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Der Stalker

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13.11.24 11:29
12 Ab 12 Jahren
Fertiggestellt

Anna konnte sich nicht erinnern, wann genau es begonnen hatte. Zuerst war da nur ein flüchtiger Schatten, der ihr auf den Heimweg folgte, ein kaum merkliches Geräusch im Dunkeln, das ihr die Nackenhaare aufstellte. Sie hatte es auf die Herbststimmung geschoben, auf die langen Nächte und die windigen Straßen ihrer kleinen Stadt. Doch bald wurde ihr klar, dass es mehr war. Da war jemand – oder etwas – das sie verfolgte.

Es begann subtil: Ein fremdes, aber bekanntes Gefühl, beobachtet zu werden, wie ein kalter Hauch im Nacken. Zuerst bemerkte Anna es kaum, aber mit der Zeit wurde es drängender, intensiver. Sie spürte die Augen auf sich, bei jedem Schritt, den sie ging. Jemand kannte ihre Wege, ihre Routinen. An manchen Abenden fand sie Fußspuren vor ihrer Haustür im nassen Herbstlaub, und einmal entdeckte sie sogar einen kleinen Zettel, auf dem nur zwei Worte standen: „Ich sehe.“

Panische Nächte begannen, durchwacht und erfüllt von der Angst, der Stalker könnte mehr als nur ein Spiel spielen. Anna sprach mit Freunden darüber, doch sie hielten es für Einbildung oder den Einfluss von Horrorfilmen, die sie so gerne schaute. Niemand nahm sie ernst.

Eines Nachts, nach einer späten Schicht im Café, fühlte Anna wieder diesen Blick, diesmal stärker als je zuvor. Sie beschleunigte ihren Schritt, hörte jedoch, dass die Schritte hinter ihr das gleiche Tempo annahmen. Sie drehte sich um – da war niemand zu sehen. Der kalte Schauer, der ihren Rücken hinablief, ließ ihr Herz rasen. Sie begann zu laufen, das Herz schwer wie Blei.

Kaum hatte sie ihre Wohnung erreicht und die Tür verriegelt, begann ihr Handy zu vibrieren. Eine unbekannte Nummer. Zögernd nahm sie ab.

„Warum läufst du vor mir weg?“ Die Stimme war ein raues Flüstern, bedrohlich leise. Annas Hände zitterten, und sie konnte keinen Ton herausbringen.

„Ich dachte, wir hätten so viel gemeinsam, Anna,“ fuhr die Stimme fort, beinahe zärtlich. „Ich kenne dich so gut… du bist besonders.“

Sie schmiss das Handy auf den Boden und wich zurück, den Rücken an die Tür gepresst. „Lass mich in Ruhe!“ schrie sie, doch ihre eigene Stimme hallte hohl durch das Zimmer. Die Dunkelheit in ihrer Wohnung erschien ihr plötzlich dichter, schwerer, als ob sich etwas darin verbarg.

Dann fiel der Strom aus. Plötzlich war alles in Schwärze gehüllt. Sie tastete nach ihrem Handy, doch das Display blieb dunkel. Mit zitternden Händen kramte sie in ihrer Tasche nach der Taschenlampe, und als sie sie endlich fand, leuchtete sie den Raum aus – nur um eine Silhouette im Türrahmen zu sehen.

Der Stalker stand dort, nur einen Schritt entfernt, das Gesicht verborgen im Schatten. Langsam, fast wie in Zeitlupe, kam er auf sie zu. Anna versuchte zurückzuweichen, doch sie war bereits an der Wand. Ihr Herz raste, während sie versuchte, einen Ausweg zu finden, doch der Stalker sprach wieder.

„Du gehörst mir, Anna. Du warst es immer.“

Dann trat er ins Licht. Sein Gesicht war blass und vertraut. Sie erkannte ihn mit einem Mal. Es war… ihr Nachbar, der freundliche Mann, der immer so hilfsbereit gewesen war, der ihr immer Komplimente machte, wenn sie sich auf dem Flur begegneten.

„Warum…?“ flüsterte sie, kaum fähig zu sprechen.

„Weil ich dich liebe, Anna,“ sagte er mit einer beunruhigenden Sanftheit. „Du verstehst es nur noch nicht. Aber bald wirst du es.“

Und in dieser Nacht, allein in der Dunkelheit, erkannte Anna, dass ihre Angst vor dem Unbekannten nicht unberechtigt gewesen war. Der Stalker war real, und er war so nah, dass er schon seit Langem in ihr Leben gesickert war, ohne dass sie es bemerkt hatte.

Am nächsten Morgen fand man ihre Wohnung leer vor. Niemand hatte einen Kampf gehört, niemand hatte einen Schrei vernommen. Es blieb nur ein letzter Zettel auf ihrem Küchentisch, mit den gleichen Worten wie zuvor: „Ich sehe.“

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Autor

Genevieves Profilbild Genevieve

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Sätze: 48
Wörter: 666
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Kurzbeschreibung

Anna konnte sich nicht erinnern, wann genau es begonnen hatte. Zuerst war da nur ein flüchtiger Schatten, der ihr auf den Heimweg folgte, ein kaum merkliches Geräusch im Dunkeln, das ihr die Nackenhaare aufstellte. Sie hatte es auf die Herbststimmung geschoben, auf die langen Nächte und die windigen Straßen ihrer kleinen Stadt. Doch bald wurde ihr klar, dass es mehr war. Da war jemand – oder etwas – das sie verfolgte.

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