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Kapitel: | 2 | |
Sätze: | 182 | |
Wörter: | 1.959 | |
Zeichen: | 11.321 |
„Und vergiss nicht, dir einen Wecker zu stellen.", drangen die Worte meiner Mutter, durch die verschlossene Zimmertür, in meine Ohren.
„Jaha!", antwortete ich beinahe schon genervt und stellte tatsächlich den Wecker auf 8 Uhr.
Als ob ich das nicht selbst wüsste. Pah. Da ist man krank und dann muss man alles selbst machen! Eltern ey.
Zugegebenermaßen war es nun wirklich nicht der Job meiner Mutter, mir einen Arzttermin klar zu machen, da ich mit meinen 27 Jahren wohl alt genug dafür war, doch dass ausgerechnet mein eigener Hausarzt momentan im Krankenstand war, nervte mich tatsächlich sehr. Ich hasste es nämlich irgendwo anrufen zu müssen, wenn ich dort noch nie war oder allgemein mit fremden Menschen zu telefonieren. Da ich aber beruflich mit dieser Arztpraxis, speziell dieser Ärzte dort, zu tun hatte, wollte ich mir natürlich auch nicht die Blöße geben. Wie hätte das auch ausgesehen, wenn meine Mutter für mich dort angerufen hätte? Das hätte ich mir wirklich nicht ausmalen wollen.
Eine weitere Nacht und somit die Dritte in Folge, geplagt von heftigem Fieber, Schweißausbrüchen, schmerzenden Gliedern und heftigem Stöhnen meinerseits, ging auch diese nach einer gefühlten Ewigkeit zu Ende und ich entschied mich noch vor dem Ertönen des Weckers aufzustehen.
Müde, erschöpft und durchgeschwitzt ging ich ins Badezimmer, erledigte meine Morgentoilette und griff nach dem Fieberthermometer.
„38,8 Grad. Kein Wunder!", murmelte ich vor mich hin und steckte es zurück an seinen Platz.
Nachdem ich jedoch die Hand an meine Stirn gelegt hatte, musste ich feststellen, dass sie sich im Vergleich dazu, relativ kühl anfühlte.
Mürrisch blickte ich auf das andere Thermometer, welches ich schon seit Kindheitstagen gehasst hatte.
Weil mir bewusst war, dass ich aber gewiss nach der aktuellen Temperatur befragt werden würde, atmete ich einige Male tief durch und nahm es schließlich an mich.
„Naja, dann heißt es jetzt wohl Thermometer im Po, Mexiko."
Wie es anders hätte nicht sein können, zeigte dieses Thermometer wenig später natürlich etwas ganz anderes an. Schließlich kannte ich mich selbst nicht mehr aus, denn laut diesem, hätte ich gerade mal erhöhte Temperatur.
Genervt verließ ich das Badezimmer und ging über die Treppen nach unten, um dieses Telefonat einfach irgendwie hinter mich zu bringen.
Und was, wenn sie sagen, dass sie voll sind und ich nicht kommen kann? Ich hab keine Lust zu Dr. Drechsel zu gehen. Da muss ich bestimmt zu dieser dämlichen Ärztin von Bachleiter, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Mit Fremdpatienten kann man es ja machen...
Mir konnte keiner der Ärzte etwas vor machen. Immerhin kannte ich alle möglichen Hausärzte in der Umgebung wie meine Westentasche. Manchmal war es eben doch von Vorteil, wenn man in einem Seniorenheim arbeitete. Naja, zumindest schränkte es die Wahl möglicher Ärzte ein, wenn meiner nicht verfügbar war, was gefühlt nie vor kam. Normalerweise hatte ich auch immer das Glück gehabt, dass ich nie krank wurde, wenn dessen Praxis geschlossen war, doch dieses Mal, hatte ich die große A-Karte gezogen.
Wäre ich nicht so schlecht beieinander und krank gewesen, hätte ich mir dieses ganze Zinnober auf jeden Fall erspart, doch da ich Angst vor einer möglichen Meningitis, also einer Hirnhautentzündung hatte, was haargenau auf meine Symptome passte, blieb mir keine andere Wahl.
Bevor ich mich dazu aufraffen konnte, das Gespräch endlich hinter mich zu bringen, trank ich ein großes Glas Cola, ging auf die Terrasse und zündete mir eine Zigarette an. Klar war das nicht die beste Therapie bei einer Krankheit, doch meine Psyche dankte es mir. Zumindest redete ich mir das ein. Während ich also diese Kippe rauchte, ging ich in Gedanken mit Sicherheit zwanzig mal durch, was ich am Telefon sagen wollte. Allerdings kannte ich mich selbst am Besten und so wusste ich auch, dass ich mir das hätte schenken können.
Bei meinem Glück hau ich dann Sachen raus wie: Hallo mein Name ist Dr. Brem, könnten sie mich bitte behandeln, weil Franziska Urlaub hat? Lieber nicht.. Wobei... Ich werde nie vergessen, als mich der Kerl vom Selbstverteidigungs-Kurs darum bat, ihn nach der Uhrzeit zu fragen und ich allen Ernstes fragte: „Wie viel spät ist es?" Nee, danke. Diese Peinlichkeit möchte ich mir dann doch ersparen.
Entschlossen zog ich ein letztes Mal an meiner Zigarette, ehe ich sie im Aschenbecher ausdrückte und den Weg nach innen Antrat.
Nachdem ich mich auf dem Sessel platziert hatte, einige Male die Nummer gewählt und wieder gelöscht hatte, drückte ich endlich auf wählen und musste mit Bedauern feststellen, dass besetzt war.
Na toll. Jetzt wo ich endlich mal die Eier hatte. Ok Franzi, du kannst es. Tu es!
Entschlossen und gewillt, über meinen eigenen Schatten zu springen, drückte ich erneut die Wahlwiederholung und mehr oder weniger endlich ertönte das Freizeichen.
Es dauerte nicht lange und schon wurde ich von einer freundlichen Stimme am Ende der Leitung begrüßt.
„Gemeinschaftspraxis Dr. Schlotterbeck und Dr. Romanow, Elisa Kirchner am Apparat, was kann ich für sie tun?"
So viele Namen in einem Satz. Ich hätte wahrscheinlich alles durcheinander geschmissen.
Erleichtert darüber, ohne mich zum Affen gemacht zu haben, hatte ich der Dame die ganze Problematik geschildert.
„Ach und jetzt hat er Urlaub? Hmmm. Ich könnte ihnen anbieten... Moment. 12.20 Uhr? Ginge das? Das wäre dann aber nicht bei Frau Dr. Schlotterbeck sondern bei Herrn Dr. Romanow."
Da mir dass Wer in dieser Sekunde völlig egal war, stimmte ich freudig zu und legte wenig später zufrieden auf. Ich war einfach nur heilfroh, überhaupt einen Termin dort in dieser Praxis bekommen zu haben.
12.20 Uhr? Jetzt ist 8.15 Uhr. Das ist ja noch ewig hin bis da!
Da ich sowieso nichts mit meiner Zeit anzufangen wusste, ich aber schon wieder total erschöpft war, ging ich nochmals eine Rauchen und verzupfte mich danach zurück in mein Bett.
Nachdem ich mich gegen halb zehn aufraffen konnte, stieg ich unter die Dusche und setzte mich anschließend zu meiner Mutter an den Frühstückstisch.
„Guten Morgen. Na, hast du schon angerufen?"
Was für eine blöde Frage. Wenn ich jetzt nein sagen würde, könnte ich mich auf eine Moralpredigt gefasst machen. Ich hör sie schon reden... Mimimimi Warum nicht? Dann musst du ewig warten. Du bist doch kein kleines Kind mehr... Mimimimi.
Nix da.
„Ja, ich kann um 12.20 Uhr kommen."
Das Gesicht von meiner Mutter war unbezahlbar. Scheinbar war sie erleichtert und ein Hauch stolz lag auch in ihrem Blick. Gut, vielleicht bildete ich mir das nur ein. Reichte ja schließlich, dass ich selbst stolz auf mich war oder?
„Und wo? Bei Frau Dr. Schlotterbeck?", fragte sie bestens gelaunt.
„Nee, bei Dr. Romanow.", teilte ich ihr beiläufig mit und nippte an meinem Kaffee.
„Was? Ohweh, Schmidis Hassarzt."
Bitte?
„Was, warum?", fragte ich verwundert darüber.
„Na der hat doch mal ihren Vater lahm gelegt."
„Du kommst jetzt aber nicht wieder mit der alten Kamelle von Torasemid Story an oder?", fragte ich lachend.
Damals war der Vater, der besagten Arbeitskollegin meiner Mutter nämlich bei Herrn Dr. Romanow in Behandlung gewesen. Dieser hatte ihm Torasemid, also eine Medikament zur Entwässerung verschrieben. Leider gab es einige unerwünschte Nebenwirkungen. Sein Kreislauf machte die Entwässerung nämlich nicht mit und er hatte deshalb einen Herzstillstand. Zum guten Glück wurde der Mann rechtzeitig reanimiert worden.
„Ja aber war doch so.", protestierte meine Mutter.
„Äh ja und? Tod ist er jetzt auch so und damit hat Dr. Romanow ja wohl gar nix mit zu tun gehabt."
„Stimmt, der ist Mausetot.", meinte sie schließlich und obwohl es markaber war, begannen wir beide herzlich zu lachen. Wir lachten nicht über seinen Tod, eher über die Story mit dem Torasemid. Natürlich war auch das nicht wirklich lustig, aber in Anbetracht dessen, wie Schmidi, also die Kollegin meiner Mam es damals erzählt hatte, trieb es uns heftig die Lachtränen in die Augen.
„Oh scheiße. Außerdem... Jeder Bauer weiß doch, dass man genug trinken muss, wenn man künstlich entwässert wird und das man sich regelmäßig wiegt. Ich meine, wenn ich es nicht checke, dass ich in drei Tagen fast zehn Kilo abnehme, ja mei... dann kann man dem guten Mann auch nicht helfen. Da war er ja wohl selbst daran schuld, da kann man dem Doc ja jetzt auch keinen Vorwurf machen.", verteidigte ich ihn dann mal.
„Ja aber trotzdem. Hat man halt im Hinterkopf. Ich dachte du gehst zu ihr."
„Ist doch völlig egal wo ich hin gehe. Ich kenne beide von der Arbeit und er ist wirklich kompetent und unsere Bewohner lieben ihn. Na gut, hauptsächlich die Frauen."
Wieder begannen wir beide zu lachen. Um meine Mutter ein wenig zu beruhigen, öffnete ich die Internetseite der Praxis und las ihr ein paar Dinge daraus vor.
„Und der ist nicht nur so ein Pfuscharzt wie der Brem sondern einer mit Doktortitel."
„Na und? Kann er ja überall her haben. Wer weiß wo er den geklaut hat.", antwortete meine Mam ganz trocken.
„Er ist Russe und kein Pole!", entfuhr es mir lachend und ich hatte das Gefühl, sie endlich überzeugt zu haben.
„Schau und hier sind Fotos von dem, also mach dich mal locker."
Nachdem sie also auch noch die Fotos angeguckt hatte, erhellte sich ihr Gesicht endgültig.
„Ok, der sieht wirklich total nett aus und hat ein charmantes Lächeln."
„Also! Können wir jetzt einfach... chillen?"
Nickend gab sie endlich Ruhe und ich trank meinen Kaffee aus. Da ich wie die Tage zuvor auch schon keinen Hunger hatte, blieb ich so lange sitzen bis sie zu Ende gegessen hatte. Anschließend verzog ich mich dann ins Wohnzimmer und nutzte die Zeit, um ein bisschen an meinem Handy zu zocken und irgendwie die Zeit zu überbrücken.
Natürlich war ich etwas aufgeregt vor dem Termin, da es mir richtig schlecht ging, ich dort noch nie als Patient war und weil es mir eigentlich gar nicht so recht war, dass ein Arzt mit dem ich beruflich zu tun hatte, meine Krankengeschichte preiszugeben.
Hätte ich mir aber auch echt besser überlegen können vorher. Gibt ja noch andere Ärzte. Den Starke zum Beispiel. Der kommt nur alle Jubelzeiten mal ins Altenheim. Naja, drauf geschissen. Es ist jetzt wie es ist. Bums, Ende aus, Mickie Maus.
Gegen 12 Uhr machte ich mich schließlich auf den Weg. Mit dem Auto war ich innerhalb zehn Minuten bei der Arztpraxis angelangt und musste auch gar nicht lange nach einem Parkplatz Ausschau halten. Währenddes Aussteigen fiel mir gerade noch rechtzeitig ein, dass ich eine Parkscheibe hineinlegen musste.
Noch mal passiert mir das nicht, ihr Lackaffen!
Zufrieden knallte ich die Tür meines blauen Flitzers zu und marschierte in das Gebäude. Um unnötige Belastung für meinen Körper zu vermeiden, zog ich es vor den Aufzug zu nehmen. Theoretisch hätte ich das wohl aber auch getan, hätte ich für das Seniorenheim nur Rezepte holen müssen und hatte deshalb heute mal kein schlechtes Gewissen.
In der Praxis angekommen, wurde ich direkt von einer jungen Dame empfangen.
„Franziska Müller. Ich hab heute Morgen angerufen.", informierte ich sie und überreichte meine Versicherungskarte.
Nachdem ich auch noch eine Datenschutz-Erklärung unterzeichnet hatte, setzte ich mich geduldig ins Wartezimmer. Zu meiner Erleichterung saß außer mir nur eine einzige Frau dort, was mir wirklich gelegen kam. Wer wartete schon gerne eine halbe Zeitepoche in einem Wartezimmer mit zig anderen kranken Menschen?
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Yuki • Am 30.06.2019 um 20:07 Uhr • Mit 2. Kapitel verknüpft | |||
Hey geht erst noch weiter? Warte als, ob da noch was kommt. Bin sehr gespannt | ||||
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