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Die Welt, du und ich!

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05.07.17 17:36
12 Ab 12 Jahren
In Arbeit

Kalter Wind umweht meinen Körper während mein Blick über die Welt unter mir streift. Innerlich fühle ich mich leer und nur diese äußeren Einflüsse wühlen Gefühle in mir auf.
Auf den Straßen geht alles seinen gewohnten Gang. Menschen laufen gedrängt und von Stress verfolgt herum um ihre Termine nicht zu verpassen wobei sie den Jungen oben auf dem Dach nicht bemerken. Wie denn auch, wenn es doch so weit über ihnen liegt und ihnen jegliches Bewusstsein fehlt um auch nur zu erahnen, was dort passieren könnte.
Die Wolken hoch oben am Himmel scheinen zum greifen nahe und lassen mich schon fast den kühlen Druck des Eisens an meinem Handgelenk vergessen. Ein einzelner roter Tropfen rinnt von der Klinge, zeitgleich mit einer Träne von meiner Wange.
Diese Träne zeigt mir, dass dort noch etwas ist, tief in mir. Irgendwas, dass diesen letzten Schritt nicht zulassen möchte.
Ich sollte es ignorieren und diesen Moment besiegen. Ich sollte beenden, was mich an diesen Ort führte, der dem Himmel, dem Licht so nahe liegt.
Und doch kann ich noch nicht gehen. Nicht bevor ich meine letzten Gedanken und Gefühle befreit hätte. Also atme ich tief durch. Diese bedrückende Luft der Großstadt findet ihren Weg durch meine Lunge und später wieder hinaus in die Welt um mich herum. Mit ihr löse ich meine innere Schutzmauer und lasse alles auf mich zukommen.
Zuerst überschwemmt mich die Angst. Angst vor dem Tod, aber auch vor dem Leben. Angst vor dem, was mich erwartet.
Schnell wird sie abgelöst durch diese ungebändigte Wut. Deutlich ist die Wut auf andere. Freunde, Familie und die gesamte Menschheit, aber die Wut auf mich selbst ist um einiges presenter.
All das überrollt mich wie eine Lawine ein kleines Dorf, welches unscheinbar am Fuße des Berges liegt.
Solche Gefühle habe ich lange verdrängt und nun weiß ich nicht, was ich damit anfangen soll. Schmerz nimmt meinen ganzen Körper in Besitz, innerer Schmerz.
Nun verschwindet es wie es gekommen war. Mein Kopf leert sich und ich fühle mich frei. Frei von allen Sorgen, allen Gedanken.
In diesem Moment mache ich mich bereit für den letzten Schritt. Der Druck auf die Klinge verstärkt sich. Innerer Schmerz vermischt sich mit äußerem.
Ein Bild leuchtet vor mir auf und lässt mich stoppen. Es ist nur ein einfaches Lächeln und hell leuchtende blaue Augen. Sie ziehen mich in ihren Bann, fast wie ein Fluch, der mich fesselt.
Ich weiß noch genau wie ich sie das erste Mal sah. Es war dort unten. Mitten auf dem Platz ist ein großer Springbrunnen. Meine Augen suchen danach und die Erinnerung spielt sich vor meinen Augen ab als wäre es gestern gewesen.

Schnee fällt von oben auf mich herab und bedeckt mich mit einem weißen Samt wie alles um mich herum. Es ist kalt obwohl ich meine Winterjacke trage. Dennoch sitze ich da mit einem Buch am Brunnen und vertiefe mich in diese andere Welt um meiner eigenen zu entkommen.
Dabei bemerke ich die lachende Gruppe aus älteren Jungs nicht, die direkt auf mich zukommt.
Erst als das kühle Nass mich umhüllt, weiß ich wie es um mich geschieht, aber da sind sie schon wieder weg als wäre nie etwas gewesen. Nach Luft ringend tauche ich auf und steige zitternd über den Rand ins Trockene.
Ich brauch mich nicht umsehen um zu wissen, dass es keinen interessiert. Dennoch spüre ich einen Blick, der auf mir ruht und so sehe ich auf. Dort sind sie, ihre reinen blauen Augen von Unschuld geprägt, wie sie sich in meinen dunkelbraunen festbohren.
Mit jeder Sekunde kommt sie näher auf mich zu. Ihre langen blonden Haare sind von einzelnen funkelnden Schneeflocken geziert. Ein strahlendes Lächeln legt sich auf ihre zartrosa Lippen und doch wirkt sie besorgt.
Bevor ich mich umdrehen kann, greift sie nach meiner Hand und hindert mich daran.

"Bleib bei mir", fleht sie und es ist als stände sie wieder vor mir. Ihre Augen sind direkt vor mir, aber sie sind nicht mehr von diesem einmaligen Strahlen erfüllt.
"Wie hast du mich gefunden?", frage ich verstehend und sehe zu ihrer Hand welche auf meiner mit der Klinge ruht.
"Mein Leben würde ich immer finden!"

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BerndMooseckers Profilbild
BerndMoosecker Am 25.10.2020 um 14:01 Uhr
Hallo,
Eine schön geschriebene Geschichte, in der Angst und Traurigkeit in eindringlichen Worten dargestellt werden.
Die Geschichte hat bei mir Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit zu neuem Leben erweckt. Fast ein Menschenleben lang habe ich nicht mehr darüber nachgedacht. Sie wurden jetzt wieder präsent, aber wenn ich die Geschichte wegklicke, werden diese Erinnerungen wieder tief in meinem Innersten meines Gedächtnisses vergraben sein.
Gruß Bernd

Autor

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Bewertung

Eine Bewertung

Statistik

Sätze: 37
Wörter: 735
Zeichen: 4.017

Kurzbeschreibung

Ein paar kurze Geschichten, die alles Mögliche beschreiben können. Die Welt im allgemeinen, unser aller Probleme oder auch nur ein spontaner Einfall von mir.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Liebe auch in den Genres Trauriges und Angst gelistet.