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Die vergessenen Pfade

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20.12.25 13:10
12 Ab 12 Jahren
Bisexualität
In Arbeit

5 Charaktere

Aerion

22-jähriger Waldelf, Bogenschütze und Späher. Hat dunkelgrüne schulterlange Haare und waldgrüne Augen. Schlank und athletisch gebaut mit gebräunter Haut und Narben an den Händen vom Bogenschießen. Cynisch und stolz, hasst Hochelfen, weil sie vor 200 Jahren seinen Urgroßvater töteten und den heiligen Wald niederbrannten.

Theron

24-jähriger Hochelf, Kampfmagier der Magischen Akademie. Goldblonde schulterlange Haare, tiefblaue Augen mit goldenen Flecken. Ungewöhnlich groß und kräftig für einen Elfen. Trägt Kampfroben mit Runen und einen weißen Stab mit blauem Kristall. Idealistisch und freundlich, glaubt an Frieden zwischen den Völkern. Hat zwei Schwestern.

Lysandra

Etwa 26 Jahre alt, Hochelfen-Schwertkämpferin. Silberweißes Haar in kompliziertem Kriegerzopf, eisgraue Augen, eine Narbe verläuft von ihrer Augenbraue bis zur Schläfe. Trägt leichte Plattenpanzerung und ein Langschwert. Arrogant und verächtlich gegenüber Waldelfen, nennt Aerion “Waldling”. Sehr konfrontativ und direkt.

Aldric

Etwa 30 Jahre alt, Hochelfen-Heiler. Dunkelbraune Haare mit grauen Strähnen, bernsteinfarbene Augen, trägt eine runde Brille. Hat einen kurzen grauen Bart. Trägt beige Heilerroben mit dem Symbol von Pelor (Sonnengott) und einen Heilerstab. Vorsichtig und weise, versucht Frieden zwischen den streitenden Gruppenmitgliedern zu stiften.

Der alte Questgeber

Sehr alter Mensch mit mehr Bart als Gesicht. Sitzt hinter einem Schreibtisch voller Karten und Pergamente. Heisere Stimme vom Rauchen. Bietet 1200 Goldmünzen pro Person für die Expedition in die Verlorenen Katakomben. Sucht die Krone der Einheit, ein Artefakt aus der Zeit vor der Spaltung der Elfenvölker.

Aerion  hasste Hochelfen und das war keine Übertreibung oder jugendliche  Rebellion, es war eine tief verwurzelte Überzeugung, die auf zweihundert  Jahren Familiengeschichte basierte. Seine Großmutter hatte ihm die  Geschichten erzählt, als er klein war, Geschichten von Verrat und Feuer,  von Hochelfen, die in der Nacht gekommen waren und den heiligen Wald  niedergebrannt hatten, weil sie das Land für ihre glitzernden  Kristalltürme wollten. Siebenunddreißig Waldelfen waren in  dieser Nacht gestorben, darunter Aerion's Urgroßvater. Die Hochelfen hatten nie  dafür bezahlt, hatten nie Reue gezeigt, hatten einfach ihre Stadt gebaut  und getan, als wären die Waldelfen nicht mehr als Tiere, die im Weg  standen.

 

Deswegen  stand Aerion jetzt hier in diesem stinkenden Söldnerbüro in der  neutralen Stadt Graustein, starrte auf eine Stellenausschreibung an der  Wand und versuchte sehr hart, nicht seinen Bogen zu nehmen und jemanden  zu erschießen. Die Ausschreibung war einfach: "Erfahrene Abenteurer  gesucht für Expedition in die Verlorenen Katakomben. Hohe Bezahlung,  tödliche Gefahr garantiert. Melden bei Questgeber, Zimmer 3." Das war  nicht das Problem. Das Problem war, dass direkt daneben eine zweite  identische Ausschreibung hing, und beide trugen dasselbe Siegel, was bedeutete, dass der Questgeber beide Gruppen anheuerte. Und die zweite  Ausschreibung war in der eleganten, fließenden Schrift der Hochelfen  geschrieben.

 

"Nein",  sagte Aerion laut zu sich selbst. "Absolut nicht, keine Chance." Er  drehte sich um zu gehen, seine dunkelgrünen Haare schwangen mit der  Bewegung, aber dann dachte er an seinen leeren Geldbeutel und an die Tatsache, dass er seit drei Tagen nichts Anständiges gegessen hatte. Die  Bezahlung für diese Quest würde ihn für Monate über Wasser halten,  vielleicht sogar genug, um endlich die Ausrüstung zu kaufen, die er  brauchte. Er fluchte leise in der alten Sprache der Waldelfen, Worte, die  seine Großmutter schockiert hätten, und ging dann widerwillig die  Treppe hoch zu Zimmer 3.

 

Der  Questgeber war ein alter Mensch mit mehr Bart als Gesicht, der hinter  einem Schreibtisch saß, der unter Karten und Pergamenten  zusammenzubrechen drohte. Er sah auf als Aerion eintrat, seine Augen  musterten den jungen Elfen mit professionellem Interesse. "Waldelf,  Bogenschütze nach der Ausrüstung zu urteilen, leicht gebaut aber  muskulös, Narben an den Händen von Bogensehnen. Gut, gut, wir können  einen Fernkämpfer brauchen." Seine Stimme war heiser vom zu vielen  Rauchen. "Name?" "Aerion aus dem Schattenwald-Clan", sagte Aerion steif  und hasste wie defensiv das klang. "Und bevor Sie fragen, ja ich habe  die andere Ausschreibung gesehen, nein ich arbeite nicht mit Hochelfen,  danke und auf Wiedersehen." Er drehte sich um.

 

"Tausendzweihundert  Goldmünzen", sagte der alte Mann gelassen. Aerion erstarrte mit der  Hand an der Türklinke. Das war... das war mehr Geld als er in zwei  Jahren verdienen würde. "Pro Person", fügte der Alte hinzu. "Plus alles  was ihr in den Katakomben findet dürft ihr behalten außer dem einen  Artefakt das ich suche." Aerion drehte sich langsam um. "Was für ein  Artefakt?" Der alte Mann entrollte eine der Karten auf seinem  Schreibtisch, und Aerion erkannte die Umrisse der Verlorenen Katakomben,  ein legendäres Dungeon-System unter den Bergen das seit Jahrhunderten  unerforscht war weil jeder der reinging nie zurückkam. "Die Krone der  Einheit", sagte der Alte und tippte auf einen Punkt tief im Zentrum der  Karte. "Ein Artefakt aus der Zeit vor der Spaltung als Waldelfen und  Hochelfen noch ein Volk waren. Es wird gesagt dass es die Macht hat  Frieden zwischen den Völkern zu bringen."

 

"Märchen",  sagte Aerion sofort. "Propaganda um naive Idioten zu überzeugen dass  Einheit möglich ist." "Vielleicht", stimmte der Alte zu. "Aber mein Gold  ist real, und die Gefahren in den Katakomben sind auch real. Ich  brauche die besten Kämpfer die ich finden kann, und das bedeutet sowohl  Waldelfen als auch Hochelfen, ob sie sich mögen oder nicht." Er lehnte  sich zurück in seinem Stuhl der beunruhigend knarrte. "Ich habe bereits  drei Hochelfen angeheuert, Elite-Kämpfer aus ihrer Akademie. Mit dir und  vielleicht noch einem Waldelfen wäre das Team ausbalanciert." "Ich habe  nein gesagt", erinnerte Aerion ihn, aber seine Stimme hatte an  Überzeugung verloren. Tausendzweihundert Gold. Das war... das war ein  neues Leben. Das war Freiheit.

 

"Die  Expedition startet in drei Tagen", sagte der Alte als hätte Aerion  nicht gesprochen. "Treffpunkt ist das Nordtor bei Sonnenaufgang. Wenn du  kommst bekommst du die Hälfte im Voraus, den Rest wenn wir  zurückkehren. Wenn nicht, nun, dann finde ich jemand anderen." Er wandte  sich wieder seinen Karten zu, die Unterhaltung offensichtlich beendet.  Aerion stand da für einen langen Moment, innerlich kämpfend, und dann  stürmte er aus dem Raum bevor er etwas Dummes sagen konnte wie "ja". Er  ging zurück in die billige Taverne wo er übernachtete, eine schäbige  Bruchbude die mehr nach Schweiß als nach Bier roch, und versuchte sich  zu überzeugen dass er nicht gehen würde, dass kein Geld der Welt es wert  war mit Hochelfen zu arbeiten. Aber die ganze Nacht lag er wach und  starrte an die rissige Decke und dachte an tausendzweihundert  Goldmünzen.

 

Am  dritten Morgen stand er am Nordtor bei Sonnenaufgang mit seinem Bogen  über der Schulter und hasste sich selbst. Das Tor war riesig, gebaut aus  grauem Stein der der Stadt ihren Namen gab, und ein kalter Wind pfiff  durch die offene Passage. Drei Gestalten standen bereits da und Aerion's  Herz sank als er sie sah. Hochelfen, alle drei, unmöglich zu übersehen  mit ihren perfekten Gesichtern und ihrer glänzenden Rüstung und ihrer  Aura von Überlegenheit. Sie sahen ihn an als er näher kam, ihre  Ausdrücke reichten von Überraschung zu Verachtung. "Ein Waldelf", sagte  einer von ihnen, eine Frau mit silbernem Haar das in einem komplizierten  Zopf geflochten war. "Wie malerisch." Ihr Ton machte klar dass  malerisch nicht als Kompliment gemeint war. "Eine Hochelfe", konterte  Aerion mit derselben falschen Höflichkeit. "Wie vorhersehbar arrogant."

 

Die  Frau's Augen verengten sich gefährlich aber bevor sie antworten konnte  sprach eine andere Stimme, tief und überraschend freundlich. "Lasst uns  vielleicht ohne Beleidigungen beginnen? Wir werden die nächsten Wochen  zusammen verbringen, Feindschaft macht das nur schwerer." Aerion sah zur  Quelle der Stimme und sein Atem stockte für einen Moment, was ihn  wütend auf sich selbst machte. Der Hochelf der gesprochen hatte war  groß, mindestens einen Kopf größer als Aerion, mit breiten Schultern die  ungewöhnlich waren für Elfen die normalerweise schlank gebaut waren.  Seine Haare waren goldblond und fielen offen bis zu den Schultern, und  seine Augen waren das tiefste Blau das Aerion je gesehen hatte, die  Farbe von Bergseen im Sommer. Er trug Kampfroben statt Rüstung, bestickt  mit Runen die von magischer Ausbildung sprachen, und an seinem Gürtel  hing ein Stab aus weißem Holz.

 

Er  lächelte, und es sah tatsächlich echt aus, nicht das überhebliche  Lächeln das Aerion von Hochelfen gewohnt war. "Ich bin Theron aus dem  Haus Silberstern, Kampfmagier der Akademie. Das sind Lysandra", er  deutete auf die silberhaarige Frau, "unsere Schwertkämpferin, und  Aldric", der dritte Hochelf, ein Mann mit strengem Gesicht, "unser  Heiler." Aerion wollte nicht antworten, wollte unhöflich sein, aber  etwas in Theron's direktem Blick machte es schwer. "Aerion aus dem  Schattenwald-Clan", murmelte er widerwillig. "Bogenschütze und Späher."  "Gut, wir können beides gebrauchen", sagte Theron als wäre es die  natürlichste Sache der Welt mit einem Waldelf zu arbeiten. "Die  Katakomben sind bekannt für weite offene Hallen, dein Bogen wird  nützlich sein. Und Späherfähigkeiten um Fallen zu entdecken sind  essentiell."

 

"Ich  brauche keine Hochelf der mir sagt was nützlich ist", schnappte Aerion,  ärgerte sich über Theron's freundlichen Ton weil es schwerer war  jemanden zu hassen der nett war. Theron's Lächeln verblasste ein wenig  aber er nickte. "Natürlich, Entschuldigung wenn das herablassend klang."  Die Entschuldigung war so unerwartet dass Aerion nicht wusste wie er  reagieren sollte. Lysandra schnaubte verächtlich. "Warum entschuldigst  du dich bei diesem Waldling? Sie sind es die uns hassen ohne Grund."  "Ohne Grund?", wiederholte Aerion und seine Stimme wurde gefährlich  leise. "Ihr habt unseren heiligen Wald niedergebrannt vor zweihundert  Jahren, habt siebenunddreißig meiner Vorfahren getötet, und ihr denkt  wir haben keinen Grund?" "Das war Krieg", sagte Lysandra kalt. "Euer  Clan hatte zuerst angegriffen, hatte Hochelfen-Händler getötet. Das war  Vergeltung."

 

"Das  ist eine Lüge!", brüllte Aerion und griff instinktiv nach seinem Bogen.  "Wir haben niemanden angegriffen, ihr habt das erfunden als  Rechtfertigung für Landraub!" Lysandra's Hand ging zu ihrem Schwert und  plötzlich war die Spannung messerscharf. Aldric trat vor mit erhobenen  Händen. "Genug, beide. Wir sind hier für eine Quest, nicht um alte  Kriege neu zu kämpfen." Theron trat zwischen Aerion und Lysandra, sein  großer Körper blockierte ihre Sichtlinie auf einander. "Er hat recht.  Was auch immer vor zweihundert Jahren passierte, wir waren nicht da, wir  waren nicht verantwortlich. Wir können wählen anders zu sein." Er sah  Aerion direkt an, und wieder war da diese Aufrichtigkeit in seinen  blauen Augen. "Ich kenne deine Geschichte nicht, und du kennst meine  nicht. Vielleicht haben beide unsere Völker Dinge getan die falsch  waren. Aber wir, jetzt, können wählen zusammenzuarbeiten."

 

Aerion  wollte nein sagen, wollte seinen Bogen nehmen und gehen und diese  verdammten Hochelfen ihrem Schicksal überlassen. Aber tausendzweihundert  Gold. Und etwas in Theron's Worten, in seiner offenen Art, machte es  schwerer einfach zu hassen. "Fein", sagte Aerion schließlich und klang  so unfreundlich wie möglich. "Aber nur weil ich bezahlt werde, nicht  weil ich euch mag." "Das ist ein Anfang", sagte Theron und lächelte  wieder, ein kleines Lächeln diesmal aber immer noch warm. Der alte  Questgeber erschien mit einem Wagen voller Ausrüstung, Seile und Fackeln  und Proviant, und nach einer kurzen Einweisung wo er ihnen die Karte  zeigte und die Route zu den Katakomben erklärte, gab er jedem einen  schweren Beutel mit Gold. Aerion wog den Beutel in der Hand, fühlte das  Gewicht von sechshundert Goldmünzen, und dachte dass vielleicht, nur  vielleicht, er ein paar Wochen mit Hochelfen aushalten könnte.

 

Sie  verließen Graustein durch das Nordtor, vier Elfen die sich gegenseitig  misstrauten, auf dem Weg zu einem Dungeon das als unbesiegbar galt. Was  könnte möglicherweise schiefgehen, dachte Aerion sarkastisch, und folgte  den anderen in die Wildnis. Theron ging neben ihm, hielt respektvollen  Abstand aber nicht so viel dass es feindlich wirkte, und manchmal wenn  Aerion zur Seite sah, fing er Theron dabei wie er ihn mit einem  nachdenklichen Ausdruck beobachtete. Es war irritierend. Hochelfen  sollten nicht nachdenklich sein, sollten nicht nett sein, sollten nicht  haben diese Augen die aussahen als würden sie wirklich zuhören wenn man  sprach. Es machte alles komplizierter, und Aerion hasste kompliziert. Er  bevorzugte einfach: Hochelfen waren Feinde, Ende der Geschichte.

Die Reise zu den verlorenen Katakomben dauerte drei Tage durch zunehmend unwirtliches Gelände, und Aerion verbrachte die meiste Zeit damit, alle zu ignorieren und vorauszuspähen, wie es seine Aufgabe war. Er fand Pfade, die andere übersehen hätten, warnte vor Monstern, bevor sie die Gruppe sehen konnten, und machte sich generell nützlich, während er so wenig wie möglich mit den Hochelfen interagierte. Das funktionierte gut bis zum zweiten Abend, als sie ihr Lager aufschlugen und Lysandra verkündete, dass sie Wachen in Schichten einteilen müssten. "Ich nehme die erste Schicht mit Aldric", sagte sie mit der Autorität von jemandem, der gewohnt war, Befehle zu geben. "Theron und der Waldelf nehmen die zweite." "Ich habe einen Namen", sagte Aerion gereizt. "Und ich arbeite besser allein."

 

"Niemand arbeitet allein in feindlichem Gebiet", sagte Aldric, der Heiler, mit seiner tiefen, ernsten Stimme. "Zwei Augenpaare sehen mehr als eines." "Ich brauche keinen Hochhelf, der auf mich aufpasst", schnappte Aerion. "Ich bin, seit ich zehn war, allein durch gefährlichere Wälder gegangen." Theron, der bis jetzt still gewesen war, beim Feuer sitzend, stand auf und kam mit langsamen, nicht bedrohlichen Bewegungen. "Niemand sagt, dass du inkompetent bist. Aber Lysandra hat recht, Wachen zu zweit ist sicherer. Und", vielleicht ist es auch eine Gelegenheit, uns besser kennenzulernen. Wir müssen nicht Freunde sein, aber wir sollten zumindest verstehen, wie der andere kämpft und denkt. " Das war frustrierend vernünftig, und Aerion hatte kein gutes Gegenargument, ohne wie ein bockiges Kind zu klingen. "Fein", murmelte er schließlich und setzte sich wieder hin, verschränkte die Arme defensiv.

 

Die erste Wache verlief ereignislos, und dann waren Aerion und Theron an der Reihe. Sie saßen auf gegenüberliegenden Seiten des sterbenden Feuers, die Stille zwischen ihnen war angespannt. Aerion starrte in die Dunkelheit und versuchte, jedes Geräusch zu identifizieren, jede Bewegung in den Schatten. Theron saß mit gekreuzten Beinen und sein Stab lag quer über seinem Schoß. Seine Augen waren halb geschlossen, aber Aerion spürte, dass er vollkommen wachsam war. Nach einer halben Stunde Stille sprach Theron leise. "Darf ich dich etwas fragen?" "Nein", sagte Aerion automatisch. Theron lächelte leicht, ein Lächeln, das Aerion nur sehen konnte, weil das Feuer sein Gesicht von unten beleuchtete. "Ich frage trotzdem. Warum hast du diese Quest angenommen, wenn du Hochelfen so sehr hasst? Das Geld allein kann nicht genug Grund sein."

 

Aerion wollte nicht antworten, wollte Theron sagen dass es ihn nichts anging, aber etwas in der Art wie die Frage gestellt wurde, ohne Urteil oder Herablassung, machte es schwerer einfach unhöflich zu sein. "Das Geld ist genug Grund", sagte er schließlich. "Ich brauche es für... für Dinge." "Was für Dinge?" "Private Dinge." Theron nickte akzeptierend und drängte nicht weiter, was Aerion überraschte. Die meisten Leute würden weiter fragen, würden bohren, aber Theron lehnte sich einfach zurück und sah zu den Sternen auf die durch die Bäume zu sehen waren. "Die Sterne sind hier anders als in der Stadt", sagte er nach einer Weile. "Klarer, lebendiger. Ich hatte vergessen wie schön der Nachthimmel sein kann." Aerion sah hoch und musste zugeben dass Theron recht hatte. Die Sterne waren spektakulär hier weit weg von Städten, tausende funkelnde Lichter die Muster formten, die seine Großmutter ihm als Kind beigebracht hatte.

 

"Der Große Baum", sagte er ohne nachzudenken und deutete auf eine Konstellation. "Und dort, das ist der Wanderer, und die drei hellen dort sind die Schwestern." Theron folgte seinem Finger interessiert. "Wir nennen die drei die Wächter in unserer Kultur, aber ich mag eure Version besser. Die Schwestern klingt weniger streng." "Eure Kultur ruiniert alles", murmelte Aerion aber es fehlte die frühere Schärfe. "Selbst die Sterne müsst ihr militarisieren." Theron lachte leise, ein überraschend warmes Geräusch. "Das ist fair. Wir sind ziemlich gut darin Dinge zu verkomplizieren die einfach sein sollten." Sie saßen in angenehmerer Stille für eine Weile, und Aerion fand sich entspannend, seine Schultern senkten sich von der permanenten Verteidigungshaltung. Das war gefährlich, realisierte er, diese Entspannung. 

 

"Meine Schwester würde die Sterne hier lieben", sagte Theron plötzlich, seine Stimme war weicher jetzt, fast melancholisch. "Sie studiert Astronomie an der Akademie, verbringt mehr Zeit auf dem Dach mit ihrem Teleskop als in Klassen." Aerion fand sich neugierig trotz sich selbst. "Du hast eine Schwester?" "Zwei tatsächlich. Elara ist die Jüngere, die Astronomin. Seraphina ist die Ältere, sie ist eine Diplomatin, versucht immer Frieden zwischen verschiedenen Fraktionen zu vermitteln." Theron lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln. "Sie würde diese Quest lieben, die Idee Waldelfen und Hochelfen zusammenarbeitend. Sie glaubt an Einheit mehr als irgendjemand den ich kenne." "Dann ist sie naiv", sagte Aerion, aber ohne echte Gemeinheit. "Einheit ist unmöglich nach so viel Hass und Blut." Theron sah ihn an mit diesen durchdringenden blauen Augen. "Vielleicht. Aber ist es nicht besser zu versuchen als aufzugeben bevor man anfängt?"

 

Aerion hatte keine Antwort darauf, oder zumindest keine die er teilen wollte, also schwieg er. Die Nacht zog sich hin und gegen Ende ihrer Wache hörten sie ein Geräusch, ein Knacken von Zweigen zu nah am Lager. Beide waren sofort auf den Füßen, Waffen bereit. Aerion deutete Theron still zu bleiben und bewegte sich lautlos in die Dunkelheit, seine Waldelfen-Augen adjustierten schnell. Er sah die Kreatur nach einem Moment, ein großes wolfartiges Monster mit zu vielen Augen und Zähnen, schlich sich ans Lager ran. Er hob seinen Bogen, zielte, aber bevor er schießen konnte explodierte Licht hinter ihm. Theron hatte seinen Stab gehoben und eine Kugel aus purem weißem Licht geschossen die das Monster traf und es jaulen ließ. Das Ding rannte davon, geblendet und verängstigt, und Stille kehrte zurück. "Idiot!", zischte Aerion und wirbelte zu Theron. "Ich hatte das unter Kontrolle, du hast es nur alarmiert und das ganze Lager aufgeweckt!"

 

"Es war drei Meter von dir entfernt und bereit zu springen", konterte Theron ruhig. "Ich habe dir das Leben gerettet." "Ich brauchte keine Rettung!" Aerion's Stimme war lauter jetzt, Frustration und etwas anderes das er nicht identifizieren wollte brodelte hoch. "Ich bin kein hilfloses Hochelf-Prinzesschen das beschützt werden muss!" Theron's Kiefer spannte sich, das erste Zeichen von echtem Ärger das Aerion von ihm gesehen hatte. "Ich habe nie gedacht du seist hilflos. Ich habe einen Teampartner unterstützt, das ist was man tut in einer Gruppe." "Wir sind kein Team!", brüllte Aerion, und jetzt waren Lysandra und Aldric wach und starrten sie an. "Wir sind Fremde die gezwungen sind zusammenzuarbeiten, und sobald diese Quest vorbei ist gehe ich zurück zu meinem Leben und vergesse dass ihr existiert!" Die Worte hingen in der Luft, härter als Aerion beabsichtigt hatte. Theron sah ihn lange an, sein Gesicht war undeutbar im schwachen Licht, und dann nickte er einmal, kurz. "Verstanden. Ich werde dich in Ruhe lassen."

 

Er ging zurück zum Feuer und setzte sich mit dem Rücken zu Aerion. Lysandra warf Aerion einen triumphierenden Blick zu als würde sie sagen "Siehst du, Waldelfen sind unmöglich", und Aldric schüttelte einfach den Kopf und legte sich wieder schlafen. Aerion stand da in der Dunkelheit und fühlte sich seltsam leer. Er hatte gewonnen, hatte seine Grenzen klar gemacht, hatte Theron auf Distanz gehalten. Also warum fühlte es sich nicht wie ein Sieg an? Er verbrachte den Rest seiner Wache auf der anderen Seite des Lagers, so weit weg von Theron wie möglich, und ignorierte das seltsame Gefühl von Reue das an ihm nagte. Hochelfen verdienten keine Reue, erinnerte er sich selbst. Sie verdienten Misstrauen und Distanz und nichts mehr. Wenn Theron's Gefühle verletzt waren, nun, das war nicht Aerion's Problem. Er hatte nicht um diese Quest gebeten, hatte nicht um einen freundlichen Hochelf gebeten der komplizierte Gefühle verursachte. Einfacher war besser, sicherer. Und Aerion würde es einfach halten, egal was es kostete.

Die verlorenen Katakomben lagen am Ende einer dreitägigen Reise durch immer unwirtlicher werdendes Gelände und als der Nachmittag des dritten Tages endlich in Sicht kam, musste selbst Aerion zugeben, dass der Anblick beeindruckend war. Beeindruckend in der Art, wie ein Drachenschädel oder ein Hinrichtungsblock beeindruckend war, Dinge, die man lieber aus sicherer Entfernung bewunderte.

 

Der Eingang öffnete sich vor ihnen wie der Mund eines riesigen steinernen Monsters, eine gähnende Dunkelheit, die jedes Licht zu verschlucken schien, das sich ihr näherte. Er war gigantisch, mindestens zwanzig Meter hoch und fast genauso breit, gerahmt von Säulen, die so dick waren, dass zehn Männer sie nicht umfassen konnten. Die Säulen waren bedeckt mit Runen, so alt und verwittert, dass selbst Theron mit all seiner akademischen Ausbildung sie nicht entziffern konnte, obwohl er es versuchte, den Kopf schiefgelegt wie ein neugieriger Vogel.

 

"Kann irgendjemand das lesen?", fragte er hoffnungsvoll und deutete auf eine besonders gut erhaltene Rune. Lysandra warf einen Blick darauf und zuckte mit den Schultern. "Alte Sprache, vor-elfische Zivilisation. Wahrscheinlich eine Warnung wie ‚Hier wohnt der Tod' oder ‚Kehr um oder stirb', die üblichen ermutigenden Sachen, die man auf Dungeon-Eingänge schreibt." "Sehr poetisch", murmelte Aldric und zog seine Heilerroben enger um sich, als könnten sie gegen die Kälte schützen, die aus dem Eingang strömte. Die Luft, die herauskam, war nicht nur kalt, sondern auch feucht und roch nach Stein und etwas anderem, etwas Organischem und leicht Fauligem, das Aerion's Nackenhaare aufstehen ließ.

 

"Also", sagte Lysandra, und ihre Hand ruhte locker auf dem Griff ihres Schwertes, auf eine Weise, die aussah, als würde sie sich nur ausruhen, aber Aerion sah die Spannung in ihren Fingern, "das ist es also, das legendäre Dungeon, aus dem niemand je zurückgekehrt ist. Wunderbar. Genau wie in den Geschichten, minus den Teil, wo die Helden überleben." "Du bist ja eine richtige Optimistin", sagte Aldric trocken und begann, durch seine Taschen zu wühlen, nach bestimmten Kräuterbeuteln. "Ich bin Realistin", korrigierte Lysandra. "Es gibt einen Unterschied. Optimisten erwarten zu überleben. Realisten packen extra Verbände ein." Das war vermutlich der erste Satz von ihr, mit dem Aerion vollkommen übereinstimmte.

 

Theron stand vor dem Eingang mit konzentrierter Miene, seine Karte ausgebreitet die im Wind flatterte. Seit ihrem Streit in der zweiten Nacht hatte er kaum direkt mit Aerion gesprochen, war höflich aber distanziert gewesen, und Aerion versuchte sich einzureden dass das genau was er wollte war. Es war einfacher so, keine komplizierten Gefühle, keine versehentliche Freundschaft. Aber jedes Mal wenn Aerion zu Theron hinübersah und den Hochelf seine Karte studieren sah mit dieser kleinen Falte zwischen den Augenbrauen die er bekam wenn er nachdachte, fühlte er etwas in seiner Brust ziehen das sehr unbequem war. Er ignorierte es entschlossen.

 

"Das erste Level sollte relativ sicher sein laut den alten Aufzeichnungen", sagte Theron und zeigte auf die Karte ohne aufzusehen, seine Stimme war in seinem professionellen Akademiker-Ton. "Nur einfache Wächter-Konstrukte und vielleicht einige mechanische Fallen, nichts was magisch aktiviert wird. Der echte Danger beginnt ab Level drei wenn wir in die alten Grabkammern kommen wo die..." er konsultierte die Karte wieder, "wo die 'Wächter der ewigen Nacht' patrouillieren, was vermutlich ein poetischer Name für etwas Grässliches ist."

 

"Und wie viele Level gibt es insgesamt?", fragte Aerion und zwang seine Stimme neutral zu klingen, professionell, als wäre das nur eine normale Frage und nicht ein Versuch ein Gespräch zu beginnen. Theron antwortete ohne aufzusehen, seine Finger verfolgten Linien auf der Karte. "Mindestens sieben die kartiert sind. Möglicherweise mehr, die Aufzeichnungen sind unvollständig und einige der Kartographen sind vermutlich gestorben bevor sie ihre Notizen vervollständigen konnten, was ihre Aufzeichnungen etwas... lückenhaft macht. Das Artefakt sollte auf Level sieben sein in der zentralen Kammer, falls wir so weit kommen." Das "falls" hing schwer in der Luft.

 

"Sieben Level voller Monster und Fallen", sagte Lysandra und grinste plötzlich, ein wildes gefährliches Grinsen das sie sehr viel beängstigender aussehen ließ, "perfekt. Ich liebe eine gute Herausforderung. Das letzte Dungeon war viel zu einfach, hatte den Boss in zehn Minuten erledigt." "Das weil du direkt auf ihn zugelaufen bist ohne Strategie", erinnerte Aldric sie mit der leidenden Stimme von jemandem der diese Diskussion schon oft geführt hatte. "Und ich musste dich dreimal wiederbeleben." "Aber wir haben gewonnen", sagte Lysandra unbeeindruckt. "Gewonnen zählt." "Überleben zählt auch", murmelte Aldric aber niemand hörte ihm zu.

 

Sie verbrachten einige Minuten damit ihre Ausrüstung ein letztes Mal zu checken bevor sie eintraten, und Aerion beobachtete wie jeder auf seine eigene Art mit der Nervosität umging. Lysandra schärfte ihr Schwert, das schabende Geräusch des Wetzsteins war irgendwie beruhigend in seiner Normalität. Aldric murmelte Gebete zu Pelor und sortierte seine Heiltränke in eine bestimmte Reihenfolge, seine Hände bewegten sich mit der Präzision von jemandem der Rituale als Komfort benutzte. Theron studierte weiter seine Karte als könnte er durch reine Willenskraft mehr Details darauf erscheinen lassen. Und Aerion checkte seinen Bogen zum dritten Mal, zählte seine Pfeile zum vierten Mal, und versuchte nicht daran zu denken wie viele Abenteurer vor ihnen genau hier gestanden hatten, voller Zuversicht und Pläne, und nie zurückgekommen waren.

 

"Sollen wir?", fragte Theron schließlich und rollte seine Karte zusammen, steckte sie sicher in seine Robe. Er sah nicht ängstlich aus, eher konzentriert und entschlossen, und Aerion fand sich bewundernd diese Ruhe trotz sich selbst. Theron ging zum Eingang und die anderen folgten, bildeten eine lose Formation. Aerion ging als letzter wie es seine Natur als Späher war, seine Augen scannten automatisch die Umgebung nach Gefahren, nach Bewegungen in den Schatten, nach allem was nicht hingehörte. Das war sein Element, das Unbekannte, das Gefährliche, Orte wo seine Fähigkeiten den Unterschied zwischen Leben und Tod machen konnten. In Städten fühlte er sich fehl am Platz, zu laut, zu viele Menschen. Aber hier, am Rand der Zivilisation wo Monster lauerten und der Tod eine Realität war, hier fühlte er sich... richtig. Was vermutlich etwas Beunruhigendes über seine Psyche aussagte, aber das war ein Problem für später.

 

Die Dunkelheit verschluckte sie sobald sie über die Schwelle traten, so vollständig und absolut dass selbst Aerion's überlegene Waldelfen-Nachtsicht nutzlos war. Es war wie in Tinte getaucht zu werden, wie blind zu sein, und Aerion hörte jemanden scharf einatmen, er glaubte es war Aldric. Für einen Moment gab es nur Schwärze und das Geräusch ihrer Atmung und das Gefühl von sehr altem Stein unter ihren Füßen. Dann murmelte Theron ein Wort der Macht, ein Wort in der alten Sprache der Magie, und sein Stab begann zu glühen. Es begann als schwaches blaues Licht an der Spitze, dann wuchs es, wurde heller und heller bis warmes weißes Licht aus dem Kristall strömte und die Dunkelheit zurückdrängte wie Vorhänge die zur Seite gezogen wurden.

 

Was das Licht enthüllte ließ selbst Lysandra verstummen. Sie standen in einer großen Halle, so groß dass Theron's Licht die Decke nicht erreichen konnte, sie verschwand irgendwo oben in der Dunkelheit. Der Boden war aus poliertem schwarzem Marmor, so glatt dass er ihre Spiegelbilder reflektierte, verzerrte Versionen von sich selbst die aus der Tiefe zurückstarrten. Säulen erhoben sich in regelmäßigen Abständen, jede dicker als drei Männer zusammen, sich verjüngend nach oben wo sie vermutlich die unsichtbare Decke stützten. Die Säulen waren geschnitzt mit Szenen, Bilder von Schlachten und Ritualen und Dingen die Aerion nicht identifizieren konnte, Figuren die halb Mensch und halb etwas Anderes waren.

 

An den Wänden hingen Wandteppiche, verblasst durch Zeit aber immer noch erkennbar, zeigten Geschichten in Bildern. Aerion sah Elfen aber sie sahen nicht aus wie Waldelfen oder Hochelfen, sie waren anders, älter irgendwie, mit Kleidung und Waffen die er nie gesehen hatte. "Es ist wunderschön", flüsterte Theron ehrfürchtig und sein Licht tanzte über die Wandteppiche. "So viel Geschichte hier, so viele Details. Diese Zivilisation muss hunderte Jahre vor der Spaltung existiert haben, vielleicht tausende. Die Handwerkskunst ist..." er verstummte, sprachlos vor Ehrfurcht. Aerion hatte widerwillig zugeben müssen dass Theron recht hatte, auch wenn er es nicht laut sagen würde und sich ärgerte dass sie sich mal wieder einig waren. Die Katakomben waren nicht nur ein Dungeon wo Monster lebten, sie waren ein Kunstwerk, ein Monument für eine Zivilisation die lange vor Waldelfen und Hochelfen existiert hatte und Dinge gebaut hatte die die Zeit überdauerten.

 

"Sehr hübsch", sagte Lysandra unbeeindruckt, "aber ich sehe keine Schätze, also können wir vielleicht weitergehen?" Sie war bereits vorausgegangen, ihre Schritte hallten in der massiven Halle. "Warte", sagte Aerion scharf und hob eine Hand, und überraschenderweise stoppte Lysandra tatsächlich. "Fallen. Es sind immer Fallen am Anfang, das ist Dungeon-Design eins-null-eins." Er bewegte sich nach vorne, seine Augen scannten den Boden, die Wände, die Decke, suchte nach allem was nicht hingehörte, nach Unregelmäßigkeiten. Seine Waldelfen-Instinkte waren hier nützlich, die Fähigkeit Details zu sehen die andere übersahen, Muster in Chaos zu finden. "Da", sagte er und deutete auf den Boden vor ihnen. "Seht ihr die Bodenplatten? Die zwei vor uns sind eine andere Farbe, nur ein bisschen, aber da. Heller Grau statt Schwarz. Das ist nie ein gutes Zeichen."

 

Theron trat vor, beugte sich vor um besser zu sehen, und Aerion war plötzlich sehr bewusst wie nah Theron war, konnte den Geruch von Theron's Seife riechen, etwas das nach Pinien roch. Er trat zurück, unbequem. Theron schien es nicht zu bemerken, konzentriert auf die verdächtigen Platten. Er hob seinen Stab und murmelte ein anderes Wort, und eine kleine Lichtkugel löste sich vom Kristall und schwebte vorwärts wie eine neugierige Glühwürmchen. Als das Licht die verdächtige Platte berührte, passierte etwas Spektakuläres und Schreckliches. Ein Klicken, das Geräusch von alten Mechanismen die erwachten, und dann schossen Pfeile aus versteckten Löchern in den Wänden, kreuzten den Raum genau wo sie gestanden hätten wenn Aerion sie nicht gestoppt hätte. Mindestens zwei Dutzend Pfeile, wahrscheinlich vergiftet wenn die grüne Färbung an den Spitzen ein Hinweis war.

 

"Guter Fang", sagte Theron und sah Aerion an, und zum ersten Mal seit ihrem Streit war da echte Wärme in seiner Stimme, echte Dankbarkeit. "Du hast uns gerade das Leben gerettet. Danke." Seine blauen Augen trafen Aerion's grüne und für einen Moment starrten sie sich einfach an. Aerion fühlte seine Wangen warm werden, was ärgerlich war. "Das ist mein Job", sagte er und klang schroff, abweisend. "Fallen finden. Dafür werde ich bezahlt." Etwas flackerte in Theron's Augen, etwas das wie Enttäuschung aussah, aber er nickte nur und wandte sich ab. Aerion fühlte sich sofort schlecht, wollte etwas sagen, wollte erklären dass er nicht undankbar war nur... kompliziert. Aber die Worte blieben ihm im Hals stecken wie immer.

 

Sie umgingen die Falle vorsichtig, hielten sich an der Wand entlang, und gingen weiter in die Halle. Aerion fand mehr Fallen in den nächsten dreißig Minuten, jede cleverer als die letzte. Druckplatten die große Steinblöcke von der Decke fallen lassen würden, Stolperdrähte die Gift-Dart-Shooter aktivieren würden, sogar eine besonders fiese Illusion die wie sicherer Boden aussah aber tatsächlich ein drei Meter tiefer Graben war mit Spikes am Boden. "Die Leute die das gebaut haben mochten wirklich keine Besucher", kommentierte Aldric nachdem sie die fünfte Falle umgangen hatten. "Oder sie hatten sehr wertvolle Dinge zu beschützen", sagte Theron. "Oder beide", sagte Aerion.

 

Nach was sich anfühlte wie eine Stunde aber wahrscheinlich nur zwanzig Minuten war, erreichten sie das Ende der ersten Halle und standen vor einer massiven Tür. Sie war aus Bronze, grün angelaufen durch Zeit, mindestens fünf Meter hoch und bedeckt mit noch mehr Runen die niemand lesen konnte. "Sollen wir einfach durchgehen?", fragte Aldric skeptisch und schob seine Brille hoch auf seiner Nase, eine Gewohnheit wenn er nervös war. "Oder ist das offensichtlich eine riesige Falle und wir werden alle sterben?" "Nur einen Weg es rauszufinden", sagte Lysandra fröhlich und drückte gegen die Tür bevor jemand protestieren konnte. Die Tür schwang auf mit einem tiefen mahlenden Geräusch, Stein rieb gegen Stein, und dahinter lag eine kleinere Kammer. Sie war rund mit einem gewölbten Dach, und anders als die Halle konnte Theron's Licht die ganze Kammer ausleuchten. Und in der Mitte der Kammer, aufgereiht wie Soldaten, standen drei Statuen.

 

Sie waren aus demselben schwarzen Marmor wie der Boden, etwa zwei Meter groß, perfekt geformt wie echte Krieger in alter Rüstung. Jede hielt ein Schwert in steinernen Händen, die Klingen waren gesenkt aber bereit erhoben zu werden. Ihre Gesichter waren glatt, keine Züge, nur leere Ovale wo Augen und Mund sein sollten, was sie irgendwie gruseliger machte als wenn sie Gesichter gehabt hätten. "Statuen", sagte Aldric erleichtert. "Nur Statuen, keine Monster." "Noch nicht", sagte Aerion und sein Späher-Instinkt klingelte laut. "Das sieht sehr nach einer Boss-Kammer aus. Sobald wir eintreten..." Als ob sie seine Worte gehört hätten, erwachten die Statuen. Stein rieb gegen Stein mit einem schrecklichen Kreischen das Aerion's Ohren wehtat, und die Konstrukte begannen sich zu bewegen. Köpfe drehten sich, Arme hoben Schwerter, und wo ihre Augen sein sollten begannen rote Lichter zu glühen, nicht hell aber intensiv, wie glühende Kohlen.

 

"Natürlich", seufzte Aldric. "Natürlich sind es lebende Statuen. Warum sollten wir eine normale Tür haben." Die Konstrukte starrten sie an mit ihren leeren glühenden Augen, und Aerion fühlte sich beurteilt, gemessen, für zu leicht befunden. Dann, mit der Synchronisation die nur Magie oder lange Übung bringen konnte, hoben alle drei ihre Schwerter und traten vorwärts. Langsam, schwer, aber absolut bedrohlich. "Kampf-Formation!", rief Theron und seine ganze Haltung änderte sich, der freundliche Akademiker verschwand und wurde ersetzt durch einen Kampfveteranen, jemand der das schon hundertmal gemacht hatte. Seine Stimme war autoritär jetzt, kommandierend. "Lysandra vorne, Aldric hinter ihr, ich Mitte-links für Zauberunterstützung. Aerion, finde eine erhöhte Position für Fernkampf!" Es war das erste Mal dass Theron ihm direkt einen Befehl gegeben hatte, und Aerion fühlte sich seltsam... nicht beleidigt. Beeindruckt vielleicht, von der Veränderung.

 

Lysandra stürmte vor ohne Zögern, ihr Schwert gezogen und bereit, ein Schlachtruf kam aus ihrer Kehle. Aldric positionierte sich dahinter, seine Hände bereits glühend mit vorbereiteter Heilmagie. Theron hob seinen Stab und blaue Magie begann darum zu knistern, Blitze von Energie. Aerion bewegte sich instinktiv zur Seite, seine Augen scannten die Kammer, und sah einen vorspringenden Steinblock an der Wand, etwa zwei Meter hoch. Perfekt. Er sprintete hin und kletterte mit der mühelosen Grazie seiner Rasse hoch, wie eine Katze, seine Muskeln dehnten und zogen sich. Von oben hatte er perfekten Blick auf das ganze Schlachtfeld, konnte jede Bewegung sehen. Er nahm einen Pfeil aus seinem Köcher, legte ihn auf, und wartete auf den richtigen Moment. Das erste Konstrukt schwang sein Schwert auf Lysandra, ein massiver Hieb der die Luft schnitt. Sie blockte mit ihrem eigenen Schwert, und Metall traf Stein mit einem Klang der Aerion's Zähne vibrieren ließ. Die schiere Kraft des Schlags war unglaublich, Lysandra wurde zurückgedrängt, ihre Füße rutschten über den glatten Marmorboden. Aber sie rollte mit der Bewegung, ließ den Schwung sie herumdrehen, und kam hinter dem Konstrukt hoch. Ihre Klinge schnitt an seinem Rücken entlang, hinterließ einen tiefen Kratzer im schwarzen Stein aber keinen wirklichen Schaden. Stein war schwer zu verletzen mit normalen Waffen, man brauchte entweder magische Waffen oder rohe Gewalt in enormen Mengen.

 

Theron warf seinen ersten Zauber, ein Feuerbolt der durch die Luft pfiff und das zweite Konstrukt traf. Die Flammen umhüllten die Statue, ließ den Stein heiß glühen für einen Moment, rot und pulsierend. Aber das Konstrukt bewegte sich weiter unbeeindruckt von der Hitze, seine steinernen Füße donnerten über den Boden. "Magie allein reicht nicht!", rief Theron frustriert. "Wir brauchen physischen Schaden an kritischen Punkten, Schwachstellen!" Aerion sah das Problem sofort mit der Klarheit von jemandem der sein ganzes Leben damit verbracht hatte Schwächen zu finden. Die Konstrukte waren zu stark für direkte Angriffe, ihre Steinpanzerung war zu dick. Aber sie hatten Schwachstellen, mussten sie haben. Nichts Magisches war perfekt, alles hatte einen Punkt wo Energie floss, wo Magie konzentriert war. Er studierte ihre Bewegungen mit konzentrierten Augen, sah wie sie sich bewegten, wie die Gelenke funktionierten, und dann sah er es. Kleine Kristalle eingebettet in ihren Hälsen, glühend schwach im selben Rot wie ihre Augen, kaum größer als sein Daumen. Das waren die Energiequellen, die magischen Kerne die sie animierten, die Schwachpunkte.

 

"Die Kristalle in den Hälsen!", rief er zu den anderen, seine Stimme durchschnitt den Lärm des Kampfes. "Das sind ihre Schwachpunkte, zerstört die und sie fallen auseinander!" Er wartete nicht auf Bestätigung. Er zielte sorgfältig auf den Kristall des ersten Konstrukts, das mit Lysandra kämpfte, atmete langsam aus um seine Hände zu stabilisieren, und ließ los. Der Pfeil flog perfekt, eine gerade Linie durch die Luft, und traf den Kristall genau in der Mitte. Das Kristall zersplitterte mit einem Klang wie brechendes Glas, hohe und schrill, und das Konstrukt erstarrte mitten in der Bewegung, sein Schwert halb erhoben. Dann, langsam, begann es zu zerbrechen, Risse liefen über seinen Körper wie ein Spinnennetz, und es zerbrach in große Stücke die über den Boden rollten.

 

"Hervorragend!", rief Theron und sein Gesicht leuchtete vor Bewunderung. Er richtete sofort seinen Stab neu, zielte präzise auf das zweite Konstrukt, und warf einen Eisspeer statt Feuer diesmal. Der Speer war aus purem magischen Eis, bläulich schimmernd und hart wie Stahl, und er traf den Kristall des zweiten Konstrukts mit chirurgischer Präzision. Splitter, Risse, Zusammenbruch. Zwei runter, einer übrig. Das dritte Konstrukt schien zu realisieren dass es in Gefahr war, dass seine Gefährten gefallen waren, und seine Bewegungen änderten sich. Es wurde schneller, chaotischer, unvorhersehbar. Es ignorierte Lysandra die vor ihm stand und stürmte plötzlich in eine neue Richtung, zielte auf Aldric, den Heiler, den schwächsten Kämpfer in der Gruppe. Klassische Monster-Taktik, zuerst den Heiler eliminieren. Lysandra versuchte es abzufangen, rannte hinterher, aber das Konstrukt war überraschend schnell für etwas aus Stein. Das Schwert schwang abwärts auf Aldric der seine Arme hob in nutzloser Verteidigung, seine Augen weit vor Schock, sein Mund offen in einem stillen Schrei.

 

Theron reagierte ohne nachzudenken. Aerion sah es in Zeitlupe passieren, sah Theron sich zwischen Aldric und die Klinge werfen, sah seinen Stab heben. Ein magischer Schild erschien um ihn, blau und schimmernd wie Seifenblasen, Lichtmuster tanzten darüber. Aber der Schlag des Konstrukts war zu stark, zu massiv, getrieben von magischen Kräften und Steinmuskeln. Der Schild hielt für eine halbe Sekunde, vielleicht weniger, dann zerbrach er wie Glas. Die Klinge traf Theron's linke Schulter, schnitt durch Robe und Haut und Muskel, tief, grauenhaft tief. Aerion hörte den Schrei, Theron's Schrei aus Schmerz und Schock, und fühlte etwas in seiner eigenen Brust reißen. Theron fiel, sein Stab rollte aus seiner Hand, und Blut begann zu strömen, so viel Blut, dunkles rotes Blut das sich über die weiße Innenseite seiner Robe ausbreitete wie eine blühende Blume.

 

Aerion fühlte etwas in ihm brechen, alle seine sorgfältig aufgebauten Mauern, alle seine Entschlossenheit Distanz zu halten. Panik überschwemmte ihn, reine tierische Panik gemischt mit etwas anderem, etwas das er nicht benennen wollte. Ohne nachzudenken, ohne zu planen, sprang er von seiner erhöhten Position. Drei Meter Sturz, landete in einer Rolle, auf den Füßen wieder hoch, Dolch bereits in der Hand gezogen, und sprintete auf das Konstrukt zu. Er sprang, unmöglich hoch für einen Menschen aber normal für einen Elfen, landete auf dem Rücken des Konstrukts, umklammerte seinen Hals mit den Beinen. Die Statue versuchte ihn abzuschütteln, wirbelte herum, aber Aerion hielt fest. Er grub seinen Dolch in den Kristall, kratzte, hebelte mit aller Kraft die Verzweiflung ihm gab, und der Kristall begann zu brechen. Risse liefen durch ihn, das rote Glühen flackerte. Mit einem letzten verzweifelten Hebeln brach der Kristall komplett, Splitter flogen in alle Richtungen. Das Konstrukt begann auseinanderzufallen unter ihm und Aerion sprang ab, landete elegant, rollte. Stille fiel über die Kammer außer Theron's schwerem keuchendem Atmen.

 

Aerion rannte zu ihm, ignorierte Lysandra und Aldric komplett, seine ganze Welt hatte sich verengt auf Theron, auf das Blut, auf die Blässe in diesem normalerweise lebendigen Gesicht. Er kniete sich neben ihm, seine Hände schwebten über der Wunde, unsicher, zitternd. "Idiot", keuchte er und seine Stimme brach peinlich, "warum hast du das getan, warum hast du dich reingeworfen? Das war... das war so dumm..." "Weil", murmelte Theron und sein Gesicht war weiß wie Schnee, seine Lippen hatten eine bläuliche Färbung, "weil das ist was man tut. Man beschützt seine Kameraden. Auch die sturen Waldelfen die einen hassen." Er versuchte zu lächeln aber es kam als Grimasse raus. Aerion fühlte etwas Warmes seine Wange herunterlaufen und realisierte schockiert dass er weinte, Tränen die er nicht autorisiert hatte.

 

"Ich hasse dich nicht", sagte er und die Worte kamen raus bevor er sie stoppen konnte. "Ich... ich hasse dich überhaupt nicht, du Idiot." Aldric war da, drückte Aerion sanft aber fest zur Seite mit überraschender Kraft für jemanden so schmächtig. "Lass mich arbeiten", sagte er und seine Stimme war ruhig, professionell, die Stimme von jemandem der das schon tausendmal gemacht hatte. Seine Hände begannen zu glühen, golden und warm wie Sonnenlicht, und er legte sie direkt auf Theron's Wunde. Heilmagie strömte, sichtbare goldene Fäden die in die Wunde krochen, Fleisch reparierend, Blutgefäße schließend. Das Blut verlangsamte sich von einem Strom zu einem Rinnsal zu Tropfen zu nichts. Die Wunde begann sich zu schließen, langsam, schmerzhaft langsam. Es würde eine Narbe hinterlassen, eine schlimme, aber Theron würde leben. Er würde leben. Aerion fühlte wie etwas in seiner Brust sich entspannte, Atem den er nicht gewusst hatte dass er hielt entwich in einem langen zitternden Seufzer.

 

"Du bist okay", sagte er dumm und stellte dann fest dass seine Hand immer noch auf Theron's unverletzter Schulter ruhte, seine Finger gruben sich ins Material der Robe. Er zog sie nicht zurück diesmal. Theron öffnete die Augen, die blauen Augen die Aerion heimlich bewundert hatte, und sie fanden Aerion's Blick, hielten ihn fest. Für einen langen Moment sahen sie sich einfach an, wirklich an, ohne Mauern oder Vorurteile oder vorgetäuschte Gleichgültigkeit. "Du warst besorgt um mich", sagte Theron leise, und es war keine Frage sondern eine Feststellung. Aerion wollte leugnen, wollte eine sarkastische Bemerkung machen, wollte die Mauern wieder aufbauen. Aber er war so müde, so verdammt müde vom Lügen. "Ja", sagte er einfach, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. "Ja, ich war besorgt. Bist du zufrieden?"

 

Theron lächelte, schwach aber absolut echt, ein Lächeln das sein ganzes Gesicht erhellte trotz dem Schmerz. "Ja", sagte er. "Ich bin sehr zufrieden." Sie starrten sich weiter an und Aerion war sich plötzlich sehr bewusst wie nah sie waren, wie er Theron's Atem auf seinem Gesicht spüren konnte, wie die goldenen Flecken in Theron's Augen im Licht von Aldric's Magie funkelten. Etwas zog sich in seinem Bauch zusammen, etwas Warmes und Beängstigendes. Lysandra räusperte sich laut, das Geräusch hallte in der Kammer. "So rührend das alles ist", sagte sie und ihre Stimme war trocken genug um ein Feuer zu löschen, "sollten wir vielleicht diesen Level fertigstellen bevor Aldric's Heilmagie ausgeht? Wir haben noch sechs weitere Level vor uns."

 

Aerion stand schnell auf, plötzlich peinlich berührt, wandte sein Gesicht ab damit niemand die Röte auf seinen Wangen sehen konnte, die Verwirrung in seinen Augen. "Sie hat recht", sagte er und seine Stimme war zu laut, zu rau. "Wir verschwenden Zeit hier." Theron brauchte Hilfe aufzustehen, lehnte sich schwer auf Aldric und Lysandra die ihn zwischen sich nahmen. Er bestand darauf weiterzumachen trotz Aldric's Protesten. "Nur eine Fleischwunde", sagte er mit einem tapferen Grinsen das überhaupt nicht überzeugend war. "Ich habe schlimmeres überlebt in Akademie-Duellen. Du solltest sehen was Professor Kael's Feuerzauber mit meinem Arm gemacht hat im zweiten Jahr." "Das beruhigt mich überhaupt nicht", sagte Aldric und schüttelte den Kopf.

 

Sie gingen weiter in die Katakomben, tiefer in die Dunkelheit, Theron's Lichtzauber erhellte ihren Weg. Und Aerion fand sich ständig zurückschauend, seine Augen flogen immer wieder zu Theron, stellte sicher dass er noch da war, noch aufrecht, noch atmete. Jedes Mal wenn Theron stolperte, jedes Mal wenn sein Gesicht vor Schmerz zusammenzuckte, fühlte Aerion dieses verdammte Zusammenziehen in seiner Brust wieder, stärker jetzt als vor drei Tagen. Das war schlimm, realisierte er. Das war sehr schlimm. Weil Sorgen bedeutete Kümmern, und Kümmern bedeutete Verwundbarkeit, und Verwundbarkeit bedeutete Schmerz wenn Dinge unweigerlich schiefgingen. Und Dinge gingen immer schief, besonders zwischen Menschen die zu verschiedenen Welten gehörten, zu verfeindeten Völkern.

 

Aber wenn das alles so klar war, wenn er all das wusste, warum konnte Aerion dann nicht aufhören sich umzusehen? Warum konnte er nicht aufhören sicherzustellen dass Theron noch da war, immer noch bei ihm, immer noch sicher? Und noch beängstigender, warum wollte er nicht aufhören?

Das zweite Level der Katakomben war deutlich weniger beeindruckend als der erste, was vermutlich ein schlechtes Zeichen war. Aerion hatte genug Dungeons erkundet, um zu wissen, dass, wenn die Ästhetik schlechter wurde, die Gefahren normalerweise exponentiell stiegen. Die große, kunstvolle Halle war ersetzt durch enge Korridore mit niedrigen Decken, die Wände waren roh und unbearbeitet, und es roch nach Schimmel und etwas Tierischem, das Aerion nicht identifizieren wollte.

 

Theron ging jetzt in der Mitte der Gruppe statt vorne, seine linke Schulter war steif bandagiert unter seiner zerrissenen Robe, und er versuchte sehr hart, nicht zu zeigen, wie sehr es schmerzte. Aerion konnte es trotzdem sehen, in der Art, wie Theron's Kiefer sich spannte bei jeder Bewegung, in der Blässe, die noch nicht ganz verschwunden war. Es machte ihn wütend auf eine irrationale Weise – wütend auf Theron, weil er sich selbst verletzt hatte, wütend auf sich selbst, weil er sich sorgte, wütend auf die ganze Situation.

 

"Wie weit bis zum nächsten Level?", fragte Lysandra, die vorne ging, ihr Schwert gezogen und bereit. Sie schien die einzige zu sein, die sich nicht um Theron's Zustand sorgte, oder zumindest die einzige, die es nicht zeigte. "Laut der Karte", sagte Theron und balancierte die Karte in seiner rechten Hand, weil die linke zu steif war, "sollte es eine zentrale Kammer geben, etwa hundert Meter geradeaus, dann eine Treppe runter zu Level drei." "Sollte", wiederholte Aldric skeptisch. "Das Wort 'sollte' in Dungeons macht mich immer nervös. Es impliziert, dass der Kartograph unsicher war, was normalerweise bedeutet, dass er gestorben ist, bevor er es bestätigen konnte."

 

"Fröhlicher Gedanke", murmelte Aerion. Er ging am Ende der Gruppe wie immer, seine Augen scannten zurück nach Verfolgern, seine Ohren lauschten nach Geräuschen. Die Korridore waren still, zu still. Sie gingen vorsichtig weiter, ihre Schritte hallten trotz ihrer Versuche, leise zu sein. Nach zwanzig Minuten erreichten sie die zentrale Kammer, die Theron erwähnt hatte. Sie war rund, etwa zehn Meter im Durchmesser, mit vier Ausgängen in verschiedenen Richtungen. In der Mitte stand ein Brunnen, trocken und verstaubt, mit Runen um den Rand gemeißelt.

 

"Welchen Ausgang?", fragte Lysandra. Theron konsultierte seine Karte mit konzentrierter Miene. "Der nördliche, direkt gegenüber von wo wir reinkamen." Lysandra begann in diese Richtung zu gehen, aber Aerion hob eine Hand. "Warte. Etwas ist falsch hier." Alle stoppten und sahen sich um mit neu geweckter Wachsamkeit. "Was ist falsch?", fragte Aldric nervös und griff seinen Heilerstab fester. Aerion versuchte zu artikulieren, was sein Instinkt ihm sagte. "Es ist zu... arrangiert. Vier perfekt symmetrische Ausgänge, ein Brunnen in der exakten Mitte. Das schreit nach Boss-Kammer oder Puzzle oder beides." "Vielleicht wollten die Erbauer einfach nur Symmetrie", schlug Theron vor, aber er klang nicht überzeugt.

 

Aerion näherte sich dem Brunnen vorsichtig, seine Schritte langsam und testend. Die Runen um den Rand waren in einer Sprache, die er nicht lesen konnte, aber sie glühten schwach, als er näher kam, reagierten auf seine Präsenz. "Definitiv magisch", sagte er. "Aldric, kannst du sowas lesen?" Der Heiler kam näher, schob seine Brille hoch und studierte die Runen. "Alte Sprache... ich kann nur Teile übersetzen... etwas über 'Wahrheit'... und 'Preis'... und das hier könnte 'Blut' bedeuten oder 'Leben', die Wörter sind ähnlich in der alten Sprache." "Nichts von dem klingt gut", sagte Lysandra. "Können wir es einfach ignorieren und durch den nördlichen Ausgang gehen?" Aerion schüttelte den Kopf. "Normalerweise, wenn es ein magisches Puzzle gibt und man es ignoriert, passieren schlimme Dinge. Fallen aktiviert, Türen verschlossen, Monster gespawnt. Besser, wir lösen es jetzt."

 

Theron hatte sich ebenfalls genähert, trotz Aldric's protestierendem Blick, und studierte die Runen jetzt mit der Intensität, die er immer hatte, wenn es um akademisches Wissen ging. "Das ist ein Wahrheitsbrunnen", sagte er plötzlich, seine Augen leuchteten mit Erkenntnis. "Ich habe darüber gelesen in der Akademie-Bibliothek. Eine alte magische Konstruktion. Jeder in der Gruppe muss eine Wahrheit über sich teilen, etwas, das sie normalerweise verbergen würden. Der Brunnen misst die emotionale Resonanz, die Ehrlichkeit. Wenn alle wahrhaftig sind, öffnet sich der Weg vorwärts." "Und wenn nicht?", fragte Aerion, obwohl er die Antwort ahnte. "Dann tötet uns der Brunnen vermutlich auf kreative Weise", sagte Theron fast fröhlich, als wäre das eine faszinierende akademische Übung statt eine tödliche Bedrohung. "Perfekt", murmelte Lysandra. "Ich liebe es, meine Seele vor Fremden auszuschütten."

 

Sie standen im Kreis um den Brunnen, alle unbequem. Aerion hasste diese Art von Magie, die Art, die in deine Gedanken griff und Dinge fand, die du verborgen halten wolltest. "Wer fängt an?", fragte Aldric schließlich. "Ich mache es", sagte Lysandra überraschend. Sie trat vor, legte ihre Hand auf den Rand des Brunnens, und die Runen begannen heller zu glühen. "Meine Wahrheit", sagte sie, und ihre Stimme war flach, emotionslos, "ist, dass ich meinen Bruder getötet habe. Nicht absichtlich, es war ein Trainingsunfall, aber meine Klinge war es, die ihn traf. Ich war sechzehn. Meine Familie hat mich verstoßen. Ich wurde Söldnerin, weil kein Hochelfen-Haus mich mehr nehmen würde." Die Worte hingen schwer in der Luft. Die Runen pulsierten einmal, akzeptierten die Wahrheit als echt, und Lysandra trat zurück mit einem Gesicht aus Stein.

 

Aldric ging als nächster, seine Hand zitterte leicht, als er den Brunnen berührte. "Ich wurde Heiler nicht aus Güte", sagte er leise, "sondern aus Feigheit. Ich hatte Angst zu kämpfen, Angst zu sterben. Heilung war der sichere Weg, die Möglichkeit zu helfen, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen. Ich bin ein Feigling in Heilerroben." Die Runen akzeptierten auch das, pulsierten bestätigend. Theron ging als nächster, und Aerion sah, wie er seine Schultern straffte, sich vorbereitete. "Meine Wahrheit", sagte Theron, und seine blauen Augen waren auf den Brunnen fixiert, weigerten sich, die anderen anzusehen, "ist, dass ich zur Akademie gegangen bin, nicht um zu lernen, sondern um zu entkommen. Meine Familie... mein Vater hatte eine Ehe für mich arrangiert mit einer Hochelfen-Frau aus gutem Haus. Ich wollte nicht. Nicht, weil sie nicht wunderbar war, sondern weil ich..." Er zögerte, atmete tief. "Weil ich wusste, dass ich sie nie lieben könnte auf die Art, die sie verdiente. Die Akademie war meine Flucht, mein Weg, nein zu sagen, ohne direkt nein zu sagen."

 

Die Runen pulsierten, akzeptierten die Wahrheit, aber Aerion konnte kaum atmen. Theron's Worte hallten in seinem Kopf, die Implikationen ließen sein Herz schneller schlagen. Theron hatte eine arrangierte Ehe abgelehnt, hatte geflohen, hatte impliziert, dass er eine Frau nicht lieben konnte... Aerion zwang sich, sich zu konzentrieren, war sich bewusst, dass alle ihn jetzt ansahen, wartend. Er trat vor, seine Beine fühlten sich schwer an. Seine Hand berührte den Brunnen, und sofort fühlte er die Magie, wie Finger, die in seinen Geist griffen, suchten, tasteten. "Meine Wahrheit", begann er, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, "ist, dass ich Hochelfen nie wirklich gehasst habe. Ich wollte sie hassen, ich habe versucht, sie zu hassen, weil das war, was von mir erwartet wurde, was meine Familie mir beigebracht hat. Aber tief drinnen... tief drinnen habe ich mich immer gefragt, ob die Geschichten, die man mir erzählt hat, vollständig waren, ob vielleicht beide Seiten Fehler gemacht haben. Ich habe mich immer schuldig gefühlt für diesen Zweifel, als würde ich meine Vorfahren verraten."

 

Die Runen explodierten in helles, goldenes Licht, so hell, dass alle die Augen schließen mussten. Als das Licht verblasste, war der nördliche Ausgang jetzt mit einem weichen Glühen markiert, eindeutig der richtige Weg. Der Brunnen hatte sie alle als wahrhaftig akzeptiert. Niemand sprach für einen langen Moment, jeder verarbeitete, was die anderen geteilt hatten, verarbeitete die Verletzlichkeit. Schließlich räusperte sich Lysandra. "Nun", sagte sie, und ihre Stimme war rau, "das war unangenehm. Können wir jetzt bitte weitergehen und nie wieder darüber sprechen?" "Abgemacht", sagten die anderen fast gleichzeitig.

 

Aber als sie durch den markierten Ausgang gingen, fühlte etwas anders an zwischen ihnen. Die Luft war weniger angespannt, die Stille weniger feindlich. Sie hatten alle verwundbare Teile von sich gezeigt, und niemand hatte gelacht oder geurteilt. Es war ein seltsames Gefühl von... Kameradschaft vielleicht. Der Korridor dahinter führte abwärts, eine lange Steintreppe, die in Dunkelheit verschwand. Sie stiegen hinab vorsichtig, Theron's Licht warf tanzende Schatten auf die Wände. Nach was sich anfühlte wie hundert Stufen, erreichten sie Level drei, und sofort wussten sie, dass dies anders war. Die Luft war kälter hier, so kalt, dass sie ihren Atem sehen konnten, und es roch nach Tod, nach Verwesung, nach Dingen, die längst hätten begraben sein sollen.

 

"Grabkammern", flüsterte Theron und konsultierte seine Karte. "Level drei sind die alten Grabkammern. Hier wurden die Könige der Zivilisation begraben, zusammen mit ihren Wächtern." "Untote?", fragte Aldric mit zitternder Stimme. "Wahrscheinlich", bestätigte Theron. "Skelette, Zombies, vielleicht Ghule, wenn wir Pech haben." "Wir haben immer Pech", sagte Lysandra, aber sie grinste, eindeutig aufgeregt von der Herausforderung. Der Korridor öffnete sich in eine große Kammer, gefüllt mit Sarkophagen – mindestens zwei Dutzend, aufgereiht in Reihen. Jeder Sarkophag war aus schwarzem Stein, bedeckt mit Gravuren und Symbolen. Fackeln an den Wänden brannten mit blauem Feuer, warfen unheimliches Licht, das alles gespenstisch aussehen ließ.

 

"Ich hasse Grabkammern", murmelte Aerion. "Die Toten sollten tot bleiben." Als ob seine Worte ein Signal waren, begannen die Deckel der Sarkophage sich zu bewegen. Stein rieb gegen Stein, und skelettierte Hände griffen über die Ränder. "Natürlich", seufzte Aldric. "Warum sollten die Toten auch tot bleiben." Die Skelette stiegen aus ihren Ruheplätzen – etwa zwanzig von ihnen, trugen Überreste von alter Rüstung und hielten rostige Waffen. Ihre leeren Augenhöhlen glühten mit demselben blauen Licht wie die Fackeln, und ihre Kiefer klapperten, als würden sie versuchen zu sprechen. "Formation!", rief Lysandra und stürmte vor. Aber es gab zu viele, sie kamen von allen Seiten. Die Gruppe wurde schnell umzingelt, kämpfte Rücken an Rücken.

 

Aerion schoss Pfeil nach Pfeil, jeder traf ein Skelett in Kopf oder Brust und ließ sie zusammenbrechen in Knochenklappern. Aber für jeden, den er fällte, schienen zwei mehr zu kommen. Theron warf Feuerbälle mit seiner rechten Hand, die linke hing nutzlos an seiner Seite, und Aerion sah, wie Schmerz sein Gesicht verzog bei jeder Bewegung. Lysandra hieb und hackte, ihr Schwert pfiff durch die Luft, aber selbst sie begann zu ermüden. Aldric heilte, wann immer jemand getroffen wurde, aber seine magische Energie war nicht unendlich. Sie verloren, langsam aber sicher. Ein Skelett kam durch Aerion's Verteidigung, seine rostige Klinge schnitt an Aerion's Seite, riss durch Leder und Haut. Aerion schrie, stolperte, und mehr Skelette drängten vor für den Todesstoß.

 

Dann war Theron da, hatte sich irgendwie zwischen Aerion und die Skelette gedrängt, trotz seiner Verletzung. Er hob seinen Stab und schrie ein Wort der Macht, ein Wort, das die Luft vibrieren ließ. Eine Welle aus purem, weißem Licht explodierte aus ihm, erfüllte die Kammer. Die Skelette schrien – ein hohler, unirdischer Laut – und zerfielen zu Staub, als das Licht sie berührte. Alle von ihnen, gleichzeitig, einfach weg. Stille fiel, gebrochen nur von ihrem schweren Atmen. Theron schwankte, seine Beine gaben nach, und Aerion fing ihn auf, bevor er fallen konnte. "Idiot", keuchte Aerion, während er Theron's Gewicht hielt. "Was war das? Das hat dich fast umgebracht!" "Heilige... Explosion", murmelte Theron, sein Gesicht war grau vor Erschöpfung. "Level fünf... Zauber. Benutzt... gesamte magische... Reserven. Aber... funktioniert gut... gegen Untote."

 

Aerion senkte sie beide zu Boden, hielt Theron gegen seine Brust. "Du hättest sterben können, hättest dich selbst ausgebrannt. Warum?" Theron sah auf zu ihm, die blauen Augen waren matt, aber warm. "Weil... du wärest gestorben... wenn ich nichts... getan hätte. Konnte das nicht... zulassen." Etwas in Aerion's Brust zog sich so fest zusammen, dass es wehtat. Seine Arme schlossen sich fester um Theron, hielten ihn nah. "Du kannst nicht weiter dein Leben für mich riskieren", sagte er verzweifelt. "Das ist... das ergibt keinen Sinn." "Ergibt... perfekten Sinn", murmelte Theron, und seine Augen fielen zu, Erschöpfung holte ihn ein. "Für mich... zumindest."

 

Aldric kam angerannt, seine Hände bereits glühend. "Lass mich ihn sehen." Widerwillig ließ Aerion Theron los, oder versuchte es, aber Theron's Hand hatte sich in Aerion's Tunika verkrallt und ließ nicht los, selbst bewusstlos. Aldric checkte Theron's Puls, hob seine Augenlider. "Er ist okay, nur magisch ausgebrannt. Braucht Ruhe, vielleicht einen Tag, um seine Reserven aufzufüllen." "Einen Tag", wiederholte Lysandra und sah sich in der Grabkammer um. "Können wir hier sicher für einen Tag bleiben?" Aerion sah auch um sich. Die Kammer hatte nur einen Eingang, den, durch den sie gekommen waren, was bedeutete, sie war defensiv gut. "Wir blockieren den Eingang mit einigen Sarkophagen, machen Wachen. Sollte funktionieren." Sie arbeiteten zusammen, schoben drei schwere Sarkophagen vor den Eingang als Barrikade. Dann machten sie ein Lager in der Ecke am weitesten von den Toten entfernt.

 

Aerion nahm freiwillig die erste Wache, zu aufgekratzt, um zu schlafen, zu besorgt, um sich zu entspannen. Theron lag neben ihm, schlafend aber unruhig, murmelte manchmal in Träumen. Aerion fand sich, Theron's Gesicht studierend, wirklich studierend für das erste Mal ohne Angst, erwischt zu werden. Die Art, wie Theron's goldenes Haar über seine Stirn fiel, die Narbe an seiner Schulter, die langsam heilte, die Art, wie seine Lippen leicht geöffnet waren im Schlaf. Er war... schön, musste Aerion zugeben. Nicht auf die kalte, perfekte Weise der meisten Hochelfen, sondern auf eine warme, lebendige Weise. Seine Gedanken wurden unterbrochen, als Theron aufschreckte plötzlich, seine Augen rissen auf in Panik. "Es ist okay", sagte Aerion schnell und legte, ohne nachzudenken, eine beruhigende Hand auf Theron's Brust. "Du bist sicher, nur ein Alptraum." Theron's Atmung verlangsamte sich, seine Augen fokussierten auf Aerion's Gesicht. "Aerion", murmelte er. "Du bist... okay. Gut."

 

"Ich sollte das zu dir sagen", sagte Aerion leise. "Du bist derjenige, der sich selbst fast umgebracht hat." Theron lächelte schwach. "Würde es... wieder tun. Für dich." Die Worte trafen Aerion wie ein physischer Schlag, stahlen ihm den Atem. "Warum?", flüsterte er. "Warum würdest du das tun? Ich bin nur ein Waldelf, den du vor einer Woche getroffen hast. Ich war gemein zu dir, habe dich weggestoßen, habe dir gesagt, dass ich dich hasse." Theron hob seine rechte Hand, die linke war immer noch zu schwach, und berührte Aerion's Wange mit zitternden Fingern. "Weil", sagte er so leise, dass Aerion sich näher beugen musste, um zu hören, "ich glaube nicht... dass du mich hasst. Ich glaube... du hast Angst... mich nicht zu hassen. Und das ist... okay. Ich habe auch Angst."

 

Aerion erstarrte, gefangen in Theron's Blick, gefangen in der Ehrlichkeit dort. Sie waren so nah jetzt, Zentimeter nur, und Aerion konnte Theron's Atem auf seinen Lippen fühlen, warm und leicht nach Kräutern riechend von Aldric's Heiltränken. Für einen verrückten Moment dachte Aerion daran, sich vorzubeugen, die Distanz zu schließen, zu sehen, wie Theron's Lippen schmeckten. Aber dann hustete Aldric laut von der anderen Seite des Lagers – absichtlich oder nicht – und der Moment brach. Aerion zog sich zurück, schnell, sein Gesicht brannte. "Du solltest schlafen", sagte er rau. "Ruhe dich aus." Theron nickte, Enttäuschung flackerte in seinen Augen, aber er sagte nichts. Er schloss die Augen wieder, aber seine Hand suchte Aerion's, fand sie, hielt sie lose.

 

Aerion hätte wegziehen sollen, hätte die Grenze wahren sollen. Aber er tat es nicht. Er saß da, hielt Theron's Hand, und fühlte, wie jede seiner sorgfältig aufgebauten Überzeugungen über Hochelfen und Feindschaft und Unmöglichkeit langsam zerbröckelte wie alter Mörtel. Das war gefährlich, das war dumm, das würde in Tränen enden. Aber Theron's Hand war warm in seiner, und für diesen Moment, nur für diesen Moment, erlaubte Aerion sich zu glauben, dass vielleicht, nur vielleicht, nicht alles unmöglich war.

Sie verbrachten einen ganzen Tag in der Grabkammer, wartend, bis Theron’s magische Reserven sich erholten, und es war der seltsamste Tag, seit sie die Reise begonnen hatten. Nicht, weil etwas Dramatisches passierte, sondern gerade, weil nichts passierte. Sie saßen einfach da, aßen ihre Rationen, unterhielten sich, existierten als Gruppe, statt nur als vier Individuen, die gezwungen waren, zusammenzuarbeiten.

Theron schlief die meiste Zeit, sein Körper heilte sich selbst und füllte seine Magie auf. Aerion hatte die erste und dritte Wache genommen, weigerte sich, mehr als ein paar Stunden weg von Theron zu sein, obwohl er sich selbst sagte, dass das nur war, weil sie Theron brauchten für seine magischen Fähigkeiten. Lysandra und Aldric sagten nichts über Aerion’s offensichtliche Besorgnis, aber er fing sie manchmal dabei, wie sie sich bedeutungsvolle Blicke zuwarfen.

Am zweiten Morgen in der Grabkammer, oder was sie vermuteten, dass Morgen war ohne Sonnenlicht zur Orientierung, wachte Theron endlich auf und sah fast normal aus. Die Farbe war zurück in seinem Gesicht, seine Augen glühten wieder mit ihrer üblichen Lebendigkeit. “Ich lebe noch”, verkündete er unnötigerweise. “Überraschend angenehme Neuigkeit”, sagte Aldric trocken. “Ich hatte schon angefangen, deinen Nachruf zu schreiben. Habe extra die Teil über deine idiotischen, heroischen Tendenzen betont.” Theron grinste unbekümmert. “Ich wusste, dass du mich liebst.”

Sie packten zusammen, bereit weiterzugehen, tiefer in die Katakomben. Aerion half Theron aufstehen, seine Hand unter Theron’s Ellbogen, und keiner von ihnen kommentierte, wie Theron’s Finger sich um Aerion’s Handgelenk schlossen und dort blieben für einen Moment länger als nötig. Das war das neue Normal geworden in den letzten vierundzwanzig Stunden. Die Grabkammer hatte mehr Ausgänge als nur den, durch den sie gekommen waren. Nach einigem Suchen fanden sie eine Tür, versteckt hinter einem besonders großen Sarkophag, markiert mit einem Symbol, das laut Theron “Weg nach unten” bedeutete in der alten Sprache.

Die Tür öffnete sich auf eine Wendeltreppe, noch enger und steiler als die vorherige. Sie stiegen hinab in Dunkelheit, Theron’s Licht warf bizarre Schatten auf die spiralförmigen Wände. Nach hundert Stufen, dann zweihundert – Aerion’s Oberschenkel brannten vom konstanten Abstieg – erreichten sie endlich Level vier. Und Level vier war anders als alles, was sie bisher gesehen hatten. Statt Stein waren die Wände hier aus Kristall, durchsichtig und glühend schwach von innen heraus mit bläulichem Licht. Es war wunderschön und unheimlich gleichzeitig, wie in einem gefrorenen Traum zu sein. “Kristallhöhlen”, flüsterte Theron ehrfürchtig. “Das sind legendäre Kristallhöhlen. Ich dachte, sie wären ein Mythos.” “Was sind Kristallhöhlen?”, fragte Aerion.

“Natürliche magische Formationen”, erklärte Theron und berührte vorsichtig die nächste Wand. “Der Kristall absorbiert und verstärkt Magie. Sehr gefährlich für Magie-Nutzer, weil Zauber hier unvorhersehbar werden können. Sehr wertvoll auch – ein Stück dieses Kristalls würde für Tausende verkaufen.” “Dann nehmen wir etwas mit, wenn wir rausgehen”, sagte Lysandra praktisch. “Falls wir rausgehen”, murmelte Aldric. Sie gingen vorsichtig vorwärts, ihre Schritte hallten in dem kristallenen Raum, mehrfach reflektiert und verzerrt. Aerion sah Bewegungen im Kristall, die sich bewegten unabhängig von ihrer Lichtquelle, und sein Instinkt schrie Gefahr. “Etwas ist hier mit uns”, sagte er leise. “Im Kristall oder hinter dem Kristall. Ich sehe es, kann es aber nicht richtig erfassen.”

Lysandra zog ihr Schwert, ihre Muskeln spannten sich. “Was für ein Etwas?” “Ich weiß nicht”, gestand Aerion frustriert. “Es bewegt sich zu schnell.” Dann explodierte der Kristall neben ihnen, und etwas kam heraus – etwas Großes und Schlangenähnliches mit Haut, die wie Kristall glänzte. Ein Kristallwurm. Aerion erkannte es aus Geschichten. Sie waren selten, tödlich, und jagten durch Vibration. “Nicht bewegen!”, schrie er. “Sie jagen durch Bewegung!” Alle erstarrten, selbst Lysandra, die jeden Instinkt kämpfen musste, still zu stehen. Der Wurm’s kopfloser Körper schlängelte durch die Luft, suchte nach ihnen mit sensorischen Organen, die Aerion nicht sehen konnte. Sekunden dehnten sich, qualvoll langsam. Dann nieste Aldric. Es war ein kleines Niesen, kaum hörbar, aber es war genug. Der Wurm wirbelte herum mit unmöglicher Geschwindigkeit und stürzte auf Aldric zu.

“LAUF!”, brüllte Lysandra, und Chaos brach aus. Sie sprinteten in verschiedene Richtungen, der Wurm verfolgte, seine kristallenen Schuppen klickten gegen Boden und Wände. Aerion schoss Pfeile, während er rannte, aber sie prallten ab von der harten Haut. Theron versuchte einen Feuerzauber, aber der Kristall in den Wänden absorbierte die Magie, und der Zauber explodierte zu früh, zu schwach. “Magie funktioniert nicht richtig hier!”, rief Theron frustriert. Lysandra versuchte, den Wurm zu konfrontieren, ihr Schwert blitzte, aber auch sie konnte kaum Schaden anrichten. Sie waren überfordert, übertroffen in einem Umfeld, das gegen sie arbeitete. Der Wurm schnappte nach Aldric, der stolperte und fiel, sein Heilerstab rollte weg. Der riesige Mund öffnete sich – Reihen über Reihen kristallener Zähne. Aerion’s Herz setzte aus, seine Beine bewegten sich, bevor sein Hirn den Befehl gab. Er sprintete, sprang, landete auf dem Rücken des Wurms.

Das Ding reagierte sofort, begann sich wild zu winden und zu drehen, versuchte Aerion abzuschütteln. Aerion hielt sich fest an den glatten Schuppen, seine Finger fanden Halt zwischen den Platten. Er zog seinen Dolch, grub ihn zwischen zwei Schuppen und hebelte. Die Schuppe brach ab, enthüllte weiches Fleisch darunter. Schwachpunkt gefunden. Der Wurm schrie – ein ohrenbetäubendes Kreischen – und rammte sich gegen die Kristallwände, um Aerion zu zerquetschen. Aerion ließ los im letzten Moment, fiel, rollte. Der Wurm wirbelte wieder herum, ignorierte jetzt alle anderen, fixiert auf Aerion. Gut, dachte Aerion, komm zu mir. Theron verstand sofort, was Aerion tat. Während der Wurm auf Aerion zuschoss, positionierte sich Theron hinter ihm, hob seinen Stab. “Aerion, duck dich!” Aerion ließ sich fallen, flach auf den Boden, und Theron entfesselte seinen Zauber. Ohne den Kristall dazwischen, um zu absorbieren, flog der Eisspeer direkt und traf die Stelle, wo Aerion die Schuppe entfernt hatte. Der Speer bohrte tief, durchstach lebenswichtige Organe. Der Wurm krümmte sich, dann wurde er still. Tot.

Stille fiel über die kristallene Höhle. Aerion lag auf dem Boden, atmete schwer, sein Herz raste. Theron war bei ihm in Sekunden, kniete sich hin, seine Hände betasteten Aerion’s Körper, suchend nach Verletzungen. “Bist du verletzt? Hat er dich getroffen?” “Ich bin okay”, keuchte Aerion. “Nur… außer Atem.” Aber Theron hörte nicht auf, seine Hände bewegten sich über Aerion’s Arme, seine Brust, suchten nach Blut oder Brüchen. Die Berührung war intim auf eine Weise, die nichts mit Heilung zu tun hatte, Theron’s Finger zitterten leicht. “Du hättest sterben können”, sagte Theron, und seine Stimme brach. “Das war so rücksichtslos, so dumm…”

“Sagt der Mann, der sich zweimal für mich geopfert hat”, konterte Aerion und lachte atemlos. “Wir sind beide Idioten, scheint mir.” Theron lachte auch, ein Lachen, das zu nah an einem Schluchzen war. Sie starrten sich an, Zentimeter voneinander entfernt, und Aerion war intensiv bewusst von Theron’s Händen, die immer noch auf seiner Brust ruhten, von Theron’s Atem, der auf seinem Gesicht warm war, von der Art, wie Theron’s Augen zu seinen Lippen wanderten und dort verweilten. Wollen war offensichtlich in diesem Blick, Hunger, und Aerion fühlte etwas in seinem Bauch sich zusammenziehen – etwas Heißes und Prickelndes. “Theron”, flüsterte er, unsicher, was er sagen wollte, unsicher, was er überhaupt wollte.

“Nicht, um die romantische Moment zu unterbrechen”, unterbrach Lysandra laut, “aber können wir aus diesem Level raus, bevor mehr Kristallwürmer entscheiden, uns zu besuchen?” Theron und Aerion trennten sich schnell, beide erröteten. Sie standen auf, klopften Staub ab, vermieden Augenkontakt. Aber als sie weitergingen durch die Kristallhöhlen auf der Suche nach dem Ausgang, ging Theron neben Aerion, und ihre Hände stießen zusammen bei jedem Schritt, manchmal verfingen sich ihre Finger für eine halbe Sekunde, bevor sie sich lösten. Es war Folter und Aerion wusste nicht mehr, wie lange er das aushalten konnte.

Sie fanden schließlich den Ausgang, eine Treppe nach unten, markiert mit leuchtenden Runen. Level fünf wartete, dann sechs, dann sieben und das Artefakt und vielleicht Antworten. Aber Aerion konnte nur an Theron’s Hände denken, an wie sie sich angefühlt hatten auf seiner Haut, und daran, dass er mehr wollte, so viel mehr, Konsequenzen verflucht. Das war schlimm, das war sehr schlimm, aber Aerion begann zu denken, dass vielleicht “schlimm” nicht dasselbe war wie “falsch”.

Level fünf empfing sie mit Hitze, erstickender, brennender Hitze, die so intensiv war, dass Aerion sofort zu schwitzen begann. Der Kontrast zu den eiskalten Kristallhöhlen war brutal – von einer Extremität zur anderen. “Was zur Hölle?”, keuchte Lysandra und zog ihre Rüstung lockerer, die plötzlich wie ein Ofen um ihren Körper fühlte. “Vulkanische Kammern”, sagte Theron und wischte sich Schweiß von der Stirn, seine goldenen Haare klebten bereits an seinem Gesicht. “Die Karte erwähnte es, aber ich hatte gehofft, dass es übertrieben war.” Er konsultierte die Karte mit zitternden Händen. “Wir müssen durch… etwa einen Kilometer durch vulkanisches Gebiet, dann erreichen wir Level sechs.”

“Einen Kilometer”, wiederholte Aldric schwach. “In dieser Hitze. Wunderbar.” Der Korridor vor ihnen glühte orange-rot, beleuchtet von Lava-Flüssen, die an beiden Seiten flossen, eingedämmt nur durch schmale Steinpfade. Die Luft flimmerte von der Hitze, verzerrte alles wie in einem bösen Traum. Aerion konnte kaum atmen, jeder Atemzug fühlte sich an, als würde er Feuer inhalieren. “Wir gehen schnell”, entschied Theron. “Je länger wir hier bleiben, desto gefährlicher wird es. Dehydrierung, Hitzschlag, Erschöpfung – alles reale Gefahren.” Sie tranken aus ihren Wasserschläuchen, so viel sie konnten, bevor sie weitergingen. Der schmale Pfad war tückisch, rutschig von Hitze und Schweiß, und auf beiden Seiten wartete glühende Lava, die alles verschlingen würde, was hineinfiel.

Sie gingen in Einzelreihe, Lysandra vorne, weil sie die stabilste war, dann Aldric, dann Aerion, und Theron am Ende. Nach nur zehn Minuten waren sie alle erschöpft. “Pause”, keuchte Aldric und lehnte sich gegen die Wand – zog seine Hand sofort zurück, weil selbst der Stein brannte. “Nur eine Minute.” Sie hockten sich hin, versuchten zu atmen, versuchten nicht an die Hitze zu denken. Aerion sah zu Theron, der am schlechtesten aussah von allen – sein Gesicht war knallrot, Schweiß lief in Strömen, und seine Hände zitterten. “Geht es dir gut?”, fragte Aerion besorgt. “Kampfroben”, murmelte Theron. “Nicht gemacht… für Hitze. Zu… zu viele Schichten.” Ohne nachzudenken, kroch Aerion zu Theron rüber. “Zieh sie aus”, befahl er. “Die Robe. Du wirst einen Hitzschlag bekommen.”

Theron sah ihn an mit glasigen Augen. “Kann nicht… brauche sie… für Schutz.” “Du brauchst sie nicht, wenn du tot umfällst”, schnappte Aerion. “Jetzt aus damit.” Mit zitternden Händen half er Theron, die schwere, bestickte Robe über den Kopf zu ziehen. Darunter trug Theron nur ein dünnes, weißes Hemd, durchnässt von Schweiß, und Aerion versuchte sehr hart, nicht zu bemerken, wie das Hemd an Theron’s Körper klebte, die Konturen von Muskeln zeigte, die er nicht erwartet hatte. Er zwang sich, wegzusehen, konzentrierte sich auf praktische Dinge. Er nahm etwas Wasser, goss es auf ein Stück Stoff von Theron’s Robe, und drückte es gegen Theron’s Nacken. “Besser?”, fragte er leise.

Theron seufzte, schloss die Augen. “Ja. Danke.” Seine Hand fand Aerion’s, drückte schwach. Lysandra beobachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck, halb amüsiert, halb besorgt. “Ihr zwei”, sagte sie, “seid entweder die süßesten oder die dümmsten Menschen, die ich je getroffen habe. Ich habe noch nicht entschieden, welches.” “Beides”, murmelte Aldric. “Definitiv beides.” Aerion errötete, aber er ließ Theron’s Hand nicht los. Sie ruhten weitere fünf Minuten, dann zwangen sie sich weiterzugehen. Der Pfad wurde schmaler, gefährlicher, und mehrmals mussten sie über Lücken springen, wo die Lava den Stein erodiert hatte. Einmal rutschte Aldric, sein Fuß glitt zur Seite, und nur Lysandra’s schneller Griff verhinderte, dass er in die Lava fiel. “Danke”, keuchte Aldric, blass trotz der Hitze. “Gern geschehen. Jetzt schuldet du mir ein Bier.”

Nach was sich anfühlte wie Stunden, aber wahrscheinlich nur dreißig Minuten war, sahen sie es – eine Steinbrücke über einen besonders breiten Lava-Fluss, und dahinter eine Tür aus Metall, die kühl aussah im Vergleich zu allem anderen. “Fast da”, ermutigte Theron, obwohl seine Stimme schwach war. Sie bewegten sich auf die Brücke zu, aber Aerion’s Späher-Instinkt klingelte Alarm. “Wartet”, sagte er und hob eine Hand. “Die Brücke… seht ihr die Risse? Sie sieht instabil aus.” Er suchte nach einer Alternative, fand keine. “Wir müssen rüber, aber einzeln, und schnell. Zu viel Gewicht könnte sie zum Einsturz bringen.” Lysandra ging zuerst, sprintete über die Brücke mit der Grazie einer Kriegerin. Die Brücke knarrte bedrohlich, aber hielt. Aldric ging als nächster, langsamer, vorsichtiger, und auch er schaffte es.

Aerion ging als dritter, sein Herz hämmerte, seine Augen fixiert auf das andere Ende. Halbwegs über begann die Brücke wirklich zu bröckeln, Steine fielen in die Lava unter ihm mit zischenden Geräuschen. Er rannte die letzten Meter, sprang, landete auf der anderen Seite atemlos. “Theron!”, rief er. “Los, schnell!” Theron begann zu laufen, aber er war schwächer als die anderen, erschöpfter, und langsamer. Die Brücke begann zu kollabieren hinter ihm, ganze Abschnitte fielen weg. “SCHNELLER!”, schrie Aerion, und sein Herz drohte aus seiner Brust zu springen. Theron gab alles, sprintete mit letzter Kraft, aber die Brücke kollabierte schneller. Der letzte Abschnitt gab nach genau, als Theron sprang. Er flog durch die Luft, seine Hände griffen nach dem Rand des sicheren Bodens, fanden Halt, aber sein Körper baumelte über der Lava, seine Beine strampelten im Nichts.

Aerion griff Theron’s Handgelenke. “Ich hab dich”, keuchte er. “Ich hab dich, lass nicht los!” Lysandra war auf der anderen Seite, griff Theron’s andere Hand. Zusammen zogen sie, zogen mit aller Kraft, Muskeln brannten. Theron’s Gewicht war schwer, zu schwer, und Aerion’s Griff begann zu rutschen, Schweiß machte alles glitschig. “Nicht loslassen”, flüsterte Theron, seine Augen trafen Aerion’s. “Bitte… nicht loslassen.” “Niemals”, schwor Aerion, und mit einem letzten verzweifelten Ruck zogen sie Theron hoch über den Rand. Sie alle kollabierten auf dem Boden, keuchend, zitternd. Theron lag auf Aerion, sein Gesicht gegen Aerion’s Schulter gepresst, und Aerion’s Arme waren um ihn geschlossen, hielten fest, weigerten sich loszulassen.

“Das war zu nah”, flüsterte Aldric. “Viel zu nah.” Aerion fühlte Theron zittern gegen ihn, realisierte, dass es nicht nur von Erschöpfung war. Theron weinte – stille Tränen der Erleichterung und nachträglichen Schocks. “Hey”, sagte Aerion leise, nur für Theron’s Ohren. “Hey, du bist okay. Du bist hier, du bist sicher.” Theron nickte gegen seine Schulter, sagte nichts, aber seine Arme schlangen sich um Aerion’s Taille, hielten zurück. Sie blieben so für lange Minuten, niemand sprach, niemand bewegte sich. Schließlich löste sich Theron widerwillig, wischte seine Augen. “Entschuldigung”, murmelte er. “Ich… das war…” “Traumatisch”, beendete Lysandra den Satz. “Keine Entschuldigung nötig. Wir haben alle fast gesehen, wie du gestorben bist. Tränen sind angemessen.”

Sie standen auf, halfen einander, und gingen zu der Metalltür. Als Lysandra sie öffnete, strömte kühle Luft heraus – gesegnete, wunderbare, kühle Luft. Sie stolperten durch, und die Tür schloss sich hinter ihnen. Level sechs. Es war dunkler hier, kälter, die Wände waren aus glattem, schwarzem Obsidian. Eine willkommene Veränderung nach der Hitze. Sie saßen einfach für eine Weile, tranken Wasser, erholten sich. Aerion saß neben Theron, ihre Schultern berührten sich, und keiner von ihnen bewegte sich weg. “Ich dachte, ich hätte dich verloren”, sagte Aerion schließlich, so leise, dass nur Theron es hören konnte. “Ich dachte… als die Brücke zusammenbrach… ich dachte, das war’s.”

Theron drehte den Kopf, sah Aerion an. Ihre Gesichter waren so nah, dass Aerion jeden goldenen Fleck in Theron’s blauen Augen zählen konnte. “Aber du hast mich nicht verloren”, flüsterte Theron. “Du hast mich festgehalten.” “Ich werde dich immer festhalten”, sagte Aerion, und die Worte kamen raus, bevor er sie stoppen konnte, roh und ehrlich. “Ich weiß nicht, wann oder wie das passiert ist, aber… ich kann nicht… ich will nicht ohne dich sein.” Theron’s Atem stockte, seine Augen wurden weit. “Aerion…” “Ich weiß”, unterbrach Aerion schnell. “Ich weiß, dass es kompliziert ist, dass unsere Völker verfeindet sind, dass es wahrscheinlich eine schreckliche Idee ist. Aber ich kann nicht… ich kann nicht mehr so tun, als würde ich nicht…” Er brach ab, fand die Worte nicht.

“Als würdest du nicht was?”, drängte Theron leise. Aerion zwang sich, Theron anzusehen, zwang sich zur Ehrlichkeit. “Als würde ich dich nicht wollen. Als würde ich nicht… Gefühle haben, die ich nicht haben sollte.” Die Stille, die folgte, war qualvoll. Dann lächelte Theron, langsam, ein Lächeln, das sein ganzes Gesicht erhellte wie Sonnenlicht durch Wolken. “Gut”, sagte er einfach. “Weil ich dich auch will. Weil ich auch Gefühle habe, die ich nicht haben sollte. Schon seit Tagen, vielleicht seit dem ersten Moment, als du mich angeschnauzt hast am Nordtor.” Aerion lachte, atemlos, ungläubig. “Wirklich?” “Wirklich”, bestätigte Theron.

Sie sahen sich an, und die Luft zwischen ihnen knisterte mit Möglichkeit, mit Wollen, mit all den unausgesprochenen Dingen. Aerion lehnte sich vor, nur ein bisschen, eine Einladung, eine Frage. Theron lehnte sich auch vor, seine Augen fielen zu Aerion’s Lippen. Zentimeter trennten sie, dann Millimeter, und Aerion’s Herz schlug so laut, dass er sicher war, alle konnten es hören. “Okay”, unterbrach Aldric laut und definitiv absichtlich, “Zeit zu gehen. Level sieben wartet, das Artefakt wartet, und ich möchte wirklich aus diesem verdammten Dungeon raus, bevor ich alt sterbe.” Der Moment zerbrach wieder, wie immer, aber diesmal lächelten sowohl Aerion als auch Theron, frustriert aber auch… glücklich. Weil es jetzt ausgesprochen war, weil sie beide wussten, weil die Wahrheit zwischen ihnen lag wie ein Versprechen.

Sie standen auf, sammelten ihre Sachen, bereit für den letzten Level. Aber als sie durch die Korridore gingen, gingen sie Seite an Seite, ihre Hände stießen zusammen, und diesmal, als ihre Finger sich verfingen, ließen sie nicht los. Sie gingen Hand in Hand, öffentlich, vor den anderen, und es fühlte sich an wie eine Revolution, wie ein Akt der Rebellion gegen alles, was ihnen beigebracht wurde. Lysandra sah zurück, sah ihre verschlungenen Hände, und lächelte – ein echtes, warmes Lächeln. “Endlich”, murmelte sie. “Ich dachte schon, ihr würdet euch nie trauen.”

Aerion errötete, aber er lächelte auch, konnte nicht anders. Theron drückte seine Hand, und Aerion drückte zurück. Level sieben wartete, das Artefakt wartete, Gefahren und Monster und vielleicht der Tod. Aber in diesem Moment, mit Theron’s Hand warm in seiner, fühlte Aerion sich unbesiegbar. Zusammen konnten sie alles schaffen. Zusammen waren sie stärker als jede Feindschaft, jedes Vorurteil, jede Unmöglichkeit. Zusammen waren sie genug.

Level sieben empfing sie nicht mit Monstern oder Fallen, sondern mit Stille – der Art von Stille, die in Aerion’s Erfahrung normalerweise bedeutete, dass etwas Schreckliches gleich passieren würde. Die Kammer war riesig, größer als alle vorherigen, mit einer gewölbten Decke, die so hoch war, dass Theron’s Licht sie kaum erreichte. Die Wände waren aus poliertem Obsidian, schwarz und glänzend wie ein dunkler Spiegel, und warfen verzerrte Reflexionen zurück, die sie alle doppelt so zahlreich aussehen ließen, wie sie waren.

In der Mitte, auf einem Podest aus weißem Marmor, das so hell leuchtete, dass es fast wehtat hinzusehen, lag die Krone der Einheit. Sie war wunderschön anzusehen – silbernes Metall, geflochten wie Zweige eines uralten Baumes, besetzt mit Edelsteinen, die in allen Farben schimmerten, die Aerion je gesehen hat. Aber es war nicht die Schönheit, die ihm den Atem raubte, es war die Macht, die von ihr ausging. Selbst aus zwanzig Metern Entfernung konnte er die Magie spüren, die wie Elektrizität über seine Haut kroch, die Haare an seinen Armen aufstellte, sein Herz schneller schlagen ließ.

“Da ist sie”, flüsterte Theron ehrfürchtig, und seine Stimme klang seltsam in der großen Kammer, hallte leicht. “Die Krone der Einheit. Sie existiert wirklich. Ich hatte… ich hatte halb erwartet, dass die ganze Quest ein aufwendiger Scherz war, ehrlich gesagt.” “Wäre ein ziemlich teurer Scherz gewesen”, murmelte Aldric. “Mit all den Monstern und der Beinahe-Tod-Sache.” “Natürlich existiert sie”, sagte eine neue Stimme hinter ihnen, kalt und amüsiert und definitiv nicht freundlich. “Sonst wäre das hier eine ziemlich enttäuschende Quest gewesen, und wir hätten alle unsere Zeit verschwendet.”

Sie wirbelten herum, Waffen bereits halb gezogen, bevor ihre Gehirne aufholen konnten. Aus den Schatten an den Rändern der Kammer traten Gestalten – viele Gestalten, mindestens zehn von ihnen, vielleicht mehr. Fünf Hochelfen in glänzender, silberner Rüstung, die im Licht von Theron’s Stab funkelte wie flüssiges Metall, fünf Waldelfen in praktischer Lederausrüstung, die für schnelle Bewegung und Bogenschießen gemacht war. Und an der Spitze der beiden Gruppen standen zwei Kommandanten, die sich ansahen.

“Commander Silvain”, sagte Theron, und Aerion hörte den Schock in seiner Stimme. “Was… was macht Ihr hier? Wie seid Ihr…” Er brach ab, als würden ihm die Worte ausgehen. Der Hochelfen-Kommandant – Silvain, anscheinend – war ein hochgewachsener Elf mit eisgrauen Augen, die so kalt waren, dass Aerion sich fragte, ob der Mann überhaupt Emotionen hatte, oder ob er sie alle in einem Glas irgendwo aufbewahrte. Sein Gesicht war streng, mit scharfen Linien und einem Mund, “Dieselbe Frage könnte ich dir stellen, Verräter”, schnappte Silvain. “Aber ich kann es mir denken. Du hast dich mit Waldlingen verbündet, arbeitest Hand in Hand mit dem Feind.” Sein Blick fiel auf Aerion’s und Theron’s Hände, die immer noch verschränkt waren – sie hatten vergessen loszulassen in der Überraschung – und sein Gesicht verzog sich vor purem, unverfälschtem Abscheu. “Noch schlimmer als ich dachte. Du… du hältst Händchen mit einem von ihnen.”

Aerion ließ Theron’s Hand schnell los, fühlte sich plötzlich entlarvt, aber Theron griff nach seiner Hand zurück, hielt fest, weigerte sich loszulassen. “Ja”, sagte Theron. “Ja, das tue ich. Ist das ein Problem, Commander?” “Ein Problem?”, wiederholte Silvain, und er lachte. “Es ist ein Verbrechen gegen deine Rasse, gegen deine Familie, gegen alles, was wir sind. Aber wir können das später besprechen. Nachdem wir dich verhaftet haben.”

Die Waldelfen-Kommandantin, eine Frau mit vernarbtem Gesicht und einem Auge, das milchig-weiß war von einer alten Verletzung, spuckte auf den Boden, daneben von Aerion’s Füßen. “Aerion aus dem Schattenwald-Clan”, sagte sie, und ihre Stimme war rau. “Deine Großmutter würde sich schämen, wenn sie dich jetzt sehen könnte. Mit einem Hochelf herumzuhuren, während unser Volk brennt.” Aerion’s Herz setzte aus, stolperte über sich selbst. “Was… was meinst du mit ‘brennt’? Was ist passiert?” Die Waldelfen-Kommandantin lächelte grausam, und es war kein schönes Lächeln. “Hast du es nicht gehört? Natürlich nicht, du warst zu beschäftigt, diesem goldenen Idioten schöne Augen zu machen und Götter wissen was noch in dunklen Dungeons zu treiben. Vor drei Tagen haben die Hochelfen den Schattenwald angegriffen. Zweihundertfünfzig Tote, darunter viele Älteste, darunter Frauen und Kinder, die nicht kämpfen konnten. Rache, sagten sie, für den Angriff auf ihre Karawane.”

Das war… das war fast ein Viertel seines Clans. “Welchen Angriff?”, schrie Theron, und seine Stimme brach vor Entsetzen. “Wir haben keine Karawane angegriffen! Das ist… das ist Wahnsinn, wir würden nie…” “Natürlich habt ihr das”, sagte Silvain kalt, fast gelangweilt, als würde er über das Wetter sprechen. “Zwanzig Hochelfen-Händler, massakriert an der Nordgrenze vor fünf Tagen. Waldelfen-Pfeile in ihren Körpern, eure Symbole in ihr Blut geschmiert an die Bäume. Was sollten wir anderes tun als Vergeltung üben? Auge um Auge, wie das Gesetz es verlangt.” “Das ist eine Lüge!”, brüllte Aerion, und seine Hand ließ Theron’s endgültig los, griff stattdessen nach seinem Bogen, Finger umschlossen das vertraute Holz wie eine Lebensader. “Wir würden nie… mein Clan würde nie unschuldige Händler töten!”

“Würdet ihr nicht?”, fragte die Waldelfen-Kommandantin, und sie klang fast neugierig. “Oder würden nur einige von euch nicht? Deine Cousins im Östlichen Clan hatten keine solchen Skrupel. Sie haben geschworen, jeden Hochelf zu töten, der ihren Weg kreuzt, haben Rache-Eide auf den Gräbern ihrer Toten geschworen. Kannst du für jeden einzelnen Waldelfen sprechen, Aerion? Kannst du garantieren, dass niemand von uns diese Händler getötet hat?” Aerion öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Er konnte es nicht. Er kannte nicht jeden Waldelfen, konnte nicht für die radikalen Fraktionen sprechen, die er immer als Extremisten abgetan hatte.

Theron sah entsetzt aus, sein Gesicht war weiß wie Schnee. “Das… das ist Krieg. Ihr redet von Krieg zwischen unseren Völkern.” “Wir sind bereits im Krieg, du naiver Dummkopf”, sagte Silvain, und jetzt klang er fast mitleidig, in einer herablassenden Art. “Die Königin hat die volle Mobilisierung befohlen vor zwei Tagen. Jeder kampffähige Hochelf wird eingezogen, jede Ressource wird der Kriegsanstrengung gewidmet. Und jeder Verräter, der mit dem Feind kollaboriert…” Er zog sein Schwert, langsam, das Metall sang, als es aus der Scheide glitt. “…wird als Hochverräter hingerichtet. Öffentlich, als Warnung an andere.”

Die Waldelfen hatten ebenfalls ihre Waffen gezogen – Bögen, Dolche, ein paar Schwerter. Lysandra, Aldric, Aerion und Theron standen Rücken an Rücken in der Mitte, umzingelt von zehn Elite-Kämpfern, die Training und Ausrüstung hatten, und vor allem Zahlen. Die Situation war hoffnungslos, mathematisch unmöglich zu gewinnen. “Wartet!”, rief Theron verzweifelt, und er hob seine Hände in einer beschwörenden Geste. “Das ist Wahnsinn! Können wir nicht einfach…” “Reden?”, unterbrach Silvain, und er schnaubte. “Mit Waldlingen? Mit dem Abschaum, der unsere Händler massakriert hat? Lieber würde ich sterben, und ich würde es als Ehre betrachten.” “Das lässt sich arrangieren”, sagte die Waldelfen-Kommandantin trocken und hob ihren Bogen, legte einen Pfeil auf.

Dann geschah etwas Seltsames, etwas, das niemand erwartet hatte. Die Krone auf dem Podest begann zu beben. Eine Stimme erfüllte die Kammer – mächtig, alt, kommend von überall und nirgendwo gleichzeitig, wie wenn die Wände selbst sprechen würden: “GENUG.”

Alle erstarrten. Waffen wurden halb gesenkt, Köpfe drehten sich zur Krone. Aus einem Licht begann sich etwas zu formen, zu verdichten, nahm eine Gestalt an – ein Elf, aber anders, älter, mit Zügen, die sowohl Waldelfen als auch Hochelfen ähnelten, als wäre er eine Mischung aus beiden, oder vielleicht von vor der Zeit, als die Spaltung geschah. Er war durchsichtig, geisterhaft, aber seine Präsenz war überwältigend. “Ich bin der Hüter”, sagte die Gestalt, und seine Stimme klang müde. “Der letzte Wächter der Krone, gebunden an sie seit tausend Jahren, verdammt zu beobachten, wie eure Völker sich hassen und töten und alles zerstören, wofür meine Generation kämpfte. Und ich habe genug von eurem Hass gesehen, um tausend Lebenszeiten zu füllen und noch Platz übrig zu haben.”

“Ein Geist”, flüsterte Aldric und schob seine Brille hoch, als würde das helfen, die Erscheinung besser zu sehen. “Ein magischer Konstrukt”, korrigierte Theron automatisch, seine akademische Natur konnte nicht anders, als zu kategorisieren. “Eine Projektion, geschaffen von der Krone selbst, wahrscheinlich gespeist von…” Der Hüter lachte bitter, ein Geräusch wie brechendes Glas. “Nennt mich, was ihr wollt. Geist, Konstrukt, Echo eines toten Mannes – die Namen ändern nicht, was ich bin. Aber hört mir an, wenn ihr überhaupt einen Funken Weisheit in euren verdammten Schädeln habt: Die Krone wurde geschaffen, um Frieden zu bringen, nicht durch Zwang oder Magie, die Gedanken kontrolliert, sondern durch Wahrheit. Sie zwingt denjenigen, der sie trägt, die Wahrheit zu sehen – über sich selbst, über andere, über die Welt. Keine Lügen, keine Selbsttäuschung, keine bequemen Geschichten, die ihr euch erzählt, um nachts zu schlafen. Nur pure, unbarmherzige Realität.”

“Dann lass mich sie tragen”, sagte Silvain sofort und trat vor, seine Hand streckte sich aus. “Ich werde der Welt zeigen, dass die Hochelfen im Recht sind, dass die Waldelfen die Aggressoren sind.” “Nein, ich”, sagte die Waldelfen-Kommandantin und schob Silvain zur Seite. “Ich werde beweisen, dass die Waldelfen die wahren Opfer sind, dass die Hochelfen die Mörder sind.”

Der Hüter schüttelte den Kopf, fast mitleidig. “Ihr beide seid zu verblendet von Hass, zu tief in euren eigenen Geschichten gefangen. Die Krone würde euch vernichten, würde eure Geister brechen mit der Last der Wahrheit, die ihr nicht akzeptieren könnt. Nein, sie kann nur von jemandem getragen werden, der…” Seine Augen, leuchtend und durchdringend, wanderten zu Aerion und Theron. “…der bereits begonnen hat, über Hass hinauszuwachsen, der die Möglichkeit gesehen hat, dass der Feind vielleicht doch kein Feind ist.”

“Du meinst die Verräter?”, schnappte Silvain. “Niemals! Lieber lasse ich die Krone hier verrotten!” “Dann bleibt hier und tötet euch gegenseitig”, sagte der Hüter gleichgültig. “Die Krone wird bleiben, unberührt und nutzlos, und eure Völker werden sich gegenseitig auslöschen in einem Krieg ohne Ende, bis nur noch Asche und Knochen übrig sind. Oder…” Er sah direkt zu Aerion und Theron, und sein Blick war durchdringend, sah durch sie hindurch. “…einer von euch kann sie tragen und der Welt die Wahrheit zeigen, alle Wahrheiten, auch die unbequemen. Die Wahl liegt bei euch.”

Aerion und Theron sahen sich an. In Theron’s Augen sah Aerion Angst – echte, tiefe Angst – aber auch den Willen, das Richtige zu tun, egal, was es kostete. “Ich mache es”, sagte Theron. “Nein”, sagte Aerion sofort, ohne nachzudenken. “Ich mache es. Das ist… das ist meine Verantwortung.” “Aerion, du musst nicht…” “Doch, muss ich”, unterbrach Aerion, und plötzlich war alles klar, kristallklar. “Wenn es eine Chance gibt, diesen Krieg zu stoppen, wenn es eine Chance gibt zu beweisen, dass… dass wir beide nicht verrückt sind, dass das zwischen uns…” Er brach ab “Dann muss ich es versuchen.”

Bevor jemand protestieren konnte, bevor er seine eigene Entscheidung überdenken konnte, ging Aerion zum Podest. Die Krone schwebte jetzt, etwa auf Augenhöhe, rotierte langsam, und Aerion konnte die Magie fühlen, die von ihr ausstrahlte, wie Hitze von einem Feuer. Seine Hand zitterte, als er nach ihr griff. “Warte”, sagte der Hüter, und seine Stimme war ernster jetzt, warnender. “Du verstehst nicht, was das bedeutet. Die Krone zeigt nicht nur deine Wahrheit – sie zeigt die Wahrheit aller, die dich ansehen, aller, die in ihrem Radius sind. Jedes Geheimnis, jede Lüge, jeder verborgene Schmerz, jede unterdrückte Erinnerung wird offenbart, projiziert für alle zu sehen. Es wird… unangenehm sein. Sehr unangenehm. Menschen haben ihren Verstand verloren von weniger.”

“Mein ganzes Leben war unangenehm”, sagte Aerion trocken, und irgendwo tief in ihm fand er es fast lustig. “Dann ist das wenigstens ein Unangenehmes mit Zweck.” Er setzte die Krone auf seinen Kopf. Für einen Moment – einen langen Moment – passierte nichts.

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Kurzbeschreibung

In einer Welt wo Magie real ist, leben zwei Elfenvölker in erbitterter Feindschaft. Die Waldelfen und die Hochelfen hassen sich seit zweihundert Jahren - zu viel Blut, zu viel Verrat. Aerion ist ein Waldelf-Bogenschütze der Hochelfen hasst, weil sie seinen Clan verraten haben. Theron ist ein Hochelf-Kampfmagier der an Frieden glaubt. Als beide für eine tödliche Dungeon-Expedition angeheuert werden, müssen sie zusammenarbeiten oder sterben. Durch Kämpfe gegen Monster, durch Nachtwachen und überlebte Gefahren, beginnen die Mauern zu bröckeln. Aus Hass wird Respekt. Aus Respekt wird Freundschaft. Und dann... etwas mehr. Eine Geschichte über Abenteuer, Vorurteile, und Liebe die dort wächst wo sie nie sollte.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Liebe auch in den Genres Abenteuer, Fantasy, Krieg und Freundschaft gelistet.

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