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Kapitel: | 4 | |
Sätze: | 193 | |
Wörter: | 2.635 | |
Zeichen: | 14.580 |
Liebe Rose,
Worte können kaum beschreiben, was ich fühle, wenn ich dich erblicke. Solange beobachte ich dich nun schon und doch traue ich mich nicht, mich dir zu nähern. Deshalb schreibe ich dir diesen Brief, in der Hoffnung, dass ich endlich von dir wahrgenommen werde.
Ich möchte dir so viel sagen.
Dein Lachen verströmt Wärme, wo es bitterlich kalt ist. Deine Augen verströmen Licht, wo tiefste Dunkelheit herrscht. Deine Stimme ist ein zartes Glockenspiel, welches selbst im heftigsten Wind noch ruhig leutet.
Deine Haare sind wild und ungezähmt, ebenso wie dein Geist und doch bist du ein Ort der Ruhe und Geborgenheit.
Ich verzehre mich nach dir. Mit jedem meiner Sinne.
Meine Augen sehen dich. Eine ätherische Fee, die im Licht der untergehenden Sonne glitzert.
Meine Ohren hören dich. Eine zarte Stimme, welche ruhig eine Zeile aus einem Buch vorträgt.
Meine Hände fühlen dich. In meiner Fantasie liegst du neben mir und hast deinen Kopf auf meine Brust gelegt, während ich dir sanft über den Rücken streichele.
Meine Zunge schmeckt dich. Mit jedem Kuss, den du mir in meiner Fantasie gibst, hauchst du mir neues Leben ein.
Meine Nase riecht dich. Dein Parfum weht mir in die Nase, wenn du an mir vorbei rauschst, um noch rechtzeitig auf deinen Platz zu kommen, bevor die Schulglocke leutet.
Du bist ein Fels in der Brandung, welcher sich geschmeidig an das Wasser schmiegt und mir halt gibt, wenn es um mich herum dunkel wird. Kommt diese Dunkelheit, denke ich an dich und du spendest meinem Herzen das Licht, nach dem es sich verzehrt.
Ich danke dir dafür. Ich danke dir dafür, dass du einfach da bist.
Ich weiß, du weißt nicht einmal, dass es mich gibt, aber dieser Brief soll das ändern. Ich bin nicht länger fähig, meine Liebe vor dir im Dunkeln zu lassen. Du sollst wissen, was ich fühle.
Ich möchte dich einladen. In zwei Tagen ist Valentinstag und damit auch der Ball an unserer Schule.
Geh mit mir hin. Sei meine Begleitung.
Auch wenn du nein sagst, so habe ich es dennoch versucht. Dann ist mein Herz endlich frei.
In jeder Hinsicht wäre es frei. Ich freue mich auf dich.
Dein Mike
Lieber Mike,
ich habe deinen Brief gerade erhalten.
Du bringst mich zum weinen. Jedesmal, wenn ich deinen Brief lese, kommen mir die Tränen. Ich bin mir unschlüssig darüber, ob es Tränen der Freude oder der Rührung sind.
Ich weiß, dass klingt jetzt vielleicht seltsam, aber ich habe dich wahrgenommen. Ich war nur so eingenommen von der Schule und meinen Eltern, dass ich nie die Gelegenheit hatte, ein Wort an dich zu richten.
Ich weiß auch, dass das eine mikrige Entschuldigung für all die Jahre ist. Doch ich hoffe von ganzem Herzen, dass du mir verzeihen kannst.
Weißt du, es gab noch nie jemanden in meinem Leben, der so etwas wundervolles für mich geschrieben hat. Ich weiß, das war nur ein Brief, aber er bedeutet mir mehr, als ich wage zuzugeben. Denn ich habe unglaubliche Angst davor, dass mir das Herz gebrochen wird. Es wäre nicht das erste Mal.
Wenn ich dir mein Herz anvertraue, kann ich darauf vertrauen, dass du es nicht in den Dreck wirfst? Denn davor habe ich große Angst.
Ich würde total gerne mit dir zum Ball gehen. Wir treffen uns einfach am Eingang unserer Turnhalle, ja? Ich denke, du wirst mich auch mit Maske erkennen. Hättest du sonst diesen Brief geschrieben?
Ich danke dir. Für all die Worte, die du mir geschenkt hast.
Deine Rose
Dort stand sie. Ein Stern, leuchtend und hell. Angestrahlt von der untergehenden Sonne wirkte sie elfenhaft. Sie trug ein weißes Kleid, dazu einen seidenen Schal, der ihr über den Schultern hing und es scheinen ließ, als hätte sie hauchzarte Flügel. Ihre Halbmaske war ebenfalls weiß, besetzt mit glitzernden Pailletten und Federn an den Seiten. Ihr Haar fiel in langen Wellen den Rücken hinunter, und auch, wenn sie gekämmt waren, wirkten sie doch frei und ungezähmt. In ihrem Haar steckte ein weißes Gänseblümchen und ließ sie zart scheinen. Ihre Augen funkelten hell und blickten sich suchend um. Mike selbst steckte in einem schwarzen Anzug, mit einer weißen Halbmaske, die besetzt war mit schwarzen Rosenblättern, die sich um die eine Gesichtshälfte schlängelten. In der Anzugtasche steckte ein weißes Taschentuch und machte den Look perfekt.
Mike ging auf sie zu und hielt ihr schüchtern ein Handgelenksträußchen hin. Sie lächelte ihn an.
"Danke" hauchte Rose und ließ es sich überstreifen. Aus strahlenden Augen blickte sie Mike an und ihm wurde ganz warm ums Herz.
"Lass uns hineingehen" sagte er und hielt ihr seinen Arm hin. Sie hakte sich bei ihm unter und er begleitete seine Prinzessin durch die Eingangspforte der großen Turnhalle, in der der Ball veranstaltet wurde.
Im Eingangsbereich stand eine weiße Bank, umgeben von roten Rosen, die auf dem Boden lagen und über der Lehne der Bank verteilt waren. Rosafarbene Blütenblätter vermischten sich mit kleinen Paillettenherzen. Davor stand ein Forograf, der an diesem Abend Bilder schießen würde. Von den Pärchen und dem Ball und natürlich von der Prinzessin und dem Prinzen, die später gewählt wurden. Was Mike Rose nicht erzählt hatte war, dass er sie beide für die Wahl angemeldet hatte.
Rose verkrampfte sich leicht an seinem Arm, als er sie sanft zu der Bank ziehen wollte.
"Ich..." Doch sie sprach nicht weiter.
"Was ist, süße Rose?" fragte Mike und blieb stehen. "Möchtest du kein Foto machen?" Behutsam streichelte er ihren Arm.
"Doch, nur... Es ist etwas so besonderes für mich. Meine früheren Begleitungen wollten nie ein Foto machen..." Sie brach ab und sah ihm in die Augen. Mitfühlend blickte er zurück.
"Aber ich möchte eines. Mit dir. Möchtest du mit mir eines?"
Ihre Augen fingen an zu strahlen und sie entspannte sich sichtlich. Dann nickte sie begeistert und klatschte in die Hände.
"Ja."
Mike zog sie zu dem Fotograf. Dieser lächelte freundlich und strahlte Professionalität aus, als er das Paar auf der Bank platzierte, Haare richtete und Licht einstellte. Als er hinter der Kamera stand, strahlten sie zwei ihre Verliebtheit heraus. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Mike einen wahren Grund, vollauf zufrieden zu sein.
"Die Fotos werden entwickelt und an die Schule weitergegeben. Von da aus werden sie dann verteilt" sagte der Fotograf, als er die Bilder gemacht hatte. "Das ganze kostet euch keinen Cent." Dann wendete er sich schon dem nächsten Pärchen zu.
Durch Lautsprecher machte das Organisationsteam eine Durchsage: "Alle mal herhören! In zehn Minuten wird unser lieber Direktor eine kleine Rede halten. Anschließend werden einige Lieder gespielt und danach werden Prinz und Prinzessin gewählt. Ich bitte darum alle, die noch nicht gestimmt haben, an ihre Plätze zu gehen und ein Kreuz auf die Wahlzettel zu setzen. Diese werden dann von uns eingesammelt. Danke für eure Aufmerksamkeit."
Neben Mike kicherte Rose. "Die Stimme war ziemlich laut. Aber komm, lass uns zu unserem Platz gehen." Diesmal war sie diejenige die ihn durch den Saal zog.
Die Deko war atemberaubend. Alles in weiß, rot und rosa gehalten. An der Decke hingen Lampionherzen, die ein sanften Licht verstrahlten, an den Wänden waren rosafarbene Rosen befestigt und die Tische waren mit weißen Tischtüchern, kleinen Namenskärtchen und rosanen Blütenblättern geschmückt. Das Büffet war gefüllt mit den leckersten Dingen. Herzförmige Muffins, ringförmige Donuts mit goldenem Fond, weiße Gläser, gefüllt mit Wasser und Brause. Das Organisationsteam der Schule hatte sich selbst übertroffen.
Mike sah sich noch staunend um, als er etwas neben sich rascheln hörte. Rose hatte den Wahlzettel aufgefaltet und hielt die Luft an. Sie laß die zwei Namen, die Mike gestern auf den letzten Drücker noch angemeldet hatte.
"Mike, warum steht da Rose Springer und Mike Fieldson?" hauchte sie und sah ihm schüchtern in die Augen.
"Weil ich uns gestern noch angemeldet hatte, mein Stern." Rose ließ mit einem Blick all ihre Luft entweichen. Erst jetzte ging Mike auf, was er gesagt hatte. Errötend sah er zu Boden.
"Dein Stern?" fragte Rose, doch bevor Mike noch etwas sagen konnte, wurden er, Rose und all die anderen plaudernden Schüler in ihren Kostümen zur Ruhe gebeten. Der Direktor der Schule räusperte sich.
"Hallo und herzlich Willkomen zu unserem diesjährigen Valentinstagsball. Zunächst möchte ich alle, die noch nicht gewählt haben bitten, eine Kreuzchen zu setzen."
Allgemeines rascheln wurde laut und die Pärchen an ihren Tischen beugten sich über ihre Wahlzettel und setzten Kreuze. Auch Mike setzte ein Kreuz.
"Stimmen wir doch für uns" sagte er und setzte sein Kreuz. Doch Rose hatte nicht auf ihn geachtet. Ihr fiel auf, wie oft sich die anderen Schüler zu ihr und Mike umdrehten.
"Nun wird unser Schülersprecher herumlaufen und die Zettel einsammeln. Die werden später ausgewertet, bevor wir das Ergebnis bekannt geben." Wieder machte der Dirketor eine Pause.
Finn, der Schülersprecher sammelte die Zettel in einem weißen Kasten ein.
"Okay. Jetzt wären ja alle Formalitäten geklärt" sagt er lächelnd und ein kichern ging durch die Menge. "Nun, ich möchte euch gar nicht lange vom tanzen abhalten. Ich halte mich kurz." Er rückte seine Krawatte zurecht und nahm das Mikrofon aus der Halterung. "Die Liebe ist etwas besonderes. Wir sind hier, um mit unseren Freundinnen, Freunden oder auch Frauen-" Er zwinkerte den Lehrkräften zu "-diesen besonderen Tag zu feiern. Und eines noch: Wenn ihre eure wahre Liebe gefunden habt, haltet sie fest und lasst sie nicht mehr los!" Damit steckte er das Mikrofon zurück und ging von der Bühne, machte der Führerin des Organisationsteams platz.
"Lasst uns loslegen" rief sie ins Mikrofon und nickte dem DJ zu, der bestellt worden war, um die Musik aufzulegen. "Lasst euch fallen." Sie sprang von der Bühne in die Arme ihre Freundes.
Anfangs unsicher wurden die Schüler immer mutiger, forderten ihre Begleitung zu Tänzen auf und bald war die Tanzfläche voll mit verliebten Pärchen.
"Möchtest du tanzen?" fragte Mike Rose und hielt ihr die Hand hin. Doch sie schüttelte den Kopf.
"Ich kann nicht tanzen" flüsterte sie und wurde rot. Da wurde das Lied gewechselt. Belinda Carlisle sang durch die Lautsprecher 'I get weak'.
"Rose Springer, möchtest du mit mir, Mike Fieldson, einen Tanz wagen?" Er wartete garnicht auf ihre Antwort, sondern zog sie auf die Tanzfläche und in seine Arme.
Im Takt zu dem Song bewegten sie sich als würden sie über den Boden schweben. Und selbst Rose, die von sich behauptet hatte, sie könne nicht tanzen, wiegte ihre Hüften, warf die Arme in die Luft und ließ sich anmutig in Mikes Arme fallen. Wie sie so tanzten bemerkten sie nicht, dass die anderen Schüler ihnen Platz gemacht hatten und nun erführchtig zuschauten. Mike wirbelte Rose herum, drehte sich mit ihr, sah ihr tief in die Augen. Zog sie an sich, ließ sie sich wirbelnd über die Fläche drehen und fing sie wieder auf. Als sich das Lied dem Ende zuneigte, zog Mike sie in seine Arme, legte ihr die Hände um die Taille und berührte zart ihre Lippen mit den Seinen. Sie riss die Augen auf, doch ein Seufzer entfuhr ihr und sie küsste ihn zurück. Sie schloss die Augen und ließ sich in den Kuss fallen. Ihre Lippen teilten sich und gewährten Mike einlaß in ihren Mund. Seine Zunge umspielte ihre und er vertiefte den Kuss, zog sie mit Leidenschaft näher zu sich und ließ seine Hände über ihren Rücken wandern.
Lautes Klatschen ertönte und unterbrach den Kuss der zwei verliebt dreinschauenden Teenager. Rose hatte eine gesunde rötliche Farbe angenommen und starrte zu Boden. Mike grinste wie ein Idiot und zog sie an sich, einen Arm lässig um ihre Mitte gelegt.
"Ich würde mal sagen, das war ein voller Erfolg!" rief der Schülersprecher von der Bühne aus zu der jubelnden Menge. "Da haben sich wohl zwei gefunden!" Allgemeines lachen brach aus, auch Mike und Rose lächelten überglücklich. "Wir kommen jetzt zum Höhepunkt des Abends. Ich möchte alle bitten, wieder auf ihre Plätze zu gehen."
Rose und Mike begaben sich zu ihren Plätzen und ließen sich nieder, Hand in Hand.
"Wir wollen nun die Gewinner der Wahl bekannt geben. Ich darf ... Trommelwirbel bitte ... Max Fuller und Nina Angel auf die Bühne bitten." Es gab mäßigen Applaus. Die zwei waren zwar ein beliebtes Pärchen, aber auch gleichzeitig die größten Mobber der Schule.
Mike machte keinen Hehl daraus, dass er enttäuscht war. Er kochte innerlich vor Wut, doch das wollte er Rose nicht zeigen. Es war klar, dass die zwei nicht gewählt worden waren. Niemand hatte gewusst, was da gewesen war. Zudem hatten beide nicht mehr Freunde als Finger an einer Hand.
"Ist schon okay, Mike. Ich freue mich, dass du mich überhaupt eingeladen hast." Mike sah Rose an. Seine Rose. Sein Stern. Sein Engel. Sie schien etwas besonderes zu sein. Er konnte nicht glauben, dass es ihr nichts ausmacht, nicht die Prinzessin des Abends zu sein.
"Du bist meine Prinzessin" flüsterte er ihr ins Ohr, während Max und Nina oben auf der Bühne diese albernen Pappkrönchen aufgesetzt bekamen. Rose errötete und starrte auf ihre ineinander verschränkten Finger. Bevor ein Lied für das Prinzenpaar ausgewählt wurde, zog Mike Rose von ihrem Stuhl und machte sich klammheimlich mit ihr auf und davon.
Sollten sie doch ohne sie feiern. Mike hatte selbst etwas zu feiern. Der Abend mit Rose war wunderschön und auch, wenn sie nicht auf der Bühne standen, war er doch glücklich, sie an seiner Seite zu wissen.
Zurückgezogen im Schatten saßen zwei Gestalten auf der Wiese unter einem Baum vor der Turnhalle.
Rose kuschelte sich in Mikes Arme und blickte zu den Sternen hoch.
"Weißt du, ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet du mich fragst, ob ich mit dir zu dem Ball gehe." Rose drückte seine Hand.
"Ich bete dich schon eine gefühlte Ewigkeit an. Du hast mich nur nie wahrgenommen."
Beleidigt zog sie sich zurück.
"Nein, so war das doch nicht gemeint!" Er raufte sich die Haare. Sie rückte wieder zu ihm.
"Weiß ich doch. Es ist nur so... Mir ging es nicht anders. Ich wusste nicht, wie ich dich ansprechen sollte. Du schienst immer Welten entfernt zu sein. Ich habe mich einfach nicht getraut. Und als dein Brief in meinem Spind lag, da ist mir das Herz aufgegangen."
"Ich liebe dich" flüsterte er heißer.
"Ich liebe dich" flüsterte sie zurück.
Er drehte sie um und küsste sie. Die Sterne warfen ein sanftes weißes Licht auf sie und während sie in einem innigen Kuss versanken, dachten sie, wie schön es dich war, zu wissen, dass man mit seinen Gefühlen nicht alleine war.
Denn das war es, was die Liebe einem gab. Das Gefühl, geliebt zu werden, nicht alleine zu sein und jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann
* * *
Ich wünsche allen, die meine Geschichte gelesen haben, eben dieses Gefühl der wahren Liebe. Und glaubt mir, ihr wisst es, wenn ihr sie gefunden habt.
Eure Erdmaus
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