Seit jenem Abend lag Sirius Remus ständig auf den Ohren.
„Hörst du jetzt mal auf!“, sagte Remus ganz entnervt als er einmal mehr in Küche saß.
„Warum?“, fragte Sirius.
„Weil ich nicht verkuppelt werden will, deshalb!“
„Wer redet denn hier von verkuppeln? Ich will lediglich, dass du nicht immer hier rumsitzt wie ein Trauerklos.“
„Sagt der Mann, der das Haus nicht verlassen darf!“, schloss Remus.
„Genau deshalb ja.“, gab Sirius zu. „Sie hat Interesse für dich gezeigt und du ignorierst sie.“
„Ich ignoriere sie nicht ich bin nur nicht interessiert.“, sagte Remus.
„Ach komm, jedes Mal wenn Tonks hier auftaucht versuchst du es mit Smalltalk, aber dein Blick sagt etwas völlig anderes.“
„Mein Blick sagt, dass ich zu alt, zu arm und zu werwölfisch bin, um soetwas auch nur in Erwägung zu ziehen.“, entgegnete Remus.
„Die alte Leier wieder?“, fragte Sirius.
„Es ist nun mal so. Ich kann mir keine Beziehung leisten. Schon gar nicht mit so jemand ...“
„Na?“ Sirius grinste.
„Mal angenommen ich gehe auf deine wahnwitzige Idee ein, ich wüsste gar nicht, was ich ihr sagen sollte.“
„Remus, du magst ein verschüchterter Werwolf sein, aber soweit ich weiß war reden noch nie dein Problem.“, stichelte Sirius.
„Du warst doch immer derjenige mit den Mädchen.“, konterte Remus.
„Ich bin ja auch ein gut aussehender Typ.“, meinte Sirius ganz ernsthaft. „Was nicht heißen soll, dass du nicht gut aussehen würdest ...“
„Spar es dir, du bist schon in den Fettnapf gefallen.“
„Meine Güte, Remus, gönn dir mal etwas Abwechslung. Mich zu beschatten wird auf lange Sicht auch langweilig.“
Remus verdrehte die Augen. Insgeheim gab er seinem Freund aber recht. Im Grunde saß er hier den ganzen Tag rum und obwohl der Grimmauldplatz Nummer 5 das hiesige Hauptquartier des Ordens war passierte nicht wirklich viel. Selbst dann nicht, wenn Snape vorbei kam und die beiden sich quer durchs ganze Haus beschimpften.
Dennoch fragte sich Remus worüber sie da eigentlich redeten. Voldemort war wieder da und es war wieder so wie damals. Leute verschwanden oder wurden getötet und sie redeten über sein Liebesleben. Als hätten sie nicht ganz andere Probleme.
Remus wechselte immer zwischen dem Grimmauldplatz und seiner Hütte. Jemand musste schließlich die Streuner füttern. Außerdem wollte er während seiner akuten Phasen lieber nicht unter Menschen sein. Der Wolfsbanntrank verhinderte nicht seine Verwandlung, sondern unterdrückte lediglich Symptome wie den Wahnsinn, während seiner Transformation. Darüber hinaus forderten die monatlichen Vewandlungen ihren Tribut in Form von Krankheit. Für ihn fühlte es sich wie ein starker Grippeanfall an, doch eigentlich war es sein Körper, der die Verwandlungen immer schlechter wegsteckte - von Jahr zu Jahr. Jeder Arzt hatte ihm vorraus gesagt, dass er eines Tages an der Entkräftung sterben würde. Der Werwolf war nicht die bloße Kreatur und der Wahn in dem man seinen besten Freund getötet hätte, er griff das Immunsystem an und schwächte Körper und Geist dauerhaft. Es war eine Krankheit an der man langsam zugrunde ging.
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Es war Anfang September und im Grimmauldplatz kehrte langsam wieder Ruhe ein als Harry und die anderen wieder zur Schule gingen. Sirius machte das missmutiger. Vielleicht hatte Askaban diesen Charakterzug verstärkt, doch Sirius war niemand, der einfach nur rumsaß. Er brauchte immer etwas zutun und im Hauptquartier gab es nicht viel, was er hätte anpacken können.
Für Remus machte es das noch komplizierter. Zudem beschlich ihn das Gefühl, dass Dumbledore ihn nur wieder dazugeholt hatte damit Sirius nicht durchdrehte und etwas anstellte. Sein alter Freund verlegte sich verstärkt darauf Snape zu provozieren und legte es auf einen offenen Faustkampf an. Severus war zum Glück bisher klug genug Sirius abgesehen von einigen Spitzfindigkeiten zu ignorieren.
In diesen Zeiten war er tatsächlich froh, wenn Tonks seinen Weg kreuzte. Sie blieb zum Abendessen und erzählte einige Anekdoten aus ihrer Ausbildung bei Mad-Eye.
„Also da war dieser illegale Kreaturenhändler in der Fleet Street. Wir hin, sollten alles beschlagnahmen und so. Mad-Eye, wie immer mit einem riesen Getöse, versucht den Schmuggler weichzuklopfen, sehen wir plötzlich wie sich eines von den Erumpents losreist. Alle losgerannt als sei der Teufel hinter uns her, da dreht sich Mad-Eye plötzlich um ‘Scheiße, ich glaub, ich hab meinen Hut vergessen!’ Rennt wieder zurück und wir sehen nur noch wie das Erumpent ihn vor sich herjagd. Er fällt hin und das Vieh kracht durch die Wand und rauscht quer über die Straße. Da steht Mad-Eye ohne einen Kratzer aus den Trümmern auf und meint nur so ‘Das ist aber ein großes Loch!’“
Sirius prustete los. Remus lachte leise.
Ja, sie war lustig und sympathisch. Er hörte ihr gerne zu. Sirius meinte Remus solle sie einfach mal auf ein Bier einladen, der Rest käme dann schon von alleine. Der hatte gut reden! Selbst wenn man ignorierte, dass er ein Werwolf war, dann war er immer noch viel zu alt. Tonks war Mitte Zwanzig, er kratze schon fast an der Vierzig. Sirius brauchte er da nicht zu fragen.
„Sowas ist doch heute kein Problem mehr.“, meinte er dann immer lässig.
Remus schwieg sich aus. Es war viele Jahre her, dass er soetwas wie eine Beziehung hatte und die scheiterte - wie so vieles - an seinem Zustand. Er hatte sich damit abgefunden. Mit der Einsamkeit. Sein selbst gewähltes Exil in den Wäldern war ihm da inzwischen lieber.
Am Ende dieses Abends wandte sich Tonks unvermittelt an ihn.
„Hast du noch Lust was trinken zu gehen?“, fragte sie ihn unverblümt.
Remus begriff erst gar nicht, was sie von ihm wollte.
„Ich?“
„Ja, du!“, sagte sie.
„Also ich weiß nicht ...“
„Ach komm, nur ein Bier.“
Remus blickte sich hilfesuchend nach Sirius um. Der saß nur lächelnd da und machte seinen Na-los!-Mach-schon!-Blick.
„Na schön.“, ließ sich Remus breitschlagen.
Sie gingen in die Kneipe auf der anderen Seite des Grimmauldplatzes. Tonks bestellte selbstsicher zwei Guiness, während er neben ihr saß und nichts so recht mit ihr anzufangen wusste.
„Sag, warum hast du so ein Interesse an mir?“, fragte er schließlich.
Tonks trank einen Schluck ihres Bieres ehe sie antwortete.
„In Hogwarts hab ich gelernt, dass es für den Freak einfacher ist, wenn er sich mit anderen Freaks abgibt.“, antwortete sie. „Okay, ich hab das neulich vermutlich etwas falsch angegangen. Smalltalk ist nicht so meins.“
„Mmh.“, machte Remus nur.
„Ach komm, Remus, du bist nur halb so schüchtern wie du tust.“
„Ähm ... also ...“, stammelte er.
„Ich seh dich doch. Eigentlich grübelst du schon ewig nach, aber auf Sirius willst du ja auch nicht hören.“
„Hat er dir etwa was gesagt?“, fragte Remus irritiert.
„Ist ja nicht schwer zu erraten worüber ihr Männer euch unterhaltet.“, sagte Tonks halb aus ihrem Glas heraus. „Und ja, ich bin durchaus interessiert.“
„Ich weiß nicht, ob das wirklich eine gute Idee ist.“, sagte Remus.
„Du meinst wegen deines Zustandes? Es gibt durchaus Frauen, die sehen über sowas hinweg.“
„Du weißt nicht, was es bedeudet mit jemanden wie mir etwas anzufangen.“, entgegnete Remus.
„Sirius sagte schon, dass du ein harter Brocken bist.“, meinte Tonks.
„Ich hatte wenige Beziehungen und die sind alle relativ katastrophal geendet. Ich will dir nur unnötiges Leid ersparen.“
Tonks atmete tief und leerte ihr Glas. Sie stand auf und blieb neben Remus stehen. Tonks sah aus als liege ihr etwas auf den Lippen, doch statt zu sagen, was es war, küsste sie ihn unvermittelt auf die Wange. Remus blieb völlig schockiert zurück. Was war da geschehen?
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