Das Leben ein einziger Kreislauf des Jammerns und des Leidens.
Und jeden Tag stehe ich auf voller Gram und Angst des mir aufs Neue
bevorstehenden, jeden Tag das gleiche. Und sehe stets die gleichen
verhassten Gesichter. Jene, die mich ansehen in all ihrer Scheinheiligkeit,
mich anlächeln und mir insgeheim die Pest an den Leib wünschen. Denn
ich bin der Ausgestoßene.
Niemals wahrgenommen von der Welt ward ich, niemals geachtet für
meine Tugendhaftigkeit und geschätzt für meine Talente des Geistes. Oh,
bitterironisches Schicksal! Doch sag, was vermag es mir zu nutzen?
wofür moralisch, wofür gut sein, wenn mir selbst dies ehrenhafte
Verhalten niemals entgegengebracht ward? Nicht einmal von dir! Und
keine Aussicht auf Besserung. Zu ignorant, zu egoistisch sind die
Menschen und taumeln in ihrem unverbesserlichen Übermut blindlings
in den Abgrund. Und die sagen, ich bin verrückt, bin doch wahrlich einzig
ich bei Sinnen und erkenne den Abgrund als solchen. Doch wer hört
schon auf mich? Verderben! Höret mein Klagelied! Denn ich bin der
Ausgestoßene!
War ich doch authentisch und gutmütig, hilfsbereit und offen. Doch sie
zwangen mich, eine Maske aufzusetzen, die Rolle zu spielen, die von mir
erwartet, die mir zuteil ward, meine wahre Identität zu verbergen.
Unterdrückt in Freiheit und Inidvidualität, von der Unerfüllbarkeit meiner
Sehnsüchte von der besseren Welt und der Unmöglichkeit meiner Liebe
gepeinigt, schreibe ich diese Zeilen und verfluche das Geschlecht der
Menschen! Oh Verderbnis, Not und Elend! Hört ihr den Fluch des
Göttervaters? Denn ich bin der Ausgestoßene!
Traurige Zeit, in der wir leben. In der der Tüchtige verarmt und der
Müßiggänger auf seinen Kosten lebet.
Traurige Zeit, in der wir leben. In der der geistlosen Unterhaltung mehr
Aufmerksamkeit zuteil wird als den Künsten, der Wissenschaft, dem Sinn
des Lebens.
Traurige Zeit, in der wir leben. In der der Tugendlose verehrt und der
Vertreter wahrhaftiger moralischer und innerer Werte geächtet wird, da
sie alle undankbar sind.
Traurige Zeit, in der wir leben. In der das Gute vergessen ward, in der
Unrecht geschieht, die Gesetzesbrecher davonkommen, die Liebenden
verachtet und die falschen bestraft werden. So wie ich. Denn ich bin der
Ausgestoßene!
Und doch sehe ich mich gezwungen, zu lächeln, nicht um der
Freude wegen, da selbige nicht vorhanden ist. Notwendig, mir nichts
anmerken zu lassen, da die Konsequenzen ansonsten verehrend wären,
in dieser verkommenen Welt, in der Ideale nicht länger beachtet werden.
Und ich lächle, doch in meinem Herzen, leidenschaftlich brodelnd wie die
jugendliche Liebe. Feuer und Flamme! Hass und Zorn! Angst und
Vergeltung! Ich verfluche die Menschen, ich als Bürger zweier Welten.
Denn ich bin der Ausgestoßene!
Und des Nachts, Tränen vergießend, ich blicke empor, wo ich dich zu
sehen mir vorstelle. Ich blicke gen Himmel, auf zu den Sternen. Sichtbar,
doch außer Reichweite, genau wie du. Für immer! Hast mich nicht
gewollt, mich abgelehnt, genau wie sie. Dabei dachte ich, du wärest
anders. Nichts als Enttäuschung, Verlust und Lüge! Ich armer Dichter. Wie
töricht von mir anzunehmen, sie ändern zu können, denn sie wollen
nicht zuhören. Jemand, der noch für Werte steht, jemand, der noch lebt
und für Ideale einsteht. Doch zu welchem Zwecke? So werde ich doch
niemals zu ihnen gehören und du niemals mir gehören! Denn ich bin der
Ausgestoßene!
Mein Herz in Ketten, nur du hast den Schlüssel. Gefangen, da du nicht
hast gewollt für immer, der Freiheit beraubt mit Masken geschändet und
verachtet. Wie wünschte ich mir doch wie eine Feder zu sein. Doch ich bin
es nicht. Die Waage steht über allem! Denn ich bin der Ausgestoßene!
Wie bewusst ward mir doch die Sinnlosigkeit allen Seins, die
Vergänglichkeit alles Irdischen, sowie die Ausweglosigkeit aus der
ewigen Misere. Und unaufhörlich dreht das Rad weiter. Es dreht und
dreht und dreht, mit mir und ohne mich, für allen und keinen. So bin ich
doch dabei und gehöre nicht dazu. Es liegt im Wesen des Menschen, sich
vor dem Unbekannten, dem Andersartigen zu fürchten. Und das Monster
wird zum Opfer und das Opfer zum Monster! Denn ich bin der
Ausgestoßene!
Das Leben nicht mehr als ein kurzes Aufleuchten, ein greller Lichtblitz im
unendlichen Kosmos. Doch sie sehen es nicht ein, denken sie seien ewig.
Doch ewig ist nur das Nichts. Wie ich auch handel, so ist doch alles unnütz,
ausweglos! Oh, so sinnlos, ist doch in hundert Jahren nichts von mir, als
wäre ich nie! Ewiger Kreislauf. Doch was bleibt? Nichts, nichts von dem,
der die Wahrheit zu sagen hat, jene die niemand hören will. Mehr als sie
alle! Doch bedeutungslos, ward niemals gehört. Denn ich bin der
Ausgestoßene!
Und im Trübsal meiner Tränen, im Angesicht meines nahenden Scheiterns
von endgültiger Natur, der völligen Aufgabe und dem Zerplatzen aller
Hoffnungen und dem Aufgehen im Verderbnis, ward mir eines bewusst.
Etwas, das meine zutiefst geplagte und zertrümmerte Seele schon immer
erkannt, was ich nur nie wagte, auszusprechen, bis jetzt, denn die Zeit ist
reif, da ich die Menschen verfluche, mich gegen das Leben und die Welt
wende und mir keiner hilft, auch nicht du.
Denn es ist überall nichts in der Welt.
Wie ich!