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Darkness Inside

72
29.09.24 12:23
18 Ab 18 Jahren
Heterosexualität
Workaholic

8 Charaktere

Sias Orontur

Sias Orontur ist ein geheimnisvoller und entschlossener Kämpfer, der sich in einer düsteren und gefährlichen Welt behauptet. Er zeigt wenig Emotionen und bleibt auch in den härtesten Situationen unerschütterlich. Seine Fähigkeiten und seine Hartnäckigkeit machen ihn zu einem Überlebenden, der nicht leicht zu bezwingen ist.

Keyl

Keyl ist ein Charakter, der in einer schwierigen Beziehung lebt. Obwohl er in einer angespannten Situation steckt, zeigt er eine gewisse Bewunderung für Sias und sieht in ihm ein Vorbild. Keyl versucht, mit den Herausforderungen seiner Umgebung zurechtzukommen und Frieden in seiner Beziehung zu finden.

Polizeichef Henning

Der erfahrene Polizeichef, der versucht, Ordnung in einer chaotischen Stadt aufrechtzuerhalten.

Mason

Ein Charakter, der in einer inneren Zerreißprobe steht und versucht, seinen Platz zu finden.

Zane

Ein Vorgesetzter, der Sias’ Fähigkeiten anerkennt, aber ihm misstraut.

Moira

Eine Frau mit einer komplizierten Vergangenheit, die ihre eigene Stärke zeigt.

Anderson

Ein energischer Polizeichef, der Sias auf gefährliche Einsätze schickt.

Lien

Eine Frau, die eine bedeutende Verbindung zu Sias hat und ihn unterstützt.

- 1 Der Traum -

 

Peep… Peep… Peep,“ klingelte der Wecker. „Es ist 08:00 an diesem wunderschönen Montag morgen!“ dröhnte eine blecherne Stimme aus dem Wecker und zwang den noch schläfrigen Mann, die Augen zu öffnen. Die Lust, aufzustehen, wäre sicherlich vorhanden gewesen, hätte nicht eine freche Sonne ihm direkt ins Gesicht gelacht. Aber stattdessen herrschte reine und gnadenlose Finsternis, zumindest ausserhalb der Stadt und hoch am Himmel. In der Stadt selbst herrschte ein immerwährendes Beleuchtungssystem.

Nur noch ein paar Minuten,“ jammerte der Mann, und der Wecker verstummte vorerst. Es war doch gerade so ein schöner Traum. Die Augen schlossen sich wieder, und er driftete noch einmal ab in die Traumwelt. Er hatte Bilder von vor ein paar Monaten im Kopf. Es fühlte sich an, als wäre er gerade wieder an jenem grausamen Ort.

Sias!“ schrie der Polizeichef Anderson und schmetterte ihm eine Akte hin. „Eine Frau hat einen Typen gemeldet, der sich scheinbar in einen Vampir verwandeln will. Ich möchte, dass SIE dieser Sache nachgehen.“ Der Chief sagte es zwar selten gerne, aber Sias war ihr einziger Detektiv, der bereits mehrere Vampirüberfälle überlebt hatte, selbst wenn er dabei kräftig verprügelt und von ihnen getrunken wurde. Dieser Typ stand immer wieder auf und zeigte es diesen Mistviechern.

Nehmen Sie Kowesky mit!“ befahl der Chief und wollte gerade das Zimmer verlassen. „Ach! Passen Sie auf den Jungen auf... Der soll nicht gleich an seinem ersten Arbeitstag draufgehen!“ Kowesky war ein junger Russe, gross und kräftig, und oft nach Feierabend betrunken. Das schien wohl in seiner Familie so üblich zu sein. Sein Vater braute oft Wodka und verkaufte ihn in der Stadt als letztes alkoholisches Getränk. Und hey... Die Menschen kauften es, obwohl es grässlich war und man es nur mit Wasser geniessen konnte.

Der Detektiv griff nach der Akte und öffnete sie. Ein Bild einer Kirche war zu erkennen, und auf einem Aufkleber stand „St. Andrews Roman Church“. Eine katholische Kirche. Auf dem Bild selbst waren zudem ein paar Jugendliche zu erkennen, die rauchten und mit einer vermummten Gestalt verhandelten. Es war dunkel, aber die Gestalten waren alle zu erkennen, auch wenn der Typ einen Mantel trug. Für Sias sah das wie ein Vampir aus, aber das musste nichts bedeuten. Die Frau, die die Fotos gemacht und der Polizei geschickt hatte, hiess Miss Folley und lebte in einem Wohnheim, das für ältere Menschen umgebaut worden war.

Sias konnte den Kummer oder die Angst der Frau völlig verstehen und erhob sich auch sogleich. „Koswesky!“ sagte er, als er in das Büro der Anlernenden gelangte. Er hatte keine Ahnung, wer das eigentlich sein sollte.

Sein Blick wanderte umher, aber niemand meldete sich. „Kowesky!“ rief er noch einmal.

Kowensky!“ meldete sich einer der Jungen und schüttelte dabei den Kopf.

Das ist mir egal, wie Sie heißen! Studieren Sie das hier, und in 15 Minuten gehen wir!“ Sias' Ton war scharf, aber bestimmt.

Detektiv!“ ertönte plötzlich eine Stimme aus einem anderen Eck. Ein Freiwilliger. Sias blickte ihn an und schenkte ihm somit seine Aufmerksamkeit.

Darf ich mitkommen?“ fragte der Mann, ein Polizist, der ebenfalls am Detektiv-Job interessiert war und ein Waffennarr dazu.

Name?“ fragte Sias, der im Grunde nicht abgeneigt war, aber er konnte nicht auf beide gleichzeitig aufpassen. Allerdings könnten die beiden sich gegenseitig unterstützen.

Peck, Sir.“ Ein kleiner Mann, vermutlich erst um die 20 Jahre, stand vor ihm. Sias musterte die Person und fragte sich insgeheim, warum dieser eine Glatze hatte. Peck war ein unbekannter Streifenpolizist, und vielleicht würde er das Ganze überleben, vielleicht auch nicht.

Sias nickte nur und sagte: „Schwere Montur. Ich habe keine Ahnung, was uns dort erwartet!“

Würde man mit diesem Detektiv einen Fall nachgehen, der von Vampiren verseucht war, gab es in der Regel immer Tote. Es kam nur darauf an, welche Seite die schlimmeren Verluste hatte. Peck, der von der Vampirjagd völlig begeistert war, hatte sich privat schon ein sehr beeindruckendes Waffenarsenal aufgebaut. Kowensky, der im Allgemeinen eher an der Arbeit eines Detektivs interessiert war, fand wohl weniger Gefallen daran, die primäre Rasse zu vernichten. Er war sicherlich kein Freund von Vampiren, aber das Wohl der Menschheit und der Menschen untereinander war ihm wichtiger. Deswegen hatte der Chief ihn auch ausgewählt.

Während die beiden sich auf den Einsatz vorbereiteten und sich ihre Waffen aushändigen ließen, um in den Krieg zu ziehen, ging Sias in sein Büro zurück, schnappte sich seine Desert Eagle, ein paar Ersatzmagazine sowie die Schlüssel seines eigenen Wagens und wartete in der Eingangshalle auf die beiden. Es dauerte nicht lange, bis Kowensky und Peck in voller Montur und mit schweren Waffen bei ihm auftauchten.

Nehmen Sie keine Rüstung?“ fragte Peck und betrachtete den Detektiv ungläubig.

Ich habe meine Schutzweste im Auto,“ log er, während er die Stufen der Polizeistation hinunter zu den Parkplätzen ging.

Kowesky! Sie sitzen vorne und navigieren. Peck, Sie sitzen hinten. Ich fahre.“

Kowensky,“ kam die Korrektur auch sogleich.

Wie auch immer. Die Waffen bleiben griffbereit!“

Die Autos dieser Zeit fuhren nicht mehr mit Benzin oder Diesel. Sie wurden mit Nachtenergie angetrieben, effizienter und leistungsstärker. Viele Bewohner besaßen noch ein Auto, aber die wenigsten nutzten es, meist nur für die Arbeit.

Die Fahrt zum Ziel verlief ereignislos. Sie sahen Menschen an den Straßen, die ihrem Geschäft nachgingen, Bettler auf den Gehwegen, die nach Arbeit suchten, aber keine fanden. Interessanterweise wollten viele von diesen Bettlern auch nicht arbeiten. Die Gewalt war schon immer Teil dieser Stadt, und man würde sie nicht so einfach vertreiben können. Je weiter man sich vom Zentrum und dem Central Park entfernte, desto schlimmer sah es aus. Gebäude waren vernagelt, und auf die Türen war ein Totenkopf gezeichnet, der wohl den Tod symbolisierte, sollte man diese Häuser betreten. Die Stadt, in der einst so viele Menschen lebten, glich jetzt mehr einer Ruine, getränkt mit dem Blut und den Überresten der Alten und Schwachen. Wo zuvor noch Kinder auf den Straßen spielten, lagen jetzt Mülltüten, die an einigen Stellen große rote Flecken aufwiesen. Vielleicht ragte noch ein Finger heraus. Die Stadt versank in Gewalt und Schmerz. Hier, am Rande der Stadt, herrschte der Terror. Es wurde auch angenommen, dass hier Vampire lebten – zumindest nahm das die alte Frau Folley an.

Das Altersheim kam in Sicht und wurde schnell größer, genauso wie die Kirche.

Wir werden uns zunächst um die älteren Menschen kümmern und bei Bedarf einen Panzerwagen anfordern, um sie von hier zu evakuieren,“ erklärte Peck, der es dachte, aber nicht laut aussprechen wollte. Doch bevor er reagieren konnte, wurde er von Kowensky unterbrochen.

Falls hier überhaupt noch jemand lebt,“ sagte der Russe und nahm Peck somit die Worte aus dem Mund.

Sofern man das Leben nennen kann,“ fügte Sias hinzu und parkte den Wagen auf der rechten Seite der Strasse in Richtung Kirche. Er überprüfte noch einmal seine Waffe, bevor er ausstieg. „Los geht's,“ sagte er und machte sich bereits auf den Weg über die Strasse in Richtung Altersheim. Ihm war bewusst, dass die Kirche ihr eigentliches Ziel war, aber die alten Leute galten als potenziell gefährdet, und wenn Vampire hier waren, würden sie sich diese leichte Beute sicherlich nicht entgehen lassen. In dieser Welt musste man stets vom Schlimmsten ausgehen.

Sias, gefolgt von den beiden, begab sich auf den Weg ins Gebäude. Es war ein ehemaliges Polizeipräsidium, das für diese Leute umgebaut worden war. Damals waren ihnen die Plätze ausgegangen, und heute ließ man die Menschen dort, aber nur, weil sie selbst nicht weg wollten. Sie hatten ihre Ruhe vor den Kindern und wurden bisher auch nicht gestört. Als auch Peck vor der Tür stand und Sias fast eintreten wollte, hörte man ein Krächzen. Ein Rabe sass in der Nähe auf einer Laterne und tat so, als würde er die Menschen auslachen.

Ich habe schon lange kein Tier mehr gesehen,“ sagte Kowensky, der gebannt auf den Vogel blickte.

Kowensky!“ rief Sias, der gerade dabei war, die Tür zu öffnen. Der Angesprochene brauchte einen Moment, bevor er bei ihnen stand und seine Waffe bereit machte. „Entsichert, aber schiesst nicht auf die alten Menschen,“ sagte er und öffnete die Tür vorsichtig, um in das Gebäude einzutreten.

Es war düster und dunkel. Dort, wo einst Licht herrschte, gab es nun absolute Finsternis. Nur wenig Licht drang von außen herein, und das, was man auf den ersten Blick sehen konnte, gefiel keinem der drei. In der Eingangshalle lagen drei Personen, darunter auch Miss Folley. Vermutlich hatte sie bis zuletzt gehofft, dass die Polizei sie retten würde. Der Körper einer älteren Person war völlig auseinandergerissen. Der Unterkörper einer Frau sass noch auf dem Sofa, die Gedärme lagen daneben oder auf dem Boden, während der obere Teil des Körpers unweit davon entfernt auf dem Boden lag. In einer Hand hielt die Frau ihr Herz. Vermutlich war das ein krankes Spiel dieser Vampire.

Als Peck in ihre Augen sah, konnte er noch Leben darin erkennen, das gerade zu enden schien. Die Wände waren mit Blut beschmiert, ebenso wie der Fussboden. Es sah im Grunde genauso aus wie immer, wenn Vampire durch ein bewohntes Haus zogen und nur ihre Kräfte testen wollten. Es könnte sein, dass es sich hierbei nur um einen einzelnen Vampir oder eine kleine Gruppe handelte.

 

Kowensky musste sich gleich übergeben, als er einen Kopf auf einer Lampe sah. Der Lampenschirm war heruntergerissen worden, und der Kopf wurde darauf gedrückt. Das Gesicht war nicht zu einer Fratze verzerrt – im Gegenteil: Die Augen waren geschlossen, und der Mund ebenso, durch die Stange der Lampe verschlossen. Blut rann die Stange herab.

Sie können noch nicht weit sein,“ sagte Kowensky.

Ein Schrei durchfuhr die Gänge des Gemäuers und brannte sich sofort in die Knochen der beiden Polizisten. Sias, der schon oft mit solchen Schreien konfrontiert worden war, blieb unbeeindruckt und eilte im Gegensatz zu den anderen beiden die Treppe hinauf. Peck, der sich wieder gefasst hatte, rannte dem Detektiv nach, musste sich jedoch am Geländer festhalten, da er auf einer Blutlache fast ausgerutscht wäre. Zu seinem Erschrecken war das Geländer voller Blut und merkwürdig aussehender Stücke, die daran klebten.

Sias, der bereits das andere Ende der Treppe erreicht hatte, blickte nur kurz zurück und sah, wie Peck ihm auf den Fersen war, während Kowensky sich erneut übergeben musste. „Kowensky! Sie bleiben hier und sichern den Eingang!“ Es war der einzige Ein- und Ausgang, es sei denn, man zählte die Fenster.

Ich rufe Verstärkung,“ erwiderte Kowensky, doch er wusste genau, dass bis zur Ankunft der Verstärkung alles vorbei sein würde – und sie vermutlich tot. Warum nur musste er mit diesem Detektiv gehen? Es gab Gerüchte über Sias, harmlose, aber auch viele erschreckende. Eines der Gerüchte besagte, dass Sias zur Familie der Vampire gehöre, doch ein Test hatte ergeben, dass dem nicht so war. Was jedoch alle zu glauben schienen: Sias war nicht von dieser Welt. Auch wenn er menschlich war, schien er dennoch nicht ganz dazu zu gehören.

Den Eingang zu sichern – das konnte doch nicht so schwierig sein, oder? Aber alleine, zwischen all diesen Leichen? Das forderte seinen Gemütszustand doch erheblich. Es war nicht so, als hätte er gar keine Erfahrung mit Leichen, aber normalerweise war er nicht direkt in ihrer Nähe. Sein Vater hatte ihm oft geraten, tief durchzuatmen und sich zu konzentrieren. „Die Leichen lenken ab,“ hatte er gesagt, „sie gehören nicht mehr in diese Welt, und die Besitzer dieser Leichen sind jetzt bestimmt an einem besseren Ort.“

Ein Fensterladen knarrte. Blut tropfte von der Decke und landete direkt auf Kowenskys Gesicht. Er wischte es mit einer Hand ab und versuchte herauszufinden, was es war. Als er sah, was es war und vor allem woher es kam, stockte ihm der Atem. Drei weitere Körper hingen an der Decke, irgendwie dort fixiert. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass es keine Leichen waren.

Kowensky an Sias!“ gab er durch das Mikro an seinen Vorgesetzten.

Sprechen Sie!“ kam die Antwort.

Ich habe Überlebende in einem sehr schlimmen Zustand gefunden,“ flüsterte er fast in das Mikro, den Blick weiterhin auf die drei Personen gerichtet, die an die Decke genagelt worden waren. Erst jetzt erkannte er die silbernen Nägel. Durch die Hände, Füsse, Knie und Schultern waren diese Nägel getrieben worden. Dass Vampire kräftig waren, wusste er, aber dass sie so abartig waren – das konnte er sich nun viel besser vorstellen.

Ich sagte, Sie bleiben beim Eingang!“

Da bin ich auch. Sie wurden an die Decke genagelt.“ Als er das sagte, sah er das blanke Entsetzen im Gesicht einer jüngeren Frau. Was er selbst nicht sah, war der Vampir, der sich von hinten an ihn heranschlich und ihm einen Speer durch den Hals trieb. Kowensky verstummte sofort, ließ das Mikro fallen und sackte kurz darauf zusammen.

Seine ganze Kraft verließ ihn, seine Muskeln wurden schwach. Blut floss aus der Wunde über seinen Hals und Nacken hinab. Seine Beine gaben nach. Der Speer traf das Rückenmark und lähmte ihn. Mit seiner linken Hand versuchte er, die Wunde am Hals abzudecken, mit seiner rechten zog er die Waffe und begann, sich drehend zu feuern. Doch der Vampir war schon längst wieder verschwunden und beobachtete das Geschehen aus der Ferne. Die Kugeln durchbohrten die Wände und drangen im gegenüberliegenden Haus in eine neue Wand ein. Seine Drehung führte er fort, bis er auf dem Boden lag. Eine Person traf er noch mit einer Kugel und tötete sie sofort.

Kowensky!?“ brüllte Sias ins Mikro und verlangte eine Erklärung, warum er geschossen hatte.

Die Frau an der Decke sah zu, wie der Polizist langsam starb, und vergoss sogar eine Träne für ihn. Ihre Hoffnung auf Rettung erlosch mit seinem Tod. Die Träne rollte ihr über die Nase und fiel in die Tiefe. Es konnten Stunden, vielleicht sogar Tage vergangen sein, bevor die Träne in diesem kurzen Moment in Kowenskys totem Mund aufprallte. Der Mann verstarb, noch während die Träne im freien Fall war, und er spürte nicht einmal mehr, wie das Blut aus seinem Hals floss.

Die Frau hätte etwas sagen wollen, sie hätte ihn warnen wollen. Doch vielleicht war es Schicksal, dass ausgerechnet diese Frau stumm war und nicht sprechen konnte. Kein Laut kam über ihre Lippen, als sie sah, wie der Polizist direkt unter ihr verblutete. Ihre Blicke kreuzten sich, und Kowensky wusste, dass, wenn er je eine Frau geheiratet hätte, er sich für sie entschieden hätte. Sie war wunderschön, mit blonden Haaren, etwas klein und zierlich, aber atemberaubend. Worte reichten nicht aus, um diese Frau zu beschreiben.

KOWENSKY!“ schrie Peck, der sofort die Treppen herunterstürmte und sich über seinen Kameraden beugte. Es half alles nichts mehr. Der Kamerad war tot und würde nie mehr ins Leben zurückkehren. „Das war ein feiger Angriff von hinten,“ sagte Sias und legte dabei die Hand auf Pecks Schulter, bevor er nach oben blickte und die drei Personen an der Decke sah.

Peck, der noch immer nicht fassen konnte, dass sein Partner tot war, wollte noch seinen Puls prüfen – nichts. Er zerrte an dessen Jacke und sah dabei all das Blut. Seine Taschenlampe leuchtete hell genug, dass er es deutlich erkennen konnte. Es war noch flüssig.

Sias, der gerade anderweitig beschäftigt war, ging um die aufgehängten Toten herum und blickte dann zum Eingang. Die Tür war zu. „Hat Kowensky nicht gesagt, dass noch jemand lebt?“ fragte Sias und deutete nach oben zur Decke, damit sich Peck selbst davon überzeugen konnte. Es dauerte einen Moment, ehe sich Peck von seinem toten Kameraden losreißen konnte, und dann blickte auch er nach oben.

Da ist niemand,“ murmelte er knapp. Der Detektiv verzog das Gesicht und blickte noch einmal hin, konnte nicht glauben, dass Peck die drei Gestalten dort oben nicht sehen konnte. Niemand war mehr da. „Aber ich könnte schwören, dass dort drei leblose Körper hingen, wie an einem Galgen, als hätte sie jemand aufgeknüpft.“

Die Wahrnehmungen der drei unterschieden sich dabei. Kowensky hatte gesehen, wie die drei Personen an die Decke genagelt worden waren und noch lebten. Sias hatte sie an einem Strick hängen sehen, und Peck hatte überhaupt nichts bemerkt.

Als wir ins Haus kamen, habe ich niemanden gesehen,“ bemerkte Sias und verengte die Augen. „Wir sind definitiv nicht allein, aber ich habe noch von keinem Vampir gehört, der so etwas konnte,“ murmelte Peck und stellte sich mit dem Rücken zu Sias, als plötzlich die Tür aufging und Kowensky hereinkam.

Der Polizist sah ziemlich verwundert aus, als er die beiden da stehen sah, Rücken an Rücken, und ihren Augen nicht trauen konnte. „Ihr habt gerufen?“ fragte er und schaute immer noch verdutzt drein, als wüsste er nicht, worum es ging.

Aber wer...“ stammelte Peck, während er und auch Sias sich umdrehten und den Körper eines alten Mannes auf dem Boden liegen sahen.

Ich sagte, Sie sollen beim Eingang bleiben!“ knurrte Sias, war jedoch erleichtert, dass Kowensky noch lebte.

Ich habe gerade Verstärkung angefordert,“ sagte Kowensky. „Aber wer hat dann eben mit uns gesprochen? Und wer ist gerade gestorben?“ Peck und Sias sahen ihn ungläubig an.

Sie sagten, hier wären Personen an die Decke genagelt worden und kurz darauf seien sie gestorben,“ bestätigte Sias, unterstützt von Peck.

Ich bin vor einer Minute rausgegangen und habe die Verstärkung angefordert, wie gewünscht. Dann hat mich irgendjemand gerufen – ich glaube, es war Peck,“ sagte Kowensky und schien völlig verwirrt. „Sie haben zwei Fireteams von der Sicherheitstruppe geschickt,“ fügte der tot geglaubte Polizist hinzu.

Aber wenn nicht Sie... wer dann?“ fragte Sias und drehte sich erneut um, um zur Leiche von Kowensky zu schauen. Doch zu sehen waren wieder nur die drei Leichen, keine am Strick und niemand an der Decke. Es sah genauso aus wie beim ersten Mal, als sie hereingekommen waren.

Ich weiß ja nicht, was hier los ist, aber irgendetwas stimmt ganz und gar nicht,“ jammerte Peck, dem die Situation allmählich zu viel wurde.

Sias ging zum Wagen und nahm das Funkgerät in die Hand, um die Basis zu erreichen. „Basis, hier Sias. Ich denke nicht, dass es klug ist, hier noch mehr Menschen hinzuschicken.“

Sias, beherrschen Sie sich und warten Sie mit einem Eingriff. Wir sind gleich bei Ihnen!“ war die Stimme eines Mannes zu hören, die definitiv Charisma ausstrahlte. Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt und gehörte sicherlich einem Soldaten oder Offizier der Armee. Fireteams – das waren in der Regel kleine Einheiten, die schnell und gnadenlos zuschlagen konnten.

Und Sie sind wer?“ fragte Sias, während Peck und Kowensky an der Autotür standen und der Konversation lauschten. Im Hintergrund waren zwei herannahende Kastenwagen der Armee zu sehen. Ein gefährliches Bild für alle, die auf der falschen Seite standen.

Ich bin Colonel Weissfeld.“

Wir haben es hier nicht mit einer vampirischen Kraft zu tun,“ entgegnete der Polizist und hörte die Bremsgeräusche der mächtigen Fahrzeuge. Das Mikrofon verstummte, und die Gespräche via Funk waren vorbei.

Bremsend kamen die Fahrzeuge zum Stehen, und nach einem kurzen Augenblick stürmten schwer bewaffnete Soldaten aus den Wagen, in voller Montur, mehr als die beiden Polizisten dabei hatten, doch die Soldaten konnten sich immer noch problemlos bewegen.

Mister Sias Orontur!“ rief Weissfeld, der ebenfalls aus dem Wagen stieg und auf das Polizeiauto zuging, in dem der Detektiv saß. „Weissfeld,“ sagte Sias nur, stieg dann aber nach kurzem Zögern aus.

Ich will eine kurze Lagebesprechung,“ forderte der Colonel. So viel konnte er noch erwarten, und er ließ seine Soldaten in Formation antreten. „Sergeant!“ bellte er und drehte sich zu diesem um. „Rüsten Sie die beiden Anwärter aus und verpassen Sie Mister Orontur eine richtige Waffe!“

Jawohl!“ Der Sergeant ließ seinen Blick kurz zu den beiden Polizisten schweifen, ehe er sie zu sich rief, zwei seiner Soldaten mitnahm und Peck sowie Kowensky richtig ausrüstete.

Ich nehme an, Sie haben wie immer eine schusssichere Weste an?“ fragte Weissfeld den Detektiv.

Natürlich,“ log dieser und klopfte sich mit der Hand auf den Torso, da wo eigentlich die Weste sein sollte. Sias trug lediglich ein Hemd, ein Jackett und ein Pistolenholster, in dem seine Waffe steckte.

Ich habe eigentlich eine Waffe,“ meinte er, bevor ihm ein Soldat ein Sturmgewehr reichte, das für Sias völlig unhandlich wirkte. Er legte die Waffe auf das Dach seines Autos und begann, mit Weissfeld die Lage zu besprechen. Das Militär fand sich oft in polizeilichen Angelegenheiten wieder, vor allem bei solchen Einsätzen, und es war wichtig, dass sie eng zusammenarbeiteten. Sias erzählte Weissfeld, was vorgefallen war und was sie gesehen hatten.

Das Briefing dauerte nur einen Moment, denn noch hatten sie nichts gefunden, was auf ein konkretes Problem hinwies.

Also, Männer! Wir wissen, dass es dort noch Überlebende geben müsste, aber das ist vermutlich eine Falle. Vampire haben das Haus gestürmt und verwüstet. Es gibt Tote und sicherlich auch Verwundete. Wir sind hier, um die Vampire zu vernichten, nicht um polizeiliche Arbeit zu leisten. Verstanden!?“

Ein kurzes „JA“ schallte ihm entgegen.

Mister Orontur! Sie bleiben bei mir.“ Dieser Aufforderung kam Sias im Grunde sehr gerne nach, denn er war nicht für einen Krieg ausgerüstet. „Peck und Kowensky, Sie unterstützen die Truppen, allerdings lassen Sie die Soldaten vorausgehen!“ sagte er kurz und knapp. Eine Antwort brauchte er darauf nicht, ein Nicken reichte ihm völlig aus.

Wieder war ein Rabe auf einer Laterne zu erkennen, und irgendetwas Kugelförmiges Weißes hing in seinem Schnabel. Bei genauerem Hinsehen konnte man die Umrisse eines Auges erkennen.

Zwei der Soldaten, Liam und Julian, standen jeweils links und rechts an der Tür und sicherten den Eingang ab. Sie gaben sich Handzeichen, um schließlich in den Raum einzudringen. Mit einem Schlag sprang die Tür aus den Angeln, krachte in den Raum hinein, splitterte beim Aufprall und war nicht mehr zu gebrauchen. Die linke Tür knallte nur auf und blieb offen. Die Soldaten, die sich links und rechts an der Tür positioniert hatten, drangen nach nur einem kurzen Moment in das Haus ein und verteilten sich genauso links und rechts in der Eingangshalle. Es war leer – wieder die drei Leichen auf dem Boden, wieder diese Dunkelheit und diese drückende Atmosphäre. Es hatte etwas Unheimliches.

Logan! Ihr Team sichert den unteren Bereich. Aiden! Sie oben!“ Ein klarer Befehl, und niemand kam dem anderen in die Quere.

Weissfeld sah sich um und fluchte leise, als er die Leichen und den Kopf auf dem Lampenständer erblickte. „Die Vampire lieben diese Brutalität...“ begann er, ehe er tief durchatmete und fragte: „Jünglinge?“ Er blickte fragend zu Sias.

Sias nickte nur und sah zur Decke. Er sah sie – nein, er sah ihn. Nicht eine Frau hing da oben, sondern Kowensky war an die Decke genagelt worden. Ein Auge fehlte ihm, es war von dem Raben herausgepickt worden. Sias schüttelte den Kopf und blickte sich um. Niemand. Es war leer und still. Der fluchende Weissfeld war nicht mehr in dem Raum, auch Peck war verschwunden.

Wo zum Teufel ist Peck?“ Sias sah sich hektisch um. „PECK!“ schrie er und machte ein paar Schritte, doch nichts und niemand war zu hören. „PEEECK!“ schrie Sias erneut und ging auf die Knie. Keine Kameraden, keine Hilfe, keine Hoffnung. Was passierte hier nur?

Peck ist tot!“ hörte er eine Stimme in der Finsternis. „Kowensky ist tot.“ Wie ein Echo hallte es durch die Eingangshalle.

Wer bist DU?!“ verlangte Sias zu wissen und zückte seine Pistole. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Von einem Vampir mit solchen Fähigkeiten hatte er noch nie gehört oder gelesen.

Ich werde mich dir noch früh genug offenbaren!“ lachte die Stimme, bevor sie verschwand und das Piepsen des Weckers Sias aus dem Schlaf riss.

 

 

- 1 Der Traum -

 

Peep… Peep… Peep,“ klingelte der Wecker. Es ist 08:00 an diesem wunderschönen Montag morgen!“ dröhnte eine blecherne Stimme aus dem Wecker und zwang den noch schläfrigen Mann, die Augen zu öffnen. Die Lust, aufzustehen, wäre sicherlich vorhanden gewesen, hätte nicht eine freche Sonne ihm direkt ins Gesicht gelacht. Aber stattdessen herrschte reine und gnadenlose Finsternis, zumindest ausserhalb der Stadt und hoch am Himmel. In der Stadt selbst herrschte ein immerwährendes Beleuchtungssystem.

Nur noch ein paar Minuten,“ jammerte der Mann, und der Wecker verstummte vorerst. Es war doch gerade so ein schöner Traum. Die Augen schlossen sich wieder, und er driftete noch einmal ab in die Traumwelt. Er hatte Bilder von vor ein paar Monaten im Kopf. Es fühlte sich an, als wäre er gerade wieder an jenem grausamen Ort.

Sias!“ schrie der Polizeichef Anderson und schmetterte ihm eine Akte hin. „Eine Frau hat einen Typen gemeldet, der sich scheinbar in einen Vampir verwandeln will. Ich möchte, dass SIE dieser Sache nachgehen.“ Der Chief sagte es zwar selten gerne, aber Sias war ihr einziger Detektiv, der bereits mehrere Vampirüberfälle überlebt hatte, selbst wenn er dabei kräftig verprügelt und von ihnen getrunken wurde. Dieser Typ stand immer wieder auf und zeigte es diesen Mistviechern.

Nehmen Sie Kowesky mit!“ befahl der Chief und wollte gerade das Zimmer verlassen. „Ach! Passen Sie auf den Jungen auf... Der soll nicht gleich an seinem ersten Arbeitstag draufgehen!“ Kowesky war ein junger Russe, gross und kräftig, und oft nach Feierabend betrunken. Das schien wohl in seiner Familie so üblich zu sein. Sein Vater braute oft Wodka und verkaufte ihn in der Stadt als letztes alkoholisches Getränk. Und hey... Die Menschen kauften es, obwohl es grässlich war und man es nur mit Wasser geniessen konnte.

Der Detektiv griff nach der Akte und öffnete sie. Ein Bild einer Kirche war zu erkennen, und auf einem Aufkleber stand „St. Andrews Roman Church“. Eine katholische Kirche. Auf dem Bild selbst waren zudem ein paar Jugendliche zu erkennen, die rauchten und mit einer vermummten Gestalt verhandelten. Es war dunkel, aber die Gestalten waren alle zu erkennen, auch wenn der Typ einen Mantel trug. Für Sias sah das wie ein Vampir aus, aber das musste nichts bedeuten. Die Frau, die die Fotos gemacht und der Polizei geschickt hatte, hiess Miss Folley und lebte in einem Wohnheim, das für ältere Menschen umgebaut worden war.

Sias konnte den Kummer oder die Angst der Frau völlig verstehen und erhob sich auch sogleich. „Koswesky!“ sagte er, als er in das Büro der Anlernenden gelangte. Er hatte keine Ahnung, wer das eigentlich sein sollte.

Sein Blick wanderte umher, aber niemand meldete sich. „Kowesky!“ rief er noch einmal.

Kowensky!“ meldete sich einer der Jungen und schüttelte dabei den Kopf.

Das ist mir egal, wie Sie heissen! Studieren Sie das hier, und in 15 Minuten gehen wir!“ Sias' Ton war scharf, aber bestimmt.

Detektiv!“ ertönte plötzlich eine Stimme aus einem anderen Eck. Ein Freiwilliger. Sias blickte ihn an und schenkte ihm somit seine Aufmerksamkeit.

Darf ich mitkommen?“ fragte der Mann, ein Polizist, der ebenfalls am Detektiv-Job interessiert war und ein Waffennarr dazu.

Name?“ fragte Sias, der im Grunde nicht abgeneigt war, aber er konnte nicht auf beide gleichzeitig aufpassen. Allerdings könnten die beiden sich gegenseitig unterstützen.

Peck, Sir.“ Ein kleiner Mann, vermutlich erst um die 20 Jahre, stand vor ihm. Sias musterte die Person und fragte sich insgeheim, warum dieser eine Glatze hatte. Peck war ein unbekannter Streifenpolizist, und vielleicht würde er das Ganze überleben, vielleicht auch nicht.

Sias nickte nur und sagte: „Schwere Montur. Ich habe keine Ahnung, was uns dort erwartet!“

Würde man mit diesem Detektiv einen Fall nachgehen, der von Vampiren verseucht war, gab es in der Regel immer Tote. Es kam nur darauf an, welche Seite die schlimmeren Verluste hatte. Peck, der von der Vampirjagd völlig begeistert war, hatte sich privat schon ein sehr beeindruckendes Waffenarsenal aufgebaut. Kowensky, der im Allgemeinen eher an der Arbeit eines Detektivs interessiert war, fand wohl weniger Gefallen daran, die primäre Rasse zu vernichten. Er war sicherlich kein Freund von Vampiren, aber das Wohl der Menschheit und der Menschen untereinander war ihm wichtiger. Deswegen hatte der Chief ihn auch ausgewählt.

Während die beiden sich auf den Einsatz vorbereiteten und sich ihre Waffen aushändigen liessen, um in den Krieg zu ziehen, ging Sias in sein Büro zurück, schnappte sich seine Desert Eagle, ein paar Ersatzmagazine sowie die Schlüssel seines eigenen Wagens und wartete in der Eingangshalle auf die beiden. Es dauerte nicht lange, bis Kowensky und Peck in voller Montur und mit schweren Waffen bei ihm auftauchten.

Nehmen Sie keine Rüstung?“ fragte Peck und betrachtete den Detektiv ungläubig.

Ich habe meine Schutzweste im Auto,“ log er, während er die Stufen der Polizeistation hinunter zu den Parkplätzen ging.

Kowesky! Sie sitzen vorne und navigieren. Peck, Sie sitzen hinten. Ich fahre.“

Kowensky,“ kam die Korrektur auch sogleich.

Wie auch immer. Die Waffen bleiben griffbereit!“

Die Autos dieser Zeit fuhren nicht mehr mit Benzin oder Diesel. Sie wurden mit Nachtenergie angetrieben, effizienter und leistungsstärker. Viele Bewohner besassen noch ein Auto, aber die wenigsten nutzten es, meist nur für die Arbeit.

Die Fahrt zum Ziel verlief ereignislos. Sie sahen Menschen an den Strassen, die ihrem Geschäft nachgingen, Bettler auf den Gehwegen, die nach Arbeit suchten, aber keine fanden. Interessanterweise wollten viele von diesen Bettlern auch nicht arbeiten. Die Gewalt war schon immer Teil dieser Stadt, und man würde sie nicht so einfach vertreiben können. Je weiter man sich vom Zentrum und dem Central Park entfernte, desto schlimmer sah es aus. Gebäude waren vernagelt, und auf die Türen war ein Totenkopf gezeichnet, der wohl den Tod symbolisierte, sollte man diese Häuser betreten. Die Stadt, in der einst so viele Menschen lebten, glich jetzt mehr einer Ruine, getränkt mit dem Blut und den Überresten der Alten und Schwachen. Wo zuvor noch Kinder auf den Strassen spielten, lagen jetzt Mülltüten, die an einigen Stellen grosse rote Flecken aufwiesen. Vielleicht ragte noch ein Finger heraus. Die Stadt versank in Gewalt und Schmerz. Hier, am Rande der Stadt, herrschte der Terror. Es wurde auch angenommen, dass hier Vampire lebten – zumindest nahm das die alte Frau Folley an.

Das Altersheim kam in Sicht und wurde schnell grösser, genauso wie die Kirche.

Wir werden uns zunächst um die älteren Menschen kümmern und bei Bedarf einen Panzerwagen anfordern, um sie von hier zu evakuieren,“ erklärte Peck, der es dachte, aber nicht laut aussprechen wollte. Doch bevor er reagieren konnte, wurde er von Kowensky unterbrochen.

Falls hier überhaupt noch jemand lebt,“ sagte der Russe und nahm Peck somit die Worte aus dem Mund.

Sofern man das Leben nennen kann,“ fügte Sias hinzu und parkte den Wagen auf der rechten Seite der Strasse in Richtung Kirche. Er überprüfte noch einmal seine Waffe, bevor er ausstieg. „Los geht's,“ sagte er und machte sich bereits auf den Weg über die Strasse in Richtung Altersheim. Ihm war bewusst, dass die Kirche ihr eigentliches Ziel war, aber die alten Leute galten als potenziell gefährdet, und wenn Vampire hier waren, würden sie sich diese leichte Beute sicherlich nicht entgehen lassen. In dieser Welt musste man stets vom Schlimmsten ausgehen.

Sias, gefolgt von den beiden, begab sich auf den Weg ins Gebäude. Es war ein ehemaliges Polizeipräsidium, das für diese Leute umgebaut worden war. Damals waren ihnen die Plätze ausgegangen, und heute liess man die Menschen dort, aber nur, weil sie selbst nicht weg wollten. Sie hatten ihre Ruhe vor den Kindern und wurden bisher auch nicht gestört. Als auch Peck vor der Tür stand und Sias fast eintreten wollte, hörte man ein Krächzen. Ein Rabe sass in der Nähe auf einer Laterne und tat so, als würde er die Menschen auslachen.

Ich habe schon lange kein Tier mehr gesehen,“ sagte Kowensky, der gebannt auf den Vogel blickte.

Kowensky!“ rief Sias, der gerade dabei war, die Tür zu öffnen. Der Angesprochene brauchte einen Moment, bevor er bei ihnen stand und seine Waffe bereit machte. „Entsichert, aber schiesst nicht auf die alten Menschen,“ sagte er und öffnete die Tür vorsichtig, um in das Gebäude einzutreten.

Es war düster und dunkel. Dort, wo einst Licht herrschte, gab es nun absolute Finsternis. Nur wenig Licht drang von aussen herein, und das, was man auf den ersten Blick sehen konnte, gefiel keinem der drei. In der Eingangshalle lagen drei Personen, darunter auch Miss Folley. Vermutlich hatte sie bis zuletzt gehofft, dass die Polizei sie retten würde. Der Körper einer älteren Person war völlig auseinandergerissen. Der Unterkörper einer Frau sass noch auf dem Sofa, die Gedärme lagen daneben oder auf dem Boden, während der obere Teil des Körpers unweit davon entfernt auf dem Boden lag. In einer Hand hielt die Frau ihr Herz. Vermutlich war das ein krankes Spiel dieser Vampire.

Als Peck in ihre Augen sah, konnte er noch Leben darin erkennen, das gerade zu enden schien. Die Wände waren mit Blut beschmiert, ebenso wie der Fussboden. Es sah im Grunde genauso aus wie immer, wenn Vampire durch ein bewohntes Haus zogen und nur ihre Kräfte testen wollten. Es könnte sein, dass es sich hierbei nur um einen einzelnen Vampir oder eine kleine Gruppe handelte.

Kowensky musste sich gleich übergeben, als er einen Kopf auf einer Lampe sah. Der Lampenschirm war heruntergerissen worden, und der Kopf wurde darauf gedrückt. Das Gesicht war nicht zu einer Fratze verzerrt – im Gegenteil: Die Augen waren geschlossen, und der Mund ebenso, durch die Stange der Lampe verschlossen. Blut rann die Stange herab.

Sie können noch nicht weit sein,“ sagte Kowensky.

Ein Schrei durchfuhr die Gänge des Gemäuers und brannte sich sofort in die Knochen der beiden Polizisten. Sias, der schon oft mit solchen Schreien konfrontiert worden war, blieb unbeeindruckt und eilte im Gegensatz zu den anderen beiden die Treppe hinauf. Peck, der sich wieder gefasst hatte, rannte dem Detektiv nach, musste sich jedoch am Geländer festhalten, da er auf einer Blutlache fast ausgerutscht wäre. Zu seinem Erschrecken war das Geländer voller Blut und merkwürdig aussehender Stücke, die daran klebten.

Sias, der bereits das andere Ende der Treppe erreicht hatte, blickte nur kurz zurück und sah, wie Peck ihm auf den Fersen war, während Kowensky sich erneut übergeben musste. „Kowensky! Sie bleiben hier und sichern den Eingang!“ Es war der einzige Ein- und Ausgang, es sei denn, man zählte die Fenster.

Ich rufe Verstärkung,“ erwiderte Kowensky, doch er wusste genau, dass bis zur Ankunft der Verstärkung alles vorbei sein würde – und sie vermutlich tot. Warum nur musste er mit diesem Detektiv gehen? Es gab Gerüchte über Sias, harmlose, aber auch viele erschreckende. Eines der Gerüchte besagte, dass Sias zur Familie der Vampire gehöre, doch ein Test hatte ergeben, dass dem nicht so war. Was jedoch alle zu glauben schienen: Sias war nicht von dieser Welt. Auch wenn er menschlich war, schien er dennoch nicht ganz dazu zu gehören.

Den Eingang zu sichern – das konnte doch nicht so schwierig sein, oder? Aber alleine, zwischen all diesen Leichen? Das forderte seinen Gemütszustand doch erheblich. Es war nicht so, als hätte er gar keine Erfahrung mit Leichen, aber normalerweise war er nicht direkt in ihrer Nähe. Sein Vater hatte ihm oft geraten, tief durchzuatmen und sich zu konzentrieren. „Die Leichen lenken ab,“ hatte er gesagt, „sie gehören nicht mehr in diese Welt, und die Besitzer dieser Leichen sind jetzt bestimmt an einem besseren Ort.“

Ein Fensterladen knarrte. Blut tropfte von der Decke und landete direkt auf Kowenskys Gesicht. Er wischte es mit einer Hand ab und versuchte herauszufinden, was es war. Als er sah, was es war und vor allem woher es kam, stockte ihm der Atem. Drei weitere Körper hingen an der Decke, irgendwie dort fixiert. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass es keine Leichen waren.

Kowensky an Sias!“ gab er durch das Mikro an seinen Vorgesetzten.

Sprechen Sie!“ kam die Antwort.

Ich habe Überlebende in einem sehr schlimmen Zustand gefunden,“ flüsterte er fast in das Mikro, den Blick weiterhin auf die drei Personen gerichtet, die an die Decke genagelt worden waren. Erst jetzt erkannte er die silbernen Nägel. Durch die Hände, Füsse, Knie und Schultern waren diese Nägel getrieben worden. Dass Vampire kräftig waren, wusste er, aber dass sie so abartig waren – das konnte er sich nun viel besser vorstellen.

Ich sagte, Sie bleiben beim Eingang!“

Da bin ich auch. Sie wurden an die Decke genagelt.“ Als er das sagte, sah er das blanke Entsetzen im Gesicht einer jüngeren Frau. Was er selbst nicht sah, war der Vampir, der sich von hinten an ihn heranschlich und ihm einen Speer durch den Hals trieb. Kowensky verstummte sofort, liess das Mikro fallen und sackte kurz darauf zusammen.

Seine ganze Kraft verliess ihn, seine Muskeln wurden schwach. Blut floss aus der Wunde über seinen Hals und Nacken hinab. Seine Beine gaben nach. Der Speer traf das Rückenmark und lähmte ihn. Mit seiner linken Hand versuchte er, die Wunde am Hals abzudecken, mit seiner rechten zog er die Waffe und begann, sich drehend zu feuern. Doch der Vampir war schon längst wieder verschwunden und beobachtete das Geschehen aus der Ferne. Die Kugeln durchbohrten die Wände und drangen im gegenüberliegenden Haus in eine neue Wand ein. Seine Drehung führte er fort, bis er auf dem Boden lag. Eine Person traf er noch mit einer Kugel und tötete sie sofort.

Kowensky!?“ brüllte Sias ins Mikro und verlangte eine Erklärung, warum er geschossen hatte.

Die Frau an der Decke sah zu, wie der Polizist langsam starb, und vergoss sogar eine Träne für ihn. Ihre Hoffnung auf Rettung erlosch mit seinem Tod. Die Träne rollte ihr über die Nase und fiel in die Tiefe. Es konnten Stunden, vielleicht sogar Tage vergangen sein, bevor die Träne in diesem kurzen Moment in Kowenskys totem Mund aufprallte. Der Mann verstarb, noch während die Träne im freien Fall war, und er spürte nicht einmal mehr, wie das Blut aus seinem Hals floss.

Die Frau hätte etwas sagen wollen, sie hätte ihn warnen wollen. Doch vielleicht war es Schicksal, dass ausgerechnet diese Frau stumm war und nicht sprechen konnte. Kein Laut kam über ihre Lippen, als sie sah, wie der Polizist direkt unter ihr verblutete. Ihre Blicke kreuzten sich, und Kowensky wusste, dass, wenn er je eine Frau geheiratet hätte, er sich für sie entschieden hätte. Sie war wunderschön, mit blonden Haaren, etwas klein und zierlich, aber atemberaubend. Worte reichten nicht aus, um diese Frau zu beschreiben.

KOWENSKY!“ schrie Peck, der sofort die Treppen herunterstürmte und sich über seinen Kameraden beugte. Es half alles nichts mehr. Der Kamerad war tot und würde nie mehr ins Leben zurückkehren. „Das war ein feiger Angriff von hinten,“ sagte Sias und legte dabei die Hand auf Pecks Schulter, bevor er nach oben blickte und die drei Personen an der Decke sah.

Peck, der noch immer nicht fassen konnte, dass sein Partner tot war, wollte noch seinen Puls prüfen – nichts. Er zerrte an dessen Jacke und sah dabei all das Blut. Seine Taschenlampe leuchtete hell genug, dass er es deutlich erkennen konnte. Es war noch flüssig.

Sias, der gerade anderweitig beschäftigt war, ging um die aufgehängten Toten herum und blickte dann zum Eingang. Die Tür war zu. „Hat Kowensky nicht gesagt, dass noch jemand lebt?“ fragte Sias und deutete nach oben zur Decke, damit sich Peck selbst davon überzeugen konnte. Es dauerte einen Moment, ehe sich Peck von seinem toten Kameraden losreissen konnte, und dann blickte auch er nach oben.

Da ist niemand,“ murmelte er knapp. Der Detektiv verzog das Gesicht und blickte noch einmal hin, konnte nicht glauben, dass Peck die drei Gestalten dort oben nicht sehen konnte. Niemand war mehr da. „Aber ich könnte schwören, dass dort drei leblose Körper hingen, wie an einem Galgen, als hätte sie jemand aufgeknüpft.“

Die Wahrnehmungen der drei unterschieden sich dabei. Kowensky hatte gesehen, wie die drei Personen an die Decke genagelt worden waren und noch lebten. Sias hatte sie an einem Strick hängen sehen, und Peck hatte überhaupt nichts bemerkt.

Als wir ins Haus kamen, habe ich niemanden gesehen,“ bemerkte Sias und verengte die Augen. „Wir sind definitiv nicht allein, aber ich habe noch von keinem Vampir gehört, der so etwas konnte,“ murmelte Peck und stellte sich mit dem Rücken zu Sias, als plötzlich die Tür aufging und Kowensky hereinkam.

Der Polizist sah ziemlich verwundert aus, als er die beiden da stehen sah, Rücken an Rücken, und ihren Augen nicht trauen konnte. „Ihr habt gerufen?“ fragte er und schaute immer noch verdutzt drein, als wüsste er nicht, worum es ging.

Aber wer...“ stammelte Peck, während er und auch Sias sich umdrehten und den Körper eines alten Mannes auf dem Boden liegen sahen.

Ich sagte, Sie sollen beim Eingang bleiben!“ knurrte Sias, war jedoch erleichtert, dass Kowensky noch lebte.

Ich habe gerade Verstärkung angefordert,“ sagte Kowensky. „Aber wer hat dann eben mit uns gesprochen? Und wer ist gerade gestorben?“ Peck und Sias sahen ihn ungläubig an.

Sie sagten, hier wären Personen an die Decke genagelt worden und kurz darauf seien sie gestorben,“ bestätigte Sias, unterstützt von Peck.

Ich bin vor einer Minute rausgegangen und habe die Verstärkung angefordert, wie gewünscht. Dann hat mich irgendjemand gerufen – ich glaube, es war Peck,“ sagte Kowensky und schien völlig verwirrt. „Sie haben zwei Fireteams von der Sicherheitstruppe geschickt,“ fügte der tot geglaubte Polizist hinzu.

Aber wenn nicht Sie... wer dann?“ fragte Sias und drehte sich erneut um, um zur Leiche von Kowensky zu schauen. Doch zu sehen waren wieder nur die drei Leichen, keine am Strick und niemand an der Decke. Es sah genauso aus wie beim ersten Mal, als sie hereingekommen waren.

Ich weiss ja nicht, was hier los ist, aber irgendetwas stimmt ganz und gar nicht,“ jammerte Peck, dem die Situation allmählich zu viel wurde.

Sias ging zum Wagen und nahm das Funkgerät in die Hand, um die Basis zu erreichen. „Basis, hier Sias. Ich denke nicht, dass es klug ist, hier noch mehr Menschen hinzuschicken.“

Sias, beherrschen Sie sich und warten Sie mit einem Eingriff. Wir sind gleich bei Ihnen!“ war die Stimme eines Mannes zu hören, die definitiv Charisma ausstrahlte. Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt und gehörte sicherlich einem Soldaten oder Offizier der Armee. Fireteams – das waren in der Regel kleine Einheiten, die schnell und gnadenlos zuschlagen konnten.

Und Sie sind wer?“ fragte Sias, während Peck und Kowensky an der Autotür standen und der Konversation lauschten. Im Hintergrund waren zwei herannahende Kastenwagen der Armee zu sehen. Ein gefährliches Bild für alle, die auf der falschen Seite standen.

Ich bin Colonel Weissfeld.“

Wir haben es hier nicht mit einer vampirischen Kraft zu tun,“ entgegnete der Polizist und hörte die Bremsgeräusche der mächtigen Fahrzeuge. Das Mikrofon verstummte, und die Gespräche via Funk waren vorbei.

Bremsend kamen die Fahrzeuge zum Stehen, und nach einem kurzen Augenblick stürmten schwer bewaffnete Soldaten aus den Wagen, in voller Montur, mehr als die beiden Polizisten dabei hatten, doch die Soldaten konnten sich immer noch problemlos bewegen.

Mister Sias Orontur!“ rief Weissfeld, der ebenfalls aus dem Wagen stieg und auf das Polizeiauto zuging, in dem der Detektiv sass. „Weissfeld,“ sagte Sias nur, stieg dann aber nach kurzem Zögern aus.

Ich will eine kurze Lagebesprechung,“ forderte der Colonel. So viel konnte er noch erwarten, und er liess seine Soldaten in Formation antreten. „Sergeant!“ bellte er und drehte sich zu diesem um. „Rüsten Sie die beiden Anwärter aus und verpassen Sie Mister Orontur eine richtige Waffe!“

Jawohl!“ Der Sergeant liess seinen Blick kurz zu den beiden Polizisten schweifen, ehe er sie zu sich rief, zwei seiner Soldaten mitnahm und Peck sowie Kowensky richtig ausrüstete.

Ich nehme an, Sie haben wie immer eine schusssichere Weste an?“ fragte Weissfeld den Detektiv.

Natürlich,“ log dieser und klopfte sich mit der Hand auf den Torso, da wo eigentlich die Weste sein sollte. Sias trug lediglich ein Hemd, ein Jackett und ein Pistolenholster, in dem seine Waffe steckte.

Ich habe eigentlich eine Waffe,“ meinte er, bevor ihm ein Soldat ein Sturmgewehr reichte, das für Sias völlig unhandlich wirkte. Er legte die Waffe auf das Dach seines Autos und begann, mit Weissfeld die Lage zu besprechen. Das Militär fand sich oft in polizeilichen Angelegenheiten wieder, vor allem bei solchen Einsätzen, und es war wichtig, dass sie eng zusammenarbeiteten. Sias erzählte Weissfeld, was vorgefallen war und was sie gesehen hatten.

Das Briefing dauerte nur einen Moment, denn noch hatten sie nichts gefunden, was auf ein konkretes Problem hinwies.

Also, Männer! Wir wissen, dass es dort noch Überlebende geben müsste, aber das ist vermutlich eine Falle. Vampire haben das Haus gestürmt und verwüstet. Es gibt Tote und sicherlich auch Verwundete. Wir sind hier, um die Vampire zu vernichten, nicht um polizeiliche Arbeit zu leisten. Verstanden!?“

Ein kurzes „JA“ schallte ihm entgegen.

Mister Orontur! Sie bleiben bei mir.“ Dieser Aufforderung kam Sias im Grunde sehr gerne nach, denn er war nicht für einen Krieg ausgerüstet. „Peck und Kowensky, Sie unterstützen die Truppen, allerdings lassen Sie die Soldaten vorausgehen!“ sagte er kurz und knapp. Eine Antwort brauchte er darauf nicht, ein Nicken reichte ihm völlig aus.

Wieder war ein Rabe auf einer Laterne zu erkennen, und irgendetwas Kugelförmiges Weisses hing in seinem Schnabel. Bei genauerem Hinsehen konnte man die Umrisse eines Auges erkennen.

Zwei der Soldaten, Liam und Julian, standen jeweils links und rechts an der Tür und sicherten den Eingang ab. Sie gaben sich Handzeichen, um schliesslich in den Raum einzudringen. Mit einem Schlag sprang die Tür aus den Angeln, krachte in den Raum hinein, splitterte beim Aufprall und war nicht mehr zu gebrauchen. Die linke Tür knallte nur auf und blieb offen. Die Soldaten, die sich links und rechts an der Tür positioniert hatten, drangen nach nur einem kurzen Moment in das Haus ein und verteilten sich genauso links und rechts in der Eingangshalle. Es war leer – wieder die drei Leichen auf dem Boden, wieder diese Dunkelheit und diese drückende Atmosphäre. Es hatte etwas Unheimliches.

Logan! Ihr Team sichert den unteren Bereich. Aiden! Sie oben!“ Ein klarer Befehl, und niemand kam dem anderen in die Quere.

Weissfeld sah sich um und fluchte leise, als er die Leichen und den Kopf auf dem Lampenständer erblickte. „Die Vampire lieben diese Brutalität...“ begann er, ehe er tief durchatmete und fragte: „Jünglinge?“ Er blickte fragend zu Sias.

Sias nickte nur und sah zur Decke. Er sah sie – nein, er sah ihn. Nicht eine Frau hing da oben, sondern Kowensky war an die Decke genagelt worden. Ein Auge fehlte ihm, es war von dem Raben herausgepickt worden. Sias schüttelte den Kopf und blickte sich um. Niemand. Es war leer und still. Der fluchende Weissfeld war nicht mehr in dem Raum, auch Peck war verschwunden.

Wo zum Teufel ist Peck?“ Sias sah sich hektisch um. „PECK!“ schrie er und machte ein paar Schritte, doch nichts und niemand war zu hören. „PEEECK!“ schrie Sias erneut und ging auf die Knie. Keine Kameraden, keine Hilfe, keine Hoffnung. Was passierte hier nur?

Peck ist tot!“ hörte er eine Stimme in der Finsternis. „Kowensky ist tot.“ Wie ein Echo hallte es durch die Eingangshalle.

Wer bist DU?!“ verlangte Sias zu wissen und zückte seine Pistole. Schweissperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Von einem Vampir mit solchen Fähigkeiten hatte er noch nie gehört oder gelesen.

Ich werde mich dir noch früh genug offenbaren!“ lachte die Stimme, bevor sie verschwand und das Piepsen des Weckers Sias aus dem Schlaf riss.

 

2

 

Fuck!“, keuchte er auf. „Fuck!“, wiederholte er, als er versuchte, sich aufzusetzen und den OFF-Knopf des Weckers zu drücken. „Ich hasse meine Träume! Und ich hasse Montage!“, murmelte er zu sich selbst. Er sah aus, als wäre er etwa 35, vielleicht etwas älter. Sein Aussehen war eher schlicht: schwarze Haare, hellere Haut und leicht muskulöse Arme. Sias trug immer eine Brille, wirkte aber nicht sonderlich intelligent. Seine Wohnung war eine Bruchbude, mitten in der Stadt. Alles, was er zum Überleben brauchte, war da – sogar eine Zentralheizung. Abgesehen von ein paar Möbeln gab es nur wenig: etwas Geschirr und ein paar Töpfe zum Kochen. Nicht, dass es täglich etwas zu kochen gab. Oft vergingen drei Tage, ohne dass jemand etwas zu essen hatte. Früher war das anders – damals gab es nur einen Tag in der Woche, an dem etwas auf den Tisch kam, und das musste dann lange reichen.

Mit einem Satz sprang er aus dem Bett und ging als Erstes unter die Dusche. Im Nachhinein betrachtet war es ein Fehler, noch einmal liegen geblieben zu sein – ein verdammt grosser Fehler. Sein Arzt hatte ihm zwar Medikamente gegen diese Träume gegeben, aber das kam jetzt völlig unerwartet. „Kacke! Das war schlimmer als die Schiesserei in der Kirche!“, murmelte er, als er nackt unter der kalten Dusche stand und das Wasser über seinen Körper rieseln liess.

Die Wohnung war einfach eingerichtet. Luxus? Fehlanzeige. Fernseher? Vergangenheit. Radio war jetzt das neue Unterhaltungsmedium. PC und Videospiele? Wenn dir langweilig ist, geh raus und spiel auf der Strasse – und hoffe, dass du überlebst. Die Leute nannten das auch „Vampire Survival“.

Sein Magen knurrte, als er mit dem Duschen fertig war, doch anziehen wollte er sich noch nicht. Er schlang sich einen Bademantel um und stapfte in Badeschlappen in die Küche. Das Schlafzimmer war spartanisch eingerichtet: Eine Matratze lag auf einem Holzrost am Boden, daneben ein Wecker und ein paar Bücher, die in einer Ecke verstaubten. Das Wohnzimmer ging direkt ins Schlafzimmer über – eigentlich war es der gleiche Raum. Wenn man den Wecker genauer ansah, bemerkte man, dass die Uhrzeit immer falsch ging, mindestens um 10 Minuten. Stellte man ihn richtig, stellte er sich nach kurzer Zeit wieder zurück. Wahrscheinlich war dieser Wecker genauer als alle Uhren in der Stadt, aber Sias hatte ihn schon oft herumgeschmissen. Einmal hatte er ihm sogar mit seiner Waffe gedroht – und kurz darauf sich selbst. Einfach, weil er derjenige war, der diesen verfluchten Wecker stellte. Das Gute daran war, dass er in den zusätzlichen 10 Minuten noch einmal einschlafen und die verrücktesten Alpträume haben konnte.

Das grosse Fenster, das den Raum normalerweise erhellen würde, blieb verschlossen. Die Vorhänge waren immer zugezogen, und selbst wenn sie offen wären – die Sonne schien ohnehin nicht mehr. Es gab Bilder und Poster an der Wand, Blumen, die schon am Verwelken waren. Eines der Bilder zeigte seine Eltern, Dana und Peter Orontur, obwohl er adoptiert war. Sias liebte die beiden.

 

Ich hasse Montage,“ wiederholte er zu sich selbst und steckte sich dabei eine Zigarette in den Mund. „Und ich hasse es zu rauchen!“ Ja, das hasste er wirklich. Diese Sucht – aber er konnte nicht anders. Nach allem, was er gesehen hatte und was noch kommen würde, brauchte er etwas, um das zu verkraften. Also flüchtete er sich in eine neue Sucht. Rauchen war in vielerlei Hinsicht die beste Medizin, um sich zu beruhigen. Die Medikamente, die ihm sein Arzt verschrieben hatte, waren wahrscheinlich nur noch für den Placeboeffekt gut. Der Mensch dachte, mit Zucker liesse sich alles heilen. Irgendjemand schmolz Zucker, formte ihn zu Pillen, und der Mensch schluckte sie und liess sein Gehirn glauben, er würde geheilt.

Er ging zum Waschbecken, nahm die Zigarette und hielt sie unter den Wasserhahn. Wenn sie erst nass war, würde sie unrauchbar sein – zerstört. Seine linke Hand wanderte zum Griff, um das Wasser aufzudrehen. Doch seine rechte Hand zitterte. Wollte er das wirklich? Wollte er die Zigarette zerstören, oder war das nur ein Moment der Schwäche? Schnell steckte er sie sich wieder an, nur um sie kurz darauf auf den Boden zu werfen und auszutreten. Er konnte es einfach nicht. Zerstören oder Nassmachen, während er es wirklich wollte, war ihm nicht möglich. Es ging nur in einem Schockmoment. Deshalb warf er sie auf den Boden und zertrat sie unter seinem Badeschlappen.

Er schmierte sich ein Stück Brot mit Marmelade. Eine wirklich gute Marmelade, gemacht von der Frau, die ganz unten im Haus wohnte. Sie machte die Konfitüren oft selbst aus ihrem Garten und verkaufte sie sonntags auf dem Markt.

Der Markt war riesig, und viele Leute kamen dorthin. Die Armee war ebenfalls immer vor Ort und bewachte alles, doch seit Jahren mieden die Vampire solche Menschenansammlungen. Warum das so war, wusste niemand. Der Markt wurde zusätzlich abgesperrt und mit ultraviolettem Licht bestrahlt. In dicht besiedelten Gebieten mussten die Menschen keine Angst haben – es gab genug Licht, und die Sicherheit war oberste Priorität. Diese Sicherheit war für jeden da, denn Reich oder Arm gab es zu dieser Zeit nicht mehr.

Während er das Brot mit der Marmelade ass, wanderte sein Blick in die Ferne. Für einen kurzen Moment fragte er sich, wie es hier in Manhattan wohl früher ausgesehen hatte. War es schon immer dunkel gewesen? Oder gab es einst eine Sonne, die über ihnen stand? Und dann kam die Frage: Was musste getan werden, damit diese Sonne wieder am Himmel erscheinen würde, um ihnen ein normales Leben zurückzugeben?

Sias machte sich fertig, zog sich an und räumte das Geschirr weg. Raus aus dem Bademantel, rein in seine Alltagskleidung: blaue Jeans, ein weisses Hemd, dazu ein schwarzes Sakko, und Schuhe, die eigentlich zu einem Anzug passten, aber nicht zu ihm. Um das Ganze noch absurder aussehen zu lassen, zog er eine leichte Lederjacke darüber, die ihm fast bis zur Kniekehle reichte. „Und der Tag kann beginnen.“

Seine Wohnung sperrte er nie ab, schliesslich hatte er nie einen Schlüssel bekommen. Das Schloss war sowieso im Eimer. In der Nacht stellte er draussen ein Schild auf: „COP Inside.“ Das schreckte Einbrecher ab, oder sie machten einen Bogen um seine Wohnung. Sias war auf der Strasse bekannt, aber nicht beliebt. Man konnte ihn sich wie eine Krankheit vorstellen, eine, die sich einfach nicht auslöschen liess, selbst wenn man es versuchte. Er war da und blieb da.

Gerade als er die Tür hinter sich zuzog und das Schild aufstellte, hörte er im Treppenhaus einen Schrei und das Klopfen eines Mannes an eine Tür. „Maus… lass mich bitte wieder rein,“ flehte der Mann und sah kurz zu Sias, der langsam die Treppe hinunterkam. Aus der Wohnung drang das leise Weinen einer Frau, gefolgt von Flüchen und schliesslich einem lauten „Verpiss dich, Arschloch!“ Sias kannte die Frau – sogar sehr gut. Sie hatten oft das Bett geteilt, aber mehr war daraus nie geworden. Merkwürdigerweise hatte ihre Bekanntschaft in einer Freundschaft geendet, nicht in Feindschaft.

Moira hiess sie, und für diese Zeit war sie wirklich schön: etwa 1,70m gross, weiche Haut und dunkles Haar. Natürlich konnte sich Sias auch an ihre wohlgeformten Brüste und ihren Po erinnern, aber er wollte den Mann vor der Tür, Keyl, nicht mit solchen Gedanken aufziehen.

Hey, Keyl… wie geht’s?“ fragte er den herausgeworfenen Mann. „Hey, Sias… na ja, Ehestreit und so!“ sagte Keyl, sichtlich verlegen, und wandte sich von der Tür ab. Sie waren eigentlich gar nicht verheiratet – solche Beziehungen gab es in dieser Zeit kaum noch, aber gelegentlich entschieden sich manche Menschen doch, den Bund fürs Leben einzugehen.

Und selbst?“ fragte Keyl, als sie das Gebäude verliessen. Eine wirkliche Unterhaltung entstand nicht, obwohl Keyl zu Sias aufsah und ihn als Vorbild betrachtete. „Die Nächte werden kürzer und die Tage länger,“ sagte Sias, eine Anspielung auf seine Arbeit. „Es ist immer Nacht,“ schlussfolgerte Keyl, der die Anspielung nicht verstanden hatte. Sias nickte nur stumm. Sie gingen beide in den Eingangsbereich. Keyl nahm sich sein Fahrrad, während Sias in Richtung Garage ging.

Muss ich dich irgendwohin mitnehmen?“ bot Sias an. Sein Auto hatte genug Platz für zwei, vier oder sogar sieben Personen. Keyl schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich brauche einen klaren Kopf, Abstand und etwas Ruhe.“

Bevor Sias in die Garage ging, wandte er sich noch einmal an Keyl und meinte: „Ich hoffe, das wird wieder.“ Hoffnung war wohl das Letzte, was in dieser Welt sterben würde.

Als Sias noch mit Moira zusammen gewesen war, hatte er sie als herrschsüchtig, eiskalt und direkt empfunden. Der Polizist hatte ihr das eine oder andere beigebracht, was vielleicht ihre Gefühlskälte und Direktheit aufgelöst hatte, aber das Herrschende blieb. Genau das liebte Keyl an ihr. „Danke, ich weiss das zu schätzen,“ sagte Keyl und verschwand in die entgegengesetzte Richtung.

Die Strassen in Manhattan waren dreckig, an den Seiten standen Mülltüten herum, und man wollte gar nicht wissen, was sich darin verbarg. Es lebten nicht mehr viele Menschen in dieser Stadt; die meisten wohnten in Harlem und der Upper East Side. Viele Landwirte liessen sich in Mott Haven und Port Morris nieder und betrieben Landwirtschaft auf der kleinen Insel Randalls Island, so hiess sie laut den Aufzeichnungen. Sein Weg ins Präsidium dauerte nicht sonderlich lange, viele Autos fuhren an ihm vorbei, alle hatten ihren Arbeitsweg hinter sich.

Zwei zivile Wagen standen vor dem Präsidium, als Sias seinen Wagen parkieren wollte und auf den Gehweg ausweichen musste. Sein Blick blieb an den ihm fremden Autos hängen, bevor er die Treppe hinauf eilte, um gerade noch pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Im Mittelpunkt der Szenerie stand der Chief, umringt von zwei wütenden Familien – die eine gehörte zu Kowensky, die andere zu Peck. Kowenskys Eltern waren gross, schlank und gut gekleidet, während Pecks Mutter klein war, kaum sprach und in sich hineinweinte. Pecks Vater hingegen wetterte lautstark.

Sias schlich sich herein und wurde sofort von Pecks Mutter entdeckt. Sie sagte nichts, als sie den Detektiv sah, ihre Gedanken schienen bei ihrem verstorbenen Sohn zu verweilen. „Es tut mir auch sehr leid, dass beide gestorben sind, aber ich kann Ihnen sagen: Sie starben nicht umsonst.“
„Nicht umsonst?! Die Vampire sind immer noch da draussen! Und falls es Ihnen nicht aufgefallen ist: Der Himmel ist immer noch dunkel!“ Das war Kowenskys Vater, der dabei ruhig blieb. Täglich starben Menschen – zwar nicht mehr so viele wie früher, aber man konnte fast schon ausrechnen, wie lange die Stadt noch durchhalten würde, bevor alle tot waren. Das jüngste Gericht schien nahe, und die letzten Überlebenden hielten stand, auch wenn es kaum noch Hoffnung gab.

Die Erde, wie sie einst war, existierte nicht mehr. Nichts wuchs mehr auf ihr, nicht solange diese schwarzen Wolken das Sonnenlicht blockierten.

In der grossen Eingangshalle des Präsidiums stand eine Theke, neben der Plastikblumen etwas Leben hineinbringen sollten. Der Raum war gut beleuchtet. Ein paar Handwerker machten sich gerade auf den Weg in den Keller, um Rohre zu reparieren. Auf einer Bank sass ein Taxifahrer in Handschellen. Er wurde des Mordes an einem Kind beschuldigt – von einer älteren Frau, die behauptete, der Fahrer habe das Kind angefahren. Es könnte jedoch auch ein Tier gewesen sein, aber niemand konnte beweisen, ob es ein Kind oder kein Kind war. Die Frau hatte lediglich ein dumpfes „Blong“ gehört, als etwas gegen ihre Tür stiess oder der Fahrer gegen etwas gefahren war. Eine Eilmeldung wurde herausgegeben, in der Hoffnung, dass das Opfer schnell gefunden würde

Wir werden uns um die Angelegenheit kümmern!“ versprach der Chief und wusste genau, zu wem er als Nächstes gehen musste. Sias. Dieser Mann konnte etwas erleben. Sein Blick wanderte kurz umher, bis er den Detektiv entdeckte. Ihm könnte der Kragen platzen. Die Anweisungen waren so klar und einfach gewesen: Niemand darf sterben! Und was macht Sias? Er lässt das ganze Team draufgehen.

Angelegenheit! Sie wollen mir also sagen, ich hätte nichts unternommen, um Ihre Kinder zu schützen? Tut mir leid, aber Kinder haben am Arbeitsplatz nichts verloren!“ Da platzte dem Detektiv der Kragen. Er hatte zugehört, alles mitbekommen, aber was hätte er tun sollen? „Sagen Sie mir! Was hätte ich tun sollen?“ „Sie hätten ihn gar nicht mitnehmen dürfen!“ schrie die Mutter von Kowensky und brüllte: „SIE HABEN MEINEN SOHN ERMORDET!“

Warum mussten Menschen so schreien? Es ging ihm gegen den Strich, und er beschloss, die Frau einfach zu ignorieren. Stattdessen wandte er sich der Familie Peck zu. Noch während die Frau am Brüllen war, ging er ruhig auf Pecks Mutter zu, legte ihr sachte die Hand auf die Schulter und sagte: „Ich erkläre Ihnen, was passiert ist, aber nicht hier und nicht in diesem Geschrei. Nicht unter diesen Umständen.“ Dabei blieb er eiskalt und direkt. Er warf einen Blick zu seinem Vorgesetzten, der auf den kleinen Sitzungsraum deutete.

WIR WOLLEN AUCH ERFAHREN, WAS PAssIERT IST!“ schrie Kowenskys Mutter laut. Sias sah sie an, verneinte und nahm stattdessen ihren Mann mit. „Ihm erzähle ich es, aber Ihnen erst, wenn Sie sich beruhigt haben. Und das haben Sie mir bisher zwei Mal gezeigt, dass Sie es nicht können.“

Die Frau verstand ihr Leben nicht mehr. Während Sias mit den beiden in das Sitzungszimmer marschierte, stand ein Polizist als Wache vor der Tür. Henning, der Polizeichef, war zwar nicht ganz zufrieden mit der Situation, aber so musste er sich wenigstens nur noch um die Lauten kümmern. „Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“ fragte er. Die Frau nahm Henning gar nicht mehr wahr. Sie knurrte und machte Geräusche, die völlig unnötig waren, ehe sie hinauslief und sich draussen eine Zigarette anzündete. Die Zigarette war dringend nötig.

Der Vater von Peck, der ebenfalls wetterte, aber nie so übertrieben wie die andere Frau, nahm das Angebot des Kaffees sehr gerne an. „Wissen Sie, was passiert ist?“ fragte er neugierig den Polizeichef.

Nur bedingt,“ erklärte dieser und warf noch einmal einen Blick in das Sitzungszimmer, wo Sias den Eltern die Geschichte erzählte.

Henning führte den Mann in die Küche und bereitete ihm einen Kaffee zu. „Ich habe eine Akte über diesen Fall, die würde ich Ihnen gerne zeigen,“ sagte er und holte sie. Es dauerte keinen Moment, ehe der Polizeichef wieder beim Vater von Peck stand und ihm die Akte reichte. „Normalerweise lassen wir niemanden Einsicht nehmen, aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme,“ erklärte er, denn es waren aussergewöhnliche Zeiten.

Was arbeiten Sie?“ fragte Henning und sah Mr. Peck an. „Ich arbeite in den Finanzen, na ja, was man noch so nennen konnte. Wir stabilisieren den Markt,“ antwortete er und blätterte durch die erste Seite. „Das ist kein Witz?“

Nicht, wenn es nach Orontur geht. Ich habe ihm dieselbe Frage gestellt.“ Der Mann runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen, während er weiterlas. Die Hilfe war schnell eingetroffen. „Dieser Weissfeld… gibt es den?“

Den Mann gibt es tatsächlich, aber er tauchte nie dort auf. Es wurde auch nie ein Hilfesignal gegeben.“

Wie kann es sein, dass er von nur einem Mann an die Decke genagelt wurde?“
„Wenn es Orontur war, würde ich das auch gerne wissen. Und wenn es nicht Orontur war, haben wir ein sehr mächtiges Problem.“
„Was glauben Sie?“
„Ihr Sohn hing in drei Metern Höhe. Der ganze Einsatz dauerte neun Minuten, abgesehen vom Hinweg, und diese neun Minuten beinhalteten bereits die Zeit, wenn er schnell gefahren wäre, was Orontur aber nicht macht.“
„Das heisst also, zwischen fünf und neun Minuten. Einen Körper auf drei Meter Höhe, ohne Leiter, ohne Hammer und Nagel, durch einen Betonboden anzunageln – das ist unmöglich. Orontur hat keine grosse Kraft.“
„Anhand der Akte muss ich sagen, Sie lügen.“
„Anhand der Bilder aber muss ich sagen: Wir stecken vermutlich in ziemlicher Scheisse.“

Pecks Sohn lag selbst auf dem Boden. Sein Hals wies ein Loch auf, das am Nacken geringfügig grösser war und vorne kleiner. „Von was kommt das?“ fragte er.

Henning blickte ebenfalls auf die Wunde. „Das wissen wir noch nicht, aber unser Team prüft alles. Unsere besten Vampirexperten sind vor Ort und suchen nach Spuren. Genaueres kann ich leider noch nicht sagen.“

Der Vater von Peck zeigte sich zwar nicht wirklich zufrieden mit diesen Informationen, aber er erkannte die Gefahr, die daraus resultierte. „Wir könnten wieder einmal vor dem Abgrund stehen.“ Wieder. Als hätte sich die Menschheit von der jetzigen Situation erholen können. Nein, der Mensch stand noch immer vor dem Abgrund. Nur dieses Wesen könnte die Menschheit noch dichter darauf zusteuern lassen. Es würde sicherlich noch mehr Tote geben, die Frage war nur, wo, wann und wie.

Ich danke Ihnen,“ sagte er, trank seinen Kaffee aus und gab die Akte zurück. Sein Blick wanderte zurück ins Sitzungszimmer. Seine Frau sass noch immer dort. Es nahm sie vermutlich am schlimmsten mit. Sie war eine sehr starke Frau, aber es war dennoch furchtbar, ein Kind auf solch ungewisse Art und Weise zu verlieren. Sias hatte es ihnen so erklärt, dass beide es verstanden hatten.

Die Zigarette tat ihr gut. Sie waren zwar sauteuer, aber sie linderten die Schmerzen, die sie empfand. Neben Alkohol zählten auch Zigaretten als Arznei, um den Körper zu beruhigen. Perfekt, um Stress abzubauen und Ängste zu dämpfen.

Die erste Zigarette, die sie sich ansteckte, zögerte sie noch. Sie hielt sie zwischen den Lippen fest und grub in ihrer Tasche nach einem Feuerzeug. Es dauerte eine Weile, bis sie es schaffte, Feuer und Zigarette zu kombinieren, aber die „Heilung“ wirkte sofort. An diesem Morgen rauchte sie mehr als nur eine Zigarette. Während sie rauchte und Wolken ausstiess, entwickelte sich tief in ihrem Unterbewusstsein ein Hass auf Orontur. Er hatte sie abblitzen lassen. Sie würde nie erfahren, was mit ihrem Sohn geschehen war. Sie musste wieder schreien, jemandem Leid zufügen, nur um endlich herauszufinden, was passiert war. Sie hätte ihn am liebsten getötet. Wieso konnte nicht er statt ihres Kindes sterben? Kinder hatten an einem Tatort nichts verloren… Sie äffte ihn gedanklich nach. Was für ein Arschloch! Wieso musste es ausgerechnet ihr Sohn sein, der mit auf diesen Einsatz ging? Warum konnte nicht ein anderer mit? Sie wusste es immer schon: Wenn sie ihren Sohn auch nur in die Nähe dieser Station lassen würde, würde er sterben. Sie hatte es von Anfang an gewusst, aber niemand hatte auf sie gehört. Und jetzt… Jetzt gab es einen Kowensky weniger und eine wütende Mutter mehr.

Sie zog noch einmal tief an der Zigarette, inhalierte den Rauch, und schloss die Augen. „Mutter!“ hörte sie eine vertraute Stimme. Die Frau öffnete den Mund und liess den Rauch entweichen. „Mutter!“ Die Stimme drang erneut an ihr Ohr, dieses Mal direkt in ihrem Kopf, direkt in ihr Bewusstsein, und sie klang wie die Stimme ihres Sohnes. Sie öffnete die Augen und sah sich um – niemand. Zuerst blickte sie nach links, dann nach rechts. Als sie ihren Kopf nach rechts drehte, sah sie ihn: Zwischen zwei Häusern stand ein Junge, nein, ein erwachsener junger Mann. Er sah genau so aus wie ihr Sohn. „Mutter!“ sagte er noch einmal, bevor er im Schatten der Gebäude verschwand.

Tom!“ rief sie, warf die Zigarette weg und eilte, so schnell es ihre Stöckelschuhe erlaubten, die Treppe hinab. Sie rannte über die Strasse, hin zu dem Platz, an dem sie ihren Sohn eben noch gesehen hatte.

Ein leises, schauderhaftes „Mutter“ drang an ihre Ohren. Es klang, als käme es aus der Gasse – dieser dunklen und düsteren Gasse. „Tom?“ fragte sie ängstlich, wollte aber nicht hinein. „Komm näher, Mutter,“ hörte sie wieder. Seine Stimme versuchte den Ton von „Hilfe“ zu treffen. „Ich brauche dich, du musst mir helfen,“ sagte er erneut.

Zögernd machte sie einen Schritt in die Dunkelheit, genau in dem Moment, als Henning nach ihr sehen wollte. Doch sie war bereits verschwunden. Vielleicht hätte man so viele Unklarheiten beseitigen können, aber nun war es zu spät.

Tom?“ flüsterte sie und tastete sich weiter vor, durch die Gasse und durch den Dreck. Es war dunkel, sie sah nichts. Doch wenn sie zurückblickte, konnte sie das Licht der Strassenlaterne erblicken. Sie konnte sehen, wie der Polizeichef auf der Treppe stand und nach ihr Ausschau hielt – hätte sie sich nur umgedreht. „Sias hat uns ermordet!“ begann die Stimme sofort zu sprechen. „Aber ich höre dich und deine Stimme!“
„Ich weiss, und ich will zurückkommen. Ich will wieder bei euch sein, Mutter. Ich will meinem Bruder auf dem Land helfen,“ sagte er mit jugendlicher Stimme.
„Zurückkommen? Wie?“ fragte sie und war bereit, alles für ihr Kind zu tun.

Hier,“ sagte die Stimme von Kowensky. Vor ihren Füssen erkannte sie eine Pistole. „Nimm sie und töte ihn!“
„Aber ich habe noch nie jemanden getötet,“ murmelte sie, beugte sich hinunter und hob die Waffe auf. „Orontur ist ein Mensch und ein Polizist, die werden mich erschiessen!“ jammerte sie und weinte leise vor sich hin. Wenn sie das tun würde, würden sie sie erschiessen.
„Er ist kein Mensch. Er ist ein Dämon!“ flüsterte die Stimme von Tom erneut.
„Ein Dämon?“
„Wie sonst konnte er mich an die Decke nageln?“ Schweigende Stille folgte. „Töte ihn, Mutter, räche mich, und ich werde zu dir zurückkommen,“ flüsterte er und gab ihr die Hoffnung, die sie so dringend brauchte.
„Ein Dämon!“ knurrte sie tief in ihrem Bauch. Das würde natürlich so einiges erklären. Sie drehte sich um und sah durch die Gasse. Das Licht zeigte ihr den Weg, doch obwohl es nur ein paar Meter waren, fühlte es sich an, als müsste sie einen Sprint von 100 Metern hinlegen, um je wieder aus dieser Gasse zu entkommen.

Mit der Waffe in der Hand stand sie da, völlig ausser Atem. Sias war also ein Dämon, eine Ausgeburt der Hölle, und wollte sie alle vernichten. Das durfte sie nicht zulassen. Die Strassen waren ruhig. Keine Menschenseele war unterwegs. Die Waffe in der rechten Hand, leicht hinter ihrem Rücken versteckt, marschierte sie direkt ins Präsidium. Ihr Mann stand mit Henning in der Küche, und Henning wollte gerade aufbrechen, um nach ihr zu sehen und auch ihr zu erklären, was an jenem Tag passiert war.

Sie stand da, die Waffe direkt auf Sias gerichtet, der gerade aus dem Sitzungszimmer kam und mit der Mutter von Peck sprach.
„DÄMON!“ schrie sie und feuerte eine Kugel ab. Es knallte, und noch ehe die Frau realisierte, was wirklich geschehen war, spürte sie den Lauf der Waffe an ihrer Schläfe und wurde ohnmächtig. Der Rückstoss der Waffe war zu stark für sie – damit hatte sie nicht gerechnet.

Die Kugel surrte durch die Luft, und noch bevor das Opfer etwas unternehmen oder reagieren konnte, bohrte sich das Projektil in seine Haut, frass sich durch Muskeln und Knochen. Sein Torso wurde regelrecht zerfetzt, und eine Heilung war unmöglich. Der Mann fiel an Ort und Stelle zu Boden und starb an den inneren und äusseren Blutungen. Die Kugel hatte das Herz getroffen. Er starb noch am Unfallort. Die Sicherheitsleute konnten nur noch seinen Tod feststellen. Die Waffe und die Frau wurden sichergestellt. Die Frau fand ihren Weg in eine Zelle, wobei sie zuvor von einem Arzt untersucht wurde. Bis auf eine Wunde an ihrer Schläfe gab es keine schlimmen Verletzungen – sie hatte sich nur selbst KO geschlagen.

Das war eindeutig versuchter Mord und Mord,“ begann Henning und blickte auf die Frau hinab, die sich am Tisch festhielt und fragte, warum sie in Ketten gelegt wurde.
„Wieso haben Sie mich wie ein Tier an den Tisch gekettet?“ wollte sie wissen und sah ihn an. Ihr Gesicht zeigte pure Abscheu, aber auch Zufriedenheit.
„Sie haben die falsche Person getötet,“ sagte Henning und erkannte nicht, wie lächerlich sie dabei wirkte.
„Ich habe einen Dämon vernichtet – den, der auch meinen Sohn getötet hat!“ klagte sie und versuchte, sich zu befreien.
„Sie meinen Mister Orontur?“ fragte Henning mit einem Lächeln.
„Wieso lachen Sie?“ wollte die Frau wissen und zerrte noch energischer an der Handschelle.
„Sie haben zwar versucht, Mister Orontur zu töten, aber sie haben Ihren Mann erschossen!“ sagte Henning scharf und setzte sich an den Tisch.
„Das ist unmöglich, ich habe auf ihn gezielt,“ stammelte sie.

Natürlich haben Sie das. Sie haben gezittert und aus zehn Metern Entfernung geschossen. Eine kleine Abweichung, und leider ist Ihr Mann gestorben.“
„Nein!“ schrie sie.

Henning schob ihr ein Foto der Leiche hin. Sie warf einen angewiderten Blick darauf und stiess es von sich. „Orontur ist tot! Ich weiss es!“ bellte sie, während sie verzweifelt versuchte, der Realität zu entfliehen. Sie wollte nur noch nach Hause, zurück in ihre heile, kunstvolle Welt. „Er ist ein Dämon!“ Sie wollte ihren Sohn zurück. Nur das zählte noch. „Er hat es mir gesagt! Tom kommt zurück, wenn ich ihn töte, und jetzt habe ich ihn getötet!“ lachte sie und zitterte dabei. Nein, sie konnte ihren Mann nicht getötet haben. Er lebte, und er würde sie gleich abholen.

Die Türklinke wurde heruntergedrückt, aber die Tür blieb geschlossen. „Sehen Sie! Mein Mann kommt und holt mich ab!“ Sie glaubte es immer noch. Henning warf einen kurzen Blick zur Tür und erkannte die Person, die draussen wartete. Er verneinte stumm.

Was soll das? Lassen Sie ihn rein! Wir sind hier fertig! Ich habe einen Dämon getötet, und jetzt lassen Sie mich gehen!“ Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. Ihre Stimme war fordernd, ihre Augen irrten.

Wer hat Ihnen gesagt, dass Tom zurückkommt?“ fragte Henning ruhig, während er sich Notizen machte.

Tom selbst! Er hat es mir gesagt. Wenn ich Orontur töte, dann kommt er zurück, und wir können in Freiheit leben!“ Ihre Stimme zitterte. Sie fügte immer mehr hinzu, verdrehte die Worte ihres vermeintlichen Sohnes in ihrem Kopf. „Er hat mir gesagt, dass Orontur ein Dämon ist,“ fügte sie leise hinzu. „Und jetzt lassen Sie mich gehen!“ Ihre Wut wuchs, sie knurrte und hämmerte mit den Fäusten auf den Tisch, als ob sie so die Wahrheit erzwingen könnte. Sie wollte ihre Freiheit. Sie wollte Tom zurück. Sie wollte alles.

Miss Kowensky, Mister Orontur lebt und steht vor der Tür. Aber Ihr Mann... er ist tot,“ erklärte Henning noch einmal und machte eine Pause.

NEIN, DAS IST NICHT WAHR!“ schrie sie und schüttelte heftig den Kopf. Ihr Blick huschte zur Tür, in der Erwartung, dass ihr Mann hereinkommen würde, lebendig, um sie zu retten. Henning nickte dem Polizisten draussen zu, und die Tür wurde geöffnet.

Freude durchflutete sie für einen kurzen Moment, doch diese brach zusammen, als sie erkannte, dass es nicht ihr Mann war, der eintrat. Ihr Gesicht verzog sich vor Angst und Verwirrung. „Sie!“ knurrte sie und wich zurück, als hätte der Dämon persönlich den Raum betreten.

Es tut mir leid, Miss Kowensky, aber Ihr Mann ist heute Morgen um 10:15 Uhr verstorben,“ sagte Henning mit ruhiger Stimme.

Nein!“ schrie sie erneut. „Dieser Mann – Orontur hat ihn mir genommen! Ich weiss es! Er hat den Platz mit ihm getauscht!“ Ihre Theorie war verzweifelt und absurd, aber für sie schien sie vollkommen real.

Nein, Miss Kowensky,“ sagte Henning fest. „Sie haben versucht, Orontur zu töten – und dabei Ihren Mann erschossen.“

Sias setzte sich an den Tisch, neben Henning, und warf einen Blick auf die Notizen. „Sie haben es gehört, richtig?“ fragte er, während er die Notizen las. „Es hat zu Ihnen gesprochen, in einer Stimme, die Ihnen vertraut vorkam. Es hat Ihren Verlust ausgenutzt und mich als Dämon hingestellt. Sie wollten mich töten, um Ihren Sohn zurückzubekommen,“ schlussfolgerte Sias, obwohl er das schon von draussen gehört hatte. „Ich weiss, dass ich ein Mensch bin.“ Zumindest wusste er nichts anderes. „Ich bin ein Detektiv, der von vielen gehasst wird, aber damit komme ich zurecht.“

Sias erzählte ihr die ganze Geschichte: Wie sie am Freitag im Altersheim ankamen, was genau dort passiert war. Er sprach von der Sicherheitstruppe, von den Leichen und von der Stimme. Doch die Frau hörte zwar zu, aber ohne grosses Interesse. Sie war überzeugt, die Wahrheit zu kennen, und wollte sich nicht von dem abbringen lassen, was sie für die Realität hielt.

DÄMON!“ schrie sie plötzlich und hätte am liebsten etwas nach ihm geworfen. „ICH WILL NACH HAUSE! LAss MICH ZU MEINEM MANN! LAss MICH ZU TOM!“ schrie sie hysterisch, zerrte am Tisch und an den Ketten, während sie weiter brüllte. Ein schreckliches Bild.

Wenn das so weitergeht, reisst sie sich noch einen Arm aus,“ flüsterte Henning zu Sias. Der Polizeichef war sich jetzt sicher, dass es ein Wesen gab – vielleicht sogar einen Dämon – in ihrer Stadt, der diese Frau in den Wahnsinn trieb. Vielleicht war es ein Fehler, dass Sias überhaupt im Raum war.

Sias galt nicht als besonders fürsorglich, auch wenn er sich manchmal Mühe gab.

Plötzlich ertönte eine Durchsage über den Lautsprecher: „Orontur an den Empfang!“ Sias und Henning verliessen das Zimmer. Während Sias zum Empfang ging, suchte der Polizeichef den Raum hinter dem Glas auf, um zu sehen, was mit der Frau passierte. Er wusste, dass er später noch einen Auftrag für Sias hatte, und orderte sicherheitshalber einen Polizisten vor die Tür.

Henning schloss die Tür des Beobachtungsraums ab und holte sich einen Kaffee. Gerade als er einen Schluck nehmen wollte, hörte er sie noch einmal schreien: „ICH WILL ZU MEINEM MANN!“ Doch ausser ihr war niemand mehr im Raum.

Er warf einen Blick durch den Einwegspiegel. Das Licht im Raum flackerte – zunächst nichts Ungewöhnliches. Doch als Henning genauer hinsah, durchfuhr ihn ein Schock. Die Frau sass nicht mehr auf ihrem Stuhl. Blut tropfte in schweren, langsamen Tropfen auf den Tisch, und der metallische Geruch hing schwer in der Luft.

Sein Blick wanderte nach oben. Ihr Körper hing grotesk verdreht von der Decke. Die Nägel hatten sich tief durch ihre Ellbogen und Knie gebohrt und sie wie eine Marionette in die Höhe gezogen. Die Arme und Beine baumelten schlaff, die Gelenke unnatürlich verdreht. Ein langer Nagel ragte aus ihrem weit aufgerissenen Mund, als hätte jemand versucht, ihre Schreie zu ersticken, bevor sie ihren letzten Atemzug nahm. Blut quoll aus ihrem Mund und tropfte über ihr Kinn hinab.

Ihr Kopf war zur Seite geneigt, die Augen weit aufgerissen und starrten ins Nichts, erfüllt von einem Ausdruck purer Qual. Henning erkannte in diesem Moment, dass sie tot gewesen sein musste, bevor ihr Körper brutal an die Decke genagelt wurde. Doch der Anblick ihres verstümmelten, hängenden Leichnams ließ ihn an die Hölle denken. Der Raum, der nur Sekunden zuvor leer gewesen war, fühlte sich nun wie ein Schlachtfeld an, und in einer Ecke konnte er schwach den Schatten erkennen, der sich in die Dunkelheit zurückzog.

Henning stürmte aus dem Zimmer und sah sich hektisch um. Der Polizist stand immer noch vor der Tür, blickte den Chef neugierig an und machte ihm sofort Platz, als dieser wieder ins Zimmer wollte. „Rufen Sie den Notarzt und holen Sie mir Li und Rodriguez!“ rief er, forderte die Chef-Forensikerin und die Wesenforscherin an. „Und Orontur!“ schrie er dem Polizisten hinterher, während bereits ein zweiter Polizist zur Unterstützung hinzukam.

Sie hatten schon gegen Vampire gekämpft, und nun ein schattenhaftes Wesen, das Chaos verbreitete. Diese Welt war zu fürchten, mit jedem Tag mehr. Hoffnung war kaum in Sicht. Henning war froh, dass ein zweiter Polizist bei ihm war – so konnte er zumindest auf Rückendeckung zählen.

Als Henning wieder ins Zimmer trat, untersuchte er die Stelle, an der das Wesen verschwunden war. Seine Finger glitten über die kalte Betonwand, berührten Stellen, an denen er etwas bemerkt zu haben glaubte. Die Frage drängte sich auf: Wohin war der Schatten verschwunden? Es gab überall Schatten, doch wo konnte es hin, und wie hatte es Miss Kowensky so schnell an die Decke genagelt? Fragen über Fragen, doch bevor er weiter nachdenken konnte, spürte er plötzlich den Lauf einer Pistole an seinem Kopf.

Er erschrak kurz, und plötzlich schien sich seine Wahrnehmung zu verändern. Die Realität wummerte in einem blauen Schimmer. „Henning!“ ertönte eine Stimme, die seinen Namen sprach, begleitet von einem leisen Grinsen, das im Ton mitschwang.

Wer sind Sie?“ fragte Henning, während er sich umblickte. Die Frau saß wieder ruhig auf dem Stuhl, als wäre nichts geschehen. Die Decke war leer. Es war, als ob dies alles eine perfekte Tarnung war. „Was ist mit ihr?“ fragte Henning verwirrt und sah sich erneut um, aber niemand war zu sehen.

Ich bin uninteressant,“ flüsterte die Stimme, während sie ihm genau zeigte, was geschehen war.

Die Tür öffnete sich, und eine Gestalt, die Sias ähnelte, trat herein. Die Frau schrie sofort auf und nannte ihn wieder einen Dämon, flehte, dass man sie befreien solle. Doch die Gestalt schnippte nur kurz mit den Fingern, und im nächsten Moment starb die Frau. Ein weiterer Augenblick, und ihr Körper hing an der Decke, als wäre es das Normalste der Welt.

Das ist aber nicht Sias!“ knurrte Henning und verengte seine Augen. Das konnte unmöglich Sias sein. Er hatte ihn doch gerade erst zum Empfang geschickt, weil ein Anruf für ihn eingegangen war. Henning wusste ganz genau, dass Sias nicht über solche Fähigkeiten verfügte – es musste Beweise dafür geben.

Sicher, dass er nicht über solche Kräfte verfügt? Sicher, dass er kein Dämon ist?“ Die Stimme des Wesens hallte in seinem Verstand wider, manipulierte ihn, während sie sich tiefer in seine Gedanken gruben. Die Tür zu dem Raum öffnete sich, und zwei Polizisten traten ein. In genau diesem Moment verblasste die Vision der Vergangenheit, oder zumindest fühlte es sich so an. Doch Henning hatte den unheimlichen Eindruck, als hätte er mehr gesehen. Viel mehr. Wie Sias Peck eine Metallstange durch den Hals trieb und Kowensky brutal an die Decke nagelte.

Was wollen SIE?“ rief Henning, während er sich hektisch umsah. Was er sah, schockierte ihn zutiefst. Vor ihm stand ein helles Licht, ein Wesen von solcher Reinheit, dass es nichts mehr mit dem Schatten in der Ecke gemein hatte. Es war keine Waffe, die ihm an den Nacken gehalten wurde, sondern ein Stab, strahlend und doch bedrohlich. „Stehen Sie auf! Kämpfen Sie gegen Ihre Dunkelheit!“ flüsterte die Stimme, während das Wesen ihm half, auf die Beine zu kommen. Doch kaum war es da, verschwand es wieder, und ein düsteres, bedrohliches Lachen hallte im Hintergrund, bevor es verklang.

Henning schreckte auf und fand sich in seinem Bett wieder. Schweiß perlte von seiner Stirn, und er sah auf die Uhr. Was war das gerade? Ein Traum? Ein „verdammt realistischer Traum“, murmelte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seit wann verstand er sich so gut mit diesem Orontur? Es ergab keinen Sinn. „Ich sollte wirklich aufhören, diese verdammten Medikamente zu nehmen,“ knurrte er, während er sich mühsam aus dem Bett erhob. Doch etwas von dem Traum haftete noch an ihm, bohrte sich in seine Gedanken und ließ ihn nicht los.

Auf dem Weg zum Polizeipräsidium fuhr Henning am Friedhof vorbei. Dort, im Schatten der verwelkten Bäume, wurde gerade die Familie Kowensky beerdigt. Er konnte die dunklen Gestalten in der Ferne erkennen, ihre Köpfe gesenkt, als ob sie die Last des Unausweichlichen spürten. Henning hielt den Blick starr nach vorn gerichtet, doch die Gedanken an die Familie ließen ihn nicht los. In dieser Stadt gab es keinen Frieden, weder für die Lebenden noch für die Toten. Der Dämon hatte wohl in einem recht gehabt... Sie sind jetzt frei.


 

- 2 Routine -

 

Der Detektiv stieg aus dem Wagen und schob seine Sonnenbrille nach oben. In dieser dunklen Welt war es ein Wunder, dass er überhaupt noch etwas erkannte. Auf die Frage, warum er eine Sonnenbrille trug, hatte er stets dieselbe Antwort: „Für den Fall, dass die Sonne doch mal wieder aufgeht.“ Ein Witz, der nie wirklich gut ankam.

Er griff in die Manteltasche, suchte nach einer Zigarette und dem Feuerzeug. Er zündete sie an – eine Handlung, die er verabscheute. Doch Sucht war ein Fluch der Menschheit, und irgendwo musste dieser Mist herkommen. Tabakbauern.

Warum kann nicht schon Freitag sein?“ murmelte er vor sich hin, den Blick in die düsteren Strassen gerichtet. Wann würde dieser endlose Albtraum endlich enden? Und warum, zum Teufel, musste er ausgerechnet in dieser Episode der Menschheitsgeschichte erwachen? Seine Eltern hatten ihn sicher verflucht. Nein, das stimmte nicht. Sie liebten ihn. Sie wollten nur das Beste.

Aber in dieser Welt ging es nicht mehr ums Beste. Es ging ums Überleben. Wer wusste schon, wie viele Menschen ausserhalb dieser Stadt noch existierten?

Die Zigarette drückte er nach ein paar wenigen Zügen aus, ehe er sie wegwarf und die Treppen hinaufging. Das Präsidium. Es war eines von fünf, aber hier fanden sich die meisten Menschen ein, und hier gab es die meisten Konflikte. Mehr Menschen gab es nur im Mall und am Hafen, bei den Fischern.

Er hasste es zwar, viel Fisch zu essen, aber es war gesund, und als sich die Fischbestände in den letzten zweihundert Jahren erholten, gab es wieder Fische im Überfluss.

Mister Orontur, beweg deinen faulen Arsch in mein Büro!“, bellte Griff, der Vize-Chef, und riss die Tür zu seinem Büro so heftig zu, dass die Scheiben beinahe herausfielen.

Sias hatte gerade erst die Halle betreten, als dieses fette Arschloch von seinem Büro aus bellte, wie ein Hund, dem man keine Aufmerksamkeit schenkte.

Der Detektiv kam der Aufforderung nach und marschierte die Treppe hinauf, in jenes Büro, in dem Griff sass. Aus dem Augenwinkel erkannte er einen Priester, der einer verzweifelten Familie Trost spendete. Sias schenkte der Szene kaum Beachtung – es gab zu viele solcher Schicksale in der Stadt.

Schliessen Sie die Tür hinter sich!“ Sias folgte der Anweisung wortlos, schloss die Tür und setzte sich Griff gegenüber an den Tisch. Sein Blick war fragend, aber Griff konnte nur brüllen. Für Sias wirkte es, als wäre Griff zu einem wütenden Affen mutiert, der mit Dreck um sich warf – in diesem Fall war es eine Akte, die er auf den Tisch schleuderte. Irgendetwas sagte er noch. Vielleicht sollte Sias dem Gorilla doch zuhören.

Wir haben genug Probleme, ohne dass Sie uns zusätzliche machen!“, knurrte Griff. Er schlug die Akte auf den Tisch. Sias wusste, worum es ging: Das Massaker im Altenheim, der Tod der Frischlinge. Er wusste, dass das ein Nachspiel haben würde – und das war es jetzt.

Wegen Ihnen haben wir wieder zwei Frischlinge verloren!“, fuhr Griff fort, seine Stimme scharf und voller Ärger. Sias dachte kurz an die Brutalität des Vorfalls zurück, aber er zuckte nur innerlich mit den Schultern. Seine Akte war dick genug, da würden ein paar Seiten mehr keinen Unterschied machen. Entschuldigen? Das kam ihm nicht in den Sinn. Er nickte nur stumm.

Sie werden wieder Streifendienst schieben. Haben wir uns verstanden?!“ Griff fletschte die Zähne wie ein wütender Hund und wies Sias mit einer Handbewegung an, das Büro zu verlassen.

Das Büro war viel zu klein. Es reichte kaum für einen weiteren Menschen, und überall standen Aktenschränke herum. Griff hatte sich dieses Büro ausgesucht, um abzunehmen – behauptete er zumindest. Stattdessen wurde er nur fetter.

Jawohl!“ Sias stand auf. Streifendienst? Das konnte ihm gestohlen bleiben. „Und jetzt verschwinden Sie! Ihre Besprechung mit Leutnant Zane findet gleich statt.“ Die Tür knallte hinter ihm zu, und beinahe wäre das Fenster aus der Verankerung gerutscht.

Sias stapfte die Treppe hinunter, zurück in sein Büro. Streifenpolizist? Henning rauchte wohl zu viel. Vielleicht sollte er ihn anrufen und fragen, was dieser Mist sollte.

"Sias!" rief Zane, der Chef der Streifentruppe. Jeden Morgen gab es ein Briefing, und jeder Streifenpolizist hatte anwesend zu sein – genau das, wozu Sias nun degradiert worden war. Zane war jünger als der Ex-Detektiv, und trotzdem vermied er es, ihn direkt anzusehen, als verabscheue er ihn.

"Ja?" antwortete Sias knapp.

"Das Briefing beginnt gleich, aber mal so unter uns: Ich mag Sie nicht, und vermutlich mögen Sie die Streifenpolizei nicht. Aber das spielt keine Rolle." Zane lächelte, als hätte er gerade etwas Humorvolles gesagt.

"Es ist nicht so, dass ich die Streifenpolizei nicht mag," entgegnete Sias ruhig. "Ich finde, sie machen ihre Arbeit auf ihre eigene Art und Weise, Leutnant. Aber…" Zane fühlte sich fast geschmeichelt, bis er das "Aber" hörte.

"Aber ich bleibe Detektiv. Und wenn ich einer Spur nachgehe, die mich herausfinden lässt, was letzten Freitag mein Team – bis auf mich – ausgelöscht hat, dann werde ich das tun. Nicht einmal Gott wird mich davon abhalten."

Der Leutnant wusste bereits, als Griff ihm den Auftrag gab, auf Orontur aufzupassen, dass dieser Mann ihm nur Probleme bereiten würde. Befehle annehmen? Das lag Sias nicht.

"Setzen Sie sich," sagte ein Sergeant und deutete auf einen freien Platz ganz hinten im Raum. Die meisten Polizisten hier waren noch jung, aber sie warfen Sias Blicke zu, als ob sie ihn bereits kannten – als wäre er der Vorbote ihres Untergangs. Sias zählte etwa vierzig Polizisten, die meisten davon blutjung, mit Ausnahme des Sergeants und des Leutnants.

"Wie ihr seht, haben wir ein neues Gesicht. Aber ich glaube, eine Vorstellungsrunde ist nicht nötig. Jeder kennt Mister Orontur, richtig?" Ein paar schauten verwundert, aber die meisten schienen schon von ihm gehört zu haben oder hatten ihn bereits selbst gesehen.

"Es gibt Berichte über eine Gang namens Vampire Riders in Harlem, die den Menschen Nahrung und Wasser stiehlt und sie terrorisiert. Drei Teams werden sich darum kümmern. Ach ja, bevor ich Sie einteile: Ich will keine Strassenschlacht und kein Massaker." Zane wusste genau, dass es trotzdem darauf hinauslaufen würde, aber er hatte es zumindest erwähnt.

"Myles und Luke, Dylan mit Joshua, und Phil mit Sean – ihr übernehmt das."

Die aufgerufenen Polizisten erhoben sich und verliessen den Raum.

"Hugo, Aden, Levi und Owen – ihr übernehmt die Upper Eastside. Ihr werdet nur auf Streife sein und den Menschen helfen, wo ihr könnt. Wir bekommen Unterstützung vom Präsidium in Lenox Hill."


 

"Caden, Kane, Elias und Andrew! Midtown. Und halten Sie sich von Hell's Kitchen fern." Die letzten Teams wurden aufgeteilt, jeder bekam seinen Bereich, sei es ein ganzer Stadtteil oder nur eine Strasse. Niemand sollte im Westen patrouillieren, niemand in Hell's Kitchen.

Sollte die Polizei auf Ärger treffen, war sie verpflichtet, die Armee zu rufen. Niemand konnte sich einen Kampf allein leisten.

Die letzten Streifenpolizisten verliessen den Raum, und nur noch Sias, der Sergeant und der Leutnant blieben zurück. Sias hatte demonstrativ die Füsse auf den Tisch gelegt – eine Geste des Trotzes. Er wusste, dass sie ihn bis zum Schluss ignorieren würden.

"Füsse runter!" befahl der Sergeant. Sias bewegte sich nicht.

"Sie bekommen die Hölle persönlich. Wagen 19 steht bereit für Sie," fügte der Leutnant hinzu, bevor er mit dem Sergeant den Raum verliess.

"Sie wollen mich nicht begleiten?" fragte Sias kühl und konnte die zunehmende Gereiztheit im Gesicht des Leutnants erkennen. Fast hätte der Mann zu schimpfen begonnen, doch sein Kamerad hielt ihn zurück.

"Sie sind alleine," sagte der Sergeant, bevor beide den Raum verliessen.

"Ziehen Sie sich um und gehen Sie auf Streife," kam noch vom Leutnant, bevor die Tür ins Schloss fiel.

Sias erhob sich, sah sich kurz um und bemerkte, dass die anderen längst weg waren. Umziehen? Nicht nötig. Er ging zurück zu seinem Arbeitsplatz, schnappte sich seine Waffe und liess sich Munition geben. Auch den Schlüssel zu Wagen 19 nahm er entgegen. Die Frau an der Rezeption war freundlich zu ihm, vielleicht weil sie Angst hatte, aber das störte ihn nicht.

"Ich habe keine Angst vor Ihnen," sagte sie, eine dunkelhäutige junge Frau, attraktiv und etwas fester gebaut. Sias lächelte nur leicht und ging.


 

"Meine Mutter sagte oft: Menschen, die gehasst werden, haben die schönste Aura. Ihre muss strahlend weiss sein." Sie lächelte ihn an und überreichte ihm die Schlüssel.

"Ihre Mutter hat wahrscheinlich recht," erwiderte Sias mit einem leichten Lächeln. Diese Worte hätten ihm vielleicht den Tag versüssen können, wenn er es nicht besser wüsste. Er bedankte sich bei ihr, steckte die Schlüssel in seine Manteltasche und ging hinaus.

Wagen 19. Die meisten Autos sahen nicht mehr gut aus. Viele hatten Beulen, Rost oder Einschusslöcher. Einige standen seit Jahren und hatten Standschäden. Ein Wagen hatte über 550.000 Kilometer auf dem Tacho. Man hoffte, dass der Zähler bei einer Million wieder bei Null anfing.

Die Autos wurden wöchentlich von einem Mechaniker-Team gewartet. Neue Fahrzeuge gab es kaum noch, und die meisten wurden aus alten Teilen zusammengebaut, obwohl die Energie für neue Autos vorhanden wäre.

"Orontur!" rief der Leutnant über den Parkplatz, als er Sias in seiner Zivilkleidung entdeckte. Sias tat jedoch so, als hätte er nichts gehört, stieg in den Wagen, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor.

"Du klingst heute aber gut, Kleine," murmelte er und trat aufs Gas. Der Wagen heulte auf, und genau in diesem Moment rief der Leutnant noch einmal seinen Namen.

Der Wagen rollte vor, und Sias blieb neben dem Leutnant stehen. Er kurbelte das Fenster nur ein kleines Stück herunter und schaltete die Musik ab, die leise im Hintergrund dröhnte.

"Sie haben Ihre Uniform sicher im Kofferraum dabei?" fragte der Leutnant.

Sias nickte hingebungsvoll, obwohl seine Uniform natürlich nicht im Kofferraum lag. Doch Zane hinterfragte es nicht weiter. Vielleicht war es das freche Anlügen, vielleicht aber auch die Hoffnung, dass Sias endlich sterben würde. Seine Überlebensrate sprach für sich: Der Mann geriet in alle möglichen Schwierigkeiten und kam irgendwie immer wieder davon – vielleicht mit einem gebrochenen Bein oder Arm, vielleicht mit einer Gehirnerschütterung, aber immer lebend.

Es wurde ihm nachgesagt, dass er für jeden gefallenen Kameraden zig Vampire ins Gras beissen liess und dass für jeden hundertsten Vampir ein Dämon sterben musste.

Zane selbst hatte noch nie einen Dämon gesehen. In seiner gesamten Karriere hatte er es weder mit einem Dämon zu tun gehabt, noch wusste er genau, wie man sie bekämpfte. Vielleicht war es auch ein wenig Respekt, der ihn davon abhielt, Sias weiter zu provozieren.

Sias überprüfte die Deagle, die in ihrem Schulterholster steckte. Er sah sich als Cowboy der Zukunft, nur ohne den passenden Hut. Die Sonnenbrille blieb auf seinem Gesicht, als er das Präsidium verliess und sich auf den Weg nach Hell's Kitchen machte.

Hell's Kitchen – ein Ort, verseucht von Vampiren, doch immer noch mit zigtausend Bewohnern hinter den Mauern. Viele mieden den Stadtteil, andere flohen. Aber es gab auch jene, die sich täglich dafür einsetzten, dass dieser Teil der Stadt nicht unterging. Sias wusste, dass er mitten in die Hölle fahren würde, aber das hielt ihn nicht auf.

Nur der Central Park hatte mehr Abschaum und Leichen. Man konnte die Schreie der Kreaturen in der Dunkelheit hören, wie sie ihre Angst in die Welt hinausschrieen. Einige wagten sich in die Nähe der violetten Lichter, doch sie mussten Verbrennungen in Kauf nehmen. Die Vampire waren in diesem verfluchten Park gefangen, beherrscht von den Eingeweiden der Toten, und etwas Dunkles tief unter der Erde schien über sie zu herrschen. Niemand wusste, ob diese Kreaturen noch lebten oder warum sie schrien. Und niemand wollte es wissen. Jeder hasste sie. Jeder wollte ihren Tod – zumindest glaubte das jeder.

Diese Kreaturen standen vor den Toren, und doch wollte niemand wahrhaben, dass Union City völlig verseucht war – die Stadt der Menschen, direkt neben Manhattan. Die Natur hatte sich ihren Platz zurückerobert, und die Stadt glich einer Ruine, als wäre sie von einem Atomschlag verwüstet worden. Die Brücken zu Manhattan wurden abgerissen, und im Fluss wurden Fallen und Stacheldraht verteilt. Die Autoröhren unter dem Fluss wurden geflutet. Nur die Washington Bridge stand noch, auch wenn sie stark heruntergekommen war.

"Wagen 19, im Einsatz," sprach Sias ins Funkgerät, als er den Parkplatz des Präsidiums verliess. Jede Einheit musste sich melden, wenn sie mit dem Wagen unterwegs war, und jeder Fahrer bekam einen persönlichen Navigator oder eine Navigatorin – über Funk. Das war mit Absicht so, denn so hatte das Aussenteam eine direkte Verbindung zur Basis, und die Navigation wusste im schlimmsten Fall den letzten Aufenthaltsort des Polizisten und des Wagens.

"Navigation an Wagen 19. Hey, Sias, wie geht's?" fragte Sophie, seine Navigatorin. Es war eine Weile her, dass sie seine Stimme gehört hatte, vermutlich, weil er in letzter Zeit nicht auf sie angewiesen war – aber sie auf ihn.

"Hey, Sophie," antwortete er, lächelnd. Sie konnte es förmlich hören. "Ich kann nicht klagen," murmelte er und blickte hinaus in die Dunkelheit. Einer seiner Scheinwerfer flackerte bei jeder Kurve, wahrscheinlich ein Wackelkontakt.

"Sobald du an der Kreuzung Firststreet angekommen bist, bitte links abbiegen," kam es von ihr. Ihre Aufgabe war es, ihn in die Hölle und zurück zu lotsen.

Sias bog an der gewünschten Stelle ab und fuhr die Strasse entlang. Die Kinder waren in der Schule, die Eltern meist bei der Arbeit. Er näherte sich langsam dem Central Park, fuhr an dessen Rand entlang. Es war ruhig. Vielleicht waren sie alle schon tot. Vielleicht. Noch standen Bäume. Tannen, um genau zu sein.

Zu seiner Rechten tauchte ein Steakhouse auf, das mit saftigem Fleisch warb. Es war lange her, seit Sias das letzte Mal Fleisch gegessen hatte – es gab fast nur noch Fisch. Die Lichter des Ladens waren aus, die Scheiben eingeschlagen, Stühle lagen auf dem Gehweg, Mülltüten türmten sich. Die Polizei müsste jeden dieser verdächtigen Müllsäcke öffnen und untersuchen, aber das wäre eine Aufgabe, die über ein einziges Leben hinausginge. Viele Fleischhüllen, die die Vampire nach ihren Morden hinterlassen hatten, wurden in Keller geworfen, in die Kanalisation gespült oder in Mülltüten gestopft.

Sias war nicht aufdringlich, aber manchmal mutig und frech. Seine Worte klangen für Sophie oft aufbauend, obwohl sie nie einen Freund oder Partner gehabt hatte. Beziehungen waren in dieser Zeit selten und kostbar. Es gab sie noch, wie bei ihren Eltern oder der Familie Henning, aber sie blieben Ausnahmen.

Sophie wollte etwas sagen, doch ihr Gesicht lief leicht rot an. Wäre Sias in der Lage, sie vor sich zu sehen, würde er ein wunderschönes Wesen wahrnehmen: rote Haare, etwa 160 cm gross, mit braunen oder blauen Augen – jedenfalls so, wie er sie sich vorstellte. Aber er wusste es besser. Sophie war eine hübsche Asiatin, adoptiert, wie fast alle Kinder in dieser Welt. Sie hatte schwarze Haare und sah jünger aus als Sias, obwohl sie ein paar Wochen älter war.

"Warum hat die Welt eigentlich Angst vor Ihnen?" fragte Sophie plötzlich, gefolgt von einer Anweisung: "Die nächste links abbiegen."

"Weil Menschen um mich herum sterben und ich viele Vampire erledige," antwortete Sias knapp. Menschen starben überall, aber bei ihm schien das Risiko immer höher.

Er bog ab und fuhr weiter in die Dunkelheit. Das Licht seiner Scheinwerfer und der Strassenlaternen erhellte die Strasse weit genug, um die Umgebung zu erkennen – doch er hätte das schwarze Tier fast nicht gesehen. Ein Wolf rannte über die Strasse und verschwand in einer Gasse.

"Fuck!" entwich es ihm, als er das Bremspedal durchdrückte und die Reifen auf dem Asphalt quietschten.

"Sollten Sie das Ziel gleich erreicht haben," meldete sich Sophie wieder.

"Ein Wolf?" murmelte Sias ungläubig. Sicher, es gab noch Tiere, aber sie lebten meist im Wald und näherten sich selten der Stadt. Die Natur kam schneller zurück, als die Menschen es erwarteten, und nahm sich alles, was sie einst erschaffen hatten.

"Ich prüfe das mal," sagte er ins Mikrofon und stieg aus dem Wagen.

"Sind Sie..." Die Worte verklangen. "...am Ziel angekommen?" fragte Sophie, doch als keine Antwort kam, fühlte sie ein vertrautes Unbehagen. Sias meldete sich manchmal nicht sofort, aber diesmal war es anders. Ein leises Gefühl der Besorgnis kroch in ihr hoch, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte. Warten war sinnlos. Sie biss sich leicht auf die Lippe, markierte den ungefähren Punkt auf der Karte und hob die ganze Strasse hervor, in der der Ex-Detektiv zuletzt gewesen war. Ihre Finger zitterten leicht – eine Geste, die sie unterdrückte. Vorfälle wie dieser waren selten, doch jedes Mal fragte sie sich, ob das Warten auf eine Nachricht länger dauern würde, als sie bereit war, zuzugeben.

Sie wusste, dass Sias auf sich selbst aufpassen konnte, und doch... Die Art, wie er sich nie vollständig öffnete, liess eine Spannung in der Luft. Es war etwas da, das sie beide nicht aussprachen, und vielleicht war es auch gut so. Für jetzt. Andere würden vielleicht Verstärkung anfordern, aber Sias – Sias arbeitete anders. Und genau das machte ihn so faszinierend... und so beunruhigend.

Es hätte auch ein Hund sein können. Nein, Hunde gab es schon lange nicht mehr. Vielleicht ein Werwolf? Er sah zumindest einen Schatten, der einem Hund oder Wolf ähnlich war. Für Sias war es eindeutig ein Wolf. So sicher wie das Aufstehen am Morgen... oder das Erwachen. Doch plötzlich war er sich dessen nicht mehr sicher. Vielleicht war es nur eine leere Mülltüte. Dieser Gedanke war weitaus angenehmer.

Sias stand am Eingang der Gasse und spähte hinein. Weder Wolf noch sonst etwas. Das menschliche Gehirn formt oft das, was man nicht sehen will, zu etwas Schrecklichem. Aber es war niemand da. Kein Tier, nichts. Könnten Wölfe in dieser Welt überhaupt noch existieren? Oder hatte die Natur einen eigenen Masterplan?

Er schaltete die Lampe an seinem Mantel ein und leuchtete in die Gasse, zuerst nach links, dann nach rechts. Nichts. Er schwenkte die Lampe erneut nach links und sah neben einem Mülleimer eine Gestalt.

"Du warst eben noch nicht da", murmelte er zu sich selbst und machte einen Schritt auf das Kind zu. Etwas stimmte nicht. Nein, er war sich sicher, dass dort zuvor niemand war. Jetzt... Kaum machte er den ersten Schritt, sprang das Kind auf und rannte, vorbei an einer Mülltonne. Es zeigte Angst, aber sah ihn nicht an. Sie mochte 12 oder 13 Jahre alt sein, in einem weissgrauen Kleid, mit schwarzen Haaren und bleicher Haut, die an einigen Stellen rot war. Vermutlich oft geschlagen – in diesen Zeiten keine Seltenheit.

Seine Lampe wanderte unruhig umher. Das Kind hatte keine Lampe – ein Zeichen, dass sie sich hier wohl bestens auskannte. Sias leuchtete mit seiner Waffe durch die Gasse, scannte jeden Winkel. Doch sie war verschwunden. Wahrscheinlich schon zu weit weg, um sie einzuholen. Warum hatte er nichts gesagt? Er wollte ihr doch nur helfen. Oder?

Er machte ein paar Schritte und erreichte den Platz, an dem sie hinter der Mülltonne gehockt hatte. Sein Licht glitt über den Boden. Blut. Vielleicht ihres. Sias kniete sich hin und berührte die Stelle. Das Blut war trocken, seltsam. Sie hatte nicht den Anschein gemacht, verletzt zu sein, als sie wegrannte. Sein Blick fiel auf eine alte Zeitung, ebenfalls blutverschmiert. Das Datum? Monate alt. Damals wurde die neue Bürgermeisterin gewählt, kurz darauf starben fünf Menschen. Freiheit. Ein normales Leben. Was für ein Witz. Wie konnte sie von Freiheit sprechen, wenn die Welt seit 500 Jahren in einer verdammten Schleife aus Tod und Zerstörung steckte?

Vampire und Dämonen – sie würden die Menschheit bis zum letzten Tropfen Blut aussaugen. Und wenn das Blut versiegt, dann wären die Dämonen die Herrscher dieser leeren Welt. Wenn es ein göttliches Wesen gab, sollte es sich endlich zeigen und diese Dunkelheit verbannen. Oder hatte es diese Welt längst aufgegeben?

Er sah in den Himmel, als würde ihn gleich der Blitz für seine Gedanken treffen. Aber nichts passierte. Sias ging weiter, Schritt für Schritt, doch keine weiteren Spuren. Das Mädchen war verschwunden, die Gasse leer. Heute war nicht sein Tag, das spürte er.

Mit dem Licht tastete er die Mauern ab, die Strassen – nichts. "Vielleicht ein Geist", murmelte er. Er wusste, dass die Wissenschaft Geister ablehnte, aber die Wissenschaft wusste nichts über diese Welt. Geister existierten. Nicht als rachsüchtige Seelen, sondern als Schatten ihres früheren Lebens. Sie flüchteten vor dem Tod, wieder und wieder, gefangen in ihrem Leid. Vielleicht war das Mädchen ein solcher Geist gewesen. Deshalb hörte er keine Schritte. Deshalb wurde es um ihn immer kälter.

Sias trat zurück und ging zu seinem Wagen. Dämonen und Vampire – die konnte er töten. Was blutet, kann sterben. Aber Geister? Diese verdammten Wesen waren anders. Man konnte sie nicht mit Waffen bekämpfen. Die Kirche hatte nur ein Mittel gegen sie: Gebete und Segnungen. Doch selbst das war nur dazu da, sie ins Licht zu schicken, in eine andere Welt. Weg von hier.

"Ich bin wieder da!" sprach Sias ins Mikro und startete den Wagen.

"Gut. Ich wollte gerade eine Streife zu Ihnen schicken", antwortete Sophie und lächelte dabei. Sias konnte es durch das Funkgerät fast spüren – dieses Lächeln, das sie scheinbar nie verlor, auch in den schlimmsten Momenten.

"Wenn Sie am Ende rechts abbiegen und dann sofort links... nun, dann landen Sie direkt in der Hölle", fügte sie mit einem leisen Lachen hinzu, doch ihr Tonfall änderte sich schnell. "Passen Sie bitte auf sich auf, Sias." Die Sorge in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

Hell's Kitchen. Ein Ort, wo das Wort "Hölle" nicht nur metaphorisch gemeint war. Morde, Anschläge, Menschen, die einfach verschwanden – und ein Leichensack mehr, ohne Erklärung.

"Ich habe gerade einen Notruf reinbekommen", sagte sie plötzlich ernster. "Eine Familie wird von Vampiren terrorisiert. Ich leite Sie hin." Sie gab ihm schnell die Informationen durch, dann kehrte die Funkstille zurück.

Es kehrte wieder Ruhe ein, als Sias den Wagen auf der von Sophie angegebenen Strecke steuerte. Vampire, die eine Familie bedrohten – wo führte das noch hin, wenn die Menschen nicht einmal mehr sicher auf den Strassen gehen konnten? Die Vampire schaufelten sich damit ihr eigenes Grab. Es gab nicht mehr genug Menschen, um all ihre Gier zu stillen.

Zumindest glaubte das Sias.

Die Realität war anders. In Asien und Europa wurden Millionen Menschen als Blutsklaven gehalten – vielleicht noch mehr. Sie lebten zwar noch, aber nur in einem künstlichen Koma. In Plastiksäcken hängten sie von der Decke riesiger Lagerhallen, vakuumisoliert wie in einem Krankenhaus. Eine intravenöse Zufuhr hielt sie am Leben. Diese lebenden Blutbanken füllten Lager in Afrika, Arabien und Europa. Wer einmal dort war, entkam nie wieder.

"Zentrale, Sophie. Das hier ist ein Ramen-Restaurant?" fragte er. Falls man es noch so nennen konnte. Der obere Teil des Gebäudes war eingestürzt, und in den Seitengassen türmte sich das Geröll so hoch, dass man kaum hindurchkam. Die Fenster lagen zerschmettert auf dem Gehweg. Die Feuerleiter, die einst die Front des Gebäudes zierte, lag nun auf der anderen Strassenseite – oder tief in den Ruinen darüber. Was war hier nur passiert? Der einst rote Bau war im oberen Teil komplett ausgebrannt.

Sias parkte den Wagen auf der gegenüberliegenden Strassenseite und gab Sophie ein kurzes Signal über Funk, um seine Ankunft zu bestätigen. Ein leises Rauschen erklang in seinem Headset, gefolgt von einem zweiten. Das war das Signal, das sie benutzten, wenn Gefahr im Anmarsch war – oder wenn er einfach zu faul war, sich korrekt zu melden. Diesmal war es aber die Gefahr, die er melden wollte. Kurz nachdem er angekommen war, sah er, wie ein Vampir in den Ruinen des Gebäudes verschwand.

Sias zog seine Waffe und bewegte sich leise auf das Gebäude zu. Aus dem Inneren drangen Geräusche der Angst – Schreie, das Splittern von Geschirr, als ob ein Teller gegen die Wand geschleudert worden wäre. Waren das wirklich Vampire? Oder war es etwas noch Schlimmeres?

Der Inhaber war ein Asiate – vielleicht Chinese oder Japaner. Sias wusste es nicht genau, aber eines war klar: Der Mann verstand sein Handwerk. Aus den wenigen Dingen, die ihm blieben, zauberte er unzählige Gerichte.

"Wir wollen Schutzgeld!" brüllte der vermeintliche Anführer und richtete eine Waffe auf den Inhaber. "Wir... wir haben kein Geld", jammerte der Mann, nur um im nächsten Moment von seinem Peiniger auf den Boden geschlagen zu werden.

Drei Männer – der Inhaber, seine Frau und ihre Tochter – standen den Eindringlingen gegenüber. Der Inhaber war vielleicht 40 oder 50, seine Frau ungefähr genauso alt. Ihre Tochter war um die 30. Keiner von ihnen war bewaffnet. Sie kannten das Spiel. Der örtliche Blutbaron, wie Sias die Vampirclans nannte, verlangte nicht viel. Entweder sie arbeiteten für ihn oder sie bezahlten Schutzgeld. Der Asiate hatte lange gezahlt, teilweise gut. Doch seit der Krieg mit den Vampiren sich immer weiter ausbreitete, blieben die Kunden aus. Jetzt hatte er nichts mehr, was er zahlen konnte.

"Noah, Atlas, durchsucht das Hinterzimmer und findet den Tresor!" Der vermummte Anführer blickte erst nach rechts, dann nach links zu seinen Gefährten. Die Namen, die sie benutzten, waren wahrscheinlich Decknamen, damit niemand ihre wahre Identität kannte.

Sias, der sich lautlos durch den Essbereich bewegte, hörte die Befehle und war froh, dass zwei der drei Männer woanders beschäftigt waren. Er schlich weiter hinter die Bar. Der Raum war durch eine Bar in der Mitte geteilt. Vorne sassen normalerweise die Gäste, darunter auch Promis – zumindest, wenn noch welche kamen. Der Inhaber behandelte jeden gleich. Doch der hintere Bereich war exklusiv und teurer. Wer hier sitzen wollte, musste zahlen. Das Geld war eine Goldgrube – doch jetzt kauerte die Familie an einer Wand neben einem Tisch, zusammengekauert wie verängstigte Tiere.

"Mason, wir brauchen einen Code!" rief Atlas aus dem Bürobereich. Der Raum lag am Ende eines kleinen Gangs, der um die Ecke bog. Dazwischen befanden sich die Toiletten und eine Tür zum Treppenhaus, das in den oberen Stock führte. "Noah knackt gerade den Tresor, aber ein Code wäre schneller", lachte er. Alternativ könnten sie den Tresor einfach mitnehmen und später in ihrem Lager aufbrechen. Das Ding wog vielleicht 50 Kilo.

"Auch das noch", knurrte Mason. Sie hatten nur vorgehabt, hier zu essen und die Steuern für ihren Blutlord einzutreiben. In ihrer Welt konnte man sich so einen Posten als Vampir erkaufen. Die Frage war nur: Welche Rolle bekamen sie? Es gab nur zwei Optionen. Die eine war der Krieger – der klassische Vampir, wie man ihn sich vorstellte: verstärkte Kraft und Geschwindigkeit. Doch sie brauchten Blut, menschliches Blut. Tierisches Blut machte sie wahnsinnig, wie eine Droge. Aber das Schlimmste war, Blut von anderen Vampiren zu trinken. Wenn Vampire das Blut untereinander teilten, verwandelten sie sich in Bestien – Kreaturen ohne Verstand, die in den nächsten Tagen qualvoll starben. Eine Krankheit, schlimmer als jede Droge. Das Blut von Toten war genauso gefährlich, denn es verwandelte sie in zombieähnliche Kreaturen, die unkontrolliert wüteten. Ein Biss von einem dieser Zombies, und der Vampir würde sich in eine Bestie verwandeln – unkontrollierbar und extrem gefährlich. In Europa wurde viel an solchen Bestien geforscht.


 

Die zweite Art der Vampire war der Wandler, auch Beisser genannt. Im Gegensatz zu ihren kriegerischen Kameraden waren diese Vampire völlig harmlos und ohne grosse körperliche Kraft. Sie behielten ihre ursprüngliche Stärke bei und waren einzig auf die Fähigkeit der Verwandlung von Menschen in Vampire angewiesen. Diese Vampire benötigten weder Blut noch Nahrung zum Überleben. Da ihre Organe noch funktionierten, war es äusserst schwierig, sie von Menschen zu unterscheiden. Der Wandler sicherte sein Überleben, indem er sein eigenes Blut verzehrte. Zudem konnten sie gewöhnliche Nahrung wie Fisch oder Brot essen, was sie noch menschlicher erscheinen liess.

Die Wandler waren die einzigen Vampire, die Menschen verwandeln konnten. Diese Fähigkeit machte sie, selbst unter den stärksten Vampiren, äusserst wertvoll. Ein Wandler wurde oft in eine Führungsposition erhoben, besonders in Gemeinschaften, die von einem Blutlord angeführt wurden. Der Blutlord war der unbestrittene Anführer der Vampirgesellschaft und hielt alle unter seiner Kontrolle. Seine Macht hing davon ab, wie gut er die verschiedenen Gruppen in Einklang hielt – die Krieger, die Wandler und die wenigen Schamaninnen.

Krieger, die stärksten und gefährlichsten Vampire, hatten die Aufgabe, die Wandler und Schamaninnen zu schützen. Sie verfügten über übermenschliche Kraft und Geschwindigkeit und benötigten regelmässig menschliches Blut, um ihre Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Tierisches Blut galt als gefährlich, da es ihren Verstand trübte und sie unkontrollierbar machte. Das Trinken von Blut anderer Vampire hingegen war absolut verboten, da es sie in Bestien verwandelte – Kreaturen ohne Verstand, die nach wenigen Tagen qualvoll starben.

Weibliche Wandler hatten die Möglichkeit, sich zu Schamaninnen zu entwickeln. Diese extrem seltenen Wesen besassen angeblich die Fähigkeit, sich selbst zu heilen und enorme physische Schäden zu überleben. Einige Gerüchte besagten, dass sie sogar im Tageslicht wandeln könnten, doch dies war bisher nicht bewiesen. Ihre Rolle in der Vampirgesellschaft war meist mystisch und von grosser Bedeutung, da ihre Fähigkeiten den Fortbestand ihrer Art sichern konnten. Der Blutlord selbst schätzte und schützte diese Schamaninnen, da ihre Heilfähigkeiten und Weisheit oft entscheidend für den Erhalt der Gemeinschaft waren.

Die Schamanin wurde oft in Wäldern erblickt, meist als ältere Frau, begleitet von einem kleinen Rudel Vampire. Mason allerdings sah sich eher in der Rolle eines Kriegers – zumindest schien er sich in diese Richtung zu orientieren.

"Wie lautet der Code für den Tresor!?" knurrte der vermummte Mann und lud seine Waffe durch. Er versuchte, die Kontrolle zu behalten, aber die Situation begann, ihm zu entgleiten. Bevor er eine Antwort bekam, spürte er plötzlich die kalte Mündung einer Waffe an seinem Hinterkopf.

"Eine falsche Bewegung, und du findest dein Hirn unter dem Bild da wieder!" Sias’ Stimme klang ruhig, fast gelangweilt. Das metallische Klicken des Abzugs verstärkte die Drohung. Sias hatte sich im richtigen Moment erhoben, als der Mann nach dem Code verlangte, und nahm die Situation ohne Mühe in die Hand.

"Unter 'Der Schrei' von Munch oder 'dem Turm von Paris'?" witzelte der vermummte Mann leicht, um seine Angst zu überspielen. Doch sein Lachen klang gezwungen, seine Hände zitterten leicht.

"Unter 'Der Schrei', einfach nur um die Absurdität zu vervollständigen", konterte Sias trocken und nahm ihm die Pistole ab, die er hinter der Bar verschwinden liess. Seine Augen verengten sich, als er den Inhaber und dessen Familie musterte.

"Ihr!" Er wandte sich an den verwirrten, aber dankbaren Inhaber. "Zu mir!" Sias winkte die Familie zu sich, ohne seine Waffe zu senken. "Es wäre einfacher gewesen, wenn ihr schon Vampire wärt, dann könnte ich euch jetzt einfach umlegen", sagte er, diesmal mit einem Hauch von Verärgerung. Er wartete, bis die Familie sich ihm näherte, dann kletterte er elegant über die Bar und liess dem freundlichen Asiaten seine Waffe zurück.

"Vampire? Nein, wir sind nur die Laufburschen der Vampire!" knurrte der Mann, der leicht nach vorne gedrückt wurde, als Sias über den Tresen stieg. Er versuchte, die Demütigung zu verbergen, konnte aber den Zorn in seiner Stimme nicht verstecken.

Sias blickte den Mann kalt an. "Wie heisst du?" fragte er.

"M-Mason", stammelte er widerwillig. Er wusste, dass er in der Falle sass.

Sias' Grinsen war kaum zu übersehen. "Ruf deine Kameraden zusammen und verschwindet, Mason!"

"Das wird unser Boss aber gar nicht gerne sehen!" wagte es Mason, nun mit leicht zitternder Stimme. Sein Blick versuchte, wieder Haltung zu gewinnen, aber die Angst war nicht zu verbergen.

"Dein Boss wird es auch gar nicht gerne sehen, wenn ihr ohne Geld bei ihm auftaucht. Und noch weniger wird ihm gefallen, wenn ihr tot seid", sagte Sias, ein freches Lächeln auf den Lippen, während er die Situation vollends dominierte. Masons Augen flackerten. Der Gedanke, dass sein Boss mächtig war, schien ihm ein wenig Mut zu geben.

"Das wirst du noch bereuen! Mein Boss hat hohe Beziehungen in die Polizei – und darüber hinaus. Morgen bist du kein Polizist mehr!" Masons Worte klangen wie eine leere Drohung, doch ein Rest Unsicherheit war da. Sias konnte spüren, dass Mason auf die Macht seines Bosses hoffte.

Sias liess sich nicht beeindrucken. Solche Worte prallten an ihm ab. Wenn die Vampire wirklich in der Polizei infiltriert waren, würde er allein weiterkämpfen. Er würde weiterhin versuchen, diesen Abschaum aus seiner Stadt zu entfernen – egal, was es ihn kosten würde. Die Vorstellung, allein gegen das System zu kämpfen, amüsierte ihn fast. "Wir werden sehen, Mason. Wir werden sehen."

Sias hielt Mason weiterhin fest, seine Augen wachsam auf die Umgebung gerichtet. Der Moment war angespannt, doch er wusste, dass die Ruhe trügerisch war.

Plötzlich erschien Noah, ohne Vorwarnung und mit erhobener Waffe. "Hey!" rief er, während er das Feuer eröffnete. Der erste Schuss krachte in die Bar, der zweite verfehlte ebenfalls sein Ziel. Doch der dritte Schuss streifte Mason, traf ihn in die Haut und liess ihn schmerzhaft aufschreien, ohne ihn schwer zu verwunden.

Sias nutzte den verletzten Mason sofort als Schutzschild. Blut sickerte durch Masons Kleidung, doch er lebte noch, auch wenn der Schock ihn fast überwältigte. Sias blieb ruhig, hob seine Desert Eagle und feuerte ein paar gezielte Schüsse zurück. Gläser zerbarsten, Flaschen barsten, und der Boden unter ihnen wurde mit einer Mischung aus Blut und Alkohol getränkt.

"Noah!" schrie Mason, doch Noah hörte nicht auf, seine Schüsse abzufeuern. Eine weitere Kugel streifte Mason, diesmal an der Hüfte, und er krümmte sich vor Schmerz. Sias hielt ihn weiter fest, während er erneut zurückschoss und Noah direkt am Ellbogen traf. Der Schuss zerschmetterte den Knochen, und Noahs Arm hing grotesk in eine falsche Richtung, während er vor Schmerz schrie und seine Waffe fallen liess.

Die Desert Eagle in Sias' Hand war eine mächtige Waffe, und er wusste, dass dieser Kampf bald Vampire anlocken würde. Aber das kümmerte ihn im Moment wenig – es galt, diese Situation schnell zu beenden, bevor es ausser Kontrolle geriet.

"NOAH!" schrie Atlas im Hintergrund und griff bereits nach seiner Waffe.

"Das würde ich dir nicht empfehlen," sagte Sias kalt und drückte die Pistole fester an Masons Kopf. Seine Finger lagen ruhig am Abzug, bereit, jederzeit zu schiessen. Mason keuchte, Blut tropfte aus seinem Mund, als er verzweifelt flüsterte: "Atlas..." Das Wort war kaum hörbar, übertönt von dem Gurgeln seines eigenen Bluts. Sias wusste, dass Mason nicht mehr lange zu leben hatte.

Atlas zögerte, seine Hand auf dem Griff der Waffe, doch er wusste, dass jede falsche Bewegung sein Ende bedeuten könnte. In einem fliessenden, präzisen Moment liess Sias keine Zeit für Fehler. Er zielte auf Masons Kopf und drückte ab.

Das laute Krachen des Schusses hallte durch den Raum, und Masons Schädel platzte förmlich auseinander. Blut und Gehirnmasse spritzten gegen die Wände, verteilten sich über den Boden und trafen sogar Noah, der entsetzt zurückwich, als der hintere Teil von Masons Kopf aufplatzte. Noah starrte auf die Überreste seines Kameraden, und für einen Moment stand die Zeit still. Der Anblick der Gehirnbrocken, die sich über den Teppich und die Bar verteilten, liess ihn zögern. Sein Mut schmolz in einem Augenblick dahin.

Sias liess Masons leblosen Körper wie einen nassen Sack auf den Boden fallen. Doch dann durchzuckte ihn plötzlich ein scharfer Schmerz in seiner Seite. Blut sickerte durch seine Kleidung, und er spürte die Wärme der Verletzung. Eine Kugel hatte ihn getroffen, und die Wunde pochte intensiv. "Scheisse," knurrte er und hielt sich die Seite, während er taumelnd auf die Bar zuging, wo er die Familie zurückgelassen hatte.

Dort kauerte die Tochter über den blutigen Leichen ihrer Eltern, schluchzend und voller Verzweiflung. Ihre Schreie waren rau, von Schmerz durchzogen, und ihre Hände zitterten, während sie das Blut ihrer Eltern auf ihrer Haut spürte. Die Vampire hatten ihr Leben zerstört, und in ihren Augen war nichts als blanker Hass zu erkennen.

Sias biss die Zähne zusammen, humpelte zur Bar, sein Blick fest auf die Familie gerichtet. Plötzlich hörte er das metallische Klicken einer Waffe. Sein Instinkt setzte ein, doch bevor er reagieren konnte, fiel der Schuss. Noah, von panischer Wut getrieben, hatte seinen Mut zusammengenommen und einen verzweifelten Schuss durch das Holz der Bar abgefeuert. Die Kugel bohrte sich durch den Kopf des Inhabers, dessen Körper abrupt zusammenbrach, als das Blut über den Boden floss. Der Schuss war beinahe perfekt platziert, als wäre er gezielt gewesen, als wäre es ein grausames Schicksal.

Blut tropfte von der Decke und sickerte in den Teppich, vermischt mit den Gehirnresten von Mason. Sias' Atem ging schwer, doch seine Augen behielten Noah im Blick. Der Schmerz in seiner Seite war unübersehbar, doch seine Entschlossenheit, den Rest der Situation unter Kontrolle zu bringen, liess ihn nicht nachgeben.


 

Ein lauter Schrei durchbrach die Stille, er kam aus der Nähe – vielleicht ein oder zwei Blocks entfernt. "Nein, nein, nein, nein," fluchte Sias leise. Ihre Schiesserei hatte Vampire angelockt, und die Zeit lief ihnen davon.

Die Asiatin, die gerade noch in tiefer Trauer über ihre Eltern gekauert hatte, erhob sich plötzlich. Ohne ein Wort schnappte sie sich eine der Schnapsflaschen und zerriss ihr eigenes Shirt, um einen improvisierten Molotow-Cocktail zu bauen. Sias, überrascht von dem, was er gerade sah, stockte kurz. Vor ihm stand die Frau nun nur noch im BH, ihre Entschlossenheit war fast greifbar. Das war definitiv nicht das, was er heute erwartet hatte.

Mit dem fertigen Molotow in der Hand griff sie plötzlich nach Sias' Handgelenk und zog ihn mit sich. Sie rannten zur Tür, und noch bevor sie hinausliefen, zündete sie die Flasche an und schleuderte sie in die Bar. Es gab einen lauten Knall, und das Feuer breitete sich schnell aus – es verschlang die Leichen ihrer Eltern, die noch intakten Flaschen und das Holz der Bar. Sie war alles andere als glücklich darüber, dass sie ihr Zuhause verlor, aber es den Vampiren zu überlassen? Niemals.

Kein einziges Wort kam über ihre Lippen, während sie atemlos und voller Wut und Trauer neben Sias herlief. Ihre Augen funkelten, und ihre Wangen waren rot vor Zorn. Sie war so tief in ihren Gefühlen gefangen, dass sie kaum realisierte, was sie tat, bis Sias sie an der Hand packte und zurück in die Realität zog. Ihre Blicke trafen sich, und für einen Moment war da nur Schweigen.

"Wir müssen hier weg," sagte Sias entschlossen und deutete auf seinen Wagen. Sie nickte stumm und folgte ihm, ohne Zögern. Mit einem Satz stieg sie auf den Beifahrersitz, und Sias raste mit quietschenden Reifen los, gerade rechtzeitig, bevor die Vampire den Ort des Geschehens erreichten.

"Fuck!" fluchte er, als er eine Bewegung machte und den Schmerz in seiner Seite erneut spürte. Die Kugel war noch immer in seinem Fleisch, und die Wunde pochte unangenehm. Die Asiatin sah zu ihm hinüber, ihr Blick konzentriert.

"Halt rechts an!" forderte sie und zeigte auf eine Parklücke zwischen zwei zerstörten Autos. Sias war überrascht, zögerte aber nur kurz. "Sind Sie etwa Ärztin?" fragte er ungläubig, während er den Wagen anhielt. Er wusste, woher sie kam – aus einem kleinen Ramen-Restaurant, nicht gerade der Ort, an dem er medizinisches Wissen erwartet hätte.

"Bevor mein Vater sein Restaurant eröffnete, ja. Ich war Ärztin," antwortete sie knapp. Ihre Stimme war ruhig, fast professionell. Sias tat, was sie ihm befahl, und parkte den Wagen.

Diese Antwort überraschte ihn mehr als alles andere, aber er wusste, es war besser, sich hier behandeln zu lassen, als im Präsidium. Dort würde er nur kritische Blicke und unangenehme Fragen bekommen – Fragen, die er gerne vermeiden wollte. "Für diese Wunde… wie viele Zivilisten mussten dafür sterben?" würden sie fragen. Worte, die er um jeden Preis umgehen wollte.

Sias parkte den Wagen. Schnell raus aus dem Mantel, Holster, Shirt. Die Wunde pochte. Blut quoll heraus, langsam, aber unaufhaltsam. Die Asiatin zog sich das schmutzige Shirt über. Zu gross. Sie stand da, nur im BH, mit diesem Blick.

"Nur damit Sie nicht schauen," murmelte sie, das Lächeln gezwungen. Sias bemerkte den exotischen Klang in ihrer Stimme. Irgendwo zwischen Verzweiflung und Stärke. Kein Platz für Ablenkungen.

"Verbandskasten?" fragte sie und klappte die Lehne zurück.

"Kofferraum." Seine Stimme war rau, fast schon mechanisch. Er legte die Lehne zurück, versuchte, die Schmerzen auszublenden. Blutung unter Kontrolle, aber es brannte.

Sie kletterte auf den Rücksitz, öffnete die Lehne zum Kofferraum. Sie wollte nicht raus. Zu gefährlich draussen. Sie kehrte zurück, das Verbandskit in der Hand. Ihre Bewegungen waren schnell, präzise.

"Das brennt." Keine Warnung. Sie drückte die Kompresse fest auf die Wunde. Der Schmerz durchzog ihn wie ein Blitz. Seine Hand schnellte nach oben, schlug fast gegen das Autodach. Zähne zusammengepresst, Faust im Mund. Der Schmerz war alles.

Dann liess er nach. Sie wickelte den Verband straff um seinen Oberkörper, ihre Bewegungen fest und routiniert.

"Wie heissen Sie?" Sias brach die Stille.

"Lien," sagte sie leise, ihre Augen auf den Verband gerichtet. "Und Sie?"

"Sias." Er hatte nicht viel mehr zu sagen. Seine Wunde pochte.

"Die Wunde muss genäht werden," sagte sie, als sie fertig war und ihm den Mantel reichte. Ihre Stimme war kühl, ihre Hände zitterten nicht. Sie wusste, was sie tat.

"Danke," murmelte er, liess den Mantel liegen und setzte sich ans Steuer. Der Motor sprang an. Der Schmerz war da, aber er konnte fahren. Der Wagen rollte los, die Strassen waren leer, aber der Schatten der Bedrohung war greifbar.

"Schöner Name," murmelte er, den Blick auf die Strasse gerichtet.

"Danke," antwortete sie, während ihr Blick aus dem Fenster wanderte. "Sie waren meine Rettung. Diese Leute… sie kommen fast täglich. Sie zerstören alles." Ihre Stimme zitterte kaum, doch die Wut und Verzweiflung waren spürbar.

"Haben Sie noch Familie?" fragte Sias, obwohl er die Antwort bereits wusste.

"Nein. Meine Eltern waren alles, was ich noch hatte." Ihr Blick blieb starr auf die vorbeiziehenden Ruinen gerichtet.

Sias schwieg, dann entschied er: "Dann kommen Sie mit zu mir." Keine Diskussion. Kein Zögern. Sie brauchte Schutz, und er hatte den Platz.

"Sie müssen das nicht tun," sagte sie leise, aber der Dank in ihrer Stimme war unüberhörbar. Schutzlos – das war sie nicht mehr.

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CorvusGravess Profilbild CorvusGraves

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Kapitel: 3
Sätze: 1.695
Wörter: 21.497
Zeichen: 125.846

Kategorisierung

Diese Story wird neben Fantasy auch in den Genres Horror und Mystery gelistet.