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Sieben Städte (Sete Cedades)

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12.03.22 19:36
12 Ab 12 Jahren
Fertiggestellt

Autorennotiz

Die Kurzgeschichte beschreibt die sagenhafte Entstehung der Azoren. Es handelt sich dabei um eine alte Sage, deshalb gefällt mir das Genre Fantasy nicht. Vielleicht bin ich auch nur zu alt und behaupte deshalb, es handele sich um eine Sage.

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=die_sage_von_sete_cedades.pdf

Die Azoren sind eine Gruppe von Inseln vulkanischen Ursprungs in den Weiten des Atlantischen Ozeans, bestehend aus neun bewohnten und einigen kleineren, unbewohnten Inseln. Die Entstehung der Inselgruppe ist auf das Auseinanderdriften der Kontinentalplatten zurückzuführen. Auf der Nahtstelle der Kontinentalplatten, dem Mittelatlantischen Rücken, liegend, sind die Inseln die Gipfel von, aus den Tiefen des Atlantischen Ozeans, aufgestiegenen Vulkanen. Der Prozess der Kontinentaldrift geht weiter und so kommt es auf den Inseln immer wieder zu Vulkanausbrüchen und Erdbeben. Der Archipel, mit der Hauptstadt Ponta Delgada, ist eine autonome Region Portugals. Azoren, Portugiesisch Ilhas dos Açores, bedeutet in der Übersetzung Habichtsinseln. Das beweist, die Entdecker hatten keine Ahnung von Ornithologie. Habichte gab es nicht auf den Azoren, die Entdecker der Inseln sahen Bussarde.

Das ist eine kurze Beschreibung der Azoren, eine verkürzte Darstellung dessen, was ich bei Wikipedia gelesen habe. Die Bewohner der Azoren sind tief auf dem Archipel verwurzelte und über die Entstehung ihrer Heimat erzählen sie in einer Sage, die ich im Folgenden mit meinen eigenen Worten wiedergebe. Und wie es eben bei mündlicher Weitergabe von Sagen ist, jeder neue Erzähler fügt etwas hinzu, lässt etwas weg. Ich habe ausgiebig und mit großem Vergnügen hinzugefügt.

Es lebte einmal ein König in großer Traurigkeit, da seine Königin ihm keine Kinder geschenkt hatte. Sein Reich lag auf einer Insel inmitten der unermesslichen Weiten eines Ozeans. Die Insel war von enormer Größe und vor Feinden sicher geschützt, da sie fernab aller anderen Länder lag. Wenn der König sein Reich auf seinen häufigen Reisen durchquerte, brauchte er viele Tage, um von einem Ende des Reichs an das andere Ende zu gelangen. Unter dem Kummer ob seiner Kinderlosigkeit verhärtete sich das Herz des Königs mehr und mehr. Er regierte deshalb sein Volk mit äußerster Grausamkeit, obwohl er im Grunde ein guter, nachsichtiger Mensch war. Schließlich kam es so weit, dass sein Volk sich so vor sehr ihm fürchtete, dass sich die Menschen vor ihm zu verstecken versuchten, wo immer er auftauchte. Eines Abends jedoch, gerade als er sein Siegel unter eine Anzahl Todesurteile setzen wollte, erschien dem König ein Engel. Der Engel verkündete ihm die Geburt einer Tochter, wenn er sein Volk in Zukunft gerecht und mit Güte regieren würde. Aber die Prinzessin solle abwechselnd in sieben Städten des Reiches aufwachsen und dem König wäre, bis zum dreißigsten Geburtstag der Prinzessin, jeder Kontakt zu ihr verboten, um zu prüfen, ob er seine grausame Herrschaft auf Dauer aufgeben würde. Sollte der König vor Ablauf dieser Zeit, Kontakt zur Prinzessin aufzunehmen, so würde sein gesamtes Reich vernichtet und er selbst und die Seinen würden zu Tode kommen.

Die Botschaft des Engels erfreute den König ungemein, er überlegte nicht lange und versprach alle Bedingungen zu erfüllen. Nur neun Monate später gebar ihm die Königin eine Prinzessin. Der König regierte fortan mit großer Güte, ließ seinem Volk Gerechtigkeit widerfahren und er selbst wurde von seinem Volk für seine Weisheit gerühmt. So gingen die Jahre ins Land und die Sehnsucht des Vaters nach der Tochter wuchs von Jahr zu Jahr. Fast täglich fragte er die Königin nach dem Befinden der Prinzessin. Die berühmtesten Maler des Reiches beauftragte der König damit, Bilder der Prinzessin zu malen. Im Palast reservierte er einen ganzen Saal, in dem die Bilder aufgestellt wurden. Abends nach dem Nachtmahl schloss der König sich regelmäßig dort ein, um die Bilder der Prinzessin in Ruhe zu betrachten.

Als die dreißig Jahre fast vergangen waren, wurde die Sehnsucht des Königs so übergroß, dass er immer unruhiger wurde. Die Sehnsucht raubte ihm den Schlaf. Und wenn er nachts unruhig in seinem Bett lag oder schlaflos im Zimmer hin und her ging, kam in ihm Furcht auf. Der König fürchtete, obwohl kerngesund und stark wie ein Wal, zu sterben, bevor er die Tochter in die Arme schließen konnte. So grübelte und grübelte er und kam nach einiger Zeit zu der Überzeugung, da er sich bis zu diesem Tage an alle Auflagen und Bedingungen gehalten hatte, könne es kein Verstoß gegen die Abmachung mit dem Engel sein, eine so kurze Zeit vor dem dreißigsten Geburtstag seiner geliebten Tochter, diese aufzusuchen und sie in die Arme zu schließen.

Der König verkündete seine Entscheidung bei der nächsten Sitzung Thronrates. Die Mitglieder des Thronrates waren entsetzt, beugten sich aber dem Machtwort des Königs, das dieser nach langer und erregter Diskussion aussprach. Danach veranlasste der König schnellstmöglich, die erforderlichen Reisevorbereitungen, schlug alle Warnungen seiner engsten Berater in den Wind und machte sich auf die weite Reise. Anfangs verlief die Reise völlig normal und angenehm. Der König und seine Begleiter waren guter Dinge. Abends beim Lagerfeuer saß der König vor seinem Zelt und lauschte dem Gesang der Pferdeknechte. Wenn sich einer seiner Berater zu ihm gesellte, rief der König nach einem Diener und ließ diesen vom besten Wein auftragen. Als sich die Reisegesellschaft aber den sieben Städten näherte, wurde es von Stunde zu Stunde immer unheimlicher. Die Berge, durch deren liebliche Täler der Reiseweg führte, begannen tiefschwarzen Rauch auszustoßen, in solchen Mengen, dass sich der Himmel verfinsterte. Daraufhin flehten die Begleiter den König an, er möge umkehren, bevor es zu spät sei. Der König ließ sich jedoch nicht beirren. Er schimpfte seine Begleiter Hasenfüße und als der wichtigste seiner Berater den König vor der Weiterreise warnte, nannte er diesen einen senilen alten Mann, dessen Zeit abgelaufen sei. All seine Weisheit war dem König abhandengekommen und als einer der Berge feurige Lavabrocken zum Himmel hinauf schleuderte, kommentierte der König das mit einem irrwitzigen Lachen. Er reckte seine geballte Faust gen Himmel und rief zornig, „ihr Götter der Unterwelt, ich fürchte euch nicht. Ihr habt keine Macht über mich!“

Am nächsten Tag der Reise wurde die Reisegesellschaft bereits frühmorgens durch ein unheimliches Grollen geweckt, dass aus den Tiefen der Erde kam. Es folgten heftige Erdbeben und rings um das Lager bildeten sich tiefe Risse in der Erde, aus denen schwefeliger Dampf aufstieg. Wieder flehten die Begleiter den König an, umzukehren und die kurze Zeit bis zum dreißigsten Geburtstag der Prinzessin in Ruhe abzuwarten. Aber der König war uneinsichtig und drängte zum Aufbruch. Er war sich sicher, noch an diesem Tag seine Tochter zu Gesicht zu bekommen. Während das Nachtlager abgebrochen wurde, verstärkte sich die Finsternis, da der Rauch, den die Berge ausstießen, die Sonne noch mehr verdunkelte als am Vortag. Blitze zuckten über den Himmel und die Berge ringsum schleuderten glühende Lava und Gesteinsbrocken zum Himmel. Den Reisenden schauderte es und als das Beben der Erde sich weiter verstärkte, brach unter den Begleitern des Königs Panik aus. Sie weigerten sich weiter mitzuziehen. Als der König das sah, schimpfte er seine Begleiter Schwächlinge, drohte sie zu töten, wenn sie ihm nicht folgten. Versprach ihnen Reichtum und Ruhm, wenn sie weiter mit ihm zögen. Nichts jedoch konnte seine Mannen umstimmen.

Als er sah, dass nichts half, stürmte der König wutentbrannt alleine los. Bereit alles, was sich ihm entgegenstellte zu vernichten. So erreichte er gegen Mittag die Tore der Stadt, in deren Mauern der Palast der Prinzessin lag. Als der König laut fluchend durch das Stadttor eilte, steigerte sich das Beben der Erde, die mächtigen Festungsmauern der Stadt zeigten Risse und der höchste Turm der Stadt brach in sich zusammen. Der König blieb von all dem unbeeindruckt, seine alte Grausamkeit stellte sich ein. Er zog sein Schwert und hieb sich eine Gasse mitten durch die in Panik fliehenden Bürger der Stadt. Eine blutige Spur hinter sich lassend stürmte er immer weiter ins Innere der Stadt, in Richtung des Palastes.

So erreichte der König endlich das prächtige Portal des Palastes. Er hielt sich nicht erst mit Klopfen auf, sondern zertrümmerte voller Wut das Tor mit mehreren wuchtigen Schwerthieben. In eben dem Moment, als er durch das zerstörte Portal in den Palast eindrang, erschütterte eine gewaltige Explosion das gesamte Königreich, die Erde öffnete sich, riesige Flammen wurden gegen den Himmel geschleudert und die gesamte Insel versank unter einer riesigen, sich auftürmenden Flutwelle in den Tiefen des Ozeans. Das Letzte, das der König in seinem Leben sah, war das angstvoll verzerrte Gesicht der Prinzessin, kurz bevor beide von der Flutwelle fortgerissen wurden.

Nur die Gipfel der neun höchsten Berge ragen noch heute aus dem Ozean und bilden die Inselgruppe der Azoren. An dem Ort, an dem einst der Palast der Prinzessin stand, befindet sich heute die Caldeira von Sete Cedades, an den tiefsten Stellen der Caldeira haben sich im Laufe der Jahrtausende zwei Seen gebildet. Der eine See schillert grün, da dort die grünen Pantoffeln der Prinzessin versunken sind. Der andere See schimmert blau, da der blaue Hut, den die Prinzessin am Tage des Untergangs auf ihrem Kopf getragen hatte, dort in die Caldeira fiel und noch heute auf dem Grund des Sees liegt.

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BerndMooseckers Profilbild BerndMoosecker

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Kurzbeschreibung

Ich habe mit Begeisterung mehrmals die Azoren bereist. Dabei bin ich auf die sagenhaft Entstehungsgeschichte des Archipels gestoßen. Ich habe mit reichlich Fantasie dazu gedichtet.

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