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Eigentlich ist es ein schöner Tag. Die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel hinab. Nur wenige, flauschig-kleine Wolken sind hier und da zu sehen. Nicht einmal Wind weht. Eigentlich ein perfekter Tag, um irgendwo unter einem Baum im Schatten zu liegen und ein Buch zu lesen. Für dich, als Mädchen, ist lesen zwar ohnehin verboten, doch das heißt nicht, dass du es nicht kannst. Wobei es wohl für immer ein Traum bleiben würde, es offen unter einem Baum zu tun. Trotzdem... Eigentlich ist es ein sehr schöner Tag.
Eigentlich...
Wenn dir die Sonne nicht so unbarmherzig auf den Rücken brennen würde. Wenn du nicht auf dem Feld den aussichtslosen Kampf gegen das Unkraut kämpfen müsstest, damit die zarten Keime der Rüben nicht völlig erstickt würden. Frustriert zerrst du an einem besonders hartnäckigen Kraut, dessen Wurzel einfach nicht nachgeben will. Mit einem Mal reißt das störrische Ding. Durch den Schwung fliegt dir deine kleine Hacke aus der Hand und landet irgendwo hinter dir. Mit den Armen rudernd kämpfst du um dein Gleichgewicht, doch umsonst. Unsanft landest du auf dem Hosenboden. Natürlich, wie könnte es auch anders sein, direkt auf einem Stein.
"Au...", jammerst du leise und reibst dir die Kehrseite, während du dich wieder aufrichtest. In Gedanken hörst du schon deine Mutter: 'Stell dich nicht so an, Kala. An einem blauen Fleck ist noch keiner gestorben.' Unwillkürlich verkneifst du dir jeglichen weiteren Kommentar des Schmerzes. Du gönnst dir einen Moment, in dem du den Rücken durchstreckst. Dein Blick fällt auf deine Schwester Ninet, die zwanzig Meter weiter ebenfalls in der trockenen Erde des Ackers wühlt und gegen das Unkraut kämpft. Sie ignoriert dich, seitdem ihr vor drei Monaten heftig gestritten habt. Doch eigentlich ignorierst du sie seitdem ebenso. Du kannst ihr einfach nicht verzeihen, was sie getan hat.
Als du Ninet so siehst, wirst du erneut wütend auf sie. Kurzerhand gehst du zu ihr hinüber. Als sie dich kommen hört, sieht sie kurz auf, erinnert sich jedoch daran, dass sie dich ignorieren will und bückt sich erneut zum Unkraut hinunter.
"Tu nicht so, als wäre ich nicht da!", verlangst du von ihr. "Du könntest wenigstens den Anstand haben, dich zu entschuldigen!" Immerhin war sie es gewesen, die verraten hatte, dass du heimlich liest. Nur ihretwegen wurdest du von deinem Vater zurecht gewiesen und nur ihretwegen zeigen die anderen Dorfbewohner jetzt auf dich und nennen dich hinter deinem Rücken 'Hexe'. Die Arme verschränkt wartest du auf eine Reaktion. Ihre blonden Locken sind in dem üblichen Knoten gebändigt, so dass du deutlich sehen kannst, wie sich ihre Kiefermuskeln anspannen. Dennoch würdigt sie dich keines Blickes.
Du gibst deiner Schwester ein paar Momente, in der Hoffnung, sie würde dir doch noch eine Antwort geben. Umsonst.
Dass Ninet nicht reagiert, schürt deinen Zorn auf sie. Wütend stößt du sie an. "Du kannst mich nicht dein Leben lang anschweigen. Du schuldest mir zumindest eine Erklärung!", schreist du.
Ninet fällt hin und lässt ihre kleine Hacke dabei fallen. Nun nicht weniger wütend als du, richtet sie sich auf und schubst zurück. "Warum ich es getan habe, Kala? Das fragst du noch?", faucht sie. "Eine Frau die liest!!! Schon mal davon gehört? NEIN! Zurecht! Frauen sollten nicht lesen können. So haben es die Götter bestimmt, also was sträubst du dich gegen deine Bestimmung?" Obwohl sie einen halben Kopf kleiner und zwei Jahre jünger ist als du, schafft sie es, dich von oben herab anzusehen. "Du bist selbst schuld, dass dich keiner mehr heiraten will. Wer will schon eine Frau, die ihren Platz nicht kennt?"
Nun bist du mehr enttäuscht, als wütend. Wann hatte sich deine kleine Schwester nur so verändert? Früher wart ihr euch so nah gewesen und habt euch alle Geheimnisse anvertraut. Nur das mit dem Lesen hast du bis vor kurzem für dich behalten. Zu sehr hattest du Strafe befürchtet.
Das Gebot der Götter ist ein guter Grund, zugegeben. Doch das rechtfertigt deiner Meinung nach nicht, dass Ninet dich verraten hat. "Trotzdem hättest du es Vater nicht petzen dürfen", weist du Ninet zurecht. "Und was ist so schlimm daran, wenn eine Frau lesen kann? Männer dürfen es doch auch! Ich bin mir sicher, wenn es Frauen erlaubt wäre zu lesen, wären es nicht immer die Männer, die alle Entscheidungen treffen!"
Verdutzt sieht dich Ninet an, doch du hast deine Meinung gesagt und lässt sie stehen.
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?" fortgesetzt
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Sorry, aber es gibt noch keine Möglichkeit, nur eine Auswahl zu verfassen. Wenn du weiterspielen möchtest, wähle bitte: "Du verlässt das Feld."
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Dass Ninet nicht reagiert, schürt deinen Zorn auf sie. Wütend stößt du sie an. "Du kannst mich nicht dein Leben lang anschweigen. Du schuldest mir zumindest eine Erklärung!", schreist du.
Ninet fällt hin und lässt ihre kleine Hacke dabei fallen. Nun nicht weniger wütend als du, richtet sie sich auf und schubst zurück. "Warum ich es getan habe, Kala? Das fragst du noch?", faucht sie. "Eine Frau die liest!!! Schon mal davon gehört? NEIN! Zurecht! Frauen sollten nicht lesen können. So haben es die Götter bestimmt, also was sträubst du dich gegen deine Bestimmung?" Obwohl sie einen halben Kopf kleiner und zwei Jahre jünger ist als du, schafft sie es, dich von oben herab anzusehen. "Du bist selbst schuld, dass dich keiner mehr heiraten will. Wer will schon eine Frau, die ihren Platz nicht kennt?"
Nun bist du mehr enttäuscht, als wütend. Wann hatte sich deine kleine Schwester nur so verändert? Früher wart ihr euch so nah gewesen und habt euch alle Geheimnisse anvertraut. Nur das mit dem Lesen hast du bis vor kurzem für dich behalten. Zu sehr hattest du Strafe befürchtet.
Das Gebot der Götter ist ein guter Grund, zugegeben. Doch das rechtfertigt deiner Meinung nach nicht, dass Ninet dich verraten hat. "Trotzdem hättest du es Vater nicht petzen dürfen", weist du Ninet zurecht. "Und was ist so schlimm daran, wenn eine Frau lesen kann? Männer dürfen es doch auch! Ich bin mir sicher, wenn es Frauen erlaubt wäre zu lesen, wären es nicht immer die Männer, die alle Entscheidungen treffen!"
Verdutzt sieht dich Ninet an, doch du hast deine Meinung gesagt und lässt sie stehen.
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Sorry, aber es gibt noch keine Möglichkeit, nur eine Auswahl zu verfassen. Wenn du weiterspielen willst, wähle bitte: "Du verlässt das Feld."
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Wütend stapfst du davon.
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Soll Ninet die Arbeit doch alleine machen und sich in der heißen Sonne plagen. Du weißt deine Zeit besser zuzubringen. Du könntest versuchen, dich auf den Dachboden zu schleichen und verborgen in der Ecke hinter dem Schrank lesen. Wobei du da auch auf Glück hoffen musst, dass dich niemand erwischt. Oder du gehst mal wieder Mira besuchen. Du warst lange nicht mehr in ihrer kleinen Hütte im Wald.
Natürlich kennst du die Gerüchte und das Getratsche der Dorfbewohner. Trotzdem gehen sie zu Mira, wenn sie sich bei Krankheit nicht mehr weiter zu helfen wissen. Da kommt ihnen die 'Hexe' gerade recht. Dabei weißt zumindest du ganz sicher, dass die Frau keinerlei Magie beherrscht. Stattdessen hat sie nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und Tränke.
Entschlossen sammelst du deine kleine Hacke ein und steckst sie in den Gürtel deines Rockes. Nur was jetzt? Dorf oder Wald?
Über einen kleinen Umweg suchst du dir den Weg ungesehen ins Dorf zurück. Du weißt genau, dass es Ärger geben wird, wenn du erwischt wirst, weshalb du allen aus dem Weg gehst. Zum Glück gibt es genug Bäume, Sträucher, Mauern und Häuser, die dir Deckung verschaffen. Ungesehen gelangst du bis in die Nähe deines Elternhauses. Du siehst, wie sich deine Mutter auf den Weg zu den Ställen macht. Unter dem Arm trägt sie eine Schüssel mit Gemüseabfällen. Da werden sich die Hühner aber freuen. Viele sind es nicht. Vier, um genau zu sein. Obwohl euer Hof recht viel Gelände umfasst, seid ihr doch eher arm, das meiste Land liegt brach, weil helfende Hände fehlen. Dein Bruder ist gerade sechs Jahre alt, zu jung, um wirklich etwas bewerkstelligen zu können. Außer den Hühnern habt ihr noch eine Kuh und zwei Ziegen. Der wertvollste Besitz deines Vaters ist wohl Patrick, ein kräftiger Ackergaul. Ohne diesen wärt ihr wohl nicht in der Lage, mehr als ein Feld zu bewirtschaften.
Deine Mutter verschwindet hinter der Hausecke. Das ist deine Chance!
Schnell huscht du geduckt über den Hof. Die Tür steht offen, wie immer im Sommer, so dass du ohne ein Geräusch zu machen, in den Flur schlüpfen kannst. Für einen Moment siehst du nach dem grellen Sonnenschein draußen nichts im dunklen Flur, allerdings kennst du das Haus wie deine Westentasche. Immerhin wurdest du hier geboren und lebst seit 17 Jahren hier!
So schnell dich deine Beine tragen rennst du die Treppe hinauf. Du machst dir keine Mühe, leise zu sein. Dein Vater ist auf dem anderen Feld und hat deinen jüngeren Bruder bestimmt mitgenommen, deine Mutter ist bei den Hühnern und ansonsten gibt es niemanden hier, der dich hören könnte!
Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Blinzelnd stehst du da und wartest, dass du besser sehen kannst. Nur langsam schält sich die Kontur der Treppe rechts von dir aus den Schatten. Links steht die Küchentür nur einen Spalt breit offen. Die Tür zur guten Stube, weiter hinten, ist geschlossen. Wie immer. Die gute Stube wird nur zu Feiertagen geöffnet.
Gerade, als du dich entscheidest, die Treppe hinauf zu laufen, hörst du hinter dir Schritte. Deine Mutter kommt aus dem Stall zurück. Schnell rennst du die Stufen hinauf. Du hast noch keine zwei Schritte getan, da hörst du die Stimme deiner Mutter: "Kala! Was tust du denn um diese Zeit hier? Ist etwas passiert?"
Wohl oder übel hälst du an. Wenn du deiner Mutter keine Antwort gibst, wird sie nicht nur wütend werden, sondern dich garantiert bis in dein Zimmer verfolgen. Dein Plan auf den Dachboden zu schleichen ist nun ohnehin gescheitert, nun da sie dich gesehen hat.
Was sollst du deiner Mutter sagen?
"Ich fühle mich nicht so gut", erklärst du dich und verziehst das Gesicht, als ob dich Kopfschmerzen plagen würden. "Ich wollte mich nur ein wenig hinlegen. Wenn die Sonne nicht mehr so brennt, gehe ich zurück aufs Feld. Versprochen." Hoffentlich kauft sie dir diese Lüge ab und lässt dich in Ruhe. Im Zimmer kannst du zwar nicht lesen, ein Buch dort zu verstecken wäre leichtsinnig, aber es ist immer noch besser, als auf dem Feld zu stehen.
"Warum lässt du dummes Gör auch deinen Sonnenhut liegen?", rügt dich deine Mutter und steigt die Treppe zu dir hinauf, um dir die Hand auf die Stirn zu legen. Kritisch runzelt sie die Stirn. "Eine halbe Stunde", legt sie fest. "Dann will ich dich hier nicht mehr sehen." Sie macht sich bereits daran, wieder hinunter zu gehen, hält dann jedoch inne. "Dann kannst du auch gleich euer Mittagessen mitnehmen. Und wehe, du vergisst deinen Hut wieder!" Ohne dich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zurück in die Küche.
Verdammt! Das ist nun wirklich nicht so gelaufen, wie du gehofft hast. Missmutig stapfst du die Treppe hoch. In dem Zimmer, das du dir mit Ninet teilst, wirfst du dich aufs Bett und siehst an die Decke. Immerhin eine halbe Stunde, doch danach kommst du nicht umhin, zurück zu gehen. In die Hitze, zu der verhassten Arbeit und zu Ninet...
Wird fortgesetzt
"Ich will nur meinen Sonnenhut holen", versicherst du deiner Mutter schnell, bevor sie darauf kommt, du würdest dich vor der Arbeit drücken. "Ich habe ihn heute früh vergessen und die Sonne brennt so." Hoffentlich kauft dir deine Mutter diese Ausrede ab. So kannst du zwar das Lesen vergessen, aber vielleicht kommst du ohne Strafe wieder aus dem Haus.
Kritisch runzelt deine Mutter die Stirn. "Dummes Gör", flucht sie. "Wenn du nur ein Mal deinen Kopf beisammen halten würdest. Sieh zu, dass du zurück an die Arbeit kommst!" Mit diesen ungnädigen Worten marschiert sie zurück in die Küche.
Erleichtert atmest du auf. Das war nicht schön gewesen, hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Mit einer Ohrfeige zum Beispiel oder Hühner ausmisten. Beides Dinge, auf die du gleichermaßen verzichten könntest. Seufzend steigst du die Treppe weiter nach oben und holst den Sonnenhut. Ein hässliches Ding, das du nicht ausstehen kannst, obwohl es von deinen roten Haaren ablenkt. Dennoch bist du, gerade im Sommer, darauf angewiesen, wenn du aufs Feld musst.
Als du die Treppe wieder hinunter kommst, fängt dich deine Mutter wieder ab. In der Hand hält sie ein kleines Körbchen, das mit einem Tuch abgedeckt ist. "Wenn du schon hier bist, kannst du gleich euer Mittagessen mitnehmen", weist sie dich an. Du nimmst den Korb entgegen, obwohl es dir nicht passt. Jetzt musst du extra zurück aufs Feld, sonst hat Ninet kein Mittagessen. Wobei der bessere Grund ist, dass du Abends doppelt so viel Ärger bekommst, wenn du es nicht tust und deine Schwester ganz sicher wieder petzt, dass du den halben Tag verschwunden warst.
Wobei... So viel Unterschied macht es nicht. Oder?
Da dir keine andere Wahl bleibt, verlässt du das Haus wieder und machst dich auf den Rückweg. Dieses Mal scherst du dich nicht darum, ob dich jemand sehen könnte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass du zuhause warst. Allerdings beeilst du dich keineswegs. Du hast keine Lust auf Arbeit und du hast keine Lust auf deine kleine Schwester, die dich entweder ignorieren oder ankeifen wird, weil du gegangen bist.
Tatsächlich sieht sie auf, als sie dich bemerkt. Trotz des Sonnenhutes kannst du sehen, wie sie missbilligend die Stirn runzelt. Dieses Mal bist du es, die sie ignoriert. Du stellst den Korb in den Schatten eines Baumes und gehst an den Platz zurück, bei dem du aufgehört hast. Deine Hacke liegt noch immer dort, wo du sie fallen gelassen hast. Missmutig seufzend machst du dich wieder an die Arbeit.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Den Korb stellst du vor dir ab. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich. Und ich glaube, deine Schwester hätte schon gern ihr Mittagessen." Sie nickt leicht zu dem Korb hin.
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
Trotzdem wagst du es nicht, durch den Vordereingang ins Haus zu laufen. Deine Mutter braucht sicher nicht lange und wenn sie auch nur einen Zipfel deines Rockes sieht, weiß sie, dass du die Arbeit schwänzt. Also rennst du um die entgegen gesetzte Hausecke zur Kellerluke. Schnell schiebst du den doppelten Riegel zurück und schlüpfst durch die Spalte, die du aufdrückst. Von selbst fällt die Holztür zurück in die Ausgangsposition und du bringst den Riegel wieder in die Ausgangsposition zurück.
Kein Ruf nach dir ertönt. Es bleibt still. Niemand hat dich gesehen oder bemerkt.
Zufrieden in dich hinen lachend steigst du leise die hölzerne Treppe hinauf. Nur einen winzigen Spalt öffnest du die Kellertür und siehst gerade noch, wie deine Mutter zurück in die Küche geht und die Tür wieder hinter sich schließt. Vorsichtshalber wartest du noch ein paar Augenblicke, bis das Klappern von Geschirr verrät, dass deine Mutter in den Abwasch vertieft ist.
So schnell dich deine Beine tragen rennst du den Flur entlang und die Treppe hinauf. Du gibst dir Mühe, leise zu sein, damit dich deine Mutter nicht doch noch hört, doch du kennst jede knarzende Stelle der Treppe und umgehst sie gekonnt. Auf dem Absatz machst du nicht halt, sondern steigst sofort die Leiter zum Dachboden hinauf. Die Luke sträubt sich etwas, doch das tut sie schon immer. Schnell schlüpfst du durch den Spalt, den du aufgedrückt hast. Die Luke fällt hinter dir zu. Atemlos sitzt du auf dem staubigen Boden und lachst leise. Geschafft!
Einen Moment lang schweift dein Blick durch den Dachboden. Jeweils ein Fenster auf jeder Seite des Firsts lässt etwas Licht hinein. Die Läden sind schon vor Jahren zerbrochen und niemand hat die Zeit gefunden, sie zu reparieren. So hast du nun tagsüber genug Licht, um lesen zu können. Es ist etwas warm und stickig hier oben, doch immer noch angenehmer, als auf dem Feld.
Du gehst zu der Nische zwischen Schrank und Fenster, die du dir mit einer alten Decke gemütlich ausgepolstert hast. Das Buch, welches du gerade liest, wird dein Vater wohl nie vermissen. Es stammt noch von seinem Großvater, der das Regal voller Bücher in der Küche eingerichtet hat. Dein Vater hat keinen Sinn für Bücher und Geschichten. Deine Mutter hat ihn davon abgehalten, die Bücher einfach zu verschenken oder als Zunder zu missbrauchen. Sehr zu deinem Glück. So hast du nun "Die Baladen der drei Sonnen", die dir Geschichten von einer längst vergangenen Zeit erzählen. In die Ecke gekuschelt, Schulter und Kopf an die Mauer angelehnt, beginnst du zu lesen.
Wird fortgesetzt
Ohne Furcht folgst du dem schmalen Pfad, der dich zur Hütte von Mira führen wird. Es ist auch nicht sonderlich weit. Wenn du dich beeilst, kannst du den Weg innerhalb von fünf Minuten bewältigen, doch heute hast du es nicht eilig. Die kühle Waldluft ist eine wunderbare Abwechslung zu der brütenden Hitze über dem Acker und es riecht wunderbar nach warmem Holz und Tannennadeln. Es war eindeutig die richtige Entscheidung gewesen.
Gut gelaunt erreichst du die kleine Lichtung. Für einen Moment lang bleibst du stehen und betrachtest fasziniert das Bild, das sich dir bietet.
Die kleine, gedrungene Hütte aus groben Steinen und Balken schmiegt sich wie eine schlafende Katze in das unglaublich grüne Gras, das von goldenen Sonnenflecken beschienen wird, die durch die Baumkronen schlüpfen. Der niedrige Zaun überragt das Gras nur um eine Hand breit. Singende Vögel und das Geräusch einer plätschernden Quelle runden die Erscheinung ab. Alles wirkt so Idyllisch, dass du dich auf der Stelle hinsetzen und nur noch dieses Bild betrachten möchtest. Kaum trittst du näher, richtet sich die Gestalt auf, die sich in dem kleinen Garten gebückt hatte. Mira.
Sie ist eine Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen Haaren. Lediglich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen offenbaren ihr Alter, ansonsten könnte man sie gut auf Mitte Zwanzig schätzen. "Hallo Kala!", ruft sie und winkt dir zu. "Schön, dass du mich mal wieder besuchen kommst." Während sie dich grüßt, wischt sie ihre mit Erde beschmutzten Hände an ihrer Schürze ab.
Wieder einmal fragst du dich, weshalb die anderen Dorfbewohner sie nicht leiden können. Zugegeben, du weißt gut genug, dass sie einen so finster ansehen kann, dass man glaubt zu Stein zu erstarren, doch so lange man höflich und respektvoll mit ihr umgeht, tut sie das nicht. Du gehst zu ihr hin und setzt dich auf ihre Einladung an den winzigen Tisch vor ihrer Tür. Wie selbstverständlich holt Mira zwei Becher und einen Krug mit kaltem Tee aus ihrer Hütte, von dem sie euch beiden eingießt.
"Aber sag mal, Kala", beginnt sie. "Solltest du um diese Zeit nicht auf dem Feld sein?"
Schuldbewusst senkst du den Kopf und starrst auf die unebene Tischplatte. Natürlich weißt du, dass du auf dem Feld sein solltest aber... Bevor du dich rechtfertigen kannst, kommt dein Name vorwurfsvoll von Mira. Plötzlich bricht es aus dir heraus:
"Ich ertrage es einfach nicht mehr, wie mich alle anstarren und verurteilen, nur weil ich lesen kann!", rufst du so laut, dass sogar die Vögel für einen Moment verstummen. "Es ist unfair! Alle behandeln mich, als wäre ich eine Aussätzige. Selbst Sven hat die Verlobung gelöst und ich bezweifle, dass mich überhaupt irgendwann jemand heiraten will!!!" Die letzten Worte ersticken fast in plötzlichen Tränen. Nicht nur das erste Mal seit dem Vorfall wünscht du dir, du hättest nie gelernt zu lesen. Und doch sitzt du jetzt gerade der Frau gegenüber, die es dich gelehrt hat.
"Ach Kind", meint Mira schon sanfter und steht auf, um dich in den Arm zu nehmen. Sie streicht dir so sanft über die Haare, dass du gar nicht anders kannst, als deine ganze Trauer und Verzweiflung ob der Situation heraus zu lassen. Als du dich langsam wieder beruhigst vernimmst du erneut Miras dunkle Stimme. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Schniefend siehst du zu Mira auf und siehst sie lächeln. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Mit dem Ärmel wischt du dir die Tränen vom Gesicht und nickst. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
Wird fortgesetzt
"Es ist zu heiß, heute etwas auf dem Acker zu machen", antwortest du, wohl wissend, dass es eine Lüge ist. "Selbst Vater ist zuhause geblieben."
Du hast noch nicht ganz fertig gesprochen, da trifft dich eben dieser steinharte Blick von Mira. "Lüg mich nicht an, Kala", fordert sie hart. "Du solltest es inzwischen besser wissen, als mich anlügen zu wollen."
Ertappt senkst du den Blick und murmelst eine Entschuldigung. Es war wohl mehr ein Reflex gewesen, als tatsächliche Absicht. Seit heraus gekommen ist, dass du heimlich liest, beobachtet dich doch jeder mit Argusaugen. Immer darauf bedacht, auch ja den kleinsten Fehler oder Misstritt zu sehen, damit sie eben diesen deinem Vater mitteilen können. Mit tonloser Stimme beschreibst du Mira deine Situation im Dorf.
Versöhnlich streicht sie dir eine Haarsträhne zurück, die sich wohl aus deiner Frisur gelöst hat. "Eines Tages, und das verspreche ich dir, wird es Frauen erlaubt sein, zu lesen. Niemand wird sie dafür verurteilen oder anfeinden. Es wird ganz normal sein."
Du siehst zu Mira auf und siehst sie lächeln. Der Steinblick ist verschwunden. "Du kannst gern ein Weilchen hier bleiben und mir Gesellschaft leisten", gestattet sie, doch sie fügt etwas strenger hinzu: "Aber später musst du zurück. Deine Familie braucht dich."
Du nickst als Antwort. Du weißt, dass sie recht hat, aber du bist ihr dankbar, dass du zumindest ein Weilchen bleiben kannst.
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AvaniAirin • Am 12.07.2017 um 15:58 Uhr | |||
So wirklich fesseln konnte mich das Ganze leider nicht, mir gefiel ehrlich gesagt die ganze Konstruktion nicht so wirklich. Es wurden zwar Götter erwähnt, die diese Regel bestimmt haben, aber irrgendwie war mir das persönlich ein zu schwache Begründung. Ich hätte vielleicht etwas hinzugefügt, was zeigt, wie der Glaube an die Götter den Alltag der Menschen bestimmt oder zumindest erwähnt, wie sie von ihren Worten erfahren, weil so erscheint es mir mehr wie ein Plot Device. Auch frage ich mich: Wie kommt es dazu, dass sie lesen kann? Sie ist arm, was Bildung in einem solchen Setting meistens im Weg steht und weiblich, was hier ja auch im Gegensatz dazu steht, wo hat sie es also gelernt? Mehr anzeigen | ||||
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KaraSilver | |
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