Ein sanfter Wind wehte Celebrían um die Nase, als sie um eine weitere Felswand bog und endlich das verborgene Tal vor Augen hatte, von dem ihre Mutter gesprochen hatte. Mit leuchtenden Augen blickte sie sich um und bewunderte die blühende Frühlingslandschaft, die sich vor ihr ausbreitete. In der Ferne hörte sie einen Wasserfall rauschen, Vögel flogen zwitschernd umher. Hätte sie es nicht gewusst, sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass dieses Tal noch vor einem Jahr von einer Armee des Feindes belagert worden war.
»Und du sagst, Vater hat hier zusammen mit Herrn Elrond eine Festung errichtet?«, wandte sie sich an ihre Mutter.
»So schrieb er es mir«, bestätigte Galadriel. Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf ihre Züge, als sie sich zu ihrer Tochter herüberbeugte. »Bist du schon gespannt, Elrond kennen zu lernen? Viele junge Elbinnen in deinem Alter schwärmen von ihm.«
»Mutter!«, entrüstete sich Celebrían.
Diese lachte jedoch nur.
Sie trieben ihre Pferde an und ritten weiter das Tal hinab, einem verborgenen Pfad folgend, den sie ohne ihren Führer aus dem Hausvolk Celeborns und Elronds sicher nicht gefunden hätten. Celebrían wusste vor Begeisterung gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollte. Es dauerte erstaunlich lang, bis tatsächlich die Festung von Imladris in ihr Blickfeld geriet; sie war in der Tat sehr gut verborgen.
»Ich dachte, Vater hätte eine Festung erbaut, aber das sieht aus wie ein Landsitz«, stellte sie erstaunt fest.
»Tochter, ich sehe doch, wie dich all das begeistert«, stellte Galadriel fest. »Was hältst du davon, wenn ich vorausgehe und der Pflicht nachkomme, und du dich derweil noch ein wenig umsehen kannst?«
Celebríans Augen strahlten. »Sehr gern!« Jetzt konnte ihr Vater sicher noch ein paar Augenblicke länger warten, bis sie sich wiedersahen.
Galadriel trenne sich also von ihrer Tochter und ritt mit ihrem Gefolge voran, während Celebrían mit ihrer Zofe Laerwen auf Erkundungsgang ging.
»Das ist alles so aufregend!«, bemerkte Laerwen. »Stellt Euch das einmal vor: Euer Vater ist mit Herrn Elrond hierher geflüchtet, hat aus dem Nichts all das hier erbaut und sogleich wurden sie belagert. Und dann kam der Hohe König Gil-galad in seiner strahlenden Rüstung und hat hunderte Orks erschlagen!«
Celebrían kicherte. »Du liest zu viele von diesen Abenteuerromanen, Laerwen«, sagte sie.
Die beiden Frauen machten sich daran, Imladris zu erkunden. Nichts hier wirkte wie eine Festung, eher wie ein einladendes Haus, in dem sich müde Wandersleute ausruhen und sich den Staub der Straße von den Kleidern waschen konnten. Alles wirkte so ehrwürdig, als würde es schon viele Jahre hier stehen. Spuren einer Belagerung waren zu Celebríans Erstaunen nirgends zu sehen. Ihr Vater und Herr Elrond mussten wirklich fähige Baumeister haben, wenn sie all das hier hatten verwirklichen können.
Sie verbrachten einige Zeit damit, das Haus und dessen Umland zu erkunden. Hier und da fanden noch immer Bauarbeiten statt, doch im Großen und Ganzen war Imladris fertiggestellt und strahlte eine herrschaftliche Würde aus. Celebrían fragte sich, ob Mutter beschließen würde, mit Vater hier zu wohnen, oder ob sie nach Lórinand zurückkehren würden. Sie würde die Wälder vermissen, aber hier gefiel es ihr ebenso und die Leute, denen sie begegnete waren freundlich und zuvorkommend.
Schließlich kamen Celebrían und Laerwen zu einem kleinen Garten, der etwas verborgen hinter dem Herrenhaus lag. Der angenehme Duft von Kräutern schlug ihnen entgegen und Bienen und andere Insekten summten umher.
»Herr Elrond soll sehr bewandert in der Heilkunde sein, heißt es«, sagte Laerwen. »Das ist bestimmt sein Garten.«
»Ich möchte ihn mir ansehen«, sagte Celebrían und wartete gar nicht erst Laerwens Protest ab, sondern ging sogleich forsch durch das Gartentor.
Der Garten war ein kleines Reich für sich. Alle Beete waren sauber voneinander abgetrennt und verliefen in geraden Reihen. Kleine Tonschildchen steckten in der Erde. Als Celebrían sich herabbeugte, um sie genauer zu mustern, sah sie, dass sie mit den Namen der angebauten Pflanzen beschriftet waren. Manch einen hatte sie noch nie gehört und sie fragte sich, wozu die Kräuter wohl verwendet würden.
Mit einem Male trat Laerwen an ihre Seite und zupfte an ihrem Ärmel. »Herrin, ich glaube, da hinten steht Herr Elrond«, wisperte sie ihr zu.
Mit einem leisen »Oh!« wandte sie sich um und tatsächlich: Dort stand Gil-galads Herold zwischen den Säulen des Arkadenganges, der an den Garten anschloss. Eilig machte Celebrían einen Knicks und ihr Herz begann zu flattern. Sie hatte sich Herrn Elrond weitaus kriegerischer vorgestellt, doch stattdessen war er in elegante weite Roben gekleidet und wirkte viel mehr wie ein Gelehrter als ein General.
Er trat zwischen den Säulen hervor und näherte sich ihr. Laerwen zog sich mit einer Verbeugung ein paar Schritte zurück. Er räusperte sich.
»Ihr müsst Meister Elrond sein«, sagte Celebrían. »Ich bin Celebrían, Galadriels Tochter. Bitte verzeiht, wenn ich unerwünscht in Euren Garten eingedrungen bin.«
»Ihr müsst Euch nicht entschuldigen«, sagte er eilig. »Eigentlich müsste das viel mehr ich. Wo habe ich nur meine Manieren gelassen, als ich mich nicht vorstellte? Ja, ich bin Elrond, der Herr dieses Hauses, und heiße Euch herzlich in Imladris willkommen.«
»Das ist zu freundlich von Euch.«
Darauf folgte eine unangenehme Stille, in der keiner von beiden so wirklich wusste, was sie sagten sollten. Celebrían versuchte sich an einem Lächeln, in dem ihre Befangenheit hoffentlich nicht allzu sehr hindurch schien.
Elrond räusperte sich erneut. Stahl sich da eine leichte Röte auf seine Wangen? »Nun, Eure Mutter hatte mir bereits gesagt, dass Ihr Euch mein Haus ansehen wolltet. Wollt Ihr, dass ich Euch ein wenig herumführe? O nein, wie unhöflich von mir! Ihr wollt sicher zuerst mit Celeborn reden, nicht wahr?«
Das brachte Celebrían zum Schmunzeln. Herr Elrond war so gänzlich anders, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Gil-galads Vizeregent war in Gegenwart einer Dame vielmehr ein nervöser kleiner Junge. Sie musste kichern.
»Es wäre mir eine große Ehre, wenn Ihr mir Euer Haus zeigt«, sagte sie, jetzt schon deutlich entspannter. »Aber wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich wirklich gern vorher mit meinem Vater reden.«
»Natürlich!« Er reichte ihr den Arm und sie hakte sich unter, um sich von ihm zu ihrem Vater führen zu lassen. Höflich und zuvorkommend war er auf jeden Fall.
Das Wiedersehen zwischen Tochter und Vater war herzlich. Seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, waren lange Jahre vergangen und ein Krieg hatte Eregion, ihre alte Heimat, verwüstet.
»Ich bin so froh, dass dir nichts geschehen ist, Vater!«, sagte Celebrían. »Ich hatte mir solche Sorgen gemacht, als ich hörte, was in Eregion und später hier geschehen ist.«
»Ich habe an nichts anderes als meinen wunderschönen Sternenschein gedacht«, erwiderte er. »Wie hätte mir da etwas zustoßen können?«
Es tat gut, nach all den Jahren wieder seinen Kosenamen für sie zu hören. Dankbar, dass sie nun endlich wieder zueinander gefunden hatten, umarmte sie ihn.
Am Abend hatte Herr Elrond für seine Gäste ein Mahl auftischen lassen, um zu feiern, dass Celeborn nun wieder mit seiner Familie vereint war. Das Essen fand in kleiner Runde statt, nur sie drei und Herr Elrond. So groß Celebríans Freude auch war, endlich wieder bei ihrem Vater zu sein, so hatte sie an diesem Abend doch nur Augen für Herrn Elrond. Sie war sich sicher, dass ihre Mutter das schon bemerkt hatte, doch Galadriel sagte nichts dazu. Vorerst.
Herr Elrond war von ausgesprochen edler und eleganter Erscheinung und in der Tat so weise, wie von ihm immer gesagt wurde. Sie hatte gedacht, dass man ihm seine Abstammung von Menschen deutlicher ansehen würde, aber zu ihrem Erstaunen war dem nicht so. Er war so vornehm und elegant, wie ein Fürst der Eldar nur sein konnte.
»Celebrían, möchtest du hören, wie es uns in den vergangenen Jahren ergangen ist?«, riss Celeborn seine Tochter aus ihren heimlichen Schwärmereien. Mit einem Schmunzeln fügte er an: »Ich weiß doch, wie sehr du Abenteuergeschichten liebst.«
Eifrig nickte Celebrían. Laerwen würde sicher traurig sein, wenn sie erfuhr, was an diesem Abend geredet wurde. Aber Celebrían würde aufmerksam zuhören und ihr alles so gut wiedergeben, wie sie nur konnte.
Also erzählte Celeborn vom Krieg in Eregion, von den Schlachten, die sie geschlagen hatten, und den Heldentaten, die sie vollbracht hatten. Die grausamen Details ließ er aus, dafür schmückte er Elronds Rolle wohl etwas mehr aus. Celebrían war es egal. Mit leuchtenden Augen lauschte sie und stellte sich mit Begeisterung all die bunten Banner und die schimmernden Rüstungen vor. Gil-galads Herold war in der Tat der große Held, wie es in den Liedern stets hieß!
»Und dann habt Ihr mit dem Feind in Eurem Rücken all das hier aufgebaut?«, staunte sie. »Unglaublich!«
»Celebrían, seht über das Tal und stellt Euch vor, dass Ihr jeden Morgen aufwacht und Ihr seht jenseits der Mauern nichts als Orks«, ergriff Elrond das Wort. »Aber zum yestare des vergangenen Jahres sahen wir auf einmal Galads Banner in der Ferne. Er ließ seine silbernen Hörner blasen und stürmte seinen Truppen voran in die Schlacht, um die Belagerung zu sprengen. Die Orks hatten nicht mit seinem Kommen gerechnet und wurden von ihm förmlich überrannt. Seit Ihr dem König schon einmal begegnet?« Als sie den Kopf schüttelte, fuhr er fort: »Er trägt in der Schlacht stets seinen silbernen Panzer, den er so glatt poliert, dass er weithin schimmert. In der Brustplatte ist mit Mithril sein Banner eingearbeitet, sodass es wirkt, als führe er den Glanz der Sterne selbst bei sich. Stets kämpft er mit seinem Speer Aeglos, den er einst von seinem Vater Fingon erhielt, und ich kenne niemanden, der ihm im Speerkampf das Wasser reichen kann. Es ist, als würde er regelrecht tanzen.«
Celebríans Augen leuchteten, als sie sich all das vorstellte. Es musste ein prächtiger Anblick gewesen sein. Zu gern wäre sie bei der Heerschau dabei gewesen und hätte den tapferen Kriegern gewunken, als sie in den Krieg gezogen waren. Vielleicht hätte sie ja die Gelegenheit gehabt, Herrn Elrond eine Blume mit auf den Weg zu geben.
»Vater, Mutter, werden wir jetzt hier bleiben?«, wandte sie sich an ihre Eltern.
»Eine Weile vielleicht, aber schlussendlich möchte ich doch mit zu euch nach Lórinand kommen«, sagte Celeborn. »Dies ist jetzt Elronds Haus und wir seine Gäste. Gil-galad hat ihn zu seinem Viezeregenten hier in Eriador ernannt, um für ihn im Osten die Stellung zu halten.«
Celebrían hoffte, dass diese Weile noch lange andauern würde. Sie lugte unter ihren langen Wimpern hervor zu Elrond und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. Wieder stahl sich eine leichte Röte auf seine Wangen.
Später an diesem Abend, als Celebrían wieder in ihren Gemächern war und Laerwen ihr die Haare vor dem Schlafen noch einmal bürstete, erzählte sie begeistert von dem, was ihr Vater ihr erzählt hatte.
»Stell dir einmal vor! Herr Elrond war kaum in Eregion angekommen und schlug sogleich zusammen mit Vater seine erste Schlacht. Vater sagt, dass das seine Feuertaufe gewesen war, weil er noch nie vorher ein so großes Heer befehligt hatte. Und trotzdem hat er Sauron besiegt! Er ist wahrlich ein großer Krieger.«
»Und er sieht auch noch gut aus.« Laerwen kicherte. »Habt Ihr bemerkt, dass er nur Augen für Euch hatte? Fast wäre ich ein wenig beleidigt, wäret Ihr nicht meine Herrin.«
»Oh, zuvorkommend ist er auf jeden Fall. Aber ich bin sicher, dass das nur Höflichkeit war. Dir gefällt er also, ja?«
Laerwen errötete. »Ein bisschen«, gestand sie. »Sagt es bitte niemandem, aber ehrlich gesagt hätte ich gedacht, dass ein Halbelb viel mehr wie ein Mensch ist. Grobschlächtig und beharrt und all das, Ihr wisst schon.«
Celebrían schlug gespielt entsetzt die Hände vor dem Mund zusammen und sah sie groß an. »Nein! Das hast du nicht wirklich gedacht!«
Laerwen schaute verlegen zu Boden. »Bitte sagt es niemandem, ja?«
Celebrían ergriff ihre Hände. »Lass dich nicht von mir ärgern, ich zieh‘ dich doch nur ein wenig auf.«
Ihre Zofe zog eine Schnute. »Eigentlich müsste ich das mit Euch machen. Ich hab‘ doch gesehen, wie Ihr ihn angesehen habt! Ihr mögt ihn.«
Nun war es an Celebrían verlegen zu werden. »Vielleicht. Aber dir geht es da nicht besser, gib es zu!« Sie seufzte verträumt. »Aber du hast schon recht. Er ist wirklich sehr vornehm. Morgen will er mir das Haus zeigen, weißt du. Und du kommst mit. Das wird sicher aufregend und ich freue mich schon sehr darauf. Also ab ins Bett, damit wir ausgeruht sind!«
Herr Elrond kam am nächsten Morgen persönlich vorbei, um sie für die versprochene Hausführung abzuholen. Sie machte einen artigen Knicks und schmolz dahin, als sie sah, wie er sie anlächelte.
»Frau Celebrían, ich hoffe, Ihr hattet eine geruhsame Nacht und alles ist zu Eurem Wohlgefallen eingerichtet«, begrüßte er sie.
»Seid versichert, dass ich noch nie in meinem Leben besser geschlafen habe, mein Herr«, bestätigte sie.
»Das freut mich zu hören.« Erneut reichte er ihr den Arm. »Wenn Ihr erlaubt? Welchen Teil des Hauses möchtet Ihr als erstes sehen? Meinen kleinen Kräutergarten kennt Ihr ja nun bereits.«
Nur allzu gern hakte sie sich unter und sie gingen los. Laerwen und Elronds Diener Ceomon folgten ihnen als Anstandsdamen in angemessener Entfernung.
»Ich weiß nicht. Sagt Ihr es mir. Welcher Ort von Imladris ist am sehenswertesten?«, fragte Celebrían.
Also führte er sie durch sein Haus. Sie bewunderte all die wunderschönen Statuen und Wandmalereien, letztere nur umso mehr, als sie erfuhr, dass viele von ihnen von Elrond selbst gemalt waren. Sie zeigten zahlreiche Szenen der Geschichte, denn Elrond sagte, dass Imladris vor allem ein Haus der Ruhe und des Erinnerns sei. Hierher kam man, um die Last der Reise abzulegen und viele Geschichten und Lieder zu hören. Die Feuerhalle, sagte er, sei ein beliebter Versammlungsort, wo seine Leute abends oft zusammenkamen, um gemeinsam zu musizieren.
»Ich habe gehört, dass Ihr der Hofharfenist des Königs seid«, sagte Celebrían. »Darf ich Euch bitten, mir etwas vorzuspielen?«
Sie befanden sich mittlerweile außerhalb des Hauses in einem kleinen Hain.
»Aber gern doch!« Er wandte sich an Ceomon. »Wärst du so freundlich und holst mir meine Harfe?«
Dieser nickte und verschwand, um das Gewünschte zu bringen.
Elrond setzte sich derweil im Schatten eines Baumes ins Gras und wies neben sich. »Möchtet Ihr Euch zu mir setzen? Oh, wartet! Damit Ihr Euch Euer schönes Kleid nicht beschmutzt.« Er nahm seinen Umhang von den Schultern und breitete ihn neben sich aus.
»Wie zuvorkommend von Euch!«, schwärmte Celebrían und setzte sich.
»Vielleicht wisst Ihr, dass ich in Ossiriand aufwuchs, bei Maglor und Maedhros«, berichtete Elrond. »Maedhros brachte mir das Malen bei und Maglor die Musik. Galad sagt immer, dass ich zu bescheiden mit meinem Können umgehe. Er weiß, dass ich nicht gern vor anderen Leuten musiziere; mein Bruder war da gänzlich anders. Und trotzdem hat er mich zu seinem Hofharfenisten ernannt. Aber für Euch, meine Dame, mache ich eine Ausnahme.«
Celebrían war gänzlich hin und weg. Auch noch ein Schüler Maglors! Und er hatte sie seine Dame genannt, sie zerfloss förmlich.
Inzwischen war Ceomon mit der Harfe zurückgekommen, einem prächtigen antiken Stück.
»Maglor hat sie für mich in meiner Kindheit geschnitzt«, sagte Elrond, während er verträumt über das Holz strich. »Also, was wollt Ihr hören? Aber wehe, Ihr bittet um eins dieser albernen Heldenlieder, die über mich gesunden werden!« Er lächelte sie spitzbübisch an.
Ihr Herz machte einen freudigen Satz. »Habt Ihr selbst ein Lied geschrieben? Ich möchte eins davon hören.«
Er überlegte kurz. Dann stimmte er die Harfe und begann. Mit geschlossenen Augen lauschte Celebrían und genoss die Musik. Sie hatte in der Vergangenheit immer wieder Sänger die Lieder Maglors vortragen hören, aber sie wusste, dass doch niemand Maglor selbst das Wasser reichen könnte. Jetzt saß sie neben dessen Adoptivsohn und wusste: Maglors Musik war nicht aus der Welt verloren gegangen. Sie lebte in Elrond weiter.
Er spielte die Harfe so meisterhaft, wie sie es noch von keinem anderen erlebt hatte. Seine langen, eleganten Finger strichen sanft über die Saiten, liebkosten sie förmlich und entlockten ihnen die schönsten Töne. Seinem Gesicht sah man an, wie sehr er in der Musik aufging, die er für sie spielte. Für sie ganz allein!
Sie bemerkte, dass sie sich beinahe vertrauensvoll an ihn gelehnt hätte. Wo stand ihr nur der Kopf? Verlegen rückte sie wieder ein wenig von ihm ab.
Er lies die letzten Töne verklingen und sie hingen noch eine Weile in der Luft. Celebrían fiel auf, dass selbst die Vögel verstummt waren und seiner Musik gelauscht hatten.
»Das war wunderschön!«, hauchte sie. »Wovon handelte Euer Lied?«
»Nun …« Dieses Mal war sie sich sicher, dass er verlegen errötete. »Von Eurer Schönheit«, nuschelte er.
Sie war sprachlos. »Mein Herr, Ihr beliebt zu scherzen. Das habt Ihr nie und nimmer jetzt einfach so hervor gezaubert!«
»Doch«, sagte er kleinlaut.
Sie verfloss förmlich. Wie unglaublich entzückend er doch war, wenn er verlegen war!
»Mein Herr, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll«, entgegnete sie, nun selbst verlegen. »Ich bin ganz sprachlos.«
Besorgt sah er sie an. »Ich hoffe, Ihr seid mir nicht böse, dass ich so frei heraus Eure Schönheit bewundere. Mein Lied kann Euch doch niemals gerecht werden.«
»Mein Herr … Elrond …« Sie verstummte und sah zu ihm auf. Er erwiderte den Blick mit einem Lächeln.
Später an diesem Tag bat sie Laerwen und ihre Mutter zu sich.
»Mutter. Laerwen. Ich muss euch etwas sagen.« Sie sah von einer zur anderen. »Aber das muss unter uns bleiben, ja? Frauensache. Vater sagt bitte noch nichts davon. Ich … Nun, ich glaube, ich bin verliebt.«
Laerwen rief verzückt. »Oh, wie wundervoll? Wer ist denn der Glückliche?«
Celebrían wurde rot. »Elrond.«
Galadriel sagte nichts dazu und lächelte nur wissend.
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