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Der letzte Mensch

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11.08.18 15:24
16 Ab 16 Jahren
Fertiggestellt
Liebe ist ein seltsames und daher schwer verständliches Phänomen. Rein objektiv betrachtet, ergibt sie keinerlei Sinn. Biologisch betrachtet ist einzig und allein der Fortpflanzungstrieb von Bedeutung. Er sorgt dafür, dass die menschliche Rasse weiterhin bestehen bleiben kann. Wozu also Liebe? Wozu Liebeskummer, wo es doch noch unzählige andere Menschen gibt? Wozu gleichgeschlechtliche Liebe, welche nicht zur Fortpflanzung beiträgt? Liebe ist bedeutungslos, rational betrachtet jedenfalls. Doch einem bestimmten Zweck muss sie schließlich dienen, hätte sonst wohl kaum die Jahrtausende menschlicher Existenz überstanden, die Evolution. Liegt nicht der wahre Zauber der Liebe in ihrer Unergründlichkeit? Dass sie auch noch vorhanden ist, wenn praktisch alles dagegen spricht. Dass das Herz letztendlich immer die Oberhand behält und sich gegen den Verstand durchzusetzen vermag. Aus diesem Grund ist Liebe vermutlich auch so schmerzhaft. Man wird abgelehnt, gedemütigt und doch kann man nicht aufhören zu lieben. Unerklärlich. Dabei stellt sich jedoch auch die Frage, wann dieses schwer zu definierende Gefühl noch als Liebe bezeichnet werden kann und wann es in reinste Wollust übermündet. Die Grenze zwischen leidenschaftlicher Liebe und Verlangen und Begehren, ist schwierig zu bestimmen, da das eine schnell in das andere übergehen kann. Die Übergänge sind wahrlich fließend. Selbst der erhabenste Mensch ist eben auch nur ein solcher. Jeder noch so gute Mensch erliegt letztendlich seinen Trieben. Er ist ihnen hilflos ausgeliefert und keineswegs erhaben. Und manchmal gehen sie mit einem durch...
Die Geschichte, die ich zu erzählen gedenke, meine Geschichte, handelt von eben jener geheimnisvollen Macht, die als Liebe bekannt ist. Das Bedürfnis, mich auszudrücken, das Verlangen danach, dass meine Worte Gehör finden, hat mich letztendlich dazu bewogen, dies hier zu schreiben. Lange wollte ich über das, was sich zugetragen, schweigen. Mir schien es selber zu unwirklich, um in Worte gefasst zu werden. Meine Geschichte handelt von Tragik und Leid und darum, wie eine unerfüllte Liebe mich ins Unglück stürzte, von innen zerfraß und wegen der ich beinahe meine Menschlichkeit eingebüßt hätte. Sie handelt von Leidenschaft, Begehren, Angst, Trauer, Wut, blanker Verzweiflung und Verwirrung. Sicher, mir ist bewusst, dass man nicht in Selbstmitleid verfallen sollte, doch zwangen mich die tragischen Umstände wahrlich dazu, ließen mir keine andere Wahl als mich selber zu bemitleiden. Zu sehr litt ich. Bevor der verehrte Leser fortfährt, möge er zweierlei bedenken. Zum einen muss er mir glauben, mir seine bedingungslose Unterstützung versichern, denn ich garantiere dafür, dass das, was ich zu erzählen gedenke, mag es auch noch so unglaubwürdig erscheinen, sich in der Tat genau so zugetragen, genau so geschah. Diese Geschichte ist die Wahrheit, nichts als die Wahrheit! Zum anderen bitte ich den verehrten Leser, nicht allzu schlecht von mir zu denken. Er bedenke, dass ich an geistiger Verwirrtheit in schier unermesslicher Höhe litt, dass mein Innerstes, meine Triebe mich zu Taten zwangen, die ich bei klarem Verstand selber verurteilt hätte und die ich rückblickend betrachte, zutiefst bereue. Schließlich bin ich nicht Herr meines Unterbewusstseins, des Eros, der Lust und Leidenschaft. Ich bin nur ein elender Mann und der Willkür meiner Triebe ebenso ausgeliefert wie jeder andere auch. Auf den Leser mag ich aufgrund meiner Handlungen nicht sonderlich liebenswert wirken, doch trotz allem möchte ich betonen, dass ich ein Mensch bin und kein Ungeheuer! Es gab Gründe für meine Taten, selbst wenn diese als nur schwer nachzuvollziehen gelten. Doch davon wird sich der verehrte Leser selber überzeugen...
Alles begann an dem Tag als meine über alles geliebte Mutter starb. Zweiundsechzigjährig war sie schwer und unheilbar erkrankt und bald darauf kehrte sie der materiellen Welt den Rücken, um in die Endlosigkeit des Universums einzugehen. Ich, zu dem Zeitpunkt dreiundzwanzigjährig und mein Bruder, dreißigjährig verkrafteten den Verlust kaum. Unsere Gedanken kreisten sich ständig um unsere Mutter. Der Tag ihres Ablebens war zweifelsohne der bis dato schlimmste Tag meines Lebens. Ich sah die Welt nur noch schwarz und weiß. Sämtlicher Lebenswille, mein Mut und mein Selbstvertrauen waren mit einem Mal zerstört, komplett ausgelöscht, als hätte etwas derartiges niemals zuvor existiert. Ich fühlte mich, als könnte ich nie wieder Freude für mich entdecken, nie wieder mein Leben genießen. Alles erschien mir plötzlich so sinnlos. Doch der Tag ihrer Beerdigung sollte für mich alles ändern...
An einem Donnerstag wurde meine Mutter auf dem ortsansässigen Friedhof beigesetzt. Viele Menschen wollten der guten Frau die letzte Ehre erweisen und daher wohnten sie der Veranstaltung bei. Während der Priester die Rede meines völlig aufgelösten Bruders vorlas, da dieser sich nicht dazu in der Lage fühlte, sah ich mich mit vom Weinen glänzenden Augen neugierig in der Menge um, um nach bekannten Gesichtern Ausschau zu halten. All meine Freunde und die meines Bruders waren gekommen und teilten uns beiden, den letzten Hinterbliebenen, ihr aufrichtiges Beileid und Mitgefühl mit. Doch bemitleidet werden wollte ich nicht. Ich wollte einfach nur wieder glücklich sein, doch dies kam mir vor wie ein unmögliches Unterfangen. Ich erblickte allerhand Leute. Solche, denen ich wohlgesonnen gegenüberstand und solche, die nicht gerne sehen wollte. Menschen, die ich sehr gut kannte und Menschen, die mir nur vom Sehen oder flüchtig bekannt waren. Inmitten der Menge blieb mein umherschweifender Blick plötzlich vor lauter Verwunderung an einem ganz bestimmten Menschen haften. Es war ein Mädchen, ungefähr meinen Alters, dessen Antlitz mir gänzlich unbekannt war. Verwundert hielt ich einen Moment inne und starrte sie an. Vielleicht mochte sich mein Gedächtnis doch noch entsinnen, woher ich sie kannte, doch derlei trat nicht ein. Und dennoch hatte ich das merkwürdige Gefühl, sie zu kennen, sie schonmal gesehen zu haben. Es mag ganz und gar befremdlich klingen, doch tatsächlich kam es mir so vor als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Sie trug schulterlanges, elegant geflochtenes schwarzes Haar, das einen hervorragenden Kontrast zu ihrer hellen fast schon geisterhaft blassen Haut darstellte. Eine Kombination, die mir durchaus zusagte, da sie etwas verletzliches ausstrahlte und unweigerlich den Beschützerinstinkt in mir erweckte. Gleichzeitig wirkte sie doch auch unerklärlicherweise ungeheuerlich stark. Sie strahlte eine Aura aus, die mich sofort in ihren Bann zog und es mir unmöglich machte, den Blick von ihr abzuwenden. Neben mir waren alle Augen auf den Priester gerichtet, dessen Worte ich ebenso wenig vernahm wie das Schluchzen und Heulen hinter und neben mir. Ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren als auf die Schönheit der Unbekannten. Leider war ihr Gesicht zu Boden gewandt, sodass ich ihre Augen nicht erkennen konnte. Doch irgendetwas sagte mir, dass sie eindeutig über braune Augen verfügen musste, vollkommen dunkle Augen, die die Wärme ihres Herzens ausstrahlten. Ich hatte mich zunächst nur auf ihren Kopf konzentriert, doch schließlich begann ich den Rest ihres Körpers zu begutachten. Zu meiner Verwunderung trug sie einen recht knappen Rock, der ihre wohlgeformten Beine und den eleganten Körper sehr gut zur Geltung brachte. Etwas freizügig für eine Beerdigung, dachte ich mir. Bei jedem anderen Gast hätte ich dies zweifelsohne als überaus respektlos empfunden, doch diesem wunderschönen Geschöpf konnte ich es nicht verübeln. Ich wurde das Gefühl nicht los, diese Person zu kennen, seltsam vertraut kam sie mir vor, ich fühlte mich direkt zu ihr hingezogen. Zudem kann ich nicht leugnen, dass ihre Freizügigkeit mein Herz in Wallung brachte und das Feuer der Leidenschaft in mir entfachte. Ich trat einen Schritt auf sie zu, nur einen einzigen kleinen Schritt in ihre Richtung. In diesem Augenblick sah sie plötzlich auf, mir direkt ins Gesicht und endlich konnte ich ihre feinen Gesichtszüge genaustens erkennen und die Farbe ihrer Augen (braun, ich wusste es doch!). Sofort blieb ich stehen und unsere Blicke trafen sich. Es konnten nicht mehr als zwei Sekunden sein, in denen wir uns ansahen, doch mir kam es vor wie eine Ewigkeit, da ich mich in der ungeheuerlichen Tiefe ihrer melancholischen Augen verlor. Das Mädchen jedoch drehte sich von mir weg und schritt eiligst von dannen. Innerhalb von Sekunden war sie in der Menschenmenge untergetaucht und hatte sich ihren Weg hindurch gebannt, sodass ich sie nicht mehr sehen konnte. Entsetzt blickte ich mich um, versuchte verzweifelt, sie wiederzufinden. Doch sie war einfach so verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Da die anderen Leute sich über meine Verrenkungen wunderten, hörte ich auf, nach ihr zu suchen und wandte mich wieder dem Priester zu, obwohl ich seinen Worten und überhaupt den Worten von irgendjemandem keinerlei Gehör schenkte. Ich hatte nur eines im Kopf...
Ich musste dieses Mädchen wiedersehen, koste es was es wolle. Die nächsten Tage und Wochen verliefen unfassbar träge. Zu produktiver Arbeit war ich nicht mehr imstande. Man vermutete, es läge am tragischen Verlust meiner Mutter, was für Außenstehende sicherlich der naheliegenste Grund war, doch in Wahrheit war es dieses Mädchen. Sie war in Wahrheit mein Verlust. Die Erinnerung an meine geliebte Mutter verblasste und das Bild des Mädchens wurde immer stärker vor meinem geistigen Auge. Obwohl ich sie nur für wenige Minuten sah, prägte sich mein Gedächtnis jede Faser ihres wunderschönen Gesichts ein und dieses Bild wollte einfach nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. In meinen Träumen malte ich mir die unrealistischsten Szenarien aus. Tatsächlich ertappte ich mich selbst immer wieder bei recht unanständigen Gedanken, da ihre Freizügigkeit meine Fantasie doch mehr ankurbelte als ich mir eingestehen wollte. Immer wenn ich mich diesen Vorstellungen hingab, tauchte in meinem Kopf ein neues Bild auf. Das meiner mich tadelnden Mutter. Bei diesem Gedanken erschauderte ich und verdrängte meine geheimsten und verborgensten Träume, da ich mich schuldig und nackt fühlte.
Mein Bruder kam nicht über den Tod unserer Mutter hinweg. Wir hielten tapfer zusammen, wohnten gar eine zeitlang zusammen, um uns gegenseitig Trost zu spenden, doch er wusste nichts von dem, was mich in Wahrheit beschäftigte. Ohnehin war er zu sehr mit sich selber beschäftigt. Er war in der Tat derart aufgelöst und zerbrochen, das es mich fast schon wunderte, dass er sich noch nicht geendigt hatte. Er besaß eine Pistole und hätte schließlich damit seinem Leben und somit auch seinem Kummer endgültig ein Ende bereiten können. Doch er tat es nicht. Meinte er wollte durchhalten, stark sein, stark sein für unsere Mutter. Meinte, dass es doch niemals ihrem Wunsch entsprochen hätte, wenn er sich selber etwas antat.
Mir ist es unmöglich zu sagen, wer von uns beiden mehr litt. Ich, der das Gefühl hatte, die Liebe meines Lebens verloren zu haben und das Mädchen meiner Träume nie mehr wiederzusehen oder er, der doch so an unserer Mutter gehangen und ihren Tod nicht ertragen konnte. Wir hielten uns in den Armen, weinten stundenlang, sprachen jedoch kaum ein Wort miteinander. Mit unserer körperlichen Nähe zeigten wir dem anderen, dass wir für einander da waren und das reichte vollkommen aus. Mehr brauchten wir nicht, mehr konnten wir nicht füreinander tun.
In meiner endlosen Verzweiflung dachte ich fieberhaft nach, suchte rastlos nach Möglichkeiten, herauszufinden, wer das Mädchen war und wo ich sie antreffen konnte. Es stellte sich als überaus problematisch heraus, dass ich nicht ein einziges Wort mit ihr wechseln konnte und daher auch nichts über sie in Erfahrung bringen konnte. Nicht mal das kleinste Detail. Ich wusste nicht, wer sie war. Aus diesem Grund konnte ich mich auch nirgends nach ihr erkunden. Ihr Aussehen zu beschreiben, hätte mich auch nicht weitergebracht. Denn ihre wahre Schönheit war einfach unmöglich in Worte zu fassen und auch dem verehrten Leser dieser Geschichte konnte ich nur eine unzureichende Beschreibung liefern. Meine Empfindungen waren weder nachvollziehbar noch zu erklären. Nur ich vernahm ihre Schönheit, diese Erfahrung war mir einfach unmöglich wiederzugeben. Mein Verlangen nach ihr stieg ins Unermessliche, meine Begierde war grenzenlos. Diese Intensität der Gefühle veranlasste mich dazu, diese kritisch zu hinterfragen. Handelte es sich wirklich noch um Liebe, wo ich doch nichts von dem Mädchen wusste oder begehrte ich es einfach nur? Ich war hin und hergerissen und wusste meine eigenen Empfindungen nicht richtig einzuordnen. Sicherlich hatte ich erotische Vorstellungen, doch ich war ebenfalls Romantiker, der sich nichts sehnlicher wünschte, als mit ihr zusammen ein glückliches Leben zu führen und sie für immer und ewig zu behüten und mich so gut um sie zu kümmern, wie es überhaupt nur möglich war. Sie stellte für mich also durchaus mehr dar als nur die Befriedigung meiner Bedürfnisse, der Besänftigung meiner Triebe. Wie könnte mein Herz doch nur derartig schmerzen und leiden, wenn es sich bei meinen Empfindungen nur um primitive animalische Bedürfnisse handelte, die auf die Willkür meiner menschlichen Triebe zurückzuführen waren? Nein, das wollte ich einfach nicht wahrhaben. Ich war mehr als das, sie war mehr als das. Sie hatte was besseres verdient und ich war auch besser als meine Triebe, dessen war ich mir vollkommen sicher. Also kam ich zu dem Schluss, dass ich unsterblich verliebt und nicht der Wollust verfallen war. Sie war derjenige, das wusste ich einfach intuitiv. Ich musste sie haben, ansonsten wäre mein Leben belanglos. Liebe wäre eine einzige Lüge, wenn ich sie nicht bekommen könnte.
 Meine Trauer und der Herzschmerz steigerten sich in Raserei. Ich wurde ein Zeitgenosse, von dem man sich besser fern halten sollte. Da ich meine Wutausbrüche nicht kontrollieren konnte, litt mein Umfeld sehr darunter, besonders mein bemitleidenswerter Bruder, der eigentlich meiner Hilfe bedurfte. Doch diese stellte ich für ihn nicht mehr dar. Wir wohnten zwar weiterhin zusammen, doch gingen wir uns doch weitesgehend aus dem Weg. Überließen uns gegenseitig unserem Leid. Meine Verzweiflung mündete in Wahnsinn über und zu dieser Zeit fühlte ich mich tatsächlich einem Tier näher als einem Menschen. Da ich das Mädchen so sehr vermisste, das ich es nicht mehr aushalten konnte schmiedete ich die grausamsten Pläne, um sie endlich wiedersehen zu können. Ich klammerte mich an verworrene und durchaus fragwürdige Theorien, dachte über die unsinnigsten Methoden nach, die ich an dieser Stelle nicht teilen möchte. In meinem Wahn kam mir eine Idee von solch extremer Unmenschlichkeit, das ich mich dessen zutiefst schämte. Am liebsten hätte ich darüber auf ewig geschwiegen, mein düsteres Geheimnis mit ins Grab genommen, doch dem verehrten Leser möchte ich es nicht vorenthalten und meiner geschundenen Seele wird es definitiv zugute kommen, wenn ich es endlich ausspreche. Ich kann nicht länger mit meiner Lüge leben und meine Schuldgefühle übermannen mich. Also muss ich es einfach erzählen, doch der verehrte Leser möge sich bitte an das Versprechen erinnern, das er als Bedingung, meine Geschichte lesen zu dürfen, abgelegt hatte...
Obwohl es erst neun Uhr waren, schlief mein Bruder bereits tief und fest. Mittlerweile schlief er fast den ganzen Tag, ließ sich nirgendwo mehr blicken. Eindeutige Anzeichen für eine schlimme Depression. Ich schlich mich leisen Schrittes in sein Schlafgemach, öffnete bedächtig die Tür und gab mir alle Mühe, möglichst geräuschlos zu sein. Da ich jedoch nicht imstande war, in der Dunkelheit etwas zu erkennen und ich nicht im Besitz einer Taschenlampe war, betätigte ich den Lichtschalter und das Zimmer wurde augenblicklich erhellt. Ich biss die Zähne zusammen und mein Herz schlug sofort höher, in der Angst, mein Bruder könnte davon aufmachen. Zu meinem Glück geschah dies nicht. Er lag zugedeckt auf dem Rücken in seinem Bett, in einen tiefen wahrscheinlich traumlosen Schlaf verfallen. Mein Pulsschlag beruhigte sich wieder und ich atmete kurz durch. Dann ging ich zum Schrank, öffnete das oberste Fach und nahm seine Pistole zur Hand, die er dort aufbewahrte. Sie war noch geladen, vielleicht hatte er also doch irgendwann mal mit dem Gedanken gespielt, sich das Leben zu nehmen.
Sorgfältig nahm ich sie zur Hand, etwas überrascht von ihrer unerwarteten Leichtigkeit. Mir wurde speiübel und ich schämte mich zutiefst als ich die Waffe auf den armen ahnungslosen Schlafenden richtete. Die Minuten vergingen und ich stand einfach nur regungslos vor dem Bett meines Bruders. Meine Hände zitterten zu sehr als das ich das Ziel fixieren konnte. Mir war natürlich bewusst, dass ich für diese Tat in die Hölle kommen würde, doch für meinen großen Traum war ich bereit, alles zu opfern. Ich würde für meine Geliebte morden und das war es schließlich wert, auch wenn wir mein Bruder unfassbar leid tat. Leider blieb mir keine andere Wahl als ihn zu instrumentalisieren und ihn für meine, für unsere Zwecke zu benutzen. Ich beraubte ihn zwar damit seiner menschlichen Würde, doch ich redete mir ein, dass er ohnehin nie wieder glücklich werden würde in seinem Leben und ich ihm mit dieser Tat sogar einen Gefallen tat. Schließlich nahm ich ihm ja die Arbeit ab. Auf diese Art versuchte ich diese moralisch verwerfliche Handlung mit meinem Gewissen zu vereinbaren und mich vorm Allmächtigen zu rechtfertigen.
Ich schwitzte vor Angst und Schuldgefühlen. Was, wenn es nicht funktionieren würde? Was, wenn mein Plan nicht aufginge? Ich ging defintiv ein verdammt hohes Risiko ein, denn wenn ich Pech hatte würde ich nicht nur meine Geliebte nie wiedersehen, sondern auch noch völlig unnötigerweise meinen Bruder geopfert haben. Doch irgendetwas in meinem Inneren sagte mir, dass es funktionieren würde und ich glaubte dieser Stimme. Mir blieb nichts anderes übrig, denn es gab jetzt kein Zurück mehr. Meine Entscheidung stand unwiderruflich fest! Von meiner flachen und hektischen Atmung wachte mein Bruder schließlich doch auf. Ich hatte immer noch nicht den Mut gefunden, einfach abzudrücken und stand immer noch vor ihm, die Waffe auf ihn gerichtet. Langsam öffnete er die Augen und blickte fast wie benommen in meine Richtung.
"Es tut mir so leid. Aber ich muss tun, was notwendig ist. Ich liebe dich, mein Bruder", sagte ich mit zittriger Stimme.
"Was...Uhrzeit? So müde...was ist los? Waffe...was?", stammelte mein Bruder.
"Mutter wird sich freuen, dich wiederzusehen", meinte ich nur und presste ihm die Waffe an den Schädel. Schlaftrunken murmelte er noch etwas unverständliches, realisierte gar nicht wirklich, was vor sich ging und ich drückte ab. Ein lauter Knall ertönte, Blut spritzte auf das weiße Kissen und das Leben entwich meinem Bruder. Ich drückte dem Toten, der sofort in die Leichenstarre überging, die Pistole, seine Pistole in die Hand, um es nach Selbstmord aussehen zu lassen. Anschließend stürmte ich, entsetzt von meiner abscheulichen Tat ins Badezimmer und übergab mich, bevor ich in Tränen ausbrach und anfing, mich selber zu hassen für das Monster, das aus mir geworden war. Oder sollte ich eher sagen, für den Menschen?
In der darauffolgenden Woche fand die Beerdigung statt, die zweite innerhalb kurzer Zeit für mich. Ich hatte den Tod meines Bruders nicht direkt in der Nacht meines Mordes gemeldet, sondern erst am nächsten Morgen. Selbstmord wurde als Todesursache anerkannt. Wie auch schon bei der Beerdigung meiner Mutter waren zahlreiche Schaulustige zugegen. Erneut sprach man mir Beileid aus, ich wurde zutiefst bemitleidet für den zweiten Schicksalsschlag, den ich innerhalb kürzester Zeit ertragen musste. Allerdings bekam ich auch mit, dass einige der Anwesenden untereinander tuschelten, von wegen dass mein Bruder ein Feigling wäre, einfach vor den Problemen wegzurennen und sich umzubringen, ohne Rücksicht auf seinen Bruder. Dies zu hören, auch wenn diese Worte natürlich nicht für meine Ohren bestimmt waren, machte mich depressiv und steigerte meine Scham ins Unermessliche. Doch dann erinnerte ich mich, warum ich das alles tat und die Hoffnung kehrte zurück. Für den verehrten Leser mag sich dies überaus befremdlich anhören, doch ich war eben von meinen Emotionen gesteuert, fest im Griff einer unerträglichen Liebe die meine Sinne benebelte.
Den Worten des Priesters lauschte ich überhaupt nicht, denn ich sah mich nervös um, ließ meinen scharfen Blick vorsichtig durch die Menge streifen. Doch zu meinem Entsetzen entdeckte ich niemanden. Nun, ich sah unzählige Menschen, Freunde, Bekannte, entfernte Bekannte und Fremde, doch nicht die Person, nach der ich suchte, diese eine Person. Sie war nicht gekommen. All meine Hoffnungen zersprangen in tausend Einzelteile wie ein Spiegel, den man mit einem Stein zerschlägt. Mein Herz durchzuckte ein stechender Schmerz. Mein Bruder war umsonst gestorben. Ich wurde zum kaltblütigen Mörder, der einen sinnlosen Mord begangen hatte.
Erst in diesem Moment wurde ich mir der wahren Schwere meines Vergehens bewusst. Ich hatte ein Menschenleben ausgelöscht und nicht irgendeines, sondern auch noch das meines eigenen leiblichen Bruders. Was würde sich meine Mutter für mich schämen. Was war ich für eine wertlose lebensunwürdige Kreatur. Sobald das hier vorbei ist, werde ich mir selber auch eine Kugel in den Kopf jagen, dachte ich. Wenn sie noch nicht mal da ist, gibt es für mich ohnehin keinen Anlass, weiterzumachen. Ich war des Kämpfens müde. Konnte und wollte einfach nicht mehr.
Tränen bildeten sich in meinen Augen und liefen die Wangen herunter. Ich versuchte stark zu bleiben und mir nichts anmerken zu lassen, doch der Schmerz wurde zu stark. Mein gebrochenes Herz und die schier übermächtigen Schuldgefühle erdrückten mich, lasteten auf meinen Schultern als würde ich ganze Zementsäcke schleppen.
Ich wagte noch einen letzten verzweifelten Versuch, mich nach dem Mädchen umzusehen. Ich wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben, loszulassen war mir ein unmögliches Unterfangen. Ich war es meinem Bruder zumindest schuldig, dass sein Tod nicht umsonst war. Und tatsächlich, obwohl ich selber nicht mehr richtig daran geglaubt hatte, wurde ich doch noch belohnt. Zwischen zwei großen Männern erblickte ich doch wirklich das Mädchen, nach dem ich so sehnsüchtig gesucht hatte, das ich so schmerzlich vermisst hatte! Sie war zwischen den beiden Riesen zwar gut versteckt, weshalb ich sie auch nicht sofort wahrnahm, doch es war sie absolut unzweifelhaft! Dieses einzigartig schöne Gesicht, das dunkle Haar und die verträumten Augen würde ich unter Millionen noch wiedererkennen. Zu meinem Entzücken trug sie genau denselben kurzen Rock, den sie beim letzten Mal auch getragen hatte. Meine Zweifel, meine Furcht und meine Trauer waren wie weggeblasen, als hätten sie nie existiert. Mein Scham-und Schuldgefühl war nicht länger vorhanden, der Schmerz war verflogen. Ich fühlte nur noch Glückseligkeit, Glückseligkeit in vollendeter Form. Die Welt war wieder in Ordnung, mein Mord hatte sich doch ausgezahlt. Mein Plan war aufgegangen und ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich war hohes Risiko eingegangen und hatte alles aufs Spiel gesetzt und wurde dafür belohnt. Der gerechte Lohn für all meinen Aufwand. Ich durfte das Mädchen nach einer qualvollen Zeit des Wartens endlich wieder sehen. Diesmal würde ich sie nicht einfach davonkommen lassen. Nein, ich würde sie ansprechen und wenn es das letzte wäre, was ich täte.
Genau in diesem Moment erblickte mich das Mädchen ebenfalls und sie errötete. Ich ging auf sie zu, zwar langsam aber bestimmt und mit neu gewonnenem Selbstvertrauen. Je näher ich ihr kam, desto mehr glaubte ich die Wärme zu spüren, die von ihrem Herzen ausging. Das Mädchen hatte einen unglaublichen Charme, dem ich nicht widerstehen konnte. Wie ich so auf sie zuging, kam mir dies alles so unwirklich, so surreal vor. So, als wäre es nicht wirklich ich, der sich da bewegt. Als würde ich von einer übernatürlichen Macht fremdgesteuert werden, während mein eigentliches Bewusstsein weit entfernt war. Praktisch sah ich mich selber als Außenstehender. War diese magische Anziehungskraft die Liebe oder das Verlangen?
Was mich wunderte war, dass niemand das Mädchen wahrzunehmen schien. Selbst die Menschen, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld befanden nahmen keinerlei Notiz  von ihr, was mir absolut unbegreiflich war bei einer solchen Schönheit. Andererseits freute es mich auch, da ich so zumindest keine Mitbewerber zu befurchten hatte.
Ich schob die beiden Männer, die neben ihr standen beiseite und befand mich nun direkt vor meiner Angebeteten. Sie war zwar ein gutes Stück kleiner als ich, doch immer noch recht groß für eine Frau. Wieder trafen sich unsere Blicke und ich setzte ein Lächeln auf. Doch sie erwiderte es nicht. Ihre Gesichtszüge blieben unverändert, fast schon kühl. Nie zuvor in meinem Leben hatte ich eine solch innere Ruhe verspürt wie in diesem Moment, als wir uns gegenüberstanden. Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch sie legte mir ihren langen Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete mir damit, ruhig zu sein. Nun beugte sie sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr: "Nicht hier. Folge mir."
Der Klang ihrer lieblichen Stimme war wie Musik in meinen Ohren und meine Nackenhaare richteten sich auf. Das Mädchen ging weg, ich folgte ihr. Nachdem wir den Friedhof verlassen hatten und für uns alleine waren, blieben wir stehen. Ich umarmte sie und die Umarmung wurde erwidert. Ich küsste sie auf den Mund und der Kuss wurde erwidert. Ob sie mich auch derart liebte, wie ich sie? Ob sie auch dauernd an mich denken musste und mich nicht mehr vergessen hatte seit dem Tag unserer ersten Begegnung?
Schließlich lösten wir uns und lächelten uns an. Beim Anblick ihres sanften Lächelns ging  mir wahrlich das Herz auf. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, denn ein weiteres Mal vermochten Worte meine wahren Empfindungen nicht auszudrücken. Daher war ich froh, als sie das Wort ergriff.
"Heute bei dir. Um Mitternacht!"
Ich war vollkommen perplex. Zunächst erfreute ich mich noch am Klang ihrer Stimme, doch als mir der Inhalt ihrer Worte bewusst wurde, blieb mir nichts als Verwunderung übrig...und gleichzeitig Freude. Sie lächelte erneut und schritt von dannen. Ich folgte ihr nicht, da ich wusste, dass sie ihr Wort halten würde, wenngleich ich mich doch fragte, warum sie auf einmal so direkt wurde und woher sie überhaupt wusste, wo ich wohnte. Doch meine innere Stimme sagte mir, dass sie es ernst meinte und wirklich wusste. Die Art, wie sie auftrat war derart überzeugend und mit einer solchen Selbstverständlichkeit vorgetragen, dass es für mich keine andere Schlussfolgerung zuließ. Ich musste nur nach Hause gehen und warten. Und das tat ich auch. Sie würde kommen, das war so sicher wie die Gewissheit des Todes...
Nie zuvor in meinem Leben wünschte ich mir mehr, dass die Zeit schneller verging und sie das Gegenteil davon tat. Es waren sieben Stunden bis Mitternacht, die sich jedoch anfühlten wie sieben Jahre. Ich war in meinem Zimmer und saß einfach nur da, nicht in der Lage mich irgendwie abzulenken oder einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Dies waren die schlimmsten Stunden meines Lebens. Das endlose Warten, die Angst, sie würde vielleicht doch nicht kommen, der Teufelskreis betehend aus Sorgen und Schwarzmalerei. Es war kaum zum Aushalten. Zu meinem psychischen Leiden gesellten sich zu allem Überfluss auch noch körperliche Beschwerden. Mein Herzschlag war unregelmäßig und völlig aus dem Rythmus geraten, was mit einer schier unerträglichen Übelkeit und heftiger Migräne einherging. Keinerlei Arznei vermochte mir zu helfen, ich wusste, dass einzig und allein das Mädchen meinem Leiden ein Ende bereiten konnte. Nur sie verfügte über diese heilenden Kräfte.
Um Mitternacht hatten meine Qualen endlich ihr Ende gefunden. Als die Uhr zwölf schlug, klingelte es an meiner Haustür. Ich öffnete erwartungsvoll und wie erhofft stand in der Tat das begehrte Mädchen vor der Tür. Sie trug erneut einen Rock, dieser war jedoch noch knapper als der, den sie zwei Mal bei den Beerdigungen trug. Dies erweckte Hoffnungen bei mir, in welche Richtung sich dieses nächtliche Treffen entwickeln konnte. Was mich jedoch erstaunte war ihre unfassbare Blässe. Ihre Haut hatte einen Farbton angenommen, der nicht mehr menschlich wirkte. Wahrlich sah sie aus wie eine Leiche, doch das störte mich keineswegs, denn ihrer Schönheit tat dies keinen Abbruch.
Freundlich ließ ich sie eintreten. Als ich die Tür hinter uns geschlossen und sie in mein Zimmer gewiesen hatte, fiel sie mir um den Hals und küsste mich leidenschaftlich. Bis dato hatten wir noch kein Wort miteinander gesprochen. Selbstverständlich ließ ich sie gewähen. Anschließend nahm sie auf meinem Bett Platz und begann sich auszuziehen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
"Du kommst aber schnell zur Sache."
Keine Antwort. Ihre Schuhe und den Rock hatte sie bereits abgelegt und räkelte sich nur in Unterwäche bekleidet verführerisch auf meinem Bett. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir dies vorstellen können. Ihr Körper war noch vollkommener als ich ihn mir ausgemalt.
"Ich...ich würde mich gerne...vorstellen", brachte ich gerade noch so heraus.
"Nicht nötig. Ich weiß alles über dich", säuselte sie.
Wahrlich hätte mir dies Angst einjagen müssen, doch meine Gefühle waren wie betäubt. Die Tatsache, dass sie wusste wo ich wohnte, war schon beängstigend genug. Ich dachte an meinen Bruder und mein dunkles Geheimnis.
"Das will ich nicht hoffen", meinte ich nur und zog mich meinerseits langsam aus. "Mich würde aber auch interessieren, wer du bist. Ich kenne noch nicht mal deinen Namen. Wer bist du, unbekannte Schönheit?"
"Das weißt du bereits. Du musst dich nur entsinnen."
"Ich habe dich noch nie zuvor gesehen. Aus dem Nichts warst du plötzlich da. Und jetzt liegst du auf meinem Bett und ich weiß immer noch nichts, von dir."
Der Verstand schaltete sich bei mir ein. Die ganze Sache kam mir auf einmal doch zu suspekt vor.
Sie antwortete: "Es geht hier nur um dich und mich. Lass dich einfach gehen und stelle nichts in Frage. Das ist deine Nacht und ich gehöre nur dir."
Diese Worte betäubten mein kritisches Urteilsvermögen und aktivierten endgültig meine Triebe, denen ich mich hingab. Ich verspürte ein Gefühl von Glückseligkeit in einer solchen Stärke, die ich niemals für möglich gehalten hatte. Und auf einmal war mein ganzes Leid vergessen und ich fühlte mich wie im Himmel. Mein Leben war ein Traum! Ich hoffte er würde niemals enden. Dies war die schönste Nacht meines Lebens.
Das Mädchen hatte gemeint, dass wir uns nicht mehr sehen sollten, dass es eine einmalige Sache gewesen war. Jedoch gelang es mir, ihr Herz mit meinem Betteln und Anflehen zu erweichen und sie willigte schließlich doch ein. Am nächsten Tag führte ich sie in ein Cafe aus. Zwar wollte ich unbedingt wieder eine Nacht mit ihr verbringen, doch zunächst wollte ich etwas über sie in Erfahrung bringen. Sie war erneut pünktlich am vereinbarten Treffpunkt und gemeinsam suchten wir uns einen schönen Platz aus. An diesem Tag war sie dezent gekleidet, nicht freizügig. Wir bestellten beide einen Kaffee und ich eröffnete schließlich das Gespräch.
"Schön, dass du kommen konntest."
Sie wurde direkt: "Warum hast du mich hierhin bestellt? Wir hätten uns doch wieder bei dir treffen können. Oder hat es dir gestern etwa nicht gefallen?"
"Und ob es das hat. Es war die schönste Nacht meines Lebens und wich würde dies auch gerne wiederholen. Jedoch möchte ich auch etwas über dich erfahren. Ich will nicht nur mit dir schlafen. Ich will dich auch kennenlernen."
"Warum willst du das?" Sie verzog keine Miene und zum ersten Mal, machte sie mir wirklich Angst. Ihre Schönheit war schon fast zu vollkommen, zu ideal. Es war beängstigend. Wenn sie mich mit ihrem durchbohrenden Blick musterte, fühlte ich mich nackt und wehrlos. Sie machte mich willenlos, ich konnte ihr nicht widerstehen, egal wie sehr ich mich auch bemühte. Ich wurde zum Opfer meiner Triebe.
"Weil...weißt du, es ist so...", begann ich, nach den richtigen Worten suchend. Da ich ihrem Blick nicht länger standhalten konnte, sah ich beschämt zu Boden und lief rot an.
"Ich wünschte mir nichts sehnlicher als dich wiederzusehen. Seit wir uns das erste Mal begegneten, gingst du mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich fühlte mich noch nie derart zu einem unbekannten Menschen hingezogen. Es ist wirklich beängstigend..."
"Was versuchst du mir mitzuteilen", unterbrach sie mich ungeduldig. Ich rang nach Atmen. Genau in diesem Moment kam die Kellnerin an unseren Tisch, worüber ich sehr dankbar war, da sie mir Zeit zum Durchatmen und zum Überlegen verschaffte.
"Einen Kaffee, wie der Herr wünschte", sagte sie mit heiterer Stimme und stellte die Tasse vor mir auf den Tisch. Sie wollte gerade wieder gehen als ich sie zurückrief.
"Entschuldigung, aber wo ist der Kaffee für meine Begleitung?" Ich sah das Mädchen an. Sie starrte mich mit glasig wirkenden Augen an, reagierte und regte sich nicht. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihre blasse Haut im Gesicht auf einmal von purpurfarbenen Adern durchzogen war. Dies war am Vortag noch nicht der Fall gewesen, dessen war ich mir absolut sicher.
Die Kellnerin warf einen Blick auf das Mädchen, schien es jedoch nicht wahrzunehmen. Dann sah sich mich mit einem seltsamen Ausdruck an, der entschuldigend und verwirrt zugleich war.
"Sie haben nur einen Kaffee bestellt.  Ehrlich gesagt habe ich Sie auch nicht mit Begleitung eintreten sehen. Ist die Person vielleicht auf Toilette?"
"Soll das ein Witz sein", platzte es aus mir heraus. Mit dem Finger deutete ich auf das Mädchen mir gegenüber. "Dort sitzt sie doch! Sind Sie etwa blind?"
Die Kellnerin musterte mich argwöhnisch. "Werden Sie nicht unverschämt und halten Sie mich nicht zum Narren. Sie sitzen alleine an diesem Tisch."
Die Wut packte mich und lauthals schrie ich: "Bringen Sie uns endlich noch einen scheiß Kaffee!"
Die anderen Leute sahen in meine Richtung und ich spürte förmlich die Blicke, die auf mich gerichtet waren.
"Unterstehen Sie sich. Wie können Sie es wagen?"
"Es tut mir leid. Ich habe einen schlechten Tag. Eigentlich bin ich nicht so. Ich würde nur gerne noch einen Kaffee bestellen."
Die Frau schüttelte nur den Kopf und murmelte: "Womit habe ich das verdient."
Kurze Zeit später kam sie mit einer weiteren Tasse zurück und stellte sie auf den Tisch mit den Worten: "Hier bitteschön. Für ihre imaginäre Freundin."
Das Mädchen hatte kein einziges Wort gesagt. In diesem Augenblick fiel mir wieder ein, dass man sie auch schon auf der Beerdigung nicht wahrgenommen haben zu schien. Vielleicht konnte ja nur ich sie sehen. Doch sie war echt, aus Fleisch und Blut. Gestern hatte ich noch mit ihr geschlafen. Natürlich war sie real. Es konnte nicht anders sein!
Verwundert fragte ich sie: "Was war das denn bitte?"
"Was hattest du zuvor versucht mir mitzuteilen", entgegnete sie, ohne auf meine Frage zu antworten.
"Moment mal, ich will wissen, was hier vor sich geht! Ich glaube, du bist mir eine Erklärung schuldig. Warum sieht dich niemand außer mir?"
Das Mädchen beugte sich zu mir herüber und küsste mich, um mich zu besänftigen, was ihr auch gelang.
"Zunächst will ich wissen, was du mir sagen wolltest", sagte sie und ich gab schließlich nach.
"Ja...ich wollte sagen...Ich...Ich liebe dich."
Es erforderte viel Mut, diese Worte auszusprechen doch ich fühlte mich sogeich viel befreiter. Eine große Last fiel von meinem Herzen. "Ich möchte mein Leben mit dir verbringen. Du bist in meinem einsamen und tristen Leben die einzige Lichtquelle. Du bist die Personifikation des Glücks."
Das Mädchen setzte ein Lächeln auf, schwieg jedoch.
"Was ist? Na los, sag schon", drängte ich.
Schließlich sagte sie: "Bist du dir da auch sicher?"
"Ja, das bin ich. Es war Liebe auf den ersten Blick."
"Liebe?"
"Natürlich, was denn sonst?"
"Du gibst vor, nichts von mir zu wissen..."
"Das tue ich auch nicht."
"Und doch sprichst du von Liebe."
"Die Liebe meines Lebens!"
"So, so. Dann möchte ich dir etwas sagen. Wir haben uns nur einmal getroffen. Du hast dich ohne nachzudenken von mir verführen lassen. Verwechselst du nicht eher Liebe mit Verlangen?"
Mit diesen Worten hatte sie bei mir einen wunden Punkt getroffen. Wie ich dem verehrten Leser bereits mitteilte, befürchtete ich selber Liebe mit Verlangen zu verwechseln. Sie hatte im Prinzip recht. Von Anfang an stand das körperliche Verlangen im Vordergrund, da sie mich mit ihrer Schönheit bereits in den Bann gezogen hatte, als wir noch kein einziges Wort miteinander gesprochen hatten. Dennoch fiel mir ein überzeugendes Argument ein, dass ich zu meiner Verteidigung einbringen konnte.
"Wenn ich dich nur begehren würde, hätte ich dich erneut Nachts zu mir eingeladen und nicht um ein Treffen an einem öffentlichen Ort gebeten."
"Das tust du nur, aus Neugierde. Du willst wissen, warum ich dir so vertraut vorkomme, obwohl du schwörst, mich noch nie zuvor gesehen zu haben. Du willst nur etwas über mich herausfinden, um dein Bedürfnis nach Wahrheit zu stillen und nicht etwa aus Liebe. Ist es nicht so?"
Ich antwortete nicht. Es war ohnehin nicht nötig, da sie wusste, dass sie recht hatte. Allerdings fragte ich mich, woher sie so viel über  mich wusste, selbst Dinge, die sie unmöglich hätte in Erfahrung bringen können. Sie konnte in mein Inneres blicken. Ich wusste nicht welcher Zauber es war, der sie umgab, mir war nur bewusst, dass ich diesem nicht entrinnen konnte. Sie hatte mich in ihrem Bann, ich war gefangen und abhängig von ihr. Aus diesem Grund konnte sie tun, was sie wollte, da sie wusste, dass ich ohnehin nicht loslassen konnte. Als sie schließlich nackt auf meinem Bett lag, setzte mein Denkvermögen endgültig aus. Sie war mir einfach in jeglicher Hinsicht überlegen und ich war ihrer Willkür hilflos ausgeliefert. Es machte mich wahnsinnig, brachte mich um den Verstand.
Das Mädchen fuhr fort: "Aber keine Sorge. Heute werde ich dir erneut einen mitternächtlichen Besuch abstatten. Dann wirst du die Antwort auf all deine Fragen erhalten."
Mit diesen Worten stand sie auf und ließ mich alleine zurück. Wollte ich sie wirklich wieder sehen? Nein, ich wollte nicht. Dafür war sie mir einfach zu unheimlich. Wenn ich doch nur gewusst hätte, wie ich mich von ihr hätte lösen können. Doch dies vermochte ich nicht.
Ich kann nicht leugnen, dass ich mich dennoch sehr auf den Abend freute. Eigentlich wollte ich die Wahrheit nicht erfahren. Ich wollte mich lieber weiterhin meinen Illusionen hingeben, in meiner eigenen Traumwelt verweilen. Ich hoffte, sie würde mich nicht mit der Wahrheit konfrontieren, da ich befürchtete, ich könnte diese nicht ertragen und würde daraufhin endgültig dem Wahnsinn verfallen. Wenn ich ehrlich zu mir war, hoffte ich nur, sie würde den verdammten Mund einfach nicht aufmachen und es wieder genau so machen wie beim letzten Mal. Daraufhin wurde mir klar, dass ich tatsächlich nicht länger von Liebe sprechen konnte. Sie hatte mich verführt und mein Verlangen war kaum zu bändigen. Der animalische Teil, der von Natur aus jedem Menschen innewohnte, hatte die vollständige Kontrolle über mein Bewusstsein erlangt. Ich hatte in dieser Zeit nichts mehr von einem Menschen. Ich war ein Mörder und ein Wollüstling. In der Zeit, in der ich auf das Mädchen wartete, dachte ich an meinen armen Bruder. Ich verspürte Reue. Das Mädchen sollte dafür bezahlen, dass sie mich zu einer solchen Tat zwang. Es war ihre schuld, sie hatte mich dazu getrieben und war somit zu verantworten. Zwar war ich derjenige, der die Handlung letztendlich ausführte, doch sie steckte hinter alldem. Sie war der wahre Mörder meines Bruders, ich war eine Marionette. Würde sie tatsächlich wiederkommen (woran für mich kein Zweifel bestand), würde ich sie nicht mehr gehen lassen. Ich würde sie bei mir behalten und foltern. Sie sollte richtig leiden für das Leid, das sie mir zufügte. Ich würde mich rächen und mein Vergeltungsschlag würde verherend sein. Nun war auch der Gewalttrieb in mir geweckt. Vorsichtshalber lud ich die Pistole meines Bruders, die ich behalten hatte und verstaute sie in der Schublade. Ich hatte das Gefühl, ich würde sie in dieser schicksalhaften Nacht noch gebrauchen. Und ich wartete...wartete voller Sehnsucht auf meine Rache.

Die Geisterstunde kam und das Mädchen stand vor der Tür. Ich ließ sie freundlich eintreten und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Äußerlich war ich ruhig, doch innerlich brodelte es in mir. In meinen Gedanken machten sich die krankhaftesten Vorstellungen breit. Oh, was würde ich ihr in dieser Nacht alles antun...
Das Mädchen nahm auf meinem Bett Platz, zog sich jedoch nicht aus. Ich verriegelte die Tür. Wir waren alleine in meinem Zimmer. Nur sie und ich. Und so hilflos wie ich ihrem Charme zuvor ausgeliefert war, so sehr sollte sie jetzt meinen Trieben ausgeliefert sein.
"Guten Abend, Schatz", säuselte ich.
"Tu nicht so scheinheilig. Ich weiß genau, was du denkst. Wann verstehst du endlich, dass ich alles über dich weiß?"
"Ich habe keine Ahnung, wovon du redest." Meine Miene verfinsterte sich.
"Du stellst dir gerade vor, wie du mich möglichst schmerzhaft umbringen kannst."
Ich lachte. "Oh, du Liebe meines Lebens", sang ich mit nicht zu überhörender Ironie in meiner Stimme. "Ich würde dir niemals weh tun! Niemals würde ich dir Leid zufügen!"
Ich setzte mich neben sie aufs Bett und legte meinen Arm an ihre Schulter. Mein Hand wanderte unter ihr Kleid und suchte eine Stelle an ihrem Hals, an dem sie zudrücken konnte.
"Und jetzt befehle ich dir, dich auszuziehen", verkündete ich feierlich und setzte ein teuflisches Grinsen auf, das meine Zähne entblößte. Da keine Reaktion folgte, begann ich, sie zu würgen, doch selbst das schien ihr nichts auszumachen. Sie regte sich nicht.
"Du verdammtes Miststück hast meinen Bruder umgebracht", brüllte ich sie an. "Dafür wirst du bezahlen! Ich werde dich derart leiden lassen, dass du dir wünschst, du wärst nie geboren wurden."
Die blasse Haut des Mädchens wurde plötzlich aschfahl und die purpurfarbenen Adern traten deutlich heraus, genau wie ihre Augen. Erschrocken von diesem Anblick, löste ich meinen Griff und sprang auf. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen beobachtete ich, wie das Mädchen auf einmal größer und größer wurde. Sie warf einen dunklen Schatten, der genau auf mich fiel und breitete die Arme aus. Sie begann in sekundenschnelle zu altern und lachte währenddessen in verschiedenen Oktaven. Dieser Anblick war derart verstörend, dass ich glaubte, den Verstand zu verlieren. Ich sackte zusammen und kroch in die andere Ecke des Zimmers, in Richtung der Schublade...
Die Kreatur lachte: "Du hast nichts, nichts womit du mir Angst einzuflößen vermagst. So viel Kraft, so viel Temperament und du kannst nichts damit anfangen."
Ich schrie aus Leibeskräften: "Du Teufel, du Verkörperung des Bösen! So lass mich doch in Frieden! Was bist du?"
Auf einmal stand wieder das schöne Mädchen  vor mir, nicht die grässliche Gestalt. Sie sah wieder genau so schön aus wie auf der Beerdigung.
"Du hast deinen Bruder umgebracht. Das war nicht ich!"
"Du hast mich dazu gezwungen!"
"Das warst du selber."
Die Ruhe, mit der das Mädchen sprach ängstigte mich mehr als alles andere. Mittlerweile hatte ich die Schublade erreicht, öffnete sie am ganzen Leibe zitternd und nahm die Waffe in die Hand. Ich richtete sie auf die Kreatur.
"Jetzt ist es an der Zeit, die Wahrheit zu erfahren", sprach ich. "Was bist du?"
"Darum war ich dir die ganze Zeit so vertraut vorgekommen. Aus diesem Grund hast du dich, ohne mich zu kennen, zu mir hingezogen gefühlt. Deswegen wurdest du vor lauter Kummer zum Mörder, weil du mich wiedersehen wolltest."
"Ich will endlich die Wahrheit wissen", schrie ich, außer mir vor Zorn und betätigte den Auslöser. Da ich jedoch zu stark zitterte und daher nicht richtig zielen konnte, verfehlte ich sie und die Kugel bohrte sich in die Wand.
Das Mädchen lächelte müde und sah mich fast schon mitleidig an, mit der gleichen Wärme in ihren Augen, die mich damals so in ihren Bann zog.
"Ich bin du!"
Ich begriff nicht. "Was redest du?"
"Ich bin eine Verkörperung deines Unterbewusstseins. Dein ganzes Leben lang musstest du deine Triebe zurückhalten. Die strenge Erziehung deiner Mutter sorgte dafür, dass du deine Fantasien verdrängt hast. Nach ihrem Tod kamen diese verborgensten Wünsche wieder an die Oberfläche und fanden in mir ihre Verkörperung."
"Das heißt, du bist nicht real? Du bist nur in meinem Kopf?"
"Warum sollte etwas, das nur in deinem Kopf ist nicht real sein? Ich bin ein Teil von dir. Der dunkelste, geheimste Teil von dir. Deine triebhafte böse Seite."
"Daher konnte dich niemand sehen."
"Ich bin eine Idee. Ein Ideal. Dein Ideal. Ein perfektes Mädchen, das dich verführt, zu furchtbaren Taten treibt und deine Flucht aus der Realität darstellt. Für einen Traum hast du dein eigenes Leben aufgegeben und zerstört. Wegen einer Idee bist du zum Mörder geworden. Du hast deinen Bruder umgebracht. Ich bin dieser Trieb. Ich bin der menschlichste Teil deiner Selbst. Der Mensch ist von Natur aus triebgesteuert, animalisch, primitiv, gewalttätig. Nur durch die Gesellschaft, durch den Staat und Gesetze, wird er verharmlost. Doch früher oder später holt die wahre Natur des Menschen ihn ein. Du bist deinen Trieben gefolgt, ohne dich von Gesetzen und Normen einschränken zu lassen. Gewissermaßen bist du somit der letzte Mensch!"
Wie gelähmt lag ich auf dem Boden und konnte nicht fassen, was mir mein Unterbewusstsein soeben mitgeteilt hatte. Langsam erhob ich wieder die Waffe und richtete sie auf das Mädchen.
"Du kannst mich nicht töten, denn ich bin kein Teil der materiellen Welt. Das bedeutet nicht, dass ich nicht real wäre, es bedeutet nur, dass ich so lange existiere, wie auch du existierst."
"Wenn das so ist, werde ich dem wohl ein Ende bereiten müssen", seufzte ich und hielt mir die Waffe nun an die eigene Schläfe. "Ich kann so nicht weiterleben. Ich drohe in meinen Schuldgefühlen zu ertrinken. Es hat keinen Sinn mehr."
Das Mädchen sagte: "Du vereinst alle menschlichen Eigenschaften in dir. Du hast Liebe empfunden. Für deine Mutter, für deinen Bruder und eine zeitlang sogar für mich. Du spürst Verlangen und Begierde. Du mordest, bist emotional, aggressiv, gewalttätig, leidenschaftlich. Du bist das menschlichste Wesen, das man sich nur vorstellen kann. Meine Aufgabe war, dir dies zu vermitteln und dich mit der Wahrheit zu konfrontieren. Ich habe dich aus deinen Fesseln befreit und dir gezeigt, wer du wirklich bist. Deine Menschlichkeit wurde zu lange unterdrückt. Sie musste freigesetzt werden, um der Freiheit willen. Ich werde jetzt verschwinden, zurück in dein Unterbewusstsein kehren. Was du machst, ist allein deine Entscheidung. Du bist frei und es steht dir zu, wählen zu dürfen. Deine Triebe haben dich zu gewissen Handlungen gezwungen, doch du hast deine Lektion gelernt. Also darf dein Verstand wieder aktiv werden. Denn auch dieser gehört zum Menschen dazu und du verfügst ebenfalls über diesen. Leb wohl, letzter Mensch!"
Nachdem sie geendigt hatte, war das Mädchen verschwunden. Es löste sich in Luft auf. Fassungslos lag ich nun dort. Ich war kurz davor, mich selbst zu erschießen. Doch gerade als ich abziehen wollte, ließ ich die Waffe fallen und tat es nicht. Ich dachte rational nach. Meine geliebte Mutter hätte nicht gewollt, dass sich beide ihrer Söhne umbrachten. Ich war ein Mörder, hatte meinen Bruder umgebracht. Dieser Erkenntnis war ich mir erst jetzt völlig bewusst geworden und meine Gefühle übermannten mich. Ich weinte, ich weinte erbittert, stundenlang. Endlich hatte ich der Wahrheit ins Auge gesehen.  Mein Bruder verdiente Gerechtigkeit. Ich musste für meine Tat büßen, da ich selber mit meiner Lüge nicht länger leben konnte.
Ich suchte die Polizei auf, mit der Absicht, einen Mord zu melden...einen, den ich begangen hatte. Es gab einen Prozess, ein großer medialer Aufschrei. Die Leute waren schockiert, entsetzt. Für ein Monster wurde ich gehalten, doch nur ich selber wusste, wer ich wirklich war.
Wie erwartet, wurde ich lebenslänglich eingesperrt. Ich schreibe diese Geschichte im Gefängnis. Zeit zum Nachdenken und Reflektieren habe ich hier schließlich genug. Es ist Zeit, der Welt mein wahres Gesicht zu zeigen. Ich selbst habe mittlerweile akzeptiert, wer ich bin und bin mit mir im Reinen. Meine Seele habe ich befreit, indem ich meine Geschichte niedergeschrieben habe. Dem verehrten Leser möchte ich für seine Zeit danken. Diese ist das höchste Gut, das uns Menschen zur Verfügung steht und daher möchte ich ihm raten, seine sinnvoll zu nutzen. Denn die Menschlichkeit verbindet uns alle miteinander. An dieser Stelle endet meine Geschichte. Was für eine Ironie, dass der letzte natürliche Mensch in seinem Ursprung und Kern in einer staatlichen Einrichtung zur Bestrafung der Triebe endet...

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OtsLit Am 25.11.2019 um 21:52 Uhr
Wow, was für eine beeindruckende Geschichte! Sie hat mich von Anfang an gefesselt. Der Schreibstil hat mir auch sehr gut gefallen. Die Distanz zum Geschehen war super gering und ich konnte tief in die Welt des Protagonisten eintauchen. Leider hat mich die Wortwahl an einigen Stellen etwas irritiert und aus dem Lesefluss gebracht. Daher nur 4,5 Sterne.

Grandiose Arbeit jedenfalls!

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MichaelLutzs Profilbild MichaelLutz

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