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Die Ballade des Einsamen

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06.03.17 14:28
16 Ab 16 Jahren
Workaholic

Das schaurige Jaulen streifte um die Hütte, in jede Ritze, auf der Suche nach Verderb. Eisige Krallen pochten an der Tür, rüttelten diese in ihren Angeln. Dann schoben sie die schweren Vorhänge zur Seite und die Kälte kroch herein. Zitternd klappte eine junge Frau die aufgerissenen Fensterflügel wieder zu, zerrte mit aller Kraft gegen den Wind, bis sie siegreich war. Danach zog die frischgebackene Mutter die Vorhänge aus geflickten Jutesäcken vor.

Bläulich verfärbte Lippen nuckelten gierig an ihren Mutterknospen und die winzigen Härchen am Köpfchen sträubten sich. Mit schwieligen Fingern strich sie zärtlich über die geröteten Wangen ihres Balges. Das wimmerte erbärmlich, denn ihre Hände durchzog eine Kälte wie es kein fließendes Wasser zu erschaffen vermochte. Die rabenschwarze Mähne kräuselte sich an den Backen und verdeckte die ungewaschene Haut. Das Kindlein schrie gequält, denn es gab nichts mehr zu saugen an der ausgemergelten Mutterbrust.

Der Winter hielt bockig Einzug in die Hütte, da die Ritzen und Spalten von Tür und Dach undicht waren.
Die Windböe des eisigen Feindes fegte ein weiteres Mal in den Raum herein und ließ die Schar darin enger zusammenzurücken.

"Kommt noch ein bisschen näher heran ans Feuer, auch du Novara", sprach der alte Data, welcher in der Mitte des Halbkreises saß, und nickte der jungen Mutter ermutigend zu.

Die Kinderschar folgte seinem Geheiß und näherte sich dem wärmenden Kohlebecken. Dieses versprach Trost in diesen Zeiten.

"Erzähl uns eine Geschichte, Data Dohodam, die vom verhexten Mundschenk!", rief ein rothaariger Bub mutig und blickte zum Greis andächtig auf.

"Ich will aber die Geschichte der roten Königin hören", meinte ein Mädchen und spitzte trotzig ihre Lippen.

"Oder die vom Seeräuber Fafnir", fiel ihr ein dürrer Jüngling enthusiastisch ins Wort.

"Der hat Grollvelf geheißen", berichtigte der Rothaarige den Jüngeren.

Dieser drehte ihm nur die Narrennase.
"Mir doch gleich."

"Haltet ein, meine Guten," tönte der stimmige Ordnungsruf Data Dohodams über die jungen Köpfe.
"Wollt ihr alle einer vergessenen Erzählung lauschen?"

Ein unmissverständlicher Stimmenchor sprach für sich und der Greis legte ein Holzscheit nach. Sein waches Glitzern in den Augen bemitleidete die Mutter, welche vergrämt aus dem verschlossenen Fenster starrte, und verlor für einen Moment den Glanz.
Abermals fegte durch den Türspalt eine heftige Böe herein und winzige schneeweiße Boten zeugten von Väterchen Frost, welcher um das kleine Dorf Vanafall tobte. Eine harte Zeit stand bevor. Der Winter würde dennoch nur die geringste Plage sein. Das wohl!

Datas Mundwinkel spannten sich zu einem breiten Lächeln, sobald er inmitten der kleinen Zuhörer saß.
"Nun denn...", sprach er andächtig, "...so mögt ihr der Erzählung lauschen, als Usgar von den Bergen, welcher von den Bergen war, zu den Vätern eurer Großväter ins Dorf herunter kam."

In andächtigem Bewusstsein horchten die Kinder auf und hoben ihre Köpfe. Der zentrale Stützpfeiler, welcher das Dach trug, ächzte bedrohlich unter seiner Last, ausgesetzt der wankelmütigen Wetterlaune. Aufmerksam spitzten die Zuhörer ihre Ohren - ob der spannenden Erzählung oder einer drohenden Ankündigung eines Unheils über ihnen, war nur zu raten. 

Nicht vor der Finsternis in der Nacht hatten sie Angst. Auch nicht vor dem Gewitter, denn Donner jagten über die Almhügel, als würden die Riesen mit Hinkelsteinen um sich werfen, und immerwährend geleiteten Blitze - gleißend hell wie das Sonnenlicht - das Echo über die Felsen. Kreischende Laute drangen zur Halle des Usgar her, ehe erneut eine Welle des Himmelszornes das Gebirgsmassiv überrollte. Die Angst wich der Furcht. Das Geblöke der Tiere wurde schriller und panischer - hilfloser. Man mochte meinen, ihr Ruf musste die Gottriesen herbeilocken, denn die Herde weilte einige Stunden von ihrem Schäfer entfernt an der Küste.

Der Herr der Drachenhalle, ein zurückgezogener Mensch, welcher in den Bergen lebte, folgte dem Klagen seines Viehs. Sein Leben in dieser steinigen Einöde hing von den Schafen ab, spendeten diese ihm doch Wärme und eine Mahlzeit. Usgar packte die notwendigsten Sachen in einen Beutel, den er sich um die Schultern warf und schritt hinaus in das Unwetter.
Einmal noch besah er sein Heim und sehnte sich an die laue Wärme darin zurück. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass sich seine Hütte von den Behausungen unten im Dorf abhob. Zwar war auch sein Gebäude aus Holz, denn Steinbauten waren in Atagor nur den Drachenfürsten und reichen Handelshäusern vorbehalten, dennoch war es von der Bauweise an die Langhäuser großer Sippen angelehnt.

Als wär es das Gewicht eines Brunnensteines, lastete nach kaum tausend Schritten der durchnässte Pelzmantel aus dem Fell eines Bären auf seinem Buckel. So vollgesogen war dieser vom Regen, dass die Tropfen daran herunterliefen gleich einem Wasserfall.
Kein Fluch etwich des Eremiten Mund, er nahm es ohne Murren hin.

Schmutziges Bergwasser umspülte seine Stiefelkuppen und sammelte sich im See seiner Abdrücke, wenn er weiterstampfte, ehe diese Pfützen sich zu Strömungen vereint, den Hang hinunter ergossen.

Mit zielstrebigem Blick trotzte der hühnenhafte Eremit den Winden, welche dem durchnässten Bart alle Beschaulichkeit nahmen. In seinen Augen leuchtete die Sorge und diese trieb seine Beine zu einem Gewaltmarsch an, welchem selbst die Purpurnen im Heer Tyrrels Respekt gezollt hätten.

Das Klagen war verstummt, als das Unwetter ins Morgengrauen weiterzog. Nebelverhangen ragten die Klippen wie eiserne Stacheln über das Felsplateau hinaus, darunter wetteiferte der hohe Wellengang des Meeres darum, wie hoch die Gischt am Granit hochspritzen konnte.

Noch immer kämpfte Usgar mit dem Wetter, sein Herz raste von der Anstrengung und in seiner Seite malträtierten ihn boshafte Stiche. Atemlos hielt er an einer senkrechten Bergspalte, gern würde er nun rasten und Kraft schöpfen für die kommende Anhöhe, welche es zu bewältigen galt. Und Durst hatte er. Solch schrecklichen Durst.
So formte der Hühne seine rauen Hände zu einer Schale, doch es schien ewig zu dauern, bis erst genügend Tropfen gefallen wären. Soviel Zeit hatte er nicht.
Verzweifel kniete sich der Eremit in den matschigen Boden und schlürfte vom spärlichen Wasserrinnsal, welcher über diese Felsenwand floss.

Mit feuchter Kehle fühlte er sich besser und der Hühne fasste neuen Mut. Weiter ging es, die Pfade und Klettersteige hinauf, bis eine Ebene auftauchte, welche sich im Ozean in die Tiefe erbrach.
Ein Blitz, wohl der Nachzügler des Sturmes, raste zur Erde hinab und erleuchtete die düstere Welt taghell. Flüchtig hoben sich in diesem Moment weiße Konturen zwischen Felsplatten und kargen Grasflächen ab.
Ein Donnern folgte nicht. Stille.
Nur das Rauschen des Meeres.

Der Eremit rannte hin so schnell ihn seine müden Füße trugen. Die salzige Luft prickelte auf seinen Lippen und er kostete mit der Zungenspitze davon, als sei es purer Honig - mit einer gehörigen Spur Bitterkeit - doch Usgar schmeckte da noch etwas. Etwas Süßliches.
Der Erinnerung an den Tod. Sie roch nicht anders, wenn man verwundet auf den Schlachtfeldern verendete und auf den Tod wartete; da nahm man diesen flauen Geschmack am Gaumen ebenso wahr.

Taumelnd kam der Hühne zum Stehen, wo vor ihm das Blut in die Erde sickerte. Schockiert glitt sein Blick über das Massaker und torkelte getroffen zu seinem Jüngsten weiter. Das Lamm lag starr auf einem Felsen und das Weiß der Rippen ragte aus dem toten Fleisch - aufgeschlitzt von Menschenhand. Aufgebracht machte er die Entdeckung, dass die Eingeweide aller anderen seiner jungen Schafe fehlten und nur das verwässerte Blut, welches sich in ein Rotbraun färbte, bot ein trauriges Überbleibsel dieser Schandtat. Die Muttertiere allerdings waren verschwunden. Spuren über deren Verbleib nicht auffindbar.

Der fromme Eremit wagte es nicht den Kopf zu wenden, unkontrollierter Zorn wallte in seinem Herzen auf.

Wer hatte dieses Abschlachten, dieses Gemetzel, veranlasst? Wie konnte man seine Tiere auf eine dermaßen bestialische Art schänden?
Weinend raufte er sich die Haare. Er verstand es nicht.
Nur er, der Hüter dieser heiliger Geschöpfe, war am Leben und hatte in seiner Aufgabe versagt. Ihm wurde schwindelig vom schlechten Gewissen und die Sinne drohten ihm zu schwinden.

Warum hatten die Götter dies zugelassen? Lag ihnen nichts mehr am Schicksal ihrer Schützlinge? Usgar von den Bergen schüttelte den Kopf um diesen bizarren Gadanken schnell zu vertreiben. Sicherlich paktierten die Mörder mit Dämonen, mit Kreaturen aus dem Zwielicht!

Erschüttert von dieser stummen Erkenntnis rutschte er auf die Knie. Murmelnd verfluchte er die bösen Seelen und betete dafür, dass die Rufe der Schafe bei Fyrwall Gehör finden würden.

Dass sein Fortbestand vernichtet worden war, stieg sauer in seinem Rachen auf. Das Leben als Einsiedlers endete. Er konnte sich hier in den Bergen von Nichts ernähren das ihm Nahrung bot, nicht ohne Schafe.
Mit zittrigen Fingern strich er über das schmutzige Fell, welches noch vor wenigen Tagen im reisten Weiß gestrahlt hatte. Liebevoll hob er den kleinen Schädel und blickte getroffen in die leeren Augen. Was waren die Götter blind...

"Ins ewige Gestein sollt ihr verbannt sein! Wo wart ihr, was war euer Tun als dies geschah?", schrie Usgar in den Himmel. Die Riesen blieben einer Antwort schuldig. Wie auch, sie waren tot.

Wankend näherte er sich dem Abgrund. Der Hühne erfasste nur mehr die Welt vor seinen Augen, fühlte sich als wäre er in einem Tunnel und der einzige Weg lag geradeaus. Denn wenn, so würde er seinen Schützlingen folgen.

Dies war die Erfüllung seines Lebens. Endlich offenbarte sich ihm jene nach solch lang ersehnter Zeit, nun wusste er um dieses Geheimnis von dem in Tempeln die Lehren der Geweihten handelten und das gab ihm eine eigenartige Befriedigung.
Jedes Leben hatte einen Sinn, es kam nur darauf an, ob man jenes in Erfüllung verließ.

Die sprudelnde Gischt schäumte, und brach sich mit einem Aufprall am harten Massiv in tosendes Rauschen, welches rhythmisch die Ohren füllte.
Sachte, aber mit tiefer Befriedigung in sich, ließ sich der Eremit vorangleiten, bereit zu fallen.

Da kam plötzlich ein Windstoß auf und schleuderte ihn unsanft zurück auf den harten, glitschigen Stein. Funken schwirrten um seinen Verstand und Usgar war nicht fähig sich zu erheben, weil ihm Schmerzen an der Wirbelsäule zusetzen. Nicht einmal einen Schrei konnte er mit den Lippen formen. Seine Ohren fühlten sich taub und trotzdem vernahm er ein Geräusch, welches stetig an Lautstärke zunahm.

In der Luft knisterte es als stünde der Hühne inmitten eines Feuers und ein Lichball tat sich an der Kante zum Abgrund auf. Violetten Licht strömte in die Zeit zwischen Tag und Nacht, in der das Zwielicht herrschte, und warmer Föhn kam auf.

"Wage es nicht, Usgar! Dein Ruf kann uns noch nicht erreichen. Die Erfüllung deines Lebens hat noch kein Ende gefunden!", erscholl eine tiefe, bebende Stimme aus dem farbigen Nebel.
Zwei leuchtende Amethysten stierten im grellen Glanz den Hirten an. Es war Fyrwall, der Große Riese selbst, welcher auf seinen Anbeter herabblickte.

Die Aura des Weltenwahrers drag in die Seele des Eremiten ein und verbannte die schwarze Brut in ihr und segnete sie mit neuer Hoffnung. Mit dieser wiedergewonnenen Eigenschaft quoll auch Usgars Lebenswille auf.

"Euer Dasein, ich... ich erkenne Euch, Herr Fyr!", flüsterte Usgar mit Staunen, ehe seine Miene doch noch in Zweifel umschlug.
"Wo aber liegt der Sinn, noch hier auf den Bergen zu weilen?", fragte er verunsichert.

Ein kehliges Lachen, gleich einem Erdbeben, ließ das Umland erzittern und poröser Fels rieselte von den Klippen in die Fluten, wo sich die Granitbrocken unter Plätschern auf die Reise zum Meeresgrund machten.

"Es ist weder der Sinn, noch sind es die Berge. Fordere Vergeltung für die Schändung unserer weißen Schöpfung ein, finde die Verantwortlichen - das ist deine Aufgabe. Du bist den Weg Durwalls gegangen, nun gehe hinab in die flachen Lande um diese Mission zu erfüllen, doch folge diesmal einem anderen Weg."

Eine dichte Nebelschwade umhüllte die lichten Schemen des Riesen und nahm ihn mit sich.
Der Eremit blieb allein zurück. Die Kadaver waren verschwunden, nichts als Usgars Erinnerung zeugte noch von der frevelhaften Schlachtung. Seine Tiere blökten zum letzten Mal, das ahnte er. Ihm, Usgar, wollten die Riesen dies nicht gönnen.

Es ging ihm ähnlich wie den Göttern, nur dass er weder das Zwielicht, noch die Menschen mochte. Ihm scheute davor, Kontakt mit diesen aufzunehmen. Fünfzehn Jahre lang hatte er Seinesgleichen nicht mehr gesehen - weil er nicht wollte.
In seinen Augen handelten die Leute eigensinnig und waren von Neid zerfressen. Andersdenkende kamen als Außenseiter in Verruf. Außenseiter wie Usgar es einer war.

***

Drei Tage lang wanderte der einsame Hühne im Schatten der Berge. Nur das Nötigste hatte er aus seiner Halle mitgenommen.
Es waren Stunden im Einklang mit der Natur. Keine Straße führte in die weite Ebene hinab, einzig schmale Pfade des Rotwildes kreuzten dann und wann seinen Weg über Geröllfelder, karge Grashügel und dürre Wälder. Im verlorenen Grün wogen sich Äste und Wipfel in der spätjährlichen Zeit, wenn eine Brise die schlafenden Bäume schüttelte und diese knarzten wie verzogene Fensterflügel.

Schließlich tauchten die Umrisse einer Besiedlung auf. Auf einem Hügel weiter südlich erhob sich ein Turm mit vier stehenden Blättern. Damals, als er in die Berge gezogen war, stand dieses Gebäude noch nicht. Dafür erinnerte er sich, dass solche Bauten von wirtschaftlichem Nutzen waren - Windmühlen wurden diese benannt.
Warum man keine Ochsen mehr an einen Mühlenstein pferchte vermochte Usgar nicht zu verstehen.

Vor der Dornenhecke, welche die morbe Palisade überwucherte, erhoben sich frisch ausgehobene Grabhügel. Tod und Verwesung schwelgten in der Luft.
Eine Schar frecher Krähen krallten sich in die Äste einer dürren Weide, nebst einem Tümpel der mehr einem Morast glich. Es waren boshafte Augen voller Habgier, die Usgar beobachteten. Hier war ihr Jagdgrund.
Ein Revier, auf dem ihr Leichenschmaus dahinmoderte. Spöttisch hieb er mit seinem Wanderstab gegen den niederen Ast. Er grollte dem verfluchten Aasgetier, sie waren unheilvoll wo immer man das schwarze Gefieder sah.

Eine Meute ausgemergelter, spielender Kinder entdeckte ihn zuerst und verschwand - eingeschüchtert von seinen ungekämten Haaren und dem langen Bart - in den schäbigen Unterkünften.
Vielleicht mochte es aber auch Aufgrund des knorrigen Stockes liegen, von dem dutzende aufgefädelte Vogelschnäbel baumelten und bei jedem Schritt schaurig klapperten. Oder es war seine Gewandung - genäht aus dem Fell eines Schwarzbären, die Kopfhaut dessen diente dem Eremiten als Mütze.

Wie ein wilder Wolfshund streunerte er zwischen den scheinbar menschenleeren Hütten umher, spähte in die Fenster und Untersuchte die Gerbplätze. Die Zeit hatte tiefe Spuren hinterlassen. Vieles war nun anders.

Weiße Härchen tollten dort im Windspiel umher, ehe sie im feuchten Dreck landeten. Usgar folgte der Richtung von der sie herwehten und entdeckte noch weitere. Neugierig bückte sich Usgar von den Bergen und wühlte mit den Fingern durch den Schlamm. Hier waren viel mehr versunken. Nasse Leinenfetzen waren an Gestängen zum trocknen aufgehängt worden. Grauen packte den Eremiten in böser Vorahnung, was dahinter verborgen sein könnte.

Er wagte kaum zu atmen, während seine Hand die Stoffe beiseite schob und dutzende saftige, rote Fleischstücke zum Vorschein kam. Ungeniert beugte er sich vor und rümpfte angeekelt seine Nase - Schaffleisch, der Geruch war unverkennbar. In seinem Magen rumorte es vor Übelkeit, noch ehe ihn die Erkenntnis traf, dass dieses heilige Vieh den Dörflen als Mahlzeit dienen würde. Bitter stieg ihm die Galle auf bei dieser Vorstellung.
Nach frischer Luft japsend, torkelte er zurück und riss dabei einen der Fetzen mit sich, welchem er sich fluchend entledigte. Wütend starrte er nochmals das Werk dieser Ketzer an. Je länger er verweilte, desto unheimlicher erschien ihm das Dorf. Es war so still. Seltsam.

Erst jetzt nahm er zur Kenntnis, dass an allen Türen der Hütten seltsame rote Zeichen gemalt waren. Blut, wie Usgar ahnte.
Schließlich fasste er den Mut und klopfte an der Tür des Dorfältesten, zumindest hoffte er, dass jener noch dieses Haus bewohnte, denn seit seinem letzten Besuch mochten die Jahre jenen nicht verschont haben. Die kleine Holzluke öffnete sich und ein misstrauisches Augenpaar lugte hervor.

"Was steigt ein Eremit vom Berg ins Tal?", zischte der junge Mann hinter der Tür.

"Er folgt nur seinen Schäfchen", murmelte Usgar und rasselte mit seinem Stab.

Grummelnd schloss der unmerklich kleinere Mann den Riegel zur Seite und gab den Eintritt frei.
"Komm rein, Usgar von den Bergen, sonst erfasst dich der schwarze Tod."

Sogleich strömte dem Eremiten der Duft getrockneter Zwetschken in die Nase und entspannte sein Gemüt.

"Ich bin Harled, Horleds Sohn. Mein Vater isst im Kohlezimmer", sprach der junge Mann und führte zielstrebig in einen kleinen, von namensgebenden Kohlebecken beheizten Raum.

In einem Schaukelstuhl saß ein gebrechlicher Greis. Kranke Haut nagte an seiner Gesundheit und als er zum Sprechen ansetzte, fehlten die Schneidezähne.

"Wir haben dich beobachtet, Usgar. Du warst schon lange nicht mehr hier unten.", krächzte der Kauz kalt, ohne Begrüßung.

Seine ausgefallenen Zähne erschwerten dem Hühnen das zuhören. Ein paar wenige fahle Strähnen klebten an der schwitzenden Stirn. Der Greis wippte vor und nahm seine Füße aus dem Brühwasser. Harled eilte sogleich herbei und trocknete diese sorgfältig ab.

"Glaub mir, Ältester, ich hätte mich auch weiterhin ferngehalten, wenn ihr nicht meine Lämmer ausgenommen und die fetten Schafe geschlachtet hättet. Es sind die heiligen Tiere der drei Riesen."

"Das mag sein. Doch bedenke: Wo war Durwall als die Krohlen einfielen? Ist es nicht Fyrwalls Aufgabe die Ernten zu schützen. Borwall ist noch immer nicht gekommen, jetzt wo die Pest unserer Leiber verunstaltet! Die Riesen haben uns aufgegeben...
Deshalb-"

"Nicht die Götter, ihr habt den Glauben aufgegeben!", zischte Usgar dazwischen.

"Deshalb erbaten wir den Rat der Rutenweiber", sprach Horled, der Dorfälteste, unbeirrt fort, "Wenngleich sie Schamaninen der Krohlen sind und unsere Götter nicht kennen, so sind auch diese Fellwesen in Gefahr von der Pest angefallen zu werden. Ihr Feuergott sprach zu ihnen durch die Flammen und verlangte das Gedärm heiliger Tiere und junges Blut für die Schutzzeichen."

Der Eremit erbleichte. Zorn mischte sich in seine Züge, die Lippen bebten.

"Rotgar ist ein Dämon, ein Wesen des Zwielichts! Die Krohlen sind seine Brut. Wer ihn anbetet ist ein Frevler, ein Schänder und Mörder!"

"Denkst du, ich sehe zu, bis es mehr Grabhügel als Menschen in Vanafall gibt?", entgegnete der Dorfälteste erbost.

Usgar schüttelte seinen Kopf. Ein Lächeln der Traurigkeit umspielte schwach die Mundwinkel. Er mochte nicht verstehen, wie sich Menschen bogen wie ein Grashalm dem Wind. Wären bloß mehr wie eine stramme Eiche!

"Ich biete dir unsere zwei Pferde als Wiedergutmachung an. Es war Unrecht - wir hätten anders handeln können, das sehe ich jetzt ein. Verzeih bitte unsere Not, Usgar. Tausche die Rappen in Sandoor oder im Tempel des Fyrwall für eine neue Herde um, sie sind zwar abgemagert durch die schlechte Ernte, aber von guter Rasse.", sprach der Greis und schlug einen versöhnlichen Ton an.

"Nein, Ältester. Für eine Schändung der heiligen Schafe kann es keine Wiedergutmachung geben, nur Rache. Über eure Not sehe ich hinweg - auch weil ihr in die Fänge krohler Schamaninen geraten seid. Doch der Verrat am wahren Glauben ist unverzeihlich.", giftete der Eremit zurück und wandte sich grußlos um.
Tatbewusst trat der junge Mann vor die Türschwelle.

"Tritt zur Seite junger Mann und lass mich den Weg der göttlichen Rache gehen. Diesmal kann es keine Versöhnung geben!"

Eingeschüchtert trat der doch eher mutfremde Harled zur Seite. Fragend blickte er zu seinem Vater, doch dessen Augenglanz schweifte in anderer Welt. Horled wirkte, von Reue zerrüttet, um ein weiteres Jahrzehnt gealtert.

"Fyrwall lehrt Versöhnung, komm zurück ... Bruder!", fasste sich der Dorfälteste doch noch in letzte Worte, aber Usgar von den Bergen hörte ihn schon nicht mehr und marschierte über den dreckigen Dorfplatz hinaus aus Vanafall - welches seinetwegen die Pest auslöschen konnte. Ja, gar wäre ihm das eine Befriedigung.

***

Bald hatte der einsame Hühne das Dorf verlassen und sich in der weitläufigen Ebene wiedergefunden. Es trieb ihn über geerntete Felder, karges Grasland und ausgefahrene Straßen. Er mied tagsüber den Kontakt mit Menschen, Krohlen bekam er keine zu Gesicht.
Das würde sich ändern. Vor ihm hatte dieses Volk Rechenschaft abzulegen. Es musste büßen! Auge um Auge, Zahn um Zahn und Blut für Blut!

Ein Donnerhall fegte über das Land und war Vorbote des Regenschauers, welcher Usgars Gefährte in den kommenden Tagen sein wollte. Missmutig akzeptierte jener diese Entscheidung. Immerhin wiederspiegelte das Gewitter seine Laune und nährte das Ansinnen nach Rache. 

"Die Krohlen, sind das die Menschen, die uns im Herbst Gerste und Hafer abkaufen?", fragte ein mageres Mädchen und beäugte den Erzähler skeptisch.

Dieser schüttelte traurig den Kopf. 
"Nein, mein Kind. Sie nehmen es sich einfach, denn wir sind ihnen tributpflichtig."

"Und sie sind keine Menschen!", platze es dem Burschen mit dem roten Haarschopf heraus.

Kaum verstummten seine Lippen, sank die Stimmung der Schar. Sie alle fürchteten sich vor den Dämonanbetern. Sie hassten sie. 
Wehmütig seufzte der Erzähler. Er war dem Hass leid, welcher seit Generationen die Völker bluten ließ. Dutzende Male hat sich der Süden Atagors gegen die Eindringlinge gewehrt. 
Einmal, so hatte es ihm sein Großvater weitererzählt, verbündeten sich die großen Dörfer Vanafall und Midfall mit dem Fürsten von Hijndaar und schlugen die Brut Rotgars bis an die Erzdorne zurück. Einige Zeit später wurde an den Überresten der ersten Kupferdorne eine Festung errichtet. Dann waren die Menschen wieder für Monate und Jahre frei und von Stolz, ehe sich abermals krohle Heerscharen über den Brüderstrom wagten. 
Ihr diesjähriger Eroberungszug war grausam - selbst für ihre barbarischen Verhältnisse. Mehr als ein Dutzend Dörfer waren samt Einwohner dem Erdboden gleich gemacht worden. Selbst Sandoor, das Bollwerk des Drachenfürsten fiel an die Krohlen. Der Fürst war im Exil. Nur wenige Siedlungen an der Küste erwehrten sich noch der Übermacht.

"Vielleicht wäre es doch besser gewesen, dass ihr bei euren Müttern und Großeltern geblieben wärt. Die Zeiten sind dunkel. Dunkel wie es diese Geschichte ist.", murmelte er in seinen Bart hinein.

Doch ein Mädchen mit Sommersprossen auf ihren geröteten Wangen schien Datas Worte vernommen zu haben, denn es klammerte sich an seine sehnigen Arme und überredete ihn, doch bleiben zu dürfen. Der Geschichtenerzähler lockerte sanft die winzigen Fingerchen vom Unterarm und blickte erwartungsvoll zu der jungen Mutter. Sie schien die Unterbrechung der Erzählung nicht wahrgenommen zu haben.
Warum war sie in seine Hütte gekommen, hielt sie es Daheim nicht aus? Ihr kranker Großvater hätte sie bestimmt gebraucht, jetzt wo sein Schwiegersohn mit den anderen Männern ausgezogen war. Data sinnierte über Novara Olasans Beweggründe. 
Womöglich besserte sich deren Großvaters Zustand doch noch. 
Nein, das war wiederum undenkbar. Einur Harledam war nach dem Frosttod seiner Frau auf jede Hilfe angewiesen, darum mochte seine Tochter aushelfen. Den Dorfvorsteher plagte das Beinleiden seiner Vorväter. Dessen Enkelin ging dem Leprakranken bestimmt aus dem Weg. Wohl war dies das Beste für sie und ihr Balg.

Jene Frau starrte nachwievor mit Bange aus dem Fenster und streichelte hin und wieder trist ihr schlafendes Kind. Der Erzähler sah, wie erfüllt sie von der Angst war. Vorsichtig nahm er den Erzählfaden wieder auf. Leichte Zweifel beschlichen den Alten, ob diese Geschichte passend war. Rache und Blut war nichts für junge Ohren. Wiederum konnten Jünglinge nur im Krieg wachsen. Das wohl!

Wie eine Dorne ragte der spitz in die Höhe zulaufende Holzturm in die wolkenverhangene Abendröte. Eine dichte Hecke bildete davor ein unüberwindbares Hindernis für Eindringlinge aller Art. An den von Büschen befreiten Zugängen patrouillierten jeweils ein Dutzend Krieger in Bronzeharnischen, während außerhalb Horden von Krohlen beschäftigt herumeilten.

Usgar von den Bergen verstand nicht, wie dieses primitive, haarige Volk das Menschenland hier unterwerfen konnte. Womöglich, weil kein wahrer Drachenfürst mehr seine Langschiffe zu Plünderungen aussandte. Die Herrscher Atagors waren wohlhabend geworden, fett und faul. Und ihre Männer labten sich an diesem Wohlstand, während sich niemand um die Sicherheit landeinwärts kümmerte.

Der Hühne beobachtete das Geschehen schon eine Weile von einem der vielen Geröllhaufen, welche rings um die Kupferdorne aufgeschüttet waren und wartete auf den Einbruch der Nacht. Diese Steine - das wusste der Hühne ganz genau - zeugten von der einstigen Festung Atagors. Der Südatagorene Bund errichtete das Bollwerk und hijndaarische Söldner stellten über eine Generation lang die Bemannung dieser Mauern. 
Doch die Barbaren erholten sich rasch von ihren Verlusten und bereits wenige Jahrzehnte nach dem Bau, fielen die Fellmenschen abermals im Süden ein und hielten seitdem ihr neues Land mit eiserner Gewalt.

Vor der Hecke, welche die alten Fundamente überwucherte, stapelte sich unter der Aufsicht der Rotgarsen ein Scheiterhaufen immer höher dem Himmel entgegen. 
Waren die Krohlen schon ein Abbild der Hässlichkeit, so übertrumpften die Schmaninnen ihres Gottes Rotgar, diese Barbaren um das Fünffache an entstellten Gesichtern. Eine übergroße Vogelscheuche hatte nicht minder Ähnlichkeit mit ihnen.

Dämonenanbeterinnen waren sie, was sonst. Die Anhänger jenes Kultes vermehrten sich in diesen Zeiten, wenn sogar Menschen an den Gottriesen zu zweifeln begannen und das Zwielicht ihnen dann Dämonen sandte, deren Brut sie knechtete.

In seiner Unbedachtheit löste sich ein Gesteinsbrocken, weil er sich mit den Ellbogen zu sehr abgestützt hatte und purzelte den Hang hinunter. Geschwind duckte sich der Eremit samt des Bärenkopfes und suchte schleunigst das Weite. Zwischen den Schilfen in einem Tümpel wahrte er seine Sicherheit.

Diese wurde auf einmal erheblich durch laute Stimmen gestört. Zwei Fellmenschen in ihrer typisch schmuckloser Rüstung stritten sich heftig und näherten sich seinem Versteck. Usgar hoffte, dass es bei der Diskussion nicht um den purzelnden Stein ging. Verstehen konnte er die Männer nicht, da ihre Sprache zwar ähnlicher der Seinen war, jedoch fast ausschließlich aus Hauptwörtern bestand.

Inzwischen war das Wortgeplänkel in eine regelrechte Prügelei gewechselt. Mit ihren massigen Pranken schlugen die Krieger aggressiv aufeinander ein, und würde die Rüstung nicht die scharfen Krallen abwehren, so wäre zu diesem Zeitpunkt längst einer aufgeschlitzt und würde auf elendige Weise verenden.

Plötzlich drückte die Hand eines Kriegers seinen Rivalen in den Schwitzkasten, zückte mit der freien Hand ein sichelförmiges Messer und führte es direkt in den ungeschützten Schritt seines Kontrahenten. Ein Schmerzenslaut entfuhr dem Entmannten den Lippen, als säße Rotgar persönlich in seinem Inneren. Rote Schlieren spritzten über die braune Erde und versickerten im aufgeweichten Boden. 
Der Verwundete bäumte sich auf und schenkte der Verletzung weniger Aufmerksamkeit als anzunehmen gewesen wäre. 
Ja, es gelang ihm gar, sich aus der misslichen Lage zu befreien, ehe sein Kontrahent mit einem zweiten, tödlichen Stich nachsetzen konnte. Dafür zückte nun er seine Klinge, nutzte die Unvorsichtigeit seines Gegners, welcher sich des Triumphes bereits gewiss gewesen war, und zog, blitzschnell wie der Angriff einer Klapperschlange, das Messer unter einer purpurnen Fontäne durch dessen Kehle. Röchelnd brach der noch vor wenigen Augenblicken siegreiche Krohle zusammen.

Ein triumphierendes Grunzen begleitete den Sieger, während er unsicher auf die Beine fand. Mit verzerrtem Gesicht hielt er sich sein Gemächt, denn der neugewonnene Ruhm hielt jediglich kurz an. Stattdessen drangen klagende Laute aus seinem Rachen und seine weitaufgerissenen Augen wechselten zwischen seiner Hand am Schritt - unter deren wulstigen Fingern der Lebensdaft zäh durchfloss und die behaarten Beine befleckte - und der besudelten Mordwaffe. 
Letztlich wurde er doch noch Herr seines Wesens und wischte die Klinge am Fell des Sterbenden ab. Gebückt, aber Stolz humpelte er davon, den trüben Blick des Verreckenden im Rücken.

Kaum fünf Schritte später, entschwand die Seele des nunmehr Toten, da stolperte zum selben Zeitpunkt der Gewinner des Zweikampfes und sackte zusammen. Kein Schrei kam mehr über seine Lippen. Stattdessen zuckten die verkrampften Glieder unbeherrscht und der krepierende Krohle wand sich am Boden wie eine angemähte Blindschleiche.

Saure Übelkeit stieg Usgars Hals hoch und das brennende Gefühl riss den Eremiten aus der Starre. Glaubensfest wie er galt, ahnte Usgar, dass der Feuerdämon Rotgar auf der Suche nach der Seele in diesem Körper wütete und Mitleid erfasste ihn. Mit weichen Beinen näherte er sich - obacht seiner Größe, stümperhaft geduckt - dem tödlich Verwundeten.

Weder der Glanz in den Augen des Fellmenschen, noch die stummen Rufe seiner Qual wiesen auf eine Rettung hin. Der Krohle sollte tot sein! 
Aber das Zwielicht nährte sich an seiner toten Brut und schien nicht genug zu bekommen. Situationsbewusst griff seine Hand zur Waffe des Halbtoten und trieb den besudelten Stahl in das Herz wo bei diesem Volk die Verbindung zu Hölle saß - das behaupteten jedenfalls die Rotgarsen, wenn es nach den Glaubenslehren der Geweihten des Fyr ging.

Endlich ruhte der Leichnahm in Frieden und wer weiß, möglicherweise fand doch ein schwacher Schrei zu den Riesen. Dann könnte auch diesem Krieger noch der Frieden gelehrt werden. 
Usgar war das aber prinzipiell gleichgültig. Sein Ruf würde erhört werden, wenn seine Bestimmung erfüllt war und nur das zählte.

Der Eremit wagte es noch nicht, sich von der Stelle zu rühren, er drückte sich stattdessen tief in das Schilf hinein. Zu groß war seine Angst davor, von einem patrouillierenden Trupp der Fellmenschen erspäht zu werden, welche den Lärm der Auseinandersetzung wahrgenommen hatten.

Die Sonne sank im Horizont und es kam niemand auch nur in die Nähe. So deutete Usgar es als göttliches Zeichen Fyrwalls und nutzte die Gunst der Situation. Zügig legte sich Usgar den Brustpanzer eines Krohlen um und wagte sich einmal mehr im Schutze der Nacht an den Geröllhaufen heran. Sollte ihn diesmal jemand entdecken, würde jener den Bärtigen auf den ersten Blick für einen der ihren halten. Doch besser blieb er unbemerkt, denn die Sehkraft der Fellmenschen war im Dunkeln so ausgeprägt wie bei den Katzen.

Mittlerweile dämmerte es dem Hühnen, wozu das übergroße Lagerfeuer gut war. Die Versammelten hielten alle Knochen in den Händen und eine Handvoll tapferer Krieger traten dicht an die Flammen heran und warfen Schafsköpfe in die Glut. Betrübt sah er dem Treiben zu. Seine Herde war nicht für das Feuer bestimmt!

Dass ein solches Ritual eine Seuche eindämmen sollte, war absurd. Solches Wunschdenken klang in den Ohren des Hühnen skurril und die Priester des Durwall hätten hier ein ganzen Volk gefunden, welches sich offen der Ketzerei bekannte. Ein lächerlicher Widerstand gegen die Macht der Großen Riesen.

Hunderte Schemen warfen die Knochen in den feuerfangenden Scheiterhaufen und lauschten nun dem krächzenden Gesängen ihrer Schmaninnen. Wenn die Rotgarsen so ihrem Dämonengott priesen, konnte es Usgar gut verstehen, dass einst die Herren Fyr, Dur und Bor ausgezogen waren um das Zwielicht zu bekämpfen. Das Geschrei war fürchterlich!
Der Eremit schüttelte einmal mehr verständnislos den Kopf. Welch dummer, wirkungsloser Brauchtum.

Jetzt war die Gelegenheit gerade Recht. Die Wächter an den Zugängen hatten ihre Pflicht zu Beginn des Rituales verlassen. Im Schatten der Dunkelheit huschte Usgar durch die unbewachten Heckenpforten und ging hinter einem Holzkarren in Deckung. Erschrocken hielt er die Luft an, als ein bewaffneter Fellmensch auf das Fuhrwerk zuhielt. Ein weiterer dienstbeflissener Krohle schritt keinen Augenblick später dicht am Wagen vorbei und wechselte ein paar abgehackte Worte mit seinem Kameraden. Scheinbar wurde das Eindringen in den Turm doch nicht so einfach. 
Hoffentlich war im Inneren des Holkonstruktes niemand anwesend. Dann könnte sich der Eremit verstecken und warten, bis Prahta zurückkehrte. 
Jener war der Anführer dieser Krohlenkolonie und Dornherr der Kupferdorne. Usgar war sich sicher, dass dieser hinter dem Plan steckte, denn im Ganzen Süden handelte kein anderer Dornherr mit den Atagoren. Das war wohl auch das Glück von Dörfern wie Vanafall, welche nur deshalb noch bestanden, weil sie der Kupferdorne tributpflichtig waren.

Als die beiden Krieger außer Sicht waren, schlich der Hühne langsam weiter, stets um den Schatten der Finsternis bedacht, welcher ihn verbarg. 
Zur Kontrolle wandte er seinen Kopf nochmals der Hecke zu. Kein Fellmensch war zu sehen, nur der schwache Schein des brennenden Holzhaufens strahlte über die natürliche Mauer von Mutter Erde.

Skeptisch besah er sich die Bauweise des Holzturmes. Scheinbar bestanden die Außenwände nur aus Holzbalken. In die freien Zwischenflächen waren mit Lehm vermörtelte Binsengeflechte eingelassen. Hier und da wölbten sich die Turmmauern zu Erkern oder Balkonen, welche wiederum mit Hängebrücken miteinander verbunden waren.

Die Krohlen mussten sich wirklich sehr sicher fühlen, denn der Eremit zog unbemerkt in die Dorne ein. 
Das Tor bot geradezu eine Einladung das Monument dieser koplizierten Verstrebungen aus Holz zu besuchen. Keine Wache hielt hier den Posten pflichtbewusst aufrecht. Das zeugte abermals wie primitiv dieses Volk dachte, wenn das Ritual selbst für Krieger die Wichtigkeit ihrer Wachepflicht überstieg. Es sei denn, es galt als Pflicht, diesem Fest beizuwohnen. 
Dann waren die Schädel der Krohlen mit Stroh gefüllt. Das wohl!

Auch im Inneren hielten dicke Balken und breite Latten den Turm ohne merkliche künstlerische Fertigkeiten aufrecht, wenngleich Felle und gebrannte Lehmfliesen die Räume schmückten. Diverse Trophäen von Rot- und Schwarzwild symbolisierten in den Fluren erfolgreiche Jagden, was Usgar wunderte, da dies eine Ähnlichkeit zum Brauchtum der Menschen aufwies, deren beste Jäger ihren Abschuss auf ähnliche Art maßen.

So seltsam unkoordiniert die Bauweise zuerst den Anschein hatte, desto weniger wiederspiegelte sich davon, je höher der Hühne hochstieg.
Usgar kamen erstmals Zweifel über die Einfachheit dieses Volkes. Das hier verlangte eine ungeheuer genau Berechnung um die Stabilität eines solchen Monumentes zu wahren. Ihn faszinierte die feine Arbeit wie das Holz sich gegenseitig stützte, ohne auf den Einsatz von Nägeln oder teuren Stahlstreben zurückgreifen zu müssen.

Plötzlich blendete ihn ein Lichtschein. Er presste sich geschwind gegen die Binsenwand und sog scharf die Luft ein. Beinahe hätte er die sich nähernde Gestalt vor lauter Staunen übersehen, welche sich von einem Gang näherte. Demnach musste Usgar dich mehr Vorsicht walten lassen.

Allerdings verschwand der Fackelschein in einer anderen Gasse des Holzdschungels und die schummrige Dunkelheit durch rötlich glimmende Kohlebecken gewann ihre Notwendigkeit zurück.

Aufmerksamer als vorhin tappte der Eremit den Flur weiter, stieg für den nächsten Turmabschnitt abermals Stufen hoch. Dieses Spiel wiederholte sich viele Male und nicht nur einmal fand sich der Hühne in einer Sackgasse wieder, welche dann in einem Schlaf- oder Wohnraum endete. Dazu kam, dass nichts Orientierung bot, wieviel Zeit seither vergangen war. Kein Fenster, weder eine Luke noch einen Scharte, welche einen Blick nach Außen spendete und zu einem der Erker hatte ihn der Weg noch nicht geführt. Eine Beschriftung gab es hierfür nicht. Krohlen waren des Schreibens unfähig, gensuso wie der Großteil der Bevölkerung Atagors.

Usgar konnte es schier nicht ertragen immer nur eine der hohen Stufen zu nehmen, es trieb ihn tief in seinem Inneren zur Eile an. Ob erst Minuten oder bereits ein, zwei Stunden vergangenen waren, konnte er nur vage bestimmen.

Sein Ziel war die Spitze der Dorne, denn von dort oben herrschte Prahta über das unterworfene Umland. Als Oberhaupt der Kupferdorne, einer Abspaltung der Krohlenkolonie Erzdorne im Südwesten Atagors, zählte dieser Fellmensch zu den drei der Mächtigsten im südlichen Land der Drachenfürsten. 
An ihm würde der Hühne seine Rache ausüben, da gab es für Usgar kein Erbarmen.

Allmählich wurden die Wände enger und die Nebengänge zu diversen Wohnräumen wurden spärlicher, bis endlich ein helles Licht die Treppe herabfloss. 
Mit gespitzten Ohren lauschte der Eremit. Die Melodien und Gesänge des Festes fluteten sein Gehör, ansonsten blieb es still. Wahrscheinlich rührte der sanfte orangene Schein, welcher flackernd mit dem Schatten tanzte von dem hochlodernden Scheiterhaufen des Pestrituales her.

Usgar von den Bergen atmete tief ein und sein Brustkorb schwoll an, sobald sich seine Lungen füllten. Dann fasste er genügend Mut und schlich leise die Stufen hinauf zur Lichtquelle. Staunend kam er an einem kleinen Balkon hoch über der Erde an. Zu seiner Linken befand sich eine angelehnte Tür. Beinahe vollständig war dieser Raum mit braunen und grauen Fellen dutzender Raubtiere an Wänden, Decke und Boden ausgelegt. Nur auf dem überdachten Balkon boten die Holzdielen einen nackten Eindruck.

Zögerlich wanderte der Eremit gedämpften Schrittes über die Naturteppiche zur offenen Seite. Dort knarzte der nackte Dielenboden schaurig genug, sodass Usgar schnell wieder zurücktrat. Dennoch war die Aussicht auch von hier unglaublich und die Atmosphäre des Rituals erfüllte selbst hier den ganzen Raum. Aus dutzenden Mäulern stoben Singsänge empor und heizten den Fanatismus des Volkes an. Trommeln erklangen und Rasseln setzten das Geschehen scharf in Szene.

Ein seltsamer Geruch lag in der Luft. Nicht der von Holz oder Moos, oder von den Kräutern welche schwache Köpfe berieselten. Es roch so anders und doch viel zu bekannt.

Da traf Usgsr die Gewissheit wie ein eiskalter Schwall Wasser am Morgen. 
Es roch nach verbrannter Hornhaut, irgendwie vermischt mit dem Hauch von Bratenduft und noch etwas. Etwas das der Luft an den Klippen ganz ähnlich war... 
Das Bild seiner aufgeschlitzten Lämmer schob sich vor seine Augen. 
Trauer erfüllte in kurzer Dauer sein Gemüt, die Lippen erzitterten unter Wörtern, welche zu schwer waren um sie auszusprechen. Des Hühnen Rache wurde davon genährt und griff nach seinem Verstand.

"Schandoor ischt früh dran. Warum heute? Morgen ischt beschere Zeit", knurrte eine kehlige, nuschelnde Stimme zu seinem Rücken. Das rollte der Sprecher dabei länger als nötig, was ihn aufgrund der kantigen Sprache als Krohlen identifizierte.

Überrascht drehte sich der Eremit um und starrte in das behaarte Gesicht eines Krohlenkriegers. Dieser war nicht minder überrascht, als er Usgar im Brustpanzer eines Kriegers vorfand. 
Jeglicher Rachegedanke verflog im Nu. Dafür hetzte sein Blick über den Raum und rechnete sich die beste Chance zur Flucht aus. Nie und nimmer wollte er sich hier einem Kampf stellen, er hatte gesehen wie das endete.

"Welrchte Rüschtung ischt dasch? Woher ischt die?", zischte der Fellmensch und zückte sein gebogenes Messer.

Usgar schwitzte unter seiner Kleidung tausend Tode. Sein erbeutetes Messer war den Großen Riesen zum Dank unter seinem Bärenmantel verborgen, denn es klebte noch Blut daran und dieser Krieger würde bei dieser Entdeckung kurzen Prozess machen. Doch wie sollte er jetzt reagieren?

"Ich... wurde früher geschickt", stammelte er eine undurchsichtige Antwort zusammen.

"Was marchst du dann hierrr oben? Ihr Händler habt unten zu warten!"

Flüchtig sortiere er die Worte des Krohlen zu einer weiteren potentiellen Antwort. Mit was handelte Sandoor mit den Krohlen und wie kam dieser Fellmensch auf den Gedanken, er komme von dort? Usgar hatte dem Krieger nur seinen Rücken zugewandt. Schlagartig hellte sich seine Miene auf.

"Es war niemand da. Weder bei der Hecke noch vor dem Tor", erklärte der Eremit und deutete mit dem Daumen nach unten. 
"Darum bin ich heraufgekommen."

Der Krohle fauchte fuchsteufelswild, schien es jedoch nicht auf Usgar abgesehen zu haben. 
"Wo schind dann die Felle? Irch scheh keine!"

"Ich hab keine-"

"Hascht du keine mit, reisch irch dir die Kehle rausch!", knurrte der Mann und preschte auf den unvorbereiteten Eremiten los.

Mit unheimlicher Kraft schnitt die Sichel durch die Luft und drang ins Genick des Hühnen ein. Knochen des ausgestopften Bärenkopfes splitterten, doch prallte der tödliche Stoß wie durch ein Wunder regelrecht ab und schrammte wirkungslos vorbei.

"Ich will mit Prahta sprechen. Hier hab ich keine Felle. Die sind unt-", versuchte Usgar er nocheinmal auf diplomatischem Weg, doch schon sauste eine haarige Faust in seine Magengegend und presste alle Luft aus ihm. Zwar schützte ihn der krohle Panzer vor inneren Verletzungen, doch erschütterte der Hieb seinen gesamten Körper. Kaum erholte sich Usgar von der plötzlichen Attacke, empfing seine Schläfe einen solch schmerzhafter Fausthieb der mit Bestimmtheit einen Ochsen gefällt hätte. Taumelnd ging er nieder und entkam nur um Haaresbreite einem feinsäuberlichen Schnitt quer über der Stirn. 
Panisch kämpfte der Eremit gegen die drohende Ohnmacht an, als ihm ein gleißender Schmerz in der rechten Seite die Augen aus den Höhlen springen ließ - oder es sich zumindest so anfühlte. 
Keuchend fing er einen weiteren Schnitt mit dem Ärmel ab, ohne dass der Mantel die Klinge durchließ, fasste nach dem Arm des Krohlen, welcher um sein Gleichgewicht rang und fegte ihn mit einem wohlgezielten Tritt von den Beinen. Sofort rollte er sich auf den Gefallenen und rang ihm das Messer aus der Hand.

"Ich verlange Wiedergutmachung. Führe mich zum Dornherren Prahta.", gebot Usgar und setzte die Sichelklinge am sehnigen Hals des Krohlen an.

Dieser lachte aber nur und spukte ihm zwischen die Augen. Sogleich verlagerte Usgar den Druck und ein dünnes Blutrinnsal zog eine fasrige Linie über die dunkle Kriegerhaut.

"Der schteht vor dir, Mensch!"

"Herrsche mich nicht an, Affenkreatur...", belehrte der Hühn fauchend, "...sonst ist deine verwesende Seele eher in der Hölle als dir lieb ist..."

"Zügle deine Zunge, ehe du schprirchscht von Dingen welrche du nischt verschtescht", meinte der Turmherr erbost und wippte ungehalten seinen Schädel hin und her.

"...Außerdem liegst du mehr als du stehst", spöttelte der Hühne und setzte eine Drohung hernach.
"Spiel dich bloß nicht auf, Dornherr, wenn ich Vergeltung suche!"

"Dein Ton ischt anklagend, obwohl irch mirch nur verteidigt hab."

"Dies ist auch eine Anklage. Der zur Anstiftung einer feigen Ketzerei. Euer Dämon hat nach Blut verlangt um die Pest abzuwenden. Dabei scheint es ihm Einerlei gewesen zu sein, was meinen Tieren zuteil wurde. Allesamt aufgeschlitzt wie einfaches Schlachtvieh!"

Prahta zeigte keine Regung. Er starrte nur mit verzogenem Mundwinkel an die Decke und lächelte.
Nun riss Usgar der Geduldsfaden, krallte sich den Hals des Krohlen und schüttelte ihn auf das heftigste.

"Es waren die Schützlinge der Götter!", rief er von Wut erfüllt, von Rache angetrieben.

Noch immer schien es dem Fellmenschen nichts auszumachen, dass ihn der Hühne schüttelte, bis seine Zähne aufeinanderklackerten und brachen. Das Lächeln ging in Lachen über. Lauthals, ohne zu verstummen, bis ihm Usgar mit dem Messer die Zähne rausbrach. Einen nach dem Anderen. Erst dann, nachdem sich der Dornherr an einem verchluckte verklang sein Laut. Japsend reckte er den Kopf hoch, welcher jedoch grob niedergedrückt wurde.

"Esch war an Rotgar zu handeln, alsch die Rieschen schwiegen. Rotgar hat die Weischpelze ebenscho gern wie deine Götter schie gernhaben...", hustete er kaum für Usgar verständliche Wörter hervor.

"So gern, um ihre Bäuche aufschlitzen zu lassen?"

"...auf seine eigene Art eben."

Der Eremit knurrte. Am liebsten würde er dem Mann den hässlichen Schädel von der Schulter heben, doch er hatte zu seinem Leidwesen keine Axt bei sich und es galt da auch noch seinen Eid zu wahren.

Unsicherheit überschwemmte seinen Kopf, als er sich diesem besann und ein markantes Problem auftrat. 
Hatte er diesen Eid nicht soeben gebrochen?
Wie sollte er einen Mann töten, wenn er sich geschworen hatte, dass kein menschliches Blut mehr seine Hände besudeln sollte?

Andererseits hatte er vorhin im Schilf schon gemordet. Und es hatte sich gut angefühlt. Es war recht, er hatte es dort tun müssen!

Bestimmt würde ihm Fyrwall oder ein anderer Riese auch bei diesem Krohlen den intuitiven Segen - so war es wohl zu beschreiben - kurz vorher geben. 
Soweit er sich erinnerte, betraf sein Schwur auch wirklich nur Menschenleben - die Affenkreaturen waren in dieser Hinsicht keine wirklichen Menschen und somit vom Eid ausgenommen. Das wohl!

Trotzdem wollte es der Eremit versuchen, noch einmal vernünftig mit dem Turmherren zu reden.

"Gebt mir zwei Dutzend Schafe zurück und ich sehe darüber hinweg, wie ihr das Leben der Tiere entweiht habt.", sprach er gefasst, wenngleich es im seinem Inneren noch rumorte vor Zorn.

"Irch bedauere schehr, Mensch-"

"Usgar", warf der Eremit zynisch ein.
"Wir Atagoren haben Namen."

"Uschgar, auch gut", murrte Prahta. "Unschere Dornenkolonie verfügt über keine Weischpelze. Jedoch erschetze irch dir die Herde um dasch zehnfarche an Wert um den Frieden zu wahren."

"Welchen Frieden willst du wahren, wo du jegliches Ansinnen dafür vernichtet hast?"

"Du bischt nircht alsch Freund gekommen, Uschgar. Dasch weisch irch. Du hascht dasch vorhin geschagt, deine Schtimme hat dasch verraten. Darum ischt esch mein gutesch Rercht Eindringlinge zu bekämpfen."

Des Eremiten Mimik nahm einen besänftigten Ausdruck an. Mit seinem Herzen verstand er den Dornherren. Wohl hätte er selbst nicht anders gehandelt, sofern er an Prahtas Stelle gewesen wär. Darum gab er nach kurzem Zögern dem Dornherren mit einer Handbewegung zu verstehen, sein Angebot offen zu legen.

"Lasch mirch aufschetzen. Dann folge mir hinab in die Schatzkammer, Uschgar von den Menschen."

Doch diesem stand nicht der Sinn ihm ungetrost diesen Wunsch zu lassen. Außerdem glaubte der dem Krohlen kein Wort.

"Der Bart eines Menschen macht ihn noch lange nicht senil. Ich habe gesehen wie unübersichtlich dieses Netz an Gängen und Nischen ist. Wir werden einen anderen Weg zu meiner Entschädigung finden.", entgegnete der Eremit weise.

"Du mischverstehscht mirch. Nirchtsch läge mir ferner, als dirch zu hintergehen und-"

"Schhht!", fuhr Usgar dazwischen. "Hüte deine gespaltene Zunge, solange du eine hast!"

Krohlen waren unberechenbar. Selbst den Kleinsten in Vanafall wurde dieser Satz früh genug in die Wiege mitgegeben. 
So drehte der Eremit Prahta auf den Rücken, als er sich dieser Lehre besann, sicherte dessen Lage und schnitt rasch einige Streifen aus den Fellen, mit denen er den Turmherren fesselte. 
Dann erst zerrte er ihn hoch, hob seinen Knochenstock auf und setzte die Sichelklinge am Genick Prahtas an. Gleich darauf trieb er ihn, ausreichend Abstand wahrend, die Stufen hinab.

Während die beiden hinabstiegen schien es noch ruhiger in dem Holzbau zu sein als vorhin, denn es gab diesmal überhaupt keine Anzeichen weiterer Bewohner.

Warum der Dornherr nicht beim Volk war, fragte sich Usgar, hielt es jedoch schließlich angemessener still zu sein. Fragen lenkten nur ab. Ganz im Gegenteil verhielt es sich beim Schweigen. Dabei konnte er auch rechtzeitig etwaige näherkommende Krohlen bemerken.

Je verwinkelter und verzweigter die niedrigen Flure wurden, desto öfter gewann der Herr der Dorne Oberhand über die Richtung. Daraufhin mäßigte der Etemit die Geschwindigkeit des Führers. Diese Angelegenheit behagte ihm weniger und weniger. Er fühlte, wie sich Panik in seinen Kopf einnistete und an seinen Nerven zerrte, wie Matrosen die Taue an den remonischen Koggen, wenn ein Sturm aufkam.

Draußen am weiten Land, oder zu Hause in den Bergen fühlte Usgar sich frei von jeglicher Platzangst, nur hier in diesem düsteren Turm behagte es ihm nicht. Mit schiefen Blicken beäugte er in den Ritzen die Spinnweben mit den zwetschkengroßen Kokons und duckte sich immer wieder mal unter den Fäden hindurch, wenn Prahta diese nicht geteilt hatte. 
Dem schienen diese langbeinigen Insekten nichts auszumachen. Geekelt schüttelte sich Usgar von den Bergen. Er wollte gar nicht daran denken, was sich hier Nachts, wenn alle schliefen, abspielte. Bestimmt krabbelte dann auch noch anderes Gewürm unter dem Holz hervor.

Der Krohle hielt an und wandte sich an Usgar. Vor ihnen eröffnete sich eine Bodenluke, groß wie ein Haus in Vanafall.

"Was ist los?", fragte der Eremit neugierig.

"Dort drunten liegen unschere Schätze."

"Das hab ich mir auch zusammengereimt. Na los, mach auf."

"Dasch kann irch nircht", stammelte der Turmherr der Dorne und wappnete sich schon gegen einen Schwall Beleidigungen oder einer Züchtigung.
Doch der Eremit verschränkte nur seine Arme und blickte den Fellmenschen nichtssagend an.

"Irch... braurche deine Hilfe um die Klappe zu öffnen. Esch gibt an jeder Scheite zwei Hebel mit einem Zahnradmerchanismus, welrche die Flügel heben.", offenbarte ihm dieser.

"Was warten wir dann noch? Los, Mann!", rief ihm Usgar zu und schritt zum Hebel.

Insgeheim wunderte sich der Hühne gehörig über solche Mechanik in diesem Bauwerk. Gespannt wartete er, welche Überraschungen dieses Volk noch geheim hielt. Er stellte sich eine prunkvolle Halle aus Gold vor. Womöglich sammelten die Krohlen hier Amethysten, dann könnte ihnen ihre Schandtaten wenigstens Fyrwall besänftigten. Der Eremit lächelte ein bisschen. Mit viel Glück, ging er heute als reicher Mensch nach Hause. Wenn dem so sei, würde er seinem Herrn Fyr einen Tempel bauen, am Ort an den Klippen, wo jener in Erscheinung trat!

Mit vereinter Kraft zogen die Männer am Hebel und hieften die zwei Flügeltüren am Boden Zahn für Zahn an. Dann sicherten sie die Position des gegriffenen Zahnes mit einem Keil und stampften eine Steintreppe hinab. Der Krohle in Gewahrsam zuerst.

Seine Fackel erleuchtete eine gemauerte Halle. Vor lauter Staunen brachte Usgar kein Wort mehr über die Lippen. Ohne Zweifel war dieses Gewölbe noch Bestandteil der alten Festung.

"Uschgar von den Menschen, du bischt der erschte deines Volkesch, dem diescher Einblick scheit Beschtand der Kupferdorne gewährt wird. Esch schind alte Schätze, aufgrund ihresch Wertesch nur schparscham eingeschetzt und durch Generationen hinweg zu einem der gröschten Schätze diescher Welt gemehrt. Jeder Barren überschteigt den Wert einer Viehherde von zwanzig Rindern. Nimm dir, schoviel du tragen kannscht und geh deiner Wege. Niemand wird dirch aufhalten, dasch verspreche ich bei meiner Scheele, scho schircher schie in Rotgarsch Flammen aufgehen wird."

Das war nicht zu fassen. In Usgars Kopf explodierte ein Wirrwar an Gefühlen und Emotionen. Er hatte vieles erwartet, das aber nicht. Mit offenem Mund besah er den Schatz des mächtigsten Volkes im Süden Atagors.

Nur Kohle.

Nichts außer Braunkohle.

An den Wänden stapelten sich Kisten mit Bruchstücken davon und in der Mitte waren hunderte gleichförmige Barren jenes Heizmaterials gelagert, fein aneinandergeiht wie der Silberbesteck reicher Kaufmänner.

Dumpfe Enttäuschung wich der Sprachlosigkeit. Dies sollte er als Bezahlung - als Wiedergutmachung ansehen? Das war eine Beleidigung! 
Wut stieg in ihm auf. Der Zorn brodelte frisch in seinem Blut und riss die Macht an sich. Diese Schmach untergrub seine Ehre, seinen Stolz und schrammte derart scharf an seinem Verstand, dass jeder Lebensfunke in ihm nach Rache schrie.

"Du Hund! Du Wurm einer elendigen Dämonenbrut! Machst du dir einen Scherz daraus, mir meine Ehre zu nehmen? Ein Haufen Kohle für eine Herde Schafe, dem Abbild göttlichsten und reinsten Lebens seit Erschaffen der Welt! Was seid ihr Krohlen nur erbärmliche Missgestalten...", schleuderte Usgar mit Schmährufen und wüsten Beleidigungen um sich.

"Usgar, für unser Volk ist Braunkohle der wichtigste Rohstoff. Ohne ihn gelangen unsere Seelen niemals über das Glutmeer zu Rotgar. Alle Rituale und Gebete hängen davon ab!", erwiederte Prahta bestürzt von Usgars Reaktion auf die Wiedergutmachung.

Der Turmherr mochte nicht dessen Enttäuschung verstehen. Für sie war die Braunkohle das höchste Gut auf Erden. Nichts war wertvoller, denn kein anderer Rohstoff war dem Feuerdämon in seiner brennbaren Beständigkeit so nahe wie diese Art der Kohle.

"...Nein! Ihr seid nicht erbärmlich, denn nie könnte man Mitleid mit deinesgleichen haben. Hinterlistig, bösartig, primitiv. Ja, so seid ihr!", zetterte der Eremit weiter und seine Stimme schwoll schrill an, da stürzte er wie von allen Sinnen auf den hilflosen Turmherren zu.

Unbeherrscht packte er diesen an den Schultern und schüttelte ihn wild herum. Er redete sich dabei immer mehr in Rage ungeachtet dessen verzweifelter Schreie, welche Usgar auf die fallengelassene Fackel hinweisen wollten, die ihre Feuersbrunst bereits an einer Holzkiste nährte. 
Prahta zappelte wehrlos in den muskulösen Armen Usgars und versuchte immer wieder zu Wort zu kommen. Aber der Eremit achtete nicht darauf, schlug stattdessen brutal auf ihn ein und so drangen nur einzelne Wortlaute an ihn heran, welche das Ergebnis zur Folge hatten, die Wut Usgars noch mehr zu schüren.

Ein derber Hieb seiner Faust schmetterte gegen das Genick des Krohlen. Usgar vernahm ein schauriges Knacksen und der Schädel des Krohlen hing plötzlich schlaff zur Seite. Erschrocken löste der Hühne die Umklammerung und der Leichnahm sackte schlingernd zu Boden. Betroffen gaffte er jenen an. Das Leben des Dornherren war erloschen. Durch sein Tun. 
Das war der Wille der Großen Riesen. Das wohl!

Stille kehrte unter dem Gewölbe ein.
Leise hörte er in seinem Schädel jemanden Flüstern. 
Es war er selbst. 
Seine Rache. 
Ruhe.
Etwas knackste. 
Es war nichtmehr Prahta.

Da stieg ihm ein brandiger Geruch in die Nase. Denn die Fackel Prahtas war tatsächlich neben eine der Holzkisten gefallen und fraß sich hungrig durch das trockene Holz. 
Der Eremit musste schnellstmöglichst von hier verschwinden. Wer wusste schon, wie lange die Krohlen noch um das Feuer tanzen würden? Und erpicht, als Mörder ihres Oberhauptes entlarvt zu werden, war er keineswegs.

Das Feuerchen wurde geschwind erwachsener und entflammte weitere Behälter. Auf einmal ging dies in unberechenbarer Schnelligkeit, die Flammen nisteten sich in das kostbare, hochbrennbare Gut ein und bald schon schien die gesamte Wand aus Feuer zu bestehen. Dem Hühnen kam eine zündende Idee - im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn diese Affengestalten schon so vernarrt ins Feuer waren, so sollten sie heute eines bekommen, das ihrer würdig wär. Bei Durwall, wie war er das diesem frevlerischen Volk vergönnt!

Usgar schnappte sich die Fackel, ehe sie selbst von den Flammen verzehrt wurde und zündete weitere Kisten auf der anderen Seite an. Dabei flüstere er eine Litarnei zu den Riesen Fyrwall, Durwall und Borwall in tiefster Euphorie und bat sie um Kraft für sein Ausüben des rechten Glaubens.

Heimlich guckste er in sich hinein, wenn er sich die überraschten Gesichter der Krohlen ausmalte, sobald diese das größte Feuer seit Anbeginn ihrer Eroberungen in Atagor erleben würden. Zufrieden mit seinem Werk stampfte er schnell hinauf und lugte ein letztes Mal in den Keller hinab. Usgars Miene war eine zufriedene.
Der Wert der Braunkohle würde sich in ihrer Hitzespeicherung zeigen, das gemauerte Gestein erhitzen und die Ganze Dorne zum Einsturz bringen. Dies war Vergeltung an der Ermordung seiner Herde!

Zügigen Schrittes huschte er abermals durch die Gänge, heraus aus dem hochentzündlichen Konstrukt. 
Eine angenehm erfrischende Brise erwartete ihn im Schatten orange-roter Beleuchtung des knisternden Scheiterhaufens hinter der Heckenmauer.

Der Sicherheit wegen sah er sich nach Wachposten um, entdeckte jedoch keinen. Mit leichten Schritten querte er den freien Platz, als sich urplötzlich - ohne Vorwarnung - eine gewaltige Flammensäule vor ihm in die Erde bohrte. Funken sprühten umher und bohrten sich, gleich heißen Nadelstichen, in seine ungeschützten Hautflächen.

Eine brummende Stimme gellte über das Land, als würden Donner die Tonlagen bestimmen. Der Boden erbebte und der Himmel schien in Blitzen und schwarzen Wolken auf die Erde niederbrechen zu wollen.

Aus der Feuersäule formten sich die Umrisse eines von Flammenzungen gespickten Gesichtes. Allmählich wurde unter Mitwirken heftiger Windböen auch der restliche Kopf identifizierbar und das brennende Haupt erschuf eine Krone aus lebendem Feuer. Tiefschwarze Löcher ersetzen die Position, wo am Menschen die Augen saßen. Dann verformte sich der klobige Mund zu einem Raubtiergebiss mit rot glühenden Fangzähnen, ein jeder lang wie der Arm eines Mannes. Zwei Glutpfropfen lösten sich von der Brust, formten sich zu Klauen und Pranken, ehe diese wieder mit dem Leib des Dämons zusammenschmolzen. Dann kreischte die Feuerkreatur mit einem markerschütterndem Aufjaulen und es entstanden an der rauchenden Eischlagsstelle zwei Beine von der Stärke einer zweihundertjährigen Eiche.

"Wer wagt es, meine Form an diesen Herd der Hitze zu locken?", dröhnte das Ebenbild Rotgars und spie eine Funkenfontäne in die weite Nacht hinaus. 

Suchend starrte er umher, bemerkte jedoch nicht den Hühnen zu seinen Füßen, welcher nicht größer schien, denn ein Anselmaan im Vergleich zu einem Bergtroll. 
Mit geweiteten Augen beobachtete Usgar die Reaktion Rotgars - dass es der Dämon höchstpersönlich sein musste, daran verschwendete der Mensch keinen Zweifel mehr.

Vorsichtig tappte er rückwärts, um die Kreatur nicht aus den Augen zu verlieren. Nur Beute kehrte seinem Jäger den Rücken zu. 
Schweißperlen sammelten sich an des Eremiten Stirn. Es war höllisch heiß. Nicht nur durch die Anwesenheit dieses Gottes, sondern der Erdboden schien sich stetig zu erwärmen. Die Halle in der die Braunkohle lagerte, musste momentan glühen vor Hitze. Und erst der Druck der sich dort unten aufbaute... Nichts wie weg von hier!

Doch es war zu spät. Die Flammengestalt hatte Usgar erspäht und näherte sich ihm in Gänze ihrer imposanten Aufmachung. Einige züngelnde Glutbrocken an seiner Höllenkrone glichen winzigen Rubinen, welche die nichtssagenden Augen untermalten, die den Eremiten dennoch zu durchschauen schienen.

"Du warst es, Zweibeinkreatur, die ihr euch Menschen nennt. Dein Schweiß dünstet Rache aus. Rache und Zorn und Wut und ... Angst. Ich rieche was du getan hast. Es schmerzt, es schmerzt so sehr!", rief der Dämon und spuckte eine Funkenwolke in Usgars Richtung.

Völlig entgeistert traf ihn der Angriff und neckte an den Fransen seiner Kleidung. Das Fell des Bären knisterte und verschmorrte übel riechend. Von Panik erfasst, rollte er sich auf dem Boden ab um die kleinen Brandherde am Mantel zu ersticken.

"Rache wird mit Rache vergolten, Menschenbalg!"

Der Feuergott stampfte weiter und trieb den Hühnen wieder dem Turm zu.

"Du hast im Namen deiner Götter mich herbeigelockt. Mich, dessen Seele auf Erden friert von der Kälte überall. Verflucht sollen die Riesen sein! Den Tod mögen sie dort finden, an dem Ort, von wo sie erwacht sind!", schrie die Kreatur, während die Flammen spärlicher in die Höhe züngelten.

Usgar glaubte sogar etwas wie Schmerz in dem verzerrten Gesicht zu erkennen. Irgendetwas schien das Wesen erheblich zu schwächen.

"Vermschmorre bei lebendigem Leib, Mensch, und bettle nicht um deine Seele. Die ist so schwarz wie es all die anderen in meinem Reich sind. Sieh mir in die Augen! Siehst du sie? All die gequälten Geister!"

Ein gräßliches Lachen erschütterte den Körper des Gottes. Dieser senkte den Kopf, ließ Hörner aus dem Schädel sprießen und setze zum Angriff an. Seine Arme verwandelten sich zu glühenden Säulen, mit der Härte von Granit griffen diese nach Usgar. Gleichzeitig preschte der Dämon in all seiner zerstörerischen Gewalt auf den winzigen Hühnen zu und nur kurz vor dem tödlichen Aufprall riss sich Usgar aus der Starre und schmiss sich viel zu langsam zu Boden. Einer brennenden Windböe gleich, stob der Dämon über ihn hinweg und versengte seinen Rücken, wobei die Hitze den metallischen Brustpanzer des getöteten Krohlen in Sekundenschnelle zum Glühen brachte.

Keinen Atemzug später fuhr das Feuerwesen splitternd in den Holzturm ein und brachte dessen Grundfeste zum Erbeben. Gleich darauf vernahm der Eremit ein erleichterndes Stöhnen aus dem Inneren und das Erhitzen des Bodens nahm an Geschwindigkeit zu. Ohne lange zu zögern torkelte der Hühne los. Das ganze Areal würde gleich in sich zusammenstürzen und ihn mit sich begraben.

Fluchend sprang Usgar auf und unternahm eiligst den Versuch sich den Brustschutz vom Körper zu nehmen. Jedoch verbrannte er sich dabei die Fingern auf hässlichste Weise. Ihm drohte durch den Schmerz schwarz vor den Augen zu werden.

Aus den Augenwinkeln erblickte er die verschwommenen Umrisse aufgescheuchte Krohlen, welche planlos auf das Areal rannten. Manche waren reaktionsbewusst genug und formten eine Löschkette an den Brunnen. Stimmen wurden laut, Befehle wurden geschrien.

Als dann ein unheimliches Zischen die heiße Luft zerschnitt, brach die Panik aus. Usgar von den Bergen wandte seinen Kopf im Laufen zurück und wurde Zeuge, wie ein Flammenschweif aus dem Inneren des Turmes zu dessen Spitze aufstieg und im endlosen Nachthimmel aufging und hoch in den Lüften mit einem lauten Knall verpuffte. Dann brach vollkommenes Chaos auf dem Platz aus. Die Holzbalken der Dorne krachten und knarzten, ehe die Trümmer als brennendes Inferno auf die Erde niederkrachten und ganze Löschtrupps erschlugen. Stoffe und Felle gingen in beißende Flammen auf und wehten auf das einbrechende Gewölbe herab, welches Dutzende Krohlen in der Flammenglut verschluckte. 
Wehklagen wurde laut, untermauert von den Rufen Verletzer und unbarmherzig Verbrennender.

Usgar stach es zwischen den Rippen von der Anstrengung des Rennens, als hätte ihm jemand einen Dolchstoß versetzt, aber er hatte es bald geschafft.

Bald...

Dort drüben konnte er bereits die Schilfrohre des Tümpels ausmachen.

Wasser!

Die Rüstung peinigte ihn aufs Schrecklichste, verschmorrte die schwitzende Haut. Er mochte sich gar nicht vorstellen, wie er verenden würde, wenn er das Teil nicht vom Leib bekäme.

Ein Schritt noch. Noch ein Zweiter. Das kühlende Nass drang bereits in die Stiefel ein, küsste seine Sohlen und neckte die verkrampften Zehen. Nur ein kleines Stück noch. Der Hühme nahm all seine verbliebene Kraft zusammen und hechtete mit einem langem Satz in die ersehnte Wasserlake. Im Tümpel zischte es und mit brodelnden Wasserbläschen nahm er seinen Gast auf. Mit einem unmenschlichem Seufzen schälte sich Usgar aus dem abkühlendem Brustpanzer. 
Seine Haut nahm eine krebsrote Farbe an und vereinzelt waren kleine Brandblasen zu sehen. Kaum machte er diese unerfreuliche Entdeckung, begann der Eremit den schmerzhaften Reiz zu fühlen und krallte instinktiv seine Fingern über die wunden Stellen um sich dem Kribbeln zu erleichtern.

Stattdessen steigerte das Kratzen den Schmerz ins unerträgliche, bis sich Usgar am liebsten all die Pein aus der Seele geschrien hätte, doch biss er die Zähne zusammen und beherrschte sich mehr schlecht als recht, auf dass kein Laut über seine Lippen wich. Vor Anstrengung keuchte er wie ein krankes Rindvieh, in unregelmäßigen Stößen, während ihm der Speichel von den Mundwinkeln troff und seine Augen herauszuquellen drohten. Letztlich glitt er tiefer in die nasskalte, schlammige Brühe hinein und senkte ergeben seine Lider. Dabei unterdrückte er das Stöhnen nicht, welches in einer Woge purer Ekstase als weiße Dampfwolke über die Lippen floss.

Für einen zeitlos anfühlenden Moment genoss er die Frische, welche seinen geschundenen Körper überschwappte. Dann folgte er dem Trieb aus seinem Inneren und machte sich daran, schnellstmöglichst zu verschwinden.

Nordwärts wollte er. Nach Sandoor und weiter und weiter hinauf bis in die Borsararn Ebene. Er zweifelte am völligen Verschwinden der Riesen. Sie waren noch irgendwo da, ganz bestimmt, hatte er Fyrwall doch an den Klippen ersehen. 
Doch wenn er sich bei der Nase nahm, wusste er es besser. Usgar fürchtete sich davor, dass der Dämon Recht bekommen könnte. Dass sich die Menschen in Atagor von den Riesen abwandten, weil jene sich ihnen nicht zeigten, das wusste es. Das war jedoch, weil es den Göttern eine Unmenge an Kraft kostete in Erscheinung zu treten. Sie hatten ihre sterbliche Hülle abgelegt, als die Drachenfürsten in ihrem Ansinnen handelten - vor hunderten Jahren. Oder hatten die Riesen seit jeher mit Rotgar zu kämpfen gehabt. War es dessen Intrige, die rechten Götter von den Menschen abzukapseln, damit sich dann jene ihm zuwandten? Usgar von den Bergen wusste es nicht, er konnte dies einzig ahnen. Die Wahrheit galt es herausfinden.

***

Es war grauer Herbst. Möglicherweise wäre es vorteilhafter über den Osdaarn zu wandern, denn die Krohlen hassten den Winter und die Kälte. Der Eremit überlegte. 
Was wenn die Pässe bereits unpassierbar waren? Das Gebirge war hoch und lud manche Jahre den Winter sehr früh ein.

Schließlich setzte der Eremit seinen Weg nach Sandoor fort. Am dortigen Hafen würde sich bestimmt ein Langboot finden, auf dem er als Ruderer aheuern und seine Fahrt nach Vjandoor ableisten konnte.

Trotz der Anstrengung der vergangenen Nacht, marschierte Usgar von den Bergen weiter. Das Flachland wurde hügeliger und die kleinen Bäche, welche in die breiten Flüssen mündeten und die widerum weiter westlich zu großen Strömen vereint, ins Landesinnere flossen, prägten hier das Landschaftsbild. 
Die Tundra ging in dichtbewaldete Landstriche über. Kleinere Siedlungen unter zehn Häusern lagen auf dem Weg, doch Usgar umging sie in Furcht, seine markante Bekleidung könnte Aufmerksamkeit auf sich zuziehen.

Zur Abenddämmerung wagte er sich trotz aller Vorbehalte an ein kleines Gehöft heran. Der Hühne hatte nicht bedacht, dass sein Rachefeldzug länger andauern würde und sein Proviant war dementsprechend mager ausgefallen.

Die untergehende Sonne spielte mit nahezu violetten Lichtstrahlen durch das Blätterdach und erweckte die Wiese zu einem fröhlichen, wenn auch kurzweiligen Fest. Die herbstliche Wärme erlosch zu Usgars Rücken in jenem Moment, als der Eremit an die schlichte Holztür trat. Düsternis krallte sich an das Land und führte die Nebel vom Fluss tief in die hiesigen Wälder. Mit ihr die Kälte. Tief atmete Usgar die stechende Eisesluft ein und blickte ein letztes Mal zum verschleierten Horizont. Hoffentlich entpuppte sich dieser Wetterumschwung nicht als Bote des Winters. Er schüttelte sich voll Grauen, noch wär es zu früh hierfür. Hoffentlich stand in dieser Hütte ein währender Eintopf am Feuer.

Harsch klopfte der Hühne gegen das verwitterte Holz. Stimmen wurden laut und Schritte erklangen. Dann öffnete sich die knarzende Tür und das sonnengegerbte Gesicht eines kräftigen Mannes beäugte ihn misstrauisch.

"Wer ist es denn, Tarl?", ertönte die zierliche Stimme einer Frau und erweckte den scheinbar Erstarrten zum Leben.

Doch ehe jener auch nur ein Wort herausbrachte, bat ihn Usgar um eine einfache, sättigend Mahlzeit und ein trockenes Nachtlager. Die Züge Tarls hellten sich sogleich auf und ließ den Eremiten eintreten. Die Stube war gedrungen und zweckmäßig eingerichtet. An einer offenen Feuerstelle saß eine junge Frau, daneben ein kleines Mädchen welches eifrig aus seiner Schüssel löffelte.

"Kommt, setzt Euch zu uns. Wir haben nicht viel in diesem Jahr, doch teilt man gerne, wenn die Gastfreundschaft hoch geschrieben steht.", sprach die Frau und eine blonde Locke löste sich unter ihrem Kopftuch und spielte mit den Wimpern der braunen Rehaugen, als sie sich erhob und Usgar eine Toschale rüberschob.

"Habt Dank, gute Frau."

"Neda von der Lichtung, Herr."

"Nun denn, Usgar von den Bergen, so meine Wenigkeit.", nannte auch der Hühne seinen Namen.

Derartige Höflichkeit war in Atagor fremd, es bekümmerte den Eremiten allerdings nicht weiter.
Hungrig schöpfte er sich aus der grauen Schwammerlsuppe und nahm freudig den Kanten Brot an, welchen ihm der Hausherr entgegenstreckte. 
Das Mädchen, ein jüngeres Abbild der Frau, beachtete ihn noch immer nicht.

"Die Tage kühlen ab. Frost ist im Anmarsch...", murmelte jene.

Der Hühne nickte bestätigend und aß weiter.

"...Was führt Euch in diese Gegend, abseits aller Straßen?"

"Ich bin auf dem Weg nach Sandoor", antwortete Usgar flüchtig.

Ruckartig ergriff der Mann seinen Arm, sodass der geladene Löffel zurück in den Eintopf platschte und kleinere Batzen auf die vielgenutzte Tischplatte spritzten. Dessen Lippen bewegte sich und ein bittender Blick lag auf seinen Zügen. 
Unangenehm berührt von dieser seltsamen Reaktion riss sich Usgar aus der Klammerung.

"Was ist denn nun? Hab ich etwas falsches gesagt?"

Da fiel ihm die Mutter sogleich ins Wort. 
"Bitte, Verzeiht die Manieren meines Mannes."

Ihres Mannes? Perplex beäugte der Eremit die Hausherrin. Sie war mindestens zwei Jahrzehnte jünger als ihr Ehemann.

"Ja, mein Mann", untermauerte die Gattin ihre Worte. 
"Er ist seit jeher stumm. Was ihn nicht daran hindert zu hören. Sein Bruder Vandar lebt am Hafen in Sandoor. Tarl möchte Euch bitten, ihm seine besten Grüße auszurichten. Vanda hat sich dort einen Namen als Hafenmeister gemacht. Ihr werdet ihn leicht finden."

Nun war ihm einiges klarer. Womöglich litt die Tochter wie ihr Vater an dieser Krankheit.

"Habt Verlass. Ich werde von Euch grüßen."

Nachdem Usgar soweit gesättigt war, führte ihn die Bäuerin in ein schmales Hinterzimmer auf ein Feldbett. Dort glitt der Eremit schon bald in einen traumlosen Schlaf.

Der Hahn hatte noch nicht gekräht, als Usgar seine paar Habseligkeiten packte und durch die eingeheizte Stube das Haus verließ. Es war niemand anwesend. 
Darum trottete er zu einer der Scheunen, von der das Muhen einer Kuh zu hören war. Wahrhaftig, dort traf er Tarl beim Melken an. Auf seine Frage, wo sich Neda aufhielt, deutete ihr Mann in den Wald, vermutlich um Reisig sammeln oder um Beeren zu pflücken.

So blieb ihm nichts anders übrig als sich vor dem Stummen zu bedanken und ihm die Versicherung zu geben, dessen Bruder aufzusuchen. Ein letztes Mal zog Tarl Usgars Hand heran und drückte sie lang, in seinem Blick lag ein Wert der Dankbarkeit und Freude. Diese Geste brannte sich in Usgars Gedächtnis ein. Selbst wenn er es nicht gewollt hätte, so könnte er garnicht anders, als diesen Wunsch zu erfüllen. Ein angenehmes Prickeln lag in der Luft.

Den ganzen Weg zum Waldrand spürte er den Blick des Bauern auf seinem Rücken. Erst im Dickicht des Grün sah er zurück und der Hausherr spähte ihm noch immer hinterher. Ein sonderbare Wärme flutete Usgars Herz und breitete sich in jeder Zelle seines Körpers auf. Der Eremit war sich sicher, dass diesem Mann die Götter keine Stimme verliehen hatten, weil jener ohne diese auskam.

***

Zwei Tage strich er nun schon durch den Wald. Es war die bessere Route als über offenem Land, denn hier konnte er seine Spuren verfälschen und verwischen. Jedoch war es fraglich, ob ihm die Krohlen überhaupt vergolgen würden.

Hätte er den Straßenweg genommen, wäre er bereits in der Stadt. So würde er frühestens erst morgen Mittag die Fürstenhalle auf dem Hügel der Stadt Sandoor erspähen. 
Immerhin sank seine Laune nicht. Er hatte alle Zeit der Welt - zumindest redete er sich das ein, während er mit flottem Gang unter den dürren Fichtenästen weiterschritt oder den Hauch Moder unter Laubbäumen in sich aufsog. Bäume hatten die Kraft der Riesen hieß es. Und es war so, da war sich der Eremit sicher.

Mit zunehmender Wanderung wurde das Holz dichter, die Stämme älter und Usgars Stiefel drückten schwer auf das luftige Moos am feuchten Boden. Dem Gewimmel an Käfern und anderlei Insekten wurde Einhalt geboten, Vogelgesänge waren seltener zu vernehmen - der Hühne betrat ein anderes Reich.

Er spitzte seine Ohren und lauschte dem Flüstern der Bäume. Jene raschelten mit welken Blättern oder zetterten mit dürren Ästen hoch in der Krone. Ertappt hielt Usgar von den Bergen inne. Da grummelte etwas - jemand. Ganz sicher, denn das Wispern stellte sich ein und Stille trat stattdessen ein. Das war komisch.

Plötzlich raschelte es warnend und schneller als seine Augen es zu erfassen vermochten, schoss etwas über den Erdboden und schnappte nach seinen Füßen. Nein, es kringelte sich um die Beine. Der Knochenstock entglitt ihm, als er den Boden verlor. Nur um schmerzhaft mit eben jenen bäuchlings Kontakt aufzunehmen und mit einem Ruck in die Höhe geschleudert zu werden, wobei seine Knochen ungut knackten. 
Pendelnd besah er kopfüber das matschbraune, goldorange und grellgrüne Fleckchen Erde. Der Abstand wurde etwas gesenkt und ein Ast verdrehte seine Position um die halbe Achse. Der Hühne traute seinen Augen kaum, was diese ihm zeigten.

Ungläubig starrte er auf das graue, knorrige Gesicht eines Baumstammes. Träge Äuglein musterten ihn, während eine grüne Samenknospe Usgars bärtige Wange entlangstrich. War es möglich, dass er geradewegs in das Revier eines jener Waldschrate getreten war, um welche sich uralte Legenden rankten, so hatte der Eremit um sein Leben zu bangen.

"Harhar-har harhar-har", ertönte das bröckelnde Lachen aus dem unförmigen Mund.

Flechten hatten ein unschönes Abzes am rechten Mundwinkel hinterlassen. Eine weitere Knospe griff durch die Luft und kitzelte den Eremiten am entblößten Bauch.

"Harhar-har! Was ist das nicht scherzend."

Das sah Usgar von einer ganz anderen Seite. Sein Kopf schwoll an Röte an und er versuchte, mit den Händen den Ast festzuhalten.

"Gebt Acht, Gevatter Baum! Mit mir ist nicht zu spaßen!", rief er ernst.

"Gog O'gord, das bin ich. Nicht ein ... Baum. Alt seit Anbeginn und Hüter unter dem Osdaarn. Ich warne, dich, Usgar von den Bergen. Sie kommen, sie sehen, sie hassen, sie finden. Hab Acht vor ihnen."

"Ihr Waldschrate sprecht in Rätseln. Kommt zur Sache Gog, ich hab noch ein schönes Stück vor mir nach Sandoor.", murrte der Eremit und zappelte unruhig umher.

"Gog O'gord ist für dich! Sei staad, Menschenkind. Gog warnt dich. Es ist kein schöner Weg, schreite nicht nach Sandoor. Wandere über Osdaarn.", meinte der sprechende Baum leise aber eindringlich.

"Dann sagt mir, vor wem warnt Ihr mich?"

"Gog meint es nur gut mit dir. Er hat sie gesehen, in der Dorne, auf den Straßen, in der großen Stadt!"

"Die Krohlen! Warum sagt Ihr das nicht gleich?"

"Sie jagen es, das Erbe Fyrwalls, dich! Trotze dem Winter, Durwall ist mit dir.", sprach der Waldschrat in einem Ton, welcher Usgar Gänsehaut aufzog.

Gog O'gord bog sich unter Ächzen und Knarren, ignorierte die Proteste des Hühnen, der wissen wollte was das bedeutete, und setzte jenen sichtlich verdutzt auf dem Boden ab. Die lebendigen Fesseln lösten sich von den Fußgelenken und sausten abermals über das Laub hinweg. Dann verschwand der Hüter unter dem Osdaarn im Dickicht seines Revieres und augenblicklich zersetzte das Waldleben die unnatürliche Ruhe.

Verwirrt saß Usgar nun da. Er wollte so sehr nach Sandoor und von dort mit einem Schiff in den Norden, zudem hatte er dem Stummen Bauern sein Wort gegeben, dessen Bruder seinen Gruß auszurichten. Jedes Haar sträubte sich bei dem Gedanken, stattdessen über die Berge zu wandern.

Doch tief in seinem Herzen wusste er, dass das Erscheinen des Waldschrates kein Zufall war und er sich die Warnung zu Herzen nehmen sollte, da ihn jener aufforderte weiterhin durch sein Revier zu ziehen. Diese Einladung durfte man nicht abschlagen. 
Wenn er nachdachte, so war es gar nicht so abwegig in der Stadt des Drachenfürsten Krohlen anzutreffen. Der Fürst war mehr oder weniger eine derer Marionetten.

Schweren Mutes stampfte er gen Nordwesten weiter. Nocheinmal wollte er keinen Affront mit diesen Barbaren.

***

Nächte wurden geboren, Tage erblickten das Licht und der Eremit schritt immernoch. Er hatte den Wäldern schon lange den Rücken gekehrt und stieg den ersten Felsen entgegen. Dunstschwaden verhüllten von den Anhöhen das Unterland. 
Hier war der säuselnde Wind Usgars immerwährender Begleiter. Dieser sang ein so ganz anderes Lied als die Wälder. Es handelte von Härte, vom Überleben in der Kargheit, aber auch von ungebrochenem Stolz und der Eisamkeit. Das gefiel dem Eremiten. Das war seine Sprache, seine Welt.

Blutrot verging das Sonnenlicht am Horizont und warf Schatten über das kratzige Gestein. Usgar bückte sich und pflückte eine Enzianblüte ab. Eine Träne sammelte sich in Erinnerung dieses natürlichen Kleinodes der Schönheit, platze und verrann sich im Bart. Als er sich durch die Kinnhaare fuhr, stieß er auf salzige Eiskristalle. 
Wenn der Frost überdauerte, würde es schneien.

Drei Tage später fasste die Schneeschicht auf den Berghängen eine Armlänge. Diesen Tag hatte er in einem Felsspalt verbracht, die Weiterreise wäre zu gefährlich gewesen. Borwall zum Dank waren in dieser Höhenlage noch Latschen, deren Holz den Hühnen vom Erfrieren schützte. Anbei nutzte er diese Zeit um weiteres Brennmaterial zu sammeln, um die lebensfremden Höhen bis zum Tempel des Durwall zu überstehen.

Als das Schneegestöber auch den nächsten Tag nicht abflaute, sammelte Usgar den Entschluss, dennoch das Risiko einzugehen. Wer wusste schon, wie lange er ansonsten noch hier festsitzen würde.

Grell blitzte der Schnee über die Gipfel und versteckte so manch tückische Felsspalte oder mal gar eine ganze Schlucht. Der Eremit wandelte auf lockerem Schnee, mit einem Fuß sehr wohl im Grab des freien Falles. 
Möge der Herr Dur ihn behüten! 

Autorennotiz

Dies ist eine düstere Geschichte im Heroischen Fantasy Genre.
Wohl ist das Geschriebene nicht vollkommen fehlerfrei und Anmerkungen sowie Hinweise sind gern gesehn. Zudem bin ich auch über konstruktive Kritik froh.
Ich wünsche eine gute Unterhaltung!

Gezeichnet,
Meowhin

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AnkeSabineBs Profilbild
AnkeSabineB Am 24.05.2021 um 17:15 Uhr Mit 1. Kapitel verknüpft
Mir gefällt die Wortwahl und die alte Sprache, welche du hier verwendest. Ich fühle mich gerade, als sei ich in Westeros ;)
Ein sehr gelungener Einstieg in eine vielversprechende Geschichte.
Ich freue mich auf mehr davon.
Mach weiter so

Autor

BernardBraegans Profilbild BernardBraegan

Bewertung

2 Bewertungen

Statistik

Kapitel: 5
Sätze: 828
Wörter: 13.013
Zeichen: 77.426

Kurzbeschreibung

Über Atagor, der Heimat legendärer Drachenfürsten, erheben sich die Dornen neuer Eroberer und bringen eine Hungersnot mit sich. Eine Seuche zerfrisst das Land und schwächt das ansässige Menschenvolk. Jenes ist nun gezwungen fremde Götter anzurufen. Doch die verlangen Blutzoll! Diesen Fanatismus bekommt auch Usgar von den Bergen leidig zu spüren. Rache und die Erfüllung seines Daseins drängen ihn zu einer Reise, welche sein Leben aus der Ordnung zu bringen droht.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Krieg auch in den Genres Abenteuer, Fantasy und gelistet.

Zugehörige Readlist

Fantasy
(3 Werke)