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Ade, Ade

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15.07.17 12:41
6 Ab 6 Jahren
Fertiggestellt

„Wir sind Piraten. Wir werden eh schon alle gesucht. Wieso genau pfeifen wir dann nicht einfach auf die Weltregierung und sagen, was wir auf Raftel gesehen haben? Was ist so verkehrt daran, wenn alle wissen, dass …“
„Sei ruhig, Shanks“, unterbrach Rayleigh das Rothaar, „Es ist zu gefährlich. Ich habe dir doch schon erklärt, wieso noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist. Und das mehr als einmal.“
„Hmpf.“ Shanks blies seine Backen auf, um die Luft draus laut schnaubend zu entlassen, während er mit noch größeren Schritten als vorher über Groove 13 stapfte, seinem Käpt’n hinterher, der fröhlich pfiff und nicht beachtete, wie sämtliche Leute, die ihm entgegenkamen, panisch zur Seite wichen. Sein Ruf war ihm auch hier vorausgeeilt.
„Sonst bist du doch auch nicht so schnell eingeschnappt.“ Rayleigh lachte, hielt problemlos mit dem Schiffsjungen Schritt und legte kurz eine Hand auf dessen Kopf. Kurz deshalb, weil Shanks sich unter der Hand wegdrehte und dabei prompt gegen Roger stieß, der abrupt stehengeblieben war.
Langsam rieb sich Shanks den schmerzenden Kopf. Gerade bereute er etwas, nicht eher zurück zur Oro Jackson gegangen zu sein, oder einen anderen Weg zum Schiff genommen zu haben, denn in beiden Fällen wäre er jetzt nicht mit Roger und Rayleigh unterwegs. Und immer wenn er alleine mit seinem Kapitän und dessen rechter Hand unterwegs war – was erstaunlich oft der Fall war, dafür, dass er lediglich ein Lehrling, Schiffsjunge, wie auch immer man es bezeichnen mochte, war –, endete es damit, dass er sich auf irgendeine Weise verletzte.
„Was hast du, Roger?“, wollte Rayleigh wissen, dem der Halt natürlich ebenfalls nicht entgangen war.
Roger grinste nur breit, ehe er sich schließlich bereit war, eine Antwort zu geben: „Das wäre doch ein großartiger Platz für eine Bar.“
„Was?“ Rayleighs Gesichtszüger entgleisten.
„Siehst du diese Mangrovenwurzel dort, die sich über die anderen windet und eine schöne Anhöhe bildet?“ Roger deutete auf die Stelle, die er zu beschreiben versuchte.
Und nicht nur Rayleigh starrte Roger jetzt an, auch Shanks hatte den Blick auf seinen Kapitän gerichtet. Es war selten, dass er sich so gewählt ausdrückte. Sehr, sehr selten.
„Ja, die sehe ich“, antwortete Rayleigh mit einer gewissen Skepsis in der Stimme, die ausdrückte, dass er absolut nicht wusste, was er von Rogers derzeitiger Anwandlung halten sollte.
„Und genau die wäre ein hervorragender Platz für eine Bar. Die Leute sehen sie von weitem und du siehst die Leute von weitem, die zu der Bar wollen. Ein perfekter Platz zum Saufen.“
„Aha“, meinte Rayleigh daraufhin nur, zog dabei eine Augenbraue nach oben. „Wir sollten jetzt aber nicht die bestmöglichen Plätze zum Konsum von Alkohol suchen, sondern zurück zum Schiff. Wir hätten da nämlich schon vor einer halben Stunde sein sollen, wie es ausgemacht war. Deine Leute warten schon.“
„Unsere Leute“, antwortete Roger knapp.
„Nein, deine Leute. Dir folgen sie, ich bin nur der Vize.“
Shanks verdrehte die Augen. Er wusste nicht mehr, wie oft er diese Diskussion schon miterlebt hatte, die immer wieder begann. Jedenfalls fand Shanks sie jedes Mal aufs Neue wieder dämlich. Prompt kassierte er einen Fausthieb auf den Hinterkopf, da seine Geste dem Vize der Roger-Piraten nicht entgangen war.
Jemand begann lautstark zu lachen. Unverkennbar Roger, wie Shanks auch sehen konnte, nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte, sich erneut den schmerzenden Kopf reibend. Shanks schnaubte und ging ohne weitere Worte an seinem Käpt’n und dessen Vize vorbei. Es war doch jedes Mal wieder das gleiche.
Roger lachte noch immer. „Ich glaube, der Schlag hat gut gesessen, Rayleigh.“
„Möglich“, antwortete dieser nur. Klang aber dabei durchaus belustigt.
Shanks spürte, wie er von den beiden beobachtet wurde, ließ sich davon aber nicht stören und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er wusste, die beiden würden ihn nicht aufhalten. Ein Vorteil darin ein Mitglied der Crew des Piratenkönigs zu sein bestand darin, zu gehen zu können, wohin man wollte, solange es sich nicht mit einem Befehl biss. Dementsprechend hieß es auch, dass man nicht zwangsläufig gemeinsam mit Nakama unterwegs sein musste – auch wenn es sinnvoller war, um Überfälle anderer Piraten zu vermeiden.
Shanks überlegte einen Augenblick, welcher Weg der richtige war, als er das Ende des Grooves erreichte, betrat dann aber bereits nach kürzester Bedenkzeit Groove 17. Wenn er sich nicht komplett täuschte, war das der schnellste Weg, zu Groove 21 wo sie ankerten. Und wenn er sich täuschte, würde sein Instinkt ihn immerhin zu etwas Interessantem führen. So war es schließlich auch sonst immer.
‚Groove 19‘ konnte er an einem der Bäume lesen. Der Weg schien tatsächlich zu stimmen, er kam seiner gemütlichen Hängematte immer näher und sein Käpt’n und Rayleigh hatten ihn immer noch nicht eingeholt, was hieß, dass er wegen der Verspätung mit Sicherheit keinen Ärger bekommen würde. Er grinste, rückte dabei seinen Strohhut zurecht.
„Shanks!“
Der Angesprochene drehte sich herum, nur um Buggy zu sehen, der – merkwürdigerweise alleine, ursprünglich war er mit Krokus unterwegs gewesen, wie Shanks wusste – auf ihn zugestürmt kam. Hinter ihm eine Meute extrem blutrünstig wirkender Männer, die allesamt die Schwerter, Pistolen oder andere Waffen gezückt hatten und es offensichtlich auf eine gewisse rotnasige Person abgesehen hatten.
„Hilf mir!“, rief er und rannte an Shanks vorbei.
Dieser zückte sein Schwert und machte sich bereit für seinen Kameraden in die Bresche zu springen, doch dann wurde ihm bewusst, dass er alleine nicht wirklich eine Chance hatte und sein Angriff bestenfalls etwas lächerlich wirken würde, weshalb er es sich binnen Sekunden anders überlegte, die Waffe wieder wegsteckte und Buggy hinterhersprintete. „Ich glaube, das wird nichts“, merkte er kurz und bündig an und konzentrierte sich dann aufs Rennen.
„Wenn du das schon sagst … wir werden sterben!“ Buggy begann zu jammern: „Ich wollte doch noch so viel tun. Eine eigene Bande gründen. Schätze vom Meeresgrund heben. Schätze auf Inseln entdecken. Berühmt werden.“
„Krieg dich wieder ein. Wenn wir schnell genug sind, schaffen wir es noch zum Schiff.“ Zu dumm, dass sie nicht in die andere Richtung gejagt wurden. Sie wären direkt in Roger und Rayleigh gelaufen. Shanks schlug einen Haken in Richtung der 20er Grooves, in der Hoffnung, Buggy würde ihm folgen.
Tatsächlich setzte dieser ihm nicht nur nach, sondern zog sogar an ihm vorbei, was Shanks dazu anspornte, selbst noch schneller zu werden. Ungünstigerweise schienen ihre Verfolger nun ebenfalls einen Zahn zuzulegen.
„Was hast du eigentlich angestellt, Buggy?“ Shanks keuchte.
„Wieso etwas angestellt?“
„Na ohne Grund würden die dir sicher nicht folgen.“
Buggy sprang über eine hervorstehende Wurzel, Shanks setzte ihm mit zwei großen Schritten nach. Sie konnten ihren Vorsprung wieder etwas vergrößern. „Ehm“, setzte Buggy an, redete allerdings nicht weiter.
„Du hast ihnen eine Schatzkarte gestohlen?“, riet Shanks ins Blaue. Er duckte sich, als er unter einer größeren Mangrovenwurzel hindurch rannte, entdeckte einen Spalt und flüchtete hinein, zog dabei seinen Kameraden mit sich.
„Zwei“, grummelte Buggy halblaut, kaum dass sie sich verborgen hatten. Die Meute rannte vorbei, hatte sie zum Glück nicht gesehen.
Shanks begann zu lachen. „Ich hoffe, es lohnt sich wenigstens.“
„Na sicher doch“, entrüstete sich Buggy. „Die Karten sind super!“
Dass sie vielleicht eine Nuance zu laut geworden waren, merkten sie, als ihre Verfolger plötzlich wieder umdrehten und dann dummerweise damit begannen, ihr Versteck zu umzingeln.
„Scheiße.“ Shanks fluchte und suchte nach einem Ausweg. „Wieso ziehst du mich immer in sowas mit rein?“ Die Lücken in der Umzingelung schlossen sich zu schnell, als dass sie nutzbar waren.
„Ich ziehe dich immer in sowas rein?“ Buggy wirkte leicht panisch. „Normalerweise ist es doch immer deine Schuld, wenn wir so enden.“ Vielleicht auch etwas mehr als nur leicht panisch.
Shanks hielt für einen kurzen Augenblick inne. „Wie bitte?“
„Bevor du auf die Idee gekommen bist, dich hier zu verstecken, lief es großartig. Und sonst sind es allgemein immer deine Ideen, die dazu führen, dass wir Prügel kassieren.“ Er setzte an, um wohl die ein oder andere Geschichte aus der Vergangenheit zu erzählen, kam jedoch nicht dazu, zu reden.
„Natürlich.“ Shanks schnaubte und zog dann erneut sein Schwert. „Diskutieren wir das später aus. Wir müssen hier weg.“
„Wenn wir nicht vorher sterben“, schimpfte Buggy, zog aber ebenfalls seine Waffe – eine Pistole. Etwas anderes blieb ihm ohnehin nicht übrig.
„War nett an deiner Seite gekämpft zu haben.“ Shanks grinste, der Pragmatismus hatte nun die Überhand gewonnen, und stürmte auf ihre Gegner los.
„Warum eigentlich immer ich?“, jammerte Buggy, der sich nicht sofort ins Getümmel stürzte und lieber im Hintergrund blieb, um nicht sofort ausgeschaltet zu werden. Nahkampf war nicht gerade seine Stärke. Da änderte es auch nichts daran, dass er seine Teufelsfrucht inzwischen halbwegs beherrschte.
Shanks hob gerade sein Schwert, um einen ersten Hieb auszuteilen, als der Mann vor ihm umkippte. Und der war nicht der Einzige. Gut die Hälfte ihrer Angreifer taten es ihm gleich. Der Rest erstarrte, wirkte verwirrt.
„Was war das?“, rief einer von ihnen.
„Ich glaube, es ist besser, wenn ihr die zwei in Ruhe lasst.“ Rayleigh aus dem Schatten einer Mangrovenwurzel auf.
Shanks schob sein Schwert wieder zurück in den Gürtel und Buggy seufzte erleichtert.
„Und wieso, wenn ich fragen darf?“ Derjenige, der sich jetzt zu Wort meldete, überragte die meisten der Angreifer um gut einen Kopf und war anscheinend der Kapitän der Meute.
„Deswegen.“ Eine Gestalt tauchte neben Rayleigh auf.
„Roger!“, rief jemand.
„Oh, verdammt, das ist der Piratenkönig!“, schrie ein anderer.
Offensichtlich war Rogers blutiger Ruf ihm einmal mehr vorausgeeilt, denn die Männer stoben auseinander und flüchteten, ließen sogar die Bewusstlosen liegen. Lediglich der, der vorher direkt mit Rayleigh gesprochen hatte, blieb stehen und machte sich kampfbereit. Allerdings sinnloserweise, denn Roger stürmte ohne Vorwarnung nach vorne und knockte ihn mit einem gezielten Hieb aus. „Man vergreift sich nicht an meinen Crewmitgliedern“, knurrte er und rieb sich die Faust.
Rayleigh trat ungerührt an ihm vorbei und wandte sich an Shanks und Buggy, von denen einer sehr schuldbewusst, der andere leicht genervt wirkte. „So, was habt ihr beiden jetzt schon wieder angestellt?“, wollte er wissen.
„Nichts“, antwortete Shanks.
„Ähm, genau“, stimmte Buggy ihm schnell zu.
Rayleighs Augenbraue zuckte und Shanks sah die Kopfnuss schon kommen, als sich Roger zwischen sie schob. „Lass sie doch ausnahmsweise mal.“ Er grinste. „Es ist wahrscheinlich eh das letzte Mal, dass wir die beiden vor Schwierigkeiten bewahren konnten.“
„Häh? Wieso?“, wollte Buggy wissen.
„Das hört ihr beide gleich. Wie der Rest der Crew auch“, antwortete Roger nur.
„Wir werden doch nicht rausgeschmissen? Dieses Mal war es wirklich nicht meine Schuld, dass wir Ärger bekommen haben!“ Shanks war entsetzt.
Doch Roger lachte nur, ebenso wie Rayleigh. Letzterer war es, der ihnen schließlich auch antwortete. „Nein, werdet ihr nicht, keine Sorge. Aber es gibt etwas anderes, das der Käpt’n allen mitteilen will und dabei geht es nicht, jedenfalls nicht nur, um euch. Weißt du nicht mehr, was Roger gesagt hat, bevor der Landgang erteilt wurde?“
Buggy seufzte erleichtert, aber Shanks verzog das Gesicht. Rayleighs Worte hatten eine ungutes Gefühl in ihm geweckt, auch wenn er nicht benennen konnte, wieso. Langsam folgte er Roger und Rayleigh, ignorierte dabei Buggy, der nun begann auf ihn einzureden, um zu erzählen, was er mit den Schätzen vorhatte, sobald er sie gefunden hatte.
Dann kam endlich die Oro Jackson, ihr Schiff, in Sicht. Darauf das pure Leben und die pure Freude. Praktisch sofort besserte sich Shanks Stimmung, wahrscheinlich malte sein Unterbewusstsein sich wieder das Düsterste aller möglichen Szenarien aus, während es eigentlich eine ganz einfache Erklärung für Rogers und Rayleighs Kommentare gab. Er grinste wieder. „Kommst du Buggy? Vielleicht kann ich unserem hochverehrtem Smutje dazu überreden uns ausnahmsweise mal etwas Sake zukommen zu lassen.“ Dass ihn Rayleigh hören konnte, war ihm dabei egal. Der Aufgabenbereich ihres Smutjes war nämlich der einzige, in den er sich nicht einmischte.
„Du glaubst doch selbst nicht, dass das klappt.“ Buggy klang skeptisch.
„Aber wieso denn nicht?“ Er griff nach einer der drei Strickleitern, die von der Reling hingen, damit man an Bord kommen konnte, und kletterte geschwind nach oben. Kaum an Deck angekommen ließ er seinen Blick über die Leute schweifen. Es sah so aus, als wären sie tatsächlich die letzten.
Er wartete noch darauf, bis Buggy endlich hier war, ehe er sich langsam in Richtung Kombüse verdrückte. Doch sie kamen nicht einmal bis zur Tür.
„Leute“, meldete sich eine Stimme zu Wort, „Wenn ihr mal alle kurz zuhören würdet?“ Inzwischen war auch Roger an Bord.
Sofort verstummten die Männer. Lediglich Krokus ließ sich von der Bitte ihres Kapitäns überhaupt nicht beeindrucken. „Hast dir aber ganz schön Zeit gelassen, Roger. Wie war das? ‚Um sechs seid ihr alle wieder beim Schiff, ich möchte euch noch was sagen.‘ Sechs war’s vor gut einer Stunde.“
„Ach, du weißt doch, wie das ist, Krokus. Man schlendert hier und da herum, sammelt ein paar Kameraden auf, verliert sie wieder, stößt auf den ein oder anderen Marinesoldaten, verirrt sich mal kurz, entdeckt vielleicht auch eine Piratenbande, die die jüngsten Crewmitglieder durch die Gegend hetzt.“ Sofort war ein Teil der Blicke auf Shanks und Buggy – letzterer wirkte leicht verlegen, während sich Shanks nicht groß davon stören ließ – gerichtet. Gelächter ertönte. „Jedenfalls, sorry für die Verspätung“, schloss Roger.
„Ist ja nicht, so, als wären wir das nicht gewohnt“, murmelte Scopper, der das aber keineswegs bösartig meinte. Und es fasste auch niemand so auf.
„Das kann jetzt nicht alles gewesen sein, was du sagen wolltest“, rief ein anderer ihrem Käpt’n zu. Shanks konnte zwar nicht sehen, wer dieses Mal für den Zwischenruf verantwortlich war, aber er hätte seinen Strohhut darauf verwettet, dass er von Nekoma stammte, denn dessen Stimme war absolut unverkennbar.
„Nein, ist es nicht.“ Roger wurde plötzlich ernst, von seinem Grinsen war keine Spur mehr. „Was ich eigentlich sagen will … danke, dass ihr mich alle bis heute unterstützt habt. Mit mir ist es nicht immer einfach.“
„Nicht immer? Untertreibung“, brummte Rayleigh, der an der Reling unweit von Roger entfernt lehnte. In der Hand hielt er seinen Flachmann, aus dem er sich einen großen Schluck genehmigte.
„Ja, ja“, antwortete der nur, ehe er weiterredete: „Ich denke, es macht keinen Sinn, euch etwas vorzumachen. Ihr wisst alle, dass ich krank bin und ich nicht mehr ewig weitermachen kann, auch wenn man es mir nicht ansieht. Ich werde nicht heute sterben, auch nicht morgen, vielleicht auch nicht in einem Jahr oder zweien, was nicht zuletzt einem großartigen Arzt zu verdanken ist.“ Alle Blicke richteten sich auf Krokus. „Aber ich möchte das nicht auf See tun. Mein Traum ist wahrgeworden und ich habe das Ende der Grandline gesehen. Es ist an der Zeit, dass jeder seinen Traum verfolgt und wahrmacht. Ich möchte noch ein letztes Fest geben und dann …“ Er blickte in die Ferne, auf etwas, das niemand von ihnen sehen konnte. „… und dann ist die Roger-Bande Geschichte.“
„Was, das ist doch nicht dein Ernst, Käpt’n?“
„Genau, es kann doch noch nicht vorbei sein!“
Viele riefen durcheinander, viele waren geschockt. Rayleigh nahm noch einen Schluck, einen größeren als zuvor, es war offensichtlich, dass er vorher gewusst hatte, was Roger sagen wollte. Buggy starrte einfach nur zu Boden. Shanks ließ seinen Blick einfach über seine Kameraden schweifen. Der unangenehme Druck auf seinem Herzen war zurückgekehrt. Er sah, wie Roger einfach nur dastand, seine Mannschaft beobachtete, nichts sagte.
Shanks verstand nicht. Er verstand es einfach nicht. Wieso sagte er nichts? Und wieso wollte er die Bande auflösen? Roger hatte doch selbst gesagt, dass er nicht im Bett sterben wollte, sondern auf See. Dann trafen sich ihre Blicke. Roger grinste ihm zu. Aus den Augenwinkeln konnte Shanks sehen, wie Rayleigh seine Augenbraue hob, wie immer, wenn irgendjemand gleich etwas tun würde, das er selbst nicht guthieß, auch wenn er es dieses Mal wohl aus anderen Gründen tat.
Und Shanks holte kurz Luft und sagte einfach nur: „Wieso meckern? Wieso klagen? Wieso behaupten, dass unser Käpt’n diese Entscheidung grundlos getroffen hat? Der Käpt’n tut nie etwas ohne Grund, auch wenn es manchmal nicht so wirkt … kümmern wir uns lieber darum, dass unser letztes Fest eines wird, an das wir uns alle noch lange erinnern können. Wenn wir uns schon voneinander verabschieden müssen“, er sah Roger noch immer direkt in die Augen, „dann tun wir das richtig.“
Während dieser kurzen Rede war es leise geworden, sodass man eine Stecknadel fallen hören hätte können, was nicht zuletzt daran lag, dass plötzlich Rogers Haki zu spüren war – nicht stark, lediglich so viel, dass ein jeder aufmerksam wurde –, damit ein jeder den letzten Satz verstehen konnte.
„Gut gesprochen, Schiffsjunge“, ließ Seagull verlauten, brach damit das Schweigen und löste damit eine allgemeine Betriebsamkeit aus, auch wenn die betrübliche Stimmung, die jetzt über dem Schiff schwebte damit nicht gänzlich verschwand.
„Allerdings.“
„Ich hol den Sake.“
„Ich baue den Grill auf dem Groove auf. Heh, Smutje, haben wir noch was von dieser leckeren Soße von neulich?“
„Legt mal die Planken aus, die Tische müssen von Bord, auf Deck ist zu wenig Platz, wenn alle im Freien sitzen wollen.“
„Wer war eigentlich für den Einkauf verantwortlich? Das Zeug reicht ja für fünf Feten!“
Shanks grinste Roger, seinem Kapitän, nun an und schob seinen Hut zurecht. Doch das unangenehme Gefühl blieb.

Die Vorbereitungen schritten schnell voran, ein Buffet wurde aufgebaut, Tische herumgetragen, Bänke und Stühle geschleppt. Der Grill wurde entzündet, Fleisch gebraten, andere Köstlichkeiten auf die Tische gestellt, der Sake herausgeholt.
Ein paar Männer griffen nach Instrumenten – eine Trommel, ein Akkordeon, eine Violine, erst eine Gitarre, dann noch einen Bass und sogar ein Tamburin –, um das Fest mit Musik zu untermalen.
Es dämmerte.
 

Ade Ade.
Ade Ade.



Shanks grinste, denn auch wenn der kommende Abschied noch immer schwer auf sein Gemüt drückte, hatte er unter diesen Umständen zumindest eine kleine Flasche Sake ergattern können, ohne dass es – wie sonst – hieß, er sei noch zu jung dafür. Er nahm einen kleinen Schluck, der in seiner Kehle brannte. Das aufkommende Husten unterdrückte er.
Kurzentschlossen stellte er den Sake neben Buggy ab, der bereits an einem der vielen Tische saß und aß. „Hältst du mir den Platz frei?“
Der nickte nur. Sein Mund war zu voll, um zu reden.
„Gut, dann bis gleich.“
Buggy schluckte sein Essen hinunter. „Ja, ja. Aber beeil dich, ewig halte ich ihn dir nicht frei.“
„Ist gut.“
Shanks schlängelte sich durch seine feiernden Nakama, hindurch zum Buffet, ignorierte dabei elegant die Schlange, die sich davor gebildet hatte und wurde erst von Scopper aufgehalten.
„Was glaubst du, was du hier tust?“
„Mir etwas zum Essen holen.“, antwortete er so undschuldig wie nur möglich.
„Und warum stellst du dich nicht an?“
Shanks grinste nur, machte dabei seinem Kapitän Konkurrenz. „Keine Lust.“ Er duckte sich unter dem ausgestreckten Arm Scoppers weg, schnappte sich zwei Fleischspieße, um anschließend wegzurennen.
 

Woher wir kommen, wohin wir gehen,



Nur um gleich darauf in Rayleigh hineinzurennen, der eine Augenbraue hochzog und mit einem beunruhigenden Blick beobachtete, wie Shanks sich wieder aufrappelte.
„Das gute Fleisch“, seufzte der nur, während er auf die völlig mit Erde bedeckten Spieße starrte, ignorierte den Blick seines Vorgesetzten.
„Du hast nicht vor, dich zu entschuldigen, oder?“, wollte Rayleigh wissen.
Shanks nickte daraufhin nur.
„Das nächste Mal, wenn das passiert, hängst du kopfüber vom Mast und jetzt geh und stell dich an, wie alle anderen auch.“
„Aye, aye“, gab Shanks mit einem Grinsen von sich und drehte sich, um wieder in Richtung des Buffets gehen zu können. Auch ohne hinzusehen wusste er, dass Rayleigh die Augen verdrehte.
An allen anderen Tagen hätte er für eine Aktion wie diese größere Rüffel bezogen, aber heute war es ja das letzte Mal, dass sie zusammen feierten.
Sofort war das Grinsen wieder aus Shanks Gesicht gewischt.
 

ob wir uns einmal wiedersehn.



Er ließ seinen Blick über die Meute schweifen.
Scopper, Seagull, Kouzuki, Inuarashi, Nekomamushi und die vielen anderen.
Buggy, Krokus, Rayleigh und natürlich Roger, sein Käpt’n.
Es stand in den Sternen ob und wann er sie das nächste Mal sehen würde.
Gut, Krokus würde ihn und Buggy mit zum Kap der Zwillinge nehmen – etwas das erstaunlich schnell festgestanden hatte –, aber der Rest? Auf einmal schien es wieder unangemessen zu sein, in so einem Moment zu feiern, egal, was er selbst vor ein paar Stunden noch gesagt hatte.
 

Was gestern war, was Morgen wird,
wohin die Zukunft uns auch führt,



Sie hatten so viel gemeinsam erlebt … es wäre komisch, sie nicht mehr jeden Tag zu sehen.
Seit Roger ihn aus dem Meer gefischt hatte, war die Oro Jackson sein Zuhause.
Buggy, der einzige in seinem Alter, wie ein Bruder für ihn. Auch wenn sie sich gerne stritten. Vielleicht auch gerade weil sie sich gerne stritten. Wenn er näher darüber nachdachte, war ihr Verhältnis etwas ungewöhnlich
Roger und Rayleigh waren so etwas wie zwei sehr merkwürdige Väter für ihn.
Eigentlich war nichts hier normal, aber alles Familie.
Er seufzte leise.
Außerdem war es nicht absehbar, was die Zukunft für ihn bereithielt. Die Marine jagte sie verstärkt, seit sie Raftel erreicht hatten und Shanks wusste nicht, ob er alleine eine Chance hatte, sollte er an diese geraten.
Dementsprechend konnte er nicht wirklich behaupten, dass er gute Zukunftsaussichten hatte.
Nichtsdestotrotz brannte er darauf, sich auf dem Meer zu beweisen. Irgendetwas würde die Zukunft schon für ihn bereithalten, hoffte Shanks.
Nein, er wusste es.
 

heut sind wir hier, es ist uns gleich,
das wird ein Fest heut Nacht mit Euch.



Plötzlich stand er am vorderen Ende der Schlange. Er hatte gar nicht gemerkt, wie schnell es eigentlich voranging.
Dieses Mal griff er erst nach einem Teller, dann erneut nach zwei Fleischspießen. Als er entdeckte, dass es sogar Seagulls Kartoffelsalat gab, schaufelte er sich auch davon noch einen Berg auf den Teller. Wenn es den schon gab, musste man das ausnutzen.
Kartoffeln, Salz, Pfeffer, Ei, Essiggurken, Zwiebeln und dann war da noch eine weitere Zutat, die Seagull absolut nicht verraten wollte. Aber eigentlich war es egal, was genau da drin war. Die Hauptsache war, dass es genial schmeckte.
Alleine beim Anblick lief Shanks das Wasser im Mund schon zusammen. Es war Zeit, dass er an seinem Platz kam, um zu essen. Außerdem wartete dort noch seine Flasche Sake auf ihn.
Dies war wahrlich ein Festessen.
Gut, er befand ich auf einem Fest, aber trotzdem. Oder genau deswegen.
Besser war es, er dachte nicht darüber nach, sondern kümmerte sich um seine Portion. Mit etwas Rücksicht auf Buggy – es war sicher nicht gut, ihm den Teller gegen den Kopf zu knallen – und Krokus – hier galt selbiges – setzte sich Shanks auf die Bank.
„Prost!“, rief plötzlich jemand und alle am Tisch hoben die Krüge und Flaschen.
Shanks war nicht schnell genug, den Teller abzustellen und seine Flasche zu heben, hatte sie erst in der Hand, als alle anderen längst getrunken hatte.
Einer grinste, eine andere begann zu lachen, dann war der ganze Tisch sicher erheitert.
Empört blies Shanks die Backen auf, doch als Buggy vor Lachen fast von der Bank kippte konnte er nicht anders und prustete selbst los.
 

Er geht auf uns, der letzte Krug,



Als er die anderen wieder anschauen konnte, ohne erneut in Gelächter auszubrechen, hob er seine Flasche erneut. „Auf uns!“, rief er dieses Mal.
„Auf uns!“, kam es ihm vielstimmig entgegen.
„Und auf dieses Fest!“, rief eine andere Person und ein Krug stieß verspätet gegen Shanks Getränk.
Shanks drehte seinen Kopf zur Seite, um zu sehen, wer das war und fand sich Auge in Auge mit Roger wieder, der ihm nur zuzwinkerte und dann zum nächsten Tisch ging.
 

hört wie das Abenteuer ruft.



Nekoma begann zu erzählen, wie er einst auf hohe See ging, doch Shanks hörte nur mit halbem Ohr zu, hatte er die Geschichte schon tausende Male gehört. Gefühlt zumindest.
Es wäre schon interessant eines Tages eine eigene Bande zu haben. Nicht sofort, aber bald. Und dann bräuchte er einen Smutje, Musiker, Schützen, Geschichtenerzähler. Vor allem letzteres. Besonders wenn er so spannende Dinge wie Nekoma zusammenspinnen konnte.
Es war todsicher, dass sich dieser seine Erzählungen zu großen Teilen nur ausdachte, aber grandios ihnen zu lauschen war es dennoch.
Jedenfalls sofern es eine neue war und man nicht schon vorher wusste, wie sie ausging.
Außerdem wäre es nicht schlecht einen vertrauenswürdigen Vize zu haben, so wie Rayleigh es für Roger war. Vielleicht Buggy.
Irgendwann musste er ihn das einmal fragen.
„Schließlich bin ich zufällig Roger begegnet“, fuhr Nekoma fort, „und von da an, war alles anders. Es bega-“
Er war noch nicht fertig, aber unmelodiöser Gesang übertönte seine Worte problemlos.
 

Singt mit uns aus tausend Kehlen,
singt mit uns auf gute Zeit,



Die Musiker spielten inzwischen ein Seemannslied, das ihnen allen wohlbekannt war. Dass man in diesem Fall lautstark mitsang, war da nur selbstverständlich. Egal wie sicher man die Töne traf oder auch nicht traf.
Das Lied handelte von Anfang und Ende, war dennoch fröhlich, und passte wie Faust auf Auge zu diesem Augenblick.
Shanks schloss die Augen, um dem Gesang seiner Nakama zu lauschen, ehe er bei seinem Lieblingsteil selbst mit einstieg. Sehr zum Leidwesen Buggys, der nicht besonders viel von Shanks Gesang hielt. Sang dieser doch so schief, dass selbst Steine die Flucht ergriffen. Nicht, dass es irgendjemanden außer Buggy störte, denn die anderen sangen auch nicht viel besser.
 

auf die Freundschaft, auf das Leben,
einen Moment in Ewigkeit.



Auf dieses Lied folgte ein anderes, darauf wieder das nächste.
Die Stimmung wurde immer ausgelassene, der Alkohol floss in Strömen und selbst Rayleigh ließ sich dazu überreden ein Lied zum Besten zu geben.  Etwas, das wahrlich Seltenheitswert hatte.
Shanks konnte sich nur an ein Mal gewesen, an dem er Rayleigh singen gehört hatte. Und das war am letzten Geburtstag des Käpt’ns gewesen, als dieser sich das ausdrücklich gewünscht hatte. Rayleigh selbst hatte dem nur äußerst widerwillig zugestimmt, hatte aber auch nicht wiedersprechen können.
Dabei war dies völlig unverständlich, wieso der Vize nie mitsang, war der Vize der Mannschaft doch einer der wenigen, die tatsächlich die Töne trafen.
 

Singt mit uns auf gute Reise,
gleich wohin die Wege gehen,
unser Schicksal wird uns weisen,
dass wir uns eins wiedersehn.



Es wurde leise, als die anderen nach und nach merkten, dass der Vize auch sang. Tatsächlich waren am Ende nur dieser und Roger zu hören.
Und obwohl Roger noch weniger Töne traf als Shanks – laut Buggy ein Ding der Unmöglichkeit –, klang es harmonisch.
Nach und nach stiegen die anderen Crewmitglieder wieder mit ein, was vielleicht auch daran log, dass Rayleigh ihnen allen einen bösen Blick zugeworfen hatte. Und dann, für einen Moment, war es Shanks so, als würde er fliegen. Mit dieser Crew zu feiern war die wahre Freiheit. Und die Gewissheit, dass die Zukunft nur gutes bringen würde, selbst wenn sie sich trennten.
Aber es konnte nicht vorbei sein.
Es war nicht vorbei. Nicht bei einem solchen Zusammenhalt.
Sie würden sich definitiv wiedersehen. Da war er sich absolut sicher.
 

Ade, Ade



Shanks stand auf, um sich noch etwas zu essen zu holen. Das Buffet war noch immer gut gefüllt, da war es nur vernünftig seinem Magen eine zweite, vielleicht später sogar noch eine dritte Portion zu gönnen.
Auch wenn das Essen nur leicht abseits aufgebaut war – man wollte den Weg schließlich kurz halten – war es bereits dort hörbar ruhiger. Man konnte seinen eigenen Gedanken besser lauschen, sie wurden nicht von der Musik übertönt.
Von einem plötzlichen Bedürfnis nach absoluter Stille getrieben stellte Shanks seinen Teller bei der nächstbesten Gelegenheit ab und ging ins Dunkel der Mangroven, ließ den Lärm des Festes endgültig hinter sich.
 

Ade Ade,
Ade Ade,



Nur noch leise war der Gesang, die Musik, das Geklirre der Krüge, die fröhlichen Gespräche zu hören.
Laut entwich die Luft aus Shanks Lungen, als er tief durchatmete. Dabei hielt er die Augen geschlossen. Dann begann er an einer der größeren Mangrovenwurzeln nach oben zu klettern, um sich darauf niederzulassen.
Die Aussicht war von dort aus zwar auch nicht besser, als vom Boden – die Bäume standen im Weg und verdeckten die Sicht –, aber bequemer als einfach herumzustehen, war es allemal.
Langsam zog er sich nach oben, ließ sich dann auf dem Moos nieder. Seinen Kopf lehnte er gegen den Baumstamm. Und er meinte fast, dass der Baum im Takt der Musik des Festes leicht vibrierte.
„Was tust du denn hier?“
Shanks drehte sich gar nicht erst um, die Präsenz war unverkennbar. „Nichts. Und du?“, fragte er.
„Nachsehen, wohin mein Kabinenjunge gegangen ist. Nicht, dass du nochmal in Schwierigkeiten gerätst.“
Shanks lachte. „Nein, Käpt’n, keine Sorge, für heute habe ich genug.“
„Und für die nächsten Wochen, Monate, Jahre?“, wollte Roger wissen.
Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens antwortete Shanks: „Das weiß ich noch nicht.“
„Hm …“ Roger ließ sich neben Shanks nieder. Jetzt schwiegen sie beide, lauschten der fernen Fröhlichkeit.
 

Vergesst die Zeit, vergesst die Welt,



„Roger, darf ich dich etwas fragen?“
„Natürlich“, antwortete der Angesprochene, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
„Wieso willst du doch nicht auf See sterben? Du hast doch vor ein paar Jahren mal gesagt, dass du nicht daheim im Bett dahinvegetieren willst.“ Gegen Ende hin wurde seine Stimme immer leiser, sodass man ihn kaum noch verstehen konnte.
„Ich habe nie gesagt, dass ich am Ende im Bett vor mich hin vegetieren werde, Shanks.“ Rogers Stimme war erstaunlich sanft. „Es gibt nur eine Person, die ich in den letzten Monaten viel zu wenig gesehen habe und mit ihr möchte ich meine letzten Monate verbringen.“
Die Worte sickerten nur langsam zu Shanks durch. Aber sie waren ihm egal. „Ich will nicht, dass all das zu Ende geht, Käpt’n.“ Shanks Stimme zitterte. „Ich will es einfach nicht …“
„Alles hat ein Ende.“
„Aber ich will nicht …“ Shanks schniefte, versuchte es zu verbergen.
„Weißt du, du bist nicht der einzige, dem es so geht. Gerade lachen und feiern sie alle, aber immer wieder zieht sich einer meiner Leute für einen Augenblick zurück, im Gesicht die Trauer stehend. Ich spüre förmlich, dass alle ihren Unwillen darüber, dass dies der letzte gemeinsame Abend, die letzte gemeinsame Nacht sein soll, hinter einer Fassade der Fröhlichkeit verbergen.“
Shanks hatte einen Kloß im Hals, ihm war plötzlich so, als könnte er die weinenden Herzen all seiner Nakama spüren. Die Tränen begannen sein Gesicht hinunterzufließen.
Roger fuhr einfach fort. „Ray hat noch gar nichts dazu gesagt, aber ich weiß, dass es ihm noch schlechter geht als damals, kurz bevor wir Krokus in die Crew aufgenommen haben.“
 

was uns heut Nacht zusammenhält



Roger fuhr fort. „Weißt du, Shanks, eigentlich will ich selbst nicht, dass wir auseinandergehen. Aber man soll es beenden, wenn es am schönsten ist.“
Shanks sah seinen Kapitän an und konnte das erste Mal sehen, dass dieser weinte. Roger war stark. Nie gab er auf, nie drehte er dem Feind den Rücken zu, nie zog er sich zurück. Und nie hatte er Tränen in den Augen. Nur jetzt.
„Außerdem bleibt das, was uns verbindet. Die Liebe zur See, zur Freiheit. Die gemeinsamen Erinnerungen. Und dieses letzte Fest.“
Shanks schwieg noch immer. Sonst war er nie um Worte verlegen, aber gerade wusste er einfach nicht, was er sagen sollte. Es schien keine Wörter geben, mit denen er seine Gedanken ausdrücken konnte.
Er hörte das Rascheln von Kleidung, als Roger aufstand. „Shanks.“
„Ja?“
Roger legte ihm eine Hand auf den Kopf, auf den Strohhut. „Ich glaube, du solltest in naher Zukunft dein Haki trainieren.“
„Bitte was?“ Shanks hatte keine Ahnung, wie sein Kapitän jetzt ausgerechnet auf die Idee kam, er könnte Haki haben.
„Du hast es schon verstanden.“ Roger grinste breit und rutschte auf der Wurzel nach unten, um dann zwischen den Bäumen in Richtung des Festes zu verschwinden.
Shanks blickte ihm nach und griff dabei reflexartig an die Krempe seines – Rogers ehemaligen – Strohhutes. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er sich wieder so weit gesammelt hatte, dass er seinem Kapitän folgen konnte.
Zurück zu den anderen.
Vielleicht vermisste man ihn ja schon.
 

ist der Moment, der Augenblick,



Shanks hatte keine Ahnung, wie lange er weggewesen war. Für ihn war es lange gewesen, aber so wie die anderen aussahen, konnte es kaum länger als ein kurzer Augenblick gewesen sein, was ganz gut so war.
Selbst sein Teller stand noch genau da, wo er ihn abgestellt hatte. Zudem war das Buffet noch nicht komplett geplündert. Oder Seagull hatte noch Nachschub aufgetrieben, wie immer, wenn sie feierten.
Allerdings war ihm der Appetit vergangen. Lediglich gegen ein kleines Schlückchen Sake hätte er jetzt nichts einzuwenden.
Er näherte sich vorsichtig den Flaschen, in denen diese geheiligte Variante von Alkohol aufbewahrt wurde, und streckte seine Hand langsam nach einer von ihnen aus, griff danach, hielt sie schließlich in der Hand, ohne dass ihn jemand aufgehalten hatte.
Mit einem geschickten Handgriff öffnete er sie und nahm einen Zug.
Dieses Mal brannte es fast gar nicht mehr in seiner Kehle.
 

heut hält uns keine Macht zurück.



„Da steckst du ja, ich hab dich schon gesucht.“ Buggy war unvermittelt neben Shanks aufgetaucht. „Nekoma hat vorhin etwas von einem Tanzwettkampf erzählt. Ein paar Leute wollten das ausprobieren und … ach, das musst du dir unbedingt ansehen! Das ist einfach urkomisch.“
„Vielleicht sollte jemand einen gewissen Rayleigh fragen, ob er mitmachen will“, meinte Shanks trocken.
Entgeistert wurde er von Buggy angeschaut. „Bist du völlig bescheuert? Der köpft dich, wenn du ihm das vorschlägst.“
„Meinst du ehrlich?“
„Ja!“
Shanks lachte auf und grinste dann merkwürdig. „Rayleigh!“, rief er, laut genug, dass es dieser hören musste.
Buggy neben ihm stöhnte und hielt sich die Hand vor die Augen.
Doch Shanks grinste nur weiterhin, als sich Rayleigh tatsächlich aus der Menge löste, um auf sie zuzukommen.
„Also,“ setzte er an, „Buggy hatte da eine interessante Idee. Und zwar, dass du …“
„Ich schwöre, ich habe nichts damit zu tun!“, unterbrach Buggy Shanks, wurde jedoch ignoriert.
Die Menge grölte begeistert, als Shanks seinen Satz beendete, wollte Rayleigh tatsächlich tanzen sehen. Shanks kicherte, als Rayleigh die erwartete Tirade ansetzte, wusste genau, dass Buggy sich am liebsten in einem Mauseloch verkriechen würde.
Auch wenn das nicht hieß, dass Buggy ihn später nicht noch eine Abreibung verpassen würde. Oder zumindest versuchte, dies zu tun. Aber das war ja normal bei ihnen.
Völlig normal.
 

Denn wir sind hier, für diese Nacht.



Tatsächlich wurde die Feier als nächstes davon erheitert, wie Shanks von Buggy über das gesamte Groove gejagt wurde, bis sich der Spieß plötzlich umdrehte, auch wenn später niemand rekonstruieren konnte, wie das passiert war.
Es brauchte erneut eine Tirade Rayleighs, um die beiden danach auseinanderzubekommen.
Doch die ersten bekamen dies schon gar nicht mehr mit, waren bereits eingeschlafen, oder hatten sich zurück auf die Oro Jackson verzogen, um ein letztes Mal in ihr zu nächtigen.
Das waren auch diejenigen, die nicht mehr sahen, dass Rayleigh später doch tanzte.
 

Hat uns das Schicksal hergebracht.



„Tanz mit mir“, stimmten die Musiker an, woraufhin Roger die Tanzfläche – also den gesamten Bereich, auf dem keine Tische standen, wobei auch diese von manch anderen mit einbezogen wurden – enterte und kurzerhand seinen Vize mit sich zog.
„Ich glaube, ich spinne“, sagte Buggy, starrte die beiden an.
Roger und Rayleigh wirbelten umher. Und man konnte wirklich nicht sagen, dass es schlecht aussah. Eigentlich tanzten die beiden sogar sehr gut, als würden sie dies öfter tun.
„Ich dachte immer, sollte das passieren, würde Roger führen, nicht Rayleigh“, murmelte Shanks irgendwann.
„Du hast schon mal über sowas nachgedacht?“
„Ja. Wieso auch nicht?“ Shanks zuckte mit den Schultern und hatte plötzlich das Gefühl von allen Seiten entsetzt angesehen zu werden. „Was denn? Es ist doch nichts dabei, miteinander zu tanzen.“
„Mal angenommen, du hättest eine eigene Crew und du wärst der Käpt’n“, fragte Inuarashi, „würdest du das dann auch mit deinem Vizen machen?“
„Klar.“ Shanks zuckte mit den Schultern. „Allerdings würde ich führen.“
Inuarashi lachte.
„Ich würde das nie tun“, meinte Buggy.
„Nee, du kümmerst dich lieber um deine Schätze.“
„Ich sehe, wir verstehen uns.“
„Heute ist ein Wunder geschehen“, kommentierte plötzlich Rayleigh, der sich sichtlich erschöpft auf die Bank neben sie fallen ließ – Shanks hatte gar nicht gemerkt, dass das Lied schon wieder zu Ende war. „Ihr hättet ruhig schon vor ein paar Jahren feststellen können, dass ihr euch einig seid, uneinig in gewissen Dingen zu sein.“
„Nö“, antworteten beide synchron und sahen sich dann an. Der eine wirkte genervt, der andere lachte nur weiter.
Rayleigh seufzte. „Ich weiß nicht, ob ich das vermissen werde, oder nicht.“
„Du wirst es vermissen“, mischte sich Roger ein.
„Ich weiß.“
Buggy hob eine Augenbraue, schaffte es dabei perfekt den Gesichtsausdruck zu kopieren, den Rayleigh so oft aufsetzte und prompt prustete Shanks wieder los.
 

Er geht auf uns, der letzte Krug,



Irgendwann dünnte jedoch auch der harte Kern aus. Die letzten Krüge wurden aneinander gestoßen, die letzten Male prostete man sich zu.
Crewmitglieder zogen sich zurück, um bis zum Morgen doch noch etwas Ruhe zu finden, auch wenn nicht mehr lange bis dahin war, andere brachen gleich auf. Auch wenn dies nur einige wenige taten.
„Später schaffe ich es gar nicht mehr, Abschied zu nehmen. Danke für alles.“
„Danke, dass du mit mir gesegelt bist“, antworte Roger nur.
„Jederzeit wieder, Käpt’n. Jederzeit.“     
Die unausgesprochene Hoffnung, dass dies doch nicht das Ende war, schwang hörbar mit, doch Roger ging nicht darauf an, ließ seinen Mann ziehen, in ein neues Abenteuer ohne ihn.
 

hört wie das Abenteuer ruft.

Singt mit uns aus tausend Kehlen,


singt mit uns auf gute Zeit,

auf die Freundschaft, auf das Leben,


einen Moment in Ewigkeit.

Singt mit uns auf gute Reise,

gleich wohin die Wege gehen,

unser Schicksal wird uns weisen,

dass wir uns einst wiedersehn.

Ade, Ade.

Sei diese Nacht ein Teil von uns



„Das war’s dann“, brummt Roger.
Rayleigh nickt und Shanks schluckt.
Buggy sagt nichts.
 

bis sie uns schlägt, die letzte Stund.



Die Sonne ging auf. Langsam.
 

Alles vergeht, doch das hier bleibt,



Das Groove wurde in goldenes Licht getaucht und für Shanks, der hinter Roger stand und aufs Meer, auf seine ehemaligen Kameraden blickte, wirkte es so, als würde die Sonne für sie eine besondere Aufwartung machen.
 

ein kleines Stück Unendlichkeit.



Roger ließ sie alle ziehen.
Nach und nach.
 

Singt mit uns aus tausend Kehlen,



Wo einst viele waren, waren es bald nur noch wenige.
Manche gingen in kleinen Gruppen, manche alleine.
 

singt mit uns auf gute Zeit,



Waren jedoch alle verbunden durch die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit auf See und ihre Liebe zu ihr.
 

auf die Freundschaft, auf das Leben,



Durch ihre Freundschaft.
 

einen Moment in Ewigkeit.



Durch ihre Träume.
 

Singt mit uns auf gute Reise,



Durch ihren Wunsch nach Freiheit.
 

gleich wohin die Wege gehen,



Durch das Meer selbst.
 

unser Schicksal wird uns weisen,



Shanks beobachtete noch immer, da es für ihn noch nicht ganz an der Zeit war, aufzubrechen. Auch dachte er nach.
Über Schicksal. Zukunft.
Über das, was noch kommen würde.
Man konnte einfach nicht wissen, was jetzt passieren würde. Die Zukunft, das Schicksal; sie beide waren einfach nur ungewiss. Für jeden von ihnen. Es konnte sein, dass sie alle in komplett unterschiedliche Richtungen gezogen würden.
 

dass wir uns einst wiedersehn.



Aber dies hieß ja nicht, dass man sich nie wieder sehen würde. Die Meere waren groß, aber dennoch konnte man sich jederzeit wiederbegegnen.
Es war kein Ding der Unmöglichkeit.
Lediglich jetzt gingen sie getrennte Wege.
 

Ade, Ade.



Dann standen plötzlich nur noch Roger, Rayleigh, Krokus, Buggy und Shanks neben der Oro Jackson. Alle anderen waren weg. Hinfort. Einfach gegangen.
Krokus redete noch mit Roger, gab ihn wohl noch einen oder anderen Hinweis, bezüglich seiner Krankheit, auch wenn er wusste, dass Roger sie ohnehin zu großen Teilen ignorieren würde, wie er es immer tat.
Shanks bekam alles nur noch wie durch Watte mit. Er wusste, dass Buggy auf ihn einredete, konnte aber nicht hören, was dieser sagte.
Bewegte sich wie eine Marionette auf Krokos neues Schiff.

 

Ade Ade,



Shanks schluckte schwer, als das Sabadoy Archipel immer kleiner wurde und schließlich hinter dem Horizont verschwand.
Dieser Abschnitt seines Lebens war nun endgültig vorbei.
 

Ade Ade.






Santiano: Ade, Ade

Ein Jahr später …

„Meinen Schatz wollt ihr? Ihr könnt ihn haben.“ Roger lachte, hatte das für ihn so typische Grinsen im Gesicht. „Sucht ihn doch! Irgendwo habe ich den größten Schatz der Welt versteckt.“
Tränen liefen über Shanks Wangen und zogen dort eine leicht schimmernde Spur. Er konnte sie nicht stoppen und wollte es auch nicht. Er schniefte, wischte sich über die Augen, um sehen zu können, was nun passierte.
Für einen Moment schien sein Käpt’n – dass die Bande nicht mehr existierte war in diesem Moment egal, so egal – ihn direkt anzusehen, er grinste noch immer, dann, nur einen Wimpernschlag später, war alles vorbei. Die Schwerter hatten sich gesenkt, Rogers Kopf war gefallen.
Shanks schluckte, um den Kloß in seinem Hals loszuwerden, jedoch ohne Erfolg. „Ade, mein Käpt‘n“, murmelte er, „Ade.“ Erneut sammelten sich die Tränen in seinen Augenwinkeln, ehe sie begannen über sein Gesicht zu rinnen, erst langsam, dann immer schneller, immer mehr.
Doch niemand sah sie, der Regen ließ sie unsichtbar werden. Der Schatten des tief ins Gesicht gezogenen Strohhuts verbarg die rotgeweinten Augen. Und die, die es auch so erkennen hätten können, wie es in Shanks aussah, waren nicht da, denn seine Kameraden hatten andere Wege gewählt.
Das Schicksal hatte sie nicht mehr zusammengeführt.

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Kapitel: 3
Sätze: 596
Wörter: 7.218
Zeichen: 42.589

Kurzbeschreibung

1499. Einer Piratenbande gelingt es die Welt zu umrunden und Raftel zu erreichen. Doch kaum wieder zurück im Paradies, schon trifft der Käpt’n eine Entscheidung, die für die gesamte Bande nicht ohne Folgen bleibt. Eine Ära geht auf ihr Ende zu.

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