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Sie hatten keinen guten Start gehabt.
Anders könnte man die erste Begegnung von Molly Weasley und Fleur Delacour wohl nicht bezeichnen, und das obwohl beide ihrem Treffen mehr oder weniger mit Optimismus entgegengesehen hatten. Naja, eigentlich war nur Fleur optimistisch gewesen. Mrs. Weasley hatte sich zwar vorgenommen, dem ganzen möglichst unvoreingenommen entgegenzutreten, doch die Reaktion ihrer Tochter Ginny, als diese von der Beziehung zwischen Bill und Fleur erfahren hatte, hatte das so ziemlich unmöglich gemacht.
Es hatte bereits damit begonnen, dass Fleurs erster Besuch im Fuchsbau gleichzeitig das erste Mal war, dass sie auf einen Gnom traf. Genauer gesagt war es auch das erste Mal, dass sie von einem Gnom angegriffen wurde. Zumindest würde sie es so beschreiben; würde man Mrs. Weasley fragen, würde diese das genaue Gegenteil behaupten.
Bill Weasley hatte beschlossen, seine Freundin und seine Eltern im Sommer miteinander bekannt zu machen. Er hatte in Fleur seine große Liebe gefunden, wie er meinte, und Mrs. Weasley als seine Mutter war natürlich mehr als gespannt, in was für ein Mädchen sich ihr ältester Sohn verliebt hatte. Ein Teil von ihr hoffte darauf, dass es eine bodenständige junge Frau war, die Bill endlich einmal davon überzeugen konnte, sich seine für ihren Geschmack viel zu langen Haare kürzer zu schneiden. Das, was sie bisher von ihren anderen Kindern über die Angebetete ihres Sohnes erfahren hatte, ließ ihre Hoffnungen allerdings schwinden. Trotzdem hätte sie sich ihren ersten Eindruck nicht so vorgestellt.
Fleur Delacour war eine überaus attraktive Hexe mit langen, silberblonden Haaren und einer (besonders für Männer) faszinierenden Art. Als Ron von ihr gesprochen hatte, war er regelrecht ins Schwärmen gekommen. Doch trotz ihrer durchaus auffallenden Schönheit war es nicht ihr Äußeres, was Mrs. Weasley als erstes von der jungen Hexe mitbekam; das erste, was sie von ihr hörte, war ein lauter, schriller Schrei, als die Französin mit Bill mitten im Hof und nur wenige Zentimeter von einem verirrten Gnom entfernt apparierte und dieser vor Schreck laut zeternd zur Seite sprang. Als Molly schließlich mit erhobenem Zauberstab und halb in Erwartung eines Angriffs nach draußen stürmte, sah sie nur einen lachenden Bill und eine sich an ihm festklammernde Fleur.
Die rothaarige Hexe hatte sich ihren Teil dazu gedacht, während sie ihren Zauberstab wegpackte, hatte sich aber darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Trotzdem konnte sie nicht umhin, als die junge Französin skeptisch zu betrachten. Das war also das Mädchen, das Bill den Kopf verdreht hatte.
Lange dauerte Bills Besuch allerdings nicht an. Sehr zu Mrs. Weasleys Bedauern musste ihr Ältester genauso schnell wieder fort, wie er hergekommen war; er hätte irgendeine wichtige Aufgabe für Gringotts zu erledigen. Gleich nachdem er ihre Koffer reingebracht hatte, verabschiedete er sich auch schon wieder und verschwand kurz darauf mit einem leisen ‚Plop‘.
Nun also saßen sich die beiden Frauen alleine gegenüber am Tisch in der kleinen, vollgestopften Küche, wobei Fleur den Platz besetzt hatte, den normalerweise Ginny für sich beanspruchte. Da Ginny und die restlichen Bewohner des Fuchsbaus allerdings noch schliefen und nur Mrs. Weasley selber und Arthur, der bereits arbeiten musste und daher nicht da war, wach waren, sagte sie nichts dagegen.
Mrs. Weasley hatte vor der Ankunft der beiden begonnen, Frühstück zu machen, sodass sich allmählich der köstliche Duft von Würstchen, die in der Pfanne brutzelten, in der Luft ausbreitete, und hin und wieder hörte man das leise Klirren der Teller, als sich das Geschirr vom Vortag wie von selbst abwusch. Es war ein typischer, friedlicher Morgen im Fuchsbau, und doch schaffte sie es jetzt, da sie der Freundin ihres Ältesten gegenüber saß, nicht, sich gänzlich zu entspannen. Es lag an der Art, wie Fleur dasaß, mit durchgestrecktem Rücken, hoch erhobenem, arrogant wirkendem Blick, die Hände im Schoß gefaltet. Sie wirkte in der unordentlichen Küche so unglaublich fehl am Platz.
„Also“, startete Mrs. Weasley einen Versuch, ein Gespräch in Gang zu bringen. „Wie habt ihr euch beide eigentlich kennengelernt?“
Fleur sah sie mit ihren großen blauen Augen an. Molly musste dabei unwillkürlich an jene Schaufensterpuppen denken, die die Muggel in den Schaufenstern ihrer Geschäfte aufstellten. „Wir ‘aben uns suum ersten Mal suur letzten Aufgabe des Trimagischen Turniers gese’en und ‘aben uns sofort verliebt. Er sah so gut aus, er ist mir sofort aufgefallen. Seine selbstsischere Art, sein scharmantes Lächeln …“ Sie lächelte, als sie das sagte. Molly fragte sich, ob Bill ihr auch aufgefallen wäre, wenn er nur halb so gut aussehen würde. „Im Sommer nach dem Turnier ‘abe isch einen Teilseitschob bei Gringotts angenommen, um mein Englisch suu verbessern. Bill gibt mir Sprachunterrischt, und so ‘aben wir uns näher kennengelernt.“
Eine leise Stimme in Mrs. Weasleys Kopf vermutete, dass die Französin den Job weniger wegen ihrer Sprachkenntnisse als wegen Bill angenommen hatte.
„Jedenfalls dachte Bill, dass isch seine Familie kennlernen sollte. Immerhin kennen wir uns schon seit einem Jahr und … ah, das will Bill eusch selber sagen.“
Molly horchte auf. „Was will er uns selber sagen?“, fragte sie rasch nach und warf der blonden Hexe einen prüfenden Blick zu. Etwas an der Art, wie Fleur ihre Erzählung abgebrochen hatte, ließ sie ahnen, dass es ihr nicht gefallen würde.
Fleurs Wangen färbten sich leicht rosa, als sie verlegen zur Seite blickte. „Non, isch darf es nischt verraten. Es soll eine Überraschung werden.“
Mrs. Weasley ließ nicht locker. „Oh, ich kann ja so tun, als ob ich überrascht wäre, wenn er es uns sagt“, meinte sie übertrieben freundlich. Wenn du schon damit anfängst, dann bring es auch zu Ende. Den letzten Teil sprach sie nicht laut aus.
Fleur schien eine Weile lang zu überlegen, doch der Wunsch, sich anderen mitzuteilen, schien letztendlich Überhand zu gewinnen. „Bill und isch ‘aben uns verlobt!“, platzte es schließlich begeistert aus ihr heraus.
Mollys Gesichtszüge entgleisten ihr und sie starrte Fleur entgeistert an. Diese interpretierte ihren Gesichtsausdruck völlig falsch. „Isch weiß, ist das nischt wundervoll?“, meinte sie strahlend, wohl in der Annahme, Mrs. Weasley würden vor Freude die Worte fehlen.
Der älteren Frau fehlten tatsächlich die Worte, jedoch weniger vor Freude als aus Entsetzen. Verlobt? Ihr Bill und diese … dieses puppenhafte Etwas?
Molly wusste, dass sie sich eigentlich für ihren Sohn freuen sollte. Hatte sie sich nicht gewünscht, dass Bill doch endlich heiraten möge? Ja, hatte sie. Aber musste es jemand wie Fleur sein? Sie wusste nicht wieso, aber die junge Hexe war ihr unsympathisch. Nun ja, eigentlich wusste sie ja den Grund. Fleur wirkte schlicht und einfach arrogant und oberflächlich, und Mrs. Weasley würde glatt ihren Zauberstab darauf verwetten, dass es ihr nur ums Aussehen ging – sowohl um das von Bill als auch um ihr eigenes.
„Aber … ihr kennt euch doch erst seit einem Jahr. Ist das nicht ein wenig früh?“, sagte sie vorsichtig.
Fleur machte eine abfällige Handbewegung. „Bill und isch sind füreinander bestimmt. Wir können es fühlen. Wieso sollten wir da warten?“
Mrs. Weasley wollte bereits eine schnippische Antwort geben, hielt sich zurück. Die beiden waren noch jung, da überstürzte man Sachen eben. Sie würde das Ganze nachher mit Bill bereden, ob er sich das wirklich gut überlegt hatte. Er war immerhin ein vernünftiger, erwachsener Mann. „Dann kann ich nur ‚Herzlichen Glückwunsch‘ sagen“, gab sie schließlich nach und überwand sich zu einem Lächeln. Ihre Menschenkenntnisse waren gut genug, um sie wissen zu lassen, dass eine Diskussion sich jetzt nichts bringen würde.
Die Blondine lächelte sie überglücklich an. „Wir ‘aben schon mit den Planungen für die ‘Ochzeit begonnen. Wenn Bill zurück ist, müssen wir das unbedingt bespreschen.“
„Natürlich“, erwiderte Molly geistesabwesend und stand auf, um nach den Würstchen zu sehen, unfähig, jetzt noch ein Gespräch zu führen. Dafür saß der Schreck zu tief. „Bis dahin kannst du mir helfen, Frühstück zu machen“, fügte sie hinzu und stellte einigermaßen zufrieden fest, dass Fleur ihrer Aufforderung sofort nachkam.
Während Mrs. Weasley sich um die Rühreier kümmerte, deckte Fleur den Tisch. Molly warf ihr hin und wieder einen kurzen Seitenblick zu. Sie musste eindeutig mit Bill reden. Aber was wäre, wenn er sich nicht davon abbringen lassen würde? Sie versuchte, sich Fleur als ihre Schwiegertochter vorzustellen. Ganz so wollte das nicht ihren Kopf reingehen.
Als sie das abgewaschene Geschirr mit einer kurzen Bewegung ihres Zauberstabs wegräumte, grübelte sie darüber nach, wie sie Bill zeigen konnte, dass es besseres gab. Gedankenversunken beförderte sie die Rühreier direkt neben die Würstchen auf den Tisch und setzte sich hin.
Fleur setzte sich neben sie, die Schultern gestrafft und den Blick gehoben, und griff nach den Würstchen. „Isch freue misch so, ‘ier zu sein!“
Mrs. Weasley lächelte sie an. „Wir freuen uns auch“, sagte sie. ‚Ich werde Tonks morgen zu uns einladen‘ war, was sie dachte. Tonks hat wenigstens keine Angst vor Gnomen.
Ja, Tonks war eine gute Idee.
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issachar • Am 19.04.2018 um 21:26 Uhr | |
Hallo! Da ich gerade nach Geschichten im HP-Forum suche, wohl,um alten Erinnerungen nachzujagen, stieß ich auf deinen One-Shot. Sprachlich ist er gut, auch kann ich mich vollkommen in Molly und, da du den französischen Akzent so wunderbar imitieren kannst, auch in Fleur. Esist mir in der Tat rätselhaft, wie Fleur und Bill zueinander gefunden haben. Die passen nicht recht - meint man. Allerdings spielt die gute Rowling da genau mit jenem Phänomen, was man immer wieder findet: Männer, die etwas im Kopf haben, suchen sich Frauen, die ... aber Stopp, das stimm ja so auch nicht. Fleur scheint ja nur oberflächlich zu sein. Ist sie es tatsächlich? Nein. DeineGeschichte ist gut. Molly tritt mir lebendig vor Augen und auch Fleur in ihrerArglosigkeit und Freude darüber, die Familie Weasley kennenzulernen. Sehr sympathisch - sie kann einem ja fast schon leidtun. Ja, Mollys Herz muss sie erst noch erobern. Aber dann, wenn sie es geschafft hat, lässt Molly sie nicht mehr los. LG issachar^^ Mehr anzeigen |
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