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Sätze: | 42 | |
Wörter: | 637 | |
Zeichen: | 3.643 |
Die Landschaft sauste an mir vorbei. Kalte Grüntöne verschwammen ineinander, abstrakt wie ein Bild gemalt mit Aquarellfarbe.
Der Zug ruckelte ein wenig als er durch eine Kurve fuhr und sich majestätisch einen Weg durch die nun beginnenden Häuserreihen bahnte.
"Nächste Haltestelle: Aachen", ertönte die Durchsage in ihrer streng monotonen Stimme und ein leises Gemurmel schlich durch das Zugabteil. Ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. LEA sang in mein Ohr. Ich will immer nur dich.
Es waren bloß wenige Wochen gewesen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten und trotzdem war mir diese unendlich lange Zeit so vorgekommen, als seien wir Jahre voneinander getrennt gewesen.
Der Herzschmerz war wie eine Brandwunde, dessen Heilung erst in seiner Gegenwart einsetzen konnte. So als sei seine Liebe und Nähe das Heilelixier.
Ich hatte es vermisst, abends neben ihm einzuschlafen, eingekuschelt in Geborgenheit und Zuneigung. Meinen Kopf auf ein Kissen aus Liebe gebettet und mein Körper unter einer Decke aus Vertrauen begraben. Ich hatte es vermisst, morgens neben ihm aufzuwachen. Ich war alleine in einem kalten, leeren Bett erwacht, in meine Decke eingerollt, als wäre sie das einzige gewesen, das mir noch Halt gegeben hatte. Ich hatte es vermisst, ihn "Guten Morgen, mein Schatz" flüstern zu hören, den Schlaf in seiner Stimme, der ihm diesen belegten Unterton verschaffte. Hatte es vermisst, einen liebevollen Kuss geschenkt zu bekommen. Ich hatte niemanden, dem ich beim Frühstück von meinen Träumen berichten konnte.
Doch gleich. Gleich würde der Spuk ein Ende haben. Ich war gleich da.
Ich stand auf, zog meine Kopfhörer heraus und stopfte sie in meine Manteltasche. Anschließend packte ich meinen Koffer beim Griff und ging auf den Gang hinaus. Wie immer versicherte ich mich, ob ich alles dabei hatte.
Der Zug fuhr in gemächlichem Tempo in den Bahnhof ein. Mein Herz raste wie verrückt. So, als würde es meinen Brustkorb sprengen. In meinem Bauch flatterte ein Schwarm Schmetterlinge, dessen Flügel zart über meine Magenwand streichelten.
Mit quietschenden Rädern blieb der Zug stehen. Ein Zischen ertönte und die Türen öffneten sich. Menschenmassen drängelten sich nach draußen, ließen mir keine andere Wahl, als abzuwarten und als letzte auszusteigen. Der kalte Winterwind peitschte mir ins Gesicht. Aber das war mir egal. Nur noch wenige Meter trennten mich von ihm!
"Ich warte auf dem Parkplatz", lautete seine Nachricht. Instinktiv suchte ich nach dem Ausgang, verließ den Bahnsteig und suchte in der Bahnhofhalle nach dem Hintereingang, der zu den Parkplätzen führte. Ich schwebte. Meine Füße tänzelten elegant über den Boden. Der Koffer in meiner Hand war auf einmal nicht mehr lästig. Der Mantel nicht mehr schwer.
Die Glastür war nicht mehr weit entfernt. Ich öffnete sie und stand wieder draußen. Hier war es kälter als zu Hause und trotzdem war mein Herz warm.
Und da sah ich ihn. In seiner typischen schwarzen Jacke stand er da. Die Hände wie immer in die Taschen gesteckt, ein Lächeln im Gesicht, das ich zweifellos zum schönsten Lächeln der Welt küren würde.
Ganz ohne Ausnahme.
Ich ging so schnell mich meine Beine trugen auf ihn zu und umarmte ihn. Sein Duft schien meine Lungen zu betäuben. Er roch nach Zuhause. Seine Hände drückten mich an sich, so als sei ich der Schatz, den er nie wieder verlieren wollte.
"Ich habe dich vermisst", flüsterte ich, umarmte ihn noch stärker, sodass er lachen musste.
"Ich dich auch", murmelte er und drückte mir einen Kuss ins Haar.
Ich löste mich von ihm. Er beugte sich vor und seine Lippen trafen meine, so vorsichtig und neugierig zu gleich, als sei es unser erster Kuss.
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Silly • Am 01.08.2023 um 22:35 Uhr | |
Zauberhaft... ich bin total hingerissen von deiner Schreibweise; besonders die Beschreibung mit den Schmetterlingen im Bauch und die von seinem Duft: Er roch nach Zuhause. Einfach nur wunderbar geschrieben. LG Silly :) |
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BerndMoosecker • Am 01.08.2023 um 13:15 Uhr | |
Liebe Mira, wunderschöne Worte um Sehnsucht und Wiedersehen zu beschreiben, hast Du gefunden. Ich weiß leider nur zu gut, wie es ist, morgens alleine wach zu werden und das "Guten Morgen" zu vermissen. Abend nicht zu kuscheln ist genau so schlimm, aber da kommt irgendwann der Schlaf und macht der Sehnsucht eine Ende. Liebe Grüße Bernd |
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