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Kapitel: | 24 | |
Sätze: | 1.586 | |
Wörter: | 20.529 | |
Zeichen: | 119.464 |
Collector
Was wäre, wenn sich Adrien nach dem Kampf verplappert hätte?
„Das Buch ist voll!“, stellte der Collector ebenso erstaunt wie wütend fest, als er panisch die Seiten umblätterte. Ausgerechnet jetzt wo Ladybug hilflos und ohne Waffe vor ihm hockte. Das durfte doch nicht wahr sein. In diesem kurzen Moment, in dem er durch seine eigenen Gedanken abgelenkt war, kickte ihm Ladybug das magische Buch aus der Hand. Es flog in hohem Bogen zum andern Ende des Zimmers, wo Cat Noir, der gerade von der Galerie heruntersprang, es auffing. Der Collector folgte ihm wutentbrannt, aber kaum, dass er ihn erreicht hatte, warf dieser das Buch zurück zu Ladybug. Mit einem lauten Ratsch, riss sie es in zwei Hälften. Prompt stieg zwischen den Seiten der Akuma auf und begann seine Flucht.
Schnell warf Ladybug den verwandelten Glücksbringer in die Luft, der dafür sorgte, dass der magische Marienkäferschwarm alles wieder so herrichtete, wie es vor dem Kampf war. Unter anderem erhielten die beiden Helden ihre schon sehnsüchtig vermissten Waffen zurück. Mit ihrem Jojo fing Ladybug den Akuma ein und entließ ihn als harmlosen weißen Schmetterling zurück in die Freiheit.
Kraftlos sank der Collector auf die Knie und die dunkle Aura begann sich von ihm zu lösen, bis Gabriel Agreste zum Vorschein kam. Währenddessen hielt Ladybug zufrieden ihre Faust in die Luft, um mit Cat Noir auf ihren Sieg einzuschlagen. Doch der Kater war seltsam abwesend und blickte starr zu dem noch nicht wieder ganz zu sich gekommenen Monsieur Agreste. Er eilte schließlich zu ihm hinüber, kniete sich neben ihn und musterte ihn intensiv. „Alles in Ordnung Papa?“
„Wie bitte?“, fragte Gabriel daraufhin verwirrt und griff sich an den Kopf. Scheinbar immer noch mit den Nachwirkungen der Verwandlung kämpfend.
„Alles in Ordnung, Monsieur?“, fragte Cat Noir daraufhin erneut in der Hoffnung, dass dieser noch zu benommen war, um registriert zu haben, was er in aller Hektik und Sorge dummerweise verraten hatte. Tatsächlich brauchte sein Vater noch einen Moment, bevor er aufblickte. „Cat Noir? Ladybug? Was ist passiert?“
„Hawk Moth hat sie akumatisiert, aber keine Sorge. Das ist jetzt vorbei“, antwortete Cat Noir ziemlich erleichtert und lächelte. Ein großer Stein fiel ihm vom Herzen. Seinem Vater ging es gut, er konnte nicht Hawk Moth sein und er hatte seinen Patzer überhört. Gabriel bedankte sich und fuhr dann panisch auf. „Adrien! Wo ist mein Sohn?“
„Er…er hat sich bestimmt versteckt“, begann Cat Noir hoffnungsvoll. „Cat Noir hat Recht“, ergänzte Ladybug. „Sonst würde ihr Sohn jetzt wieder vor ihnen stehen.“ Ihre Stimme klang seltsam, wenig überzeugt vom Inhalt des Gesagten, doch er schien es nicht zu merken. „Na gut, ich werde ihn suchen gehen.“ Gabriel wandte sich zur Tür und verließ den Raum.
Die beiden Helden blieben allein zurück und Cat Noir, der seinem Vater noch erleichtert lächelnd nachgesehen hatte, blickte sich nun zu Ladybug um. Er erstarrte, als er ihren Blick bemerkte mit dem sie ihn bedachte. Sie murmelte ungläubig ein einziges Wort. „Papa…?“ Dann riss sie erschrocken die Augen auf, als sie die Erkenntnis traf und sie stolperte ein paar Schritte zurück. „Du…du bist…“
Cat Noir seufzte. Er hatte sich so große Sorgen um seinen Vater gemacht, dass er einen Fehler begangen hatte. Erleichtert war er nur darüber, dass es eben nicht Gabriel gewesen war, der ihn gehört hatte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sich Ladybug sowieso schon lange offenbart, darum zuckte er nur mit den Schultern und nickte. „Ja, ich bin Adrien. Tut mir Leid Pünktchen. Ich meine, dass ich heute nicht ganz bei mir war. Aber ich hoffe du verstehst es jetzt. Als du meinen Vater verdächtigt hast Hawk Moth zu sein, da war ich ganz schön durch den Wind. Das einzig Gute an seiner Verwandlung heute ist dann wohl, dass er jetzt unmöglich Hawk Moth sein kann. Da bin ich schon froh drüber.“ Er war während er sprach immer näher auf sie zugegangen, doch sie war zurückgewichen. Erstaunt blieb er stehen. „Ok, ich geb ja zu, dass ich mir das auch anders vorgestellt habe. Aber ist es so schlimm, dass meine geheime Identität nun raus ist?“
In Ladybugs Kopf ging gerade alles drunter und drüber. Es fiel ihr unsagbar schwer zu realisieren, was sich gerade vor ihr eröffnet hatte. Vor wenigen Stunden noch hatte sie geglaubt, dass Adrien Hawk Moth sein könnte, dann sein Vater und nun das? Der ganze Tag war ein einziges Chaos. Das war einfach zu viel für sie. Zu allem Überfluss piepsten ihre Ohrringe schon wieder. Das wievielte Mal war das jetzt? Sie hatte vergessen mitzuzählen, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass es nicht mehr lange dauern würde. „Nein, das ist es ganz und gar nicht. Ich bin nur überrascht und ich hoffe sehr, du findest es auch nicht schlimm…“ In diesem Moment fiel ihre Maske.
Sie hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht unbedingt mit dem strahlenden Lächeln, dass Adrien ihr nun schenkte.
Party mit Folgen
Was wäre, wenn Plagg mal wieder Hunger gehabt hätte?
„Siehst du, ich hab doch gesagt Chloé kann nett sein“, sagte Adrien erfreut. Er beobachtete glücklich wie sie mit Kim tanzte. Den ganzen Abend über gab sie sich wirklich Mühe. Marinette, mit der er gerade tanzte, folgte seinem Blick und auch sie lächelte. Wahrscheinlich hätte sie nie damit gerechnet, dass so ein Verhalten bei der Tochter des Bürgermeisters möglich gewesen wäre.
Schnell huschte der Blick seiner Tanzpartnerin wieder zu ihm, doch ihr strahlendes Lächeln blieb erhalten. Auch er sah sie wieder an und strahlte vor Glück. Der Abend war einfach rundum schön. Seine beste Freundin seit Kindertagen veranstaltete eine Party mit der ganzen Klasse, es gab leckeres Essen und Getränke, Nino als DJ und er konnte Zeit mit seinen Freunden verbringen. Chloé als freundliche Gastgeberin setzte allem die Krone auf.
Er genoss den Tanz mit Marinette in vollen Zügen und widmete nun seine ganze Aufmerksamkeit ihr und der Musik. Da sein Vater auf Tanzunterricht bestanden hatte, fiel es ihm überhaupt nicht schwer Marinette gekonnt zu führen. Die klassische Tanzhaltung eignete sich hervorragend um seine Partnerin über den Boden schweben zu lassen. Der sonst so tollpatschigen Marinette, die dabei war in seinen Augen zu versinken, gelang es so Unfallfrei zu bleiben.
Unbemerkt von den beiden hatten sich Nino und Alya langsam in die Lücke neben ihnen manövriert und wohlwollend verfolgt, dass ihre beiden Freunde ebenfalls miteinander tanzten. Allerdings schien Alya noch eine Kleinigkeit zu stören. Mit einer anmutigen Pirouette löste sie sich für einige Sekunden von Nino und schwenkte immer noch dem Takt folgend zu ihnen herüber. Sie nahm mit einem vielsagenden Ausdruck auf dem Gesicht Marinettes rechte Hand aus der Verschränkung mit Adriens und platzierte sie auf dessen Schultern nahe des Nackens. Seine freigewordene linke Hand legte sie an Marinettes Taille. So schnell wie sie gekommen war, war sie auch schon wieder verschwunden, um ziemlich zufrieden mit sich zurück zu Nino zu tänzeln.
Ziemlich perplex starrten die beiden ihrer Freundin nach, dann sah Marinette verunsichert zu Adrien um zu sehen wie er auf die aufgezwungene enge Tanzstellung reagierte. Er grinste und zuckte kaum merklich die Schultern. Dann legte er seinen Kopf an ihre Wange. Einen Moment war sie überrascht und hätte sich am liebsten gekniffen um sich davon zu überzeugen, dass es kein Traum war. Sie beschloss, dass es vollkommen egal war. Selbst wenn es ein Traum war, dann konnte sie es doch genießen. Und so legte sie ihren Kopf an seine Brust und zog ihn dabei ein wenig Näher zu sich. So wiegten sie sich weiter gemächlich zu der romantischen Musik.
Es konnte kein Traum sein, denn dieses Gefühl vermochte sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorzustellen. Es war einfach wunderschön, obwohl ihr Herz womöglich jedem Presslufthammer Konkurrenz machen könnte.
Plötzlich drang neben der leicht gedämpften Musik und dem schwachen Herzschlag, den sie von Adrien vernahm, noch ein anderes Geräusch an ihr Ohr. Erst dachte sie, es wäre der Vibrationsalarm von Adriens Handy oder so etwas, aber dann klang es wie ein Magengrummeln. Wie bitte, ein Magengrummeln? Sie hatten doch vorhin erst gegessen und es war auch so ungewöhnlich leise. Vor allem aber kam es nicht von Adriens Bauch, sondern ganz nah an ihrem Ohr, das an seiner Brust lag.
Noch seltsamer aber wurde es, als eine leise Stimme vernahm, die vor sich hin zu murmeln schien: „Hunger…Käse…“ Sie blinzelte überrascht und versuchte noch mehr die Musik auszublenden um genau hin zu hören. „Camembert…“ Da war es schon wieder. Diese seltsame Stimme und danach… ein Schnarchen? Nun wurde ihr das ganze doch zu kurios und sie hob den Kopf. Unabsichtlich hatte sie auch aufgehört zu tanzen. Adrien blickte sie verwundert an, als sie ohne nachzudenken und ihrer Neugier folgend in die Brusttasche seines Hemdes griff. Zu überrascht um sie aufzuhalten, sah er wie sie das kleine schwarze Knäuel herauszog. Sie barg das schnarchende Etwas in ihrer Hand und starrte es fassungslos an. Kleine spitze Ohren, Pfoten und ein langer Schwanz die an eine Katze erinnerten. Auch wenn sie ihn vorher noch nie gesehen hatte, war ihr sofort klar, wer das war.
Prime Queen
Was wäre, wenn Marinette sich bei Alya dafür entschuldigt hätte, sie in Gefahr gebracht zu haben?
„Gut gemacht!“, sagten die beiden Helden gut gelaunt und schlugen die Fäuste aneinander. Hinter ihnen in der Kühlkammer hatte sich gerade die akumatisierte Nadja zurückverwandelt.
Ladybug war ziemlich unruhig. Machte sie sich doch Sorgen um ihre beste Freundin. „Ich muss dann mal Cat Noir, bis bald!“ Eilig lief sie durch das Treppenhaus auf das Dach des Gebäudes und schwang sich über die Dächer bis zum Nachbarhaus der Bäckerei ihrer Eltern. Sie konnte ja schlecht auf der Dachterrasse landen. Wie sollte sie das erklären? Einen Augenblick später löste sich auch schon ihre Verwandlung und als sie die Bäckerei erreichte, schnappte sie sich noch schnell ein paar Kekse, die sie Tikki im Gehen in die Tasche schmuggelte. Wie das leibhaftige schlechte Gewissen kam sie mit gesenktem Kopf die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. „Es tut mir sooo Leid Alya…“, schniefte Marinette schon fast und umschlang dann ihre beste Freundin, als wäre sie nicht nur eine Stunde weggewesen, sondern mehrere Wochen. Sie war so erleichtert, dass Alya nicht gefangen in einem Sarkophag in der Seine ertrunken ist. Das war viel zu knapp gewesen und zudem noch ihre Schuld. Sie hätte sie und Manon nie alleine lassen dürfen.
Alya war für einen Moment ziemlich überrascht, erwiderte dann aber die Umarmung. „Ist schon gut, das nächste Mal sagst du deinen Eltern einfach, dass du weg musst, oder so.“ Richtig verstand sie nicht, warum sich Marinette deswegen so fertig machte.
„Nein, dass du wieder Opfer eines Schurken geworden bist. Das ist alles meine schuld.“ Jetzt liefen Marinette sogar Tränen über die Wange und Alya erschrak über diesen Gefühlsausbruch.
„Hey, nimm dir das doch nicht so zu Herzen. Wenn du hier gewesen wärst, hätte es dich vielleicht auch erwischt. Und sieh mal: Ladybug und Cat Noir haben mich gerettet, wie sie uns alle immer retten werden. Das weiß ich doch! Darum habe ich auch keine Angst gehabt.“
„Ja…“, schniefte Marinette und ihr ging es durch die lieben Worte ihrer Freundin schon etwas besser. „Aber es war diesmal ziemlich knapp für Cat Noir und mich. Ich hatte solche Angst um dich.“
Mit einem großen Fragezeichen im Gesicht packte Alya ihre Freundin an den Schultern und schob sie auf Armlänge von sich weg. Sie musterte sie mit großen Augen, bevor es aus ihr heraussprudelte. „Wie bitte? DU bist Ladybug?“
Verdammt! Marinette hatte sich von ihren Gefühlen und ihrem schlechten Gewissen total einnehmen lassen und nicht aufgepasst, was sie da sagte. Wie sollte sie das nur wieder gerade biegen?
„Ladybug…“, murmelte Manon leise im Schlaf vor sich hin, „...gewinnt immer.“
Erschrocken wandten sich die beiden Mädchen zu der Kleinen um. Sie schlief friedlich auf dem Sofa. Anscheinend war sie durch den lauten Ruf gar nicht wach geworden. Lachend griff sich Alya an den Kopf. „Das war knapp was?“
Betreten wagte es Marinette nicht ihre Freundin anzusehen. Sie umklammerte ihren Körper mit den Armen und wusste nicht was sie nun tun oder sagen sollte.
„Hey hey, du machst dir jetzt aber keine Platte oder? Sieh mich an und hör zu!“, sagte sie im freundschaftlichen Befehlston. Dabei hob ihren rechten Zeigefinger in die Luft, die andere Hand stemmte sie in die Hüfte. Mit großen Augen blickte Marinette sie an und lauschte.
„Falls du es noch nicht mitbekommen hast. Ich bin wahrscheinlich Ladybugs größter Fan und deine beste Freundin! Das heißt im Umkehrschluss bin ich auch Ladybugs beste Freundin und dein größter Fan. Und würde somit um nichts in der Welt etwas tun, was du nicht willst oder Ladybug schaden könnte. Alles klar?!“
Befana
Was wäre, wenn Cat Noir Marinette einen Moment später zum Geburtstag gratuliert hätte?
„Du musst ja sehr beliebt sein, wenn alle dich beschützen wollen“, stellte Cat Noir fest, während er mit Marinette auf dem Arm über die Dächer von Paris sprang. Eigentlich überraschte es ihn ja gar nicht wirklich. Jeder in der Klasse mochte Marinette. Sie war freundlich, immer hilfsbereit und hatte für alle ein offenes Ohr. Aber es war wichtig den Schein zu wahren, dass er sie nicht kennen würde. Hauptsache erst einmal so schnell und weit weg von der geplatzten Geburtstagsfeier wie möglich war die Devise, damit er Gelegenheit hatte ein passendes und sicheres Versteck für Marinette zu finden. „Aber warum flippt deine Großmutter denn so aus?“
„Sie wollte mehr Zeit mit mir verbringen“, antwortete Marinette schuldbewusst. Sie wusste, dass sie an der Situation ganz und gar nicht unschuldig war. Umso mehr schmerzte es ihre geliebte Großmutter so zu sehen. Sie musste schnellstmöglich eine Gelegenheit bekommen sich zu verwandeln. Solange Cat Noir bei ihr war, war das allerdings unmöglich.
Auf einmal machte Cat Noir einen Satz und mit Hilfe seines Stabes katapultierte er sie beide auf die mittlere Plattform des Eiffelturms. Er wandte sich mit einem aufmunternden Lächeln an Marinette. „Keine Sorge, deine Großmutter wird wieder ganz die Alte.“ Danach schwang er sich auf das Geländer und war schon verschwunden.
„Dieser Kater…“, murmelte Marinette und grinste dabei. Dann öffnete sie ihre Umhängetasche und gab Tikki somit das Zeichen, dass es los gehen konnte. „ Tikki, verwandel mich!“ Rotes Licht umhüllte sie, erschuf Anzug und Maske und nach wenigen Augenblicken stand sie kampfbereit auf der Plattform. Sie wandte sich zu dem Geländer, von dem soeben Cat Noir gesprungen war, um ihm zu folgen. Doch es war nicht mehr leer. Als sie zu Tikki geschaut hatte, musste er zurückgekommen sein. Er starrte sie mit großen Augen an und stammelte den Satz, den er beinahe vergessen hätte Marinette zu sagen: „H-herzlichen G-glückwunsch…“
Der Schreck saß tief und Ladybug war wie erstarrt. War sie zu leichtfertig gewesen? Wie zum Geier sollte sie sich jetzt verhalten? Es fiel ihr einfach keine Lösung ein, wie sie da jetzt wieder herauskommen könnte und abstreiten hatte sich ja auch erledigt.
„Pünktchen?“, fragte er fassungslos, bevor er über die Brüstung kletterte und langsam auf sie zu ging. Er ergriff ihre Hand und hauchte ihr einen Kuss darauf, den sie zu deprimiert über diese Situation nicht abwehrte, aber auch nicht kommentierte. Dann aber sah sie ihm direkt ins Gesicht und wunderte sich über das breite Grinsen darauf. Kannten sie sich etwa aus ihrem wirklichen Leben? Im schnelldurchlauf tauchten Bilder von verschiedenen Jungen vor ihrem inneren Auge auf, die sie kannte, entweder persönlich oder vom sehen her. Doch nirgendwo machte es Klick. Was hatte das dann zu bedeuten?
„Ich hab mich schon immer gefragt, wann du Geburtstag hast“, verkündete er gut gelaunt und bevor sie auch nur etwas entgegnen konnte, fuhr er fort. „Und ob du es glaubst oder nicht, ich hab sogar ein Geschenk für dich. Hier! Du wurdest ja vorhin beim auspacken unterbrochen. Ich hoffe es gefällt dir.“ Er zwinkerte vielsagend. Eigentlich hatte er das kleine Kästchen mit dem blau-weißen Geschenkpapier aufgehoben, um es später Marinette noch einmal zu geben, wenn sie ihre Großmutter vom Akuma befreit hätten. Aber nun fand er, dass es keinen besseren Zeitpunkt geben konnte und überreichte Ladybug ihr Geschenk.
Riposte
Was wäre, wenn Adrien Marinettes Ausbruch gehört hätte?
„Du magst sie sehr oder?“, fragte das Mädchen im roten Fechtkostüm und lächelte wissend.
„Marinette? Ja natürlich. Sie ist eine sehr gute Freundin, wenn du sie erst richtig kennst, magst du sie sicher auch.“ Adrien grinste breit als er das sagte, dann überreichte er ihr den Degen. „Bitte, er gehört dir.“ Sie nahm ihn entgegen und verbeugte sich. „Ich freue mich schon darauf deine Freundin Marinette kennen zu lernen.“
Ein rotes Auto fuhr vor und Adrien erkannte es als jenes, dass seine Fechtpartnerin heute von der Schule abgeholt hatte. Also streckte er ihr seine Hand entgegen. „Ich bin Adrien und wie heißt du?“
„Kagami“, entgegnete sie und erwiderte den Händedruck. Noch an der Autotür rief sie ihm zu. „Ich freue mich schon auf unsere Revange.“
„Ich mich auch, Kagami.“ Kurz hingen seine Gedanken dem Mädchen nach, das sich gerade mit dem Auto entfernte. Sie war selbstbewusst und stark. Etwas unterkühlt und vielleicht ein klein wenig zu ehrgeizig für seinen Geschmack, aber sympathisch und ehrlich. Er konnte sich eine Freundschaft mit ihr sehr gut vorstellen und auch den nächsten Kampf konnte er kaum erwarten.
Währenddessen saß Marinette hinter einem Aufsteller des Louvre und war ziemlich geknickt. Sie hatte das Gespräch belauscht und war mal wieder deprimiert. Tikki versuchte tapfer sie aufzuheitern. „Wenigstens weißt du jetzt wie sehr Adrien eure Freundschaft schätzt.“
Das schien ziemlich wenig bis überhaupt nichts zu helfen. Sie war dabei sich da ziemlich rein zu steigern und ignorierte dabei konsequent ihre kleine Freundin und alles um sich herum. „Ja ich weiß. Toll…er mag mich, aber ich will nicht, dass er mich einfach nur mag, ich meine, schon… aber du weißt schon, ich will das er mich riiiiichtig mag.“
„Dann schlage ich vor, dass du etwas besser fechten lernst.“ Tikki kicherte und hoffte, dass Marinette die kleine Stichelei aufheitern würde. Doch es kam anders als beide gedacht hatten. Sie sah auf einmal wie hinter dem Schild, an dem Marinette lehnte, eine Gestalt auftauchte. Noch zu sehr in ihr Gespräch mit dem Mädchen vertieft, schaffte sie es nicht rechtzeitig sich zu verstecken. Dann erkannte sie, wer da aufgetaucht war und ihre Augen wurden groß.
Marinette merkte, dass Tikki abgelenkt war, drehte sich um und erstarrte. Adriens Blick war wie gebannt auf den kleinen roten Kwami gerichtet und es schien nicht, dass sich das so schnell ändern würde. Er war herüber gekommen, weil er laute Stimmen gehört hatte und nachsehen wollte, was da los war. Hier versteckt auf seine Klassenkameradin zu treffen überraschte ihn. War sie doch eigentlich in der Fechtschule zurückgeblieben. Aber das kleine Wesen da neben ihr, damit hatte er nicht gerechnet. Ausgerechnet Plagg mischte sich nun in diese scheinbar festgefahrene Szene ein. Er huschte aus seinem Versteck und bluffte Adrien mit einem breiten Grinsen an. „Ach, jetzt tu doch nicht so, als hättest du noch nie einen Kwami gesehen.“
Schockiert blickte Marinette von einem zum andern. Die Sprache hatte sie ganz offensichtlich verloren. Auch Adrien war zu überrumpelt um etwas zu sagen. Tikki betrachtete die Szene eine Weile, dann schlug sie etwas vor. „Vielleicht sollten wir die beiden lieber alleine lassen. Komm schon Plagg.“
„Was? Gerade jetzt wo es spannend wird? Sei nicht so eine Spielverderberin. Etwas Popcorn wäre cool, ich glaub das dauert länger.“
Plötzlich regte sich Marinette und schien aus ihrer Starre zu erwachen. „Dein Kwami ist aber ganz schön frech“, stellte sie etwas belustigt fest, nachdem sie diese Überraschung erst einmal kurz hatte sacken lassen. Tikki verschränkte kopfschüttelnd die Arme. „Das ist noch untertrieben.“
Adrien schien ebenfalls langsam aufzutauen und konnte ein Kichern einfach nicht unterdrücken. „Da muss ich ihr recht geben.“
„Hey!“, protestierte Plagg beleidigt. Daraufhin musste auch Marinette lachen. Beide entspannten sich langsam, je länger ihr Gehirn Zeit bekam, sich mit dieser Wendung zu befassen und nun lächelten sie sich an. Marinette etwas schüchtern, aber nicht unglücklich über diese Erkenntnis. Jetzt wurde ihr so einiges klar. Jedoch hätte sie nie damit gerechnet, dass ausgerechnet Adrien Cat Noir sein könnte. Adrien im Gegensatz dazu strahlte übers ganze Gesicht. „Wie sieht es aus My Lady, darf ich dich zu einem Spaziergang einladen?“ Ganz in Cat Noir Manier bot er ihr galant seinen Arm an. Marinette gluckste und deutete auf seine Brust. „Im Fechtkostüm?“
„Von mir aus auch im Schlafanzug, wenn dir das lieber wäre“, antwortete er großspurig. Daraufhin hakte sich Marinette lachend bei ihm unter.
Das Riesenbaby
Was wäre, wenn Adrien etwas schneller auf der Treppe gewesen wäre?
„Ahhh, ich will auch Lolli!“, krähte der kleine Junge laut über den ganzen Platz. Seine Mutter schnaufte angestrengt, als sie versuchte den sperrigen Buggy rückwärts die Treppen hinauf zu ziehen. „Nein August, Maman hat gesagt, dass du noch zu klein dafür bist.“ Trotzig verzog sich das Gesicht des Kleinkindes und er begann zu weinen.
Von ihrem Aussichtspunkt hatte Marinette nicht nur eine sehr gute Sicht auf Adrien bei seinem Fotoshooting, sondern auch auf die etwas überforderte Mutter. „Ich glaube die arme Frau braucht Hilfe“, rief sie Alya zu und stand bereits auf, um sich auf den Weg zu machen. Ihre Freundin hielt sie am Arm fest. „Wenn du da hin gehst, wird Adrien dich sehen.“ Inzwischen waren Mutter und Kind auf dem ersten Treppenabsatz angekommen und die junge Frau schaffte es ihren Sohn mit einem Fläschchen zu beruhigen. Das entspannte auch Marinette, so dass sie wieder neben Alya Stellung bezog. Doch der Frieden hielt nicht lange an. Als die Frau den Anstieg fortsetzte, fiel ihr das Handy aus der Handtasche. Nun ließ sich Marinette nicht mehr an ihrem Platz halten. Sie eilte der Frau zu Hilfe und ignorierte dabei Alya, die sie erneut aufhalten wollte. Zuerst reichte sie der erleichtert wirkenden Mutter das Handy zurück und packte dann den Buggy an den Rädern, um ihn gemeinsam mit ihr hinaufzutragen. Dafür erhielt sie ein freundliches: „Vielen lieben Dank“
Plötzlich hörte sie über ihr Headset ihre beste Freundin rufen. „Achtung! Butterblume geht los.“ Panisch zuckte Marinette zusammen und überlegte eine Sekunde was sie nun tun sollte. Doch die Vernunft siegte und sie ging entschlossen weiter die Treppen hinauf. Außerdem waren sie ja schon fast oben angekommen. Allerdings rechnete sie nicht damit, dass dem kleinen Jungen die Milchflasche aus der Hand fallen und die Treppen hinab rollen würde. Sofort begann das Kind wieder zu weinen und Marinette wollte gerade den Kinderwagen absetzen um sie zu holen, da tauchte Adrien am Treppenabsatz auf. Erst sah er überrascht aus seine Klassenkameradin zu sehen, dann winkte er ihr lächelnd und ging rasch die verbliebenen Stufen hinauf. Er hob die Flasche vom Boden und schloss dann zu ihnen auf. „Bitte, mein Kleiner“, sagte er freundlich und gab das Fläschchen zurück. Dann nahm er die Stelle der Frau ein und trug zusammen mit Marinette den Kinderwagen die restlichen Stufen hinauf.
„Das es noch solche netten jungen Leute gibt. Das ist so lieb von euch, danke!“ Die Frau wusste gar nicht, wie sie ihre Dankbarkeit ausdrücken sollte.
„Das ist doch selbstverständlich“, sagten daraufhin Marinette und Adrien beinahe Synchron. Sie schauten sich überrascht an, als sie das bemerkten und mussten beide kichern.
Mutter und Kind machten sich auf den Heimweg und Adrien, der dem kleinen August noch nachgewunken hatte, drehte sich zu Marinette um. „Also, was machst du denn hier?“
„Oh, ich? Also…“ Kurz war Marinette davor wieder in ihre alten Muster zu verfallen und mit dem Stottern zu beginnen, aber sie hatte sich für diesen Tag vorgenommen normal mit Adrien zu reden und so schwer konnte das ja nicht sein. „Ich wollte mir Inspiration suchen, für ein paar neue Entwürfe. Ich komme dafür gern hier her. Und du?“ Sie wusste natürlich wofür er hier war, aber sie versuchte so beiläufig und natürlich wie möglich zu klingen.
„Ein Fotoshooting…“, antwortete er nicht sehr begeistert. „Stundenlanges rumstehen und das in der prallen Sonne, das macht bei dem Wetter überhaupt keinen Spaß.“
Da musste Marinette lächeln. „Ich glaube, ich weiß da etwas das hilft. Hast du Lust auf ein Eis? Ich weiß, wo es das Beste in ganz Paris gibt.“ Ein bisschen war sie ja von sich selbst überrascht, aber andererseits fragte sie sich auch, warum sie sich bisher immer so schwer getan hatte. Es war überraschend einfach mit ihm normal zu reden. Und auf einmal fand sie den peinlich umständlichen Plan, den sie für heute mit ihren Freundinnen ausgeheckt hatte, einfach nur noch lächerlich.
„Das klingt super, da bin ich dabei.“ Kurz sah er sich suchend auf der Straße um.
„Was machst du da?“, fragte Marinette verwundert.
„Ich wollte nur sicher gehen, dass mein Bodyguard noch nicht da ist. Beeilen wir uns, dass wir hier weg kommen.“ Er grinste etwas spitzbübisch, packte dann ihre Hand und zog sie mit sich.
Einen Moment durchzuckte Marinette der Gedanke, dass er mit diesem schiefen Lächeln Cat Noir ziemlich ähnlich sah. Doch sie verwarf die Idee schnell wieder, bevor sie Adrien lachend daran erinnerte, dass er ja gar nicht wusste wo es lang ging.
Doch kein Superheld
Was wäre, wenn in dem Container etwas schief gelaufen wäre?
„Wie naiv ihr seid! Das war nur ein Hologramm.“ Dark Owl genoss seinen nahenden Triumph jetzt schon in vollen Zügen. „Und wie fühlt es sich an, wenn mal verliert und gedemütigt wird? Ich tu doch einem Kätzchen nichts an.“ Er beobachte über einen Fernsehbildschirm mit äußerster Genugtuung, wie die beiden Helden in dem Container festsaßen. „Aber die Falle in der ihr seid ist echt. Und während wir reden, füllt sie sich nach und nach mit Schlagsahne. Sie ist zu dickflüssig, um darin zu schwimmen und zu flüssig, um darauf zu treiben.“
„Ich hoffe sie ist wenigstens laktosefrei.“ Es war typisch, dass Cat Noir auch in so einer Situation wieder seine Witze reißen muss, dachte Ladybug.
„Ihr werdet ertrinken, langsam, aber sicher. Es sei denn, ihr übergebt mir eure Miraculous“, ergänzte Dark Owl seine Ansprache. Zeitgleich mit seinen Worten öffnete sich eine Klappe in dem Container, in welche die Schmuckstücke gelegt werden sollten.
Ladybug schaute sich hecktisch um. Irgendeine Lösung musste es geben. Es gab immer eine. Sie hielt immer noch den Füller in der Hand, in den sich ihr Glücksbringer verwandelt hatte. Außerdem zeigte ihr sechster Sinn ihr die Überwachungskamera, über die Dark Owl sie zweifelsohne beobachtete und auch Cat Noirs Ring. Da ging ihr ein Licht auf, so konnte es gehen. Sie entnahm dem Füller die Tintenpatrone und schwärzte damit die Linse der Kamera.
„Denkst du wirklich es würde etwas ändern, wenn ich dich nicht sehe, Ladybug? Es gibt keinen Ausweg, entweder ihr gebt mir jetzt eure Miraculous oder ich hole sie mir, wenn ihr ertrunken seid!“ Kurze Zeit hatte es Dark Owl aus der Fassung gebracht, aber sein Plan war perfekt. Es konnte nichts mehr schief gehen.
„Er hat recht…“, murmelte Cat Noir mit gesenktem Kopf. „Wir sind erledigt.“ Er sah einfach keinen Ausweg. Ganz anders als bei Ladybug. „Oh nein, noch lange nicht“, sagte sie entschlossen zu ihm, bevor sie deutlich lauter rief: „Du hast gewonnen Dark Owl.“
Danach ging sich durch die mittlerweile fast hüfthohe Schlagsahne zu Cat Noir und flüsterte ihm zu. „Wir schließen die Augen und sagen kein Wort.“
„Das dürfen wir nicht“, erwiderte der Kater mit leichter Panik in der Stimme. „Vertrau mir“, bat Ladybug ihn daraufhin und das tat er. Immer! Er sah noch kurz, wie sie die Augen schloss, dann tat er es ihr hastig nach.
„Zurückverwandeln“, hörte er sie sagen und sein Herz schlug heftig gegen seine Brust. Die Neugier war übermächtig, aber er riss sich zusammen und murmelte schließlich ebenfalls den Befehl, der seine Maske fallen ließ.
Plagg erschien und staunte nicht schlecht, als er die beiden Helden ohne Kampfanzug und Maske erblickte. Er war merklich überrascht. „Aber…“, begann er, doch Tikki brachte ihn mit einem „Psst!“ zum Schweigen. Das ließ der kleine Unruhestifter sich allerdings nicht gefallen. „Du kannst mich doch nicht einfach anzischen!“
„Halt die Klappe, Plagg!“ So aus der Haut fuhr Tikki selten, aber dieser schwarze Kwami schaffte es doch immer wieder sie auf die Palme zu bringen. Dieser unterdessen schaute fasziniert von einem zum andern und musste sich das Lachen verkneifen. Er schaffte es allerdings nicht und brach ich ein schallendes Gelächter aus.
„Hör auf Plagg, das ist nicht lustig!“, versuchte Tikki ihn davon abzubringen. Sie waren ganz und gar nicht in der Situation für dumme Witze und sie wusste ganz genau, dass ihre beiden Besitzer nicht reden durften. Sie war also die Einzige, die aktuell die Möglichkeit hatte diesen kleinen Plagegeist aufzuhalten.
„Wirklich? Also ich finde es sehr lustig. Du nicht Tikki?“ Er prustet und hielt sich den Bauch. Natürlich war Tikki klar, dass nur ein Wink helfen würde, dass Marinettes Problem mit Cat Noirs Avancen und ihre scheinbar unerwiderte Schwärmerei für Adrien vorbei wäre, aber sie konnten sich die Namen ihrer Besitzer nicht verraten. Sie sah bereits, dass den beiden Teenagern der Schweiß auf der Stirn stand. Sie brannten innerlich vor Neugierde, da war sie sich sicher. Wenn Plagg so weiter machte, war sie sich nicht sicher, ob das noch lange würde anhalten. Und ihnen lief die Zeit davon.
„Wenn ihr wüsstet!“, kicherte und giggelte Plagg weiter und da war es zu viel mit der Selbstbeherrschung, zumindest bei Tikki. Sie flog zu ihm hinüber und wollte ihm gerade einen Knoten in die Antennen machen. Plagg protestierte lautstark, aber das hielt sie nicht ab. Erst als sie spürte, dass sie beobachtete wurde, ließ sie von ihm ab. Beide Teenager hatten aus Sorge um die beiden Kwamis die Augen geöffnet und starrten erst die beiden an, bevor sie sich langsam einander zuwandten.
„Siehst du…“, kicherte Plagg schon wieder bestens gelaunt, „…Problem gelöst.“
Der Glaciator
Was wäre, wenn Marinette auf der Terrasse eingeknickt wäre?
„Einen Moment noch.“ Marinette saß gespannt auf dem Boden und wartete geduldig. „Gut, jetzt kannst du die Augen öffnen“, hörte sie Cat Noir sagen und tat wie ihr geheißen. Der Anblick, der sich ihr bot war einfach überwältigend. Warmer Kerzenschein erleuchtete die kleine Dachterrasse. Sie standen auf dem Boden gesäumt von roten Blütenblättern oder auf der Brüstung, die ebenfalls mit Blumen geschmückt waren. Kleine Laternen spendeten zusätzliches Licht direkt neben kuscheligen Kissen. Ein kleiner Picknickkorb stand bereit.
„Wow, Cat Noir…das ist…das ist unglaublich schön!“ Sie konnte sich gar nicht sattsehen. Er hatte diesen tristen und dunklen Ort zu etwas ganz besonderem gemacht. Sie strahlte über das ganze Gesicht und schaute sich jedes Detail genau an. Doch dann hielt sie inne, denn Cat Noir stand über das Geländer gebeugt und sie bekam ein furchtbar schlechtes Gewissen. „Es tut mir wirklich leid.“ Sie sah betreten zu Boden. Nie und nimmer hätte sie sich so eine Überraschung vorstellen können. Noch schlimmer, sie hatte Cat Noir völlig falsch eingeschätzt. Der draufgängerische Sprücheklopfer, der er sonst war, stellte sich heute als überragender Romantiker heraus. Zu alledem noch als sehr sensibel.
„Wieso?“, sagte er betrübt und ließ den Kopf noch etwas tiefer hängen. „Du kannst nichts dafür.“
„Nein…ja…ich meine…“ Die Worte stolperten so ungeschickt aus ihr heraus, wie sonst nur bei Adrien. Sie wusste einfach nicht was sie zu ihm sagen sollte. „Ich meine, es tut mir wirklich leid für dich. Immerhin hast du das alles vorbereitet und dann…“, sie musste schlucken und kurz tief durchatmen. „…ist sie nicht gekommen.“ Kurz dachte sie an ihre eigenen Probleme zurück, wie sehr es sie verletzt hatte, dass Adrien mal wieder nicht mit ihr und ihren Freunden unterwegs sein konnte. Seltsamerweise verblasste das im Gegensatz dazu, wie schlecht sie sich jetzt fühlte, als sie sah, was Cat Noir sich für eine Mühe und was für Hoffnungen er sich gemacht hatte.
„Sie war nicht sicher ob sie es schafft, aber ich hab es so gehofft. Ich wollte wirklich, dass sie kommt.“
Diese wenigen Worte bohrten sich tief in ihr Herz und es tat ihr in der Seele weh ihn so zu sehen. Vielleicht konnte sie ihn ein wenig aufheitern, wenn sie ihm eine mögliche Ausrede präsentierte? „Vielleicht gab es einen wichtigen Grund, warum sie nicht kommen konnte. Vielleicht ein Problem oder irgend sowas?“
Doch er durchschaute den jämmerlichen Versuch sofort und seine Laune hatte sich kein bisschen verbessert. „Das sagst du doch jetzt nur, um mich zu trösten.“ Er seufzte tief und blickte frustriert und enttäuscht in die Nacht. War das eine Träne die da in seinem Augenwinkel glitzerte? Marinette erschrak, denn der Anblick berührte sie auf einer Ebene, die vorher nie Platz für Cat Noir geboten hatte. Dieser war sonst immer nur für Adrien reserviert gewesen und würde es auch bleiben. Aber sie ertrug es einfach nicht mehr ihn so zu sehen. Sie fand, dass er es verdient hatte den Grund zu erfahren, warum sie heute Abend nicht aufgetaucht war. Auch wenn es ihr schwer fiel.
„Ja du hast recht. Das hab ich eben nicht sehr erfolgreich versucht. Aber vielleicht kann dich das trösten. Nicht nur du hast Liebeskummer, Ladybug auch. Sie, also…“, einen Moment noch rang sie mit sich, aber dann stand ihr Entschluss fest. „…ich konnte heute Abend nicht kommen, weil ich mit Freunden verabredet war.“ Langsam wandte Cat Noir ihr sein Gesicht zu. Die Augen geweitet, der Mund leicht offen stehend. Aber er sagte kein Wort, denn sie sprach einfach weiter. Es tat gut es sich von der Seele zu reden und zwar nicht so pampig wie bei André heute, sondern mit Gefühl und bei jemandem, der sie verstehen würde, da er selbst in der gleichen Situation war.
„Eigentlich hatte der Junge…für den ich schon lange etwas empfinde zugesagt, aber als wir uns trafen, sagte sein Kumpel er könne doch nicht kommen. Ich war so unendlich enttäuscht, ich hatte mich schon so lange auf diesen Abend gefreut, aber leider ist das häufig so. Er hat einen sehr strengen Vater und ziemlich viele Termine. Darum sag ich es dir noch einmal. Es tut mir so sehr leid, dass kannst du dir nicht vorstellen. Ich hab nicht erwartet, dass es dir so Ernst ist. Ich hoffe einfach, dass du mir verzeihen kannst, denn ich bin wirklich in diesen Jungen verliebt und möchte deshalb nicht, dass du denkst ich spiele mit deinen Gefühlen.“ Sie machte eine Pause. Das Reden hatte ihr gut getan, war Balsam für ihre Seele und sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. Jetzt wo sie fertig war mit sprechen und sich nicht mehr so sehr darauf konzentrieren musste, was sie da sagte, blickte sie Cat Noir wieder direkt an. Sein Gesichtsausdruck hatte sich sehr stark verändert. Er lächelte, nein er strahlte regelrecht und plötzlich begann er zu glucksen und zu kichern.
Marinette kam sich ziemlich veralbert vor und verzog verärgert das Gesicht. Sie hatte ihm ihr Herz ausgeschüttet und er machte sich darüber lustig? Sie war drauf und dran ihn ihre aufsteigende Wut spüren zu lassen, da hob er die Hand. „Okay, einen Moment bitte, aber ich glaube ich habe gerade die Lösung für unser beider Probleme gefunden.“
Mit hochgezogener Augenbraue und verschränkten Armen stand Marinette da und fixierte ihn skeptisch. „Da bin ich aber mal gespannt, wie du das anstellen willst.“
„Ganz einfach. Plagg, verwandel mich zurück!“
Außer Rand und Band
Was wäre, wenn die Diskussion mit Alya aus dem Ruder gelaufen wäre?
„Wo waren wir gerade?“, fragte Alya nachdem sie ihre jüngeren Zwillingsschwestern erneut zu Bett gebracht hatte.
„Wir wollten uns einen Film ansehen“, antwortete Marinette schnell und zog die zur Auswahl stehenden DVDs hervor, um ihre Freundin von dem Thema Ladybug abzubringen. Sie hatte mal wieder eine Theorie in den Raum geworfen, die Marinette nicht weiter mit ihr diskutieren wollte. Dummerweise war die erste DVD ein Ladybugfilm und prompt war Alya wieder auf Kurs. „Oh ja, Ladybug. Wir können rausfinden, wer sie wirklich ist. Wir müssen nur ein Mädchen in unserem Alter finden, das immer zu spät kommt…“ Marinette seufzte und unterbracht Alya energisch. „Sie will ihre Identität geheim halten, dafür gibt es sicher einen Grund. Ladybug schützt damit ihre Freunde und ihre Familie. Die Superschurken benutzen sie sonst vielleicht noch.“
Aber Alya ließ sich weder von dem Thema noch ihrer Meinung abbringen. „Wenn ich wüsste wer Ladybug wirklich ist, würde ich es niemandem verraten. Ich könnte ihr sogar helfen. Nehmen wir an du wärst Ladybug, dann würde ich dir helfen, indem ich dich decke, wenn du dich in der Schule verwandeln und Fieslinge bekämpfen musst.“
„Ach ja?“, erwiderte Marinette, die das Thema langsam ziemlich satt hatte. „Also, wenn ich Ladybug wäre, würde ich es dir nicht sagen, um dich vor den Fieslingen zu beschützen.“
„Echt jetzt? Wenn ich Ladybug wäre, würde ich es dir sagen, denn ich erzähle meiner besten Freundin alles!“ Dieser überhebliche Tonfall trieb Marinette auf die Palme. Ja Alya war ihre beste Freundin und sie hatte sie sehr lieb, aber von dem Thema hatte sie einfach keine Ahnung. Wahrscheinlich weil sie einfach nicht in der Situation steckte. Aber sie wusste wie es sich anfühlte, wenn man Angst um Familie und Freunde haben musste und wie sehr es einen unter Druck setzte, wenn ausgerechnet eine von ihnen in Gefahr durch einen Superschurken geriet oder gar selbst akumatisiert wurde.
Sie verschränkte die Arme und langsam ziemlich genervt gab sie deshalb etwas pampiger als beabsichtigt zurück: „Ja echt jetzt! Ich erzähle meiner besten Freundin auch alles! Alles bis auf das, weil ich sie beschützen will!“ Kurz triumphierte sie innerlich, weil Alya darauf nichts mehr erwiderte und die Hoffnung in ihr aufkeimte, dass sie nun endlich mit dem Film anfangen würden und den Abend genießen konnten. Doch dann sah sie die aufgerissenen Augen ihrer Freundin, das leuchten darin und das breite Grinsen auf ihrem Gesicht. Dann streckte Alya eine Faust in die Luft um kurz darauf den Arm wieder ruckartig anzuwinkeln. „Hab ichs doch gewusst!!“
Oh Gott, dachte Marinette panisch. Hatte sie das jetzt wirklich laut gesagt? „Äh, nein also ich meinte eigentlich…“ Alyas erhobener Zeigefinger direkt vor ihrer Nase unterbrach sie.
„Nein, nein, nein“, sagte sie energisch. „Ich hab genau gehört was du gesagt hast. Und mal ehrlich, ich hatte schon eine Weile den Verdacht, dass du es sein könntest. Weißt du, dass ich eine Liste führe, wen ich mit Ladybug schon Seite an Seite gesehen habe? Und weißt du wer nicht drauf steht?“ Alya tippte ihrer Freundin an die Nase. „Und was ist schon dabei, dass ich es jetzt weiß? Ich kann sehr gut auf mich aufpassen und überhaupt woher soll Hawk Moth wissen, dass ich es weiß?“
Marinette seufzte schwer. Es musste ja eines Tages so kommen. Einerseits machte sie sie ziemlich Sorgen, andererseits war es auch eine Erleichterung ihre Freundin nicht mehr anlügen zu müssen.
Gorizilla
Was wäre, wenn Marinette sich hätte von Adriens Sicherheit überzeugen wollen?
Der riesige Gorilla gab ein markerschütterndes Brüllen von sich, als der Boden unter ihm nach gab. Cat Noirs Kataklysmus hatte mal wieder ganze Arbeit geleistet. Es dauerte nur wenige Sekunden bis das Ungetüm bis zur Brust im Beton steckte und seine Füße bis in die Metrostation unterhalb der Straße baumelten.
„Hier ist Cat Noir mit einer Expresslieferung. Ich hab hier ein behaartes Ungeheuer für dich, My Lady.“ Gut gelaunt teilte er via Stabtelefon Ladybug mit, dass ihr Plan bisher super funktionierte.
„Ich wusste ich kann mich auf dich verlassen“, antwortete Ladybug erleichtert, denn langsam lief ihr die Zeit davon. Sie würde sich bald zurück verwandeln. Allerdings für eine Frage würde sie sich immer Zeit nehmen. „Wo ist Adrien?“
„In Sicherheit“, versprach ihr der Kater und sie atmete beruhigt einmal durch. Sie legte auf und wandte sich an den Gorilla, dem es nicht möglich war, sich selbst zu befreien. „Es tut mir leid, aber ich muss deine Taschen durchsuchen.“ Damit meinte sie den Rest einer zerrissenen Hose, die der Monsteraffe trug. Das war das einzige Kleidungsstück an ihm. Auch sonst hatte sie keinerlei Gegenstände entdecken können und so schlussfolgerte sie, dass sich der Akuma in einer der Taschen befinden musste. „Da bist du ja.“ Schnell wurde sie fündig und befreite den violetten Schmetterling aus seinem Versteck. Jetzt hieß es Tempo machen und ihn schnell reinigen, bevor ihre Zeit um war. Während der Marienkäferschwarm den Schaden beseitige, rannte sie die Treppe hinauf, um wieder an der Oberfläche angekommen mit dem wartenden Cat Noir die Fäuste an einander zu schlagen. „Gut gemacht!“, riefen beide daraufhin synchron.
Kurz beobachteten sie wie sich Adriens Bodyguard wieder zurückverwandelte, doch dann entdeckte sie Adrien, der immer noch den Motoradhelm trug, den sie im Kino als Tarnung benutz hatten. Sie wollte zu ihm gehen, um nachzusehen, ob es ihm gut ging. Doch schnell stellte sich ihr Cat Noir in den Weg. „Ihm ist nichts passiert, siehst du? Ich an deiner Stelle, würde jetzt lieber verschwinden, es sei denn es stört dich nicht, deine geheime Identität preiszugeben.“
Sie rang eine Sekunde mit sich, dann standen ihre Prioritäten allerdings auch schon fest und sie huschte an Cat Noir vorbei um den vermeidlichen Adrien zu verfolgen. Sie holte ihn in einer schmalen Seitengasse ein. „Adrien, ist alles in Ordnung mit dir?“
Der Junge vor ihr wandte sich um und nickte nur heftig zur Antwort auf ihre Frage, deutete dann stumm ein Winken an und wollte schon weiter gehen, als Ladybug ihn aufhielt. „Geht es dir wirklich gut? Du sagst ja gar nichts?“ Jetzt war sie ernsthaft besorgt. So kannte sie ihn gar nicht. Und weder gegenüber Marinette noch Ladybug war er je so kurz angebunden.
„Das ist bestimmt nur der Schock.“ Cat Noir war zu ihnen gestoßen und wirkte leicht nervös. Jetzt war Ladybug wirklich stutzig geworden. „Ich kenne ihn, so ist er sonst nicht. Vielleicht sollten wir ihn doch lieber zum Arzt bringen?“
Der Junge mit dem Helm schüttelte den Kopf und winkte ab. „Siehst du, es ist alles in Ordnung! Und wirklich My Lady, du solltest gehen!“ Cat Noir versuchte wirklich sein bestes und langsam wurde er immer nervöser. Entweder würde sie sich jeden Moment zurück verwandeln oder den Braten tatsächlich riechen. Beides fände er eher suboptimal.
Als wäre das Piepen ihrer Ohrringe ihr völlig egal, ging sie rasch einen Schritt auf den angeblichen Adrien zu und zog ihm flugs den Helm vom Kopf. Das Pappgesicht fiel zu Boden und der Brünette Junge, der Adrien gedoubelt hatte, lächelte peinlich berührt und huschte dann um die nächste Häuserecke.
Ladybug riss panisch die Augen auf und wollte sich gerade hilfesuchend an Cat Noir wenden, als ihre Sturheit ihren Tribut forderte und sie sich zurückverwandelte. Augenblicklich sackten ihre Schultern herunter und resigniert senkte sie den Kopf. „Das hab ich nun davon“, murmelte sie betreten und wusste dann nicht mehr, was sie sagen sollte.
„Du bist es?“, fragte Cat Noir ungläubig und ergänzte dann schnell. „Wahnsinn! Das hätte ich nicht erwartet.“
„Ja, ich weiß schon. Ich bin nicht der Typ Superheld.“ Marinette fühlte sich wirklich schlecht. Sie hatte es übertrieben mit ihrer Sorge um Adrien und den Preis dafür bezahlt. Ihr war von vorherein klar, dass der Kater enttäuscht sein würde.
„Nein, das meine ich nicht“, nun begann er zu grinsen. In diesem Augenblick verwandelte auch er sich zurück. „Ich wusste schon immer, dass wir ein gutes Team sind. Und ich fand den Tag mit dir heute wirklich toll. Und damit meine ich den ganzen Tag!“
Erstaunt sah Marinette auf und eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen. Sie verfiel schon wieder in den Zustand, der sie immer überkam, wenn sie Adrien gegenüberstand. Aber warum eigentlich? Wenn der draufgängerische und selbstbewusste Kater mit dem sie immer reden und scherzen konnte wirklich in ihrem Schwarm Adrien steckte, dann sollte sie jetzt eigentlich kein Problem haben. Sie atmete tief durch und sah ihn mit einem zarten Lächeln an. „Und der Tag muss noch nicht vorbei sein. Ich glaube, ich hab da was für dich.“ Sie nahm seine Hand und zog ihn mit sich.
Mit großen Augen sah Adrien auf den Bildschirm und stieß ein überraschtes „Oh“ aus. Marinette stand vom DVD-Player auf und setzte sich neben Adrien auf die Couch. „Ich wusste, ich habe den Titel schon mal irgendwo gelesen. Meine Mutter hat ein Faible für alte Filme.“
Adrien sah sie mit unendlicher Dankbarkeit an und streckte dann einen Arm aus. Etwas schüchtern aber glücklich, rutschte Marinette näher an ihn heran und er legte seinen Arm um sie.
Captain Hardrock
Was wäre, wenn Marinette hätte erklären müssen, wie sie Ladybug gerufen hat?
„Hallo Leute, hallo Madame!“, winkend kam Adrien unter den begeisterten Rufen seiner Freunde über den Steg des Schiffes und betrat das Deck. Er näherte sich gerade der Gruppe, hörte dabei Marinettes Warnung zu spät und stolperte über einen Instrumentenkasten. Sofort eilte Nino herbei und half ihm auf. „Adrien, ist alles ok Kumpel?“
„Ja, alles ok“, antwortete er. Es war ihm zum Glück nichts passiert. Verwundert schaute er, über was er da gestolpert war. Es handelte sich dabei um eine Aufbewahrungskiste für Keyboards. Er schaute neugierig hinein und war sofort begeistert. „Ein Original ZX 20.4, ich liebe den Klang des Instruments.“
„Ach dieses alte Ding“, sagte Madame Couffaine, „Darauf kann keiner spielen.“
„Doch ich schon“, gab er zu und dann hörte er hinter sich eine ihm unbekannte Stimme. „Super.“ Er drehte sich um. Dort stand ein Junge und bot ihm seine Hand an um ihm aufzuhelfen. Er war groß und mit längerem dunklem Haar in das blaue Strähnen gefärbt waren. „Willkommen in der Band.“ Adrien war überrascht, freute sich aber, dass er anscheinend heute nicht nur zusehen durfte, sondern auch noch mitspielen konnte. „Danke, äh…“
„Luka“, stellte sich der Junge ihm vor.
„Danke, Luka.“ Adrien lächelte ihn an. Er war ihm auf Anhieb sympathisch und er freute sich sehr auf den Abend.
„Spielt der Kompass verrückt?“, fragte Alya ihre Freundin flüsternd hinter vorgehaltener Hand, um sie etwas zu necken. Sie hatten die Szene beobachtet und ihr war nicht entgangen, dass Marinette nur Augen für die beiden Jungen hatte. Energisch winkte diese aber ab. „Wo denkst du hin…“
Alya lachte. Sie wusste was los war. Luka schien sich für sie zu interessieren und das machte sie nervös. Obwohl sie ihn zu mögen schien. Sie würde die Sache weiter beobachten. Dann fiel ihr etwas ein. Diesmal in normaler Lautstärke stellte sie noch eine Frage, die sie seit ihrer Gefangenschaft unter Deck des Schiffes beschäftigte. „Sag mal Marinette, wie hast du es eigentlich geschafft Ladybug zu alarmieren?“ Lauernd wie eine Löwin auf der Jagd beobachtete sie genau die Reaktion ihrer Freundin. Da mischte sich auch Luka mit in das Gespräch, der die Frage gehört hatte. „Ja genau, wie bist du vom Schiff runter gekommen?“
Marinette gab einen erstickten Laut von sich, riss sich aber sofort wieder zusammen. Sie wusste, dass Alya neugierig war, aber diese Frage traf sie vollkommen unvorbereitet. Und dann war da auch noch Luka, der sie erwartungsvoll musterte. Ganz ruhig und durchatmen, sagte sie sich. „Wisst ihr, dass musste ich eigentlich gar nicht. Sie wusste schon, dass wieder jemand akumatisiert war…ja genau.“ Gut gerettet, lobte sie sich selbst und hofft damit aus dem Schneider zu sein, aber da hatte sie die Rechnung ohne ihre beste Freundin gemacht.
Alya hatte skeptisch eine Augenbraue hochgezogen. Luka kam ihr allerdings zu vor. „Das versteh ich nicht. Ladybug sagte doch, dass du sie gerufen hast.“
Oh nein. Marinette hatte vollkommen vergessen, dass sie ja das zu ihm gesagt hat. Wie konnte sie nur so dämlich sein.
„Weißt du etwa wer sie ist? Oder hat sie dir ihre Telefonnummer gegeben? Ich schwöre, ich sterbe vor Neid, wenn sie das getan hat!“ Alya rückte immer näher an sie, während Marinette versuchte mit etwas Abstand von ihr einen klareren Kopf zu bekommen, aber das war schier aussichtslos. „Nein, also… weiß ich nicht…und hab ich auch nicht… das war ganz anders. Also…äh… Ich hab sie nur zufällig am Ufer gesehen und ihr gewunken… Genau, das muss sie gemeint haben mit gerufen. Ja und dann hab ich mich wieder in Lukas Zimmer versteckt.“ Innerlich atmete sie erleichtert aus und ein riesiges Gebirge fiel ihr vom Herzen. Zum Glück war ihr das gerade noch rechtzeitig eingefallen. Damit sollte sie sich eigentlich zufrieden geben.
Doch dann stellte Nino eine Frage, der während der Diskussion näher gekommen war und mitgehört hatte. „Und was war das für ein seltsames rotes Licht, dass ich durch das Bullauge in der Tür zu seinem Zimmer gesehen habe?“
Adrien, der gerade dabei war das Keyboard auf einem Ständer zu platzieren, war nicht umhingekommen mit zu hören, was seine Freunde da diskutierten. Bei der Frage seines Kumpels, fiel ihm vor Schreck beinahe das Instrument aus der Hand. Er konnte es gerade noch auffangen, stieß aber mit dem Fuß gegen den Ständer, der umfiel und sowohl den Jungen als auch das Keyboard unter sich begrub. Der Schmerz, der ihn durchströmte, war schnell vergessen, angesichts der Erkenntnis, welche sich gerade in seinem Kopf breit machte und ihn breit grinsen ließ.
Zombiezou
Was wäre, wenn… Küsschen, Küsschen?
„Ist hier jemand?“, fragte Ladybug hoffnungsvoll, während sie durch die Tür der Umkleideräume spähte. Vorsichtig sah sie sich um, konnte aber niemanden entdecken. Das war ungewöhnlich, denn bisher war jedes Zimmer das sie durchsucht hatte voll gewesen von Küsschenbesessenen Zombies. Sie betrat dennoch den Raum, nur um sicher zu gehen. Das Jojo ließ sie vorsichtshalber Kreisen, um es schnell als Schutzschuld benutzen zu können.
„Ladybug!“, ertönte es plötzlich hinter ihr und eine Person näherte sich schnell. Reflexartig packte sie einen der zu ihr ausgestreckten Arme, ohne sich den Angreifer genauer anzusehen, und beförderte ihn mit einem gekonnten Schulterwurf in einen offenen Spind. Dort lag nun Chloé kopfüber, mit wild in der Luft strampelnden Beinen.
„Upps“, entfuhr es Ladybug erschrocken, als sie feststellte, dass die Tochter des Bürgermeisters wohl noch nicht verwandelt worden war. Sie half ihr auf. „Entschuldige, ein Reflex.“ Danach erklangen erneut erleichterte Rufe und noch mehr Klassenkameraden kamen herbeigeeilt. Alya umarmte sie glücklich und auch Nino konnte sie entdecken. Rose, Juleka, Alix, Max und Kim kamen einer nach dem andern aus ihren Verstecken. Die meisten hatten sich in den Spinden in Sicherheit gebracht. Ladybug war erleichtert, dass ihre Freunde wohl auf waren. Nur ein Gesicht konnte sie nicht entdecken. „Geht es euch allen gut?“, fragte sie in der Hoffnung vielleicht etwas über ihn zu erfahren.
„Sieht so aus“, stellte Alya fest und lächelte sie an. Nino hingegen merkte an, dass Adrien womöglich noch in seinem Spind sein könnte. Sofort machte sie sich die größten Sorgen und rannte zu besagtem Schließfach. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Sie bedeutete ihren Freunden etwas Abstand zu halten. „Nur zur Sicherheit“, murmelte sie als Erklärung. Mit zittriger Hand öffnete sie die blecherne Tür und fand tatsächlich Adrien vor. Er stand still wie eine Statue, den Kopf gesenkt. Plötzlich zu aller Überraschung nuschelte er in demselben monotonen Sing Sang wie alle anderen: „Küsschen, Küsschen…“ und schaute sie aus verklärten Augen an.
Oh nein, dachte sie, ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätig. Es hatte ihn erwischt. Doch der Schreck lähmte sie, machte sie unfähig sich zu rühren. Ihre Freunde, die sie selbst beiseite geschickt hatte, standen zu weit weg um ihr zu helfen. So hielt Adrien niemand auf, als sich seine Hand nach Ladybug ausstreckte und er Anstalten machte einen Schritt vorwärts zu gehen.
Eigentlich hatte er nicht gedacht, dass er so weit würde gehen müssen. Es war schließlich nur gespielt, damit die anderen Abstand hielten und er sich ungestört verwandeln konnte. Warum lief sie denn nicht einfach weg oder schlug ihm die Tür vor der Nase zu? Da musste er wohl oder übel noch einen drauf setzen. Er wollte wirklich nur so tun, als stürzte er sich auf sie, doch er blieb mit dem Schuh an der unteren Kante des Spindes hängen. Dabei verlor er das Gleichgewicht, das ihn seine wild rudernden Arme auch nicht wiederbeschaffen konnten und sein erneutes „Küsschen, Küsschen…“, konnte er nicht ganz zu Ende murmeln, da er Ladybug mit sich zu Boden riss und seine Lippen die ihren versiegelten.
Die Meerjungfrau
Was wäre, wenn Cat Noir nicht mehr hätte warten können?
„Glücksbringer!“, rief Ladybug und warf ihr Jojo in die Luft. Als es wieder herunterkam, fing sie einen kleinen metallenen Topf mit dem typischen Marienkäfermuster auf.
„Hm tja, damit könnten wir Wasser schöpfen. Es würde nur ziemlich lange dauern“, kommentierte Cat Noir, den wenig hilfreichen Gegenstand. Immerhin war die ganze Stadt von der Meerjungfrau unter Wasser gesetzt worden.
„Oh“, entfuhr es Ladybug. Sie hatte nun doch erkannt, was das zu bedeuten hatte. Ihr Glücksbringer gab ihr erneut den Hinweis, dass sie Meister Fus Hilfe benötigte. „Ich bin gleich zurück.“ Sie wollte schon lossprinten, um schnell zu ihm zu kommen, doch Cat Noir packte sie am Handgelenk. „Warte, wo willst du hin?“
Ladybug sah ihn schuldbewusst an, während sie nach den richtigen Worten rang. „Ich kann…“, begann sie nicht sehr erfolgversprechend.
„Du kannst es nicht sagen. Schon klar“, beendete Cat Noir resigniert ihren Satz. „Aber wir sind ein Team oder? Ich hab die vielen Geheimnisse satt.“ Beleidigt wandte er sich von ihr ab. Er war wütend darüber, dass sie anscheinend etwas zu wissen schien, was er nicht erfahren sollte. Und warum das alles? Hatte er kein Recht darauf? War er nicht vertrauenswürdig?
„Es tut mir leid. Glaub mir für mich ist das auch nicht gerade einfach“, sagte Ladybug betrübt, bevor sie sich über die Dächer davon machte.
Deprimiert sah Cat Noir ihr nach, dann fasste er einen Entschluss. Was auch immer da vor ging, er war auch ein Miraculousträger genau wie Ladybug. Wenn sie es ihm nicht verriet, dann würde er es eben selbst herausfinden. Er packte seinen Stab und schwang sich in die Luft. Natürlich immer in gebührendem Abstand zu seiner Lady.
Nach wenigen Minuten erreichte sie anscheinend ihr Ziel. „Verwandel mich zurück“, hörte Cat Noir Ladybug sagen und überrascht versteckte er sich hinter einer Mauer auf einem der Dächer. Damit hatte er nicht gerechnet. Er wollte doch nur herausfinden, wo sie hin wollte. Ihre geheime Identität wollte er dabei eigentlich nicht erfahren. Natürlich wollte er das schon, aber eigentlich nicht auf diese Art. Als er noch mit sich haderte was er nun tun sollte, hörte er wieder ihre Stimme. „Meister Fu? Meister?“ Wer zum Teufel sollte das denn sein? Und warum nannte sie ihn Meister?
Dann antwortete eine männliche Stimme. Sie klang schon etwas älter, aber seltsamerweise war sie ihm vertraut. Er wusste nur nicht woher er sie kannte. „Ich bin hier.“
„Unter Wasser können wir die Meerjungfrau nicht besiegen.“
„Ich weiß, aber leider habe ich noch nicht die richtige Mischung gefunden die euch helfen könnte. Es tut mir leid Marinette.“
Wie bitte? Cat Noir glaubte sich verhört zu haben. Hatte er gerade Marinette gesagt? Konnte das womöglich sogar die Marinette sein, die er kannte? Jetzt hielt ihn nichts mehr an seinem Platz. Er machte mit Hilfe seines Stabes einen großen Satz und landete auf einem flachen Hausdach, eingerahmt von einer niedrigen Mauer. Dort sah es aus wie in einem Chemielabor. Auf Holzkisten standen Gefäße mit unterschiedlichstem Inhalt und ein Topf in dem etwas zu köcheln schien. Doch das merkwürdigste von allem, war ein kleiner alter Mann im rot-weißen Hawaiihemd, den er wiedererkannte. Er hatte ihm an seinem ersten Schultag nach einem Sturz aufgeholfen. Über dessen Schulter schwebte ein grüner Kwami. Und ihm direkt gegenüber stand tatsächlich seine Freundin Marinette, ebenfalls mit einem Kwami in ihrer Nähe. Er schaute perplex von einem zum andern und wusste einfach nicht, was er dazu sagen sollte.
„Cat Noir?“, sagte der Mann überrascht. Dann mischte sich Marinette ein: „Du solltest doch auf mich warten!“ Sie schaute teils enttäuscht, teils ertappt drein. Sie konnte es ihm ja nicht wirklich verdenken. Wenn sie selber in der Situation gewesen wäre, wäre sie wahrscheinlich auch vor Neugier gestorben, aber nun hatte er durch seine Ungeduld ihre Identität herausgefunden, was sie ziemlich ärgerte. Mit verschränkten Armen wartete sie auf seine Antwort.
„Schon gut Marinette, es war sowieso schon längst überfällig.“ Meister Fu versuchte sie zu besänftigen, aber so einfach war das nicht. Sie verstand nicht ganz, warum er ihr nicht vertraut hatte.
Nun fühlte sich Cat Noir ziemlich schuldig. Er hatte eine Hand verlegen in den Nacken gelegt und versuchte die Wogen zu glätten. „Das wollte ich nicht, Marinette ehrlich. Ich wollte nur wissen, wo du hingehst. Jetzt komme ich mir so dumm vor.“ Er ertrug es einfach nicht, dass seine Lady sauer auf ihn war. Er hätte zwar nie damit gerechnet, dass es sich dabei um seine Freundin Marinette handeln könnte, war aber alles andere als unglücklich damit. Ganz im Gegenteil, er mochte sie mehr als alle anderen Mädchen die er kannte. Bisher nur getoppt von Ladybug, aber das hatte sich ja nun ganz von selbst geklärt. Er fand, dass es nur fair war, wenn er nun einen Ausgleich schaffen würde. „Lass es mich wenigstens ein bisschen wieder gut machen.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, löste er die Verwandlung auf. „Kannst du mir bitte verzeihen?“
Wie erstarrt stand Marinette vor ihm, die Augen groß, den Mund leicht geöffnet. „D-Du?“, stotterte sie perplex. „Wie…warum? Also…“
„Weil ich euch ausgesucht habe“, erklärte plötzlich Meister Fu in einem ruhigen Ton und einem Lächeln auf den Lippen. Er ging auf die beiden zu und legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter. „Als ich Hawk Moths Aktivitäten spürte und mich selbst nicht mehr in der Lage sah ihn aufzuhalten, beschloss ich neue Miraculous in Umlauf zu bringen. Aber ich musste sorgsam wählen! Sie sind zu mächtig, als das sie in die falschen Hände geraten durften. Ich habe Tests durchgeführt und ihr beide habt sie bestanden. Ihr seid euch beide sehr ähnlich: Ehrlich, aufrichtig, mutig und selbstbewusst. Und zwischen euch hat fast sofort die Chemie gestimmt. Das waren gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche und gute Partnerschaft. Ich bin stolz auf euch. Ich weiß, dass ihr bisher eure Identitäten nicht kanntet, ich hoffe das beeinträchtigt euch jetzt nicht. Wir müssen einen Weg finden eure neuen Kräfte freizusetzen, damit ihr diesen Kampf gewinnen könnt.“
„Wir schaffen das!“, sagte Marinette in kämpferischem Ton, die durch seine Worte ihre Fassung zurück und wieder das Ziel vor Augen hatte.
Adrien ergriff ihre Hände und reckte abenteuerlustig das Kinn vor. „Genau, und zwar gemeinsam!“
Der Videodreh
Was wäre, wenn Chloé das Casting nicht unterbrochen hätte?
„Marinette wird begeistert sein, wenn sie die Fotos sieht.“ Umringt von den anderen Mädels konnte Alya es sich nicht verkneifen und knipste was das Zeug hielt Bilder von Marinette und Adrien, die auf der Bühne für Clara Nightingales neues Video probten. „Sie sehen wirklich total wie Ladybug und Cat Noir aus“, stellte Rose begeistert fest und die anderen nickten zustimmend.
„Und zu guter Letzt, setzt die Masken auf.“ Clara drehte noch eine Pirouette und zwinkerte den beiden Teenagern im Heldenkostüm begeistert zu.
Sich immer noch an der Hand haltend, um das synchrone Tanzen besser hinzubekommen, stotterten beide parallel los. „Die war nirgendwo, ich hab überall gesucht, aber vergeblich…“, versuchte Adrien sich herauszureden. Zur selben Zeit redete Marinette sich um Kopf und Kragen und erschwerte somit, dass man überhaupt verstand, was die beiden sagen wollten. „Naja ich, da lag nur das Kostüm, ich hab keine Ahnung wo die Maske ist…“ Zur Unterhaltung aller Anwesenden schlossen beide ihre Verteidigung im Chor ab mit den Worten: „Ich hab sie nicht gefunden.“ Clara musste am lautesten Lachen und etwas verlegen lachten die beiden mit ihr.
„Jetzt wirken sie plötzlich überhaupt nicht mehr wie Ladybug und Cat Noir.“ Belustigt hatte Alya ihr Handy immer noch auf ihre Freunde gerichtet, um ja nichts zu verpassen. Die anderen Mädels mussten auch über das Schauspiel kichern.
Doch plötzlich ertönte ein Ruf durch die Halle. Ein Mitarbeiter des Filmteams, der den Kopf aus der Umkleidekabine steckte, schrie laut: „Alles in Ordnung, ich hab sie gefunden.“ Und nur wenige Augenblicke später überreichte Clara den beiden immer nervöser werdenden Jugendlichen die vermissten Masken. Zögerlich nahmen sie sie entgegen und dachten in dem Moment höchstwahrscheinlich exakt dasselbe: Was war das hier nur für eine verdammt beschissene Idee gewesen?
„Na los, setzt die Masken auf. Wir haben noch eine ganze Menge singen und tanzen vor uns“, rief Clara mit ihrer überschwänglichen Art und tänzelte bereits aufgeregt auf der Bühne herum.
Betreten sahen sowohl Marinette als auch Adrien auf die Masken in ihrer Hand herab, beide mit den gleichen Befürchtungen und den gleichen panischen Gedanken. Während Adrien seinen Vater bezüglich dieser auferlegten Verpflichtung innerlich verfluchte, überlegte Marinette wie sie am besten einen Ohnmachtsanfall vortäuschen konnte. Die anfeuernden Rufe ihrer Freundinnen am Rand machte die Sache weder besser noch einfacher.
Adrien sah seine einzige Hoffnung darin, sich mit Maske absolut unfähig anzustellen, um wenigstens im Verhalten von seinem Heldenich abzuweichen, wenn er es mit der Optik schon nicht vermochte. Schweren Herzens und mit Knien wie Wackelpudding setzte er sich die schwarze Maske auf. Marinette die das bemerkt hatte, hielt eine Sekunde inne sich die ihre zum Gesicht zu führen und sah ihn an. Auch wenn sie vor Alya immer vehement abgestritten hatte, dass eine Ähnlichkeit zwischen dem schwarzen Kater und Adrien besteht, konnte sie es nun so direkt vor Augen nicht mehr von der Hand weisen. Womit sie jedoch nicht rechnete, war Alya die ohne zu fragen auf die Bühne huschte und sich zu Adrien stellte. „Ein Moment, da fehlt noch was.“ Mit konzentriertem Gesichtsausdruck zerwühlte sie sein blondes Haar, um es dann systematisch Strähne für Strähne zu recht zu zupfen.
„Fertig!“, verkündete sie stolz nach ein paar Minuten und betrachtete ihr Werk. Clara die ihr neugierig zugesehen hatte, anstatt sie aufzuhalten war hell auf begeistert. „Wahnsinn, so sieht es noch viel besser aus!“
Die Zuschauer wurden zunehmends unruhiger, da die beiden Frauen die Sicht auf Adrien verdeckten. Als sie jedoch beiseitetraten und nun auch Marinette nicht mehr nur den Hinterkopf ihrer Freundin zu sehen bekam, verschlug es nicht nur ihr die Sprache, sondern auch der ganze Saal war mit einem Mal totenstill.
Troublemaker
Was wäre, wenn Cat Noir genau hingesehen hätte?
„Sei vorsichtig, sie versteckt sich hier bestimmt irgendwo. Wenn sie unsere Miraculous haben will, muss sie selbst berührbar sein“, sagte Ladybug leise zu Cat Noir. Rücken an Rücken sahen sie sich aufmerksam in der Wohnung um. Troublemaker konnte jeder Zeit und von überall her kommen. Ein Klick mit dem Kugelschreiber und sie wechselt von einem festen Körper zu einer Art Geisterform: Unsichtbar und Unantastbar. „Und wenn wir sie berühren können, können wir uns auch ihren Stift schnappen“, ergänzte Cat Noir ihre Überlegungen.
„Und uns den Akuma holen“, sponn Ladybug den Gedanken weiter. „Aber wir müssen schnell sein.“ Sie war sich der Gefahr die von der Gegnerin ausging durchaus bewusst. Der erste Vorgeschmack, wie gefährlich sie war, hatten sie bereits in Marinettes Zimmer bekommen.
Plötzlich tauchte Troublemaker genau zwischen ihnen beiden auf. Sie war durch die Decke zu ihnen hinunter gekommen. Ladybug kickte die Schurkin mit einem Tritt beiseite, so dass sie hinfiel. Währenddessen drehte sie Cat Noir die rechte Hand auf dem Rücken, um an seinen Ring zu kommen.
Ladybug fing sich schnell wieder und warf ihr Jojo. „Hab dich.“ Es umschlang die beiden Kontrahenten, sodass Troublemaker zumindest von dem Ring abließ. Aber dummerweise reichte ein Klick ihres Kugelschreibers, dass das Seil des Jojos durch sie hindurch ging und nun nur noch Cat Noir gefesselt war. Mit einem Tritt beförderte sie ihn auf den Boden. In atemberaubendem Tempo sprang sie durch Ladybug durch, an die Wand hinter ihr, stieß sich wieder von ihr ab und riss die Heldin um. Mit einer Hand hielt sie ihr die Arme über den Kopf, während sie mit der anderen einen ihrer Ohrringe löste. „Den halben Kampf hast du bereits verloren Ladybug“, stellte die Schurkin fest und betrachtete ihre Beute zufrieden.
„Nein!“, rief Ladybug verzweifelt und sah schockiert wie sich ihr Anzug an den Handgelenken bereits zu lösen begann.
Cat Noir der wieder zu sich kam und ihre Notlage bemerkte, befreite sich von dem Seil des Jojos und aktivierte seine Superkraft. Mit ausgestreckter Hand warf er sich auf Troublemaker, die nun keine andere Möglichkeit hatte, als sich wieder durchlässig zu machen und dabei fiel ihr der Ohrring aus der Hand. „Oh nein, ich hatte ihn“, fluchte sie, bevor sie durch den Fußboden glitt.
Ladybug suchte auf dem Boden nach dem Schmuckstück. Die Zeit lief ihr davon. Mittlerweile löste sich der Anzug auch an den Beinen. Das Schlimmste allerdings war die Superheldenmaske, die bereits ein Auge entblößte.
Sie fand endlich den kleinen Stecker und begann ihn hektisch wieder an ihrem Ohr anzubringen. Sie zitterte so dermaßen, dass es ihr nicht sofort gelang. Beiläufig fiel ihr Blick auf Cat Noir, der sie erst erleichtert beobachtete, dem aber mit einem mal der Atem stockte. Ihre Maske war nur halb verschwunden, aber die Erkenntnis traf ihn aus heiterem Himmel. In seiner Magengrube kribbelte es und gleichzeitig fragte er sich, wie er nur hatte so blind sein können.
Sie wusste, was er wusste, in dem Augenblick, als sie in seine Augen sah. Es gab keinen Zweifel. Auch wenn Maske und Anzug bereits dabei waren sich zu regenerieren, es war zu spät. Er hatte zu viel gesehen und es herausgefunden. „Aber…du bist…“, setzte er erstaunt an, doch sie unterbrach ihn harsch. Es war geschehen und ließ sich nun nicht mehr ändern. Was auch immer jetzt passieren würde, das konnte warten. Sie durften sich jetzt nicht ablenken lassen, sonst waren sie ein leichtes Ziel für Troublemaker. „Jetzt nicht, Cat Noir! Wir haben noch eine Mission!“
Er nickte wie in Zeitlupe, obwohl es ihm so unendlich schwer fiel. Nun ergab alles einen Sinn. Ihr Verhalten, die vielen Bilder von ihm in ihrem Zimmer, ihre Zurückhaltung gegenüber seinem Helden ich. Wärme breitete sich in ihm aus und er könnte laut schreien vor Glück. Mit doppelter Motivation widmete er sich der vor ihnen liegenden Aufgabe und freute sich schon auf den Augenblick nach dem Kampf.
Im Netz der Spinne
Was wäre, wenn Plagg auf Feuerwerk stehen würde?
Der Abend dämmerte bereits über Paris. Es schmückten bunte Funken den Himmel und immer wieder neue Muster erstrahlten über der Stadt. „Gerade so geschafft“, stellte Marinette erleichtert fest. Sie hatten sich wirklich beeilen müssen, um es noch rechtzeitig von Alyas Wohnung zum Riesenrad zu schaffen und das Feuerwerk nicht zu verpassen. Sie hatte schon ein kleines bisschen ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie ja irgendwie auch für die Verzögerung verantwortlich war mit ihrem Vorschlag, dass Nora doch gegen Nino im Armdrücken antreten könne. Umso besser, dass sie doch noch einen Platz in einer Gondel erhaschen konnten. Von der Spitze des Riesenrades würden sie einen bombastischen Blick auf das Spektakel haben.
„Sieh doch!“ Da leider Adrien nicht persönlich bei ihnen sein konnte, drückte Marinette schnell ihr Handy an die Scheibe, damit er via Videotelefonat trotzdem zuschauen konnte.
„Wow“, stimmte Alya der Begeisterung ihrer Freundin zu. Sie saß auf einer der Bänke in der Gondel. Nino neben ihr schien allerdings den Anblick weniger zu genießen. Er sah gar nicht richtig hin. „Was hast du?“, fragte sie schließlich, nachdem sie ihn einen Moment nachdenklich beobachtet hatte. „Oh, äh…“, stammelte er verunsichert. „Nichts.“ Er wandte sich schnell dem Feuerwerk zu, um Alya nicht weiter zu beunruhigen.
„Wow, das ist wunderschön!“, staunte Adrien und Marinette freute sich, dass sie ihn immerhin auf diese Art daran teilhaben lassen konnte.
„Wirklich nicht schlecht“, merkte eine Stimme an, die Marinette allerdings völlig fremd war. Verunsichert richtete sie die Kamera des Handys wieder auf sich und betrachtete eingehend den Bildschirm. Komisch, sie konnte nur Adrien sehen.
„Was ist denn los?“, fragte er sie unschuldig. Doch Marinette bemerkte sofort, dass etwas seltsam war. Seine Schulter bewegte sich, wobei er stur versuchte sie weiter anzublicken. Was ging da vor?
„Das wollte ich dich gerade fragen. Ist bei dir jemand?“ Eigentlich war die Frage albern. Da sein Vater ihn weder gern das Haus verlassen ließ noch es gut hieß, wenn er Besuch bekam. Aber sie war sich absolut sicher, dass sie gerade eine Stimme gehört hatte. Außerdem bemühte er sich zu sehr darum normal zu wirken.
„Nein… äh…wer sollte denn hier sein?“ Doch seine Stimme und seine Körpersprache straften seine Worte Lügen. Er war nervös, aber warum?
Plötzlich zuckte Adrien zusammen, der Bildschirm wackelte und sie verlor ihren Klassenkameraden aus dem Blick, so als fiele das Handy zu Boden. Alles was sie nun noch sehen konnte, war die helle Decke seines Zimmers. Marinette hörte nur dumpf ein wütendes „Au“, das wohl von Adrien stammen musste. „Warum beißt du mich?“
Verdutzt starrte sie weiter auf das Handy. Was war da nur los? Dann tauchte auf dem Bildschirm ein kleines schwarzes Wesen mit grünen Augen und Katzenohren auf. „Wo ist das Feuerwerk hin? Das hat so schön geglitzert.“
„Plagg, weg da!“, rief Adrien wütend und versuchte nach dem Wesen zu schnappen. Dann erschien sein Kopf wieder auf dem Display und er realisierte erschrocken, dass Marinette immer noch zusah. Er hatte eigentlich versucht das Gespräch zu beenden und sich später mit einem Netzausfall herausreden wollen, in dem Moment als Plagg, denn er versuchte von dem Handy fern zu halten, ihn gebissen hatte. Ihr Gesichtsausdruck war ein einziges Fragezeichen und er überlegte, was er ihr für eine Geschichte auftischen konnte, um den kleinen fliegenden Kater in seinem Zimmer zu erklären, aber das schien überraschenderweise nicht nötig zu sein.
„Ein Kwami?“, nuschelte Marinette ungläubig und ihr Kopf zählte bereits eins und eins zusammen.
Sandboy
Was wäre, wenn Cat Noir den Zombieadrien gesehen hätte?
Ihre Finger begannen langsam aber sicher von dem schmalen Dachsims abzuruchtschen. Panik mache sich breit. Wie sollte sie ohne ihre Fähigkeiten gewinnen können? Über ihr stand Sandboy und angelte bereits nach ihren Ohrringen. Sie hatte einfach keine Kraft mehr und ihre Finger verloren ihren Halt. Sie fiel und schrie dabei. Es gab für sie keine Möglichkeit sich zu retten. Das Jojo war nutzlos und ohne Superkräfte würde sie den Sturz sicher nicht schadlos überstehen.
Doch da tauchte ihr Partner auf. Cat Noir rannte was das Zeug hielt herbei, stieß sich von einer Straßenlaterne ab und fing die fallende Ladybug im Sprung auf. Er landete sicher mit ihr auf der Straße und lächelte sie erleichtert an. Bis fast im selben Moment über ihnen Sandboy erschien. „Sandboy ist vor Ort, die Alpträume kommen sofort.“ Sein magischer Sand rieselte auf sie hinunter, während er auf seinem Kissen über ihnen schwebte.
„Bleib hinter mir My Lady“, befahl Cat Noir, der sie gerade abgesetzt hatte und trat Stabschwingend vor sie. „Du hast deine Fähigkeiten noch“, stellte Ladybug überrascht fest. Aber wie konnte das sein? Er war ebenfalls mit dem magischen Sand bestreut worden.
„Ich hab keine Angst davor sie zu verlieren“, antwortete er nüchtern und schaute sie ernst an. Damit hatte sie nicht gerechnet. Dafür war sie jetzt umso neugieriger. „Wovor dann?“
Ihre Frage wurde augenblicklich beantwortet, allerdings nicht von ihrem Partner. „Cat Noir!“, tönte eine Stimme von einem Häuserdach, direkt in ihrer Nähe. Sie kannte diese Stimme nur zu gut, nur der Tonfall war etwas anders. Es war ihre eigene Stimme. Erstaunt erblickten die beiden Helden eine weiter Ladybug die Kampfbereit ihr Jojo schwang. „Böse Miezekatze, ich werde dich nie lieben. Ich will dich einfach nur los werden!“
„Du hast auch seltsame Träume“, erklärte Ladybug fassungslos den Blick nicht von ihrer wütenden Doppelgängerin lösend.
„Auch?“, fragte Cat Noir perplex, nachdem er sie ein paar Häuser weiter trug, um erst mal etwas Abstand zu den Gegnern zu bekommen.
„Äh…sagen wir so ich hatte heute auch schon eine seltsame Begegnung…“, begann Ladybug verlegen, das war ihr schon ziemlich peinlich. Sie musste ja nicht weiter ins Detail gehen als unbedingt nötig. Doch sie wäre eh nicht dazugekommen weiter zu sprechen. Um eine Häuserecke bog gerade ein blonder Junge und sie zog deutlich hörbar Luft durch die Zähne ein. Als er die beiden erblickte, kam er mit seltsam steifen Bewegungen auf sie zu gewankt. Wie er sich bewegte wirkte staksig und ungelenk, alles andere als natürlich. Seinen Kopf hielt er schief und die Augen waren weit aufgerissen, während seine Pupillen ganz klein waren. In einem abscheulichen Sing Sang begann er nun zu sprechen. „Marine-hett, weißt du was? Ich liebe Chloé und nur Chloé!“
Cat Noir sah teils entsetzt und teils verwirrt von seinem abartigen Zombieabklatsch zu Ladybug, die wie versteinert schien und sich die Ohren zu hielt. Erst war er ein wenig perplex, doch dann fiel der Groschen und er lächelte wissend. „Das ist also dein Alptraum, My Lady? Oder sollte ich lieber Marinette sagen?“
Oh nein, auch das noch, dachte sie frustriert. Als ob heute nicht sowieso schon alles schief gegangen war. Bevor sie überhaupt zu einer halbherzigen Verteidigung ansetzen konnte, schüttelte Cat Noir auch schon den Kopf und lachte laut. „Schon gut. Jetzt sind wir Quitt würde ich sagen. Wir wissen jetzt, dass jeder von uns eine ziemlich krasse Alptraum-Version des jeweils anderen heraufbeschworen hat.“
Reverser
Was wäre, wenn es Reverser gelungen wäre Marinette umzukehren?
„Nichts wird mehr so sein, wie es war, Hawk Moth“, sagte Marc in kämpferischem Ton und warf das vom Akuma schwarz gefärbte Buch auf den Boden. Dort verwandelte es sich in einen riesigen Papierflieger auf den er nun aufsprang. Sein ganzer Körper wurde von der dunklen Aura umhüllt, die auch schon den Papierflieger erfasst hatte und er begann sich zu verwandeln.
Marinette hatte von ihrer Dachterrasse aus schnell gemerkt, dass irgendwas an ihrem Plan schief gelaufen war und rannte was das Zeug hielt, um rechtzeitig im Park zu sein. Vielleicht konnte sie die Wogen zwischen Nathaniel und Marc glätten und das Missverständnis ausräumen. Sie hätte sich im Traum nicht vorstellen können, dass das so enden würde. Sie kam ziemlich außer Atem am Brunnen an und erschrak über die Gestalt, die sie dort erblickte. „Marc, was ist passiert?“, fragte sie, erkannte aber im selben Moment schon, dass sie zu spät kam. Er war bereits akumatisiert.
„Ich bin nicht mehr Marc“, erwiderte er mit verzerrter Stimme. Dann flog er auf seinem Papierfalter eine Runde um den Brunnen in der Mitte des Parks und blieb einige Meter über dem Boden schweben. Wuterfüllt sah er Marinette an. „Ich bin Reverser! Und du Marinette, du allein bist schuld daran! Du hälst dich für super hilfreich und immer ehrlich. Aber ich weiß, dass du eine Lügnerin bist! Ab sofort wirst du aber nicht mehr Lügen können.“ In seiner ausgestreckten Hand erschien ein schwarz-weiße gefärbter Papierflieger und mit einem donnernden: „Umkehrung!“ warf er ihn in Marinettes Richtung. Reflexartig versuchte sie sich weg zu ducken, aber sie war zu langsam und wurde getroffen. Mit einem zufriedenen Lächeln wandte sich Reverser ab und flog weiter um sein nächstes Ziel Nathaniel zu suchen.
„Ich wollte dir wirklich helfen!“, rief sie ihm noch verzweifelt nach, aber er war schon zu weit weg um sie zu hören. Verdammt, dachte sie. Hielt sich jedoch nicht länger mit ihrem Ärger auf, sondern beschloss so schnell wie möglich zu handeln. Bevor sie dazu kam Tikki herbei zu rufen, hörte sie eilige Schritte hinter sich. Verwundert schaute sie über die Schulter und entdeckte Adrien, der mit besorgter Miene auf sie zu hastete. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ Eigentlich sollte sein Chauffeur ihn wie immer zu seinem nächsten Termin fahren, doch durch die Demonstration vor dem Rathaus standen sie im Stau. Direkt über das stehende Auto hinweg war soeben ein offensichtlich akumatisierter Typ auf einem Papiergleiter geflogen. Da hatte ihn nichts mehr im Auto gehalten. Dem Gorilla rief er zu, er würde laufen und war auch schon verschwunden. Eigentlich um in dem Park einen Platz zu suchen, um sich zu verwandeln, dabei hatte er aber Marinette entdeckt.
„Ja, mir geht es gut. Ich bin nur schuld daran, dass ein Junge den ich kenne akumatisiert wurde.“ So schnell wie die Antwort ihr über die Lippen kam, war es ihr schon fast etwas unheimlich. Sie hatte nicht eine Millisekunde gehabt um darüber nachzudenken. Als würde ihr Mund ihr nicht mehr gehorchen. Oh nein, was hatte Marc ihr für einen Fluch aufgebrummt? Sie spürte bereits, wie ihr unbehaglich wurde.
„Wieso das?“, fragte er daraufhin verwundert.
„Ich wollte ihn so gern mit Nathaniel bekannt machen, damit sie zusammen ein Comicbuch machen können. Aber das ist schief gegangen.“ Phu, obwohl die Worte ganz von selbst aus ihr heraussprudelten und sie sie scheinbar nicht aufhalten konnte, hatte sie noch nichts Gefährliches gesagt. Im Gegenteil, sie konnte sich durch Marcs Fluch ganz normal mit Adrien unterhalten, wie ihr soeben auffiel. Dennoch wollte sie ihr Glück nicht herausfordern und sich schnell aus dem Staub machen. Aber gerade als sie sich verabschieden wollte, begann er erneut zu sprechen.
„Am besten gehst du nach Hause, da bist du in Sicherheit. Mach dir keine Sorgen, Ladybug wird das sicher wieder richten.“ Er lächelte sie aufmunternd an und legte dann eine Hand auf ihre Schulter.
Plötzlich weiteten sich Marinettes Augen, denn als er redete, hatte sie schon eine Vorahnung, was jetzt passieren würde. Aber sie hatte keine Möglichkeit das was da kam jetzt aufzuhalten, denn die Worte purzelten bereits in aller Selbstverständlichkeit aus ihr heraus. „Nein, ich werde jetzt nicht nach Hause gehen. Ich suche mir schnell ein Versteck und verwandele mich dort in Ladybug um den Schurken zu bekämpfen.“
Frozer
Was wäre, wenn Cat Noir sein Vorhaben doch in die Tat umgesetzt hätte?
„Und Vorsicht auf dem Rückweg“, riet Ladybug winkend dem Mann, den sie gerade gemeinsam mit Cat Noir gerettet hatte. Sein Drachenfliegerlieferservice schien wirklich keine gute Idee gewesen zu sein. Erleichtert verließ er das Dach auf dem sie ihn abgesetzt hatten.
„Für dich My Lady“, hörte Ladybug den Kater hinter ihr sagen und als sie sich umschaute, hielt er ihr auf Knien eine Rose entgegen. Die musste er aus dem Strauß gepflückt haben, den der Mann hat ausliefern wollen.
„Also ehrlich Cat Noir, du verwandelst dich gleich zurück.“ Sie versuchte wie immer seine Avancen mit Humor zu nehmen und deutete mit einem Lächeln auf seinen blinkenden Ring. Am liebsten würde er ihr sagen, wie egal ihm das wäre und sich hier und jetzt vor ihr zurück verwandeln. Er war abgelenkt und tauchte in einen lebhaften Tagtraum ab, wie es wohl wäre, wenn das wirklich passieren würde, doch dann riss Ladybugs Stimme ihn zurück in die Wirklichkeit. „Cat Noir! Ich kann die Rose wirklich nicht annehmen. Du weißt wieso.“ Es fiel ihr jedes Mal wieder schwer ihn abzuweisen, doch die Gefühle, die sie für Adrien hegte waren einfach größer. „Ich bin in einen Anderen verliebt.“ Wie oft hatte sie ihm das mittlerweile schon gesagt, in der Hoffnung, dass er es verstehen würde, aber scheinbar konnte und wollte er nicht so schnell aufgeben. Sie trat an den Rand des Hausdaches und stützte sich mit den Armen auf das Geländer.
„Ich weiß My Lady, aber… wenn es ihn nicht gäbe, wäre es dann zwischen uns beiden anders?“ Cat Noir klammerte sich an diesen winzigen Funken Hoffnung. Auch wenn es absolut lächerlich war. Ihr Angebeteter würde ja nicht einfach so tot umfallen.
„Nun, ich kann mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.“ Von ihrem Platz aus konnte sie ein großes Plakat sehen, dass wie zum Hohn Adrien zeigte. Seine neue Parfümwerbung war wirklich überall und versetzte ihr jedes Mal wieder einen Stich ins Herz, wenn sie die Bilder ansah. „Tut mir leid Cat Noir.“
Er trat neben sie. Sah, wie sie betrübt ins nichts starrte. Doch tat sie das wirklich? Es war nicht wirklich nichts, wo sie hinstarrte, sondern ein Plakat. Er hatte mittlerweile ziemlich die Schnauze voll von dieser Werbung. Sein Vater hatte es diesmal echt übertrieben was das anging, fand er. Warum schaute sie sich dieses riesige Bild von ihm nur mit so viel Sehnsucht an? Dann ging der Lichtschalter in seinem Gehirn an und er hatte eine Vermutung, was das zu bedeuten haben könnte. Ein Plan manifestierte sich in seinem Kopf und er beschloss es darauf anzulegen. Er ergriff ihre Hände und ließ sie sich zu ihm drehen. Mit traurigen Augen schaute sie ihn an und wollte nach einem Piepen ihrer Ohrringe gerade darauf hinweisen, dass sie beide sich gleich zurückverwandeln würden. Doch da sagte Cat Noir auch schon: „Verwandel mich zurück.“
Erst war sie verwundert und wollte sich noch rechtzeitig abwenden, um seine geheime Identität nicht zu erfahren, doch er hielt sie an den Oberarmen fest, damit sie gezwungen war ihn anzusehen.
Perplex starrte sie Adrien an, der nun etwas verlegen und unendlich hoffnungsvoll auf eine Reaktion von ihr wartete. „Du bist es?“, fragte sie und ihre Stimme war nur ein schwacher Hauch. Obwohl er seine Hände noch immer an ihren Armen hatte, ließ er es zu, dass sie ihr Gesicht in ihren Händen barg. „Oh mein Gott! Ich fass es nicht.“
Nun strahlte Adrien und hob diesmal etwas zuversichtlicher die Rose in die Luft. „Nimmst du sie jetzt an, My Lady?“
„Nein…“, sagte sie nach ein paar Sekunden, die sie brauchte um über das soeben erfahrene nachzudenken. Das Gesicht immer noch verborgen. Aber eins war ihr klar, jetzt gab es wohl kein Zurück mehr, alles oder nichts.
Erst war Adrien erschüttert, doch das dauerte nicht lange, denn nun sah er, dass auch ihr Anzug verschwand. Sie atmete einmal tief durch, dann nahm sie die Hände vom Gesicht, streckte vorsichtig eine Hand aus und lächelte etwas schüchtern. „Aber jetzt würde ich sie nehmen. Das heißt…wenn du sie mir immer noch geben willst?“
Doch entgegen ihrer Befürchtungen schaute er weder sonderlich überrascht, noch enttäuscht oder dergleichen. Sein Gesichtsausdruck war unverändert. Sein Lächeln war umwerfend und seine grünen Augen sahen sie glücklich und liebevoll an.
Frozer
Was wäre, wenn Kagami es etwas übertrieben hätte?
„Das ist Philippe von der Eisbahn. Mit ihm macht Eislaufen echt Spaß.“ Adrien las laut vor, was er in sein Handy tippte und postete den Text umgehend mit einem Foto von sich zusammen mit dem Eiskunstläufer. Dieser stand begeistert und dankbar neben ihm. „Vielen Dank, Adrien.“
„Ich hoffe, dass sie jetzt mehr Schüler bekommen.“ Ihm war die Idee gekommen, nachdem sie den jungen Mann gerade von einem Akuma befreit hatten. Der Bürgermeister wollte die Eisbahn schließen, wenn er nicht bald neue Talente für die Eisbahn finden würde. Er erhoffte sich von seiner kleinen indirekten Werbung, dass es den einen oder anderen Fan überzeugen könnte zur Eisbahn zu kommen und eventuell Unterricht bei Philippe zu nehmen.
„Du machst immer das, was andere Leute von dir erwarten, stimmt’s?“, fragte Kagami, die auf ihn gewartete hatte mit geschulterter Sporttasche und einem undeutbaren Blick. Sie liefen gemeinsam zu den beiden Limousinen die bereits auf die Teenager warteten.
„Nein“, antwortete Adrien bestimmt. „Ich will nur, dass er glücklich ist.“ Er hielt Kagami die Tür ihres Autos auf. Dann fiel ihm noch etwas ein, was er Kagami sagen wollte um eventuelle Missverständnisse auszuräumen. „Und ich wechsel mein Ziel nicht, auch wenn das heißt, dass ich immer wieder scheitere, denn eines Tages werde ich mein Ziel schon noch erreichen.“
Kagami musterte ihn etwas überrascht von seiner plötzlichen Meinungsänderung, ließ es sich aber keinesfalls anmerken. Ihren aufmerksamen Augen war nicht entgangen, was heute in der Eishalle mit Adrien los gewesen war und sie blickte hinüber zu Marinette und Luka, die noch an der Tür zur Eishalle standen und sich von Philippe verabschiedeten. „Solltest du dir doch das falsche Ziel ausgesucht haben und davon bin ich überzeugt“, ihr Kopf nickte kaum merklich hinüber zur dem dunkelhaarigen Mädchen bevor sie mit überlegenem Tonfall fortfuhr: „Ich bin da.“ Sie wollte gerade in das Auto steigen als Adrien sie zurückhielt.
„Was soll das denn? Du denkst ich habe Marinette gemeint? So ein Quatsch! Und ich möchte nicht, dass du so abwertend über sie redest. Du kennst sie ja noch nicht mal richtig.“ Genauso wenig, wie er sich die seltsame Eifersucht vorhin erklären konnte, als er seine Klassenkameradin mit Luka hatte Eislaufen sehen, sowenig gelang es ihm zu begreifen, warum ihn Kagamis Worte so gegen den Strich gingen. „Marinette ist eine meiner besten Freundinnen und immer für mich da. Darum ist sie heute überhaupt mitgekommen, nur um mir zu helfen. Und selbst, wenn sie mein Ziel gewesen wäre, gibt es dir nicht das Recht für mich zu entscheiden ob das richtige oder das falsche.“
„Oh, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen.“ Kagamis Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. Es tat ihr nicht leid. Sie war nur ziemlich verwundert darüber, dass sie es angeblich nicht sein sollte. Adrien hatte die ganze Zeit mehr Augen für Marinette als für sie gehabt und als diese sich nach ihrem Sturz verletzt hatte, sie selbst eiskalt stehen lassen. Das hatte sie gekränkt und sie war es auch nicht gewohnt so respektlos behandelt zu werden. Irgendwie hatte sie das in ihrem Stolz verletzt und sie nur weiter angespornt. Sie mochte Adrien sehr. Sie waren sich in vielen Dingen ähnlich und er sah in ihren Augen auch sehr gut aus. Darum konnte sie es einfach nicht ertragen, dass seine Aufmerksamkeit zunehmends Marinette galt. Vor allem da ihr nicht entgangen war, dass das Mädchen eindeutig auch Gefühle für Adrien hegte, das war ganz offensichtlich. Doch jetzt war sie schon etwas neugierig und beschloss ihn direkt darauf anzusprechen. „Darf ich trotzdem Fragen, wer es stattdessen ist?“
Er war zwar immer noch etwas angefressen wegen ihrer abwertenden und auch ziemlich arroganten Haltung und überlegte angestrengt, was er darauf nur sagen sollte. Eins war sicher, so wie er Kagami einschätzte, würde sie ihn für die Wahrheit auslachen und als hoffnungslosen Träumer abstempeln. „Ihren Namen verrate ich dir nicht.“ Mal davon abgesehen, dass er ihren wahren Namen ja auch nicht kannte. „Sie ist schön, freundlich und immer hilfsbereit. Ihr Haar ist etwas dunkler als deines und länger und sie hat unglaubliche himmelblaue Augen.“ Unbeabsichtigt, war er doch einen Moment ins Schwärmen gekommen, war sich aber sicher, nicht zu viel verraten zu haben. Das konnte immerhin für mehrere Mädchen gelten.
Kagami hatte aufmerksam zugehört und dann ging ihr Blick noch ein letztes Mal hinüber zu Marinette bevor sie siegessicher Adriens Kopf mit einer Hand zum Eingang der Eisbahn drehte und sagte: „Das passt ja doch!“
Adrien wurde abwechselnd heiß und kalt und mit großen Augen verglich er in Gedanken seine Angebetete Ladybug mit seiner Freundin Marinette und musste überrascht zugeben, dass Kagami recht hatte. Konnte das tatsächlich möglich sein?
Kampf der Königinnen
Was wäre, wenn Ladybug den richtigen Riecher gehabt hätte?
„Adrichérie! Ich hatte solche Angst um dich!“, rief Chloé überschwänglich und rannte in die Arme des jungen Models. Adrien konnte das noch nie leiden, verstand aber ihre Erleichterung. Beide waren soeben durch die Magie der Marienkäfer wieder zurückverwandelt worden, denn Style Queen hatte sie zu Statuen werden lassen.
Direkt neben ihnen löste sich auch Audrey Bourgeois glitzerndes goldenes Schurkenkostüm auf und sie blickte sich verwirrt um. Adrien und Chloé eilten an ihre Seite, um ihr auf zu helfen. „Wieso bin ich hier? Ihr seid alle gefeuert!“, rief sie empört. Jetzt waren sich aber beide Teenager sicher, dass es ihr gut zu gehen schien. Sie war schon wieder ganz die Alte.
Anscheinend dauerte es noch einen Moment, bis die Nachwirkungen der Akumatisierung abgeklungen waren, dachte Ladybug, die auf einem Stahlträger des Eiffelturmes hockte und die Szene auf der Plattform beobachtet hatte. Neben ihr schwebte Plagg, der ihr entgegen der Ansage von Meister Fu, im Kampf gehen Style Queen geholfen und ihr zum Sieg verholfen hatte. Sie hob die Faust und schlug mit ihm ein, so wie sie es normalerweise mit Cat Noir getan hätte. „Gut gemacht!“
Dann fiel ihr etwas ein. „Ich hoffe Cat Noir findet sein Miraculous wieder“, sagte sie besorgt zu dem Kwami. Ihr Ärger darüber, dass ihr der Kater bei diesem Kampf nicht beistehen konnte, war schon fast verraucht. Aber das sie gewinnen konnten, verdankte sie nur seinem kleinen Begleiter.
„Keine Sorge, ich hefte mich an seine Fersen wie Schimmel an Käse“, rief Plagg mit einem, wie sie fand, bemerkenswerten Optimismus und erstaunlich motiviert. Das hätte sie dem kleinen Kerlchen gar nicht zugetraut. Davon abgesehen sprach sein Vergleich Bände. Hatte sie die Käsefahne, die ihn umhüllte, immer noch etwas in der Nase. Kein Wunder, hatte er sich bei Meister Fu doch mit einem ziemlich abartig stinkenden Käse vollgestopft. Da lobte sie sich ihre Tikki. Dem Keksduft würde sie wohl nie überdrüssig werden.
Sie entdeckte Adrien, der immer noch auf der Plattform stand und die beiden Bourgeois-Damen beobachtet, die heftig diskutierend die Treppe hinunterliefen. Als wäre es ihm eben erst wieder eingefallen, entfuhr es ihm entsetzt: „Oh die Modenschau! Mein Vater macht sich bestimmt Sorgen um mich.“
Ladybug landete neben ihm und als sie gehört hatte, was er da sagte, machte sie ihm einen Vorschlag. „Das liegt auf meinem Weg. Ich kann dich mitnehmen, wenn du möchtest?“ Sie legte den Arm um ihn und mit Hilfe ihres Jojos war es ein Klacks zurück zur Modenschau zu gelangen.
Sie waren gerade gelandet, da sagte Adrien auch schon: „Dankeschön Ladybug“ Einen Arm auf ihre Schulter gelegt, suchte er nach den richtigen Worten. Wie immer in ihrer Gegenwart war er ziemlich nervös. Als er selbst meist mehr, denn als Cat Noir. Doch dann überkam ihn ein Bedürfnis, dass er nicht unterdrücken konnte. Er schlang seine Arme um sie und zog sie so in eine innige Umarmung. „Danke, dass du mich mitgenommen hast und auch, dass du mich gerettet hast.“
Das verursachte einen sofortigen Systemabsturz in ihrem Kopf. Sie war komplett überrumpelt. Damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet und unbeholfen überlegte sie, wohin nur mit ihren Händen? Seinen Hals, seine Schultern, seine Taille? Sie war verwirrt. Doch so schnell und überraschend die Umarmung kam, war sie auch schon vorbei. Er winkte ihr lächelnd und ging Richtung Eingang.
Sie stand noch eine Weile genauso da, unfähig sich zu rühren. Das einzige, was ihr von dem Moment blieb, war die Erinnerung an das Gefühl seiner warmen Haut auf der ihren, als sich ihre Wangen gestreift hatten, sein Haar sie gekitzelt hatte und sein unglaublicher Geruch. Aber Moment, da war noch etwas anderes. Etwas, dass eindeutig nicht zu ihm passte. Sie schnupperte in die Luft, was ziemlich bescheuert aussah. Genauso wie sie sich gerade vorkam. Ein Hauch von…Käse?
Tag der Helden
Was wäre, wenn mit Ladybug die Fantasie etwas durchgegangen wäre?
„Wenn das vorbei ist, lad ich dich ins Kino ein, versprochen“, sagte Alya um die Situation zu entspannen, klammerte sich jedoch fester an Nino. Sie hatten sich in den Umkleiden der Schule versteckt. Die Akumas konnten sie bisher glücklicherweise von sich fern halten, aber wer wusste schon, wie lange noch?
„Nein, ich lade dich ins Kino ein.“ Aufmunternd sah Nino seiner Freundin in die Augen, denn er war überzeugt, zusammen konnten sie alles überstehen.
Plötzlich wurde ruckartig die Tür aufgerissen und noch während Ladybug sie hinter sich wieder verschloss, rief sie: „Alya, Nino, ich mögt doch Actionfilme, oder?“
„Ladybug? Die echte Ladybug, aber…“, begann Nino ungläubig und überrascht, obwohl das wohl überflüssig war, denn er sich ziemlich sicher, dass sie es war.
„Tut mir sehr leid, dass ich jetzt gegen die Regel der geheimen Identität verstoße, aber ich hab keine Zeit sie euch einzeln zu geben.“ Sie war froh ihre beiden Freunde überhaupt gefunden zu haben und da sie wusste, dass die beiden das Geheimnis sicher verwahren würden, hatte sie auch ein weniger schlechtes Gewissen als anfangs gedacht. Die beiden waren vom Boden aufgestanden und auf sie zugekommen, während Ladybug zwei dunkelbraune sechseckige Holzkästchen hochhielt. „Rena Rouge und Carapace, ich brauche euch!“, sagte sie in kämpferischem Tonfall.
Während Alya nicht gerade überrascht, dafür umso aufgeregter nach ihrer Schatulle griff, wand Nino sich perplex seiner Freundin zu. „Du bist Rena Rouge?“
„Ja natürlich“, erklärte sie daraufhin ganz selbstverständlich, öffnete das Kästchen und legte sich die Kette mit dem Fuchsschwanzanhänger um den Hals. Trixx, ihr Kwami schwebte als gelbe Lichtkugel ein paar Runden um den verdutzen Nino herum, der nur verdattert fragte: „Und das hast du mir nie erzählt?“ Der Fuchskwami erschien und antwortete anstelle seiner Trägerin nur ganz selbstverständlich: „Das sollte doch ein Geheimnis sein, oder?“ Den sprachlosen Nino erst einmal nicht weiter beachtend, verwandelte sich Alya direkt vor seinen Augen, daraufhin bekam er einen träumerischen Ausdruck auf dem Gesicht. „Echt super cool.“ Im nächsten Moment hatte er sich wieder gefangen und wunderte sich über eine Sache. „Aber bist du nicht etwas überrascht, dass ich Carapace bin?“
Alya schaute ihm direkt in die Augen, während sie mit ihren Händen über sein Gesicht strich und ihm zuraunte: „Du warst schon immer mein Held!“
Ladybug hätte am liebsten laut geseufzt. Die beiden waren einfach so süß zusammen und das perfekte Paar. Sie freute sich insgeheim sehr für ihre beste Freundin und war erleichtert, dass die beiden so auch als Superhelden gut harmonieren würden, obwohl sie noch nie zusammen gekämpft hatten.
„Was ist los Ladybug?“, fragte Nino, der sich während sie ihren Gedanken nachgehangen hatte inzwischen auch verwandelt hatte.
Jetzt erst bemerkte sie, dass sie wahrscheinlich ziemlich dämlich drein geschaut haben musste, als sie so über die beiden nachgegrübelt hatte und versuchte sich wieder auf das Ziel zu konzentrieren. „Ach nichts, ich finde nur ihr seid ein gutes Team und werdet sehr gut zusammenarbeiten heute.“
Die beiden strahlten jeder über das ganze Gesicht angesichts des Lobes ihrer Heldin. „Aber du und Cat Noir, ihr seid doch ein viel besseres Team. So lange wie ihr schon miteinander kämpft“, bemerkte Alya, war aber dennoch ein bisschen verlegen.
„Das stimmt schon, aber ihr seid ein Paar, ihr verbringt viel mehr Zeit miteinander und seit damit auch sehr gut aufeinander eingestimmt.“ Sie sagte das nicht ohne ein gewisses bedauern. Befand sie sich doch in der schier größten Liebeszwickmühle überhaupt. Sie war in Adrien verliebt, er aber anscheinend nicht in sie, dafür jagte ihr Cat Noir nach, den sie zwar mochte, aber nicht liebte. Während sie so darüber nachdachte, schien ihre Fantasie ein kleines Eigenleben entwickelt zu haben. Angefangen bei der Vorstellung wie es wäre eine Beziehung mit Cat Noir zu haben, die schnell einem anderen Bild wich. Adrien, der im Cat Noir Kostüm an ihrer Seite kämpfte. In ihrem Kopf sah er dabei allerdings so aus, wie ihn Alya einmal mit einem Bildbearbeitungsprogramm in das Heldenoutfit gesteckt hatte. Beim Versuch sich wieder zu sammeln und auf das Ziel zu konzentrieren, verschwammen beide Visionen jedoch kurz miteinander und ein seltsames Gefühl blieb zurück. Es kribbelte sie in den Fingerspitzen und Wärme durchzog ihren Körper.
Alya und Nino bemerkten die gedankliche Abwesenheit der Heldin, scheuten sich aber davor etwas zu unternehmen. Als jedoch ein seltsamer träumerischer Ausdruck auf ihrem Gesicht erschien und sie keine Anstalten machte loszulegen und der Flut an Akumaopfern die draußen Chaos anrichteten Einhalt zu gebieten, beschloss Rena Rouge etwas zu unternehmen. Sie berührte Ladybug vorsichtig an der Schulter. Augenblicklich zuckte die Heldin zusammen und ihr entfuhr vor Schreck nur ein einziges Wort: „Adrien?!“
Alya und Nino sahen sie verdutzt an. „Äh nein, Rena Rouge und Carapace, schon vergessen?“, sagte ihre beste Freundin verwundert, aber mit skeptisch hochgezogener Augenbraue. „Was ist mit Adrien? Geht es ihm gut?“, fragte Nino besorgt. Nicht das ihm bei den ganzen Unruhen draußen etwas zugestoßen war.
Warum musste das nur immer wieder ihr passieren, dachte Ladybug genervt von sich selbst. Reichte es nicht schon, dass ihr das im normalen Alltag regelmäßig passierte? Musste es sie jetzt auch noch als Heldin ablenken? „Nein, nein…es geht ihm gut! Es ist nichts mit ihm.“ Erklärte sie hastig, bevor ihr einfiel, dass sie eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte, wo er war. Das letzte Mal hatte sie ihn auf dem Schulhof gesehen, als er zusammen mit ihr die unverwandelten Schüler ermuntert hatte sich nicht von den Akumas überwältigen zu lassen. Danach hatte sie sich auf der Toilette verschanzt um sich zu verwandeln und ihn dann nicht mehr gesehen. Sicher hatte er es geschafft sich zu verstecken. Das hoffte sie zumindest.
Alya sah das Gedankenspiel auf ihrem Gesicht, das von Verlegenheit, über Selbstsicherheit und schließlich zu Besorgnis wechselte. So kannte sie ihre Lieblingsheldin ganz und gar nicht. „Entschuldige die Frage Ladybug, aber… kann es sein, dass du….“
Die Frage ihrer Freundin nicht abwarten könnend, beendete sie hastig selbst den begonnenen Satz mit den Worten, die sie erwartete. „…in Adrien verliebt bist? Ach nein, wo denkst du hin.“ Sie winkte nervös ab und wollte eigentlich gerade zum Aufbruch rufen, doch Alya war schneller. Sie ging mit einem breiten Grinsen auf Ladybug zu und umarmte sie zur großen Überraschung der Heldin. Jetzt war ihr alles klar, darum hatte sie auch keine Hemmungen mehr und raunte ihr ins Ohr. „Ich verrate es keinem, ja Marinette?“
Resigniert erwiderte sie die Umarmung und flüsterte schicksalsergeben. „Das war zu auffällig oder?“
„Nur ein kleines bisschen vielleicht“, erwiderte Alya lachend. „Und jetzt lass uns gehen.“
Tag der Helden
Was wäre, wenn Ladybug der Mut verlassen hätte?
„Alles ok Ladybug?“, rief Adrien sicherheitshalber nachdem er sich zurückverwandelt hatte. Seine Stimme hallte in der Kanalisation wieder, begleitet vom Rauschen des Wassers.
„Hawk Moth hat noch nie so viele Leute auf einmal wieder akumatisiert. Irgendwas ist anders“, antwortete seine Lady nachdenklich von der anderen Seite der Wand. Beide hätten sich sowieso jeden Moment zurückverwandelt, darum waren sie jeder in einen Ausläufer des Hauptrohres geflüchtet, dass sich zum Glück direkt vor ihnen aufgeteilt hatte. Nicht, dass es Adrien etwas ausgemacht hätte, aber er nahm immer noch Rücksicht auf die Wünsche seiner Partnerin. „Vielleicht kann er seine Kräfte jetzt verstärken. Genau wie wir“, überlegte er laut, während Plagg neben ihm seinen Käse aß.
Marinette überlegte einen Moment. Sie war nicht der Typ, der so einfach Aufgab. Aber im Moment sah es gar nicht gut aus. Es waren so viele mit so vielen Fähigkeiten. Außerdem hatten sie die anderen Miraculousträger, die sie rekrutiert hatte, verloren. „Denkst du, wir können trotzdem gewinnen?“, fragte sie und ihre Stimme hatte einen seltsamen Tonfall angenommen, als würde sie ihr jeden Moment versagen.
„Wie du sagtest, nicht die Hoffnung verlieren!“, erwiderte Adrien etwas selbstsicherer zwar als er sich fühlte, aber er glaubte dennoch fest daran. Er legte seine Hand an die kalte, steinerne Wand, die ihn von seiner großen Liebe trennte, weil er ihr sich so näher fühlte. Gern hätte er mehr getan - irgendetwas, um ihr wieder Kraft und Mut zu geben. „Die Leute verlassen sich auf uns.“
Trotz aller Aufmunterung ihres Partners überkamen sie gerade Unmengen an Zweifel. Würden sie ohne neue Kräfte und ohne Verbündete lange durchhalten können? Hatten sie überhaupt eine Chance? Was würde geschehen wenn nicht? Sie hatten die Verantwortung für so viele Menschen, sie durften sie doch nicht enttäuschen. Aber so intensiv sie auch nachdachte, ihr fiel einfach keine Lösung ein und das frustrierte sie. „Aber… unser Team ist zerfallen.“
„Dann sind wir das, was immer funktioniert hat; ein Duo. Du und ich gegen die Welt, My Lady.“ In dem Maße, in dem ihre Zuversicht schwand, stieg scheinbar exponentiell die seine an. Da sie nach dieser Antwort nichts sagte, beschloss er, dass er etwas unternehmen musste. Viel Zeit hatten sie nicht, aber Ladybug durfte auf keinen Fall akumatisiert werden, denn dann war alles verloren.
„Vertraust du mir?“, fragte er sie schließlich, schon mit einer konkreten Vorstellung im Kopf, was zu tun war.
„Natürlich“, kam es verdutzt von der anderen Seite. Was sollte die Frage jetzt?
„Dann schließ die Augen!“ Bevor sie etwas sagen oder tun konnte, hörte sie bereits den Hall seiner Schritte und ahnte was er vor hatte. Hastig schloss sie die Lider und wartete. Tapp, tapp… Sie hörte, wie er langsam näher kam und seine Hand an der Wand entlangfuhr um nicht vom Weg abzukommen. Er sah also auch nichts. Das erleichterte sie etwas. Sein Atem ging rasch und in der Kühle der Kanalisation konnte sie seine Wärme direkt vor ihr spüren. Vorsichtig tastete er nach ihr und berührte mit seiner Hand ihren Arm. Dann ging es ganz schnell. Er zog sie an seine Brust und schlang die Arme um sie. „Alles wird gut, wir schaffen das!“, sagte er leise und sein Atem kitzelte sie am Ohr.
Sofort spürte sie, wie sie sich entspannte. Sorgen, Ängste, Zweifel…alles schien zu schrumpfen, wurde kleiner und schwächer. Bis sie kaum noch wahrnehmbar für sie geworden waren. Sie waren nach wie vor da, aber sie bestimmten nicht mehr ihr komplettes Denken. Dankbar erwiderte sie die Umarmung und drückte sich fester an ihn. Das war genau das, was sie gebraucht hatte. Eine starke Schulter an sie sie sich anlehnen konnte, einen Moment durchatmen und wieder Mut fassen.
Sie und er, sie waren schon so lange ein Team, Partner und Freunde. Sie wusste, dass er Gefühle für sie hegte, solche, die sie nicht erwidern konnte. Aber sie liebte ihn, wie sie es bei einem Bruder womöglich getan hätte. Wobei der Vergleich ihr nicht hundert Prozent zusagte. Irgendwas in ihr sträubte sich gegen die Vorstellung. Aber sie fühlte sich so wohl bei ihm, so geborgen. Seltsamer weise kamen ihr sowohl dieses Gefühl seiner Umarmung, als auch dieses Gefühl des Wohlbefindens überraschend bekannt vor. Wie konnte das sein?
„My Lady, ich kann es dir nicht erklären, aber irgendwas sagt mir, dass wir uns aus dem echten Leben kennen. Es ist wie ein Déjà-vu…“ Er sprach leise, aber sie verstand jedes Wort und es war, als hätte er genau ihre Gedanken ausgesprochen. „Ich weiß genau was du meinst“, hauchte sie.
„Ich weiß, du möchtest nicht, dass wir unsere Identität kennen, aber ich…“, begann er mit trockenem Mund und einem dicken Kloß im Hals. Er sehnte sich so sehr danach die Wahrheit zu erfahren, dass es ihn einfach überkommen hatte sie jetzt und hier noch einmal zu fragen.
Sie hatte Angst es zu erfahren und auch Angst, dass er es erfuhr, aber zur gleichen Zeit würde sie es wahrscheinlich nicht ertragen, wenn das so weiter ging wie bisher. Vor allem nicht jetzt und hier in dieser Umarmung mit ihm, die ihr so vertraut vorkam. Ihr Entschluss stand fest. Sie löste sich zögerlich von ihm und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Es schien zu glühen.
Sie atmete noch einmal tief durch und sagte schließlich: „Schau mich an.“ Es war heraus und sie konnte es nicht mehr rückgängig machen. Womit sie aber zögerte, war selbst die Augen zu öffnen.
Als sie sie schließlich doch aufschlug, musste sie kurz blinzeln. Dann fokussierte sich ihr Blick auf ihren Partner, der immer noch seine Arme um sie gelegt hatte. „A-Adrien?“, entfuhr es ihr, bevor ihr die Stimme versagte.
Er hatte schon einen Augenblick länger Zeit gehabt sich seine Lady anzuschauen und sofort war ihm klar geworden, dass es der Tanz auf Chloés Party war, der dieses vertraute Gefühl in ihm ausgelöst hatte. Marinette war also die ganze Zeit seine Lady gewesen? Wie unerwartet…unerwartet erfreulich. Ja er freute sich und das spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder.
Das war jedoch überhaupt nicht das, was sie erwartet hatte. Dieser liebevolle Blick mit dem er sie bedachte, brachte sie komplett durcheinander. „Du… ich…also…“, begann sie in ihrer üblichen Stotterei und lief knall rot an, bevor sie den Blick senkte. In ihrem Kopf materialisierten sich verschiedene Bilder. Wie er sie aus brenzligen Situationen rettet oder sie ihn, wie sie Händchenhalten und eng an ihn gedrückt auf den Glaciator zu liefen, wie sie ihn küsste, um Dark Cupids Fluch zu brechen… Oh Gott… das war alles Adrien gewesen, stellte sie gerade fest und wollte am liebsten im Boden versinken.
Adrien verfolgte das Mienenspiel auf ihrem Gesicht und legte seine Hand an ihr Kinn, damit sie ihn wieder ansah. „Bitte My Lady zerbrich dir jetzt nicht den Kopf über das, was bisher war. Ich würde sagen, wir denken jetzt an das, was vor uns liegt und weißt du was? Ich fühle mich jetzt stärker denn je.“ Er lächelte und sah, dass auch sie sich etwas entspannte. „In Ordnung“, antwortete sie, wenn auch ziemlich leise.
„Ich kann dich nicht hören“, sagte er mit einem schelmischen und Cat Noir typischen Grinsen auf dem Gesicht und einer Hand an seinem Ohr. Sie puffte ihn in mit der Faust in den Oberarm und musste nun auch lächeln. „Machen wir sie fertig!“
Weihnachtsfolge
Was wäre, wenn Adrien Marinette auch gern etwas geschenkt hätte?
„Adrien ich hoffe du verstehst, dass du nicht einfach so verschwinden kannst“, sagte Gabriel Agreste nicht ohne einen gewissen Ernst in der Stimme, aber ohne seinen Sohn dabei anzusehen. Stattdessen war sein Blick, wie so oft, sehnsüchtig auf das große Portrait seiner Frau gerichtet. Für Adrien schien es zunächst so, dass sich sein Vater genauso emotionslos und kalt gab, wie schon zuvor am Abend, bevor er das Haus verlassen hatte. Jedoch ergänzte dieser mit einem melancholischen Unterton in der Stimme. „Dich auch noch zu verlieren würde ich nicht ertragen.“
Traurig senkte Adrien den Kopf. Was hatte er erwartet? Dass sein Vater ihm um den Hals fallen oder nun doch ein großes Weihnachtsfest wie früher feiern würde? Wie naiv von ihm zu denken, es hätte sich vielleicht irgendetwas verändert. Zudem musste auch er bei dem Gedanken an seine Maman schmerzhaft schlucken. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sein Vater vergaß, dass nicht nur er seine Frau, sondern Adrien auch seine Mutter verloren hatte. Sie beide also eigentlich im selben Boot saßen und sich gegenseitig Halt geben müssten.
So schwiegen sie beide vertieft in sich selbst, bis die Türglocke sie aus ihrer Versunkenheit riss. Nathalie hob den Hörer ab, lauschte einen Moment und betätigte dann den Summer, bevor sie Adrien mit ihrer üblichen stoischen Miene anschaute. „Ich denke, das ist für dich.“
Verwundert schauten Vater und Sohn erst sie an, dann sich gegenseitig, bevor sie ihr schließlich in die Eingangshalle folgten. Nathalie öffnete die große Flügeltür und trat dann einen Schritt beiseite. „Ich habe mir erlaubt ihnen mittzuteilen, dass Adrien gesund zuhause ist, Monsieur. Sie haben sich alle Sorgen gemacht.“
Adrien riss erstaunt die Augen auf, als er vor der Tür nicht nur seine ganze Schulklasse inklusive ihrer Eltern erblickte, sondern auch den freundlichen Weihnachtsmann mit dem er den Abend verbracht hatte und der dann unglücklicherweise akumatisiert worden war. „Oh bitte Vater“, wand er sich schließlich hoffnungsvoll und mit leuchteten Augen zu Gabriel um. „Heute ist Weihnachten!“
Trotz seines kalten Blickes, kam die von seinem Sohn so sehnsüchtig gewünschte Antwort über seine Lippen. „Natürlich, kommt ruhig rein.“ Zuerst dachte Adrien es wäre nur ein Traum und er würde jeden Moment aufwachen, doch dann warf sich schon Nino in seine Arme und drückte ihn herzlich, während seine Freunde ihn umringten und sich ebenfalls von Adriens Unversehrtheit überzeugen wollten.
„Fröhliche Weihnachten, Adrien“ Nathalie, die immer noch in der Tür stand, lächelte ihn warm an. Nun ging alles ganz schnell. Alle seine Freunde hatten von zuhause das jeweilige Weihnachtsessen mitgebracht, das durch die ungeplante Suchaktion teilweise noch unberührt oder erst zur Hälfte gegessen war. Ruck zuck war das sonst so leere und nicht besonders einladende Esszimmer zu einer herrlichen Weihnachtstafel umdekoriert worden, an der alle Platz fanden. Es duftete herrlich und alle erfreuten sich an dem bunten Potpourri an Speisen. Mit Maronen gefüllter Truthahn, Fisch, Ente à l'orange, die passenden Beilagen, Salate, Soßen, Brot-und Käseplatten. Während sich alle über den Hauptgang hermachten, warfen einige aber auch schon die ersten sehnsüchtigen Blicke zu den Desserts, die schon am freien Ende des großen Tisches bereit standen. Den Großteil davon hatten Marinettes Eltern aus der Bäckerei mitgebracht.
Es war ein traumhafter Abend und zwischendrin musste sich Adrien doch noch das ein oder andere Mal in den Arm kneifen, um sicher zu gehen, dass er das tatsächlich erleben durfte. Sein Blick war während des Essens recht häufig hinüber auf die andere Seite des Tisches gewandert auf der Marinette Platz genommen hatte. Es gab da noch etwas, dass ihm den ganzen Abend schon im Hinterkopf herumschwirrte. Das einzige Problem an der Sache war, dass er nicht wusste, wie er damit so Recht umgehen sollte.
Schließlich zu späterer Stunde, als sich alle mit einer Tasse heiße Schokolade zusammengesetzt hatten, um noch etwas zu quatschen, zu singen und den Abend zu genießen, nahm er seinen Mut zusammen. Er tippte Marinette, die sich gerade ihre Tasse wieder nachfüllen wollte, auf die Schulter und als das Mädchen sich umdrehte, wäre ihr um ein Haar der Becher aus der Hand gefallen. Hastig entschuldigte sich Adrien dafür sie erschreckt zu haben und bat sie dann ihm kurz in einen anderen Raum zu folgen. Dort angekommen sah sie ihn mit großen Augen an und gab sich alle Mühe sich zusammenzureißen, was auch immer jetzt kommen möge.
„Also Marinette, ich wollte mich bei dir bedanken“, fing Adrien etwas stockend und holprig an. Überrascht blinzelte sie ein paar Mal und rätselte dabei, was er wohl meinte. „Für das Abendessen? Keine Ursache, es haben schließlich alle etwas dazu beigetragen, dass war kein Problem.“
„Nein… also ja, dafür auch ganz lieben Dank. Ich meinte aber, danke für dein tolles Geschenk.“ Bei diesen Worten stieg Marinette die Röte ins Gesicht. Er hat es also bekommen, dachte sie und freute sich insgeheim sehr darüber. Ein bisschen hatte sie gezweifelt ob sein schweigsamer Bodyguard es ihm tatsächlich überreicht hatte. Bevor sie zu einer Antwort ansetzen konnte, sprach Adrien aber schon weiter. „Es ist mir etwas peinlich. Ich habe nicht damit gerechnet von dir ein Geschenk zu bekommen und dazu noch ein selbstgemachtes.“ Als müsste er ein schlimmes Verbrechen beichten, so schien er sich zu winden und von einem Fuß auf den andern zu treten. Marinette verstand nicht wo das Problem war. Er hatte doch gesagt, dass ihm die Mütze gefällt. Warum verhielt er sich nun so?
Nachdem er noch ein paar Sekunden mit sich gerungen hatte, platze es nun doch aus ihm heraus. Eine Hand in den Nacken gelegt, begann er sehr schnell drauf los zu plappern. „Ich hab aber leider kein Geschenk für dich und das tut mir sehr sehr leid. Weißt du, ich habe hin und her überlegt und versucht noch etwas zu finden, aber…“ Plötzlich unterbrach Marinette ihn und legte, zu ihrer eigenen Überraschung, ihren ausgestreckten Zeigefinger auf seine Lippen, damit er ihr zuhörte. Er verstummte augenblicklich und sah seine Klassenkameradin mit ganz neuen Augen an. „Adrien, mach dir darüber doch keine Gedanken. Darum geht es doch beim schenken gar nicht. Es ist nicht wichtig, ob du auch etwas für mich hast. Das größte Geschenk ist doch, dass ich dir eine Freude machen konnte und das habe ich erreicht. Außerdem…“, sie lächelte breit, „...ist das das wohl schönste Weihnachtsfest überhaupt oder? Und das ist ein Geschenk für jeden, der daran teilnehmen kann.“
Er verstand was sie mueinte und spürte augenblicklich, wie sein schlechtes Gewissen besänftigt wurde und die Sorgen, die er sich anscheinend unnötigerweise gemacht hatte, von ihm abfielen. Sie war so eine gute Seele und eine noch bessere Freundin. In ihrer Nähe fühlte sich Adrien so unbeschreiblich wohl, dass er es jetzt fast albern fand sich so einen Kopf gemacht zu haben. Er grinste sie glücklich an. „Ja, du hast Recht. Ich möchte dir aber trotzdem gern etwas geben.“ Und einem Impuls tief aus seinem Inneren folgend, nahm er sie fest in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
Die Röte, die nun ihre Wangen färbte, hätte es locker mit dem Farbton der Wollmütze aufnehmen können, die sie für ihn gemacht hatte und er gluckste angesichts ihrer sichtbaren Verlegenheit.
Mit leuchtenden Augen sah sie schließlich zu ihm auf und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie wusste nicht genau, was sie ausgerechnet jetzt und ausgerechnet hier dazu trieb und wie sie es überhaupt fertig brachte, aber sie atmete tief durch – jetzt oder nie. „Adrien, ich muss…dir was sagen.“
Erwartungsvoll sah er sie an. „Ja? Was denn?“
„Ich…also ich…“, begann sie und bevor sie wieder in alte Muster fiel, rief sie sich selbst zu Räson und fuhr fort. „Ich bin in dich verliebt.“ Jetzt war es raus. Sie hatte es wirklich getan. Erstaunlicherweise ging es ihr jetzt gerade ziemlich gut. Eine Last war von ihr abgefallen. So schnell dieses Gefühl eingesetzt hatte, war es auch schon vorbei und wich Sorge und Ungeduld.
Adriens Lächeln erstarb ganz langsam und ein schmerzerfüllter Ausdruck wich dem freudigen Strahlen. „Marinette, ich…“, sagte er nach einiger Zeit und bedauerte bereits, was er jetzt tun musste. „Ich mag dich sehr, aber …ich bin in eine andere verliebt.“
Sich musste sich arg zusammenreißen nicht sofort aus dem Zimmer zu fliehen und sich irgendwo zum Weinen zurückzuziehen. Aber ihr Gesicht spiegelte ihre Gefühle wieder. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Natürlich empfand er nicht so für sie, wie sie für ihn.
Adrien hätte sie gern in den Arm genommen um sie zu trösten, befürchtete aber, dass das jetzt nicht das war, was sie wollte und brauchte. So beschloss er wenigstens ehrlich zu sein, denn er wusste Marinette würde ihn dafür auch sicher nicht auslachen. „Weißt du...“, setzte er an und versuchte sie mit seinen Worten nicht zu kränken. „…ich empfinde schon sehr lange etwas für sie. Wahrscheinlich ist es ziemlich dumm, aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut oder die Gefühle abstellen. Ich bewundere sie eben so sehr, wie ich sie liebe, obwohl meine Chancen wahrscheinlich gleich Null sind. Wieso sollte sich Ladybug auch ausgerechnet für mich interessieren…“ Unabsichtlich hatte er doch weiter ausgeholt als er wollte und war nebenbei in seinem eigenen Liebeskummer versunken. Jetzt hatte er ein schlechtes Gewissen Marinette gegenüber, weil er so unsensibel ihr gegenüber geworden war und wollte sich gerade entschuldigen, als er sah, dass sie ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
„Du bist…du…bist…in…“, stotterte sie ungläubig und Adrien interpretierte es auf genau die falsche Art und Weise.
„Ja das ist lächerlich, ich weiß schon…“, geknickt wandte er sich mit gesenktem Kopf ab. Er hatte Marinette anscheinend falsch eingeschätzt. Jetzt machte sie sich auch noch über ihn lustig.
Schnell trat sie auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Nein, nein… das ist es nicht.“ Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Adrien war in Ladybug verliebt! War das nur ein Traum oder passierte das gerade wirklich? Jetzt gab es nur noch eines, was sie tun konnte. „Ich glaube, ich muss dir noch etwas sagen.“ Und ohne eine Antwort oder Reaktion abzuwarten, gestand sie ihm ihr Geheimnis. „Ich bin Ladybug…“
Sofort fuhr er herum und sah sie erst hoffnungsvoll an. Kurz dachte er, dass sie sich einen Spaß mit ihm erlaubte, doch sie nahm ihr kleines Handtäschchen zur Hand und ließ den Schnappverschluss aufklappen. Heraus schwebte ein kleines rotes Wesen mit drei großen schwarzen Punkten auf dem Kopf. Bevor er etwas sagen konnte, rief sie: „Tikki, verwandel mich.“
Fassungslos schaute er zu, wie sich seine Klassenkameradin Marinette vor ihm zu seiner Ladybug transformierte und er schalt sich selbst einen Idioten, weil er anscheinend Blind und Dumm war.
Weder stark noch selbstbewusst trat sie heute auf, trotz der Heldenmaske und dem Kostüm. Sie wirkte genau wie vorher, wie ein schüchternes Mädchen und wusste plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte.
Er wusste aber ganz genau, was er jetzt zu tun hatte. Er lüftete sein Hemd auf einer Seite und sagte: „Komm raus.“ Etwas murrend flog der kleine faule Kater aus seinem Versteck und blieb in der Luft neben Adrien schweben. Er hob die Pfote zum Gruß und grinste angesichts von Ladybugs erstarrtem Gesicht. „Damit hättest du jetzt nicht gerechnet, was?“
„Plagg, sei nicht so vorlaut.“ Adrien war sein frecher Kwami sichtlich unangenehm und unsicher blickte er zu der Heldin, die immer noch mit großen Augen im Raum stand. „Verwandel mich zurück“, sagte sie tonlos und Tikki erschien wieder neben ihr.
„Also…“, begann Adrien zögernd. „Mir ist das verdammt unangenehm.“
„Frag mich mal…“ Marinette schien es in dieser Situation ebenso zu gehen.
„Ich find es ziemlich amüsant“, warf Plagg ein und Adrien strafte ihn mit einem bösen Blick. Ebenso Tikki, die nur verständnislos den Kopfschüttelte. Allerdings wand sich der Junge schnell um, denn er hörte Marinette kichern. Erstaunt zog er die Stirn kraus.
„Überleg doch mal. Weißt du wie albern das eigentlich ist?“, fragte Marinette und konnte sich kaum noch zurückhalten. All die Enttäuschung und Trauer war von ihr abgefallen, denn ihr war klar geworden in was für einem Gefühlschaos sie gesteckt hatten. Cat Noir, der in Ladybug verliebt war und dann sie, die ihr Herz an Adrien verloren hatte. Sie hatten sich die ganze Zeit im Kreis gedreht, dabei wäre es so einfach gewesen. Sie beobachtete, wie er darüber nachdachte und sich seine Miene dann aufhellte und er ebenfalls grinsen musste.
„Weißt du was?“, fragte Adrien und sah dabei so glücklich und zufrieden aus, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. „Ich hätte nie gedacht, dass dieses Weihnachten noch besser werden könnte. Wenn wir den akumatisierten Weihnachtsmann mal beiseite lassen.“
Marinette schaute schuldbewusst drein. Immerhin war sie für das Dilemma verantwortlich gewesen und sie hatte immer noch ein schlechtes Gewissen deswegen, weil sie vollkommen überreagiert hatte aus Sorge um ihren Schwarm.
Adrien, der mitbekommen hatte, dass sie sich schon wieder viel zu viele Gedanken machte, beschloss sie ganz einfach und effektiv abzulenken. Er ging auf sie zu und bevor sie es sich versah, legte er seine Arme um sie und drückte seine Lippen auf ihre. Und nun war es auch für Marinette das schönste Weihnachtsfest von allen.
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