Autor
|
Bewertung
Statistik
Sätze: | 15 | |
Wörter: | 561 | |
Zeichen: | 3.203 |
Das kleine Koboldmädchen hockte ganz still zwischen den großen grünen Farnen. Mit ihrer grünen Haut war sie dazwischen kaum zu erkennen. Nur das aufgeregt Funkeln ihrer schwarzen Augen hätte sie einem aufmerksamen Beobachter vielleicht verraten. Gebannt beobachtete sie die Lichtung, auf der sie geröstete Nüsse und Samen verstreut hatte.
Die anderen Kinder hatten sie ausgelacht, als sie von ihrem Traum, auf einem Vogel durch die Lüfte zu reiten, erzählt hatte. Aber sie würde es ihnen zeigen.
Zuerst musste sie aber erst einmal einen Vogel davon überzeugen, sie auf seinen Rücken zu lassen.
Lange Zeit hatte das Koboldmädchen überlegt, welche Vogelart wohl am besten geeignet war. Selbst für einen Kobold war sie recht klein, kaum größer als ein Buchenblatt lang war, also würde ein kleiner Vogel reichen. Vor den riesigen Vögeln wie Raben hatte sie eh ein wenig Angst, was sie natürlich nie zugeben würde.
Drosseln waren hübsch, würden sich aber wahrscheinlich einen Spaß daraus machen, sie mitten in der Luft abzuwerfen.
Amseln waren sehr arrogant und würden es als Beleidigung empfinden, jemanden zu tragen.
So war sie die meisten Arten durchgegangen, bis ihr die Buchfinken einfielen.
Sie waren abenteuerlustig genug, dass ihnen so ein Versuch Spaß machen würde, ehrlich genug, um ihnen vertrauen zu können und freundlich genug, dass sie sich erst einmal ihren Plan anhören würden.
Außerdem waren sie so schön, dass die anderen Kinder gar nicht mehr aus dem Staunen herauskommen würden, wenn sie auf einem von ihnen über das Kobolddorf fliegen würde.
Jetzt musste nur noch ein Buchfink kommen. Alle möglichen Arten waren schon da gewesen, sodass sie schon öfter neue Samen ausstreuen musste, nur keine Buchfinken.
Das Mädchen wollte schon fast aufgeben, als doch endlich einer kam.
Und was für einer. Ein prächtig blauer Kopf und schön gestreifte Flügel.
Als sie aus den Farnen herauskam, erschrak er kurz, war aber schnell beruhigt, als er sah, wie klein sie war.
Etwas skeptisch hörte er sich ihre Idee, ließ sich aber schließlich davon überzeugen, es zu versuchen.
Der erste Versuch endete damit, dass sie beim ersten Flügelschlag von seinem Rücken purzelte. Auch der zweite und dritte verliefen nicht besser, doch schließlich fanden sie einen Weg, wie sie sich mit Hilfe von ein paar langen Grashalmen auf seinem Rücken halten konnte.
Es dauerte ein paar Minuten, bis sie nach dem ersten Abheben nicht mehr starr vor Angst war und sich krampfhaft an dem selbst gebauten Geschirr festklammerte, doch das verflog mit dem ersten Blick aus luftiger Höhe auf den Wald unter ihr. Alles war so winzig klein und sie konnte weiter schauen, als sie jemals gereist war. Noch nie hatte sie etwas Schöneres gesehen.
Würden die anderen Kinder staunen, wenn sie das sahen.
Und stauen taten sie, als Mädchen und Buchfink über dem Dorf kreisten. Um sicherzugehen, dass auch wirklich jeder sie sah, zwitscherte der Buchfink so laut er konnte, während sie ihre Runden drehten. Man kann sich gar nicht den Aufruhr vorstellen, als sich die Nachricht wie Feuer im Dorf verbreitete.
Noch drei Generationen später erzählte man Koboldkindern die Gutenacht-Geschichte von dem tapferen kleinen Koboldmädchen und ihrem Traum vom Fliegen.
Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!
0
|
Yuki • Am 27.05.2019 um 13:39 Uhr | |
Ich bin durch meine 25 Titel-Lese-Challenge auf deine Story gestoßen und ich finde sie sehr schön geschrieben. Immer weiter so. Gruß Yuki |
||
|