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Es war eigentlich nicht gerade eine der belebtesten Straßen und dennoch kam es dem Kommissar ungewohnt still vor. Vielleicht hatten die Kollegen das Entfernen der Schaulustigen ein wenig zu ernst genommen, dachte er sich. Der Brand war jetzt aber auch schon eine gute Stunde her, die zwei Leichen abtranzportiert und alle Sirenenbesetzen Fahrzeuge verschwunden.
„Hier kommt gerade jemand nach Hause.“ Die Frau mittleren Alter versuchte zitternd das Schloss am Süßigkeitenladen zu öffnen. „Hm, ganz schön nervös, die Gute.“ „Na ja, ihr Haus ist ja auch fast mit abgefackelt.“ „Entweder das oder sie weiß was.“ Mit letzterem schien er näher dran zu liegen. Die altmodisch gekleidete Dame schloss nämlich nicht auf, sondern ließ wieder vom Schloss ab, um irgendetwas zu suchen.
„Falscher Schlüssel, vielleicht.“ „Hm.“ „Also entweder das oder ihr ist, wie dir, der Autoschlüssel in die Dohle gefallen“, ahmte der Kollege ihn nach, der mit dem kompletten Arm, in dem nicht viel breiteren Schacht der besagten Dole verschwand.
„Da ist ne zweite Person.“ Der Dolen-Polizist kniff die Augen zusammen, als würde er etwas nur sehr verschwommen erkennen. „Der umklammert etwas … etwas Kleines. … Oh, okay es leuchtet, ist wohl ein Handy.“ Langsam tauchte er mit einem nassen Unterarm auf und drückte dem Ungeschickten das Fundstück in die Hand.
„Ich nehm die unbekannte Person, du die Dame.“ „Pass aber auf.“ „Hm.“ Während der eine direkt auf die Frau zuging, machte der andere einen Umweg, um der wirklich gut versteckten Person den Fluchtweg unbemerkt abzuschneiden.
„Guten Tag.“ Die Person reagierte nicht, war aber eindeutig im Kontakt mit Rauch gewesen. „Hallo. Die Polizei. Ich seh sie da unten.“ Die Person schien zu wissen, dass dieses Versteck unglaublich schlecht einzusehen war. Zumindest fühlte er oder sie sich immer noch nicht angesprochen.
„Versuchen sie es mal hier.“ Sein Kollege kam mit der Frau um die Ecke. „H … Henry! Du musst keine Angst haben. Hast du dich hier versteckt? Die Männer tun dir nichts. Sie machen ihre Arbeit.“ Der Polizist, der sie begleitete, gab seinem Kollegen ein Zeichen und dieser trat einige Schritte zurück. Dadurch verstand die Frau, wo sie suchen sollte. Beide Beamte zogen sich etwas weiter zurück, somit sie sich ungestört unterhalten konnten.
„Der Mann ist ‘‘Flame‘‘.“ Flame war ein Mann ohne Papiere, der vor zwölf Jahren verletzt auf einem brennenden Bauernhof gefunden wurde. „Du erinnerst dich, der Mann hatte Fesselspuren und Hämatome am ganzen Körper.“ Der Beamte nickte. Natürlich wusste er das. Es war sein aller erster Fall. Der Mann hatte im Bett gelegen und tagelang apathisch die Decke angestarrt. Bis heute wusste man nicht, was passiert war.
„Henry, das sind nette Leute“, beschwor die Frau, die es tatsächlich geschafft hatte ihn hervorzuholen. Flame hatte links einen angesenkten Ärmel, eventuell auch eine Verbrennung. Dazu war er am Zittern und schien nur Halt an seinem umklammerten Handy zu finden. Wobei ‘‘sein‘‘ war noch eine offene Frage. Es hatte eine pinkstichige, durchsichtige Schutzhülle mit der silbernen Aufschrift ‘‘Power Woman‘‘.
„Henry und wie weiter?“, war der Dolen-Polizist ein Fünkchen zu voreilig. „ICH nenn ihn Henry!“ Die Frau nahm eine Beschützer-Haltung ein. „Er hatte den Schokoriegel genommen und ich habe gesagt, dass sie nett sind!“ „Komm … kommen sie!“ Bestimmend griff sie nach seinem Arm, entfernte dann doch zuerst das Handy und steckte es in ihre Tasche. Es war anscheinend auch ihres.
„Komm!“ bat sie, gab ihm aber auch keine Option ihr nicht zu gehorchen. Die Beamten trotteten dem Abschleppverhalten hinterher. Nach ihnen betraten sie den Süßigkeitenladen und versanken in einer viel zu weichen Sitzecke.
„Zuerst seine Wunde! Dann kann geredet werden!“ Keine Einwände folgten, der Mann stand ohnehin unter Schock. Apathisch starrte er schon die ganze Zeit in die selbe Richtung und war komplett verkrampft.
Die Frau kam wieder, schaute die Beamten an, als ob sie herausfinden müsste, ob sie auch wirklich gehorsam waren. Zufriedengestellt widmete sie sich der Verletzung.
„Diesmal ist es nur eine leichte. Du musst besser auf dich aufpassen.“ „Diesmal?“, hakte ungeduldige der Polizist nach, der sich mehrfach über den nassen Ärmel gestrichen hatte. Ein feindseliger huschte auf ihn rüber. „Der Kollege möchte wissen, ob er mehre Zwischenfälle mit dem Feuer hatte.“ „Zwei“, fiel die Antwort zunächst kurz aus. Bevor sie weitersprach, holte sie sich einen Verband herbei.
„Ich nehm an, die Polizei hat es eingestellt. Jemand hat meinen Hof in Brandt gesteckt. Er hatte dort wohl sein Nachtlager. Jedenfalls hat es ihn ziemlich erwischt. Massive Verbrennungen und ein Trauma. Er spricht nicht. Zumindest gibt es keinen neurologischen Befund dafür. Seitdem lebt er hier bei mir über den Laden.“ Während sie sprach, zog sie dem Mann sein Oberteil über den Kopf. Dabei wurden seine ganzen Narben sichtbar. Auch eine, die der Fallvertraute Polizist als eine nicht von dem Brandt herrührende Verletzung erkannte. Da ihm selbst der Blinddarm entnommen wurde, wusste er wie die Narbe aussah.
„Sie nennen ihn also Henry wegen einer Süßigkeit?“ „Es war die erste, die er angenommen hat.“ Während diese Frage gestellt und beantwortet wurde, bat der andere Polizist per Handgestik darum, das Handy zu bekommen. Die Frau hatte es gerade zur Seite legen wollen, um besser sitzen zu können. Ohne Widerstand gab sie es rüber. Sofort ging er in die Anrufliste und entdeckte, dass der letzte Anruf knapp über zwei Stunden her war und an die Polizei ging.
„Sie wollten die Polizei rufen!“, wendete er sich an den Mann, der anscheinend ja doch sprechen wollte aber wieder nicht reagierte. „Warum haben sie die Polizei angerufen?“ „Schreien sie ihn nicht an! Er ist ein guter Mensch.“ „Haben sie gesehen, wer das Feuer gelegt hat?“ „Er wollte Hilfe holen!“ Sie sprang auf und wollte sich zwischen ihrem Schutzbefohlen und den Beamten setzen, das jedoch verhinderte der Dolen-Polizist, was eventuell mit seinem nassen, stinkenden Ärmel ein bisschen leichter war. Zumindest schaute sie angeekelt und wich zurück.
„War es die selbe Person, die sie festgehalten hat?“ Keine Regung. „Es war niemand, den sie kennen?“ Die Augen schossen kurz in seine Richtung. „Können sie ihn beschreiben?“, war er schon recht zuversichtlich aber es kam nichts.
„Können sie ihn identifizieren?!“, wurde er dann etwas harscher. Diesmal kam auch eine deutliche Reaktion. Flame beugte sich rasch zu dem Handy und ergatterte es sich. So richtig bedienen konnte er es aber nicht. „War es dieser komische Fitzefinger? Herr …“ Nun gelang es der Frau doch sich zwischen Stinkearm und Schützling zu setzen. „Hier rennt ein zwielichtiger Typ rum, der Grundstücke erwerben will. Unter Wert und er labert ein die Backe weg, der Kerl ist schlimmer als ein Zeckenbiss.“ Kurz vor Ende ihres Satzes überreichte Flame das Handy an sie. „So oft war er hier?“ Sie scrolle rauf und runter. „Und hier qualmt er auch noch.“ Der entferntere Polizist forderte per Handgestik das Gerät ein. Missbilligend klatschte sie es ihm in die Handfläche hinein.
Tatsächlich kam der selbe Mann beinahe jeden Tag und nur auf den zwei Bildern von heute hatte er eine Zigarette angesteckt und berührte die Tonne, die den Brand ausgelöst hatte. „Jetzt ist aber Schluss! Sie haben, was sie wollten und er geht in Behandlung.“ Noch während sie sprach, jagte sie Flame auf die Beine. Die Beamten ließen sie ziehen. Sie schienen den Täter für diesen Fall bereits zu haben.
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