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Zentaurentanz

186
09.09.18 10:58
16 Ab 16 Jahren
Fertiggestellt

Zentaurentanz

Die Kinder führten sie nun schon eine Weile durch den Wald, ein schauderhafter Ort, überall stolperte man über Wurzeln oder riss sich die Haare an Zweigen und Ästen.
„Wie weit noch?“, fauchte sie. Wenn diese Kinder erwarteten, dass sie, Dolores Jane Umbridge, sich von ihnen ohne Grund durch den Wald schleifen ließ, hatten sie sich getäuscht. Die Waffe konnte doch nicht weit sein, immerhin marschierten sie schon eine Ewigkeit durch die Finsternis. Umbridge hob den Zauberstab ein Stück höher, um ihre Ungeduld deutlich zu zeigen.

Etwas rauschte knapp an Grangers Kopf vorbei und Umbridge erkannte einen Pfeil, der sich tief in das Holz eines Baumes gebohrt hatte. Mit der Stille war es vorbei, Hufgetrappel erfüllte die Luft. Sie packte Potter am Kragen und zog ihn vor sich, wenn jemand sterben sollte, dann doch lieber er. Doch als sie erkannte, wer ihre Angreifer waren, fuhr sie zusammen.
Mindestens fünfzig Zentauren waren zwischen den Bäumen hervorgetreten und hatten ihre Pfeile in ihren gespannten Bögen auf sie gerichtet. Auf sie, diese Halbmenschen wagten es, sie zu bedrohen. Doch trotzdem war Umbridge unfähig zu sprechen. In ihrem Kopf kämpften die Gefühle miteinander, Zorn, Angst, Wut und diese verhasste Hilflosigkeit wechselten einander ab. Und als einer dieser Halbmenschen das Wort an sie richtete, erhob sich die Wut.

„Ich bin Dolores Umbridge“, erklärte sie mit, ihrer Meinung nach fester Stimme. Doch sie verfluchte sich für den schrillen Klang. „Erste Untersekretärin des Ministers und Großinquisitorin von Hogwarts.“
„Du bist vom Zaubereiministerium?“, fragte ein Zentaur mit braunem Pferdekörper. Irgendwas in seinem Blick ließ Umbridge zusammensinken.
„So ist es. Also sei sehr vorsichtig.“ Zeig ihnen, was passiert, wenn sie dich angreifen, sagte sie sich selbst. „Nach den Gesetzten der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe ist jeder Angriff auf einen Menschen durch Halbblüter, wie ihr es seid …“
„Wie hast du uns genannt?“ Der Ruf eines schwarzen Zentauren ließ sie verstummen.
„Sie dürfen sie nicht so nennen“, hörte Umbridge die Stimme des Mädchens hinter ihr. Doch sie ignorierte es und hob zitternd den Zauberstab. Der funkelnde Kristall, der vom Holz eingefasst wurde, gab ihr etwas Mut.
„Gesetz Fünfzehn B besagt, dass ‚jeglicher Angriff durch ein magisches Geschöpf, das nach allgemeinem Dafürhalten annähernd menschliche Intelligenz besitzt und daher für seine Taten verantwortlich gemacht werden kann …‘“
„Annähernd menschliche Intelligenz?“, faucht der braune Zentaur. „Wir betrachten dies als schwere Beleidigung.“
„Was habt ihr in unserem Wald zu suchen?!“, kam ein Ruf von weiter hinten.

Nun war es genug. Diese Halbblüter sollten sich glücklich schätzen, dass sie hier überhaupt leben durften, dass sie nie von hier vertrieben werden würden, da das Ministerium mitfühlend war und auch für Halbblüter sorgte.
„Euer Wald?“, fauchte Umbridge. „Ich möchte euch daran erinnern, dass ihr nur hier lebt, da das Zaubereiministerium euch auf gewissen Ländereien duldet …“
Ein Pfeil flog auf sie zu, mit einem Aufschrei fuhr sie zusammen und hörte wie von fern das Gelächter der Zentauren.
„Wessen Wald ist das nun, Mensch?“, brüllte der schwarze Zentaur mit donnernder Stimme.
Es genügte. „Schmutzige Halbblüter!“, fauchte sie. „Viecher! Ungezähmte Tiere!“ Sie ließ ihren Zauberstab durch die Luft peitschen. „[style type=“italic“]Incarcerus![/style]“ Seile peitschten durch die Luft und fesselten den nächststehenden Zentauren. Als wäre dies das Signal gewesen, griff die Herde an. Wie eine wogende Masse schoss sie auf sie zu, Umbridge sah nur noch, wie die beiden Kinder abtauchten. Mögen sie zertrampelt werden, die Bälger. Sie schoss Schockzauber um Schockzauber ab, doch ein Huftritt schlug ihr den Zauberstab aus der Hand.
„Nein!“ Hände packten sie an Armen und Beinen, hoben sie hoch und trugen sie mit sich. „Neeein! Ich bin die erste Untersekretärin des Ministers!“ Die wilden Tiere mussten sehen, was für Konsequenzen es geben würde, wenn sie ihr etwas antaten. „Lasst mich los!“
Doch es brachte nichts, die Herde entführte sie in rasendem Galopp. Egal, wie sehr sie sich wand, die Tiere hielten sie unerbittlich fest. Zweige peitschten ihr ins Gesicht und das Gerüttel machte es ihr schwer zu sprechen, doch sie schrie, immer noch unerbittlich. So ging es, bis der Zentaur, der sie festhielt, sie einfach fallen ließ. Umbridge hob langsam den Blick, bevor sie sich, genauso langsam, auf die Füße erhob.

Sie befand sich in einer Senke, einer laubbedeckten, baumlosen Senke. Mindestens zweihundert Zentauren hatten sich positioniert und ihr jeglichen Fluchtweg abgeschnitten. Und sie zogen den Kreis immer enger. Im Gleichschritt kamen sie näher, ihre Hufe machten deutliche Geräusche auf dem Boden, trotz des Laubes. Es klang wie ein Todestrommeln.
Einer der Zentauren hob seinen Bogen und schoss einen Pfeil auf sie ab, Umbridge sah die schimmernde Spitze wie in Zeitlupe auf sich zurasen. Der Pfeil schoss so knapp an ihrem Gesicht vorbei, dass die Spitze ihr die Wange aufritzte. Sie stieß einen Schrei aus und warf sich zur Seite. Wieder erklang das Gelächter der Zentauren, zusammen mit den donnernden Huftritten wirkte es noch schauriger.
Ein weiterer Pfeil flog auf sie zu. Das schnalzende Geräusch der Bogensehne klang ihr in den Ohren, als der Pfeil am Boden aufkam, genau zwischen dem Zeige- und Mittelfinger ihrer linken Hand.

„Ihr dürft mir nichts tun, das Ministerium würde …“
„Das Ministerium kümmert uns nicht, Mensch. Sie haben uns ebenso wenig etwas vorzuschreiben, wie du. Und du wirst erfahren, was mit Menschen geschieht, die uns herausfordern.“ Ein weißer Zentaur hatte gesprochen und gab jetzt ein Zeichen mit seiner Hand. Mehrere Zentauren lösten sich aus der Menge, darunter der schwarze Halbmensch, der sie festgehalten hatte und der braune mit dem grimmigen Gesicht. Sie näherten sich ihr und zogen nun Kreise um sie herum, mit festem Stampfen setzten ihre Hufe auf. Umbridge zog ihre Hände näher an ihren Körper. Die Pferdeleiber der Zentauren ragten hoch über ihr auf, doch sie wagte nicht, aufzustehen. Die Blicke der Zentauren hielten sie am Boden.
„Was sind wir für dich, Mensch!“ Die kalte Stimme eines grauen Zentauren drang in ihr Ohr. Sie klang nah, genauso wie die trampelnden Hufe, die ihrem Körper immer näher kamen.
„Antworte, Mensch!“
Umbridge wimmerte, unfähig zu antworten. Doch sie hatte immer noch ihren Stolz. „Schmutzige Halbblüter. Wilde ungesittete Tiere, die man nie frei laufen lassen sollte.“ Ihre Stimme wurde mit jedem Wort schriller.
Mit einem Ruck wurde sie hochgerissen.
„Wilde Tiere sind wir für dich? Nun, dann sollst du mit deiner Entscheidung leben.“ Der weiße Zentaur schleppte sie zwischen die Bäume. „Renn nur, Menschlein.“

Und Umbridge rannte, zunächst schien es, als hätten die Zentauren sie freigelassen, doch eine schnalzende Bogensehne und ein dumpfes Geräusch, als der Pfeil den Baum dicht neben ihrem Kopf traf, belehrten sie eines Besseren. Sie rannte durch den Wald, stolperte über Wurzeln, immer verfolgt von den brüllenden, Pfeile auf sie schießenden Zentauren. Das Donnern der Hufe war ein beständiger Lärm hinter ihr, welcher stetig lauter zu werden schien.
Sie musste immer wieder die Richtung wechseln, da die Herde ihr den Weg abschnitt. Und irgendwann konnte sie nicht mehr, brach einfach im Laub zusammen und barg ihr Gesicht wimmernd in ihren Händen. Sie wurde erneut hochgerissen und unter grölendem Gelächter zur Senke zurückgebracht. Und jetzt schrie sie, sie schrie ihre Angst heraus.

Die Zentauren hatten es darauf abgesehen, ihre Gefangene einzuschüchtern, zu Tode zu ängstigen. Sie verletzten Umbridge nicht. Aber wenn sie mit ihren trampelnden Hufen in ihre Nähe kamen, reichte das aus, um der kleinen Frau ein immer lauter werdendes Wimmern zu entlocken. Sie zogen ihre Kreise, mit Fackeln in den Händen, welche sie immer wieder zu Umbridge herabsenkten. Und diese schrie, vor Angst, vor Panik. Dabei jedoch merkte sie in ihrer Angst nicht, dass die Zentauren sie nie verletzten, bis auf den leichten Kratzer, den der Pfeil hinterlassen hatte und der blauen Flecken der Treibjagd war sie nicht verwundet worden.
Wie lange wollten diese Wesen sie noch quälen? Genügte es nicht langsam? Umbridge lag inzwischen nur noch auf dem Laub, taub gegenüber dem Spott, den es hagelte. Die Herde hatte sich entfernt, nur eine Wache hatten sie bei ihrer Gefangenen gelassen. Doch die Frau rührte sich nicht, starrte nur in die dunklen Tiefen der Bäume.

Irgendwann merkte sie, wie sie hochgehoben wurde. Sie öffnete die Augen leicht und erkannte den langen Bart von Albus Dumbledore. Dumbledore sagte etwas, was sie nicht verstand, doch der kalten Stimme des Zentauren entnahm sie die Worte.
„Ihr dürft sie nehmen, Mensch. Sie hat ihre Lektion gelernt.“ Umbridge tat so, als sei sie bewusstlos, den ganzen Weg durch den Wald. Sie wollte diesem alten Mann nicht die Genugtuung verschaffen, dass sie sich im wachen Zustand von ihm tragen ließ. Und irgendwann versank sie tatsächlich in Finsternis.

Umbridge sprach nicht. Sie starrte nur an die Decke des Krankenzimmers. In ihr kämpften die Gefühle, der Schock gegen die Wut, hilflos gewesen zu sein, hilfsbedürftig gewesen zu sein. Sie tat nach wie vor so, als sei ihr Schock noch zu groß, um zu sprechen, um niemandem danken zu müssen, sie gerettet zu haben. Doch bei jedem schnalzendem Geräusch fuhr sie in die Höhe, in Erwartung eines Pfeils, der auf sie zuraste.

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Kurzbeschreibung

„Im Gleichschritt kamen sie näher, ihre Hufe machten deutliche Geräusche auf dem Boden, trotz des Laubes. Es wirkte wie ein Todestrommeln.“ | Dolores Umbridges Angst vor Zentauren hat einen Grund. Jene Nacht im Wald, nachdem sie von ihnen entführt wurde. Was geschah, nachdem die Zentauren sich von Harry und Hermine getrennt hatten und Umbridge in die Schatten des Waldes gezogen hatten?

Kategorisierung

Diese Fanfiction wurde mit Angst getaggt.