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Ich muss diesen Essay mit einem Geständnis beginnen. Schon länger habe ich mit dem
Gedanken gespielt, mich zu dem äußerst umstrittenen Thema der Abtreibung
auseinanderzusetzen. Schließlich reizen mich bekanntlich die besonders
kontroversen Diskussionen. Mein Zögern lässt sich allerdings damit erklären,
dass mir in diesem Fall die Sache zunächst doch etwas zu heikel erschien. Bei
keinem anderen Thema kann man einem Menschen derart vor den Kopf stoßen, wie
bei diesem. Völlig unabhängig von der eigenen Position, der Widerstand wird in
jedem Fall heftig sein. Dies liegt daran, dass die Debatte um die Abtreibung
zwar mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauert werden kann, jedoch auf
einer vollkommen subjektiven Wertegrundlage basiert und wenn die Menschen sich
in ihren Werten angegriffen fühlen, nehmen sie jedes Argument zutiefst
persönlich und reagieren dementsprechend emotional. Außerdem muss ich zugeben,
dass ich selbst lange Zeit unentschlossen war, bezüglich meiner eigenen
Ansichten. Über die Medien habe ich jedoch zufällig von Ereignissen aus unserem
Nachbarland Polen erfahren und ich habe mich selbst dabei erwischt, wie ich
empört reagierte. Aus meiner Reaktion konnte ich für mich selbst Rückschlüsse
ziehen und somit endlich für mich herausfinden, welcher Position ich angehöre.
Dies hat mein Selbstvertrauen gestärkt, weshalb ich mich nun nach langem Warten
doch in der Lage sehe, über Abtreibung zu schreiben. So ist dieser Text
entstanden!
Zu Beginn sollte ich erwähnen, um welches Ereignis es sich handelte, welches mich dazu
bewegte, mich zu äußern. Mitten in der Corona-Krise scheint die polnische
Regierung keine sinnvolleren Aufgaben zu haben, als anzukündigen, dass man die
ohnehin schon strengen Abtreibungsgesetze, die zu den schärfsten der Welt gehören,
nochmal zusätzlich zu verschärfen. Dies hatte am 15.04.2020 Demonstrationen von Frauenbewegungen in Polen zur Folge, die zwar aufgrund der Eingeschränktheit durch das Corona-Virus, in
Maßen gehalten werden mussten und somit auch keinen größeren medialen Aufschrei
erzeugten, in ihrer Botschaft jedoch eindeutig waren: Das
Selbstbestimmungsrecht der Frau solle überwiegen, Abtreibung solle als Option
zur Verfügung stehen! Seit 1993 ist Abtreibung in Polen nur gestattet bis zur
zwölften Schwangerschaftswoche und dann auch nur für den Fall, dass der Fötus
schwere Schäden davon getragen hat oder das Leben der Mutter in Gefahr ist. Ein
Arzt, der die Abtreibung vornimmt, können dafür bis zu acht Jahren Gefängnis
drohen. Die aktuellen Überlegungen lauten, dass auch ein schwer geschädigter
Fötus nicht mehr als Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch dienen
sollte, sondern nur noch die Lebensgefahr der Mutter und für den Fall, dass
eine Straftat wie Vergewaltigung oder Inzest vorliegt.
Dass wir in Deutschland das letzte Mal im großen Stile über Abtreibung diskutiert haben,
liegt noch gar nicht so lange zurück. Im Jahr 2019 wurden Fälle von Ärzten und
Ärztinnen bekannt, die für ihren Abtreibungsdienst geworben haben, was gemäß
Paragraf 219a des Strafgesetzbuches illegal ist. Wenngleich auch heute noch von
Linken und Liberalen vehement gefordert wird, den Artikel gänzlich
abzuschaffen, so wurde er durch den Bundestag bislang nur entschärfend ergänzt.
Demnach dürfen Ärzte, Krankenhäuser und weitere Einrichtungen künftig angeben,
dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Für weitere Auskünfte müssen sie
allerdings auch auf offizielle Stellen verweisen.
Wenngleich es in der Geschichte der Bundesrepublik schon häufig zu Versuchen kam, den
berüchtigten Paragrafen 218 zu entfernen, welcher wörtlich folgendermaßen
lautet: „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, besteht dieser Artikel auch heute
noch. Immerhin konnte er jedoch im Laufe der Zeit gelockert werden. Unter
bestimmten Voraussetzungen ist Abtreibung in Deutschland legal. Der
Schwangerschaftsabbruch muss demgemäß vor der 13. Schwangerschaftswoche
durchgeführt werden. Gemäß der Beratungsregelung, hat sich die Betroffene drei
Tage vor dem Abbruch in einer staatlich anerkannten Stelle beraten zu lassen.
Ob sie die persönlichen Gründe für den Wunsch der Abtreibung liefert, bleibt
ihr überlassen. Des Weiteren zählen auch Kriminologische-sowie Medizinische
Indikationen zu den Ausnahmen, also, wenn die Betroffene Opfer einer
Vergewaltigung wurde oder das gesundheitliche Wohl der Schwangeren gefährdet
ist.
Überall gilt die 12. Schwangerschaftswoche als Grenze, in der eine Abtreibung allgemein als
moralisch noch zumutbar anerkannt wird. In dieser Woche vernetzen sich die
Nervenbahnen des Embryos, sodass er in der Lage ist, bewusst Schmerz
wahrzunehmen.
Der gesamten Problematik liegt häufig die Fragestellung zugrunde, wann menschliches Leben
beginnt. Für manche stellt erst die Geburt als solche den Startpunkt des Lebens
dar, für andere beginnt das Leben schon bei der Verschmelzung von Ei-und
Samenzelle. Ich persönlich schließe mich Letzterem an. Alles, was Potential
hat, zukünftig einmal mit einem eigenen Stoffwechsel zu leben, zählt, meines
Erachtens bereits als lebendig. Allerdings handelt es sich meiner Meinung nach
hierbei nur um eine Definition. Konkrete Handlungsvorschriften würde ich
niemals bloß aus einer trockenen Definition ableiten. Der Entwicklungsstand
eines Embryos ist für meine persönliche Bewertung zweitrangig. So lange er sich
nämlich noch im Bauch der Mutter befindet, ist er zwar ein lebender, aber noch
kein selbstständiger Mensch. Unter „selbstständig“ verstehe ich, dass er ohne
die Nährstoffzufuhr im Mutterleib überlebensfähig ist, sich also bereits auf
der Welt und nicht mehr im Bauch der Mutter befindet. Gemäß dieser Definition
von mir, ist ein behinderter Mensch sehr wohl selbstständig.
Ich halte es vor allem in diesem, auch für mich selbst sehr schwierig zu schreibenden Essay
für enorm wichtig, Begriffe und Formulierungen möglichst schnell klar zu
stellen, um Missverständnisse zu verhindern, sodass gar nicht erst der Verdacht
entsteht, ich würde eine Lebensweise oder Lebensform bewusst einer anderen
vorziehen. Dem ist nämlich nicht so! Zwischen einem behinderten und einem
gesunden Menschen besteht keinerlei Unterschied hinsichtlich Wert und Würde.
Lebensunwert in dem Sinne gibt es für mich nicht! Allerdings nehme ich sehr
wohl eine Differenzierung zwischen einem, gemäß der Definition,
„selbstständigen“ und „unselbstständigen“ Menschen vor, also einem bereits
Geborenen und einem Embryo. Diese Unterscheidung ist damit zu begründen, dass
der „unselbstständige“ Mensch von einer anderen Person abhängt. Nämlich der
Frau, die ihn austrägt. Dieser Umstand sollte einleuchtend genug sein und
keiner weiteren Erklärung bedürfen! Eine Debatte über Abtreibung zu führen,
ohne die „Mit-Betroffenen“ , also die Schwangeren selbst, miteinzubeziehen, ist
demgemäß nicht nur unsachlich, sondern auch vollkommen ungerecht. Hierbei
handelt es sich um eine intime Zweierbeziehung, die zwischen Mutter und
ungeborenem Kind. Da der Embryo sich seiner selbst nicht bewusst ist, kann er
logischerweise nicht in die Überlegungen miteinbezogen werden. Er verfügt nicht
über einen Willen. Vertreten wird er durch andere Menschen. Die Schwangere, als
ebenso davon betroffene, entscheidet jedoch für sich selbst, da sie über einen
Willen verfügt. Ein grundsätzliches Verbot von Abtreibung seitens staatlicher
Seite, halte ich somit für ungerechtfertigt und schlichtweg falsch, da die
Betroffenen gänzlich übergangen und somit fremdbestimmt werden. Von der
Tatsache, dass Abtreibungen in diesem Fall illegal und schlecht durchgeführt
würden, was die Gesundheit der Frauen erheblich schädigen kann, ganz zu
schweigen! Nicht umsonst haben Frauen im Laufe der Jahrzehnte immer auf ihr
Selbstbestimmungsrecht bestanden und auch aus rein rechtlicher Sicht haben sie
damit recht. In Deutschland existiert das Recht auf Selbstverwirklichung und
Selbstbestimmung! Mein Bauch gehört mir!
Problematisch ist jedoch, dass wir uns in einem rechtlichen Konflikt, einem regelrechten
Dilemma befinden. Auf der anderen Seite garantiert beispielsweise die
Unantastbarkeit der Menschenwürde, das Recht auf Leben, welches auch dem noch
ungeborenen Embryo im Mutterleib zukommt.
Natürlich bin ich mir darüber bewusst, dass das Recht auf Leben mit dem
Selbstbestimmungsrecht der Frau bei diesem Thema aneinandergerät. Ich bin nicht
der erste, der das festgestellt hat. Ich erachte es aus diesem Grund für
ermüdend, an dieser Stelle noch einmal alle altbekannten Argumente von beiden
Seiten zu wiederholen, die wir alle schon oft gehört haben. Ich möchte der
Diskussion eine eigene Note mitgeben und somit im Folgenden einen Weg bestreiten,
den viele Ethiker nicht wagen, einzuschlagen.
Ich zweifle nämlich das Recht auf Leben eines Embryos an! Warum? Ganz einfach, weil ihm,
wie bereits zuvor erwähnt, der Wille fehlt. In dieser Debatte ist für meinen
persönlichen Standpunkt der Wille einzig ausschlaggebend! Die Frau verfügt über
einen, sie ist sich ihrer Selbst und ihren Entscheidungen bewusst, sie kann
nachdenken, abwägen, sich bewusst für oder gegen etwas entscheiden. Der Embryo
ist intellektuell noch nicht reif genug, um ihm einen eigenen Willen
zuzusprechen. Woher wollen wir also wissen, dass er von seinem Recht auf Leben
Gebrauch machen möchte?
Als wir gezeugt und später geboren wurden, hat uns da jemals irgendeiner gefragt, ob
wir überhaupt auf dieser Welt leben wollen? Viele Menschen begehen Selbstmord
oder verfallen im Laufe ihres Lebens in existenzielle Krisen. Hätte man ihnen
zuvor berichtet, wie hart das Leben sein kann und was es womöglich für sie
persönlich noch alles bereit halten könnte, wie viele hätten dann im Vorfeld, hätten
sie die freie Wahl gehabt, das Nicht-Sein dem Sein vorgezogen? Wir befinden uns
hier selbstverständlich in einem Gedanken-Experiment. Die Überlegungen sind
hypothetisch. Wir haben eben nicht die Wahl. Es ändert jedoch nichts an der
grundsätzlichen Debatte! Der Mensch wird nun mal eben ins Leben, in die Welt
geworfen, ob er will oder nicht und muss dann nach eigenen Fähigkeiten zurecht
kommen oder eben nicht. Wer ist also so anmaßend, den Embryo das Recht des
Lebens, aufzunötigen? Vielleicht tun wir ihm ja einen Gefallen, wenn wir ihn
abtreiben. Vielleicht wird er in einer anderen Welt viel glücklicher als auf
dieser. Wer weiß?
Sicher, man kann dagegen argumentieren, dass ein Mensch später im Leben beispielsweise die
Möglichkeit hat, sein Leben aus freien Stücken durch den Freitod zu beenden,
ein willenloser Embryo aber diese Möglichkeit nicht hat, da er nicht gefragt
wurde, ob er abgetrieben oder geboren werden möchte. Vielleicht wäre der
abgetriebene Embryo ja gerne auf die Welt gekommen, vielleicht wäre er sogar
später ein Nobelpreisträger geworden. Die Antwort ist auch hier, wir wissen es
nicht, da wir uns auf hypothetischem Boden befinden. Wir können nicht wissen,
ob es für den ungeborenen Menschen besser wäre, geboren oder abgetrieben zu
werden. Fragen können wir ihn nicht. Während wir uns bei der Debatte um den
Embryo also in jedem Fall, gleichgültig in welche Richtung wir nun
argumentieren, stets auf sehr unsicherem Boden befinden, so ist bei der Debatte
um die Schwangere selbst das Gegenteil der Fall. Die Schwangere hat einen
klaren Willen! Sie hat sich für ihr eigenes Leben entschieden, ansonsten hätte
sie ja schon von der Möglichkeit des Selbstmordes Gebrauch gemacht. Bei ihr ist
es auch zu einer Schwangerschaft gekommen, die wohl ungewollt ist, was bei
mangelnder Aufklärung vor allem in den Entwicklungsländern immer wieder
natürlicherweise vorkommt. Der Wille, der ihr als „selbstständiger“ Mensch im
Gegensatz zum willenlosen „unselbstständigen“ Embryo zu eigen ist, ist klar
definiert und nicht hypothetisch. Er lautet: Nein, ich möchte das Kind, aus
welchen Gründen auch immer, nicht austragen. Ich muss mich dafür nicht
rechtfertigen und möchte den Embryo abtreiben.
In einer aufgeklärten und toleranten Zeit, die wir schließlich alle anstreben, gilt es,
den Willen des Menschen zu respektieren. Das Fassbare, das klar Formulierte,
also der Wunsch der Frau nach Abtreibung, sollte somit in jedem Fall höher
eingestuft werden, als das Unsichere, das Hypothetische, also das Recht des
Embryos auf Leben, von dem wir gar nicht wissen können, ob er davon überhaupt
Gebrauch machen möchte oder nicht.
Davon einmal ganz abgesehen ist es ohnehin fragwürdig, ob man einem Kind einen Gefallen tut,
wenn es in eine Familie hineingeboren wird, die es nicht gewollt hat und ihm
nicht die nötige Aufmerksamkeit und Liebe entgegenbringen kann, was
selbstverständlich negative Auswirkungen auf das gesamte weitere Leben des
Menschen haben wird.
Außerdem wird sich die Entscheidung der Abtreibung keine Frau der Welt leicht machen, da
einfach zu viel auch für sie selbst auf dem Spiel steht. Die Beziehung einer
Mutter zu ihrem Kind ist schließlich immer schon von Anfang an etwas ganz
besonderes und hierbei spielt der soziale und gesellschaftliche Hintergrund der
Frau nicht die geringste Rolle. Sie wird im Falle der Abtreibung auch mithilfe
der Beratung und ihrer eigenen moralischen Bedenken, eine reflektierte und wohl
überlegte Entscheidung getroffen haben, die es zu respektieren gilt, was auch
zukünftiger Reue entgegenwirkt. Die Frau selbst muss mit den körperlichen und
psychischen Folgen leben, niemand sonst. Darum sollte auch sie selbst
entscheiden dürfen und niemand anderes, da sie die „Mit-Betroffene“ ist!
Darüber hinaus, wird bei der Abtreibung menschliches Leben nicht für bestimmte Zwecke
instrumentalisiert, wie es beispielsweise der Verwendung embryonaler
Stammzellen der Fall ist, die in der Forschung benutzt werden könnten, um
eventuell Krankheiten zu heilen, wobei der Embryo jedoch getötet werden muss. Bei
einem gewöhnlichen Schwangerschaftsabbruch ist die freie Entscheidung der Frau
die einzig ausschlaggebende Intention, ein anderer Zweck liegt dem nicht
zugrunde. Bei der Stammzellenforschung wird allerdings im Sinne der Medizin
bewusst ein Mensch getötet, in der Hoffnung, dadurch eventuell mal andere
Menschen zu retten. Dieses Nützlichkeits-Abwägen, bei der ein Embryo bloß als
Mittel benutzt wird, um etwas anderes zu erreichen, halte ich moralisch für
wesentlich bedenklicher als eine Abtreibung, die völlig frei von Instrumentalisierung
des Embryos ist. Aber die Stammzellenforschung ist ein anderes Thema und würde
den Rahmen dieses Essays sprengen.
Polens Regierung erhält bei ihren Bestrebungen der Verschärfung der Abtreibungsgesetze
unter anderem Unterstützung der Kirche. Den Erzkonservativen wird man wohl
ohnehin niemals begreiflich machen können, dass ihnen die Entscheidung über
Schwangerschaften und Abbrüche nicht zusteht! Genauso wenig wie irgendeiner
Form staatlicher Autorität, denn die Grenzen staatlicher Eingriffe enden da, wo
der intimste und persönlichste Teil der Menschen erreicht wird. Die häufig aus diesen Kreisen stammende Argumentation, Abtreibung sei unmoralisch, da es nur Gott zustehe, über Leben
und Tod zu entscheiden, ist derart hirnrissig in mehrerlei Hinsicht, das es mir
beinahe körperliche Schmerzen zufügt.
Zum einen haben wir uns zuvor darauf geeinigt, dass wir von einem klar definierten Willen
und keinem hypothetischen Konstrukt ausgehen. Da die Existenz Gottes, von
seinem „angeblichen“ so häufig zitierten Willen ganz abgesehen, in letztere
Kategorie fällt, ist dieses Argument bereits widerlegt. Ich möchte jedoch noch
weiter gehen.
Angenommen es würde Gott geben. Würde es tatsächlich seinem Willen entsprechen, ganz
allein über Leben und Tod der Menschen zu entscheiden und den Menschen selbst
diese Entscheidung gar nicht erst zuzugestehen, warum hat er den Menschen dann
den Willen und die intellektuellen Fähigkeiten geschenkt, technische Methoden
der Abtreibung aber auch des Tötens (Waffen zum Beispiel) herzustellen und
zudem die Fähigkeit, darüber moralisch reflektiert nachzudenken? Ein
Widerspruch in sich, etwa nicht? Übrigens, der Ruf des Blasphemikers macht mir
nichts aus!
Meines Erachtens ist es absolut bedenklich, dass auch hierzulande der Religion und den
Kirchen noch eine derart hohe Bedeutung beigemessen ist. Ansonsten wären auch
wir hinsichtlich Themen wie Abtreibung schon weitaus fortschrittlicher und
toleranter im Denken. Leider ist auch die aktuelle Debatte in Polen nur ein
weiteres trauriges Beispiel dafür, die Säkularisierung noch nicht abgeschlossen
ist und die vollkommene Trennung von Staat und Kirche offenbar ebenfalls noch
nicht eingetreten ist. Dies sollte uns zu denken geben und uns in
Alarmbereitschaft versetzen!
Ein pragmatisches Argument, fernab moralischer und zwischenmenschlicher
Überlegungen zum Schluss: Abtreibung resultiert logischerweise in weniger
Geburten, was bedeutet, dass man auf die Art der Überbevölkerung auf der Welt,
ein Problem, welches unserem Planeten und natürlich auch unseren Gesellschaften
sehr zu schaffen macht, entgegenwirken kann. Das ist natürlich sehr zynisch,
doch wir alle wollen doch, dass sich Politik mehr am Pragmatismus orientiert!
Insgesamt gelange ich in Anbetracht all meiner Argumente und nach sorgfältiger Abwägung
zu dem Schluss, dass Abtreibung vollkommen legalisiert werden sollte, ohne auf
bestimmte Voraussetzungen zu achten und unabhängig vom Staat. So weit wird es
vermutlich niemals kommen und es wird wohl nicht lange dauern, bis wir die
nächste hitzige Debatte haben werden, die die beiden Lager noch weiter teilt.
Dennoch bin ich zuversichtlich, mit diesem Essay zumindest im kleinen Rahmen
einen wertvollen Beitrag zu dieser Diskussion geleistet zu haben, sodass wir
diese hoffentlich bald beiseite legen können, um uns anderen Problemen zu
widmen. Abtreibung sollte selbstverständlich sein. Abtreibung sollte
Menschenrecht, sollte Frauenrecht sein!
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