ist. Ihr habt zwei Stunden Zeit. Ich muss noch zur Post, denn dort müssten die Formulare vom Black Lake Gymnasium mittlerweile angekommen sein. Wir haben um 16 Uhr einen Termin bei Mr. Mephisto. Und schick mir die Rechnung nach Hause!“
„Amaris, ich gehe noch wichtige Briefe bei der Post abholen. Rhodanthe kümmert sich um deine neuen Garderoben und weiterem. Ich bin bald wieder zurück.“, setzte sie mich in Kenntnis und verließ das Geschäft. Die etwas mollige Frau mit schwarzen Haaren und kirschroten Strähnen beäugte mich mit großen Klubschaugen, wie die eines Chamäleons an und wollte von mir wissen: „Welche Kleider und Schuhgröße hast du?“
„Meine Kleidergröße ist zwischen 40 und 42 und meine Schuhgröße ist 37.“, antwortete ich ihr. Sie führte mich zuerst zu den unterschiedlichsten Kleider. Die Motive von Totenköpfen, Raben, antichristlichen Symbole stachen in meine Augen und die Verkäuferin. Und zugleich die Bekannte von meiner Tante suchte mir die verschiedensten Kleider und Schuhe aus. Sie befahl mir, diese anzuprobieren. Ich probierte die Sachen an und erkannte mich selbst nicht wieder, aber so langsam fing dieser Stil an, mir zu gefallen. Der Preis der Kleidungsstücke und Schuhe waren nicht günstig! Rhodante zeigte mir nun den Schmuck. Silberohrringe, Ketten mit gotischen Ornamenten und Silberringe passten gut zu den Kleider. Als ich alles anprobiert hatte und die Geschäftsinhaberin zufrieden war, faltete sie die Kleider zusammen und legte sie in einen großen Karton. Die Schuhe wurden in einen anderen verpackt. „Aus dir wird eine sehr attraktive Frau der Schwarzen Szene! Die Rechnung wird an deine Tante geschickt“, murmelte sie leise. Ich verstand immer schneller, was die Schwarze Szene war. Ich nickte mühelos, ohne weiterhin etwas zu sagen.
Tante Adrienne kam zum richtigen Zeitpunkt wieder. Sie bedankte sich bei ihrer Bekanntschaft; nahm mein Paket entgegen und lief mit mir zum Frisör Dark Magic Cut, der auf mich wartete. Sie zeigte mir ein Bild von meiner zukünftigen Frisur; ein Stufenschnitt mit schwarzer Haartönung und grau-weißen Strähnen und einem Sidecut auf der linken Seite mit einem Halbmondmuster, den man noch verdecken konnte. Ich wusste nicht so recht, ob mir das passen würde. Ich ließ mich überraschen. „Ach die hübsche Principessa della luna! Folgt mir hier!“, empfing mich der Frisör, der Cinder hieß mit einem leichten italienischen Akzent. Prinzesssin des Mondes? Was hat das jetzt zu bedeuten?
Ich folgte ihm und meine Tante sprach ihm flüsternd zu: „Enttäuschen Sie mich nicht, Cinder!“
„Ganz bestimmt nicht, gnädige Donna scura del mare!“, gab er ihr als sein Wort zurück. Sie wartete auf der Wartebank. Ich setzte mich auf den Stuhl und begann sein Werk auf Geheiß von meiner leiblichen Verwandten zu realisieren. Cinder stellte mir eine Menge Fragen und erzählte mir von sehr vielen bekannten Künstlern. Ich hörte halbwegs zu und antwortete ihm nicht. Er verzweifelte. Ich versuchte zu entspannen. Meine Augen schloss ich.
Nach zweieinhalb Stunden war meine neue Frisur vollendet. Ich öffnete meine Augen und fand mein eigenes „Ich“ nicht mehr. Die neue Frisur hatte mich verändert. Adrienne war begeistert und bezahlte die Rechnung.
„Hast du Hunger?“, fragte sie bei mir nach. „Ja, ich habe sehr großen Hunger, Mrs. Merchand.“, antwortete ich ihr. „Prima, lass uns zur Koni Sushi Bar gehen! Du magst doch Sushi, oder nicht? Und nochmal, ich bin deinen Augen Adrienne und nicht Mrs. Merchand!“, schlug sie vor und bat mich sie als meine Tante anzusehen und nicht als eine Fremde.
„Ja klar!“, antwortete ich ihr. Sie als meine leibliche Tante anzuerkennen fiel mir noch immer schwer. Wir schritten zur Koni Sushi Bar und bestellten uns zwei Sushiboxen zum Mitnehmen. Viel Zeit wollte Adrienne im Restaurant nicht verbringen. Sie musste mit mir noch Schulmaterialien kaufen, aber bevor wir das taten, gingen wir in das Caféhaus Obscure Star. Sie bestellte sich einen Latte Macchiato und ich mir einen Oreo-Milkshake. Ein Kellner brachte in wenigen Minuten unsere Getränke. Adrienne trank einen Schluck von ihrem heißen Getränk und hielt dann einen Umschlag mir entgegen. Dieser war größer als der letzte. Sie überreichte ihn mir. Bevor ich ihn öffnete, sah ich einen unbekannten Absender: Black Lake Gymnasium und Internat. Auf der Rückseite war ein schwarzer Siegel von einem Raben zu erkennen. Das ist doch nicht ihr Ernst? Sie schiebt mich ab sowie meine leibliche Rabenmutter?! Ich soll in ein Internat und eine neue Schule? Ich öffnete den Brief:
Black Lake School und die vier Internatshäuser
Wickeystraße 7
713M-7G Denicum
Betreff: Aufnahme der Schülerin Amaris Ward
Denicum, 25.August 2006
Sehr geehrte Familie Merchand und Amaris Ward,
wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, ihre Nichte Amaris in unserer Schule und Internat aufzunehmen. Neben Ihrem Aufnahmebrief sind die benötigte Schulbücher und Material beibelegt, ein Formular der Kleidungsvorschriften und der Kursbelegung. Sie sind in der Mazus Cross Straße in Neroluz zu finden.
Vergessen Sie nicht am dritten September um 16 Uhr pünktlich im Büro von unserem Schulleiter Sir Mephisto zu erscheinen und ihm das Formular der Kurswahl mitzubringen.
Mit freundlichen Grüßen,
die stellvertretende Schulleiterin Lady Drucio
Auflistung
- Schulbücher und Material
- Kleidungsvorschrifteinformular
- Kurswahlbogen
Ich fühlte mich wieder abgeschoben. Thorn hatte Recht gehabt. Das Ziel meiner Tante war, mich loszuwerden und meine Zieheltern als Versager an den Pranger zu stellen. Diese dumme Ziege! Muss ich ihr die Würmer aus der Nase ziehen und ich alles selbst erfahren? Was weiß ich noch nicht? Thorn und Qadria haben Recht gehabt und ich wollte ja nicht hören!
Ich trank schnell den Oreo-Milkshake und setzte das leere Glas entsetzt nieder. Tatsächlich war an diesem Tag der dritte September. Meinen bestürzten Blick ließ ich mir nicht anmerken. Sie beachtete mich nicht. Sie wusste alles davon; die Kleidervorschriften und Kurse der Schule, und alles andere. Sie hatte sogar schon mein Formular der Kursbelegung ausgefüllt, doch ich hatte diesen mir noch nicht durchgelesen. Vielleicht könnte mir der Schulleiter davon erzählen. Alles ist ihr Plan gewesen! Ich hatte versucht, mich an alles zu gewöhnen, doch dieser neue Schritt war in meinen Augen zu viel. „Und was sagst du dazu?“, wollte sie von mir wissen
„Was soll ich denn dazu sagen?“, fragte ich sie verwundert. Auf diese Frage antwortete sie mir nicht. Ist diese Frage wieder zu erhoben? Sie trank ihren Milchkaffee leer und bezahlte die Rechnung an denselben Kellner, der uns die Getränke gebracht hatte.
Dann hasteten wir in die Mazus Cross Straße, um mein Schulmaterial und meine Schulbücher zu besorgen. In der Spooky Somber Library And Staionery Business fanden wir die Schulbücher und suchten nach Schulordner und Schreibwaren.
Schließlich fanden wir die Büroartikel und die erforderlichen Bücher. Tante Adrienne schaute auf die Uhr und schreckte auf. Es war schon halb vier und wir mussten uns beeilen; zum Gespräch bei Sir Mr. Mephisto - den Schulleiter des Black Lake Gymnasiums und seinen vier Internatshäuser.
Noch eine halbe Stunde hatten wir Zeit, doch sie lief uns davon. Meine Tante und ich mussten uns beeilen. Wir liefen schnell zu ihrem Wagen. „Wir brauchen 25 Minuten nach Denicum. Das wird knapp.“, sagte Adrienne beunruhigt. Ich war genervt und legte die Einkaufstüten, sowie das Paket in den Kofferraum.
Dann schloss ich ihn. Wir setzten uns ins Auto und sie fuhr mit rasanter Geschwindigkeit zu meinem Aufnahmegespräch. Alles musste schnell gehen, sowie nach ihrem Plan und Willen. Das Bestimmen von meiner Zukunft wollte sie immer mehr erlangen, doch hatte sie nicht schon alles erfüllt? Sie fragte mich nicht einmal, wie es mir ging weder noch wie ich ihre Idee fand, da dies alles bei ihr keine Rolle spielte. Sie wirkte überfordert und war nie in meiner Anwesenheit entspannt. Dies begründete ihr Fahrverhalten. Jeden Augenblick wären wir zu spät.
Wir erreichten Denicum 15 Minuten vor der benötigten Zeit, die sie gesagt hatte. Sie fuhr durch das Eingangstor, wo ein Spruch eingraviert war: Et flamma de tenebris. Dies bedeutete im Einzelnen „Die Flamme der Finsternis“. Es war auch ein ziemlich dunkler Ort und ein großer Campus breitete sich drin aus . Das Schulgebäude lag in einem dunklen Wald. Über dem Schulgelände hinaus standen vier unterschiedliche Häuser. Ein weiteres Gebäude stand ein paar Meter vor einem Park. Adrienne parkte ihren Wagen auf dem Schulhof, obwohl dieser Platz nur dem Schulleiter gebührte. Das war jedoch ihr bedeutungslos.
Wir stiegen aus dem Auto aus und es waren noch zehn Minuten bis das Gespräch anfing.
„Beeil dich Amaris, wir müssen Sir Mephistos Büro noch suchen.“, sagte sie nervös. Ich seufzte und folgte ihr. Eine schlanke Dame mit einer Hochsteckfrisur und einem schwarzen viktorianischen Kleid aus Samt und Spitze kam uns entgegen und begrüßte uns mit vibrierender Stimme: „Herzlich Willkommen am Black Lake Gymnasium! Ich bin Lady Drucio, die stellvertretende Schulleiterin. Haben Sie einen Termin bei Sir Mephisto?“ Ihr Gesicht war mit sehr hellem Make-up bedeckt und ihre Augenlider waren schwarz bemalt. Ihre Stimme klang wie eine Sopransängerin, die ihre Begrüßung sang.
„Ja, wir haben einen Termin und zwar in fünf Minuten.“, antwortete Tante Adrienne ihr.
„Folgen Sie mir!“, befahl die stellvertretende Schulleiterin. Wir folgten ihr durch einen schmalen dunklen Flur und standen anschließend vor einer dunkelbraunen Ebenholztür; diese Tür war genau aus demselben Material wie die in der Villa von meiner Tante. Neben der Tür stand ein Schild mit dem Namen des Schulleiters und die Besuchszeiten. Lady Drucio klopfte an die Tür. Ein junger Mann öffnete die Tür.
„Kommen Sie doch bitte herein, Lady Drucio und?!“, fragte er nach.
„Mrs. Adrienne Merchand- Myld und ihre Nichte Ms. Amaris Ward.“, erklärte Mrs. Merchand ihm. Das Büro war mit dunklen Möbeln ausgestattet und Metal-Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen, die links und rechts der Stereoanlage standen.
„Sir., eure Anwesenheit wird erwartet!“, sprach der junge Mann und richtete an den dunklen Bürostuhlrücken hin, der wie ein Thron aussah. Dieser drehte sich langsam in unsere Richtung und der Schulleiter begrüßte uns willkommen. Er trug einen schwarzen Tunika Anzug und hatte mittellanges schwarzes Haar, das anfing zu ergrauen. Auf seinem Kopf trug er einen schwarzen Zylinder. Er war auch geschminkt sowie Lady Drucio und erkannte meine Tante augenblicklich. Kennt sie wirklich jeder hier? Warum sagt sie mir nichts?
„Nimm Platz, meine verehrte, ehemalige Schülerin! Und wer bist du?“ , grüßte erkundigte sich, wer ich war.
„Mein Name … ist ... Amaris Ward … und bin …. ich …bin … die Nichte … von Adrienne.“, gab ich abgehakt als Antwort. Oh Gott, wie peinlich!, dachte ich.
„Setz dich bitte!“, befahl Sir Mephisto.
„Man, bist du erwachsen geworden!“, sagte er zu meiner Tante. Sie sprachen über vieles und ich ignorierte sie. Ich versuchte mich auf den Rhythmus und die Melodie der Musik zu konzentrieren. Das Tempo des Liedes war schnell. Die Melodie klang düster und der elektrische Bass spielte dunkle Töne. Der Sänger knurrte seine Strophe. Ich verstand nicht alles, was er sagte, aber dies war nicht der Rede wert. Wenigstens bekam ich das Gespräch nicht mit, da es mich nicht interessierte.
Aus meinen Gedanken herausgerissen, wollte der Schulleiter mich auf einiges hinweisen: „Für Jungs und Mädchen gibt es kleine Unterschiede beim Pflicht- und Wahlbereich des Wahlbogens, aber diese sind unseren männlichen Schüler geheim. Es gibt jedoch bei diesen Ausnahmen. Wenn du Fragen zu einem deiner Fächer hast, dann kannst du sie gerne stellen.“ Ich nickte flüchtig und doch verstand ich nicht, weshalb bei den Männer alles so geheim sein sollte. Er legte das Fächer Erklärung Formular auf sein Bürotisch und fuhr weiter fort: „ Ich werde nun dir die Fächer erklären: Es gibt ein Pflicht- und ein Wahlbereich. Ich erkläre dir zuerst den Aufbau des Pflichtbereichs. Drei Fächer sind schon voraus bestimmt: Die Sprache Englisch, Latein und der Sportunterricht. Das Fach Englisch und Latein sind schriftlich und die Mitarbeit in Sport mündlich. Eine Gesellschaftswissensschaft muss ebenfalls schriftlich nachgewiesen werden: Geschichte oder Erdkunde. Von diesen zwei genannten, kannst du dir eine heraussuchen. Dann wird eine zusätzliche Fremdsprache ausgewählt; eine die du schon beherrschst beziehungsweise verstehst: Französisch, Spanisch oder Italienisch. Diese Fächer sind immer in drei Wochenstunden aufgeteilt. Im Wahlbereich kannst eine weitere Fremdsprache erlernen, auf Wunsch. Diese sind zwei Wochenstunden und schriftlich belegt. Am Ende kannst du zwei von drei Kunstwissenschaften wählen: Mode, Kunst oder Literatur. Diese werden in drei bis vier Wochenstunden eingeteilt und man kann sie mündlich oder schriftlich wählen. Und zum Schluss kannst du ein Förderkurs belegen: in Englisch, Latein oder Sport. Zweimal in der Woche besuchst du diesen. Hast du alles verstanden?“ Ich war überfordert und versuchte es nicht mitzuteilen. Er blickte mich fragend. „Ja Sir!“, antwortete ich ihm in mich hinein.
„Bitte füll diesen Wahlbogen aus! Nachher werde ich dir noch etwas anderes berichten.“, ergänzte Sir Mephisto. Ich verspürte Unsicherheit und jeden Augenblick dachte ich, ich müsste mich erbrechen. Alles war zu viel. Hier sollte ich die zwei letzten Jahre High School verbringen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, doch der Druck von Aufregung stieg erneut. Alles konnte eskalieren; das war die Tatsache. Der Schulleiter reichte mir einen schwarzen Kugelschreiber. Ich bedankte mich und füllte das Formular aus. Als Gesellschaftswissenschaft kreuzte ich Geschichte an. Die spanische Sprache war die zweite Fremdsprache, die ich gut kannte. Im Wahlbereich kreuzte ich mich für die Fächer Spanisch, Kunst und Literatur. Literatur bestimmte ich schriftlich und Kunst hob ich ebenfalls schriftlich hervor. Zum Schluss setzte ich ein Kreuz für das Fach Sport. In diesem Fach wollte ich mich verbessern, da ich oft die Note F* erhielt. Ich las nochmal alles durch, ob ich alles eingetragen hatte und reichte das Formular dem Schulleiter. Diesen schob er anschließend beiseite und fragte Adrienne: „Hat Amaris schon einmal ein Internat besucht?“ Was hat er sie gefragt? Ich habe nie ein Internat besucht.
„Nein, das hat sie nicht, aber es wäre besser, dass sie hier in eins der zwei Mädchenhäuser kommt, denn ich habe sehr viele Auftritte und sie braucht eine Bezugsperson, die sich um sie kümmern kann.“, informierte sie ihn. Thorn hatte mit allem Recht! Sie stellte mich als schwierig, kompliziert und minderwertig hin. Sie hatte Macht über mich und ich war ihr ausgeliefert. Keine Entscheidung durfte ich treffen. Ich empfand noch mehr Hass für meine Monstertante. Stopp, es reicht! Alarmstufe rot! Wie konnte sie das nur ihrer Nichte (also mir) das antun?
„Ich werde Amaris nun das Schulgebäude und die Internatshäuser zeigen. Noch eine Frage hätte ich: Hat Amaris schon die passende Kleidungstücke und Schulbücher besorgt?“, wollte Sir Mephisto wissen.
„Ja das haben wir schon alles erledigt.“, antwortete Adrienne ihm. Die erhobene Person stand auf, stützte sich auf seinem Gehstock ab und gab uns eine Führung durch das Schulgebäude und der Internatshäuser. Alles war still, dunkel und ein wenig unheimlich.
Zuerst zeigte er uns den Sprachunterrichtsraum, dann die Klassensäle, wo Literatur, Geschichte und Erkunde unterrichtet wurde. Später folgten wir ihm in die Ateliers der Kunstmalerei und Mode. Das Kunstmalerei Atelier gefiel mir am meisten. Es war sehr groß. An den Wänden hingen Kunstwerke von anderen, sowie von den ehemaligen Schülerinnen. Bei einem Bild blieb ich stehen. Es war ein Selbstporträt von einer jungen Teenagerin, die etwa in meinem Alter war und einen traurigen Blick hatte. Daneben las ich den Namen der jungen Künstlerin: Trista Myld und der Titel des Kunstwerkes war: Mein anderer Teil des Lebens. Die eine Hälfte hatte sie sich selbst in Form eines menschlichen Körper und die andere eines Zombies dargestellt. Ich betrachtete es genauer. Was wollte sie vermitteln? Sie war, wie ich sehr begabt in der Malerei. Doch hatte sie etwas, dass mich grübelnd davor stehen ließ.
„Amaris, was machst du denn da?“, fragte meine Tante ein wenig gereizt. Der Schulleiter versuchte sie zu beruhigen. Ich seufzte und wir gingen weiter zur Sporthalle und Schulkantine. Wenige Minuten später zeigte Sir Mephisto uns die Bibliothek, ein Schlossgebäude, das sich unmittelbarer Nähe des Hauptschulgebäudes befand. Zum unteren Stockwerk durften wir nicht, da dieser geheim war. Vielleicht befand sich dort ein Unterrichtsaal, den nur die männlichen Studenten betreten durften. Anschließend gingen wir aus dem Schlossgebäude und schritten nur wenige Meter weiter zu vier einzelnen Häuser, die immer wenige Meter Abstand hatten und sich hinter grasige Hügel versteckte.
„Im ersten und zweiten Internatshaus sind unsere weiblichen Schüler untergebracht. Im dritten und vierten Haus die Männlichen. Lady Drucio und ich entscheiden gemeinsam, in welches Haus der Mädchen, du aufgenommen wirst.“, erzählte Sir Mephisto mir, „Du wirst es bald wissen.“ Ich hörte ihm zu und ignorierte Adrienne. Er war nett und er sollte nicht gekränkt sein. Meine Blutsverwandte sollte wissen, wie sehr ich sie hasste.
Nach den gesamten zweieinhalb Stunden war die Schulführung beendet und der Schulleiter teilte uns mit, dass ich schon an diesem Sonntag erscheinen sollte. Die Aufnahme im Wohnhaus gegen halb acht abends stattfand und meine und anderen die Entscheidung gefällt werden sollte, in welches Haus ich und andere ausgesucht wurden. Der Termin, der Einschulung wird schon am folgenden Montag sein. Ich fragte neugierig nach, ob es nun wirklich sicher war, dass ich aufgenommen wurde. Der Schulleiter bejahte. Adrienne war zufrieden und fügte hinzu: „Dann werden wir deinen Koffer und deine Schultasche fertig packen. Ich werde dich am Sonntag hier herbringen und bleibe bis die Entscheidung getroffen ist. Wenn diese Aufnahmezeremonie zu lange dauert, muss ich leider wieder fahren, denn ich habe um halb zehn eine Probe mit meiner Musikband Flame Snake.“ Sie dachte nur an sich und ich war psychisch verletzt. Es gab kein Zurück mehr … Die Zeichnung von meiner Mutter warf mir noch mehr Fragen auf. Sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich war erst zwei Tage bei meinen leiblichen Verwandte gewesen und saß am Esstisch beim Abendessen. Der Appetit war mir vergangen. Ich stocherte im würzigen Eintopfgericht, den Cousin Valerian gekocht hatte. Eigentlich erwartete ich, er würde mich ebenfalls hassen, sowie seine Mutter, aber seine Mimik blieb mir gegenüber undeutlich. Bislang hatten wir kaum ein Wort gewechselt und ich schätzte, das würde auch so bleiben. „Schmeckt es dir nicht?", wollte er wissen. Ich antwortete ihm nicht. Bei Onkel Cadell schien ich damit Besorgnis hervorgerufen zu haben, während meine Tante mit mir überfordert war.
„Es schmeckt vorzüglich, Valerian.", lobte sie ihren Sohn an meiner Stelle .
„Ich danke dir!", gab er sich zufrieden.
Allerdings sah er wieder skeptisch zu mir herüber. Ich dachte, er wollte noch etwas sagen, ließ es aber dann sein. Vielleicht bemerkte er, dass ich mich hier nicht wohlfühlte. In meinem Inneren schrie ich laut um Hilfe. Ich war mir nicht einmal sicher, ob es mir wegen Adrienne so ging. Aufgewühlt stand ich auf und ließ meinen Teller unangerührt am Esstisch zurück.
„Wo gehst du denn jetzt hin?", wollte sie wissen. Ich beachtete keinen und ging die Treppen schnell hoch ins Gästezimmer, wo ich untergebracht war.
Fort schloss ich die Tür ab. Ich legte mich aufs Bett und weinte. Wenige Minuten später nahm ich mein Smartphone und sah eine neue Nachricht und vier Anrufe in Abwesenheit von meiner Ziehmutter:
Hallo Liebes, wie geht es dir? Wir haben versucht dich anzurufen, aber du hast meine Anrufe nicht angenommen. Wir machen uns Sorgen um dich. Ruf uns bitte zurück, wenn du kannst!
Ich wählte ihre Nummer und schon nach dem zweiten Anklingeln hob sie ab.
„Hallo Amaris, wie geht es dir? Warum hast du uns die letzten Tage nicht zurückgerufen?", wollte Qadira wissen. Ich weinte und meine Stimme zitterte.
„Amaris, was ist passiert? Warum weinst du?", fragte sie nach. Ich erzählte ihr, dass ich mich hier nicht wohl fühlte und von Tante Adriennes unangebrachtem Verhalten, ihren Plänen und Taten, die sie mir antat; über die neue Schule, die Einkäufe und die Tatsache, dass sie mich abgeholt hat, mich in ein Internat abzugeben.
Qadira hörte mir aufmerksam zu. „Das klingt furchtbar! Wir werden nochmal mit Adrienne reden.“, sagte meine Adoptivmutter entschlossen, „Möchtest du noch mit Papa reden?“
„Ja!“, antwortete ich ihr.
„Hallo, meine Kleine! Ich habe angehört und ja wir verstehen dich sehr gut, wie du dich fühlst. Du kannst uns jeder Zeit anrufen; wir sind für dich da!“, versuchte er mich zu beruhigen und schwieg für eine Weile in der Leitung. Dann fragte er mich, ob ich noch etwas auf dem Herzen hätte, um das Schweigen zu brechen, aber ich wusste nichts mehr zu berichten und verabschiedete mich: „Danke. Ich hab’ euch lieb! Tschau!“ Ich legte dann auf.
Alles ging bergab und das Glück stand nicht auf meiner Seite. Warum tat Adrienne das alles? Nun war es fast halb neun und die Abenddämmerung kehrte ein. Ich ging zum Fenster und beobachtete den Sonnenuntergang. Dieser beruhigte mich. Ich schloss ein paar Minuten die Augen, doch dann hörte ich Adrienne unerwartet fluchen: „Ihr werdet eh nichts mehr machen können, denn ich habe jetzt die Verantwortung, dass es Amaris gut geht und sie kriegt das Beste, sowie mein Sohn.", fluchte sie. Vielleicht meinte sie mit „Ihr" meine Adoptiveltern, die mir versprochen hatten, sie sogleich zu kontaktieren und ihren Wahnsinn zu stoppen, aber ihr hämisches Lachen verriet alles. Diese Beißzange! Sie klopfte mehrmals an der Gästezimmertür und rief gereizt, dass ich die Tür aufmachen sollte.
„Macht die Tür selbst auf!", provozierte ich sie genervt. Sie öffnete die Tür und ich sah ihren wutentbrannten Blick. „Wie kannst du es wagen, mit deinen Adoptiveltern über mich so zu reden?“ Mein Hals fühlte sich wie zugeschnürt an. Ich wollte ihr etwas entgegnen, doch es ging nicht. Adrienne regte sich immer mehr auf.
Dann ging sie wieder und knallte die Zimmertür zu. Sie verhielt sich so arrogant und aufbrausend. Vielleicht war es doch das Beste, an diesem Sonntag ins Internat zu gehen und ein neues Leben zu beginnen. Hoffentlich können Qadira und Thorn mich dort besuchen. Somit hoffte ich auf keine weitere Konflikte. Weitere Qualen konnte ich nicht mehr ertragen. Es fühlte sich an, als würde mein Herz aus Glas bestehen und in 1000 Scherben brechen. Man konnte es nicht reparieren. Ich sah immer mehr ein, dass Qadira und Thorn ihr Bestes gegeben hatten, statt meine verdammte Tante, die vermutlich aus der Hölle stammte. Das Luxusleben war ihr Leben mit Cadell und Valerian; in deren Leben hatte ich kein Platz. Das stand zumindest fest. Ich hätte auf meine Pflegeeltern hören sollen. Adrienne war kaltherzig. Ich schrieb noch schnell eine Nachricht an meine Adoptivmutter über Adriennes Wutausbruch und dass ich nicht mehr weiß, was ich tun sollte.
Später legte ich mich ins Bett und versuchte zu schlafen. Kurze Zeit später, als ich beinahe eingeschlafen war, hörte ich Tante Adrienne und Onkel Cadell sich streiten.
„Sie ist total anstrengend und sie spricht nicht mit uns!“, regte sie sich bei ihm auf. Er entgegnete ihr mit ruhiger Stimme: „Schatz, beruhige dich! Gib ihr doch mal eine Chance uns kennenzulernen!“
„Auf welcher Seite stehst du eigentlich?! Auf ihrer oder auf meiner?“
„Auf keiner. Lass ihr ein wenig Zeit! Sie wusste von uns nichts und es ist für sie genauso ein Schock gewesen sowie für uns.“
„Ich gebe ihr keine Chance und es ist besser, dass sie am Sonntag aus unserem Leben verschwindet!“
„Du hast sie auf unser Internat und unsere Schule geschickt?!“
„Ja, das habe ich und es wird ihr sicher gefallen am Black Lake Gymnasium in Denicum.“
„Ich verstehe nicht, warum du immer deinen Sturschädel einschaltest und mich nicht um Rat fragst.“
„Muss ich mir jetzt anhören, dass ich alles falsch mache?! Und wieso muss ich mir immer deine Zustimmung holen? Ich kann auch Entscheidungen treffen, auch ohne dein Einverständnis.“
Wenige Zeit später herrschte Stille. Ruhige, und einsame Stimmung kehrte in die Villa ein.
Hoffentlich kriegt sie sich wieder ein., dachte ich und schlief ein.
***
Der Wochentag Samstag verging, als wären Stunden selbst ihren Qualen unterlegen. Ich musste bei der Blutsaugerin und deren Sklaven im Wohnzimmer den ganzen Tag verbringen. Onkel Cadell wollte wenigstens ein Gespräch wagen, doch seine Angebetete zog ihm die Reißleine. Er verdrehte innerlich genervt die Augen.
„Valerian, könntest du dein Vater und mich kurz allein lassen?“, fragte sie ihren Sohn.
„Selbstverständlich Mutter!“ Meine verwandte Tante schenkte mir keine Beachtung und trank langsam ihren Campari mit Orangensaft. Unerwartet schaute sie mich ehrenrührig an. Ich hatte keine Lust mehr und doch musste ich Valerian folgen.
Wir gingen in den Garten der Villa. Er bemerkte, dass ich mit den Tränen kämpfte. Trotzdem führte er mich zu einem schwarzen Drachenbrunnen, der außen mit ein paar violetten Edelsteinen verziert war und beobachtete das dampfende Wasser, das sich hochhob und im Nebel tanzte.
„Fühlst du dich bei uns nicht wohl?“, wollte er von mir in Erfahrung bringen. Ich schaute zu Boden. „Kann ich das als ein „Ja“ aufnehmen?“ Ich nickte flüchtig.
„Brauchst du eine Umarmung?“, wollte er wissen. Ich nickte erneut kurz. Er umarmte mich. Dennoch hatte ich Angst mich ihm gegenüber zu öffnen und offen darüber zu sprechen. Er erzählte nun, dass es ihm seit seiner Kindheit auch so erging und dass ich seiner Mutter lieber gehorchen sollte, sonst würden es einige Strafen nach sich ziehen. Wir gingen nun zum roten Rosengarten und dem schwarzen gotischen Pavillon. Er erzählte mir, dass seine Eltern hier ihre Hochzeit gefeiert hatten. Es war eine kleine Feier gewesen und hatte zwei Jahre vor seiner Geburt stattgefunden. Ich antwortete ihm, dass er sich eigentlich glücklich schätzen konnte, in einem solchen großen Haus aufgewachsen zu sein. Er schmunzelte leicht. Ich wollte jedoch gerne wissen, ob er etwas über meine leibliche Mutter Trista (seine Tante) wüsste, beziehungsweise er sie mal kennengelernt hatte. „Ich kann mich nicht an sie erinnern. Sie war nur einmal zum Thanksgiving bei uns gewesen und da gab es einen Streit zwischen meiner und deiner Mutter. Was sich damals genau ereignet hatte, weiß ich nicht mehr. Es ist so lange her und meine Mutter möchte nichts mehr von ihrer Schwester wissen. Ich darf ihren Namen nicht erwähnen und du musst dich auch daran halten.“, versuchte er es mir schonend beizubringen.
Plötzlich erschreckte sie uns nichtsahnend und fragte Valerian boshaft: „Hast du ihr irgendetwas von Trista erzählt? Wehe, du lügst mich an!"
„Mutter, Amaris mochte nur wissen, ob ich mich noch an Tante Trista erinnere und ich habe ihr gesagt, dass ich mich nicht viel an sie erinnere. Darf ich meiner Cousine von ihr nichts erzählen?“ seufzte er genervt.
„NEIN Valerian! Du solltest doch am Besten wissen, dass ich kein Wort über meine Schwester hören will?! Hörst du?“, schrie sie ihn mit schriller Stimme an und wendete sich nun zu mir. „Und du, kleines Biest, hör auf Fragen über deine Mutter zu stellen!“, fuhr sie mich zynisch an. Ich beugte mich nieder und die Angst umhüllte die zerbrochenen Scherben meines Herzens. Adrienne verließ empört den Garten und kehrte in die Villa zurück. Wahrscheinlich hütete sie ein Geheimnis. Das Geschehene machte mich traurig, was Valerian zu bemerken schien.
„Es tut mir sehr Leid, verehrte Cousine!“, entschuldigte er sich. Ich hob den Kopf langsam hoch und nickte ihm kurz zu, um ihm „Schon gut.“ zu sagen. Beschämt zeigte er mit dem Finger er auf die Villa. Wir mussten wieder zurück gehen.
Am Abend hatte Onkel Cadell gekocht. Ich hatte schon wieder keinen Hunger. Mein Onkel sah erneut Trauer in meinen Augen und machte sich Sorgen. Jedenfalls gab es Erbsensuppe, die ein wenig verbrannt roch. „Schatz, ich habe dir schon oft gesagt, dass du nicht kochen sollst.“, beschwerte sich Mrs. Merchand bei ihrem Ehemann.
„Ich wollte Euch allen nur eine Freude bereiten.“, sagte er uns mit ruhiger Stimme. Er war wie mein Adoptivvater Thorn: ein ruhiger, sanfter und sympathischer Mensch. Er verteilte uns das Essen auf die Suppenteller und war sich bewusst, dass ich nichts essen mochte. Es war dieses Gespräch im Garten, meine Mutter, ich wusste es gar nicht so recht.
„Wo gehst du jetzt schon wieder hin?“, fragte Adrienne gereizt. Onkel Cadell antwortete ihr mit beruhigender Stimme, dass sie mich gehen lassen sollte.
„Mir platzt gleich der Kragen.", hörte ich sie sich aufregen.
Als ich oben war, schaute ich auf mein Smartphone. Qadira hatte mir zwei Nachrichten geschickt:
Hallo Süße, wir dürfen uns leider nicht mehr einmischen. Adrienne hat jetzt alles in der Hand.
Denk an morgen und vielleicht findest du neue Freunde und Vertraute auf deiner Schule und im Internat, die in einem ähnlichen Fall sind, sowie du. Schreib oder ruf uns die nächste Zeit an, wenn du dich ein wenig eingelebt hast.
Schließlich schaltete ich es aus und rollte mich wie eine Kugel im Bett zusammen. Ich weinte still in mich hinein.
***
Am folgenden Tag war es endlich soweit. Der neue Lebensabschnitt konnte nun beginnen. Hoffentlich bin ich gleich von hier weg. Mama Qadira hat Recht: Denk an heute und vielleicht finde ich ja Menschen, die in einem ähnlichen Fall sind wie ich., dachte ich still.
Am Anfang wollte ich meine leiblichen Verwandte in Ruhe kennen lernen, doch seit ich Adriennes ausfallende Ausraster beobachtet hatte, war ich schon erleichtert, dass ich auf der einen Seite, mein erneutes Leben anfangen konnte und zugleich war ich aufgeregt, aber auf der anderen Seite musste ich mir bewusst sein, dass meine Adoptiveltern mich nicht oft sehen durften, abgesehen von den Schulferien und jedes dritte Wochenende, wenn das sich nicht geändert hatte. Es war noch eine halbe Stunde, bis die Uhr elf schlug. Ich stand schnell auf, zog meinen schwarz-roten Morgenmantel an und schritt schnell die Treppen hinunter. Adrienne blickte wieder mürrisch und saß auf ihrem schwarzen Sessel und benahm sich wie eine Diva. Sie trank wieder Brombeerentee in ihrer kleinen silbernen Tasse. Valerian saß auf der schwarzen Ledercouch und stützte genervt seinen Kopf. Cadell las eine Musikzeitschrift und beachtete beide nicht. Er nickte mir flüchtig zu, um mir guten Morgen zu sagen. Ich tat dasselbe. Frühstück stand um diese Uhrzeit bei ihnen nicht auf dem Plan.
„In zwei Stunden wirst du anfangen zu kochen. Du weißt, dass wir rechtzeitig nach Denicum fahren müssen.", befahl sie ihrem Sohn. Valerian seufzte leise, sodass sie es nicht hören konnte. Oh mann! Sie übertreibt!
Dann schwiegen sich alle an. Die zwei folgenden Stunden vergingen eintönig und ich wurde ungeduldiger.
Es waren nachher trotzdem noch insgesamt vier Stunden.
Dann schwiegen alle sich an. Die zwei folgenden Stunden vergingen eintönig und ich wurde ungeduldiger. Wann wird es endlich beginnen? Was soll ich noch so lange hier? Jedes Mal ist irgendetwas falsch! Ich schaute auf die Uhr und den bewegenden Sekundenzähler, der seinen Kreis drehte. Adrienne kam dahinter und befahl mir mit trällernder Stimme: „Hast du eigentlich schon deine sieben Sachen gepackt? Und geh nach dem Mittagessen sofort duschen!"Dumme Ziege! Du hast mir nichts zusagen!
„Ja, ist schon gut!",antwortete ich ihr. Valerian schüttelte den Kopf. Er dachte sich seinen Teil dabei und schälte weiter die Möhren, ohne seine Mutter zu beachten.
Eine Stunde war vergangen (glaubte ich zumindest) und ich war in diesem Augenblick mich anzuziehen, indem plötzlich die giftige Schlange sich wieder über mich aufregte, ob ich mich noch nicht fertig zurecht gemacht und meine Koffer gepackt hatte. Diese Frau konnte nicht Teil meiner leiblichen Familie sein oder? So eine Giftschlange! Von außen trügt schöner Schein, doch in ihrer Villa ist sie die Herrin der Hölle! Sie hat jeder in der Hand! Ich hatte mich soweit zurecht gemacht und alles fertig gepackt. Valerian rief mich zum Mittagessen und wir aßen zu Mittag. Während dem Mittagessen wollte Onkel Cadell von mir wissen, ob ich mich freuen würde, die Schule und Internat zu besuchen, die meine Mutter, meine Tante und er besucht hatten. Ich schaute ihn mit einem ergriffenen Blick an. Er fragte seine Herrin entsetzt: „Siehst du etwa nicht, dass unsere Nichte darunter leidet und überfordert ist mit dieser Situation?“
„NEIN!", schrie sie ihn wütend an. Valerian und ich schüttelten gleichzeitig den Kopf. Mein Cousin unterbrach seine Eltern. Er hatte sich davon genug ein Bild machen lassen und befahl seiner Mutter mit erzürnter Stimme:„Hüte deine Zunge, ich habe mir genug angesehen!" Hinzu erklärte er: „Und ich rate euch; ihr sollt Amaris endlich mal in Ruhe lassen! Sie muss sich erstmals an alles neu eingewöhnen und sie braucht bestimmt etwas Zeit, bis sie sich eingelebt hat in dieser Gegend." Er wollte mir nur helfen, aber stattdessen griff Adrienne Valerian, ihren eigenen Sohn an: „Wie redest du mit deiner Mutter?"Sie erteilte ihm eine Ohrfeige. Ich schrak hoch und Onkel Cadell war verärgert über ihr Verhalten.Valerian klagte. Er versuchte immer ihr zu gehorchen, aber dieses Mal war ihm alles zu viel. Cadell war ebenfalls sehr standhaft, doch nun war er von seinem Sohn enttäuscht. Dies war wahrscheinlich der Grund, warum er sich für mich einsetzte und sich eine Ohrfeige einfangen ließ..
„Wie kannst du nur, mir so weh tun?" Er verließ enttäuscht das Esszimmer. Cadell konnte ihn nicht mehr aufhalten. Valerian war dennoch stark und doch so sensibel. Ich stand auf und wollte mich nach dem Stand von Valerians Wohlbefinden erkunden; also suchte ich nach ihm. Ein Wimmern erklang aus seinem verschlossenen Schlafzimmer. Ich klopfte.
„Lasst mich in Ruhe!", schrie er.
„Ich bin's Amaris. Machst du mir bitte auf?", fragte ich ihn ängstlich und stockend. Er öffnete die Tür und bat mich herein zu kommen. Er setzte sich auf sein Bett und erzählte, wie verbittert er oft war, da nie etwas richtig für Adrienne war und welches Unrecht er ihr öfters angetan hätte. Ich versuchte ihm zu versichern, dass ihn keine Schuld trüge, sondern ich. Er antwortete mir, dass mich keine Schuld träfe. Seine Mutter besäße jede Macht und auch wollte diese auch über mich haben. Nun konnte ich alles eins und eins zusammen zählen: Mit aller Härte war sie gegen meine Adoptiveltern vorgegangen, um das Sorgerecht von mir zu bekommen. Und das hatte sie vorerst erreicht gehabt. Ich bat darum, dass sie nicht Telefonterror schieben würde, falls sie jeden Tag anrufen würde, wenn ich ins Internat war. Ihre ständige Fragerei und Wutanfälle widerten mich schon die ganze Zeit an. Mein Magen hatte sich augenblicklich verkrampft und löste Bauchschmerzen aus. Jede Sekunde hatte ich das Gefühl, dass die Übelkeit vor Unwohlsein und Unsicherheit hochstieg.Ich wünschte, ich wäre unsichtbar. Ich hoffte, dass die Stunden schneller vergehen würden.
Nachdem ich versucht hatte Valerian ein wenig zu trösten, drohte der nächste Ärger.
„Amaris, bist du endlich fertig? Hast du deine Sachen gepackt? Wir müssen los!", schrie meine Tante erneut nach oben. Ich komme ja schon, dachte ich innerlich genervt. Ich stand auf und ging in Richtung Ausgang. Valerian warf mir noch kurz einen trüben Blick und flüsterte mit leiserer Stimme: „Danke!“ Ich nickte und winkte ihm mit der Hand zur Verabschiedung. Er nickte zu. Ich eilte zu Adrienne und wir legten meine Sachen in ihren Sportwagen. Wir fuhren zur Aufnahmezeremonie. Meine verwandte Tante fuhr stets rasend nach Denicum. Als wir das Ziel erreichten, stellte sie fest, dass ich nicht geschminkt war. Sie war empört wegen meinem scheinbar verheerenden Verhalten. „Muss ich denn alles machen?“, ergründete sie verärgert. Ich seufzte offensiv. Warum und wann lässt diese Frau mich in Ruhe?
„Kannst du mich endlich in Ruhe lassen?“, konterte ich ihr. Wow, diesmal habe ich es geschafft, ihr die ungeschminkte Wahrheit zu offenbaren. Und bist du jetzt zufrieden?
„Nein und jetzt hör mir ganz genau zu, junge Dame! Ich schicke dich nicht ohne Sinn hierher und ich möchte, dass deine Talente gefördert werden. Also vermassel es nicht! Unsere Generation hat sich hier einen Namen gemacht, darunter bist du auch eine!", ranzte sie mich an und nahm ihre Schminke aus ihrer Handtasche. Sie schminkte mich noch schnell und schließlich stiegen wir aus ihrem Auto aus. Pff! Ahja, unsere Generation. Ich muss jetzt nicht lachen oder ist es wirklich so? Stimmt, diese Zeichnung des Selbstportraits von der jungen Teenagerin in einem traurigen Blick. Seit den letzten Tagen geht der Nachname der Künstlerin mir nicht aus dem Kopf: Trista Myld. Meine Rabenmutter!? Adrienne und ich gingen entlang des Eingangstores und da hörte ich laute Musik, eine summende Männerstimme und der Klang einer verzerrten Gitarre, die man ziemlich heraus hörte. Das Schlagzeug spielte einen hektischen Rhythmus. Ein Orchester stand auf einer aufgebauten Bühne spielte. Es handelte sich vermutlich um die Schulband. Eine bedeutende Menschenmenge strömte hier auf dem Schulgelände. Waren diese alle beteiligt auf dieser Zeremonie? Dann endete das Lied.
„Und das war unsere Schulband The dark knight Judas. Einen großen Applaus an unseren Schüler und Sänger Ozul. und seine Gruppe!", jubelte eine Frauenstimme euphorisch. Alle applaudierten und ich ebenfalls. Ich beobachtete Ozul, den Leadsänger der Band. Er war groß und hatte einen schlaksigen Oberkörper. Sein Kleidungsstil bestand aus einem schwarzen ärmellosen Oberteil. Seine Arme hatte mit Netzarmstulpen getarnt und er trug eine schwarze Hose mit einem Nieten Gürtel, der nicht ganz an seiner Hose an saß und schief leicht nach unten angelegen war. Sein Haar war schwarz. Die Frisur war zu einer Irokese gestylt und ein paar Haarsträhnen fielen ihm seitlich im Gesicht. Sein Gesicht war blass und seine Augen waren wie meine mit schwarzen Lidschatten und schwarzer Wimperntusche betont. Ozul verbeugte sich. Seine Bandmitglieder ebenfalls und stiegen die Treppe der Bühne herunter.
"Eine Pause der Band ist nun erforderlich. Meine Damen und Herren, ich bitte sie nun hier Platz zu nehmen und uns die freudige Nachricht der folgenden Schülerinnen und Schüler zu überbringen, die dieses Schuljahr aufgenommen werden.", begrüßte diese Frauenstimme uns alle. Die Lautstärke war sehr anstrengend. Sie räusperte sich. Nun erkannte ich sie. Es war die stellvertretende Schulleiterin Lady Drucio. Sie forderte uns Ruhe auf und begann weiter fort: "Wie ich schon erwähnt habe, werden wir heute unsere neuen Schülerinnen und Schüler vorstellen. Unsere Schülerinnen; die Zwillinge Eranthe und Hesperia, Amaris und Ione. Und nun zu unseren Neuankömmlingen; Israfel, Xanthus, Taos und Lycidas. Ich bitte euch auf unsere Tribüne zu kommen.“
Ich zögerte. Adrienne stieß mich mit ihrem Ellbogen an die Seite und zischte mir leise: „Nun mach schon!“ Ich schritt langsam zur Tribüne und ging die ein paar Stufen hoch zur Tribüne. Die anderen Neulinge ebenfalls.
„Herzlich Willkommen an alle!“, begrüßte uns Lady Drucio. Die Eltern der anderen applaudierten und jubelten. Adrienne setzte ein zynisches Lächeln auf.
Nach wenigen Minuten trat Mr. Mephisto ebenfalls auf die Bühne und bat uns, dass wir uns vorstellen mit Name, Alter, Wohnort und sollten uns ein Ziel für das Schuljahr setzen. Ein Ziel? Ich weiß nicht, was ich für Ziele habe. Ich stellte mich nur kurz vor und nahm meinen Geburtsort Wicked Rose, wo ich bisher gelebt hatte. Ich sah Adriennes Wut in ihren Augen, die sie versuchte unter Kontrolle zu haben.
„Hast du schon ein Ziel vor Augen, Amaris?“, wollte der Schulleiter von mir wissen.
„Bisher noch nicht.“, antwortete ich und Mr. Mephisto bat mich die Bühne wieder zu verlassen. Ich ging zurück zu Adrienne. Sie sah mich an und teilte mir dann mit, dass sie nun gehen musste. Sie hatte wieder eine Musikprobe im Musikstudio und diese war ihr sehr wichtig.
Dann verabschiedete sie sich und ließ mich mit meinen Koffern und Sachen alleine bei den anderen Eltern und meinen wahrscheinlich neuen Klassenkameraden. Als die Vorstellung der anderen Schüler zu Ende ging, erzählte uns Lady Drucio in welches Internatshaus wer kommen würde. Die Zwillinge Eranthe und Hesperia, sowie ich kamen ins Otheyuca Furyce Internatshaus der Mädchen. Auf dem Weg dorthin fragte mich Hesperia, ob sie mir mit meinen Koffern helfen konnte. Ich schüttelte den Kopf.
„Keine Widerrede! Ich helfe dir.“, sagte sie.
„Ok gut.“, sagte ich ihr leise und Hesperia half mir. Ich bedankte mich bei ihr.
„Keine Ursache.“, war ihre Antwort. Wir gingen die schwarzen Treppen hoch und erreichten eine Tür, die einen gotischen Bogen hatte und mit einer gravierten und geschnitzten gotischen Rose. Eranthe öffnete sie und unsere zukünftige Erzieherin des Hauses stand vor uns. „Tretet ein paar Schritte zurück!“, forderte sie auf, „Ich bin Mrs. Hestia, Erzieherin dieses Internatshauses hier und werde euch die folgende Jahre begleiten. Folgende sieben Regeln sind einzuhalten: 1. Respekt und Akzeptanz! 2. Kleidungsfarbstil ist die Farbe Schwarz! 3. Nachtruhe ist um halb elf abends in der Woche, am Wochenende könnt ihr bis spätestens halb zwei morgens wach sein. 4. Falls ihr in die Stadt Denicum wollt, meldet euch immer bei mir ab und seid um halb sieben zurück für das Abendessen. 5. Seid immer pünktlich! 6. Gebt Donnerstag Bescheid, falls ihr woanders am Wochenende verbringt und hinterlasst die Adresse! 7. Der dunkle Wald und das Erdgeschoss des Schlossgebäude des Schulgebäude sind Tabu! Für weitere Fragen, könnt ihr mich in meinem Büro finden. Ich werde ihnen nun eure Zimmer zeigen.“
Wir nickten, antworten mit „Einverstanden!“ und folgten unserer Mrs. Hestia. Sie zeigte unsere Zimmer und erzählte nun, mit wem wir unser Zimmer teilen würden. Als sie Hesperia und mir erzählte, dass wir gemeinsam ein Zimmer teilen würden, lächelte Hesperia zufrieden. Unser Zimmer war groß, sowie alle andere. Die Wände waren weiß und mit schwarzen Rosen verziert. Die Schränke waren ebenfalls aus schwarzen Ebenholz. Die Nebentür war unser Badezimmer. Jeder hatte sein eigenes Badezimmer, was jeder mit seinem Zimmerkameraden teilen musste, sowie das Zimmer. Die Betten waren groß und sahen beinahe wie Himmel Bette aus. Die Gardinen waren schwarz und durchsichtig. Jeder hatte ein unterschiedliches Motiv von der Bettwäsche. Meine war mit einem weinenden schwarzen gefallenen Engel versehen. Die Kissen war mit der Aufschrift Angelo caduto piangente in einem gotischen Schriftzug versehen. Hesperias Motiv war im Gothic-Steampunk-Stil. Sie war immerhin ein Gothic-Steampunk-Mädchen. Neben dem Bett standen unsere Schreibtische mit einer schwarzen Schreibtischlampe. Wir legten unsere Sachen ab und fingen an unsere Anziehsachen in unseren Zimmerschrank einzuräumen. Der Schrank stand fast vor dem Bett, aber etwas nach hinten geschoben. Auf der rechten Seite des Schrankes hingen unsere Schuluniformen: Ich hatte zwei Unterschiedliche: eine für den Kunstunterricht, die Sportkleidung. Ich setzte mich aufs Bett und dachte nach. Hesperia sah mir an, dass ich mich in dieser Schule und diesem Internat noch fremd fühlte.
„Was ist los?“,wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf, um die Antwort zu verneinen. Sie näherte sich mir und schlug mir vor: „Du kannst ruhig mit mir reden. Oder wie wärs mit einer Packung Oreo Mochis? Dann geht’s dir bald wieder besser und du kannst mir dann alles in Ruhe erzählen.“
Ich nickte schließlich und fing an ihr meine Lebensgeschichte anzuvertrauen.
Hesperia holte aus ihrem schwarz-hellbeigen Steampunk-Rucksack aus Leder eine kleine braune Tupperware im Vintage Stil und gab mir einen Oreo-Mochi. Ich fing an meine Situation zu erzählen; wie ich von meiner Adoption erfahren hatte und wie meine leibliche Tante mich abgrundtief hasste und mich hier auf ihre Schule und ihr Internat schickte.
„Das klingt ja furchtbar, aber keine Sorge, meine Zwillingsschwester Eranthe und ich werden dir helfen und wir werden bestimmt sehr gute Freundinnen.“, munterte sie mich auf, „Noch ein Mochi?“
„Nein danke, aber lieb von dir.“,verneinte ich ihr.
„Ich liebe diese Dinger!“, sprach sie mit kauendem Mund. Ich musste schmunzeln.
„So gefällst du mir schon viel besser!“ Hesperia und ich sprachen dann über unsere Schulfächerverteilung, während wir unsere Sachen noch in die Regale räumten. Anhand Wir stellten viele Gemeinsamkeiten fest. Wir hatten beinahe die Zeit vom Abendessen vergessen, da ging ein Gong und Mrs. Hestia informierte uns, dass nun Abendessen war. Hesperias Zwillingsschwester Eranthe lief uns entgegen und fragte: „Na Schwesterherz, hast du dich schon eingelebt?“ Hesperia nickte und Eranthe erkundigte sich nach meinem Namen.
„Mein Name ist Amaris, Amaris Ward.“, antwortete ich ihr.
„Schöner Vorname und was bedeutet dieser?“
„Er bedeutet „Kind des Mondes“.“
„Das ist eine sehr besondere Bedeutung.“
„Danke und was bedeuten eure Vornamen?“
„Hesperia bedeutet „Abendstern“ und Eranthes Bedeutung ist „Frühlingsblume“.“
Eranthes unbekannte Zimmerkameradin schlich sich ungefragt an uns vorbei und teilte uns ihren Namen mit. Ione war ihrer und bedeutete „violette Blume“. Eranthe und Ione hatten ähnliche Bedeutungen ihrer Namen. Wir vier schritten gemeinsam zur Mensa.
Eine der Mädchen ließ zuvor fragen, was sie vermuteten, was es wohl zu Essen gäbe.
„Ich hoffe, es gibt heute Soba Nudeln mit Gemüse und geräuchertem Tofu mit etwas Soja Sauce!“, erhoffte sich Hesperia.
„Ich auch!“, stimmte ihre Zwillingsschwester zu.
„Oder bestimmt Tacos mit Buffalo Blumenkohl und Avocado Creme!“, meinte Ione. Ich sagte nichts. Für mich war es bedeutungslos, was heute in der Küche angerichtet wurde. - Hauptsache ich hätte etwas im Magen, aber ich stellte fest, dass wir uns alle vegetarisch oder vegan ernährten. Wir betraten den gewölbten Speiseraum mit seinen gotischen Bögen und den silbernen Kerzenleuchter und seinen riesigen schwarzen Kronleuchter.
Als wir uns gerade zu Tisch setzen wollten, stießt eine Schülerin der höheren Klasse mich an. „Pass doch auf, wo du hingehst, du Grünschnäblerin!“, schnauzte diese mich an. Ich sagte nichts und versuchte die Ruhe zu bewahren. Trotzdem gingen die Gedanken in meinem Inneren los. Was will die jetzt von mir? Eine dumme Ziege, sowie Adrienne.
„Willst du was?!“, regte sich Hesperia auf.
„So so, du willst dich mit mir anlegen?“, fragte diese hochnäsige Schnepfe.
„Wenn’s sein muss!“, konterte Eranthe zurück.
Diese Unbekannte entgegnete ihr: „Mal sehen!“ und drängte sich auf den erstbesten Sitzplatz des Speisesaals.
„Psst, das ist Nightshade!“, flüsterte jemand uns zu, als wir freie Plätze nebeneinander gefunden hatten.
„Und wer bist du?“, erkundigte sich Ione bei der Fremden.
„Mein Name ist Tizane Shade.“, antwortete das weißblond-haarige Mädchen mit einem Undercut-Haarschnitt. Ein Feuerflammenmuster war seitlich über ihren Nacken links rasiert.
„Freut uns, dich kennenzulernen Tizane.“, antworteten wir beinahe im Chor. Sie nickte und freute sich uns kennenzulernen.
„Wer ist denn Nightshade?“, wollte ich wissen.
„Passt auf, Nightshade ist die Queen der Schule und begehrteste Schülerin der kommenden 10. Klasse. Sie hasst fast jeden hier und ist besonders eifersüchtig, wenn sich jemand ihrem Freund Ozul nähert. Da wird sie zu einer richtigen Furie!“
Ich zuckte etwas zusammen, als ich den Namen Ozul hörte. Ozul? Stopp, nochmal zurückspulen und Standbild einschalten! Meinte sie wirklich diesen Leadsänger der Schulband The dark knight Judas? Er tut mir voll leid ... Mann, Amaris, jetzt konzentriere dich auf etwas anderes! Vergiss es, du hast eh keine Chance bei ihm... oder magst du ihn etwa? Ich schüttelte den Kopf und wir setzten uns an den langen Esstisch.
Plötzlich grollte ein Donner und brachte mich dazu, zu dem Fenster aufzusehen, vor dem Lady Drucio gerade aufstand. Sie hob ihr Glas und klirrte mit einem Teelöffel dagegen. „Ich bitte um Eure Aufmerksamkeit.“ In unserer Nähe stand der Schulleiter Sir Mephisto und sagte mit starker Stimme: „Lasst uns nun zu Abendessen! Ein frohes Festmahl euch allen.“, Er hob sein Glas hoch und die Küchengehilfen brachten unser Essen.
Als das Essen hereingebracht wurde, gab es weder Soba Nudeln mit Gemüse und geräuchertem Tofu, noch das, was sich die Anderen so sehr gewünscht hatten. Auf unseren Teller gab es ein einfaches Ratatouille mit Perlen Couscous. Von den Getränken hatten wir Säfte und heiße Milchsorten mit Kaffee, Grünteepulver (Matcha), Früchten und Fruchtsirups. Man konnte glatt meinen, wir hätten ein Luxusleben. Wir aßen und schwiegen. Als Nachtisch waren Apfel French Toast vorgesehen. Es schmeckte köstlich, doch meine Ziehmutter war immer noch die beste Köchin.
Der erste Abend schien gut zu laufen, trotz Nightshades giftigen Blicken. Ich versuchte es zu ignorieren. Ach lass sie nur … Es ist alles gut. Auf der anderen Seite der Kantine saßen die männlichen Schüler. Ich entdeckte den fast erwachsenen jungen Mann von der Schulband: Ozul! Der Leadsänger lächelte verschmitzt. Neben ihm saßen die Mitglieder der Musikgruppe und vermutlich seine besten Freunde. Es sah so aus, würde sie sich Witze erzählen. Sie lachten. Als wir mit dem Abendessen fertig waren, prallte Nightshade wieder gegen mich, als ich aufstehen wollte. „Pass doch auf,“,wiederholte sie nochmals. Ich schüttelte den Kopf. Was willst du?
„Tzz!“, zischte Nightshade. Wie eine Zicke verhielt sie sich.
„Beachte sie nicht!“, flüsterte Hesperia mir zu. Ich nickte. Mein Blick wich jedoch zu dem Leadsänger der Schulband. Mann, sieht er gut aus ... und sein Lächeln … Stopp… schau lieber auf dich selbst! Ich stand auf und legte mein Geschirr auf den Ziehwagen, wo bereits das dreckige Geschirr der anderen lag. Hesperia, ihre Zwillingsschwester Eranthe und ich gingen zurück in unseren Schlafsaal. Ich nahm meinen schwarzen Rucksack und ein Buch heraus. Black Diamond las ich zurzeit und war bereits auf Seite 120. Das Buch hatte 840 Seiten und es war ein Mix aus dunkler Fantasy und Science Fiction. Dann nahm ich meine Roy Rogers Getränkeflaschen und stellte sie in den Schrank. Eine dieser Flaschen gab ich Hesperia. Sie schien es gar nicht zu kennen. Es war ein Getränk mit Cola, Grenadine-Sirup, etwas Zitronensaft von einer gepressten Zitrone und Kirschsaft. Wenn es kühl gelagert wurde, dann schmeckte dieses sehr erfrischend. „Schmeckt sehr interessant!“, stimmte sie zu. Ich las etwas weiter und setzte die Kopfhörer auf, um Musik von meinem MP3-Player zu hören. Zurzeit hörte ich ein Lied einer Progressive Rock Musikgruppe. Hesperia sah mir an, dass ich nicht viel reden mochte. In der ersten Zeit wollte ich mehr für mich sein und schlief nachher ein. Ich war gespannt auf den folgenden ersten Schultag.
***
Der Wecker riss mich gegen sechs Uhr morgens aus dem Schlaf. Müde und ein wenig gereizt schleppte ich mich zum Duschraum. Zuletzt zwängte ich mich in meine Schuluniform und legte frisches Make-up auf. Hesperia stand etwas später auf. Zu der Zeit packte ich aufgeregt meine Schultasche.
Ich war so nervös, dass mein Herz wild pochte. Als ich meine Haare glättete, kam Hesperia (meine Zimmergenossin / Freundin) auf mich zu und fragte: : „Kannst du bitte auf mich warten, dann könnten wir ja gemeinsam zur Mensa gehen und dort frühstücken?“
„Geht klar.“, antwortete ich ihr.
„Super. Danke.“
Ich wartete also auf Hesperia bis sie sich fertig gemacht hatte und wir gingen gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Eranthe und ihrer Zimmerkameradin Ione zum Speisesaal. Mrs. Hestia hatte Nachtdienst gehabt und sie erwartete uns bereits. Wir holten unser Frühstück und bestückten unsere Reller. Wir nahmen uns den Tee „Joy of tea“, einen Grüntee mit Mango und etwas Zitrone in unsere Thermobecher, die wir am vorigen Tag bei der Aufnahmezeremonie bekommen hatte. Mit etwas Birkenzucker war dieser schon etwas gesüßt. Wir setzten uns an den Esstisch gegenüber unserer Erzieherin.
„Seid gegrüßt, meine Neulinge!“, begrüßte sie uns.
„Guten Morgen, Mrs. Hestia!“
„Ihr seid sicher aufgeregt, in welche Klasse ihr gehen werdet und wer mit eure Klassenkameraden sind.“
„Ja, wir sind sehr aufgeregt!“, hob Hesperia sehr euphorisch hervor. Mrs. Hestia warf einen nichtsssagenden Blick auf mich und überreichte uns die Zettel. Ich bin in die zehnte Klasse eingeschrieben worden und unser Klassenraum ist mit der Nummer 113 im Midnight Podium (Hauptschulgebäude). Klassenlehrer sind Mr. Vitus und Mrs. Anela. Ich habe noch nie zwei Klassenlehrer gehabt. Naja … mal schauen, wie diese nächsten Jahre bis zur Highschool Diploma werden.
Hesperia fragte mich, in welchen Klassenraum, ich gehen würde. Sie stellte fest, dass sie mit ihrer Zwillingsschwester und mir in denselben Klassenraum verbunden war. Ione ging in eine andere Klasse. Ich schaute kurz auf die Uhrzeit. Es war bereits fünf nach halb acht. In knapp 25 Minuten ging es los. Wir aßen noch schnell unser Frühstück und ich nahm mir noch ein Stück Obst für die Pause mit.
Dann schritten wir ins Hauptschulgebäude. Unseren Raum konnten wir schnell finden. Ein Lehrer erschien zuerst und schloss die Tür auf. Wir suchten uns dann einen Sitzplatz.
Ich setzte mich wie immer vorne hin, um so besser dem Unterricht folgen zu können. Damit Hesperia sich neben mich setzen konnte, rückte ich auf die linke Seite der Bank. Wenig später kamen noch andere Lehrer in unser Klassenzimmer.
„Ave! Stat susum!*“, forderte einer uns auf. Wir standen auf und er stellte sich und seine Kollegin vor. Es war unser Klassenlehrer Mr. Vitus, der auch unser Lateinlehrer war und er stellte uns Mrs. Anela vor, unsere Spanischlehrerin. Wir begrüßten sie mit der Formel Salvete zurück. Er setzte uns nun ein Zeichen, dass wir uns hinsetzen sollten. Wir waren insgesamt 25 Schüler. Ich hatte die Zahl anhand von Mrs. Anelas Lippen abgelesen. Dann rief Mr. Vitus einer nach dem anderen von uns auf und Mrs. Anela wies uns an, Namensschilder an unsere Hemden und Blusen zu stecken. Ich hasste diese.
Auf einmal hörte ich den Namen Nightshade Venenum. Sie saß in einer der hinteren Reihen. Ich dachte erst, dass mir es erst einbilden würde, aber es war tatsächlich diese Zicke, die mit dem Frontsänger von der Schulband zusammen war. Dann wurde ich aufgerufen. Nightshade fing an hämisch zu lachen. „Was gibt es jetzt zu lachen, Nightshade?“, fragte Mr.Vitus sie streng.
„Ach nichts …“, gab sie als Antwort zurück. Als ob gar nichts wär! Du machst dich wahrscheinlich lustig über mich, du dumme Kuh! Komm lass gut sein … Es hat eh keinen Sinn!
Alle waren nun aufgerufen worden und Mrs. Anela teilte uns das Formular unseres Unterrichtsplans aus und die beiden Lehrer sprachen mit uns über Zielbesprechungen, ihre Voraussetzungen an uns und was uns bis zum Ende des Schuljahres erwarten könnte. Ich schaute kurz auf meinen Unterrichtsplan nach, um herauszubekommen, welche Lehrer in unserer Stufe eingeplant waren. Mrs Vendetta in Kunst; Mr. Segeric: Literatur; Mr. Leovigild: Geschichte; Mrs. Wanda: Englisch, unsere Klassenlehrer Mr. Vitus: Latein und Mrs. Anela: Spanisch und Mr. Thidol: Sport.
Montags stand schon die erste Doppelstunde in Sport an und am Freitag war die Förderstunde dieses Unterrichts. Dienstags und donnerstags waren drei Stunden Kunst am Nachmittag eingeteilt, sowie freitags morgens in einer Doppelstunde. Englisch waren vier Einzelstunde an den ersten vier Wochentagen. Literatur stand dienstags in der späten Morgenstunde in Doppelstunde auf dem Plan, donnerstags ebenfalls eine Doppelstunde.
Am Montag war die späte Doppelstunde das Fach Geschichte und Latein war am Freitag Morgen die erste Einzelstunde und eine Doppelstunde am Nachmittag mittwochs und Spanisch war Freitag als Einzelstunde und mittwochs ebenfalls als Einzelstunde auf dem Unterrichtsplan.
Hesperia verglich meinen Stundenplan mit ihrem. „Cool wir haben die gleichen Fächer und die gleichen Stundenverteilung.“, stellte sie fest.
„Super!“, flüsterte ich ihr leise zu.
Während wir kurzweilig nicht zugehört hatten, ergriff Mrs. Anela das Wort. Man verlangte von uns, sich noch einmal der Klasse vorzustellen, mit Namen, Alter und unsere Hobbys, sowie Abneigungen und noch andere Situationen. Einer der Jungs war auch ziemlich in sich hinein gekehrt. Sein Name war Mordragor. Der Erste, der sprechen musste, war ein Junge, der in sich gekehrt wirkte. Er klang traurig und Nightshade kicherte. Sie schien sich wieder, über jemanden lustig zu machen und dieses Mal ging es gegen ihn. Mich hatte sie schon im Visier und nun diesen Mordragor. Der Junge war ein Jahr jünger als ich und er hatte die Frisur der Emotional-Jugendkultur. Und ein paar Haarsträhnen fielen ihm seitlich zum Gesicht, die sein rechtes Auge verdeckte. Er spielte gerne Handball und elektrische Bass-Gitarre. Ich fragte mich nur, was Nightshade an ihm lustig fand. Du hältst dich wahrscheinlich für etwas Besseres! Naja, kein Wunder! Ich versuchte sie zu ignorieren, doch es fiel mir schwer. Im Verlaufe des Tages konnte ich mir einen Eindruck über die anderen Lehrer der Schule machen. Manche Lehrer machten einen netten Eindruck, andere weniger und dann gab es welche, die waren etwas hochnäsig, wie zum Beispiel Mrs. Wanda, unsere Englischlehrerin. Sie verhielt sich wie Nightshade. Mr. Thidols Verhalten dagegen war wie ein Leutnant einer Armee, da seine Stimme sehr streng klang. Man sagte, er würde die Menschen gerne drillen. Mr.Vitus war in etwa ein römischer Feldherr, da er seine Ansprachen, wie die eines Kaisers in der Zeit Roms hielt. Mrs.Vendetta war die sympathischste Lehrerin von allen. Sie wollte uns die Theorie und Praxis der dunklen Künste der Malerei lernen. Unser Literatur Lehrer war ebenfalls streng und setzte uns schon bereits in Kenntnis, dass die Literatur der Wicca-Kultur uns in den nächsten folgenden Jahren der Highschool begleiten würde. Und Mr. Leovigild brummte uns schon die folgenden Semester mit Zeitepochen auf. Mrs. Anelas Charakter konnte ich irgendwie schwieriger beschreiben.
Der ganze Morgen bis vor dem Mittagessen verlief soweit eintönig und an diesem ersten Schultag wollten unsere Klassenlehrer nicht weiter belasten. Es war auch irgendwie ermüdend. Mr. Vitus trug nur noch an uns diesem Tag heran, dass am folgenden Tag der Unterricht langsam beginnen sollte.
Endlich klingelte die Schulklingel die Mittagspause an. Wir packten unsere Schulsachen ein und schritten schnell zur Mensa. Ich hatte an diesem Tag keinen richtigen Appetit, da viele Reize und neue Situationen auf mir lasteten. Ich spazierte etwas auf dem Schulhof herum. Einer der Jungs kam auf mich zu und sah mich. „Ist alles in Ordnung?“, wollte dieser wissen.
„Hmm, ja, denke schon. Du bist doch in meiner Klasse oder nicht?“, fragte ich ihn.
Der Junge mit den schwarzen Stiefel und schwarzen Umhang und zerfransten weißen T-Shirt verbeugte sich leicht. Tun das etwa alle hier? Schon bei meinen Blutsverwandten, dann hier in dieser Schule. Etwas merkwürdig ist das schon.
„Oh entschuldige Amaris, oder bist du nicht Amaris?“, wollte er wissen.
„Ja ich bin Amaris und du?“
„Mein Name ist Lycidas. Ich sitze ganz links in deiner Klasse in der ersten Reihe. Freut mich die Bekanntschaft mit dir zu machen, Amaris.“ Er reichte mir seine Hand, die in einem schwarzen Lederhandschuh verdeckt war und nur seine Finger hervorbrachten. Seine Haare waren dunkelbraun und er hatte einen kurzen Haarschnitt. Ein paar Haarsträhnen wurden mit Haarspray zur Seite gekämmt und gefestigt, die auch leicht nach oben gegellt wurden. Lycidas hatte außerdem zwei Piercings; ein Septum (eins, das unterhalb der Nasenscheidewand gestochen wurde) und ein Labret (ein Piercing in der Unterlippe).
„Danke ebenso, Lycidas.“
„Möchtest du nicht etwas essen im Speisesaal? Es gibt immerhin Vegane Gemüsespieße mit Erdnuss-Satay-Sauce und fluffiger Duftreis.“
„Nee, ich habe keinen Hunger. Danke der Nachfrage. Ich komme zurecht. Ich habe immer noch meinen Tee und noch etwas vom Frühstück.“
„Weißt du, ich habe auch keinen Hunger. Aber ich frage mich, warum du nichts essen möchtest? Ich möchte nicht, dass du umkippst, da ich der Meinung bin, dass du nicht genug isst.“
Glaubt er jetzt ernsthaft, ich wäre magersüchtig?! Ich bin nur überfordert mit der neuen Situation, das ist alles.
„Es ist alles gut. Mach dir keine Sorgen!“, versuchte ich ihm schonend beizubringen.
„Du bist neu hier oder?“
„Ja. Woher weißt du das?“
„Ich habe dich auf der Aufnahmezeremonie gesehen. Ich denke, es ist bestimmt alles für dich ebenso aufregend und neu, sowie für mich.“ Ich setzte mich auf eine Bank und er setzte sich neben mich.
Baggert er mich etwa an? Oder will er einfach nur nett sein? Etwas aufdringlich scheint Lycidas schon zu sein!
„Ja.“, antwortete ich leise.
„Es ist schon okay, aber wenn du reden magst. Ich bin für dich da.“ Lycidas verabschiedete sich und ging in Richtung Speisesaal.
Pass auf, wem du vertrauen wirst. Gib auf dich Acht!
„Der scheint dich ja zu mögen.“, hörte ich jemanden von der Seite. Es war meine Klassen- und Zimmerkameradin Hesperia.
„Ja, denke schon. Das war Lycidas.“
„Ich weiß. Ich habe mir seinen Namen gemerkt.“, sagte Hesperia kichernd. Bestimmt gefällt er ihr!
Unter ihrem Lachen fühlte ich mich unwohl und warnte sie: „Hör auf zu lachen! Ich weiß nicht, was das bedeutet!“
„Verstehst du keinen Spaß?“, wollte sie wissen.
„Nein, nicht wenn ich die Bedeutung nicht kenne.“
„Wie meinst du das?“
„Es ist so: Ich verstehe Humor, Sarkasmus und Ironie sehr schwer.“
„Okay, ich verstehe und es tut mir leid. Wenn du mal solche Situationen verstehen möchtest, dann kann ich dir gerne helfen!“
„Ist schon gut. Und danke dir Hesperia!“
„Kein Problem.“ Ich nahm meine Obstbox heraus und aß mit einer Plastikgabel das geschnittene Obst. Etwas alleine fühlte man sich schon, da das ganze viel Kraft kostete: Ein neuer Schulwechsel, die Übernachtungen in einem Internat, eine völlig fremde Person zu sein auf dem Schulgelände und alles andere Neue, was auf mich zukam. Ich musste mich gedulden und mir ebenfalls diese Zeit geben. Ich brauchte nur etwas Ruhe. Während ich mich ermunterte, fiel mir unsere Königin der Schule auf und ging mit dem beliebten Junge Hand in Hand. Der junge Mann schaute kurz zu mir herüber und sie schien das bemerkt zu haben. „Schau mich an, Ozul, Liebster. Schenk dieser Amaris gar keine Beachtung! Sie ist eine langweilige Person. Du glaubst gar nicht, wie unfähig sie sich angestellt hat ...Oh Gott, die ist so peinlich!“, lästerte sie voll über mich und drehte sein Gesicht zu sich, sodass er mir keine Beachtung schenken konnte. Er sagt nichts und hörte nur zu. „Ach ja und Balvo, pass du gut auf meinen hübschen Mann auf.“, sprach sie zu einem anderen, der rechts neben ihr lief.
„Na sicher werde ich das machen!“, versicherte der andere ihr versichert zu.
Sie sprach ernst: „Das will ich aber stark hoffen, du kennst mich … Du kennst mich wirklich!“ Sie küsste den Sänger der Schulband und setzte einen giftigen Blick auf mich. Sie lachte hämisch vor sich hin. „Du hast eh keine Chance, du Dummerchen!“
Ich hatte sie gehört und mir tat dieser Ozul schon sehr leid. Wie konnte er sich nur von diesem dummen Geschwätz ergehen lassen?
***
Zwei Monate waren vergangen. Ich hatte in dieser Zeit die Wochenenden immer im Internat weiter verbracht. In der Schule verlief alles weitere, bis nun sehr gut, trotz Nightshades abwertenden Sprüchen. Meine schulische Laufbahn blieb soweit stabil, außer manchmal im Sportunterricht. Meine Kunstlehrerin Mrs. Vendetta wurde wie eine Vertrauenslehrerin für mich und ich konnte ihr meinen Kummer anvertrauen, falls sich irgendetwas ereignet hatte. In den ersten Klausuren schrieb ich soweit gute Noten und ich hielt meine Adoptiveltern stets auf dem Laufenden. Meine Pflegemutter fragte zudem auch, ob ich schon ein paar Freundschaften geschlossen hätte. Ich erzählte ihr von den Zwillingsschwestern Hesperia und Eranthe. Und von Nightshade, die sehr verachtend in meiner Gegenwart war und den aufdringlichen Lycidas. Qadira riet mir, mich von den Menschen abzuwenden, die mir nicht gut taten und dass ich auf mich acht geben sollte.
Etwas später ging ich nach draußen und etwas spazieren. Der Sänger der Schulband war ebenfalls auf dem Schulgelände. Er rauchte eine Zigarette und war allein. „Was guckst du mich so dumm von der Seite an?“, wollte er wissen.
„Nichts … Es ist nichts!“
„Ach, wirklich, du kleine Mistfliege? Hau doch ab!“
Ich lief woanders hin und befand mich schließlich im dunklen Garten der Schule. Es war bereits dunkel und die Mondsichel leuchtete schwach auf das Rosengewächs. Etwas weiter stand der gotische schwarze Pavillon. Es war kalt und dunkle Wolken zogen auf.
Plötzlich fühlte ich mich irgendwie verfolgt. War mir Ozul vielleicht bis hier hin gefolgt? Ich wusste es nicht, doch ich spürte einen hauchenden Atem hinter mir.
„Ich habe dir doch gesagt, du sollst verschwinden!“, ärgerte sich Ozul.
„Warum verachtest du mich so? Ich will nur etwas spazieren.“
„Geh sofort zurück!“
Sein Schatten lag über mir beim geschwächten Licht des Mondes ein. Ihn konnte ich nicht wirklich erkennen, da er sich hinter dem Rosengitter versteckte. „Geh jetzt!“, wiederholte er noch einmal.
Ich lief zurück ins Internat und in mein Zimmer. Mein Herz pochte laut und ich war außer Atem. Hesperia sah mich geschockt an und fragte: „Amaris, was ist los?“ Ich antwortete nicht.
„Amaris?“
Ich reagierte nicht. Warum verachtet er mich? Ich wusste es nicht und holte mir eine Flasche Mineralwasser aus meinem Schrank. Ich nahm einen Schluck und versuchte Hesperia die Situation zu erklären: „Du erinnerst dich wahrscheinlich an den Schulband-Sänger Ozul, der begehrteste Schüler der Schule. Ich habe keine Ahnung, was er gegen mich hat …“
„Ozul ist ein hebräischer Vorname und bedeutet Schatten. Vielleicht mag er nicht, dass man ihn beobachtet. Warum hältst du dich denn in seiner Gegenwart auf?“
„Ich konnte ja nicht wissen, dass er draußen wäre. Ich wollte nur etwas spazieren gehen.“
„Vergiss am besten den Typ. Der ist sowieso mit Nightshade zusammen. Magst du den etwa?“
„Nein. Er ist nicht der Rede wert. Warum glaubst du?“, log ich Hesperia an. Sie durchschaute mich nicht. Ich mochte Ozul irgendwie schon, auch wenn ich ihn noch nicht richtig kennenlernen durfte, da Nightshade es verbieten konnte. Ich war nur enttäuscht, dass er mich abwies und er sich wie sie für etwas Besseres hielt, aber in Wirklichkeit schien er einen sanften Kern in sich zu haben. Nightshade hatte bestimmt sein Herz in Eis verwandelt, sodass er jedem von den neuen die kalte Schulter zeigte und er sich wie sie etwas besseres hielt. Er wirkte kühl.
Etwas ließ mich jedoch im Unwissen: Wie konnte es sein, dass ein seltsames Gefühl mich beschlich? Es fühlte sich an, als hätte ein Pfeil in mein Herz getroffen. War ich etwa verliebt?
Dies konnte und durfte nicht sein. Schluss jetzt … Denk an etwas anderes! Sei nicht dumm und konzentriere dich! Ich legte mich ins Bett und versuchte mich zu beruhigen. Die Gedanken um Ozul nahmen doch kein Ende. Lieber versank ich zum Boden, statt zu sagen, wie mich dieser junge Mann faszinierte und sein Duft mich anzog wie ein Magnet, dass sich in seiner Nähe zusammen setzen wollte. Ich versuchte mich an das Lied zu erinnern, das er an der Aufnahmezeremonie gesungen hatte. Eternity is apart, you are so cold, my soul is frozen … Es war das Lied Antichrist, sowie ich zurück dachte. Seine Stimme war rau und die Musik mit einigen Augenblicken ruhig.
***
Am nächsten Tag stand Literaturunterricht an. Mr. Segeric hatte uns im Unterricht über die Geschichte der Wicca-Kultur. Jeder sollte von uns diese abwechselnd durchlesen. Der Lesestoff hatte es in sich. Ich hatte Mühe mich zu konzentrieren und hoffte, dass die Stunde bald vorbei sei. Endlich klingelte die Schulklingel das Ende dieser Unterrichtsstunde herbei.
„Man war das krass.“, sagte Hesperia mir.
„Wem sagst du dies?“, seufzte ich. Wir gingen zu unseren Schließfächer. Nightshade rempelte uns an. Schon wieder mit purer Absicht!
„Na du kleine Ratte, hast du noch immer nichts dazu gelernt?“, fragte sie hämisch und ließ mit einer Handbewegung meine Unterrichtsmaterial herunter fallen. „Oh, das tut mir aber Leid!“, sagte sie und lachte mich aus. Ihre Freundinnen Mania und Barbelo lachten ebenfalls.
„Du wirst noch sehen, mit wem du dich angelegt hast und wehe, du sprichst mit Ozul!“, warnte Nightshades beste Freundin Mania mich.
„Versucht es besser nicht!“, schrie mich Barbelo an.
„Lasst Amaris sofort in Ruhe! Oder ihr kriegt es mit mir zu tun!“, hielt Hesperia dagegen.
Die Mundwinkel der Königin zuckten genervt: „Ihr seid so lächerlich.“, befahl sie und zog ihrem Gefolge ab.
Hesperia half mir meine Sachen zu sammeln. „Was ist das für eine dämliche Zicke!“, regte sie sich über Nightshade auf, „Lass dich nicht von Nightshade so provozieren!“ Sie war wirklich ätzend! Wie sollte ich dieses Schuljahr bloß überstehen? Es war eine Herausforderung.
Kurz darauf schritt Ozul in unsere Nähe. Bevor Nightshade kam, senkte er seinen Blick auf mich. Sie klopfte ihm mit einem festen Schlag auf die Schulter: „Ach, kümmer dich nicht um die kleine nichts nützende Gans! Nun komm schon!“, ärgerte sie sich über ihren Freund. Meine Augen jedoch starrten den beliebten Jungen und Sänger der Schulband an. Er kratzte sich kurz und folgte seiner tollen Freundin.
„Warum glotzt du ihn so an? Amaris, Hallo?“, fragte Hesperia mich verwirrt. Wie soll ich ihr dies denn erklären? Hey Hesperia, du hältst mich bestimmt für verrückt, aber ich habe einen Flash auf den begehrtesten Junge der Schule. Und du fragst mich bestimmt, ob ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte. Dieser Junge hat mich in seinen Bann gezogen.
„Ähm … ja … keine Ahnung.“, sprach ich leise. Langsam stand ich gedankenleer auf und begab mich zum nächsten Unterricht. Hesperia lief mir nach und sagte: „Bald ist das Julfest die Schule organisiert etwas.“ Hoffentlich bin ich dann wieder bei meinen Adoptiveltern., dachte ich nur stumm.
„Ah ... ok. Und jetzt?“
„Freust du dich nicht auf das Julfest?“, wollte sie wissen. Ich wusste nicht so recht und schaute kurz auf meine Armbanduhr, um mich an das heutige Datum zu erinnern. Es waren noch drei Wochen bis dahin.
Bis dahin ist noch etwas Zeit, sich Gedanken zu machen, wie ich meine Aufgabe dieses Fest lösen sollte.
Doch ein Stich setzte sich plötzlich in meinen Magen und die Schmerzen lösten Krämpfe aus. Wie sollte es weitergehen? Ich kannte dieses Mal keine Antwort, aber meine innere Stimme sagte: Augen zu und durch!
Nachdem die Schule aus war, ging ich langsam wieder zurück ins Internat und in mein Zimmer.
Ich nahm mein Tagebuch heraus und schrieb nieder, wie sich der neue Lebensabschnitt entwickelt hatte und meine Schwärmerei für Ozul. Hatte ich gerade Schwärmerei gesagt? Ja … Nein … Ich weiß es nicht. Verdammte Liebe … Wie sollte ich mir diesen Kerl aus dem Kopf schlagen und wie konnte ich Nightshade am besten ignorieren?
Liebes Tagebuch,
Es vergehen bald drei Monate: Die Zeit in der neuen Schule läuft relativ gut soweit.
Ich habe ein paar Freundinnen gefunden, denke ich zumindest: Hesperia und ihre Zwillingsschwester Eranthe. Ich glaube, Hesperia versucht mir zu helfen und mich in der Klasse zu integrieren.
Meine Adoptivmama hat Recht behalten: Manche haben ein ähnliches Schicksal wie ich.
Was mich meistens nervt ist, dass ich Humor nicht verstehe und wie auch, wenn manches nicht witzig ist.
Und dann gibt es Nightshade; die Queen der Schule. Sie ist total arrogant und schikaniert mich. Was soll ich nur dagegen machen? Sie möchte, dass ich mich in Luft auflöse. Die ist eine dumme Kuh!
Dann Ozul, der Sänger der Schulband und beliebtester Junge der Schule: Er meint, dass es besser wäre, dass ich abhaue. Ist sein Verhalten wegen seiner Freundin schwierig? Keine Ahnung … Aber was soll ich sagen? Dieser Junge zieht mich magisch an und sein Parfüm rieche ich immer meilenweit, wenn er durch das Gelände läuft. Ich glaube, ich bin verliebt und mein Herz schlägt schnell. Wird er mich auch lieben?
Und dann ist bald das Weihnachtsfest der Schule. Lycidas, ein Klassenkamerad ist sehr aufdringlich und es kann sein, dass er in mich verliebt ist.
Was wird hier alles noch auf mich zukommen?
Auf der einen Seite war ich für diesen neuen Lebensabschnitt bereit und zur anderen doch noch unerfahren. Bin ich etwa hier nicht erwünscht? Wie soll es weitergehen?
Ich ließ die Tinte trocknen und dann verschloss ich mein Tagebuch. Manchmal wünschte ich, ich wäre zurück in meiner ehemaligen Schule (die Sun Valley Middle School) in Skapta, trotz, dass ich immer eine Einzelgängerin war. Mir hatte man schon dort prophezeit, dass ich eine große Künstlerin werden könnte und dass es besser wäre, die Schule zu wechseln, doch meine Adoptivmutter wollte mich aus meiner gewohnten Umgebung nicht herausreißen. Sie verstand meine Ängste, auch wenn ich dieses Jahr an meinem sechzehnten Geburtstag erfahren hatte, dass ich adoptiert wurde. Deshalb war ich wütend auf sie und Thorn gewesen. Ein bisschen hatte ich was über die Hintergründe erfahren. Jedoch nicht genug, um alles zu verstehen. Ich wollte es auch noch nicht weiter wissen. Für die beiden Zwillingsschwester war es ebenfalls nicht einfach. Ihre Eltern waren getrennt und ihr Vater war ausgewandert. Er nahm sie jede Sommerferien und eine Woche vor dem Neujahr zu sich. Sie hatten mittlerweile einen kleinen Halbbruder, der fünf Jahre alt war. Für die beiden Zwillingsschwester war es ebenfalls nicht eine einfache Situation, da sie fast zwölf Stunden fliegen mussten, um ihn zu besuchen. Die Zwillinge sahen ihre Mutter nicht oft, da sie meistens die Wochenenden mit mir im Internat verbrachten. Ihre Mutter arbeitete als Krankenpflegerin im Kinderhospiz meist über das Wochenende hinaus, weshalb sie auch sie kaum sahen.
Naja nun würden wir mal das Thema wechseln. Ich erinnerte mich wieder an Ozuls Blick und schloss meine Augen. Ich sah diesen Jungen vor mir und betrachtete seine Körpergröße. Etwa 1,90 Meter war er groß und leicht muskulös. Sein gegeltes und schwarzes Haar und seine einen zwei Strähnen die ihm ins Gesicht fielen.
„Was hast du hier zu suchen?“, hörte ich seine Worte. Ich beobachtete ihn weiter, doch dann riss Hesperia mich aus diesen unanständigen Gedanken heraus.
Sie ausfragte mich: „Was haben wir eigentlich auf für morgen?“ Ich nahm mein Agenda heraus und schaute auf den Wochenplan. Ich erzählte Hesperia von unseren Hausaufgaben: Wir mussten in Kunst fünf Seiten über den Stil des Rokoko nochmals durchlesen, da Mrs.Vendetta uns am folgenden Tag darüber fragte.
Dann waren ebenfalls Skizzen anzufertigen und in Spanisch waren die unregelmäßige Verben in der Zeitform Pretérito indefinido auswendig zu lernen. Ich hatte bereits vorher die spanische Sprache als Schulfach gehabt und daher fiel es mir nicht mehr so schwer und versuchte mich stattdessen auf den Text der Kunstrichtung Rokoko zu konzentrieren, um schließlich die Skizzen in diesem Stil umzusetzen (im Schritt für Schritt Stil). Wir mussten diesen in Öl Basis ausführen und diese Technik fiel mir nicht leicht. Ich tat mir sehr schwer mit den Farbverläufen und der Dunkel auf Hell Technik. Ich wählte eine historische Persönlichkeit. In den letzten zwei Monaten hatten wir etwas über die Geschichte des Landes Odren in Erfahrung gebracht, die Regierungsgeschichte von König Merl der Große. Ich versuchte diesen Herrscher nun in die Schritt für Schritt Skizze mit den Farben umzusetzen.
Mrs. Vendetta hatte mir ein paar Tipps zur Ölmalerei voraus gegeben, sodass ich mich ein wenig besser zurecht finden konnte. Es sollte mir helfen, in Zukunft weitere Ölgemälde zu gestalten.
Der späte Nachmittag verlief soweit ganz gut, jedoch war es früh dunkel geworden, sodass man der Meinung war, dass es Nacht war. Es wurde Abend und langsam die Zeit zum Abendessen. Die Hausmeister bereiteten das Julfest vor. Sie dekorierten die Fenster und schmückten die serbischen Fichten mit Silber und schwarzen Kugeln, sowie mit Mondsicheln, Drachen, Totenschädel und Pentagramm Dekoration. Die Lichterketten leuchteten flackernd. Etwas silberner Lametta wurde angebracht.
Hesperia, Eranthe, Ione und ich schritten zum Speisesaal und eine große gemeine Fichte stand ebenfalls bereits geschmückt zum Fest hinter dem großen Tisch, wo der Schulleiter und die Stellvertretende saßen mit den Internatsbetreuern. Die anderen drangen dann in den Raum hinein und setzten sich schnell an ihre Sitzplätze. Das Küchenpersonal servierte uns einen Kürbis-Braten mit Dattel-Couscous. Er war leicht orientalisch und weihnachtlich zugleich.
Ozul schaute einen kurzen Augenblick auf meinen Tisch. Er schien mich zu beobachten und ich sah aus dem Augenwinkel Nightshades Mimik gegenüber ihm. Diese hatte nichts gutes zu bedeuten. Er schien den Kopf zu schütteln und sie raste vor Wut oder war es doch eher ihre Eifersucht, die sie nicht unter Kontrolle hatte. Lycidas winkte kurz, um mir einen Abendgruß zu deuten. Ich winkte zurück. Ozul räumte seinen Teller und Besteck ab. Dazu musste er an mir vorbei. Ich versuchte ihn nicht zu beachten und schwieg, doch dann wehte wieder sein Duft in meine Richtung und musste mein Schal vor meinen Mund halten, um nicht aufzuspringen vor Aufregung, Diese Meeresfrische und den kleinen Extrakt von australischem Sandelholz und Narzisse. Absolue setzte sich in meinen Kopf und schon wieder pochte mein Herz schnell. Es schien tatsächlich zu sein, dass ich verliebt war. Ich konnte es jedoch nicht wahrhaben.
„Lass mich doch jetzt!“, ärgerte sich der begehrte Junge der Schule und schlug Nightshades Arm von sich weg. Sie verstand nicht, warum ihr Freund dies tat, aber ich vermutete, dass er ihr klar zu verstehen geben wollte, dass er Ruhe brauchte. Wieder erklang das Lied Antichrist in meinen Kopf und ich summte es leise vor mich hin im Speisesaal. Mein Blick suchte nach ihm. Warum waren meine Emotionen nicht zu kontrollieren? Warum musste ich Ausschau nach ihm halten und ließ mich diese Person nicht los? Mein Verstand brachte mich noch um.
Ich stand auf und ging in Richtung des „Schwarzer Garten“ der Schule. Es schneite bereits und es war dunkel. Der Mond versteckte sich hinter den dichten Wolken. Ozul hatte sich irgendwo hier versteckt oder er war an einer anderen Stelle.
Plötzlich roch ich den Geruch von Zigaretten und sah eine Rauchwolke an mir vorbei ziehen.
„Was willst du?!“, fragte eine Stimme mich leise. Es war Ozul! Er hatte mich gerade zu Tode erschreckt. Ich traute mich nicht umzudrehen und ihm zu antworten.
„Antworte!“
„Ich frage mich, was dein Problem ist. Ich will dir nichts antun!“, versuchte ich ihm schonend zu erklären. Er seufzte genervt: „Und ich sage dir, dass du gehen sollst, sonst …“
„Sonst was?“,fragte ich ihn, indem ich mich zu ihm umdrehte.
Er räusperte sich und versuchte sich zu entschuldigen. „Oh...es tut mir leid, dass ich so unhöflich war! Mein Name ist Ozul Gelimer. Du bist sicher Amaris Ward, oder?“, flüsterte er überrascht, während er mein Namensschild gelesen hatte.
„Ja, ich bin Amaris.“, antwortete ich leise. Er zog an seiner Zigarette und verzog kurz den Mundwinkel. Ich werde dich immer finden! Hab ich es doch gewusst. Er war hier.
Nicht schon wieder! Verdammter Duft, wehe woanders hin! Ich roch wieder diese leichte Meeresfrische und es machte mich rasend, aber ich musste mich in seiner Gegenwart kontrollieren, bevor ich in meinem Gefühlschaos ertappt wurde. Das Herz schlug mir bis zum Hals und ja, ich ...ich … fand die Worte nicht. Tausende von Schneeflocken fielen uns auf die Haare. Ozul starrte mit seinen finsteren Augen auf mich und ich versuchte seinem Blick zu weichen.
„Ein Mädchen des Mondes …“, stellte er fest. Ja, allerdings! Er trug unter seinem weiten Mantel ein schwarzes Jackett, wo das T-Shirt herausschaute, eine Lederhose und Stiefel mit Silberketten. Ich nickte spärlich und ging ihm aus dem Weg. Ich zitterte trotz meiner warmen Kleidung.
„Warte!“, forderte er mich auf, „Du bist am Frieren! Warte bitte kurz!“ Er zog seinen weiten Mantel aus und umschlug diesen um meine Schultern. Ich versuchte es abzulehnen, doch dann berührten unsere Hände sich zum ersten Mal. Er hatte sich erschrocken und zog seine Hand von meiner Schulter. „Du kannst ihn fürs erste behalten, solange es so kalt, ich brauche ihn zurzeit nicht. Ich muss nun gehen. Bis bald.“, sagte er schließlich und ging. Was war das nun gewesen? Ein seltsamer Sinneswandel. Erst voll auf Macho und nun freundlich? Was hatte dies zu bedeuten?
Ich ging schnell und in seinem Mantel zurück in mein Zimmer im Internat. „Was hast du denn da?“, erschrak mich Hesperia mit ihrer Frage.
„Oh ...ehm. … nichts …“, sprach ich stockend.
„Du hast ja vorhin keinen Mantel getragen und außerdem das ist einer für Männer. Na, lass mich raten. Der ist von Lycidas … komm schon, du brauchst mir nichts vorzumachen. Ich wusste, dass er ein Auge auf dich hat. Ihr würdet wirklich gut zusammenpassen.“, jauchzte meine Zimmer- und Klassenkameradin. Ich schüttelte den Kopf und legte den Mantel um den Stuhl. Wenn du nur wüsstest ...
„Ja der ist von Lycidas.“, log ich sie an. Am besten du erzählst die Wahrheit, riet mir mein Gedächtnis. Wie sollte ich Hesperia sagen, dass Ozul doch ein Herz hatte, wenn nicht sogar ein sehr gutes Herz, was sehr zerbrechlich zu sein schien. Sie würde vermutlich den Eindruck hervorrufen, dass ich verrückt geworden wäre und ich mir etwas zusammen fantasieren würde. Ich entschied mich dazu, ihr noch nichts davon zu erzählen und machte mich zurecht fürs Bett.
Ich war müde und erschöpft von diesem Tag und fing an zu träumen.
Eine Woche und zwei Tage vor dem Julfest: 11. Dezember 2006
„Amaris … Amaris … Amaris, wach auf!“
Ein paar Menschen stehen auf dem Boden um mich rundherum. Ich wache auf und sie kennen mich. Was mache ich denn hier? „Amaris, komm zu mir!“, befehlt Ozul mir. Ich nähere mich ihm, jedoch sehe ich sein Gesicht verschwommen. „Lass uns tanzen!“, befiehlt er mir. Ich erkenne das Gesicht noch immer nicht und höre nun Nightshade, die wütend auf mich ist.
Dramatische Musik spielt ein und sie stößt mich weg. Im Hintergrund höre ich andere lachen. „Schick sie weg! Sie hat nicht verdient, dass du sie führst!“, schrie Nightshade Ozul zornig an.
Ich schrie laut auf und wusste nun, wer in diesem Traum vorkam: Ozul war derjenige, der mich zum Tanz aufforderte und Nightshade, die sich darüber aufregte. Hesperia hatte sich erschrocken und fragte, was sich ereignet hatte. Wie sollte ich dir das nur erklären? Ich konnte ihre Frage nicht beantworten, da ich mir selbst klar werden musste, dass einiges auf dem Spiel stand. Ich versuchte es zu verdrängen und stand auf. Nach einem Blick auf meine Armbanduhr machte ich mich dem heutigen Tag bewusst. Der elfte Dezember und mir war klar, dass es noch eine Woche bis zum Weihnachtsfest war. Laut meinem Stundenplan stand heute noch Sport und Englisch an: wie immer waren die Montage etwas ruhiger, denn jeder hasste irgendwie diesen Wochentag, aber die letzten knapp zwei Wochen wären noch auszuhalten.
Etwas später machte ich mich soweit zurecht für den Sportunterricht: Seit knapp zwei Monate lernten wir für den Tanz zum Weihnachtsfest. Lycidas war mir als Tanzpartner zugetragen worden, aber er machte mich sehr unglücklich. Für ihn war ich ein junges schreckhaftes Reh, das sich nicht gerne von jemandem führen und leiten ließ. Mein Sportlehrer verzweifelte. „Amaris Ward, das kann so nicht weiter gehen. Und nun nochmals zum Tanz … Und eins, zwei, drei, eins, zwei, drei.“ Es machte mir sehr zu schaffen, Hesperia verstand meine Mimiksprache. Ach man, die arme Amaris muss mit dem Möchtegern Casanova tanzen, las ich ihr wiederum ab. Ich nickte mit dem Kopf und blinzelte nervös. Mr. Thidol war ein anstrengender Lehrer, da er uns immer zum Verzweifeln brachte und man keine Ruhe hatte. Hesperia tanzte mit Sandalf, der weißblondes Haar in einem kurzen Haarschnitt hatte. Die beiden schienen miteinander auszukommen. Ich stellte mir allerdings die Frage, ob es nicht doch wahr werden könnte, dass Ozul mit mir tanzen würde. Ich dachte die ganze Zeit an ihn und war am Träumen.
Die Schulklingel kündigte das Ende der Sportstunde an und endlich war die erste Pause. Irgendwie muss ich aber diesen Tanz die folgende Woche hinbekommen. Hesperia und ich, sowie die anderen Mädchen gingen noch duschen und zogen uns dann um.
„Es ist ja nicht so prickelnd gelaufen, schätze ich.“, sagte Hesperia zu mir.
„Das kannst du aber laut sagen. Lycidas macht mich noch wütend, wenn er mich weiter so steif begleitet. Ich könnte weglaufen!“, stimmte ich ihr zu, „Und wie ist Sandalf so, als Tanzpartner?“ Sie kicherte.
„Er ist so göttlich …“, schwärmte sie mir von ihm. Wenn Ozul auch so wäre, dachte ich leise. Und schön! Hesperia, scheint sich auch verliebt zu haben.
Sie bemerkte, dass ich wieder einmal in meine kleine Welt versunken war und sagte schmunzelnd: „Ich kann mir schon denken, wen du lieber hättest .…“
Ich seufzte genervt und flüsterte ihr ernst deutlich zu, sodass sie sofort verstand, was ich meinte: „Ja, du hast Recht, aber sag bitte nicht seinen Namen.“
„Ah, ich verstehe und kann mir vorstellen, dass die Diva das nicht gut heißen mag.“
„Sag bitte nicht Diva!“, warnte ich meine bis nun einzige vertraute Freundin.
Nightshade hatte uns gehört. „Nenn mich noch einmal Diva, dann wirst du sehen, was du davon hast!“, fuhr die beliebteste Schülerin der Schule Hesperia an.
„Ist ja gut, Diva!“
„Wag es bloß nicht, mich zu provozieren, du Ratte!“
Hesperia ignorierte ihre Antwort, doch Tizane mischte sich ein: „Hört auf, alle beide!“
„Und du, Tizane? Auf welcher Seite bist du, hä?“, beschimpfte Nightshade ihre Kameradin.
„Auf gar keiner!“
„Auf gar keiner Seite? Das glaube ich dir nicht!“
Hesperia und ich gingen aus der Umkleide heraus und suchten nach Eranthe und Ione in Richtung Schulhof. Wir hatten mit ihnen etwas Wichtiges wegen dem Weihnachtsfest zu besprechen. Ozul lief uns entgegen. Er begrüßte mich kurz mit der Formel Salve Amaris! Er setzte ein Augenzwinkern ein und ging dann weiter. Ich war wie vom Blitz getroffen. Er hatte mit mir gesprochen. Oh mein Gott!
Draußen schneite es und eine gute Schneeschicht hatte sich angesammelt. Dicke Schneeflocken fielen herab. Eranthe und Ione kamen auf uns zu. Sie hatten Unterricht in der Modekunst gehabt. Wir suchten Schutz unter dem Dach des Schulgebäudes. „Salvete!“, empfingen sie uns. Wir taten dies zurück.
„Was gibt es für Neuigkeiten?“, fragte Ione uns neugierig.
„Es sind noch eine Woche und zwei Tage bis zum Weihnachtsfest. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie schwer dieser Tanz ist, den wir tanzen müssen. Wie ist der Name dieses Tanzes nochmal?“, regte ich mich etwas auf.
Hesperia wiederholte nochmals den Namen: „Volta heißt dieser Tanz, Amaris … Volta!“
„Volta, Polter, egal jetzt! Lycidas macht mich echt zum Affen und das sieht auch Nightshade. Die macht sich voll lustig über mich.“
„Ach lass dich nicht von unserer Zicke klein kriegen! Die hat sonst noch mehr Spaß daran, dich fertig zu machen.“, riet Hesperias Zwillingsschwester Eranthe mir. Ich zuckte mit den Schultern und anschließend erzählte sie uns, wie wir uns auf das Fest vorbereiten würden. Mit ihrer Schwester berieten sie Ione und mich, wie wir auftreten sollten.
Dann legten sie fest, dass wir am Wochenende die Ballkleider aussuchten und einkauften. Ich schlug vor, dass wir zum Royal Blood Moon in Neroluz gehen könnten. Die anderen stimmten meiner Idee zu und nun war dies mal abgeklärt.
Aber was würde in der folgender Woche passieren? Am Mittwoch würden wir eh noch ein paar Informationen von unseren Klassenlehrer bekommen, wie der Ablauf am Fest sein würde. Zumindest hoffte ich dies.
***
Fünf Tage vor dem Julfest: 15. Dezember 2006
Am Samstag fuhr Mrs. Hestia uns mit dem kleinen Schulbus nach Neroluz. Ich führte meine Freundinnen zum Royal Blood Moon, wo ich anfangs meine Kleider bekam. Die Verkäuferin Rhodante erkannte mich und begrüßte mich mit ihren großen Klubschaugen: „Seid gegrüßt, Miss Ward!“
„Seid ebenfalls gegrüßt!“
„Amaris, du hast uns noch gar nicht gesagt, dass man dich hier kennt.“, stellte Hesperia fest.
„Ja allerdings! Du hast uns da etwas verschwiegen!“, gab Eranthe ihrer Schwester Recht.
Ich seufzte: „Ach ja. Das ist eine sehr gute Bekannte von meiner Tante. Meine Tante ist hier Stammkundin und die Kleidung, die ich trage, ist von diesem Laden.“
„Möchtest du über sie reden?“
„Nein, besser nicht. Ich kann euch nur sagen, dass sie eine Sängerin von einer sehr bekannten Band ist, aber es ist nicht der Rede wert über sie zu reden. Lasst uns nach den Kleidern schauen!“
„Kann ich Ihnen helfen, Miss Ward?“, wollte Rhodante von mir wissen.
Ich antwortete ihr: „Nein danke, ich komme zurecht. Aber vielleicht brauchen meine Freundinnen Hilfe.“
Rhodante rief nach ihren zwei Angestellten, die neu im Geschäft waren: Bansha und Naama. Bansha kümmerte sich um die Zwillingsschwestern Hesperia und Eranthe und Naama half Ione. Ich kam zurecht. Ich fand ein mittelalterliches schwarzes Kleid mit langen Ärmeln im viktorianischen Stickerei Stil. Bansha fand für Hesperia ein schwarz-weißes Kleid mit Korsett und Rüschen Tüll Stil und für Eranthe ein ähnliches in matter und anderem Stoffmaterial.. Ione hatte ebenfalls ein schönes Kleid gefunden: Ein schwarzes, Kleid mit schaurigem Halloween-Touch. Es war zwar das Weihnachtsfest und doch passte es hierzu. Wir suchten noch dem passenden Schmuck und Schuhe.
Dann bezahlten wir schließlich. Der Einkauf verging in gut geschlagene zwei Stunden. Mrs. Hestia kam uns erst etwas später abholen. Wir gingen noch zum Caféhaus Obscure Star, tranken einen Kaffee und aßen noch eine Kleinigkeit. Daher spazierten wir noch etwas in Neroluz und gegen späten Nachmittag, bevor wir dann am späten Nachmittag abgeholt wurden.
***
Das dunkle Julfest: 20. Dezember 2006
Vor zwei Tagen bekamen wir noch die Uhrzeiten, wann das Fest beginnen würde. Aufregung stand uns allen in den Augen geschrieben. Nun war es soweit: Das Fest fand an diesem Tag statt und das am späten Abend. Gegen Viertel vor acht Uhr abends war der Beginn der Feier. Der Tanz war gegen halb neun Abends angekündigt und ich hoffte nur, dass Lycidas nicht mit mir den restlichen Abend tanzte.
Es war bereits Abend. 18 Uhr kündigte meine Armbanduhr an. Ich hatte bereits geduscht und wusste nicht, wie ich meine Haare stylen sollte. Noch eine knappe Stunde und dreißig Minuten bis zum Treffpunkt vor der Aula im Schulgebäude.
„Na, Amaris, möchtest du, dass ich dir die Haare mache, denn ich bin sehr gut darin.“, schlug Hesperia von sich aus vor. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ach komm schon, du wirst sehen.“ Ich gab Hesperia die wichtigen Requisiten, die sie brauchte. Ich hatte meine Haare schon geföhnt und Hesperia fing an meine Haare zu frisieren. Sie flocht einen Teil meiner Haare in einen Zopf und die anderen glättete sie, sodass die nach hinten fielen. Sie tat das wirklich gut und ich bedankte mich sehr. Sie umarmte mich und sagte: „Kein Problem, ich helfe doch gerne und bin gerne für dich da. Meine Schwester und ich sind deine Freundinnen und lassen dich nicht im Stich.“ Ich zog das Kleid an und übte nochmals kurz den Tanz.
Wirst du auch kommen?,fragte ich mich in Gedanken zu Ozul. Hesperia machte sich eine Hochsteckfrisur und wir schminkten uns wenige Zeit später.
Dann zogen wir unsere Schuhe an und fertig waren wir. Die eine Stunde verging sehr schnell und wir warteten auf Hesperias Zwillingsschwester und dessen Zimmerkameradin. Ich trank noch schnell einen Schluck Wasser und es ging langsam los. Tief einatmen und tief ausatmen, nochmal tief einatmen und tief ausatmen ….Ich wiederholte dies fünfmal. Ok, ich bin bereit. „Und seid ihr alle aufgeregt?“, fragte Eranthe uns. Wir nickten und schritten in Richtung Aula. Wir gingen langsam die Treppen hinunter und sahen schon die anderen. Ich hielt Ausschau nach Ozul, denn ich wollte endlich wissen, wie er wirklich war. Nightshade trat uns entgegen und hielt ihren Fächer vor das Gesicht. Sie sah aus, als wäre sie eher die Braut auf einer Hochzeit statt auf einem Julfest.
Kurz darauf öffnete sich die Tür schwer und wir konnten in den Saal hinein. Auf der einen Seite waren Tische aufgestellt mit Getränke-Bowls und kleinen Häppchen zum Essen. Musik erklang: Das Musikstück The Ice Dance stimmte den Raum ein und wir warteten auf unseren Schulleiter, da er eine Rede hielt, bevor wir den Tanz vorführen mussten. Ozul schlich sich durch die anderen und blickte kurz zu mir. Er hatte mich entdeckt und zwinkerte kurz. Ich machte kurz ein Zeichen mit der Hand und in diesem Augenblick hatte Nightshade ihn wieder in ihrer Macht.
Plötzlich hörte man einen Gehstock und Absatzschuhe. Wir Mädchen standen links und die Jungs standen rechts an der Seite, sodass Mr. Mephisto und Lady Drucio in die Mitte einmarschieren konnten. Wir verbeugten uns alle vor ihnen und warteten bis unser Schulleiter auf der Bühne stand.
Er räusperte sich und hielt schließlich seine Rede ins Mikrofon: „Herzlich Willkommen zum dunklen Julfest! Ich begrüße euch, Discipulus, Kollegen des Lehrerkollegiums und alle anderen. Wir haben uns versammelt, um gemeinsam dieses Fest zu feiern. Gegen halb neun führt die 10. Klasse uns den Volta-Tanz vor bis Viertel nach neun.
Etwas später, etwa gegen zehn Uhr genießen wir die Zeit mit unserer Schulband The dark knight Judas. Vor Mitternacht bitten wir euch nach draußen zu kommen, denn wir werden, wie jedes Jahr ein Feuerrad anzünden, um so den Sieg der Sonne über die Dunkelheit zu symbolisieren und die Kälte des Winters zu verbrennen. Nun wünsche ich euch einen schönen Abend und ein frohes Fest. Prosit!“
Mr. Nocturne, der Musiklehrer legte eine CD in den CD-Player und die Musik erklang aus den Lautsprecher. Musik der Renaissance Zeit: Es war soweit; der Tanz begann.
Lycidas wollte gerade seinen Einsatz zeigen, doch plötzlich sah ich unerwartet aus meinem Augenwinkel, dass Ozul ihn zu Nightshades Seite schubste. Lycidas war entsetzt, sowie unsere Königin der Schule. Ozul hatte aber kein Sportunterricht mit unserer Klasse, aber er wollte mir seine Ehre erweisen. Ich bemerkte viele misstrauische Gesichter. Sie schienen nicht davon begeistert zu sein, dass der beliebteste Schüler der Schule mit dem Mondkind tanzte, das erst seit drei Monate die Schule besuchte. Ich versuchte jedoch mich auf den Tanz zu konzentrieren. Ozul war ein begnadeter Tänzer immerhin und er sah mir tief in die Augen. Diese strahlten eine Vertrautheit aus. Er hatte sich aus den Ketten der Gefangenschaft befreit. Aber was trieb ihn dazu, mit mir den Tanz vorzuführen? Hesperia war ebenfalls verwirrt. Wenigstens war etwas Glück auf meiner Seite. Nightshade war erstarrt und stand wie ein Stein da. Ich sah die entsetzten Blicke ihrer Freundinnen und wie sie sich aufregten, doch sie hielt den Fächer vor sich, um mir nicht zu vermitteln, wie sehr sie eifersüchtig auf mich und Ozuls Verhalten in ihren Augen sehr unangemessen war.
Der Tanz endete und Ozul küsste auf meinen Handrücken. „Es war mir eine Ehre.“, waren seine leisen Worte, sodass ich diese nur hören konnte und nicht für fremde Ohren bestimmt waren.
„Und nun richte ich ein sehr herzlichen Glückwunsch für die Schulband The dark knight Judas, die eine Goldene Schallplatte erhalten hat mit ihrem neu erschienen Album A Christmas Carol. Einen großen Applaus!“, kündigte unser Schulleiter durch das Mikrofon an. Wir applaudierten und jubelten.
Ozul musste nun mit der Schulband auftreten. Die Lichter setzten schwach ein und der erste Song wurde von der Band eingespielt: We are the four kings war der Name des ersten Liedes. Es war eines der ruhigen Lieder. Ozul setzte immer den gutturalen Gesang ein.
Star of wonder or star of darkness,
Northward leading, still regardless,
Guide me to you, guide me to the temptation,
It’s a burning sensation
We are the four kings,
One sings,
Hear the echoes in the mountains …
Vier Könige auf der Suche nach Versuchung. Ich verstand es irgendwie nicht ganz, aber nicht der Rede wert. Ich hörte der Band zu und Nightshade vergötterte ihn. Sie stieß mich jedes Mal weg, aber Ozul bemerkte dies. Seine Augen waren auf mich und die anderen gerichtet, jedoch beachtete er Nightshade, die versuchte, Hesperia in die Ecke zu drängen. Ich schaute zu Ozul und prägte ihn mir ein. Seine Haare, seine schöne Augen, einfach alles an ihm und verfiel in eine Traum Stimmung. Ich ließ mich von der Musik und seiner Stimme leiten.
Knapp fast zwei Stunden vergingen und die Masse schob uns nach draußen, da das Feuerrad angezündet wurde. Es war kalt und höchstwahrscheinlich ein paar Minus Grade. Die Schulleitung sprach noch ein Ritual und zündete dann das Feuerrad an. Die Flammen stiegen hoch und am Himmel zeigte sich der Vollmond mit seiner Pracht in der kalten Nacht.
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*Julfest: hier das Weihnachtsfest
Am nächsten Morgen war der letzte Tag vor den Julferien und der Tag der Zeugnisse. Ich hatte soweit meine Sachen gepackt und hoffte nur in diesen Ferien wieder in Wicked Rose sein zu dürfen. Meine Adoptiveltern konnten mich drei lange Monate doch nicht besuchen.
Am nächsten Freitag war der letzte Tag vor den Ferien und die Vergabe der Zeugnisse. Mr Vitus überreichte uns die Zeugnisse am Morgen. Ich hatte das erste Halbjahr schon geschafft, in Sport blieb ich bei einer Note C. Mr. Thidol gab mir noch eine Chance, was er mir in einer Bemerkung verfasste. Sonst waren meine Noten von gut bis sehr gut. Nightshade setzte einen reservierten Blick ein. Sie war noch immer wütend auf mich. Doch ich schenkte ihr kaum Beachtung.
„Ach, Mr. Vitus es kann doch nicht sein, dass ich die Note D bei Mrs. Wanda habe! Ich kann mir dies nicht erlauben. Sie wissen doch, wie meine Eltern dazu stehen!“, regte sich sie bei unserem Klassenlehrer auf. „Miss Venenum, ich kann dir da leider keine weitere Auskunft geben. Ich würde dir nur raten, nächstes Halbjahr sich besser zu bemühen.“ Nightshade seufzte genervt und sagte: „Das ist demütigend!“
„Jetzt gib doch nicht die Hoffnung auf!“, munterte ihre beste Freundin Mania sie auf. Unsere Zicke wollte immer die Beste sein, da bei ihr zu Hause etwas wegen schlechter Noten drohen würde.
Plötzlich klopfte jemand an unserer Klassenzimmertür. Mrs. Vendetta, unsere Kunstlehrerin kam herein und fragte nach mir. Sie wollte mich vor der Tür sprechen. „Amaris? Ich muss dich kurz sprechen. Geht das in Ordnung, Amaris?“ Mr.Vitus nickte und ich folgte meiner Kunstlehrerin vor die Tür.
„Es wird nächstes Jahr am 18. Januar ein Wettbewerb der Kunst stattfinden und ich möchte dich fragen, ob du daran teilnehmen möchtest. Deine Kunst zeigt, was in dir steckt, Amaris. Du hast großes Potenzial. Bis zum 11. Januar 2007 kannst du dich anmelden. Weiteres werde ich erzählen, wenn ich die Anmeldungen eingeschickt habe.“, erzählte Mrs. Vendetta mir. Ich wusste nicht, ob dies ein gutes Zeichen war, aber ich antwortete ihr: „Ich werde mir darüber Gedanken machen, aber ich werde Sie informieren, Mrs. Vendetta.“
„Das ist schön und ich würde mich sehr darüber freuen. Nun ich wünsche dir sehr schöne Ferien und genieße die Zeit. Bis zum nächsten Jahr! Auf Wiedersehen Amaris!“, verabschiedete sie sich von mir. Ich verabschiedete mich ebenfalls von ihr und ging wieder zurück zu meiner Klasse.
Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder musste ich mein Talent beweisen, das feststand, oder ich entschied mich gegen den Wettbewerb. Noch hatte ich etwas Zeit, mir dies durch den Kopf gehen zu lassen.
In ein paar Stunden waren die Julferien und die Aufregung stieg in mir. Wir saßen noch etwas in unserer Klasse und schauten in den letzten zwei Stunden noch einen Film. Mr.Vitus hatte den Film Dark Jul Days ausgesucht. Es ging um ein paar Freundinnen, die mit ihren Freunden das Julfest feiern und auf dem mysteriöse Dinge passieren würden. Nightshade lachte hämisch, als sie mir einen Zettel an den Kopf geworfen hatte.
Als ich zu ihr schaute und mich fragte, was das sollte, warf sie einen drohend eiskalten Blick zurück. Du wirst schon sehen., dachte sie sich. Mal sehen …. Ich faltete diesen auf und las still: Du kleines Biest, wie konntest du es wagen, mir den Traummann auszuspannen! Das werde ich dir nie verzeihen! Ozul gehört mir und du wirst sehen, dass ich dir das Leben zur Hölle machen werde. Das schwöre ich dir!
Hesperia hatte es mitgelesen. Ich konnte ihr den Zettel nicht vorenthalten, da sie neben mir saß.
Ich schrieb ihr zurück: Es ist nicht meine Schuld! Und wenn du Krieg haben willst, dann bekommst du diesen! Du wirst schon sehen, für wen Ozul sich in Zukunft entscheiden wird. Mir war noch eins im Hinterkopf: Ozul hatte sich bei mir nicht nach seiner Jacke erkundigt und das ließ mich fragen, was dies zu bedeuten mochte. Was definitiv fest stand, war, dass Nightshade und ich Konkurrentinnen wurden. Ich bemerkte ihre wütende Augen, als sie meine Antwort gelesen hat.
Die Schulklingel klingelte und endlich waren die Ferien. Nur ich wusste noch nicht, wo ich diese verbrachte. Alle stürmten nach draußen in die eisige Kälte. Ich holte mein Gepäck vom Sekretariat ab und sah auf einmal in der Nähe Nightshade und Ozul. Sie stritten sich und dann erblickte er mich kurz darauf. Er stieß Nightshade zur Seite und schimpfte ihr die folgenden Worten zu: „Ich bin mit dir fertig! Und mit uns ist es vorbei!“
Aus den Gedanken heraus reißend, griff Hesperia mich am Arm und verabschiedete sich von mir: „Schöne Ferien Amaris! Wir sehen uns nächste Jahr wieder.“
Dann konzentrierte ich mich wieder auf Ozul und er winkte mir zu. Krass! Soweit ich es jetzt verstanden habe, hat er Schluss mit ihr gemacht! Hat er doch seine wahren Gefühle erkannt? Ich lächelte etwas und er kam auf mich zu. „Hey Amaris!“, begrüßte er mich.
„Hey!“
„Wie geht’s dir heute?“
„Gut.“, antwortete ich knapp und fragte ihn, ob er seinen Mantel zurück haben wollte. Ich bemerkte, dass Nightshade uns beobachtete. Sie schüttelte den Kopf und dachte sich bestimmt: Was will er von ihr? Mich hat er abserviert, wegen diesem kleinen Biest! Ozul distanzierte sich und sagte fest entschlossen: „Den kannst du behalten. Er soll dich an mich erinnern! Bis zum nächsten Jahr und schöne Ferien, Amaris. In der Jackentasche wirst du einen kleinen Zettel finden. Der ist für dich gedacht. Bis dann!“ Und dann verbeugte er sich gegenüber mir und verabschiedete sich. Stand er nun zwischen zwei Seiten: Zwischen seiner nun mittlerweile Ex-Freundin und mir? Oder täuschte ich mich?
Kurz darauf rief Valerian mich an. Er konnte mich kaum grüßen, denn ich hörte schon im Hintergrund, Adrienne sich aufregen: „Verehrte Cousine, wir, Mutter und ich wollten dir Bescheid sagen, dass wir auf dem Weg sind, dich abholen zu kommen.“ Ich war geschockt. Meine allerletzte Hoffnung hatte sich in Luft aufgelöst, um zurück zu meinen Adoptiveltern zu gehen und dort die Julferien zu genießen. Leider war dies nicht der Fall gewesen, was mich sehr traurig machte.
„Amaris, bist du noch dran?“, fragte mein Cousin mich.
Ich antwortete ruhig: „Oh ..ja , natürlich bin ich noch am Apparat. Und ja ist gut. Ich warte hier auf dem Schulgelände.“
„Ist in Ordnung. Wir sind bald da! Bis gleich.“ Er legte dann auf und es dauerte nicht mehr lange, dass die beiden das Ziel erreichten. Das Grauen war vorprogrammiert und ich hoffte nur eins: Bald wieder ins Internat zurückkehren zu können! Dort war es nämlich doch nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte, trotz den Problemen mit Nightshade und ihren Freundinnen. Ich schrieb meiner Ziehmutter noch schnell eine Nachricht.
Plötzlich hupte ein Auto und ich konnte ahnen, dass es Adrienne und Valerian waren. Valerian stieg aus dem Wagen, öffnete mir den Kofferraum und wir legten meine Sachen hinein.
Dann fuhren wir nach Death Tale zurück. Cadell erwartete uns wahrscheinlich bereits.
Es schneite sehr viel an den ersten Tagen. Cadell hatte schon letzten Monat die Weihnachtsbeleuchtung um die Villa gelegt und die LED Innenbeleuchtungen von Rentieren und Eisbären installiert.
Im Wohnzimmer stand eine Blaufichte mit Kerzenbeleuchtung, schwarzen Christbaumkugeln von keltischen Metallkreuzen und heraldischen Schmuck.
Auf einem kleinen Tisch mit identischer Tischdeckenfarbe der Christbaumkugeln stand ein dunkles Adventsgesteck.
Am nächsten Morgen würde die vierte Kerze angezündet werden. An diesem Tag wäre es dann der 23. Dezember. Valerian kümmerte sich um das Feuer im Kamin, sodass sich die Wärme etwas den Raum verteilte.
Es war momentan still. Adrienne und Cadell waren einkaufen für das Julfest. Dies war scheinbar viel los. Vermutlich gingen die Leute noch die letzten Geschenke besorgen und den Rest für die Mahlzeiten. Ich saß auf dem schwarzen Ecksofa und las weiter im Roman Black Diamond. Einst merkt sie, dass er der Tag ist und sie die Nacht. Zwischen zwei getrennten Welten. Und nun der gemeinsame Kampf zwischen den weißen Herzen und schwarzen Pfeilen … So ging es weiter im Buch und ich stellte mir dies bildlich vor. Ja der schwarze Pfeil hatte getroffen und das in ein leeres und weißes Herz. Ich ging kurz hoch ins Gästezimmer, wo ich schlief und Valerian wies mich noch kurz hin, nicht lange oben zu bleiben, da seine Eltern bald zurück wären. Ich nickte ihm zu und sagte ihm: „Ich werde mich beeilen.“ Ich wollte wissen, was Ozul mir auf den Zettel geschrieben hatte. Seinen Mantel hatte ich in einen anderen Stauraum des Koffers gelegt, sodass keiner wusste, dass da dieser Schatz sich versteckte. Ich zog langsam den Reißverschluss auf und durchsuchte die Taschen und fand schließlich ein gefaltetes DIN A4 Blatt:
Am Abend des 4. Dezember 2006
An mein Licht, das meine Dunkelheit gebrochen hat
Ein Licht sendete in meine Dunkelheit bei diesem Tanz, den wir hatten. Etwas an dir hat mich von Anfang verändert. Warum kann ich dir gar nicht so leicht sagen, vor den Anderen fällt es mir schwer: „Ja, ein schwarzer Pfeil hat sich in ein weißes Herz gebohrt.“
Du fragst dich vermutlich, was ich hiermit sagen möchte.
Es fordert mich viel Kraft dir dies zu erklären. Du erinnerst mich an diese Zeilen. Das Schicksal von dir und mir hat sich verbunden. Ich habe erkannt, dass ich mich verloren habe und ich mich nun aus den Ketten der Gefangenschaft befreien muss. Ich bin nun frei und frei für dich. Amaris, es gibt so viel zu sagen und ich finde meine Worte nicht. Du, mein heller Mond - eben jetzt nehme ich wahr, dass du der meine bist.
Wenn ich in meinem Bett liege, suche ich dich in mir. Ich spüre, wie das Blut in meinen Adern fließt und da frage ich mich, ob du meine Gefühle erwidern würdest. Ich habe mich für dich entschieden, Amaris, mein heller Mond. Dies solltest du wissen: Ich gehöre von nun an dir und wünsche mir noch einen Tanz: Vielleicht ist es der Letzte. In der ganzen Zeit bin ich herum geirrt und nun bringt das Schicksal mich zu dir. Ich liebe dich mit all meinen Sinnen und so soll es sein! Koste was es wolle, aber ich lasse mich nicht mehr von meiner ehemaligen Liebsten das Schönste und Reinste nehmen.
In ewig dein Ozul.
P-S: Ich bin unter dieser folgenden Nummer zu erreichen. (siehe rechts unten)
Der Traum wurde wahr. Und er hatte diesen Brief vor dem Weihnachtsfest geschrieben. Scheinbar hatte es sich mit Nightshade zuvor schon nicht mehr wirklich richtig angefühlt und wollte sich erst seit dem Tanz von ihr trennen. „Ja, ein schwarzer Pfeil hat sich in ein weißes Herz gebohrt.“ Dieses Zitat kannte ich: Striga, ein Charakter meines Lieblingsromans Black Diamond sagte dies. Mochte Ozul etwa auch diesen Roman? Ich speicherte Ozuls Handynummer ein und kurz darauf rief Valerian mich. Ich legte den Zettel wieder in die Tasche des Mantels und diesen wieder ins Versteck meines Koffers. Ich hörte Adrienne unten schon wieder fluchen und beobachtete Cadell, der wie ein Sklave die Einkaufstaschen in die Küche trug. Valerian half ihm dabei. „Und wo waren wir wieder, junge Dame. Hatte ich dir nicht gesagt, dass du mit Valerian auf uns im Wohnzimmer warten solltest?“, schimpfte sie mit mir.
Ich entschuldigte mich: „Es tut mir Leid.“
„Sollte es dir auch tun! Zzz!“, zischte sie. Sie rannte hektisch in die Küche. „Ich hoffe, dass wir an alles gedacht haben. Ich mach mir jetzt einen Tee.“, trällerte sie schrill zu ihrem Ehemann. Valerian schüttelte den Kopf und ich versuchte seine Mutter nicht zu beachten. Adrienne schaute in den Schrank und bemerkte, dass die Teedose leer war.
„Verflixt immer das gleiche! Ich hoffe, dass wir noch welchen eingekauft haben!“, hörte ich sie sich erneut aufregen.
Cadell stellte fest: „Ich glaube, den haben wir vergessen.“
Adrienne hetzte ohne weitere Befehle wieder zum Haus hinaus. Cadell und Valerian räumten die Lebensmittel in den Kühlschrank und in die anderen Schränke. Ich schaute kurz auf meine Armbanduhr und es war 16 Uhr.
„Amaris und Valerian, könntet ihr mir bitte helfen, bei ein paar Vorbereitungen fürs Essen morgen am heiligen Julfest. Morgen werden außerdem noch Gäste kommen: Valerian, du freust dich bestimmt auf Opa Alevo, mein Vater. Er wird morgen zu Besuch sein und Onkel Balduin kommt auch mit seiner Lebenspartnerin Jelvira. Du wirst dich sicher auch mit ihnen verstehen, Amaris.“, erklärte mein Onkel die Situation. Valerian freute sich darauf, seinen lieben Opa zu sehen. „Opa Alevo ist so ein toller Mensch, der ist ein genialer Rockmusiker und tritt noch immer auf.“, erzählte Valerian kurz. Zumindest hoffte ich, dass ich mich mit Valerians Großvater, Onkel und dessen Lebensgefährtin zurechtkommen würde.
Cadell zögerte plötzlich bei der weiteren Ankündigung: „Am 1.Julfeiertag wird es schwieriger: Amaris, bitte hör mir zu! Deine Großeltern werden am 25. Dezember kommen. Ich kann mir vorstellen, dass du viele Fragen hast, aber ich würde dir raten, nur das Nötigste von Worten mit ihnen zu wechseln. Sie wissen noch nicht, dass wir dich aufgezogen haben. Am besten sei es, du sagst, du wärst eine sehr gute Freundin von Valerian.“
Dabei kam ich ins Grübeln. „Ich soll lügen?“, fragte ich entsetzt, „Cadell, mit all meinem Respekt, die werden mich doch erkennen, da ich Trista ähnlich sehe.“
„Ja, du hast Recht. Es ist nicht die Lösung, ihnen etwas vorzumachen, aber bitte pass auf dich auf! Meine Frau ist ihr Wunschkind und ich weiß, dass man nichts über Trista erzählen darf. Wir müssen uns zusammenreißen und jetzt lass uns den Couscous-Strudel mit Feigen und Pak-Choi für morgen vorbereiten.“ Ich schaute enttäuscht zu Boden und wusste, was es hieß; eine neue Herausforderung anzunehmen, auch wenn diese schwer fiel.
Adrienne kam zurück und sah uns zu. Sie machte sich eine Tasse Brombeertee und setzte sich dann ins Wohnzimmer. Cadell legte noch Holz in den Kamin und Valerian und ich bereiteten das Essen für die nächsten Festtage vor.
Ein paar Stunden später ging ich hoch und versuchte einzuschlafen.
Am nächsten Abend war es soweit. Es war der 24. Dezember. Ich musste mich chic anziehen, wie am folgenden Abend ebenso. Das elegante schwarze viktorianische Kleid war mit den ebenbürtig Stiefel passend für diese Anlässe.
Gegen halb sieben klingelte es bereits an der Tür. Großvater Alevo, Balduin und Jelvira waren angekommen. Alevo war stilvoll gekleidet und ein Monokel war vor seinem rechten Auge festgelegt. Der gute Mann war vermutlich Anfang siebzig und er begrüßte uns, wie ein adliger Herr.
„Willkommen Vater! Willkommen Bruder und Jelvira! Frohes Julfest euch allen!“, begrüßte Cadell seine Familie. Ich stand etwas abseits und wartete, bis ich sie begrüßen durfte.
„Opa Alevo, schön dass du hier bist. Ich freue mich sehr dich wieder zu sehen. Du siehst großartig aus!“, empfing mein Cousin den alten Mann mit Freude. Alevo hatte mich entdeckt und wollte von mir wissen: „Und wer bist du, junge Dame?“
„Mein Name ist Amaris Ward und ich bin die Nichte von Cadell und Adrienne.“, stellte ich mich kurz vor.
„Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen.“, freute er sich. Balduin und seine Lebenspartnerin begrüßten mich ebenfalls und Cadells Bruder setzte ein Augenzwinkern auf. Was hatte es zu bedeuten?
„Schön, dass ihr hier seid. Adrienne wird jeden Augenblick hier sein.“, erklärte Cadell uns allen. Ein kleines Aufstoßen überfiel mich und ich hatte es noch rechtzeitig unterdrücken können. Adrienne kam schließlich langsam die Treppe runter stolziert. Wie eine Königin zeigte sie sich uns und Cadell begleitete sie ins Wohnzimmer. Der Besuch legte die Geschenke unter die Blaufichte und setzten sich schließlich auf das schwarze Ecksofa.
Valerian und ich kümmerten uns um die Gäste. Wir hatten bereits Sekt kaltgestellt. Für die Gäste, sowie für mein Onkel und meine Tante mixten wir einen Kir Royal: Etwas Creme von Cassis (schwarze Johannisbeere) und dann Sekt. Valerian setzte die fertig gestellten Gläser auf ein Tablett und bediente so die Gäste im Wohnzimmer. „Oh, vielen Dank Valerian und du bist nun ein erwachsener, junger Mann! Prächtig! Aus dir wird noch einer.“, hörte ich Alevo sagen. Ich setzte mich etwas zu den Gästen und Valerian brachte mir ein Mineralwasser. Er wusste, dass ich bis zu diesem Augenblick kein Alkohol trinken durfte. Ich blickte traurig in die Runde und versuchte kein Wort zu wechseln. Die Angst, ich könnte etwas Falsches erzählen, überkam mich so plötzlich. Adrienne hielt die Gäste mit Anekdoten bei guter Laune.
Irgendwann flüchtete ich mich in meine Gedanken und landete bei Ozuls Brief. Da scheinbar niemand mit mir reden wollte, war das eigentlich kein Problem. Valerian vernahm mein Verhalten und verstand, dass ich mich nicht wohlfühlte. Er brachte zwei große Teller mit warmen belegten Baguettes, die mit Kräuterkäse und Bärlauch gefüllt waren.
„Und wie war es letztens in Azuris Enclave, Alveo? Waren viele Leute zum Konzert gekommen?“, wollte Valerian von Alevo wissen. Der Großvater nahm einen kleinen Schluck Kir Royal und erzählte dann vom Konzert: „Oh Junge, alles verlief wie nach Plan. 60 000 Menschen waren dort und sie jubelten. Und die Bühne war groß genug für uns. Die Menschen sangen die Songs und rockten mit. Du weißt doch, dass Opa Alveo sehr begehrt ist und seine Gruppe Ebony Sunbird. Ich muss dir das doch nicht alles erzählen. Die Konzertkarten waren innerhalb von drei Tagen ausverkauft und das war heftig.“
Ich freute mich für diesen Mann und er war ein sehr netter Mensch. Balduin stimmte seinem Vater zu, wobei auch Cadell uns einstimmte. Der übrige Gast bemerkte Adriennes wütende Blicke, die sie auf mich gerichtet hatte und fragte mich leise: „Ist das normal, dass deine Tante dich so ansieht?“ Ich zuckte die Schulter und antwortete der Freundin von Balduin nicht. „Ich merke, dass es dir nicht gut geht. Lass uns etwas nach draußen gehen. Ich möchte gerne mit dir reden!“ Ich nickte und Jelvira stand auf.
„Wo möchtest du denn hin, Jelvira?“, fragte Adrienne sie.
„Ich bräuchte etwas frische Luft und würde es dich stören, wenn deine Nichte kurz mit mir kommt?“
Adrienne sagte ihr jedoch mit einem verräterischen Blick: „Nein, gar nicht.“ Ich folgte Jelvira, die in Richtung Garten der Villa ging. Bevor ich dies tat, zog ich meinen Mantel an. „Du bist Amaris, stimmt’s?“, fragte Jelvira mich. Ich nickte ängstlich.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dir nichts böses. Balduin und ich haben von Cadell erfahren, dass du nun bei ihm und Adrienne lebst und in der anderen Zeit im Internat des Black Lake Gymnasiums. Wie gefällt es dir denn dort?“
Ich zuckte wieder mit den Schultern. Ich konnte nicht antworten. Was soll ich dir erzählen? Punkt A wir sehen uns zum ersten Mal und kennen uns nicht. Punkt B was möchtest du denn gerne wissen?
Punkt C Vielleicht bin ich in deinen Augen ein Freak!
„Amaris, ich kann mir vorstellen, dass du dich nicht wohlfühlst, aber Cadell ist ein sehr fürsorglicher Mensch und als Balduin mir gesagt hat, wie sehr sein Bruder sich bemüht, auch dich in die Familie zu integrieren. Vielleicht kannst du eines Tages erkennen, dass er dich genauso liebt, wie seinen Sohn Valerian. Ich will dir nur damit sagen, dass du dich ihm anvertrauen kannst.“
Ich glaube nicht, dass du alles verstehen kannst, was ich durch gemacht habe. Es sei besser, wenn du es nicht weißt, doch ...
Doch dann brach alles aus mir heraus und ich zitterte am ganzen Körper. Wut, Hass und Trauer setzten das Chaos zusammen. Es hatte einiges wieder ausgelöst: Die Adoption, die Konflikte mit Adrienne und Nightshade und andere Ängste, die mir noch unklar waren.
„Adrienne hasst mich! Ich bin nicht wie die anderen Menschen. Ich bin ein Nichtsnutz!“, platzte es aus mir heraus.
„Nein, du bist kein Nichtsnutz, Amaris! Beruhige dich!“, versuchte Jelvira mich zu beruhigen und gab mir ein Taschentuch.
„Was bin ich dann?“, fragte ich sie mit weinender Stimme. Die Lebensgefährtin von Balduin antwortete: „Du bist ein toller Mensch, sowie jeder auf seine Art und Weise. Du hast etwas gut bei uns. In Alveos, Cadells, Balduins und meinem Namen. Das siehst du später. Und nun lass uns wieder hineingehen, ich glaube nämlich, dass das Essen fertig ist und die Kälte zieht hier sehr stark.“
Ich nickte und wir kehrten zurück in die Villa. „Das hat aber lange gedauert, Jelvira. Ich hoffe bloß, dass die kleine Göre dir nichts Unwahres erzählt hat?“
Jelvira log sie an und zum Glück konnte Adrienne sie nicht so leicht durchschauen, da sie erst ein knappes Jahr mit Balduin liiert war. Valerian rief uns, da das Essen fertig war. „Oh herrlich, bestimmt ist es wieder der Couscous Strudel, oder Cadell?“, fragte Balduin seinen Bruder und freute sich darüber. Cadell nickte und Alevo klopfte Valerian auf die Schulter. „Das hast du aber sehr schön gemacht, Junge.“
„Alevo, das habe ich nicht alleine gemacht. Amaris hat mir dabei geholfen.“
Alevo sah mich an und bedankte sich auch bei mir: „Danke dir ebenfalls, werte Amaris. Du bist echt eine ganz liebe und du bist schon die ganze Zeit so still. Magst du uns nicht uns etwas erzählen?“
Ich zuckte wieder mit den Schultern.
„Ach, sie hat nie etwas zu erzählen!“, kicherte Adrienne hämisch. Schon wieder wollte sie mich einschüchtern. Ich versuchte sie links liegen zu lassen und tat so, als wäre sie gar nicht da und beschloss an den Esstisch zu gehen.Wir aßen nun gemeinsam. Zwölf Augen beobachten mich. Müdigkeit war ebenfalls bei mir zu erkennen. Ich kämpfte gegen das Gähnen an. Es war zwar an diesem Tag eine etwas entspanntere Stimmung trotz Adriennes Anekdoten, aber ich versuchte, dies zu ignorieren, so gut ich konnte.
Valerian servierte den Gästen milden Rotwein und Wasser. Cadell erzählte ebenfalls von einem letzten Konzert, das er, sein Bruder Balduin und Adrienne gaben. Alevo freute sich darüber. Ich schaute auf meinen Teller und dachte an Ozul. Soll ich ihm nachher schreiben oder nicht? Und was ist, wenn ich das tun würde? Vermutlich wird er nach dem Brief fragen …
Es vergingen etwa drei Stunden am Esstisch, bevor Valerian sich erhob, um den Kamin erneut anzuheizen. Wir folgten ihm später ins Wohnzimmer. „Und nun lass uns die Geschenke auspacken!“, kündigte mein Onkel an. Alevo bat Valerian, ihm seine mitgebrachten Geschenke zu holen, fügte aber hinzu, dass er sie selbst überreichen wolle. Er klemmte seinen Monokel fest und las den Namen vor, der auf dem ersten Etikett stand. Der Name war Cadell und somit war mein Onkel, der erste, der seine Geschenke öffnen sollte. Sein Vater Alevo hatte ihm einen edlen Branntwein in einer schön geschmückten Schatulle geschenkt. Balduin und Jelvira überreichten ihm eine bauchige Glaskaraffe mit Kontinenten und einer Windrose als Motiv. Die Windrose war über den Boden der Karaffe eingearbeitet, so dass sich ihre Zacken über den Bauch legten. „Vielen Dank euch allen!“, bedankte sich mein Onkel.
Als nächst war Adrienne dran gewesen. Ihr schenkte man ein sündhaft teures finsteres Cocktail Kleid und schwarze Armstulpen. Von ihrem Mann bekam sie eine Schmuckkiste überreicht, die eine Weißgold Kette enthielt mit einem Herz-Diamant Anhänger. Valerian bekam eine schwarze Krawatte mit grauen Filigranen und ein Videospiel, was Cadell ihm bestellt hatte. Es war ein Spiel im Mittelalter Stil. Hier wurden sehr teure Sachen verschenkt. Ob es hier immer so zu ging?
Dann kamen Balduin und Jelvira auf mich zu und überreichten mir ihr Geschenk. „Danke, aber ich habe das nicht verdient.“, sagte ich ihnen leise.
„Was hast du gesagt?“, wollte Adrienne aufgeregt wissen.
„Es war nicht wichtig.“, antwortete Balduin ihr.
„Wie kannst du es wagen, mir so zu antworten?“
„Schatz, beruhige dich! Amaris ist schließlich auch Teil dieser Familie.“, mischte sich mein Onkel und versuchte seine Frau zu beruhigen.
Diese Schlange ging mir so auf den Keks, dass ich aus dem Hass heraus das Geschenk doch annahm. Jetzt schaust du blöd, was? Ich zerriss das Geschenkpapier und drei Bücher waren enthalten. Diese wurden von meinem Lieblingsautor geschrieben, aber woher wussten sie dies? Und außerdem warum bekam ich überhaupt Geschenke in dieser Familie? Die Bücher handelten von Vampire, Halbmenschen, Tier-Mischwesen und deren große Versuchung. Es waren dunkle Fantasie Romane und ich mochte diese. Ich bedankte mich sehr herzlich, woraufhin Balduin höflich nickte. Valerian kam mit einem großen Geschenk auf mich zu. Schweigend und lächelnd zugleich überreichte er es mir. Es ließ sich schwer öffnen und spannte mich irgendwie wie auf die Folter. Doch dann sah ich es: Leinwände und Acrylfarben mit Pinseln und Wassertank. „Das ist von Mutter, Vater und mir.“, sagte er anschließend.
„Danke euch sehr!“, bedankte ich mich nochmals. Aber ob Adrienne an diesem Geschenk sich beteiligt hatte, war mir unklar. Als ob diese Person mir überhaupt etwas schenken mochte?
„Keine Ursache, Amaris. Es ist schließlich das Julfest.“, erklärte mein Onkel mir. Adrienne reagierte nicht und rauchte eine Zigarette aus ihrem Zigarettenhalter. Keine Beachtung schenkte sie mir und konzentrierte sich stattdessen auf etwas anderes. Ich habe sie bis zu diesem Tag noch nie rauchen gesehen, aber scheinbar konnte sie heute ihre Nervosität nicht anders ausdrücken. Cadell und sein Bruder Balduin überreichten Alevo und Jelvira die Geschenke. Alevo freute sich über das neue Musik Album. Jelvira bekam ein Kochbuchheft, wo sie ihre selbst gekochten Rezepte hinein schreiben konnte und ein Lederarmband mit einem ägyptischen Auge: das Auge vom Gott Ra.
Dann genossen wir noch etwas die Abendstimmung. Naja genießen war ja nicht wirklich das große Wort, aber schließlich fuhren Alevo, Balduin und Jelvira zurück in ihre Heimat.
Langsam ging ich wieder hoch und legte mich schlafen. Valerian machte mit Cadell noch den Abwasch dieses Abends. Ich war auf der einen Seite müde gewesen und zur anderen in Gedanken bei Ozul. Ich nahm mein Mobiltelefon aus meiner Tasche und schaute kurz, ob ich eine Nachricht erhalten hatte. Meine Ziehmutter hatte eine hinterlassen. Hallo Liebes, wir wünschen dir ein frohes Julfest und finden es sehr schade, dass du nicht bei uns bist. Wir vermissen dich sehr und fühl dich ganz lieb von uns umarmt. Dicken Kuss.
Es tat wirklich weh. Meine Adoptiveltern nicht zu sehen, hinterließ eine tiefe Wunde in meinem Herzen und ich wünschte, ich wäre bei ihnen geblieben, dass ich es nicht selbst so gewollt hätte. Ich schrieb ihnen eine knappe Antwort zurück und überlegte dann, ob ich Ozul schreiben sollte.
Einen Trost hatte ich: Die Lektüre, die ich geschenkt bekommen hatte und die Kunstmaterialien.
Die Müdigkeit überfiel mich und ich schlief ein.
***
25. Dezember 2006: Erster Jultag
An diesem ersten Feiertag war meine Aufregung gigantisch. Alles an mir zitterte und ich konnte gefühlt keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das Grauen war vorprogrammiert: Meine unbekannten Großeltern kamen zu Besuch und ich wusste nicht, ob ich damit zurecht kommen würde. Sie waren ebenfalls am Abend geplant. Ich las noch etwas in meinem Lieblingsbuch Black Diamond , bevor ich mich zurecht machte.
Draußen schien die Sonne schwach durch die Wolken und die Tannen waren mit dickem Schnee bedeckt. In dieser Idylle schippte mein Onkel den Schnee vom Hof.
Striga geht auf das junge weiße Herz zu und bestimmt den Frieden zu wahren. Sidhi, die junge Imperatorin stimmt zu und ruft in ihrer Sprache: „Alux pax, cuntonigua timuli amatir!“(„Des Frieden Lichtes, das Glück lehren!“) …
Plötzlich klopfte jemand an meiner Zimmertür. Ich zog noch schnell meinen Morgenmantel über meinen Schlafanzug an und sagte: „Herein!“
Valerian erkundigte sich bei mir: „Ist es wirklich in Ordnung, dass ich herein komme, werte Cousine?“ Ich nickte. Er trug ein Tablett und setzte es auf meinen Schreibtisch, „Hier, ich habe ein kleines Brunch für dich zusammengesetzt. Ich wollte mich wegen Mutters Verhalten gestern entschuldigen.“
„Danke fürs Brunch, aber es ist nicht deine Schuld!“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
„Keine Ursache und ich wollte dich fragen, ob wir noch etwas plaudern könnten, wegen gestern. Also ich meine, wie für dich der gestrige Abend verlaufen ist. Opa Alevo mag dich und Onkel Balduin auch, sowie seine Partnerin.“
„Ja sicher, können wir reden, verehrter Cousin. Es sieht schon so aus, aber ich kenne sie nicht gut genug. Ich habe Angst wegen heute.“, versuchte ich ihn in Kenntnis zu setzen.
„Amaris, ich bin da und ich werde dich verteidigen, wenn Opa Tiudoricus schlecht reden wird. Wir müssen nur versuchen, den Namen Trista nicht zu erwähnen, auch wenn er sehen wird, dass du ihr sehr ähnlich siehst. Was war eigentlich mit deinem leiblichen Vater?“
„Ich kenne den auch nicht. In meinen Augen ist er eh Mister XY, der sich nicht für seine leibliche Tochter interessiert. Du kannst froh sein, dass deine Eltern wenigstens für dich da sind. Bei mir sind es meine Adoptiveltern, wo ich mir wünschen würde, ich wäre nicht so hart mit ihnen gewesen, obwohl sich alles geklärt hat. Ich habe nur Angst, dass meine leiblichen Großeltern mich doch zu sehr hassen. Könnte ich nicht hier oben bleiben?“
„Ich fürchte, dass du das nicht könntest, da Mutter lieber möchte, wenn jeder im Wohnzimmer ist.”
Ich wollte ihn bitten, Adrienne zu sagen, dass ich Bauchschmerzen hatte.
Er erinnerte mich: „Du weißt doch, wie Mutter ist.“ Ich seufzte: „Na gut!“ Valerian ging wieder hinaus und ich begann meinen Brunch zu essen. Später machte mich für diesen Abend zurecht. Mir war echt flau im Magen. Wie würden sie mir begegnen? Ignorierend oder würden sie mich trotzdem akzeptieren? Ich ging duschen und zog nochmals das selbe Kleid an, wie am vorigen Tag.
Einen kurzen Blick warf ich auf die Armbanduhr. Es war bereits später Nachmittag. Es war nicht mehr viel Zeit gewesen. Die Uhr im Flur tickte die letzten Sekunden und kündigte an, dass es nun siebzehn Uhr war. Bald würden meine Großeltern kommen.
„Sind wir mit allem fertig?“, hörte ich Adrienne mit schriller Stimme Cadell fragen.
„Ja, wir sind.“, versuchte mein Onkel sie zu beruhigen.
„Sie sind in einer halben Stunde hier. Und wo steckt denn unser Taugenichts, Amaris? Aaaaamaaarrriiiiiiiisssss?“, rief sie laut, dass ich zusammen zuckte und die Treppen hinunterkam.
Ich verteidigte mich: „Ich bin ja schon da.“
„Warum so unpünktlich, kleine Madame?! Pünktlichkeit ist die oberste Regel in diesem Haus!“
„Es tut mir Leid und es wird nicht mehr vorkommen.“
„Es soll nie mehr vorkommen. Nie mehr! Hast du mich verstanden?“
„Ja, ich habe es wahrgenommen.“
Kurz darauf hörte ich den Motor eines Autos. „Sie sind da.“, freute sich Adrienne. Ich beobachtete meine anderen Verwandte. Tiudoricus, mein Opa und Astarte, meine Oma. Tiudoricus trug ein Frack und Astarte erschien in edler Kleidung im Steampunk-Stil. Beide hatten grimmige Blicke und nahmen die Geschenke aus dem Wagen. Die beiden schienen das Alter Ende siebzig erreicht zu haben. Ich versteckte mich langsam hinter die Tür des Wohnzimmers.
Es klingelte an der Haustür und Adrienne öffnete mit einem überbreiten, beinahe schon unheimlichen Lächeln die Tür: „Seid gegrüßt, Tochter, Herr Cadell Merchand und Valerian.“, begrüßte Astarte sie.
Ein Gefühl mich übergeben zu müssen, machte sich breit. Es herrschte eine kühle Atmosphäre und ich kämpfte gegen meine Bauchkrämpfe an. Alle zusammen gingen wir ins Wohnzimmer. Das Schlusslicht bildete ich. Was sollte ich nur machen? „Huch! Wer ist denn die junge Dame?“, erschreckte sich meine Großmutter.
„Ich bin Amaris Ward.“, stellte ich mich mit knappen Worten vor.
„Amaris?“, fragte mein Großvater überrascht.
Meine Tante antwortete ihm: „Ja, das ist Amaris.“
„Pah! Ich sehe schon, wer in ihr steckt.“, prustete er, „die Gesichtszüge sind ja genauso wie die von …“
„Von Trista möchtest du sagen, oder Vater?“
„Ja, ganz recht. Was macht uns die Ehre, dieses kleine Biest zu kennen? Und ich dachte, Trista hätte abgetrieben!“, brüskierte er.
„Beruhige dich! Denke an dein Herz!“
„Ich will Amaris nicht hier haben und das nicht am Julfest! Wie kann es sein, dass sie nun bei dir ist?“
„Ihr werdet es nicht glauben, aber Trista hat sie mir übergeben!“, log Adrienne ihre Eltern an und ich lief die Treppen hoch. Adrienne schrie mir hinterher: „Dann, verzieh dich, du Nutzlose Du bist genauso wie deine Mutter! Naiv und dumm! Zum Essen brauchst du nicht kommen!“
Ich hörte Valerian mit seiner Mutter schimpfen und plötzlich schrie er ein „Aah“ aus. Scheinbar kam er nun auch hoch und verschanzte sich in sein Zimmer, denn die Tür knallte .Auch wenn ich es nur vermuten konnte, ging ich davon aus, dass er entsetzt war und ihn seine eigene Mutter geohrfeigt hatte. Meine Großeltern und Tante lachten und ich hörte kein Wort aus Cadells Mund. Vielleicht schluckte er das alles nur, um es schnell hinter sich zu bringen.
Ich selbst wusste nun auf jeden Fall, dass sie mich wirklich verabscheuten und auch wenn ich nicht wirklich begriff warum, tat es mir weh. Wer war meine leibliche Mutter und warum war ihr Name hier so beschmutzt?
Ich ging ins Zimmer und schloss die Tür ab. Dort setzte ich mich weinend aufs Bett. Etwas später rief ich meine Adoptiveltern an und erzählte ihnen von dem Mist, der sich eben da unten ereignet hatte.
„Amaris. … es tut uns sehr Leid! Wir wünschten, es wäre anders gekommen.“, versuchte Qadira sich in ihrem und Thorns Namen zu entschuldigen.
„Es tut mir Leid, dass ich euch verachtet habe, wegen allem!“, sagte ich ihr.
„Es ist schon gut. Wir verzeihen dir und verstehen, dass dies nicht einfach ist, aber schau, bald sind die Julferien um und du siehst deine Freunde in der Schule wieder! Und wenn etwas sein soll, ruf uns bitte an! Wir haben dich lieb!“, versuchte sie mich zu beruhigen.
„Ich habe euch auch lieb. Danke! Ihr seid die besten Pflegeeltern der Welt!“, antwortete ich ihr und meine Pflegemutter legte auf. Ich zog mich um und legte mich ins Bett.
Kurz darauf versuchte ich Ozul eine Nachricht zu schicken und sendete die Nachricht ab.. Hey, ich wollte mich für den Brief bedanken, den du geschrieben hast. Dunkle Grüße Amaris Ward.
Ich las schließlich das Buch Black Diamond zu Ende und versuchte einzuschlafen, doch im Wohnzimmer herrschte Lärm und Adriennes Lachen hörte man bis nach oben. Diese verfluchte Hexe! Es war wirklich ein schlimmer Tag gewesen und ich hoffte, dass die Ferien bald vorbei waren.
Erster Tag nach den Julferien: 2. Januar 2007
Das Neujahr hatte nicht gut angefangen und zum Glück konnte ich am 2. Januar ins Internat zurückkehren. Ich hatte meine Bedenken: Besonders wenn ich Nightshade wieder begegnen würde. Von Ozul hatte ich noch keine Antwort erhalten. Valerian hatte mich gegen 15 Uhr nach Denicum gefahren und half mir noch kurz meine Sachen mit hoch zum Flur des Internatshaus zu bringen. Er verabschiedete sich dann und winkte zum Abschied.
Nachdem er gegangen war, ging ich noch einmal auf den Gang hinaus, um durchzuatmen. Im Grunde wollte ich jetzt nicht von den Merchands zu dieser Venenum wechseln. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich, wie Mrs. Hestia auf den Gang hier einbog. Hastig begrüßte ich sie, damit sie sich nicht über meine Verfassung wunderte. Allerdings fragte sie mich doch, wie meine Ferien waren. Ich seufzte und sie merkte, dass es mir nicht gut ergangen war. „Möchtest du darüber sprechen?“, fragte sie behutsam und ich schüttelte den Kopf. „Nein, es geht schon.“, antwortete ich ihr und hoffte auf keine weiteren Fragen. Ich musste lernen, das alles nicht mehr so an mich heranzulassen. „Falls du Hilfe benötigst, bin ich da!“, sagte Mrs Hestia.
Nicht schon wieder wollte ich mich bei jemanden aus heulen. Es war mir schon bei Jelvira passiert.
Ich ging in mein Zimmer und hoffte, dass Hesperia bald kam. Ich erschreckte mich plötzlich, da der Nachrichten-Klingelton von meinem Mobiltelefon einsetzte. Ich schaute kurz nach und erhielt die langersehnte Nachricht von Ozul. Hey schöner Mond! Das habe ich aus meinem tiefsten Herzen geschrieben und ich würde mich freuen, dich heute Abend zu sehen. Ich werde beim schwarzen Pavillon auf dich warten. Wäre es möglich gegen 20 Uhr? Der dein Ozul <3
Ich antwortete kurz Perfekt! Innerlich setzten wieder die Schmetterlinge ein und doch ein wenig Unbehagen. Was war Ozuls Anliegen? Ich packte noch schnell meine Sachen aus und räumte diese in die Schränke. Dabei konzentrierte ich mich auf meine Atmung. Tief einatmen und dann wieder ausatmen … Ozuls Mantel ließ ich noch in der Reisetasche liegen.
Kurz darauf stürmte Hesperia mit ihren Sachen ins Zimmer herein. „Uff! Endlich.“, seufzte sie gestresst, „Oh hallo Amaris! Ich habe dich nicht gleich gesehen. Wie waren deine Ferien?“
„Nicht so, wie es sein sollte.“, antwortete ich ihr knapp.
„Oh was ist passiert? Eranthe und ich hatten auf jeden Fall ein schönes Julfest gehabt. Wir waren bei unserem Vater und Halbbruder.“, erzählte sie kurz und zeigte mir ihre Geschenke, die sie von ihrem Vater bekommen hatte.
„Wenigstens ist es euch gut ergangen.“
„Nun erzähl schon, was sich bei dir ereignet hat!“, drängte Hesperia neugierig.
„Weißt du …“, knickte ich schließlich ein und wurde anschließend rauer im Ton. „Erst die blöde Adoption, dann, holt mich meine leibliche Tante zu sich, die mich aber gar nicht haben will und nun …“ Abrupt stoppte ich und hielt die Luft an . Mit dem Ausatmen spie ich förmlich das Erlebnis mit meinen Großeltern aus.
„Ich sehe meiner Mutter ähnlich“, jammerte ich schon fast, „Aber ich bin sie nicht, ich kenne sie nicht mal, aber wen interessiert das, wie ich mich fühle. Niemand!“
„Nein, mich interessiert es und auch meine Schwester. Hey, wir sind Freundinnen. Nun, meine Schwester und ich haben auch eine Kleinigkeit für dich.“
„Aber …“
„Kein aber! Uns brauchst du nichts Zurückzugeben!“ Hesperia nahm ein verpacktes Geschenk aus ihrer Tasche heraus und gab es mir. Ich öffnete das Paket. Eine dunkle Handtasche mit Nieten und einem Pentagramm Anhänger war in diesem und ich bedankte mich bei ihr.
„Danke, aber womit habe ich das verdient nach so kurzer Zeit?“, wollte ich von ihr wissen.
„Du bist unsere Freundin und wir haben dich sehr ins Herz geschlossen.“, sagte Hesperia schließlich. Ich warf schnell einen Blick auf die Armbanduhr: Es war halb sieben und Zeit zum Abendessen. Hesperia und ich gingen in Richtung Mensa und Ozul stand bereits vor der Tür. Er nickte, um mir ein kurzes Hey zu sagen.
Dann stieß mich jemand auf die Seite und schimpfte: „Mach Platz, kleine Ratte!“ Es war Nightshade. Sie war wütend und schimpfte mit Ozul: „Muss ich mir das von dir gefallen lassen?! Du hast mir nicht einen Tag in den Julferien geschrieben und scheinst mich wohl nicht vermisst zu haben. Oder warum hast du mir nicht einmal geantwortet, hä?“
Er antwortete ihr nichts und sah über sie hinweg zu mir. Da ich keinen weiteren Ärger wollte, drehte ich meinen Kopf schnell in eine andere Richtung. Eranthe und Ione tauchten auf und wir gingen in den Esssaal und aßen etwas. Nightshade war verärgert, da Ozul ihr keine Antwort mehr gab und die ganze Zeit seinen Blick auf mich beruhte, als ob es sie nicht mehr geben würde. Ich hörte, wie Nightshade weiterhin versuchte auf ihn einzureden: „Ich verstehe noch immer nicht, warum du mit mir Schluss gemacht hast. Kann es sein, dass dir etwas an der kleinen Nichtsnutz liegt? Ich fasse es nicht, wie du mich nur wegen dieser Person, verlassen konntest.“
In Gedanken äffte ich ihre Worte nach. Es gefiel mir ein bisschen, das sie so gar nichts erreichte.
Ozul schwieg und sagte weiterhin nichts. Schließlich stand ich auf und meine Freundin fragte mich, wohin ich gehen würde. „Etwas spazieren und komme gleich wieder zurück.“, sagte ich ihr.
Draußen war es noch kalt, doch der Schnee schmolz langsam.
***
2. Januar: 20 Uhr
Es war soweit: Das erste Treffen mit Ozul stand bevor, doch viele Fragen stellten sich in meinem Kopf. Ein mulmiges Gefühl setzte wieder ein. Was wäre, wenn Nightshade uns sehen würde?
Diese Frage war die erste, die sich bei mir stellte. Ich ging langsam in Richtung des Pavillons.
Dort wartete er bereits, sowie er es geschrieben hatte. Ich ging auf ihn zu. „Frohes Neues! Lass uns ein Stück zusammen spazieren! Ich muss dir einen geheimen Ort zeigen.“, sagte er mit einem kleinen Lächeln.
„Danke dir auch!“ Ich folgte ihm.
„Wie waren deine Julferien, Amaris?“, wollte Ozul von mir wissen. Magst du eine Lüge oder die Wahrheit hören? Oder meine ganze Lebensgeschichte?
„Naja nicht so gut. Und deine?“, sagte ich entschieden die Wahrheit. Ozul blieb stehen und wir standen vor einem See, der zurzeit zugefroren war. Seine Tannen, die im Hintergrund standen, waren ebenso noch mir dickem Schnee bedeckt wie dieser Laubbaum bei uns in der Nähe. Am Himmel war der Vollmond bald komplett. Angekündigt war er für morgen.
Ozul bat mich, mich auf die Bank zu setzen, die etwas vom See entfernt war. „Was ist passiert, wenn ich fragen darf?“, erfragte Ozul, anhand seiner Worte höflich.
„Es tut mir leid, aber ich kann noch nicht darüber sprechen. Wir kennen uns noch nicht so gut.“, umging ich die Entscheidung.
„Ich möchte dich kennenlernen, Amaris. Es ist mir wichtig zu wissen, wer du bist. Seit unserem Tanz am Jultag kann ich nicht aufhören, an dich zu denken. Ich bin zurzeit in der Phase, wo ich mich verändere; meine Art und wie ich gegenüber anderen bin. Du hast mich verändert, im positiven und es tut mir sehr leid, dass ich anfangs sehr abweisend und schlecht zu dir war …“
„Ozul, es ist schon gut, aber bitte sag mir, was bin ich?“ Er drehte mein Gesicht zu sich und schaute in meine Augen: „In meinem Brief an dich habe ich es dir geschrieben: Ein schwarzer Pfeil hat ein weißes Herz getroffen. Ich habe mich in dich verliebt, Amaris und ich wollte es nicht wahrhaben, aber bei unserem Tanz ist mir bewusst geworden und wie viel Unrecht ich dir vorhin getan habe. Ich möchte es wieder gut machen; ich wünsche mir, dich an meiner Seite zu haben. Lass mich es dir beweisen!“
„Ich habe mich auch in dich verliebt, aber gib mir bitte Zeit! Ich muss nachdenken.“
„Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich warte auf deine Antwort.“ Ozul küsste meine Stirn und wir saßen noch eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Er legte seinen Arm um meine Schulter.
Plötzlich fragte er mich: „Würdest du denn mit mir essen gehen?“
„So wie ein Date?“
„Das kannst du dann sehen, wie du möchtest.“, sagte er lächelnd. „Ich werde einen Tisch reservieren im Vertigo Restaurant am folgenden Samstag, wenn du möchtest. Vielleicht wirst du dann sehen, wie ich das meine.“
„Ok, ich bin gespannt. Oh Mist, ich muss wieder zurück ins Internatshaus.“, sagte ich erschrocken, da es bereits halb zehn war.
„Warte! Ich begleite dich bis zum schwarzen Pavillon, damit du nicht alleine gehen musst. Ich werde dir schreiben.“
„Du hast Recht.“
Ozul begleitete mich noch schnell zum Pavillon und ich ging zurück hoch ins Zimmer.
Kaum war ich hinein gekommen, überfiel mich Hesperia mit der Frage, wo ich gewesen wäre.
Ich schmunzelte leicht und sie sagte fröhlich: „Lass mich raten, du warst bei Ozul!“
Ich nickte. „Und wie ist es? Seid ihr schon zusammen?“, fragte sie aufgeregt.
„Nein noch nicht, ich muss nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich eine Liebesbeziehung führen kann.“
„Natürlich kannst du das!“
„Ich weiß nicht, ich habe ihm gesagt, er soll mir Zeit lassen, aber er möchte mit mir am Samstag essen gehen.“
„Das klingt ja nach einem Date. Und wo möchte er mit dir essen gehen?“
„Ins Vertigo. Ich kenne dieses Restaurant gar nicht.“
„Moment, ich schau mal nach.“, sagte Hesperia und tippte den Namen des Restaurants in ihr Mobiltelefon ein. Die Ergebnisse zeigte sie mir. Die Atmosphäre des Gebäudes war wie für dunkle Seelen gemacht. Dunkle Wandgemälde zeigten den Stil, den wir in der Schule lernten und mich irgendwie an jemand ganz bestimmtes erinnerte.Als ich mir schließlich die Gerichte ansah, stellte ich fest, dass man dort mit Silberbesteck speiste. Es war sehr interessant und ich entschied mich, mich überraschen zu lassen.
„Danke Hesperia!“
„Keine Ursache!“
„Nun, ich glaube, wir müssen jetzt aber mal schlafen, da morgen unser erster Schultag im neuen Jahr anfängt und wir ausgeschlafen sein sollen.”
„Du hast Recht. Amaris, ich glaube, du und Ozul werdet ein schönes Paar abgeben. Ich weiß auch, das Nightshade dies nicht gut hinnehmen wird und eine andere Frage: Nimmst du am Kunstwettbewerb teil, den Mrs. Vendetta erwähnt hat?“
„Ich weiß es nicht.“
„Amaris, du hast großes Talent. Du musst da mitmachen. Mrs. Vendetta hätte das nicht grundlos gesagt. Ich kann ihr nur zustimmen, du hast eine große Chance. Nutze diese!“
„Du hast wahrscheinlich Recht. Ich werde diese nutzen.“
„So gefällst du mir. Und nun gute Nacht, beste Freundin!“
„Gute Nacht, Hesperia!“
Ich versuchte einzuschlafen, doch Ozul ging mir nicht aus dem Kopf. Ich nahm mein Mobiltelefon und Ozul hatte mir noch kurz eine Nachricht geschrieben: Ich denke immer wieder an unseren Tanz und vergesse dein Lächeln nicht. Es wird mir eine Ehre sein, mit dir am Samstag ausgehen zu dürfen. <3
Ich schrieb ihm zurück: Ich werde dir wahrscheinlich am Samstag meine Entscheidung geben. Ich würde dich bitten, vorsichtig zu sein. Nightshade darf nichts erfahren...Gute Nacht!
Dann schlief ich ein, bis der Wecker mich am frühen Morgen weckte.
Liebster Ozul,
dieser Brief ist für dich.
Als wir gemeinsam auf der Bank beim See gesessen haben, habe ich, wie schon damals ein ganz unbeschreibliches Gefühl gehabt: Ich kann es irgendwie noch immer nicht sagen: In meinem Herz liegt deine Seele. Wir schweben gemeinsam auf einer siebten Wolke.
Jeder Blick, jedes Zwinkern, auch ein einfaches „Hey.“ von dir hat mich zum Lächeln gebracht. Und seit unserem Tanz vom letzten Jahr, habe ich auch nicht aufgehört, an dich zu denken. Du bist der schwarze Pfeil in meinem weißen Herz, sowie du es geschrieben hast. Ich sage ja, ich sage ja für uns beide. Lass uns es versuchen! Du bist ein Teil von mir. Dein Duft hat mich in den Bann gezogen.
Ich liebe dich, Ozul Gelimer. <3
Die der deine Amaris.
Diesen Brief hatte ich für Ozul geschrieben am frühen Morgen. Ich hatte mich entschieden. Ich faltete das Blatt und versteckte es in meiner neuen Handtasche, die Hesperia und Eranthe mir geschenkt hatten.
Dann machte ich mich zurecht für den Unterricht und legte meine Schulbücher und meinen Hauptordner in den Rucksack. Hesperia und ich gingen zum Unterricht. Erste Stunde Englisch und später eine Doppelstunde Literatur. Im Literatur Unterricht war der Lesestoff der Wicca auf dem Programm und in ein paar Monaten war der Besuch eines bekannten Schriftsteller vorgesehen, dessen Namen Egar Nior Dorov war. Er schrieb über die Wicca Kultur. Mr. Segeric informierte uns über das Datum des Besuches: 12.April 2007. Wir notierten uns diesen Termin in unser Hausaufgabenheft und kümmerten uns weiter um die Wicca-Literatur. Nightshade störte jedoch den Unterricht die ganze Zeit. Sie warf immer kleine Zettel auf meinen Tisch ab, wenn der Lehrer nicht schaute. Sie hatte sie mich noch auf dem Kicker.
Du miese Kakerlake. Ich habe dich und meinen Liebsten im Auge. Glaubst du ernsthaft daran, dass Ozul dich mag?! Meine Rache kommt! Ich legte den Zettel links auf den Schultisch. Nightshade kaute Kaugummi und schmatzte sehr laut, da sie dauernd Blasen neben ihr Platz ließ. Sie hörte dann immer auf mit Kauen, sobald unser Lehrer in ihrer Richtung war. Er wendete die Aufmerksamkeit wieder von ihr und sein Blick wich wieder in seine Unterlagen, während sie neben mir wieder mit ihrem Kaugummigeschmatze anfing.
Er merkte, dass ich abgelenkt wurde und räusperte sich laut: „So ich merke, dass ihr sehr unkonzentriert seid.“ Ich schaute zu Boden. „Amaris? Von wem ist der Zettel? Nun, wenn ich keine Antwort höre, dann werden wir uns nach dem Unterricht sprechen. Nun, lasst uns nochmal über das Kapitel des Schutzzaubers sprechen! Wer von euch kann mir kurz nochmal etwas über den Schutzzauber sagen?“ Er blickte uns alle an. Es schien sich niemand zu melden. Ein genervtes Geräusch entfuhr mir, dass offenbar so laut war, dass er mich und sogar Nightshade ansah. Und ich wurde durch Nightshades abträglichen Verhalten abgelenkt.
„Na gut, ich sehe, dass keiner aufgepasst hat. Bitte lest euch dieses Kapitel nochmal für die nächste Stunde durch und dann seid bitte nächstes Mal etwas mehr aufmerksamer!“ Die Schulklingel kündigte das Ende des Unterrichts an und wir packten unsere Sachen ein. „Amaris und Nightshade, ihr bleibt noch hier! Ich muss mit euch sprechen.“ Ich nickte. Nightshade verdrehte genervt die Augen und seufzte: „Muss das wirklich sein?“
„Ja, Nightshade, das muss.“
„Wir warten draußen auf dich. Bis gleich Amaris!“, setzte Hesperia mich in Kenntnis.
Die anderen verließen das Klassenzimmer und Mr. Segeric schloss kurz die Tür. Nightshade spuckte ihren Kaugummi auf den Boden.
„Nightshade, du weißt doch eigentlich, wo der Kaugummi hingehört.“
„Ja ich weiß. In die Mülltonne!“, sagte sie wütend.
„Was hat es mit diesem Zettel auf sich?“, wollte Mr.Segeric von uns wissen. Die Queen der Schule verdrehte genervt die Augen und beantwortete die Frage unseres Lehrers nicht. Ich klärte die Tat auf, ohne dabei zu erwähnen, dass Ozul sich für mich entschieden hatte. Mr. Segeric wies Nightshade darauf hin, mich in Ruhe zu lassen und dass sie zur Strafe das heutige Kapitel in der folgenden Unterrichtsstunde vortragen müsse. Meine Klassenkameradin war entsetzt und stoß ein „Tzz!“ aus.
Dann ließ Mr. Segeric uns in die Pause gehen. „Und was war los?“, fragte Hesperia mich. Ihre Zwillingsschwester stand daneben und klopfte mir auf die Schulter.
„Hat Mr. Segeric der Diva gezeigt, wo der Hammer hängt?“, scherzte Eranthe.
„Ja, das hat er. Sie muss das Kapitel in der folgenden Unterrichtsstunde nochmals vortragen.“
„Das klingt toll! Ich will nicht wissen, wie diese Diva sich dann präsentieren wird!“, lachte Hesperia.
„Ich auch nicht. Nun lasst uns nach draußen gehen!“, schlug Eranthe vor. Etwas frische Luft könnte wirklich gut tun. Ich zog meine schwarze Jacke an, zog die Kapuze auf und meine Handschuhe an.
Es waren niedrige Temperaturen. Ich schätzte etwa Minus fünf Grad. Ozul stand ebenfalls auf dem Schulgelände und blinzelte. Ich nickte kurz. Er unterhielt sich mit seinen Kumpels. Ich schaute leicht in seine Richtung, jedoch achtete ich sehr stark darauf, dass Nightshade nicht in der Nähe war.
„Du wirst nicht glauben, was unserer guten Freundin Amaris am folgenden Samstag erwartet!“, posaunte Hesperia bei ihrer Schwester.
„Schwesterherz, ich würde es nicht gut heißen, wenn du mir dies erzählst. Immerhin wissen wir doch nicht, ob Amaris das möchte, was sie betrifft, du mir das erzählen darfst.“
„Oh ja! Du hast Recht! Aber ich glaube, sie ist wieder in ihren Gedanken und das bei unserem beliebten Schüler.“
„Meinst du damit Ozul?“, fragte Eranthe erschrocken. Ich hatte es mitbekommen und warnte beide: „Psst! Nicht so laut, oder möchtet ihr, dass unsere Zicke alles mitbekommt?“
„Nein, das wollen wir nicht und es tut uns Leid!“, antworteten beide im Chor.
„Schon gut, aber seid bitte vorsichtig mit der Erwähnung des Namen von Ozul!“
Beide nickten und die Pause war vorbei. Hesperia, Eranthe und ich hatten Freistunde und gingen zurück in unser Zimmer. Ich erledigte in dieser Zeit meine Hausaufgaben und dachte dabei an Ozul.
Die Gefühle, die man für jemanden wie dich empfindet, sind unvollkommen. Stück für Stück lernst du sie zu erwidern. Unsere Liebe wird gemeinsam stark sein. Du bist meine erste Liebe, aber eine Person wird uns dies streitig machen. Wir müssen nur zusammenhalten und die Kraft haben, es gemeinsam zu überstehen.
Ob ich den geschriebenen Brief an Ozul übergeben wollte, war eine Frage der Zeit.
4.Januar 2007
Meine Gedanken kreisten um Ozul und ich erinnerte mich an die Lieder, die er an der Aufnahmezeremonie und am Julfest gesungen hatte. Diese dunkle raue Stimme und manchmal sanft. Sie machte mich verrückt. Ich wartete sehnlichst auf einen Anruf oder eine Nachricht. Warum konnte ich nie den ersten Schritt dazu machen? Kaum hatte ich diesen Wunsch geäußert, vibrierte mein Handy. Es war eine Nachricht: Ozul hatte geschrieben. Er wollte mich wiedersehen. Ich schien ihm immer mehr zu bedeuten, dachte ich. Er bat um ein weiteres Treffen am Pavillon. Ich freute mich, doch immer wieder fragte ich mich, warum er mich nun brauchte.
Ich machte mich auf den Weg zum Pavillon. Ozul lächelte leicht und fragte mich, ob wir ein Stück gehen könnten. Auf seinem Rücken trug er einen Rucksack. Er wollte wieder zum See. „Wie geht’s dir?“; wollte er wissen. Ich zuckte mit den Schultern, da ich selbst die Antwort nicht kannte. Er schaute in meine Augen und sagte dann, dass er ein kleines Geschenk für mich hätte. Wir setzten uns auf die Bank. „
Oh!“, sagte ich erstaunt. Er nahm etwas aus seinem Rucksack heraus. Es war eine CD und er gab sie mir.
„Diese ist für dich. Das ist das Album, wo wir eine Goldene Schallplatte gewonnen haben. A Christmas Carol ist ein großer Erfolg geworden. Ich werde mit den anderen diesen April auf die erste Tournee gehen. Unsere Schule hat dies als unsere Klassenfahrt vorgesehen. Ich hoffe, dass dir das Geschenk Freude macht und du mich hören kannst, auch wenn ich weg bin. Und ich wollte dir sagen, dass ich mich sehr auf diesen Samstag freue und ich auf deine Antwort gespannt bin. Wir treffen uns hier, beim See.“ Er küsste mich zum ersten Mal auf die Wange. Ich errötete und bedankte mich für dieses Geschenk. Ozul lächelte wieder.
Eine oder zwei Stunden saßen wir wieder noch gemeinsam schweigend beim See.
Dann begleitete er mich wieder auf den Rückweg. Ich ging hoch ins Zimmer und machte mich fertig um zu Bett gehen. Hesperia war bereits eingeschlafen und ich schlief auch bald ein.
***
Vögel zwitschern in einem Gesang, Knospen der Blüten bringen das erste Grün hervor und ein Tulpen-Magnolienbaum blüht mit aller Pracht in einem Park. Weiße und Orange Monarch Krokusse wachsen an den Grünanlagen und andere Blumen des Frühlings: Lenzrosen, und Vorfrühlings-Alpenveilchen. Zwei Menschen gehen spazieren: Eine Frau und einen Mann. „Es ist sehr schön hier, nicht wahr?“, fragt die junge Frau den jungen Mann. Dieser nickt. Sie gehen Hand in Hand. Es ist ein verliebtes Paar. Er küsst ihren Handrücken und sie lächelt. Er lächelt zurück.
„Amaris, sieh da! Schau hier!“ Es ist Ozul, der mit mir spricht und es sind wir beide. Er ist elegant gekleidet und ich auch. Wir spazieren im Park und ich finde es sehr schön dort. Wir beide gehen zusammen. Ein Eichhörnchen kommt uns entgegen und ich bücke mich zu es. Ich nehme ein paar Nüsse aus meiner Tasche und lege diese auf die Hand. Das Eichhörnchen nähert sich mir und frisst die Nüsse von meiner Hand. Es hat sich richtig heraus geputzt. „Na, du kleiner Nager? Du hast ja Hunger!“, spreche ich kurz zu es und es schaut mich mit kauendem Mund an.
Dann läuft es wieder ins Grüne und klettert auf einen Haselnussbaum. Eine Singdrossel zwitschert ihr Lied. Wir setzen uns unter dem Tulpen-Magnolienbaum und machen ein Picknick. Es ist ein schöner Frühlingstag und ein unvergesslicher Tag.
6. Januar 2007
An diesem Wochenende war ich in Denicum geblieben. Adrienne hatte beschlossen, dass ich die nächsten Wochenenden im Internat verbringe. Die Zwillingsschwestern blieben auch, da ihre Mutter wieder Nachtschichten im Hospiz arbeitete. Ich hatte am frühen Morgen die Entscheidung getroffen: Ich war bereit mich auf das erste dunkle Date mit Ozul einzulassen, trotz dass Nightshade es ahnen würde. Ich hatte Ozul geschrieben, dass ich mir sicher war. Er schrieb, dass er einen Tisch im Vertigo für 19 Uhr bestellt hatte und mich mit einem Taxi abholen würde. Treffpunkt war um halb sieben vor dem See. Ich hatte Hesperia noch nichts von dieser Tat erzählt. Mit dem Kunstwettbewerb war ich noch nicht sicher, ob ich daran teilnehmen würde.
Am späten Morgen arbeitete ich mit meiner Zimmergenossin an unserem Kunstprojekt. „Und hast du schon die zwei Entscheidungen getroffen?“, fragte meine Kameradin mich. Ich schaute sie verwirrte an und wusste nicht im ersten Augenblick, von welchen Entscheidungen sie sprach.
„Das mit dem Kunstwettbewerb und das Date mit Ozul?“
„Achso. Mit dem Kunstwettbewerb bin ich mir noch nicht einig und die Entscheidung für das Date ist getroffen.“
„Und? Lass mich raten, du hast ihm zugesagt oder?“, hakte sie bei mir nach. Ich nickte mit einem knappen Lächeln. „Ich wusste es“, sagte sie und freute sich. Zum Thema Kunstwettbewerb versuchte Hesperia mich nochmals zu ermutigen, dass ich daran teilnehmen sollte. „Ok, na gut. Ich werde mein Bestes tun.“
„Das tust du ganz bestimmt.“ Ich schaute kurz auf die Armbanduhr. Wir trödelten mit unserer Aufgabe so herum, dass wir den Mittag versäumten und wir erst am Nachmittag von einem Klopfen unterbrochen wurden.
Unsere Erzieherin Mrs. Hestia kam herein. „Darf ich kurz Ihre Aufmerksamkeit haben, Hesperia und Amaris? Im Aufenthaltszimmer ist Tee und Kuchen bereit gestellt. Ihr könnt euch gerne dort etwas nehmen, wenn ihr möchtet. Es ist schließlich der Tag der Rauhnacht*.“
„Oh ja stimmt, haben wir völlig vergessen und vielen Dank Mrs. Hestia!“
„Keine Ursache! Falls ihr mich sucht, ich bin kurz in einer Besprechung mit meiner Kollegin Mrs. Kerridouin. Wenn jemand heute unterwegs sein sollte, bitte hinterlasst mir eine Nachricht und bringt mir diese zum Erzieherzimmer. Ich danke euch. Einen wunderschönen Tag wünsche ich Euch.“
„Danke, Ihnen auch.“
Mrs. Hestia verließ unser Zimmer und wir gingen nach ihr los in Richtung des Aufenthaltsraum.
Dort gab es einen Kuchen mit einer Galaxie-Dekor und grünen Tee mit Apfel und Holunderblüten Geschmack waren auf dem Esstisch des Aufenthaltsraum. Ione und Hesperias Zwillingsschwester saßen schon gemeinsam an einem Tisch, an dem noch zwei Stühle frei waren. Wir gesellten uns zu ihnen.
Zum Glück hielt Nightshade sich dort nicht auf. „Hallo ihr beiden. Na, was habt ihr denn noch so gemacht?“, grüßte uns Eranthe. „Wir haben noch an unserem Kunstprojekt gearbeitet“, antwortete ich. Ione machte den Daumen hoch und sagte euphorisch: „Dann bin ich mal gespannt, was Mrs. Vendetta sagen wird. Eranthe und ich müssen in Mode echt viel Theorie lernen und dann ein paar Ideen zusammenstellen. Unser Projekt besteht darin, eine neue Modekollektion zu erstellen und diese wird einem bekannten Modedesigner vorgestellt. Vielleicht haben Eranthe oder ich das Glück ein Praktikum dort später zu absolvieren.“
„Das klingt großartig!“, stimmte Hesperia zu.
Ich war der selben Meinung und trank einen Schluck Tee.
Dann warf ich einen Blick auf meine Armbanduhr: 15 Uhr war es. Noch dreieinhalb Stunden bis zur Verabredung mit Ozul. Ich wurde nervös. Noch 30 Minuten und dann mache ich mich langsam fertig. Nur keine Panik ...ich schaffe das schon … ich schaffe das… Diese Worte wiederholte ich mehrmals in meinem Inneren, um mich zu beruhigen. Hesperia plauderte noch etwas mit ihrer Schwester und ihrer Kameradin.
Noch einen kleinen Schluck Tee und dann ging ich kurz ins Zimmer. Ich suchte passende Kleidung und beeilte mich schließlich zu duschen.
Etwas später zog ich mich an und versuchte meine Haare in eine angemessene Frisur zu verwandeln. Es muss perfekt werden, hetzte ich mich still. Ich zog dunkle Kleidung an: Eine Bluse, einen Rock mit Kunstleder Applikation, eine Strumpfhose und hohe Stiefel. Ich trug dann das Make-up auf mein Gesicht und fertig war ich. Ich schaute mich kurz in den Spiegel und merkte, dass ich den Schmuck und die Accessoires vergessen hatte. Noch eine Kette und die Netzarmstulpen. Meine Wahl fiel auf eine Kette mit Septagramm. Diese repräsentierte die sieben Wege zum höheren Selbst in der heiligen Feen-Tradition und dessen Macht durch ein Pentagramm und die Siegel der sieben Planeten weiter gestärkt wurde.
Noch eine Stunde und fünfzehn Minuten. Hesperia kam ins Zimmer herein. „Du siehst toll aus! Ozul wird Augen machen“, machte sie mich noch verrückter.
18 Uhr 15
Ich war bereit, aber trotzdem schaute nach, ob ich alles in meiner Handtasche hatte. Meinen geschriebenen Brief für Ozul legte ich in die Tasche. Vielleicht würde ich ihm diesen an diesem Abend geben, aber ich war noch etwas unsicher. Schließlich machte ich mich auf den Weg zum Treffpunkt, den Ozul mir gesagt hatte. Er wartete bereits vor der Bank und wir gingen gemeinsam etwas weiter vor an diese Straße. Hier stand ein Taxi, das einer Limousine ähnlich war und kaum auffallend. Ozul klopfte an der Fensterscheibe und erkundigte sich, ob dieses auf seinen Namen bestellt war. Es war nun halb sieben.
Der Fahrer nickte und Ozul hielt mir anschließend die Tür des Wagens auf und sagte freundlich: „Bitte einsteigen, junge Lady!“
Ich schmunzelte etwas und stieg ein. Er setzte sich auf die andere Seite. „Sie wollen zum Restaurant Vertigo?“, fragte der Fahrer uns. „Ja!“, antwortete Ozul ihm. Er legte seinen linken Arm um meine Schulter und ich zuckte kurz zusammen. „Schsch! Es ist alles ok.“ Ich war so verdammt aufgeregt. Im Inneren der Taxilimousine waren zwei Gläser und eine Flasche alkoholfreier Sekt auf einem Tisch gestellt. Dabei stand noch eine kleine Vase, in der eine dunkelrote Rose mit einer schwarzen Schleife steckte. „Das ist für uns“, sagte Ozul und zog den Korken aus der Flasche. Uns goss er jeweils ein Glas voll ein. Davon reichte er mir eines und stieß mit mir an. „All voll!“ All voll? Was hat dies zu bedeuten?
„All voll?“, fragte ich nach, „Was bedeutet dies?“
„Prost!“, antwortete er lächelnd. Ich trank einen Schluck und versuchte die Fahrt zu genießen.Wir fuhren geschätzt 20 Minuten, bis wir unser Ziel erreicht hatten.
18 Uhr 50
Wir stiegen aus und Ozul erinnerte mich, die Rose mitzunehmen. Er setzte den Fahrer über die Uhrzeit der Rückfahrt in Kenntnis und bezahlte die Hinfahrt. „22 Uhr werde ich Sie beide wieder abholen.“, bestätigte der Fahrer uns und fuhr dann weiter.
Noch eine kleine Fußstrecke und dann hatten wir das Vertigo Restaurant erreicht. Höflich führte mich mein Date zum Eingang des Restaurants und hielt mir die Tür auf. Schüchtern lächelnd machte ich den Vortritt. Doch gleich danach war er wieder an meiner Seite.
Es sah hier so aus, wie auf den Bildern, die mir Hesperia von der Webseite gezeigt hatte. Ein dunkles Etablissement in gotischer Atmosphäre und dunklen Bilder, die an den Wänden hingen. Die Bilder handelten von Dämonen, Engel und Vampiren. Und das Besteck war aus Silber, das auf den Tischen lag. Andere Gäste saßen hier im vorderen Bereich und aßen ihr Gericht.
Einen kurzen Augenblick später kam uns ein Kellner entgegen. „Ah, da kommt ja Ozul. Hast du einen Tisch reserviert?“, fragte dieser Ozul.
„Ja, das habe ich.“
„Aber sag mal, wer ist denn die junge Lady? Bist du etwa mit Nightshade nicht mehr zusammen?“
„Psst! Erwähne ihren Namen nicht! Mit der Person ist es vorbei. Und das ist Amaris und mal sehen.“
„Schon gut!“
Ich hatte das Gespräch kaum wahrgenommen. Doch als die Bedienung sich zum Gehen wandte, schüttelte meine Begleitung den Kopf. Es wirkte, als er etwas genervt von der anderen Person. Der Kellner wies uns zu unserem Tisch. Dort zogen wir unsere Jacken aus und reichten sie dem Kellner, der sie auf das Mantelbrett hängte.
Dann brachte er uns zu unserem Tisch, der im hinteren Bereich des Gebäude war. Wir setzten uns an den Tisch und er zündete ein Teelicht an, das in einem roten Glas schließlich brannte.
„Man scheint dich ja hier sehr gut zu kennen.“, stellte ich fest.
„Ich bin schon länger hier Stammkunde.“, erzählte er mir mit knappen Worten.
„Was wollt ihr denn trinken? Du möchtest bestimmt einen Drachenblut Cocktail oder Ozul?“, wollte der Kellner von ihm wissen.
„Aber sicher doch! Amaris, was möchtest du denn gerne?“, erkundigte sich Ozul bei mir.
„Ich kenne mich hier leider nicht aus. Was ist denn in deinem Cocktail drin?“, wollte ich von ihm wissen.
„Grenadinesirup, Cranberry- und Johannisbeerensaft mit einem kleinen Spritzer Zitronensaft. Und natürlich Crushed Eis.“, deutete der Kellner.
Ich stimmte zu: „Ja dann nehme ich auch gerne einen Drachenblut.“
„Kommt sofort!“
Die Essensgerichte auf dem Tischaufsteller waren mit einer leicht verschnörkelter Schrift abgedruckt, die über der Tischdecke lag. Ozul griff meine Hand. Seine Berührung erschrak mich. Es war mir unangenehm, dass ich versuchte unauffällig weiter in der Karte zu lesen. Hoffentlich hatte er mein Zucken nicht bemerkt. Wie peinlich. „Na, hast du dich entschieden, was du essen möchtest?“, wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf und zog kurz meine Hand aus seiner. Schlussendlich fand ich ein Nudelgericht, das mir zusagte. Spinatnudeln mit Zucchini, schwarzen Oliven und Tomatensauce. Ich schaute mich etwas um mich. „Und wie gefällt es dir hier?“, bemühte sich Ozul um ein Gespräch mit mir. Was soll ich nun sagen? Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt es nicht, oder?“
„Ja.“, antwortete ich leise. Verlegen schaute ich in seine Augen und er in meine. „Amaris, ich glaube, du weißt, warum du hier bist.“
„Ich glaube schon.“
„Ich habe die letzten Nächte oft an dich gedacht, Amaris. An unseren Tanz und alles, was nun mich mit dir verbindet. Ich habe nicht die Kraft …“, begann Ozul zu erzählen, doch der Kellner unterbrach uns. Dieser brachte unsere Drachenblut Cocktails und erkundigte sich bei uns, ob wir uns für unsere Gerichte entschieden hatten.
„Für mich die Nummer 18.“, sagte ich kurz.
„Und was möchtest du Ozul?“, fragte der Kellner nach.
„Die Nummer 23.“
Der Kellner schrieb sich die Sachen auf und ging dann wieder. Meine Verabredung hob das Glas und wir stießen gemeinsam an, aber ich fragte mich, was er sagen wollte, da er davon sprach, nicht mehr die Kraft zu haben, doch wofür?
„Was wolltest du sagen?“, fragte ich ihn, nachdem ich einen kleinen Schluck vom Cocktail getrunken hatte. Ozuls Körper beugte sich nach vorne.
„Ich möchte dich nicht bedrängen!“
„Du tust mir nicht weh! Ich habe schon vieles ertragen müssen. Und ich habe auch eine Entscheidung getroffen. Ich bin bereit eine Beziehung mit dir einzugehen, aber es gibt gewisse Bedingungen: Belüge mich nicht! Versprich mir, dass du es ernst mit mir meinst und nimm mich so, wie ich bin.“
„Gut. Ich bin auch bereit für uns, aber was meinst du damit, dass du vieles ertragen musstest? Ich habe auch vieles durchgemacht. Möchtest du mir davon erzählen?“
„Wo soll ich anfangen? Meine leiblichen Eltern habe ich nicht kennengelernt und wurde von der besten Freundin meiner leiblichen Mutter adoptiert. Ich habe dies alles vor ein paar Monaten in Erfahrung gebracht und muss nun bei meiner leiblichen Tante leben. Wie ist deine Situation?“
„Ich lebe in einer WG von einem Jugendheim. Meine Eltern haben mich sofort in ein Heim abgegeben und ich war schon in einigen Pflegefamilien, aber ich schaffte es nicht, eine Bindung zu ihnen aufzubauen.” Ich war erstaunt, denn immerhin war er vorher mit Nightshade in einer Liebesbeziehung. Hatte er sie etwa im Jugendheim kennengelernt? Ich schluckte die Situation herunter und glaubte, es wäre besser Ozul nicht mit weiteren Fragen über seine Vergangenheit zu bedrängen.
„Aber nun ja lassen wir die alten Geschichten von dem kleinen Ozul!“, lachte er ein wenig verlegen. „Es hört sich sehr schwer für dich an, dass du nun wieder bei anderen Menschen lebst.“, sagte er und bemerkte sogleich , dass ich nicht mehr darüber reden wollte. Er schloss meine Hand ein und sah mich ganz tief an. „Du siehst heute sehr elegant aus.“
„Meine Tante hatte diese Schule besucht und sie ist der Meinung, dass man meine Talente hier fördern könnte.“
Ozul schwieg für eine Weile und fragte mich anschließend: „Darf ich dir ein Geheimnis anvertrauen?“
„Ja..“, flüsterte ich. Auf die Frage, wie er zum Blake Gymnasium kam, bekam ich keine Antwort, jedoch mit einem Geheimnis.
Ozul näherte sich mir und erzählte mir dieses: „Nightshade hatte mich vor meiner Bekehrung verhext. Sie hat mit mir Rituale durchgeführt, um meine Gefühle zu unterdrücken. Seit du auf unserer Schule aufgenommen wurdest,, musste ich mich ändern, doch Nightshade wollte nicht, dass ich sie verlasse. Ich habe gespürt, dass du Gefühle für mich empfinden würdest. Die Rituale, die Nightshade mit mir durchführte, waren Versuche, mich von dir fernzuhalten, aber am Tag des Julfestes bin ich endgültig gescheitert, mich von dir fernzuhalten. Ich musste dich vor den Ergebnissen dieser Fernhalte Rituale schützen …“
Ich verstand nur die Hälfte von dem, was er mir erzählen mochte. Welche Rituale und warum hatte er sich auf diese dumme Zicke eingelassen? Das Einzige, was in meinen Gedanken gerade Sinn ergab war, dass ich mich nun auf meine erste Liebesbeziehung einließ.
Der Kellner kam schließlich mit den Gerichten, die wir bestellt hatten. Es schmeckte vorzüglich. Über das Essen hinweg unterhielten wir uns über alles Mögliche. Hin und wieder zeigte er sein bezauberndes Lächeln, aber ich verstand seinen Humor nicht. Auch ihn musste ich darüber aufklären, wie schlecht ich darin war. Ozul entschuldigte sich mehrmals und es war in Ordnung.
Etwas später tranken wir noch eine Tasse Tee und ich wollte meinen Teil der Rechnung bezahlen, aber er beschloss alles zu begleichen. Ich war überrascht, ließ ihn aber machen. Im Anschluss gingen wir nach draußen.
Es war nun halb neun und er bat mich um einen Spaziergang. Wir gingen neben einander und plötzlich griff er meine Hand wieder.. Diesmal erschrak ich nicht. Seine Hand war angenehm warm, während es um uns herum etwas kühler geworden war. In die Richtung, die wir gingen, gab es eine Grünanlage namens Shadow Angel Park. Das eiserne Eingangstor war im gotischen Stil und Laternen leuchteten an den Seiten. Ein paar Statuen standen dem Weg entlang, den wir auf dem Gelände einschlugen. Über diesen gelangten wir zu einer Brücke, die einen Bach überquerte. Wir blieben dort stehen und ich sah in das Wasser, wo sich das gleißende Licht des Mondes spiegelte. Hier war es ganz still und nur wir beide waren hier. Unvermittelt schaute Ozul mich an und ich drehte mich zu ihm. Ehe ich mich versah, näherte er sich mir und küsste mich. Völlig automatisch erwiderte ich es und hörte erst auf, als er sich löste und mir die Worte „Ich liebe dich“ zu hauchte. Ich erwiderte seine Worte und er legte seine linke Hand an meine rechte Wange. Er lächelte zufrieden und sagte schließlich: „Es ist nun um uns geschehen. Nur wir zwei.“
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*Tag der Rauhnacht: Rauhnacht der Drei Königstag.
Ich konnte es noch immer nicht glauben, dass der beliebteste Junge der Schule und ich nun eine Liebesbeziehung gemeinsam eingingen und es verschweigen mussten. Wir mussten nun sehr vorsichtig sein. Ozul hielt meine Hand und küsste dessen Rücken. Wir spazierten noch etwas im Park und kehrten schließlich zurück zum Standort, wo das Taxi auf uns wartete. Aber konnte ich mich glücklich schätzen? Ich wusste die Antwort nicht. Der Fahrer des Taxis rauchte noch eine Zigarette und fuhr uns zurück nach Denicum. Ozul bezahlte die Fahrt und begleitete mich bis zum Pavillon. Den Rest musste ich alleine gehen. Ich wusste nicht, wie ich meine Gefühle in diesem Zustand beschreiben sollte. Ist es Glück oder überfällt mich gerade eine Angst, aber was für eine? Wovor denn?
Ich ging schnell zum Internatsgebäude und in mein Zimmer. Mit meinem stürmischen Hereintreten machte ich Hesperia auf mich aufmerksam, die etwas im Internet zu unserem Kunstprojekt gesucht hatte. . „Oh hey Amaris! Na, wie war das Date?“, wollte sie unmittelbar wissen. Ich zog meine Jacke aus und legte die Rose auf meinen Nachtisch. „Oh, er hat dir eine Rose geschenkt! Wie süß!“ Ich lächelte etwas und sie stellte eine Frage nach der anderen. Was möchtest du nun wissen?
Irgendwie konnte ich ihre Gedanken lesen und tatsächlich stellte sie eine Frage nach der nächsten. Ich erzählte kurz von der Verabredung und bat sie darum, dieses Geheimnis zu hüten. Sie nickte und machte ein merkwürdiges Handzeichen: Der Kleinfinger war nach oben gestreckt und der Finger in einer Faust geschlossen.
Danach formulierte formulierte ein Versprechen: „Das Versprechen besteht nicht nur aus leeren Worten.“ Ich nickte und machte mich zurecht zum Schlafengehen.
„Ich bin müde und lass uns morgen reden! An unserem Projekt können wir dann auch weiter arbeiten.“, rief ich ihr aus dem Bad heraus. Sie nickte: „Einverstanden! Gute Nacht, du Verliebte!“
„Hesperia?! Bitte lass das!“, erinnerte ich sie.
„Sorry. Ich versuche es zu unterlassen.“
„Danke! Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“
Ich schlief dieses Mal schnell ein und dachte an Ozul. Jemand wie er, der selbst beinahe ein gleiches Schicksal hatte, wie ich und doch war es wieder anders. Die Liebe und alles andere, was auf mich zukommen mochte, war ein Schritt für eine Veränderung. Zeit mir mehr zuzutrauen und Anderen zu vertrauen. Ich erinnerte mich an die Verabredung, die wir hatten, der Spaziergang im Park und unser erster Kuss. Ich vermisste ihn in diesem Moment und wusste, dass ich ihn übermorgen sehen würde auf dem Schulgelände. Warum haben seine Eltern ihn abgegeben? Ich frage mich, warum eigentlich meine leibliche Mutter mich abgegeben hat. Meine Situation ist unwichtig. Vielmehr ist die Frage, ob Ozul und ich eine Chance in unserer Liebe haben.
Dann dachte ich über den Kunstwettbewerb nach und musste noch die Entscheidung fällen: Entweder ich nahm daran teil oder ich ließ es sein.
***
Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und summte ein Lied. Es war eins, das Ozul gesungen hatte. Lucifer, would I dare to trust you? What should I do? She makes me to a fool …
Ich vermutete, dass dieses Lied von Nightshade handelte. Alleine der Satz „She makes me to a fool“ ließ darauf schließen.
Ich musste mich allerdings auf die Teilnahme des Wettbewerbs konzentrieren und war der Meinung, dass ich mein Glück versuchen sollte. Ich arbeitete gleich weiter am Kunstprojekt und an den mehreren Fächer, die ich noch auf hatte. In Englisch stand noch eine Lektüre offen. Ich musste die zu Ende lesen, da in nächster Zeit eine Klausur anstand und Fragen zum Lesestoff dran genommen werden würden. Es ging um einen kleinen Jungen, der an Depressionen erkrankt war und auf der Suche nach dem Glück war. Das Buch erinnerte mich an eine andere Geschichte, die ähnlich war. Liebe und geliebt werden kam immer im Leben vor. Dies stand fest.
Und so arbeitete ich weiter an meinen Aufgaben. Dabei drehte sich meine Welt um Ozul.
11. Januar 2007
Wie sollte es weiter gehen? An diesem Tag war der letzte, wo ich mich zum Kunstwettbewerb anmelden konnte. Ich hatte nichts zu verlieren, außer Nightshade stellte mir Steine in den Weg, doch ich musste es schaffen. Hesperia hatte Recht. Ich sollte am Wettbewerb teilnehmen. Ich hatte mich soweit nun entschlossen. Ich wollte die Chance ergreifen. Nur was würde auf mich zu kommen?
Zurzeit war ich im Kunstunterricht und teilte meine Entscheidung Mrs. Vendetta mit. Sie war mit meiner Entscheidung zufrieden. Zudem setzte sie mich in Kenntnis, dass insgesamt fünf Schülerinnen (mit mir eingeschlossen) am Wettstreit der Kunst teilnehmen würden. Nightshade raste vor Wut und konnte es nicht erwarten, mich scheitern zu sehen.
„Nun, ich möchte Euch gerne ein paar Informationen mitteilen. Wie ihr wisst, werden nun fünf von unseren Schülerinnen am Kunstwettbewerb des Vereins Dark Art Institute teilnehmen. Amaris, Nightshade, Naenia, Turaya und Semyazza, ihr werdet in den nächsten vier Wochen an diesem Projekt arbeiten. Das Thema ist „die Zeiten“. Ich werde euch kurz erklären was diese Organisation ist.
Das Dark Art Institute ist ein Verein, der sich auf sehr begabte Künstler und Künstlerinnen der Malerei spezialisiert hat. Bei diesem Projekt hat die Jury einen exklusiven Hauptpreis und drei Nebenpreise bekannt gegeben. Ausgelost wird der erste Preis das Stipendium an einer Kunsthochschule. Bedingung dafür ist natürlich, das zweijährige Highschool-Diplom geschafft zu haben. Dieses Zertifikat ist vier Jahre gültig. Der zweite Preis ist 2.100 Crescent Silver* und der dritte Preis über 600 Crescent Silver. Das beste ausgewählte Kunstwerk wird im Royal Art Tresor Gallery in Sawblade Nebula ausgestellt.“, erzählte unsere Kunstlehrerin die Ziele des Kunstvereins. Ich nahm nun teil und meine Erzfeindin leider auch. Das kann ja heiter werden!, seufzte ich still. Hesperia flüsterte mir leise zu, dass sie dieses Museum kannte, da sie und ihre Schwester einmal im Jahr dieses in den Ferien besuchten.
Mrs. Vendetta entschuldigte sich bei meiner Freundin, dass sie nicht am Wettbewerb teilnehmen konnte, doch es schien sie nicht zu stören. Es freute sie, dass ich die Chance bekommen hatte.
„Die Gruppenpartner-Projekte werden wir später fortsetzen. Für diejenigen, die nicht am Wettbewerb teilnehmen, möchte ich bitten, in Ruhe in eurem Schulbuch die letzten Epochen durchzugehen. Wir werden eine mündliche Prüfung in zwei Wochen machen. Nun zu denjenigen, die am Kunstrennen teilnehmen. Es werden drei Arten der Materialien unterstützt: Aquarell, Acryl oder Ölfarben. Und ich habe das Thema bereits erwähnt. Die Zeiten. Abgabe ist am ersten März und die Preisverkündigung am 10. Mai. Ihr werdet von heute an in den folgenden Unterrichtsstunden daran arbeiten. Ich werde nun die Leinwände auf eure Staffelei legen.
„Pah! Thema Zeiten...da fällt mir ja genug ein.“, behauptete Nightshade laut, „Du wirst hier nicht gewinnen, Amaris! Lass dir das gesagt sein!“
Hesperia warnte sie: „Legst du dich nochmal mit Amaris an, dann wirst du sehen, wo du bleiben wirst“
Nightshade schlug mit der Faust gegen die Staffeleien und packte sie am Kragen. Meine Freundin wehrte sich und ging sie meine Erzrivalin an. Mrs. Vendetta hatte Mühe, beide zu beruhigen. Hesperia entschuldigte sich wenigstens wegen ihrem Verhalten, Nightshade dagegen treckte die Nase hochnäsig in die Luft. Ich versuchte mich stattdessen auf das Projekt zu konzentrieren und die Idee zur Skizze.
Den ganzen Kunstunterricht verbrachte ich damit, mich von verschiedenen Künstlern zu inspirieren. Konnte ich dies auch schaffen?
***
Ich skizzierte auf ein Blatt Papier meine Idee, bevor ich das Werk auf die Leinwand umsetzte: Einen absterbenden Baum, der seine Blätter fallen ließ und ein Karussell mit Spuren von Kindern, die dort einmal waren. Das Karussell sollte beschädigt wirken und diesem Fall die Zeit. Ich entschied mich schließlich für die Acrylmaterialien.
Ich war neugierig, was sich unsere Diva ausgedacht hatte. Sie schien ernsthaft eine bekannte Zeichnung von Salvador Dalí zu kopieren. (die abgelaufenen Uhrgläser)
Ich fertigte meine Skizzen an, denn immerhin hatten wir vier Wochen Zeit. Mrs. Vendetta schaute es sich an und lächelte. Es schien, als würde es ihr gefallen. Nightshade verabscheute mich dafür.
Nachdem der Unterricht zu Ende war, war schon Zeit zum Mittagessen.
„Ich wünsche Euch allen einen schönen Resttag“, verabschiedete sich Mrs. Vendetta. Hesperia und ich gingen schnell zur Mensa. Ich hatte großen Hunger und war gespannt, was an diesem Tag auf dem Speiseplan stand. Nightshade stieß mich absichtlich mit ihrem Ellbogen an die Seite. „Au!“, ärgerte ich mich. Sie lachte und meine Freundin ging dazwischen. Während sie diskutierten, setzte mich an einen Tisch. Dort saß ich kaum, als eine Küchengehilfin einen Teller brachte „Bonam orexin!“ Guten Appetit auf Latein), wünschte sie mir. Sie ging kurz darauf wieder und brachte auch den anderen Beiden ihre Teller. Es war ein Pfannengericht. Ich aß hastig davon, wodurch mich meine Freundin verwundert anstarrte. In meinem Inneren war ich gestresst und wollte nach dem Essen schnellstmöglich meine Hausaufgaben vorbereiten.
Ich ging hoch und warf einen Blick in mein Agenda. Literatur: nochmals S. 52 über den Schutzzauber durchlesen, Kunst: die bisherigen Epochen durchlesen und weiter mit der Ölfarbendtechnik praktizieren und Englisch: Kapitel 10 bis 13 des Buches Elyse and Tomuy Textanalyse schreiben und Referat über die Gesetze unter König Kiarash Kalalia.
Meine Entscheidung war zuerst das Englisch Fach. Anschließend recherchierte ich für mein Referat.
Meine Zimmerkameradin kam etwas später und legte sich etwas hin, bevor sie ihre Aufgaben erledigte. Sie half mir etwas beim Referat und bei der Textanalyse. Ich versuchte, so gut ich konnte, die wichtigen Dinge des Schutzzaubers im Fach Literatur zu erklären.
Zum Schluss übte ich noch etwas die Öltechnik. Meine hereinbrechende Müdigkeit machte es mir schwer, mich zu konzentrieren. Nach einer Weile entschied ich mich deswegen an die frische Luft zu gehen.
Bevor ich dies tat, zog ich meine Sportkleidung an. Ich joggte etwas um das Schulgelände herum. Mein Kopf musste meine Gedanken frei bekommen.
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*Crescent Silver: hier die US-Dollar Währung gemeint.
Die folgenden Wochen verbrachte ich in den Kunstunterrichtsstunden mit der Zeichnung zu, die für den Wettbewerb gedacht war. Ich hatte knapp zwei Monate Zeit dieses zu vollenden, da das Dark Art Institute die Werke am 1.März abholte und bewertete und doch musste ich drei Monate warten, bis ich die Ergebnisse erfahren würde. Ich war ziemlich nervös und Mrs. Vendetta bemerkte dies, obwohl ich mich auf mein Werk konzentrierte. „Amaris, könnte ich dich nach dem Unterricht sprechen?“, wollte sie wissen. Nightshade schüttelte den Kopf und dachte sich vermutlich etwas aus, um mich weiter anzupöbeln. Ich hatte meiner Lehrerin fast nicht zugehört. In der Kunstmalerei war ich immer sehr konzentriert und wollte, dass es perfekt wurde. Mrs. Vendetta stellte sich neben mich und wiederholte ihre Frage.
„Ehm...ja sicher.“
„Gut.“ Sie war zufrieden und fragte dann: „Welche These hältst du hier in diesem Werk für richtig, Amaris?“
„In dem Karussell und der düsteren Darstellung sehe ich den Wunsch nach einer schönen Kindheit. Die Sanduhr ist hier die Zeit, die ihr bis zum Erwachsenwerden verrinnt.“, antwortete ich. Sie hob eine Augenbraue hoch und war erstaunt über meine Antwort. Warum hatte ich ihr diese Antwort gegeben? Nun ich wusste nicht so recht, aber in meinem Inneren fühlte ich eine Zerrissenheit und eine Lebensaufgabe, die mir vermutlich bevorstand.
Allerdings konnte ich mir dies nicht erklären. Die Schulklingel läutete und Hesperia wartete auf mich vor der Klassenzimmertür. Mrs. Vendetta schloss die Tür und ich wollte wissen, worüber sie mit mir sprechen wollte.
„Amaris, ich habe deine letzten Kunstwerke betrachtet und ich habe einen Stil entdeckt, den ich von einer anderen Künstlerin kenne und sie gefallen mir sehr. Ich sehe in dir eine tiefe Verbundenheit, die diese Künstlerin in dir auslöst.“
„Von welcher Künstlerin sprechen Sie?“, fragte ich nach.
„Kann es sein, dass du eine Künstlerin in deiner Familie hast?“, wollte sie wissen.
„Ich glaube schon.“
„Ist es zufällig Mrs. Trista Myld?“ Ich erschrak. Sie hatte den Namen von meiner leiblichen Mutter erwähnt. Ich schaute beschämt zu Boden.
„Alles in Ordnung? Kennst du sie?“, fragte sie weiter.
Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte.
Dann sagte ich ihr: „Sie ist meine leibliche Mutter, aber ich kenne sie nicht. Und ich habe noch nicht viel über sie in Erfahrung gebracht. Haben Sie sie gekannt?“
„Ja, das habe ich. Sie war eine gute Freundin von mir und wir waren zusammen hier auf der Schule. Du hast viel von ihr in deiner Kunst. Gib das Talent nicht auf! Du wirst es nutzen können und sie wird immer an dich denken.“
„Ist meine Mutter tot?“
„Nein. Ich weiß leider nicht, wo sie ist. Ich habe nur in Erfahrung gebracht, dass sie eine gewisse Zeit im berühmten Kunstmuseum in Sawblade Nebula gearbeitet hat. Mehr kann ich dir nicht sagen, aber sie hatte hier an unserer Schule damals den Kunstwettbewerb gewonnen und das ist deine Chance, sie irgendwann wieder zu sehen. Nun wünsche ich dir einen schönen Tag. Und denke reichlich an meine Worte: Du bist ganz nah an deinem ersten Ziel. Das wird auch die Jury feststellen.“
„Ich glaube, ich weiß es schätzen zu wissen und wünsche Ihnen auch einen wunderschönen Tag.“
Ich ging aus dem Saal hinaus und Hesperia stoppte mich direkt hinter der Tür. Sofort wollte sie wissen, was sich ereignet hatte. Ich erzählte ihr vom Gespräch. Sie hörte mir aufmerksam zu und freute sich für mich.
Dagegen war ich verunsichert dazu.
***
In den letzten zwei Wochen hatte ich viel für meine Klausuren gelernt und im Kunstunterricht mein Bestes gegeben, um mein Projekt voranzutreiben. Mir fiel auf, dass Nightshade in dieser Zeit öfters im Unterricht fehlte und das war eine dezente Erleichterung für mich. Keine abwertende Sprüche! Ozul begegnete ich manchmal in den Pausen und er war immer so lieb. Er winkte mir kurz. Wenn wir sicher waren, dass es niemand sehen würde, warf er mir sogar einen Luftkuss zu.
Es sollte keiner wissen, dass wir eine Beziehung pflegten, denn Nightshade setzte genug Gerüchte über uns beide in die Welt. Ozul konnte dies gut ignorieren, mir fiel es etwas schwieriger. Wenigstens waren Hesperia, ihre Schwester Eranthe und Ione auf meiner Seite.
Am Abend schrieb Ozul mir eine Nachricht und wollte mich sehen.
Können wir uns am schwarzen Garten treffen? Um 20 Uhr werde ich da sein.
Ich antwortete ihm: Ja, sicher Liebster. Ich liebe dich!<3 Freude war in mir und ich konnte es kaum abwarten. Ich begab mich zum Treffpunkt. Ozul wartete bereits. Er schaute sich um und in alle Richtungen. Er wollte sich vergewissern, dass keiner vorbei ging.
„Amaris, meine Schöne!“
„Liebster!“ Ich lief auf ihn zu und er hob mich hoch. Wir küssten uns hier und dann ließ er meine Füße wieder den Boden spüren. Er nahm meine Hand und wir gingen spazieren.
„Wie geht es dir?“, wollte er von mir wissen.
„Gut und dir?“
„Wenn es dir gut geht, dann geht es mir auch gut.“
„Wie meinst du das?“
„Ach, Liebste, wie soll ich das sagen? Ich habe etwas Stress. Ich muss mich für die Tournee im April vorbereiten. Meine Kumpels und ich müssen neue Lieder produzieren und ich habe bis jetzt nur für drei Lieder die Texte fertig. Ich möchte niemanden enttäuschen und dich auch nicht. Wie läuft es eigentlich bei dir? Ich habe ein Plakat in der Schule gesehen, das am schwarzen Brett neben dem Lehrerzimmer hing. Es steht ein Kunstwettbewerb an. Nightshade scheint auch daran teilzunehmen. Ich hoffe nur, dass meine Ex-Freundin verliert und du gewinnen wirst. Du bist die Richtige. Ich spüre es. Wann bekommst du die Bewertung der Jury?“
„Am 10. Mai ist die Bekanntgabe der Preise“
Ozuls Worte berührten mich sehr und ich sagte ihm, dass er niemanden enttäuschen werde und es noch etwas hin war bis zur Tournee.
„Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll. Übrigens, weißt du schon, dass am 2. März der Tanz der Mondfinsternis stattfindet. Ich wollte dich fragen, ob wir diesen zusammen tanzen werden. Es ist mir egal, was Nightshade sagen wird“, fragte er mich mit ruhiger Stimme.
„Meinst du wirklich, dass dies eine gute Idee ist? Du weißt doch, wie deine Ex zu mir ist.“, versuchte ich ihn zu erinnern.
„Ja, aber jeder soll nun wissen, dass du die Schönste bist und meine einzig wahre Freundin.“
„Einverstanden. Ich will mich nicht mehr verstecken.“
Ich darf nur keine Ängste entwickeln. Ich muss stark sein, ich muss das schaffen …
Ozul stellte sich es etwas einfacher vor, seine Ex-Freundin zu konfrontieren. Er mochte vermutlich einfach nur raus aus dem Versteckspiel. Ich dagegen hatte meine Bedenken und musste Strategien aufbauen, um ihre Attacken zu überleben.
Hoffentlich hatte Hesperia oder meine Ziehmutter einen guten Rat.
***
15. Februar 2007
Am Nachmittag beendete ich nach langen Stunden das Kunstwerk für den Wettbewerb. Damit konnte ich es ein paar Wochen vor dem Abgabetermin einreichen. Mrs. Vendetta war zufrieden. Hesperia lernte die Merkmale der Kunstepochen auswendig und ich half ihr dabei. Nightshade regte sich auf und unsere Lehrerin versuchte mit durch allen Mitteln, sie etwas zu beruhigen, auch wenn sich die Lage nicht besserte. Ich versuchte zu lernen, die Zicke zu ignorieren und ihr keine Beachtung zu schenken.
Die Schulklingel läutete das Ende des Unterrichts. Meine beste Freundin und ich gingen am schwarzen Brett vorbei und ihr fiel das Plakat auf, das die Informationen zum Tanz der Mondfinsternis beinhaltete.
„Hast du das gewusst?“, fragte sie mich. Ich nickte.
„Warum hast du Eranthe und mir nichts davon erzählt?“
„Ich dachte, ihr wüsstet es auch. Und es tut mir Leid.“
„Nein, erst jetzt weiß ich es und kein Problem, alles gut. Lass uns nach draußen gehen!“
Hesperias Zwillingsschwester und Ione standen im Schulhof und begrüßten uns.
„Und wie läuft es im Wettbewerb, Amaris?“, wollte Eranthe wissen.
„Ich bin fertig geworden und muss abwarten bis zum 10.Mai. Erst dann wird die Jury die Platzierungen mitteilen.“
„Du schaffst das“, ermutigte mich Hesperia.
„Wie war es im Modeunterricht?“, wollte ich von den Beiden wissen.
„Ganz gut. Ich habe heute einen Rock genäht und Ione die passende Bluse im viktorianischem Stil.“
„Schön. Das klingt echt spannend und wann bekommt ihr eure Bewertung?“
Ione zuckte mit den Schultern.
Unerwartet sprang uns jemand entgegen. Es war Lycidas. „Musst du uns immer so erschrecken?“, fragte Hesperia leise kichernd.
„Oh ja, das macht Spaß!“, jauchzte er und klopfte mir auf die Schulter.
Ich warnte ihn: „Lycidas, lass das!“ Er hob eine Augenbraue hoch und sagte: „Ja, ist ja schon gut. Ich verstehe nur nicht, warum du mir ständig aus dem Weg gehst. Ist da etwas an Nightshades Gerüchten über dich dran?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Welche Gerüchte?“, fragte Ione erschrocken.
„Nightshade hat erzählt, dass Ozul Amaris für seine Zwecke benutzt und sie nur flachlegen will, um besser bei seinen Kumpels dazustehen. Es heißt, er stehe auf Jungfrauen“, posaunte Lycidas und lief die Treppen hinunter.
„Das ist nicht wahr!“, protestierte ich.
„Frag Ozul doch selbst!“, lachte mein Klassenkamerad und ging in Richtung seines Stockwerkes des Internats.
„Verzieh dich!“, zischte ich ihm hinterher. Er hob die Hände und lachte: „Ist ja schon gut! Ich geh ja schon.“
„Glaubt ihr ihm?“, wollte ich von meinen Freundinnen wissen. Hesperia gab mir den Rat, Ozul anzurufen und ihn zu bitten, die Wahrheit zu sagen.
Wir gingen in unser Zimmer. Ich rief Ozul an, obwohl er nach der Schule kaum Zeit hatte. (Sicher hing er über den neuen Texten, von denen er mir beim Treffen erzählt hatte. Wahrscheinlich störte ich ihn nur. Hesperia setzte sich neben mich auf das Bett. „Hey Sweetie, was gibt es?“, fragte er mich.
„Hey. Tut mir leid, dass ich dich störe. Hast du gerade etwas Zeit? Ich muss etwas von dir wissen“, sagte ich ihm mit angespannter Stimmung.
„Für dich habe ich immer Zeit. Du wirkst so unruhig und traurig. Was ist los, meine Schöne?“
„Stimmt es, dass ich nur dein Objekt bin und du mich nur ins Bett kriegen willst?“, fragte ich ihn wütend. Tränen brachen aus. Hesperia versuchte mich zu beruhigen.
„Nein! Das stimmt nicht, wer behauptet das? Liebste, glaub mir, mit dir ist es anders. Du weißt, dass ich dich liebe und du die erste an meiner Seite bist, wo ich alles anders machen will. Bitte weine nicht!“
„Deine Ex behauptet das!“
„Sie kann sagen, was sie will, nachdem sie und ich uns getrennt haben, aber es sind pure Lügen. Schenk diesen Lügen keine Beachtung! Ich werde sie zurechtweisen, dass sie uns in Ruhe lassen soll. Sei mir nicht böse, aber ich muss nun weiter an den Texten arbeiten! Ich liebe dich über alles Amaris und nimm diese Gerüchte nicht ernst. Nightshade wird eines Tages ihre gerechte Strafe bekommen. Ich habe noch eine kleine Aufmerksamkeit für dich. Treffen wir uns morgen nach der Schule beim Pavillon?“
„Einverstanden, Liebster. Ich liebe dich und bis morgen“ Ich legte auf und erzählte kurz meiner Freundin, was Ozul mir berichtet hatte.
„Siehst du! Ozul wird seiner Ex die Meinung sagen. Es wird schon alles gut gehen!“, versicherte Hesperia mir.
„Glaubst du wirklich?“
„Ja, die Diva muss weg.“
„Stimmt. Können wir nun bitte das Thema wechseln?“, fragte ich sie bettelnd.
„Natürlich. Möchtest du mit mir zum Aufenthaltsraum gehen und wollen wir fern sehen?“
„Ja klar!“
Ich schlug Hesperia vor, dass wir die Sender mal durchlaufen ließen und vielleicht dann etwas finden würden. Wir gingen gemeinsam zum Raum und schalteten den Fernseher an. Unterschiedliche Sendungen liefen und bei einem Sender fanden wir eine Serie, die ich sehr mochte. Die Serie handelte um eine junge Frau, die betrogen wurde und einen Neuanfang in einer anderen Stadt wagt. Hesperia fragte mich, ob ich die folgende Aufnahme anschauen mochte. Ich erzählte ihr, dass ich diese Sendung damals bei meinen Adoptiveltern geschaut habe. Sie war erstaunt, denn sie und ihre Schwester mochten diese Serie auch. Wieder eine Gemeinsamkeit gefunden.
Während wir die Serie schauten, dachte ich wieder an Ozul und fragte mich, ob nicht schon die ganze Schule von unserer Beziehung wusste wusste. Ich zweifelte. Ich liebe dich Ozul, aber liebst du mich? Was wäre, wenn du mich doch angelogen hast? Ich muss bis morgen abwarten.
Langsam entfernten sich meine Gedanken von diesem Thema und ich erinnerte mich daran, dass meine Kunstlehrerin meine leibliche Mutter kannte. Bisher hatte ich nur in Erfahrung gebracht, dass meine Adoptivmutter und auch sie mit ihr befreundet waren.
Jedoch stellte ich mir oft die Fragen. Wer war diese Trista Myld? Warum wusste ich nur so wenig über sie? Warum hatte sie mich abgegeben?
Ich konnte mich nicht mal auf die Folgen der Serie konzentrieren, obwohl ich wissen wollte, wie es weiter ging.
Eine knappe Stunde später schaltete Hesperia den Fernseher aus und wir gingen in unser Zimmer. Ich legte mich etwas hin, da ich erschöpft war. Kaum war ich etwas eingeschlafen, fragte meine Freundin mich, was los wäre, da ich nichts Weiteres zur Serie gesagt hatte. Ich versuchte ihr schonend zu erklären, dass ich etwas Ruhe brauchte, da viele Gedanken in meinem Kopf seien und ich mich ausruhen möchte. Sie nickte und sagte schließlich: „Alles gut. Ruh dich aus! Wir reden später.“
***
16. Februar 2007: 8 Uhr 30
Ich hatte kurz davor die Gelegenheit gehabt mit Ozul zu sprechen. Er vergewisserte mir, dass er unsere Liebesbeziehung sehr ernst nahm und Nightshades Plänen einen Strich zu setzen, um Schlimmeres zu verhindern. Außerdem war er der Meinung, dass ich doch weiter am Sportunterricht teilnehmen sollte, auch wenn Tänze eine schwierige Kunst waren. Unser Sportlehrer drehte eine nach der anderen Form eines Tanzes an. Den größten Teil des Unterrichtes bestand nur aus Tänzen. Und dieses Mal den Idustrial Dance. Dieser war für die Mondfinsternis geplant.
„Synchron in der Bewegung bleiben!“, wiederholte unser Sportlehrer, „und Bewegung locker ausstrahlen lassen!“ Wie soll ich das bis dahin schaffen? Warum kann Ozul mir nicht helfen?
Bald war eh der Unterricht vorbei und dann hatte ich nur noch zwei Stunden, bevor die Schule endlich aus war.
„Endlich!“, seufzte ich genervt und Hesperia lächelte.
„Dafür kann man Mr. Thidol jedes Mal hassen. Immer neue Tänze lernen und nicht einmal eine andere Sportart, außer noch Leichtathletik. Auch dies kann echt Nerven kosten“, sagte Hesperia.
„Absolut eurer Meinung!“, stimmte ihre Zwillingsschwester zu. Hesperia bemerkte, dass Nightshade nicht im Unterricht war und fragte: „Und weiß jemand zufälligerweise, wo unsere Möchtegern Queen ist?“
„Ihr wollt wissen, wo unsere Freundin ist? Ihr habt es soweit gebracht, dass Nightshade nicht mehr wiederkommen wird! Ihr seid daran Schuld!“, regte sich Nightshades beste Freundin auf. Tatsächlich fehlte unsere Erzrivalin seit ein paar Wochen. Hatte sie etwas zu schnell aufgegeben und setze Lycidas nun schlechten Wind in die Klasse? Ozul hatte mir nichts gesagt. Vielleicht war es auch besser so, jedoch waren wir im Unwissen.
16. Februar 2007: 13 Uhr
Endlich Wochenende. Ich wartete auf Ozul an unserem Treffpunkt. Mein Handy klingelte und es ging eine Nachricht in den Messenger ein. Eine Nachricht von Ozul: Ich bin bald bei dir. Bin noch eine rauchen und mit Balvo noch etwas klären. Ich liebe dich <3
Ich schrieb ihm zurück, dass er sich keine Sorgen machen sollte und dass ich auf ihn warten würde, sowie ihn auch liebe.
Knapp zwanzig Minuten später kam er. „Salve mein schöner Mond. Tut mir leid, dass ich etwas zu spät komme. Musste von Balvo die Musikstücke abholen“, entschuldigte er sich. Mir fiel auf, dass er etwas in seiner linken Hand hinter dem Rücken versteckte. Er küsste mich und holte das versteckte etwas hervor. „Hier, die ist für dich. Ich weiß, ich bin etwas zu spät“, sagte er eingeknickt. Es war eine Rose, die er mir überreichte. „Oh, die ist wunderschön und für was bist du zu spät? Und danke!“, fragte ich ihn leise.
Er hielt meine Hand und redete leise: „Für den Black Valentine. Ich meine es ernst mit dir. Du bist etwas Besonderes. Ich möchte es langsam angehen. Wenn du für etwas nicht bereit bist, dann ist das in Ordnung. Ich möchte dich zu nichts drängen. Diese Rose soll ein Symbol zwischen uns sein.“
Ich schaute in seine braunen Augen und er legte mein Kopf an seine Brust. Ich hörte sein Herz in gleichmäßigen Schritten schlagen. Seine Lippen berührten meine Stirn und er küsste diese. Ich antwortete auf seine Wort nicht, da ich keine Antwort hatte.
Alles, was ich in diesem Moment gerade fühlte, war seine Nähe. So angenehm und warm. Es ließ mich nicht mehr zweifeln. Schaltete meine Gedanken aus und ich wünschte, er würde mich nie wieder loslassen.
1. März 2007
An diesem Tag war der Abgabetermin der Kunstwerke für den Wettbewerb. Wie ich bereits erwähnt hatte, hatte ich das Projekt vor dem Termin vollendet. Mrs. Vendetta war zufrieden. Nun hieß es abwarten, bis zum 10. Mai. Dann würden wir die Ergebnisse erfahren. „In dieser Woche müsst ihr eure Gruppenarbeit fertigstellen. Am Freitag möchte ich dann auch die Referate sehen.“, kündigte unsere Kunstlehrerin an. Hesperia und ich hatten zusammen beschlossen, dass sie das Referat hielt und ich mich mehr auf das Kunstwerk konzentrierte. Meine Freundin hatte das Handout für das Referat fertig geschrieben und musste es nur noch nachher auf den Laptop übertragen. Wir hatten es fast beendet.
Unerwartet stellte ich fest, dass am folgenden Tag der Tanz der Mondfinsternis war und der Unterricht fast zu Ende ging. Mist! Ich biss mir auf die Unterlippe.
Die Schulklingel setzte im richtigen Moment ein. Erleichtert atmete ich aus und ging nach draußen.
Leider rannte Lycidas mir in den Weg. „Oh hey, na bist du morgen bereit für das Tänzchen? Ich glaube, du ziehst immer mehr Aufmerksamkeit auf dich!“, lachte er mir hämisch zu.
„Na wer weiß, ob du nicht nachher wieder der Depp bist!“, scherzte Hesperia boshaft.
Lycidas sagte nichts mehr. Vermutlich war ihm das Lachen vergangen.
„Danke, ohne dich hätte der noch immer weiter gestänkert“, bedankte ich mich bei meiner Freundin.
„Ach keine Ursache. Ich finde es nur schäbig, wenn jemand schlecht über jemand anders redet.“
Wir gingen nach draußen und setzten uns auf eine Bank des Schulgelände. Die Sonne strahlte schwach auf dem Hof und doch etwas wärmer war, als die letzten Tage. Als ich gerade die angenehme Temperatur zu genießen anfing, unterbrach meine Freundin mich: „Ach Amaris, übermorgen ist es ja schon soweit. Bist du nicht aufgeregt?“
„Ja, das bin ich schon.“ Ich wurde nervös und versuchte andere Gedanken zu bekommen.
Ich darf nur nicht daran denken … Mein Herz rast sonst wegen purer Aufregung. Am besten lasse ich mir jetzt ein Zitat einfallen … Niemand kann mir … Wie ist das nochmal? Niemand kann mir nehmen, was ich getanzt habe. Es muss doch einen Weg hier raus geben ...Ich wünsche mir, dass irgendjemand sei hier und mir einen Rat geben kann.
Mein Herz pochte schnell und ich suchte in meinem Rucksack nach einem Schokoriegel, um mich etwas zu beruhigen. Ich öffnete den Reißverschluss des kleinen Faches und fand glücklich den Riegel. Angespannt kaute ich diesen. „Ist alles in Ordnung?“, wollte Hesperia von mir wissen.
Ich nickte schnell. „Sieht aber nicht so aus“, sagte sie ernst.
„Man, ich hoffe nur, dass ich mich nicht wieder zum Affen mache“, regte ich mich auf.
Sie versuchte mich zu ermutigen. „So ein Quatsch! Das machst du schon nicht!“
„Und was ist, wenn Nightshade doch morgen wieder da ist?“
„Ach, die Diva wird schon nicht kommen.“
„Und wenn Lycidas wieder seine Mätzchen macht?“
„Lass doch die anderen reden und machen, was die wollen. Das hat dich nicht zu interessieren. Sei du selbst und einfach nur du.“
Ich seufzte und schlug vor ins Zimmer zurückzukehren. Die Hausaufgaben mussten noch gemacht werden. Hesperia tippte noch die Zusammenfassung des Kunstreferats ein und ich machte noch die anderen Aufgaben. Danach half ich meiner Freundin.
Hoffentlich wird morgen alles gut laufen.
***
2. März 2007: ein Tag vor dem Tanz der Mondfinsternis
Ich hatte die letzten Tage schlecht geschlafen und Bauchschmerzen quälten mich. Ich konnte kaum den Grieß essen und trank nur zwei große Tassen Kamillentee.
Hesperia machte sich Sorgen und wich mir nachdem Frühstück nicht von der Seite. Auf dem Weg zu unserem Klassenzimmer sahen wir Ozul in der Gruppe mit seinen Bandmitgliedern stehen. Sie hatten sich wohl gerade einen Witz erzählt, da sie lachten. Ozul bemerkte uns nicht, da er mit dem Rücken zum Gang stand und auf ein zerkritzeltes Notenblatt sah. Mir wurde irgendwie noch flauer im Magen Bei Mrs.Hestia angekommen, sah diese mich kurz an und meldete mich für den Tag krank. Ich fragte mich, wie es Hesperia an diesem Tag ergehen würde und ob Nightshade sie in Ruhe ließ.
Unerwartet war ich eingeschlafen und kam etwas zur Ruhe.
Drei lang anhaltende Glockenschläge ertönen. Ich laufe im schwarzen Garten der Schule. Rote Rosen erblühen in aller Pracht und die Sonne scheint auf deren Blüten. Ozul entdeckt mich. Ich freue mich, doch ich sehe, dass er verletzt ist. Sein Arm blutet. Ich muss ihn retten.
Ich erwachte aus dem Albtraum und schaute kurz auf die Uhrzeit meines Weckers. Halb zwölf. Noch eine knappe halbe Stunde bis Mittag. Ich nahm einen Schluck Tee und legte mich auf die Seite. Meine Schmerzen hatten sich noch nicht gebessert. Wie würde es Ozul zurzeit gehen? Das fragte ich mich öfters.
***
3. März 2007: 19 Uhr 30
Es war soweit. Die Schmerzen hatten etwas nachgelassen und doch war das Gefühl von Unruhe noch präsent. Ich trank am frühen Morgen nochmals zwei Tassen Tee und hoffte, dass an diesem Abend alles gut gehen würde. Es muss irgendwie klappen. Sei eine selbstbewusste junge Frau! Sei stark! Du schaffst das und bleib du selbst! Fünfmal wiederholte ich die Sätze, um mich zu konzentrieren. Ich zog mein Tanzkleid an und machte mich weiter zurecht. Noch eine halbe Stunde!
Der Abend der Mondfinsternis startete gegen 20 Uhr in unserer Schule hinter dem schwarzen Pavillon. Unser Schulleiter begann mit einer Rede und Lady Drucio führte danach ein Ritual beim Lagerfeuer durch. Der Tanz wurde gegen 21 Uhr aufgeführt und ging eine ganze Stunde. Ozul schrieb eine Nachricht: Ich freue mich dich gleich zu sehen. Ich muss selbst eins der neuen Lieder vortragen und ich liebe dich meine Schöne.<3 Ich lächelte etwas und war gespannt. Leider blieb mir keine Zeit ihm zu antworten.
Hesperia bemerkte mein Lächeln und fragte: „Na du Träumerin? Wir müssen los!“ Ich kniff meine Augen kurz zusammen und dann machten Hesperia und ich uns auf dem Weg. „Es wird schon schief gehen!“
Es muss klappen. Sei eine selbstbewusste junge Frau! Sei stark! Du schaffst das und bleib du selbst! Ich wiederholte nochmals die Sätze murmelnd in mich hinein und atmete tief ein und aus. Meine Nervosität musste etwas gelindert werden. Konzentriere dich auf dich selbst Amaris!
Alle waren versammelt und Sir Mephisto wartete bereits. In seiner Hand hielt er eine Fackel. Das Feuer loderte. Er stellte sich links neben die Steinumrandung, die das Holz umrandeten und fing an mit seiner Rede.
„Bonum vesperum, disicpulus! Ich begrüße Euch sehr herzlich zum heutigen Abend. Wie ihr bereits erfahren habt, steht heute eine Mondfinsternis an und das Ritual des Feuers. Jeder bekommt nun einen Zettel und schreibt einen Wunsch auf diesen Zettel. Lady Drucio wird das Ritual führen und wenn sie dieses beendet hat legt ihr diesen Zettel in dieses Lagerfeuer.
Danach führt die 10. Klasse den Industrial Dance auf. Etwas später wird uns Ozul Gelimer seinen neuen Song vorstellen. Dabei übergebe ich das Wort an Mr. Nocturne, unser Musiklehrer der Schule und unserem Schüler Ozul …“ Ich schaute mich kurz um, um in Erfahrung zu bringen, ob Nightshade hier wäre. Sie war nicht anwesend oder täuschte ich mich? Ich hörte noch weiter die Worte von unserem Schulleiter und dann kündigte er unserer Klasse die Vorführung des Tanzes an.
Mr. Thidol stellte etwas auf seinem Handy ein und Elektro Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen.
„Amaris, du schaffst das!“, ermutigte mich meine Freundin Hesperia. Die Hände hoch, dann leicht angewinkelt und lockere Bewegungen. Und weiter! Ich sah die Blicke des Publikums. Lycidas dämliches Grinsen. Ozul lächelte etwas und die anderen schauten uns ernst zu. Ich musste wütend schauen und beweisen, dass ich das schaffen konnte.
Zum Glück verging die eine Stunde schneller, als ich mir je gedacht hatte und ich wollte nun unbedingt Ozuls neuen Song hören. Als der Tanz zu Ende war, applaudierten alle und Sir Mephisto bedankte sich für unseren Auftritt. Ozul zwinkerte in meine Richtung. Ich lächelte etwas. „Großartige Leistung, Amaris!“, freute sich unser Sportlehrer. Ich bedankte mich und stellte mich wieder in die versammelte Zuhörerschaft.
„Nun gebe ich Ozul Gelimer das Wort.“ Ozul trat vor den Schulleiter und dieser flüsterte ihm etwas ins Ohr, das wir nicht verstehen konnten. Mein Liebster gab ein kurzes Vorwort zum Song und sang uns dann den vorgestellten Song A Capella. Das Lied hieß Show me your bright side.
Alle jubelten für seinen Auftritt. Ich versuchte den Klang seiner Stimme einzuprägen.
„I was your ice
I know it‘s not an apologize
Believe me that I couldn‘t do nothing
First we were two worlds apart
I couldn‘t reach for your heart
Because she had all the control
But now listen to me please!
I know that I did a mistake
And that she hunted me like a snake
But my heart desires you
Show me your bright side
Child of moon, you are the one
To heal my wounds of the shadows
My eternity of evening sky
I would like facing you every night eye to eye
Now I shall protect you
You are ready to share this love with me
I don‘t wish to feel the shame anymore
If you are sure
…“
Es klang wie eine Ballade und ich fragte mich, was diese zu bedeuten hatte. Ruhig und mit sanfter und rauer Stimme sang Ozul diese. Er brachte mich zum Träumen.
Wir schauten zum Himmel und beobachteten schließlich die Mondfinsternis. Der Mond erstrahlte im blutigen Rot. Er erschien ziemlich riesig. Es war ein einzigartiges Naturspektakel. Dieses brachte jeden zum Staunen.
Eine Stunde nach Mitternacht endete das besondere Ereignis und wir mussten wieder in unsere Schlafzimmer zurückkehren. Ich summte leise das Lied der Ballade und schlief schließlich ein.
Drei Wochen später
Drei Wochen waren vergangen nach dem Tanz der Mondfinsternis und es hatte sich etwas verändert. Alle Schüler und Schülerinnen der gesamten Schule begrüßten mich freundlich mit der Grußformel „Salve“ und meinen Namen. Es kam mir so vor, als wäre ich über Nacht die beliebteste Schülerin geworden. Ich wollte jedoch nicht berühmt sein, auch wenn ich mir scheinbar einen Namen gemacht hatte. „Und wie fühlt es sich an, die neue Königin der Schule zu sein?“, fragte Lycidas mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Ach Lycidas, halt einfach die Klappe!“, schimpfte Hesperia mit ihm und schwärmte mir danach von Ozuls Lied vor: „Das Lied ist wirklich schön.“
Ich stimmte ihr zu und sagte ihr: „Wenn ich nur wüsste, was es zu bedeuten hat.“ Ozul stand auf dem Schulhof und winkte mir kurz zu. Er kam auf mich zu und begrüßte mich: „Salve meine bezauberte! Salve Hesperia!“ Er fand immer etwas Neues, um mich noch mehr verlegen zu machen und küsste meinen Handrücken. „Salve Ozul! Das Lied von gestern hat mir sehr gut gefallen!“, richtete Hesperia an meinen Liebsten. Er bedankte sich. Sein Blick huschte in meine Augen und sagte: „Das Lied ist dir gewidmet, an meine helle Muse der Nacht.“ Ich schaute irritiert zu Boden. Doch er richtete mich mit seinem Zeigefinger am Kinn wieder auf. Vollkommen überraschend küsste er mich öffentlich auf dem Schulgelände. Jeder sah es. Er wollte sich wirklich nicht mehr verstecken. Hesperia freute sich für mich und in diesem Augenblick kamen auch Eranthe und Ione.
„Oh Amaris, darf ich dir gratulieren?“, fragte Ione unsicher. Ozul nickte an meiner Stelle. Ich war zu perplex, um eine Antwort zu geben.
„Jeder soll wissen, dass ich jetzt mit dir zusammen bin und der Song Show me your bright side über uns ist!“, sagte Ozul mit fröhlicher Stimme. Sowohl meine Freundinnen als auch alle, die mitgehört hatten, wussten es jetzt. Lycidas zog die Nase hoch und war beleidigt. Scheinbar hatte er Gefühle für mich und bemerkte nun, dass er keine Chance hatte. Ich war Ozuls Nummer 1 und Nightshade war zum Glück nicht hier gewesen. Doch was wäre gewesen, wenn ihre Freundinnen diese Nachricht verbreitet hätten?
Die Lösung des Liedes war nur ich ganz alleine.
In der vergangenen Woche hatten Hesperia und ich unser Referat in Kunst gehalten und Mrs. Vendetta war beeindruckt von unserem Thema. In Literatur stand bald der Besuch des Schriftsteller Egar Nior Dorov an, der die Bücher über die Wicca Kultur geschrieben hatte. Mr. Segeric erzählte uns von seinem Vorhaben. „Ich bitte ausdrücklich darum, dass Sir Dorov mit hochachtungsvollem Respekt begrüßt wird und wir uns nun um Fragen für ein Interview kümmern werden. Nehmt euer Heft und schreibt mit, doch bevor ihr aufschreibt, möchte ich gerne von euch wissen, ob jemand schon einmal ein Interview geführt hat?“
Es wurde laut im Saal. „Ruhe!“, schrie unser Literaturlehrer in den Raum, „Also ich wiederhole nochmals die Frage: Hat jemand von euch schon einmal ein Interview geführt?“
Es gingen nur drei Finger hoch. Der unsichere Junge namens Mordragor wurde aufgerufen. „Ja, Mordragor?“
„Jude Bayissa. Er ist ein berühmter Schlagzeuger der Musikband Gnidoy. Ich habe ihn beim Backstage getroffen.“ Mr. Segeric runzelte die Stirn und war überrascht, dass unser Klassenkamerad doch nicht immer so schüchtern war, sowie er am Anfang den Anschein machte und wollte von ihm wissen, welche Frage für ihn sehr wichtig war. „Was ist Ihr Lieblingszitat?“, sagte Mordragor schließlich.
„Eine sehr gute Frage für ein Interview! Bitte aufschreiben! Hat jemand noch einen anderen Vorschlag für das Interview?“, gab sich unser Lehrer zufrieden.
Hesperia schlug vor, dass der Schriftsteller sich in drei Wörter beschreiben könnte.
„Sehr interessant!“
Ich schaute kurz auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde bis zur Pause. Wir notierten zehn Fragen für das Interview in unser Heft und zum Schluss verkündete Mr. Segeric, dass die Fragen nach der Vorlesung von Egar Nior Dorov gestellt werden würden. Die Schulklingel kündigte das Ende des Unterrichts und wir packten unsere Schulbücher und Hefte ein.
„Bitte am 12. April rechtzeitig erscheinen, denn Sir Egar Nior Dorov mag keine Unpünktlichkeit!“, erinnerte unser Literaturlehrer uns zusätzlich.
„Einverstanden Mr. Segeric!“, riefen wir alle im Chor und verließen den Saal. Auf dem Pausenhof angekommen setzte ich meine Kopfhörer auf und schaltete den MP3-Player ein. Ein Song von Odovakar Vermando, meinem Lieblingssänger spielte in der Playlist: A memory of a black day. Dieser Sänger hatte eine sehr ähnliche Stimme wie Ozul und er sang in verschiedene Sprachen: Englisch, Gälisch und einer anderen alten Sprache.
Als das Lied ruhiger wurde, musste ich in den Geschichtsunterricht zurück. Es ging um die Monarchie unter Königin Oceania Delia III. Eine Königin, die von Luxus besessen war und sich kaum um ihr Volk kümmerte. Eine miese Egoistin. Ich fragte mich, ob die meisten Dynastien von Monarchen regiert wurden, die nur auf ihren Wohlstand aus waren.
Doch ich hatte keine Antwort auf diese Frage. Mir begannen andere Dinge durch den Kopf zu schwirren, doch von denen wollte ich mich ablenken, in dem ich in meine Agenda schaute. Nächste Woche stand eine schriftliche Klausur in Englisch über die Pflichtlektüre an. Ich musste noch die letzten drei Kapitel lesen. Ehe ich mich versah, flüchteten sich meine Gedanken wieder an Ozul, den ich sehr vermisste.
***
Ozul schrieb am Abend eine Nachricht und wollte mich sehr schnell sprechen. Es gab wichtige Neuigkeiten. Ich traf ihn an unserem Platz beim See. Er küsste mich zur Begrüßung und erzählte von diesen wichtigen Nachrichten. Es waren gute. „In zwei Wochen werde ich auf Tournee gehen und das eine Wochen lang. Es ist eine riesige Chance für mich. Ich werde in Ardabur und Kyabelle auftreten“ Ich hörte ihm aufmerksam zu und freute mich für ihn, aber dann erinnerte ich mich wieder an Adrienne, die auch Konzerte gab und in Ardabur sehr berühmt war. Es machte mir Kummer, da ich Bedenken hatte, dass Ozul und sie sich wahrscheinlich begegnen könnten. Ich hoffte, dass sie Ozuls Gesicht und alles von ihm in sich in ihrem Kopf geprägt hatte. Ich roch wieder das sinnliche Parfüm meines Liebsten, als ich meinen Kopf leicht an seinen Oberkörper legte.
Leider konnte ich es nicht übers Herz bringen, dass ich diese Sorgen mit mir trug. „Ist etwas passiert, Liebste?“, wollte mein Freund wissen. Er hatte doch meinen Blick errraten. Wie soll ich dir nur das erklären? Ich hasse es über meine Tante zu sprechen…
„Ach es ist nur wegen meiner Tante, sie ist auch oft in Ardabur“, sagte ich leicht wütend.
„Oh, ich verstehe. Ardabur ist schließlich eine bekannte Stadt und sie ist sehr berühmt für ihre Musikkonzerte und Festivals. Mach dir keine Sorgen! Deine Tante wird mich eh nicht erkennen!“, versuchte er mich zu beruhigen.
Ich nickte zu und dachte Hoffen wir nur das Beste. Ich schaute zu ihm hoch und in seine dunkelbraune Augen und er streifte sanft mit seiner Hand über meine Wange.
„Es wird schon gut gehen, meine Schöne. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin, wie es laufen wird und schicke dir auch Fotos, alles was du möchtest. Du kannst mich gerne vor den Konzerten oder später anrufen. Wir werden zwei ein halb Stunden spielen. Ich bitte dich nur eins Amaris: Bitte klammer nicht! Denn das mag ich gar nicht!“
Ich nickte wieder und sagte kurz: „Einverstanden.“
Er schloss mich in seine starke Arme und küsste meine Stirn. Nun, ich habe verstanden. Ich darf nur nicht zu sehr klammern. „Ich liebe dich, Liebster!“, sagte ich ihm und er erwiderte mir die Worte. Innerlich hatte ich schon Angst, wenn Ozul auf Tournee gehen würde, dass viele junge Frauen für ihn schwärmen und als ein Idol sehen. Vielleicht flirtet er auch noch mit anderen. Amaris, Schluss jetzt mit diesen Gedanken! Er hat doch vorgeschlagen, dich auf dem Laufenden zu halten.
Es war schon spät und ich musste zurück ins Internat. Ozul und ich verabschiedeten uns.
„Ich werde dich jetzt schon vermissen“, sagte ich ihm mit trauriger Stimme.
„Ich werde dich auch vermissen, meine Liebste“
Und so schritt ich schnell zurück in mein Zimmer. „Und wie ist es gelaufen?“, wollte Hesperia wissen.
„Eigentlich ganz gut, aber…“, versuchte ich ihr zu erklären, doch es fiel mir schwer.
„Aber was ist denn los? Du hörst dich an, als wäre irgendetwas nicht in Ordnung. Du kannst mir ruhig deine Sorgen erzählen.“
„Ach, es ist, weil Ozul in zwei Wochen eine Woche auf Tournee mit der Schulband muss und ich Angst habe.“
„Wovor hast du Angst? Dass er sich mit anderen jungen Frauen vergnügt oder wie?“, versuchte sie sich vorsichtig auszudrücken. Ich bejahte die Frage meiner vertrauten Freundin.
„Das wird er schon nicht. Und wenn, dann weiß er nicht, was er an dir hat“
„Vielleicht hast du Recht und darf nicht so klammern, sowie er es gesagt hat“
„Klammern mögen Jungs und Männer gar nicht. Da hat er Recht.“, stimmte Hesperia Ozuls Aussage zu. Wie konnte sie das wissen? Wie weiß sie über Männer Bescheid, was sie mögen und was nicht? Ach, es ist mir egal.
Ich seufzte und machte mich fertig, um schlafen zu gehen, da die nächsten Wochen viel auf dem Plan stand. Die Interviewfragen für den Schriftsteller nochmals durchgehen, dann die bevorstehende Englisch Klausur und noch vieles andere.
***
2.April 2007
Die Englischklausur stand an und Mrs. Wanda teilte die Bögen aus. Eine Stunde und 30 Minuten hatten wir Zeit. Ich las mir kurz die Fragen durch und fing an diese zu beantworten. Ich war etwas angespannt, da die Fragen komplex formuliert waren, doch ich musste diese Arbeit schaffen.
Zehn Minuten vor Abgabe erinnerte unsere Lehrerin uns an die verbleibende Zeit.. Genau da wurde ich fertig und gab meine Blätter bei ihr ab. Ich ging aus dem Klassensaal heraus und auf den Schulhof. Ozul stand auch draußen. Hatte er etwa eine Freistunde oder hatte er auf mich gewartet? Er näherte sich mir und begrüßte mich. Sein T-Shirt war rußschwarz mit einer französischen Lilie samt Schwert als Motiv. Dazu trug er eine zerfranste Hose in gleicher Farbgebung mit dazu passenden Sneakers. Ich betrachtete seinen schlanken Körper und grüßte ihn zurück. „Hast du gerade Pause?“, wollte er von mir wissen.
„Ich habe vorhin meine Englisch Klausur geschrieben und ja eine Viertelstunde. Und du?“, fragte ich ihn.
„Gerade etwas Pause, bevor die Generalmusikprobe weiter geht. Wie ist die Klausur gelaufen, meine Süße?“
„Ich weiß nicht, denn die war nicht ganz einfach.“
Mit dem Kopf woanders zog er an seine Zigarette und pustete den Rauch in eine andere Richtung. Er wollte verhindern, dass ich nach Rauch roch. „Du wirst das schon schaffen. Ich glaube an dich. Tut mir leid, dass ich nicht weiter sprechen kann, da ich wieder rein muss. Balvo und Rajimar brauchen mich“, entschuldigte sich Ozul und küsste mich. „Ich liebe dich, Liebster!“, rief ich ihm zu. Er erwiderte die Worte und lief betrübt zurück zum Musikraum. Noch eine knappe Woche und dann würde er auf Tournee gehen. Ich hoffte, dass alles gut gehen würde, doch mein Herz fühlte sich schwer an. Konnte ich Ozul vertrauen? Seine Worte „Ich liebe dich auch, Liebste!“ waren nicht gelogen, aber was wäre wenn doch? Vertrau ihm! Sei nicht so misstrauisch, sonst wirst du genauso wie seine Ex-Freundin!
***
12. April 2007
Zehn Tage später war der Besuch des Schriftstellers Sir Egar Nior Dorov angekündigt und ich war sehr aufgeregt. Immerhin hatten wir in Mr. Segerics Unterricht über Rituale und Schutzzauber gesprochen und andere Themen der Wicca-Kultur dran genommen. Hesperia, Eranthe und ich warteten bereits vor dem Klassenraum auf unsere Mitschüler, die sich vermutlich verspäten würden. Manche hatten noch schnell das Schulgebäude verlassen, während wir auf dem Weg hier her waren.
Doch ehe alle versammelt waren, öffnete unser Lehrer von innen die Tür und bat uns herein. Sir Dorov stand bereits an der Tafel.
Wir stellten uns vor unsere Sitzplätze und hielten den Schriftsteller herzlich willkommen. „Slavete!“, hallten seine Worte im Saal zurück. Sir Dorov hielt seine Vorlesung und ich hörte ihm aufmerksam zu, wobei ich aus dem Augenwinkel beobachtete, während die anderen in gelangweilter Miene auf ihrer Schulbank saßen und bei seiner Rede fast einnickten. Der Schriftsteller erzählte über die Mondmagie und Rituale dieser Künste.
Nach der Lesung stellten wir ihm unsere Fragen für das Interview. Meine Frage beantwortete Sir Dorov mit den Worten „geheimnisvoll, weise und Macht“ Ich stellte fest, dass diese Worte ihn dies beschrieben, auch wie er das Buch verfasst hatte. Die Rituale hatten eine Macht, die Umgebung geheimnisvoll und die Entscheidungen waren weise.
Er bedankte sich für den Empfang und verabschiedete sich von unserer Klasse. Mr. Segeric hielt meinen unaufmerksamen Klassenkameraden noch eine ausführliche Auswertung und ließ mich und diejenigen, die der Lesung aufmerksam waren, nach draußen gehen. „Und wie fandet ihr die Lesung?“, wollte ich von meinen Freundinnen Hesperia und Eranthe wissen.
„Es war interessant. Dieser Sir Dorov ist irgendwie unheimlich in seinem Umhang“, teilte Eranthe ihre Meinung ihrer Schwester und mir mit.
„Ach Schwesterherz, du wirst dich doch wohl jetzt nicht vor ihm fürchten“, scherzte Hesperia mit ihrer Zwillingsschwester.
„Keine Ahnung und wie war es für euch?“
„Es war sehr interessant und ich glaube, so langsam verstehe ich immer mehr diese Kunst der Magie“
„Das freut uns, Amaris. Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende essen gehen?“, fragte Hesperia ihre Schwester und mich.
„Oh ja, das klingt toll. Aber wohin?“, freute sich Eranthe. Ich zuckte mit den Schultern.
„Was haltet ihr von Sushi?“
„Klingt super“, stimmte ich ihr zu.
„Dann lasst uns diesen Samstag zu dritt Sushi essen! Ich freue mich so.“, sagte meine beste Freundin in einem freudigen Ton. Schade, dass Ozul nicht dabei sein kann.Wir gingen zurück ins Internat und machten unsere Hausaufgaben. Ich schrieb Ozul eine Nachricht und wollte mich vergewissern, wie es ihm erginge, da er in wenigen Stunden auf dem Weg zu seiner Tournee war. Sein erstes Ziel war Ardabur und ich vermutete, dass er in einem Hostel übernachten würde, statt in einem schickimicki Hotel. Wehe, seine Freunde laden irgendwelche Tussis ein! Man, Amaris, lass diese Eifersucht Gedanken! Ich möchte nicht, dass er mir fremdgeht. Ob er Nightshade fremdgegangen ist, glaub ich nicht. Ja doch, eigentlich schon, mit dir ist er jetzt zusammen, also hat er sie betrogen. Schluss jetzt! Du hast dir vorgenommen, deine Sicht zu ändern und möchtest für deine Zukunft gewappnet sein! Du musst wissen, was auf dem Spiel steht.
Am Wochenende ging ich mit meinen Freundinnen Sushi essen nach Neroluz und wir sprachen über vieles. Hesperia war sehr neugierig, da sie mehr über meine Liebesbeziehung zu Ozul erfahren wollte. Sie und ihre Zwillingsschwester freuten sich sehr für mich. Ich erzählte ihnen, dass er noch auf Tournee war und bald wieder zurückkehren würde. Eranthe erzählte von ihrem Modeprojekt, das sie mit Ione gestaltete und wünschte sich, ein Praktikum bei einem berühmten Modedesigner machen zu können. Sie schwärmte von diesem Designer schwärmte und seinem Stil.
Hesperia berichtete von meinem Werk, das ich beim Kunstwettbewerb eingereicht hatte und hoffte, dass ich die Chance für das Stipendium bekommen könnte. „Dann drücken wir dir mal die Daumen“, stimmte ihre Schwester zu.
Ich bedankte mich bei ihnen.
Ozul hatte in den letzten Tagen ein paar Nachrichten geschrieben und als er am Abend anrief, erzählte er mir von den schönen Stunden der Konzerten, dem Publikum, den Fans, aber auch vom schlechten Essen im Hostel.
„Ardabur ist der geniale Ort für solche Auftritte. Und jede Menge noch hat dieser zu bieten. Auch für deine Kunst, Liebste. Unsere Konzerte waren schnell ausverkauft und laut Statistik waren es 80 000 Zuschauer jeden Tag. Jeden einzelnen Tag habe ich an dich gedacht und wenn ich auf dem Balkon meines Zimmers des Hotels stand und eine geraucht habe, habe ich den Mond beobachtet und mir vorgestellt, du wärst neben mir. Dein kleines Schmunzeln im Gesicht und deine funkelnde grüne Augen. Ich wünschte, du wärst dabei gewesen. Außerdem habe ich ein kleines Souvenir gekauft“
Ich hörte ihm aufmerksam zu. Ozul holte ja gar keine Luft beim Reden. Er war zu enthusiastisch und aufgeregt, dass er viel über seine Projektwoche redete.
„Kyabelle ist dagegen ein kleiner Ort und knapp 20 000 Besucher kamen dort zu unserem Konzert.“
„Ich freue mich, dass es dir gut geht und wenn du bald wieder zurück bist. Ich vermisse dich so sehr.“
„Ich vermisse dich auch, meine Schöne. Ich liebe dich. Tut mir leid, aber ich muss leider los. Bis dann am nächsten Mittwoch. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin.“
„Ich liebe dich auch. Ist in Ordnung, Liebster. Bis dann!“
Ich legte auf und Hesperia bemerkte, dass ich etwas lächelte. „Es scheint dir gut zu gehen“, sagte meine beste Freundin aus dem Nichts zu mir. Ich nickte.
„Oh Hesperia, du glaubst gar nicht zu wissen, wie glücklich Ozul mich macht. Er wird nächsten Mittwoch wieder hier sein.“ Sie nickte und freute sich mit mir.
Wir bezahlten die Rechnung im Restaurant und gingen dann etwas in der Stadt ein paar Besorgungen machen.
Als wir an einem Musikgeschäft vorbei gingen, erkannte ich ein Plakat. Auf diesem war unsere Schulband zu erkennen und ganz vorne Ozul mit der „Mano cornuta“ Handgeste und seinen düsteren Blick. Es scheint bergauf für ihn und seine Kumpels zu gehen, dachte ich still.
„Oho, sieh mal, da einer an. Dein Liebling ganz groß ausgedruckt“, neckte Hesperia mich.
„Ja, er ist wirklich großartig. Können wir hier mal ins Geschäft rein?“, erkundigte ich mich bei meinen Freundinnen. Sie bejahten meine Antwort und wir betraten das Gebäude. Viele CDs lagen hier sortiert und ganz vorne das Album von The dark knight Judas. „Kann ich den jungen Damen bei irgendetwas behilflich sein?“, fragte ein Verkäufer uns aus der Ecke.
„Nein, vielen Dank, wir kommen zurecht“, antwortete Hesperia, „Amaris, das ist ja mega krass, was Ozul geschafft hat. Dass sogar seine Alben hier verkauft werden. Du kannst stolz auf ihn sein.“
„Das bin ich auch“, sagte ich leise.
Eranthe nahm eine CD-Album von unserer Schulband aus dem Regal und kaufte es. „Du möchtest es ja sicher haben.“, sagte sie mir.
„Ich habe es schon. Ozul hat mir eins geschenkt. Du kannst sie dir aber kaufen und sie mit Hesperia anhören.“, schlug ich ihr vor.
„Das klingt toll.“
Eranthe beglich ihre Rechnung und wir gingen noch in die anderen Geschäfte.
Am späten Nachmittag fuhren wir zurück nach Denicum und gingen schließlich Abendessen.
***
Zwei Wochen und drei Tage später
29. April 2007
Ozul war vor einer Woche zurückgekehrt.
Die Sonne schien und es herrschte ein Wetter des warmen Frühlings. Düfte der Blumen, Gezwitscher von Vögeln und die wahren Frühlingsgefühle. Ozul und ich waren an unserem Treffpunkt beim See. Wir saßen auf einer Decke im Schatten eines Magnolienbaums, die wir auf dem Gras ausgebreitet hatten und er hatte ein Picknick für uns gemacht. Mein Liebster schenkte alkoholfreier Sekt in die Plastiksektgläser ein und stieß auf unsere Liebe an. Auf einem Teller hatte er ein paar vegetarische Pizza Schnecken abgerichtet und in kleinen Bechern eine Art Schichtdessert mit Haferbrei in Joghurt und roten Früchten.
„Hast du die Sachen fürs Picknick selbst gemacht?“, fragte ich ihn. Er nickte und hielt schnell etwas aus seinem Rucksack. Unerwartet versteckte er etwas in seinen Händen hinter seinem Rücken.
„Was hast du denn in deinen Händen?“ Ich war neugierig und wollte unbedingt wissen, was er nun versteckte. Er befahl mir, die Augen zu schließen und dann wieder zu öffnen, wenn es soweit war. „Nun kannst du sie wieder öffnen“ In seinen Händen hatte er ein Obsidian Perlen Amband, das mit schwarz-weiße „Sorgenperlen“ geschmückt war. „Dieses hat keine religiöse Bedeutung, sondern eine Verbundenheit zwischen uns.“, erwähnte er und legte es um mein linkes Handgelenk. Ich bedankte mich bei ihm für das wundervolle Geschenk und küsste ihn.
Dann aßen wir unser Picknick und genossen die Stille am See und beobachteten die schwimmende Schwäne mit ihren kleinen Küken, die auf den Flügeln der Eltern lagen, das Glitzern der Sonnenstrahlen auf dem Wasser des Sees. Wir rochen den lieblichen Duft der Magnolien und ließen uns den Nachmittag ausklingen. Ozul und ich waren glücklich und das sollte so bleiben. Wir legten uns auf die Decke, nachdem er die Sachen wieder in seine Kühltasche verpackt hatte. Ich kroch mit meinem Kopf auf seine muskulöse Brust und er streifte durch mein Haar. Es beruhigte mich.
Für immer deine! Für immer dein Licht, das deine Dunkelheit durchbrochen hat.
Demnächst werde ich vom Schicksal bestimmt und weitere Lebensabschnitte meistern. Und dafür muss ich sicher kämpfen. Für mein Ziel und meiner Bestimmung.
-ENDE-
Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Menschen, die den ersten Teil der Black Lake Trilogie gelesen haben.
Ein wichtiger Dank an meinen Lebenspartner, der mir viel Kraft gegeben hat und mich bei diesem Roman unterstützt hat.
Besonderen Dank kommt meiner Lektorin zu, für die großartige Hilfe und Zusammenarbeit und ich den Mut bei der Korrektur nie verloren habe!
Einen weiteren Dank geht an meine ehemalige und jüngste Schulfreundin Nicole, der ich das Buch gewidmet habe. Sie hat mich in die Welt der Gothic-Kultur gelassen und mich zu diesem Stil inspirieren lassen. Schwarz ist seit langem meine Lieblingsfarbe, auch wenn viele von euch sagen möchten, es ist keine Farbe. Für mich ist sie keine Farbe der Trauer. Sie ist eine Nuance von Eleganz.
Einen letzten Dank spreche ich an zwei wichtige Menschen aus, die mich sehr viel bei der Verarbeitung meiner seelischen Verfassung unterstützt haben und mir Mut und Kraft zugesprochen hat.
Vielen Dank für diese große Unterstützung!
Alle Orte und Länder haben fiktive Namen, aber von der Umgebung haben sie ein paar Ähnlichkeiten von realen Städten, Orten und Länder. Jedoch sind sie in düsterer Atmosphäre und Mittelalter-Gotik und Romanik Stil gestaltet, zudem sind auch viktorianische Architektur Stil Elemente zu finden. Die Namen der Länder werden in der Geschichte nicht erwähnt.
Wicked Rose
Das Dorf Wicked Rose (Land Fleden) kann man sich wie die Stadt Starý Plzenec (Altpilsen) in Tschechien vorstellen, nur mit kleinen Unterschieden. Die Geschichte der Stadt geht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Zur dieser gehört der links fließende Nebenfluss Alces und gelegene Ortsteil, sowie die ebenfalls befindliche Ortslage Daywane. Auf dem höchsten Hügel Ptucockat befindet sich eine Burgruine (Burg Jersellaim) erbaut im 13. Jahrhundert). Hier wird die Legende über den Namen der Stadt erzählt: Es heißt, ein junger König habe hier geherrscht, dem seine Gattin eine attraktive Hexe und ihr Name Rose gewesen ist. Sie hat jede Zauberkünste beherrscht und die Stadt mit einem bösartigen Fluch belegt. Der Untergang der Stadt ist gedroht. Heute glaubt man noch immer, dass diese junge Hexe ihr Unwesen noch immer treibt. Der Ort hat 5 000 Einwohner und einer der historischen und ältesten Städte. Amaris Geburtshaus (wo sie aufgewachsen ist) liegt in der Nähe der Burgruine.
Death Tale
Death Tale ist ein mittelgroßer Ort (Land Eusudoya) und liegt drei bis vier Stunden von Wicked Rose entfernt. Dort leben knapp 7000 Einwohner; auch bekannte Musiksänger wurden hier geboren. Cadell und Adrienne Merchand leben mit ihrem Sohn in einer reichen noblen Villa auf einem großen Grundstück, die in einem Außenquartier liegt. Viele Häuser sind im viktorianischen Zeitalter erbaut. Etwa drei Kilometer weiter Sirialflia befindet sich das Privatschloss Enchanting Phoenix Castle (erbaut im 18. Jahrhundert). Dieses ist in Besitz von Cadells Eltern. (Alevo und Sanura Merchand-Rasha; Alevo ist seit 15 Jahren Witwer) Über den Wohnsitz von Alevo wird nichts in der Geschichte erzählt.
Neroluz
Neroluz ist eine mittelgroße Stadt mit etwa fünf Millionen Einwohner und die Hauptstadt von Eusudoya. Sie hat viele Sehenswürdigkeiten zu bieten und eine große Fußgängerzone , wo sich viele Einzelhandelsgeschäfte und Restaurants befinden. Auch die Nachtclubs sind sehr begehrt. Man kann sie sich ungefähr vorstellen wie die Stadt London in Großbritannien oder Paris in Frankreich, aber in gotischer, romanischer und viktorianischer Architektur. Außerdem leben hier viele gemischte Kulturen. Neroluz wurde im 15. Jahrhundert entdeckt. Bekannte Sehenswürdigkeiten sind die gotische Kathedrale: Cathedral of Iqstus, den berühmten Park Shadow Angel, Melody Lani Square, der romanische Turm Ascendance Tower mit der berühmten Bronze-Statue der Königin Blóm und das berühmte Stadt Hotel Majestic Emerald Royal Hotel. Daneben bei gibt es zwei kleine Museen (Ein Geschichtsmuseum und ein kleines Designmuseum), eine Konzerthalle (Hier können 50 000 Zuschauer Platz nehmen) und einen Zoo. Diese Konzerthalle ist kleiner als die in Ardabur. Weitere Gebäude sind das Amtsgericht, Parlament und die Universität. Hier kann man auch in einem Hostel oder in ein paar Pensionen übernachten. Auch ein großer Bahnhof steht hier: Neroluz City Train Station.
Denicum
Der Ort Denicum liegt sehr abgelegen und man fühlt sich sehr wahrscheinlich dort isoliert. Nur sehr wenige Gebäude und Häuser sind zu entdecken. Eins der bekanntesten Gebäude ist ein Schloss, das für ein Gymnasium umgebaut wurde und mit vier Internatshäuser und einigen Grünflächen und Nadelwald und einem See. Die Kirche Mastema Infernal Church befindet sich zwei Kilometer weiter abseits Richtung zu Princetine. Denicum liegt 20 km von der Kleinstadt Neroluz entfernt. Die Einwohnerzahl wird auf knapp 2500 Leute geschätzt. Man kann den Ort schwer in eine vergleichbare Stadt unserer Welt einordnen. Denicum ist der kleinste Ort von Eusudoya.
Ardabur
Ardabur ist das größte Zentrum für die Musikkunst (Land Melodrameay) und eins der teils modernen Städte mit ein paar antiken Überreste (ein Amphitheater und eine Akropolis). Hier leben ungefähr acht Millionen Menschen und es finden jährlich Musikkonzerte von bekannten Sänger und Musikgruppen statt. Hier werden die größten Talente gefördert. Ardabur hat eine der größten Konzerthallen. (80 000 Zuschauer, davon sind 10 000 Sitzplätze) Hier kann man in der Euphoria Azalember Parkbühne Platz nehmen (geeignet für Open Air Konzerte). Hier übernachtet man in Hostels oder kleinen Pensionen, für die reichen Menschen gibt es das vier Sterne Luxushotel Jovuan Lux Philan. Zudem befinden sich in der Musikstadt viele Pubs und kleine Tapas Baren, ein paar Nachtclubs. Sie besitzt außerdem ein bekanntes Elite Musikkonservatorium, um Musik zu studieren und andere bekannte Gebäude (z.B. die Eurylphos Opera). Für die Kunstszene gibt es auch einiges zu bieten. Viele Häuser sind im Jugendstil gebaut. Diese Stadt kann man bisschen mit der deutschen Stadt Leipzig vergleichen oder der finnischen Großstadt Tampere. In Ardabur wird erzählt, dass einst der Gott Aurin die schöne Muse Eterna entführt und sie die schönste Stimme habe. Er wollte sie als seinen Besitz nehmen. Niemand durfte ihre Stimme hören außer er.
Kyabelle
Kyabelle (Land Melodrameay) ist eine Nebenstadt von Ardabur und liegt etwa 31 Kilometer entfernt. Sie hat zwei Millionen Einwohner und die kleinste Konzerthalle mit etwa 20 000 Zuschauersitzplätze. Kyabelle ist bekannt für seinen jährlichen Wallfahrtsort des heiligen Hrap im Mai. (Ein Pilger, der die Menschen vor Krankheiten rettete) Man kann sich diesen Ort wie Moncalieri vorstellen.
Et flamma de tenebris
lat. Die Flamme der Finsternis
Salve!
lat. Sei gegrüßt!
Ave!
lat. Gegrüßet du seist!
Julfest
hier: das Weihnachtsfest
Julferien
hier: Weihnachtsferien
Crescent Silver
hier: die US-Dollar Währung gemeint.
Tag der Rauhnacht
hier: der Drei Königstag.
Black Valentine
hier: Valentinstag
Bonum vesperum, disicpulus!
lat. Guten Abend, Schüler!
Bonam orexin!
lat. Guten Appetit!
Volta (Tanz)
ein im 16. und 17. Jahrhundert in ganz Europa verbreiteter temperamentvoller Paartanz. Ein Vorläufer des Walzers.
Youtube
Industrial Dance
eine in Nordamerika verbreitete Dachbezeich nung für Musikgruppen aus dem Post- Industrial-Umfeld, die in Europa den
Richtungen Electronic Body Music, Electro- Industrial oder Dark Electro zugeordnet werden.
Youtube
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RhodaSchwarzhaar • Am 18.08.2022 um 18:55 Uhr | |
Nachdem ich jetzt durch bin, kann ich dir eine Bewertung geben. Deine Rechtschreibung ist gut. So weit wie ich das beurteilen kann, konnte ich keine Fehler finden. Auch die Absätze sind gut. Woran du auf jeden Fall noch arbeiten musst sind die Satzanfänge und dass du schaust, die Personen nicht so oft beim Namen zu nennen. Positiv ist auch, dass du den Lauf der Geschichte nicht verloren hast. Was bei meiner Bewertung fehlt, ist, was du aus Ozuls Bösartigkeit gemacht hast, beziehungsweise auch ein bisschen die Hänseleien von Nightshade. Damit meine ich im Genauen: Dass ich nicht noch einmal drübergelesen habe, um zu sehen, ob und wie du meine Tipps eingebaut hast, damit die beiden Personen für den Leser als fies empfunden werden. Es wurde in meinen Augen zwar genannt, wie gemein sie sind. Doch fehlten mir die Aktionen – Gemeinheiten oder Streiche. Nightshade hatte mir persönlich dann auch ihren Drohungen widersprechend zu schnell aufgegeben. Mehr anzeigen |
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molamoongod (Autor) • Am 28.03.2022 um 13:44 Uhr • Mit 26. Kapitel verknüpft | |
Hallo meine Lieben, nun möchte ich hiermit sagen, dass der 1. Teil der Trilogie beendet ist und der zweite Teil in Arbeit steht. Ich hoffe, dass euch meine Geschichte gefallen hat. :) Bis bald. Eure Mola <3 |
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RhodaSchwarzhaar • Am 07.09.2021 um 21:33 Uhr | |||
Ich habe deine Geschichte bis zum dritten Kapitel gelesen (also eigentlich dem Ersten, wenn ich nicht nacht dem Kapitelsystem gehe.) Deine Geschichte gefiel mir ganz gut mir sind jedoch ein paar Dinge aufgefallen, die mir oft auch beim Schreiben passieren. An ein paar Stellen haben sich wohl versehentlich ein paar Satzvariationen vermischt oder eben andere Kleinigkeiten. Wenn es dir hilft kann ich dir die Dinge schreiben, die mir aufgefallen sind. Ich wollte dich jetzt nur nicht damit überfallen. Als Kleines hier die Dinge, die mir in deinem Vorwort aufgefallen sind: 2 Absatz dass diese Trilogie ein Teil meines Lebens widerspiegeln tut. Mach es lieber ohne das ''Tut''. Klingt schöner. Also ''ein Teil meines Lebens widerspiegelt. 3 Absatz und ich in eine Welt der schwarzen Seelen erlebte. Wenn du das ''In'' weglässt oder statt ''erlebte'' ''eintauchte'' schreibst, ergibt es mehr Sinn. 4 Absatz Eines Tages hat mich sie gefragt, sie mich gefragt Gleicher Absatz Meine "kleine Schwester" mochte eine Trilogie. Wollte statt mochte, fände ich passender, wenn sich dieser Satz darauf bezog, dass sie sich das gewünscht hat. 5 Absatz ''Die Ideen schienen in die Tat umgesetzt worden zu sein'' erscheint mir unlogisch, wenn die Ideen ja geschrieben wurden. Es sagt ja eigentlich mehr das Gegenteil beziehungsweise, das du es quasi nicht beweisen könntest. Zweitletzter Absatz Viele meiner Leser, die die Leseprobe der ersten drei Kapitel des ersten Bandes ''gelesen haben'', fragten sich, warum ... Das ''gelesen habe'' fehlt dazwischen. Zitat Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, dort steht ''dieser'' anstatt ''die er'' Ich hoffe, ich konnte etwas helfen. Bleib aufjedenfall dran. Ist nicht schlecht, dein Werk. Mehr anzeigen |
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Kapitel: | 29 | |
Sätze: | 2.450 | |
Wörter: | 26.699 | |
Zeichen: | 158.227 |