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Kapitel: | 5 | |
Sätze: | 631 | |
Wörter: | 7.443 | |
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Kopfschmerz wummert hinter meiner Stirn, als ich die Tür zum Lehrerzimmer - Verzeihung: Lehrkräftezimmer - aufstoße.
Dahinter wuselt es wie in einem Bienenschwarm. Kollegen, bepackt mit Papierstapeln und Kaffeetassen, laufen Slalom umeinander, drängen sich schwatzend an der keuchenden Kaffeemaschine, ballen sich vor dem Vertretungsplan, lesen E-Mails und Mitteilungen, bereiten Unterricht vor.
Ich ziehe meine Tasche an mich, schalte auf Durchzug und trete den Weg zu meinem Platz - dreißig Zentimeter mühsam freigeschaufelter Tischplatte - an.
Ich schaffe einen Schritt, bevor eine kleine, vollbusige Frau sich vor mir aufbaut und mir ein strahlendes Lächeln zuwirft. „Guten Morgen!“, zwitschert Konrektorin Sanne Altdorf in Silbensprache. Ihre geschminkten Augen leuchten unter einer Wolke gefönten Haares hervor; Wasserlilienduft entsteigt ihren bunten Gewändern.
Ihre montagmorgendliche Frische färbt auf mich nicht ab. „Morgen.“
„Huch, etwa verkatert?“
Lecko mio.
„Hirnsausen.“
„Oje.“
„Sorry. Muss noch was vorbereiten.“
Sanne hebt kichernd den Zeigefinger und schwenkt ihn. „Schwellendidaktik? Na, na.“
„Nicht ganz. Habe jetzt eine Verfügungsstunde.“
„Keine Zeit am Wochenende gehabt?“
„War krank.“
Die Lüge geht mir glatt über die Lippen, während Bildfetzen durch meinen Kopf zucken. Dinner, ein paar Drinks, Sex. Mehr Alkohol, mehr Sex, zwischendurch Schokokekse und Zigaretten, eine weitere Runde im Bett. Ein Wunder, dass ich meinen Handyalarm gehört habe.
Sanne glaubt mir kein Wort. Ich sehe es an dem abschätzig gesenkten Mundwinkel.
Geh sterben.
Sanne Altdorf stirbt nicht, als ich mich an ihr vorbeizwänge, doch ein Stapel Papiere rutscht aus ihren Armen und flattert zu Boden. Sanne quiekt und sofort stieben Kollegen von allen Seiten heran und bücken sich.
Ich verdrücke mich an meinen Tisch, stelle meine Tasche in die Bresche zwischen Ablagekörben und verkrusteten Kaffeetassen und sinke auf meinen Stuhl.
Der Aufschrei eines Helferleins reißt mich wieder empor.
Mitten im Gewusel verharrt Michael in der Pose eines sich verneigenden Butlers, eine Hand in sein Kreuz gedrückt, das Gesicht schmerzverzerrt. Mit der anderen wedelt er die sich besorgt um ihn Drängenden weg. „Geht gleich wieder“, murmelt er und versucht, dabei tapfer zu klingen. „Nur ein Hexenschuss.“
„Arbeitsunfall.“ Irgendjemand tritt das Wort los und sofort rollt es durch den überfüllten Raum wie eine Lawine.
Wenn ich deine Kackbratzen vertreten muss, töte ich dich.
Als hätte sie meine Gedanken gelesen, kreuzt Sannes Blick meinen. Augenblicklich weiß ich, dass meine Verfügungsstunde sich soeben in Luft aufgelöst hat.
Ich möchte jubeln, als ich realisiere, dass dieser ätzende Tag endlich vorbei ist. In meinem mentalen Tagebuch ziehe ich Resümee. Michaels fürchterlich verzogene Fünfte. Fünfzehn Jungen, sechs davon lärmende Fußballer-Egomanen, sieben mäuschenstille Mädchen, die einander nicht ausstehen können und damit der Testosteronfront nichts entgegenzusetzen haben. Immerhin hatte Michael nach dem Morgenkreis, der mehrfach kurz davor stand, in eine Katastrophe zu münden, eine Stillarbeit vorbereitet. Das Wort „Stille“ scheint allerdings bei den Jungen seiner Klasse eine andere Bedeutung zu haben als bei mir. Ich musste mich durchsetzen, und das schlecht gelaunt und unausgeschlafen. Einen Knaben setzte ich vor die Tür, einen zweiten zu mir nach vorn, von zwei weiteren sammelte ich die Mitteilungshefte ein und drohte mit Einträgen und Strafarbeiten. Dem verhaltenskreativsten verweigerte ich den dritten Toilettengang, packte ihn, als er wie ein Schwein grunzend unter den Tischen herumkroch, am Arm und brachte ihn trotz seiner Schreie und Proteste zur Schulstation. Dann war bis auf geflüsterte giftige Kommentare Ruhe, auch wenn mich böse Blicke durchbohrten. In der letzten Viertelstunde kopierte ich Michaels Arbeitsblatt für meine eigene Klasse, fotografierte Schülerarbeiten, die er in seinem Klassenzimmer ausgestellt hatte, für meine Kunststunde und entwarf auf die Schnelle einen Vokabeltest für die Sechste.
Danach war ich als Integrationslehrerin eingeteilt. Das lernbehinderte Mädchen, mit dem ich Minusaufgaben rechnen sollte, schaffte keine einzige Aufgabe allein, auch nachdem ich das Prinzip zum sechsten Mal erklärt und Finger und ein Lineal zu Hilfe genommen hatte. Irgendwann war meine Geduld restlos aufgebraucht und ich ging mit ihm im Treppenhaus Stufen zählen. Anschließend nahm ich es mit zum Kunstraum, wo ich es Buntpapier heraussuchen und zuschneiden ließ. Die Mathelehrerin, die zwischendurch nach uns schauen wollte, war not amused ob meiner eigenmächtigen Entscheidungen und ging bei Sanne Altdorf petzen, die mich in der Mittagspause wegen des Vorfalls ermahnte.
Nach Sannes Tadel verschlang ich mein Mittagessen/Frühstück in meinem leeren Klassenraum. Zum Glück ließen die Kopfschmerzen nach den fünf Löffeln Kartoffelbrei und einer zweiten Ibuprofen endlich nach.
Die Kunststunde war laut und gefüllt mit hoffnungslosen Erklärversuchen und nervtötenden Nachfragen der Kinder.
Einzig die Englischstunde in der Sechsten verlief normal. Vokabeltest, danach Grammatikübungen zum Abarbeiten, perfekt für satte, müde Frühpubertierende. Nachdem der letzte Schüler den Raum verlassen und ich das Smartboard heruntergefahren hatte, dehnte ich mich seufzend und atmete auf. Feierabend.
Nun stehe ich im Lehrerzimmer, das sich zu meinem Erstaunen nicht leert. Eine düstere Ahnung erfasst mich. Ich konsultiere den Kollegiumskalender und entdecke eine Dienstbesprechung.
„Seit wann haben wir DBs am Montag?“, murmele ich.
Mein Tischnachbar Mathias hört mich. „Die DB ist außer der Reihe. Wegen des Klimaprojektes.“
„Das hätte man nicht in der normalen DB abhandeln können?“
„Sanne meint, das hätte den Rahmen gesprengt.“
„Was sagt Busse dazu?“
„Der ist außer Haus. Sanne übernimmt die Besprechung.“
„Also zwei DBs diese Woche?“
„Mhm.“ Mathias Antwort ist ein resigniertes Seufzen. Sekunden später breitet er Kurzkontrollen vor sich aus und beginnt mit Korrekturen.
Ich unterdrücke ein Gähnen und schaue auf meine Uhr. Gleich halb vier, doch Sanne wirkt nicht so, als hätte sie es eilig. Die Projektwoche ist längst besprochen, aber irgendwie hat sie es geschafft, noch ein oder zwei Tagesordnungspunkte dazu zu schummeln. Sannes fröhliches Lächeln erstickt alle Proteste und so reden wir nun über Fußballregeln während der Hofpausen.
Halb vier, nehme ich mir vor und suche schon einmal meine Sachen zusammen. Zwei Kolleginnen haben sich bereits vor einer halben Stunde mit entschuldigendem Grinsen verdrückt, weil sie ihre Kinder abholen müssen. Sanne hat beide Male aufgesehen und mit verständnisvollem Lächeln gewunken.
Meine Kopfschmerzen sind vor ein paar Minuten zurückgekehrt. Zu ihnen gesellen sich Magenschmerzen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf die vier Tassen Kaffeemaschinenplörre zurückzuführen sind. Vielleicht auch auf den Hunger, der an meinen Eingeweiden nagt. Ich überlege, wie lange meine letzte Mahlzeit zurückliegt, wobei ich das Häufchen Kartoffelbrei und die Handvoll Nüsse, die ich einer Kollegin stibitzt habe, ausklammere. Irgendwann vor dem Sexmarathon. Sofort wird mir schlagartig heiß. Ich frage mich, ob der Typ sich bei mir melden wird, kann mich aber nicht erinnern, ihm meine Nummer gegeben zu haben. Dann fallen mir die zwei Zahnbürsten und die Tampons in seinem Bad ein und ich streiche ihn aus meinem Gedächtnis.
Trotz meines revoltierenden Magens trinke ich den kalten Rest aus meiner Tasse, mustere neidisch Sannes Becher, an dem Milchschaum klebt. Ihr Kaffee duftet. Ich weiß, dass es im Schulleitungszimmer einen Vollautomaten gibt und dass in ihrem Schrank neben Schokoladentäfelchen, Gummibärchen und Trockenfrüchten auch eine pinkfarbene Dose mit ihrem Lieblingskaffee steht.
Punkt halb vier erhebe ich mich. Erstaunte Blicke hageln zu mir empor. Ich schiebe mich an Stühlen vorbei und bin schon fast an der Tür, als ich realisiere, dass es totenstill geworden ist.
„Ähm, Delia?“, fragt Sanne Altdorf sanft.
„Was?“
Verwirrt schüttelt sie ihren Kopf, dass die Föhnwelle auf ihrer Stirn wippt. „Wir sind noch nicht fertig“, zwitschert sie und schaut auf die Menschenreihen zu beiden Seiten der Tischgruppe. Sie lächelt das Kollegium an, woraufhin einige mich mit tadelnden Blicken mustern. Zwei Referendarinnen tuscheln miteinander.
„Tja, sorry, aber ich habe mega Kopfschmerzen“, sage ich. „Schon seit heute Morgen. Ich hoffe, ich brüte nichts aus.“
Wir beide wissen, dass das nicht ganz die Wahrheit ist. Sannes Lächeln gefriert für den Bruchteil einer Sekunde, bevor es erneut aufblüht und sich in ein mitleidiges Stirnrunzeln verwandelt. „Na, dann leg dich mal lieber hin. Hoffen wir, dass du morgen wieder fit bist.“
Ich seufze tapfer. „Ich geb mir Mühe.“
„Du besorgst dir das Protokoll und zeichnest mir das ab, ja?“
„Klar.“
„Gibst du es mir in der Frühstückspause?“
Sobald die Tür hinter mir ins Schloss gefallen ist, hebe ich den Mittelfinger.
Der Dienstagmorgen ist kaum anders als der gestrige. Überfülltes Lehrerzimmer, hektische Vorbereitungen, halblaute Gespräche, der Geruch nach Kaffee, Staub und Papier. Ich studiere den Vertretungsplan und finde meine Befürchtung bestätigt. Michael fällt weiterhin aus, was mir eine zweite Vertretungsstunde heute und eine am Freitag beschert. Immerhin hat er vorbildlich Vertretungsvorschläge gemailt, die Jeannette Kurze, unsere Perle von Sekretärin - Verzeihung: Verwaltungskraft -, ausgedruckt und angepinnt hat.
Eine rätselhafte Abkürzung in meiner Vertretungsstunde lässt mich stutzen. „Was heißt das?“, frage ich eine Musikkollegin, die zufällig neben mir steht.
Sie fährt mit dem Zeigefinger über den Plan. „Ach, das, ja. Die haben einen Termin in der Bibliothek. Micha hat das erzählt.“
„Ich soll mit denen in die Stadt?“ Entgeistert starre ich die Frau an, deren Name mir nicht so präsent ist. Edith, Esther, Elsa, etwas in der Art. Sie ist eine dieser Quereinsteigerinnen, die nebenbei zur Uni gehen.
„Sieht so aus.“
„Das schaffe ich doch gar nicht in einer Stunde.“
„Tut mir leid, Delia, ich musste deine zweite Verfügungsstunde opfern“, ertönt es in diesem Moment zuckersüß hinter mir und ich fahre herum. Sanne Altdorf bauscht sich hinter mir auf, lächelt mich an.
„Ernsthaft?“
„Ging nicht anders, sorry. Wir sind unterbesetzt. Jörg nicht da, Michael, Julia, Karen ... Im Hort haben sie Magen-Darm, deshalb fehlen denen auch Leute.“
Hunderte Erwiderungen schießen durch meinen Kopf, aber ich starre sie nur an. Ihr Lächeln verschwimmt ganz leicht, verbleibt jedoch auf ihren Lippen. Nur ihre Augen, obwohl fröhlich und blau wie der Frühlingshimmel, strahlen kieselhart. Diese Frau mag aussehen wie ein Kolibri, doch sie ist ein verdammter Habicht, der sich auf Kaninchen stürzt.
„Verfügung heißt nun mal nicht frei“, schiebt sie hinterher und zuckt mit den Schultern. „Außerdem ist das für dich entspannt. Die geben nur ab und leihen aus.“
„Entspannt“, echoe ich. „Diese Klasse.“
„Ja, ich weiß, da sind ein paar Herausforderungen drin.“
„Klappereimer, meinst du.“
„Delia!“
Sie blickt mich so geschockt an, dass ich ihr beinahe glaube. Aber ich erinnere mich an die Zeit, bevor sie ins Schulleiterzimmer umzog, und ich weiß, dass sie genauso über Kinder hergezogen ist wie alle anderen.
„Stimmt doch. Gestern hatte ich das Vergnügen mit Maurice. Und heute darf ich den mit in die echte Welt nehmen. In den Bus.“
Sanne tippt auf ihrer Nasenspitze herum. „Ja, wegen Maurice müssen wir uns dringend unterhalten. Herr Krafczyk hat angerufen und sich beschwert. Mir bluten jetzt noch die Ohren.“
„Der hat was?“ Meine Stimme schraubt sich eine Oktave höher.
„Nachher. Ich weiß ja, dass Maurice oft Ärger macht.“
„Ärger? Der ist komplett...“
„Förderstatus emsoz, ja, ich weiß. Wir reden nachher.“
„Wann?“
„Du hast bis zur siebten, ich bin in anderen Terminen, alsooo - 15 Uhr? Kann zehn Minuten später werden bei mir.“
Verdammter Mist. Und morgen wieder DB.
„Okay, also gebongt. Viel Spaß in der Bibliothek.“ Sie berührt schmetterlingsleicht meinen Oberarm, blinzelt mir zu und flattert zurück in ihr kleines Reich.
Ich frage mich, ob sie extra herausgekommen ist, um mir die guten Nachrichten persönlich mitzuteilen.
Der Ausflug in die Stadtbücherei verläuft exakt so chaotisch, wie ich geahnt hatte. Maurice Krafczyk, der Junge mit der emotional-sozialen Auffälligkeit, hält, was seine Diagnose verspricht. Mehrfach springt er der Gruppe voraus, rempelt Passanten an, die wiederum mich anschauen, als hätte ich etwas verbrochen.
„Ich habe ihn nicht geboren“, murmele ich später, als der Busfahrer ihn über Lautsprecher ermahnt, gefälligst aus der Lichtschranke zu verschwinden, und ergreife Maurices Arm. Augenblicklich zieht Maurice einen Flunsch und lässt sich theatralisch fallen, was zwei seiner Mitschüler johlend feiern.
„Fass mich nicht an!“, schreit er.
„Fassen Sie mich nicht an“, entgegne ich und werfe den Lachenden einen Blick zu, der sie verstummen lässt.
„Sie dürfen mich nicht anfassen! Anzeige ist raus!“
„Aber ich möchte nicht, dass die Tür dich verletzt.“ Mit der größten Sanftheit, die ich aufbringen kann, zerre ich ihn zurück auf die Beine und stelle ihn zwischen mich und die Haltestange. Aus dem Augenwinkel sehe ich ältere Damen die Köpfe schütteln und höre, wie ein Mann was von früher und Zucht und Ordnung murmelt. Insgeheim stimme ich ihm zu.
Maurice streckt einer seiner Mitschülerinnen, die genervt mit den Augen rollt, die Zunge heraus, wirft ihr ein obszönes Schimpfwort zu und leckt dann die Haltestange ab, was die Hälfte der Klasse mit einem angewiderten „Ihh“ kommentiert.
Die andere Hälfte macht Anstalten, es Maurice nachzumachen.
„Stopp!“, sage ich entschieden, bevor weitere Zungen Kontakt zum gelben Lack aufnehmen. „Überlegt mal, wie viele Bakterien sich auf so einer Stange befinden. Die haben schon Millionen Leute angefasst. Leute mit Krankheiten.“ Das letzte Wort ziehe ich in die Länge.
„Auch Aids?“, fragt Can, der aussieht, als müsse er längst eine Oberschule besuchen.
„Kann schon sein.“
Bis auf zwei zucken alle zurück und betrachten Maurice mit einer Mischung aus Bewunderung und Ekel. Viele kichern, weil ich „Stange“ gesagt habe und profundes Halbwissen über Sex und männliche Genitalien breitet sich flüsternd im Bus aus. Jetzt schauen die meisten Leute mich mitleidig an. Einige wenige murmeln etwas von Lehrern von heute und dass diese nichts mehr dürften. Insgeheim stimme ich ihnen zu. Vor meinem geistigen Auge erscheint das Bild eines Rohrstocks, danach das einer Peitsche, zum Schluss das eines Elektroschockers.
Gleich darauf macht der Bus eine Vollbremsung und die Kinder, die trotz meiner Ermahnungen lose im Gang gestanden hatten, purzeln ineinander. Maurice knallt mit dem Kopf gegen die Haltestange und beißt sich dabei auf die Zunge.
Instant karma, denke ich und grinse.
Als ich zur Mittagspause mit der Klasse den Schulhof betrete, fühle ich mich wie ausgewrungen und muss dringend zur Toilette. Die in der Bibliothek konnte ich nicht benutzen, weil Maurice über Kopfschmerzen jammerte und Pawel und Ida, die ihre Bücher vergessen hatten, ihren Unmut an Regalen und Tischbeinen ausließen.
„Auf die müssen Sie aufpassen“, erklärte mir die Bibliothekarin resolut und entschwand mit dem Rest der Klasse.
Später ließ ein voll besetzter Bus uns einfach stehen, sodass ich länger aushalten musste als geplant. Dafür verlief die Rückfahrt ruhiger, weil die Kinder in ihren neuen Büchern blätterten und sich die Bilder darin zeigten. Nur Maurice hörte nicht auf zu zappeln und sich zu beschweren. Am meisten empörte er sich, als ich seine Füße vom Nebenplatz zog.
„Ich hab ADHS“, brüllte er, sprang auf und trampelte vor mir herum.
„Dann nimm deine Tablette.“
„Hä? Was für Tabletten?“, erkundigte sich Can und endlich fand Maurice ein Thema, das ihn bis zur Ankunft an unserer Bushaltestelle genug ablenkte.
Ich liefere die Klasse in der Mensa ab und will mich verdrücken, aber eine Horterzieherin besteht darauf, dass ich die Klasse betreue.
Ich ignoriere sie und steuere das Klo den Gang hinunter an. Als ich erleichtert wieder heraustrete, hat sie die Hortleiterin zu Hilfe geholt und starrt mich wütend an.
„So geht das nicht, Frau Gellert“, sagt die Hortleiterin.
„Was denn? Ich habe nicht die Essensaufsicht.“
„Aber Sie waren zu spät zum Essen. Deshalb ist keine Aufsicht mehr da und wir können schließlich nicht auf alle aufpassen.“
Ich sehe mich um, entdecke mindestens acht Hortleute, die sich im Speisesaal verteilen. „Sind doch genug da.“
„Aber die Lehrkräfte unterstützen, das war der Beschluss der letzten Gesamtkonferenz. Sie sitzen mit an den Tischen und achten auf die Einhaltung der Tischregeln.“
Ich stöhne. „Ich hatte bis jetzt keine Pause.“
„Tja, dafür können wir nichts.“
Erneut stöhne ich, dann setze ich mich so weit weg von Maurice Krafczyk und seinen Kumpels wie irgend möglich. Sobald ich am Tisch sitze, verstummen die Mädchen und schauen sich betroffen an. Das unangenehme Schweigen, nur unterbrochen vom Geklapper des Geschirrs und den Schritten der vorbeischlurfenden Kinder, zieht sich wie Kaugummi. Mit Grauen denke ich daran, dass noch drei endlose Stunden vor mir liegen.
„Und? Wie war’s?“, erkundigt sich Sanne um 15:17.
Ich schlucke mehrere Spontanantworten hinunter. Wenn ich die Wahrheit sage, wird sie besänftigend lächeln und sich als Siegerin fühlen. Verharmlose ich, steht einer erneuten Vertretung nichts im Weg. Also mache ich nur eine unbestimmte Armbewegung.
Sie bietet mir einen Platz, jedoch keinen Kaffee an. Auf ihrer Tischseite hingegen duftet es verführerisch aus einem dampfenden Becher.
Sanne kommt schnell zum Punkt. „Zwei Dinge. Klassenarbeit und Herr Krafczyk.“
„Wir haben noch knapp drei Wochen bis Weihnachten.“
„Du denkst daran, dass am Mittwoch davor Weihnachtssingen ist und übernächsten Freitag Basar?“
Verdammt.
„Da fallen dir jedes Mal Stunden aus. Bleibt also nicht mehr viel Zeit.“
„Schreib ich halt nach den Ferien.“
„Gut, aber denke an den Notenschluss und schau, ob da nicht schon andere Arbeiten geplant sind.“
„Okay.“
„Nicht wie letztes Jahr immer auf den letzten Drücker.“ Sie lächelt, pustet in ihre Kaffeetasse und blinzelt mir zu, als würden wir eine Verschwörung aushecken. „Du weißt, die Sechsten kriegen ein wichtiges Zeugnis, also ...“ Den Rest des Satzes lässt sie verpuffen, nimmt einen Schluck Kaffee.
„Schon klar. Herr Krafczyk?“
Behutsam stellt sie die Tasse ab. „Hat sich offiziell beschwert.“
Ich runzele die Stirn. „Soll heißen?“
„Anruf, danach E-Mail an Busse.“
„Über mich.“ Ich schnaube durch die Nase und lege den Kopf in den Nacken.
„Ja.“ Alle Fröhlichkeit ist aus ihrer Mimik verschwunden, als sie dieses Wort zementschwer ausspricht.
Ich seufze. „Worüber beschwert er sich?“
Sanne setzt sich aufrechter hin und konsultiert die ausgedruckte E-Mail. „Du hast seinem Sohn den Toilettengang verwehrt und ihn brutal am Arm angefasst. In seinen Augen ist das Körperverletzung.“
„Bullshit.“ Ich bin kein Mensch, der aufspringt, aber in meinen Gliedmaßen zuckt es.
„Delia, bleib ruhig“, mahnt Sanne.
„Ich bin ruhig. Ich sage nur, dass seine Anschuldigungen bescheuert sind.“
Sannes Augen schwenken zu meinen zu Fäusten geballten Händen. „Magst du deine Version der Geschichte erzählen?“
Ich mag nicht, aber offensichtlich habe ich keine Wahl.
„Maurice wollte zum dritten Mal innerhalb von einer Viertelstunde aufs Klo. Die ersten beiden Male hat er eine reizende Show daraus gemacht, inklusive Verbeugung vor der Klasse und der Verkündigung, er gehe jetzt kacken. Vor der Tür machte er Furzgeräusche. Als er wiederkam, brachte er Klopapier mit und warf es wie eine Papierschlange durch die Klasse.“
Sanne schließt kurz die Augen. „Wie hast du reagiert?“
„Ich hab ihm verboten, weiter aufs Klo zu gehen.“
„Hast du ihn angefasst?“
„Kein Stück.“ Ich sehe ihr direkt in die Augen, als ich sie anlüge. Klar hat mindestens die Hälfte der Klasse gesehen, wie ich ihn am Arm aus der Klasse schleifte, aber dann steht deren Wort gegen meines.
Sanne hält meinem Blick dreißig Sekunden schweigend stand. „Wie hast du ihn in die Schulstation bekommen? Normalerweise weigert er sich, zu gehen.“
„Wie schaffen es denn die anderen?“
Jetzt flackert ihr Blick. „Sie reden ihm gut zu.“
„So wie ich. Ich hab ihn gebeten, mich zu begleiten, bis er einknickte.“
„Nur mit Worten.“
„Und mit bösen Blicken. Ich weiß nicht, ob das eine Beschwerde rechtfertigt.“
„Hast du ihm gedroht?“
„Ich habe ihm gesagt, sein Verhalten hätte Konsequenzen. Klassenkonferenz. Ordnungsmaßnahme.“
Sanne winkt ab. „Hatten wir alles schon. Hilft nichts. Er hat halt emsoz.“
„Das kann doch nicht die Entschuldigung für alles sein.“
„So sieht es aber der Vater. Deshalb möchte ich dich bitten, ihn anzurufen, ihm genau zu schildern, was passiert ist und dich zu entschuldigen.“
Ich lache auf. „Wofür? Dafür, dass sein Sohn sich benimmt wie ein Vollpfosten? Der leckt im Bus die Haltestange ab.“
Sanne zuckt mit keiner Wimper. „Du kannst ihn nicht mit normalen Maßstäben messen. Klar hat er ein psychisches Problem. ADHS und irgendeine Bindungsstörung, glaube ich. Da müsste ich nachlesen.“
Ich schnaube erneut und schüttele den Kopf. Dann stehe ich auf. „Ich erkläre ihm gern, wie sein Sohn sich benimmt. Entschuldigen werde ich mich nicht.“
„Delia.“ Ich muss Sanne zugestehen, dass sie es schafft, ihre Stimme wie eine Melodie klingen zu lassen und fast bewundere ich, wie ihr versteinertes Gesicht sich von einem Lidschlag zum anderen in butterweiches Gewebe verwandeln kann. Sie lächelt mich tatsächlich schon wieder an. „Wenn Krafczyk eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreicht, ist das deine dritte, seit du hier bist.“
„Na und?“
„Du musst dich wieder rechtfertigen, im Ernstfall zu einem Gespräch. Und irgendwann drohen weitere Konsequenzen.“ Sanne Altdorf trinkt von ihrem Kaffee, leckt sich Milchschaum von den Lippen. „Deshalb möchte ich, dass du dich proaktiv entschuldigst. Du könntest sagen, dass du versuchst, beim nächsten Mal geduldiger zu sein. Dass du nicht wusstest, dass Maurice einen Förderstatus hat. Irgendwas Beschwichtigendes.“
„Was passiert, wenn ich das nicht mache?“
Sie setzt ein bedauerndes Gesicht auf, wahrscheinlich dasselbe, das sie macht, wenn ein unartiges Kind sich einfach nicht benehmen will, und ihr Timbre wird noch weicher. „Mensch, Delia.“
Ich gehe, widerstehe der Versuchung, die Tür ins Schloss zu knallen, doch ich erschieße Sanne Altdorf von draußen mit Blicken.
Da ich nach der DB noch zum Sport und Einkaufen will, nehme ich ausnahmsweise das Auto. In der Nacht hat es geschneit und rutschiger grauer Matsch bedeckt die Straßen. Vorsichtig biege ich auf den Lehrerparkplatz ein. Wie immer parken meine Kollegen wie rücksichtslose Idioten.
„Vollpfosten“, fluche ich und schiebe noch ein paar Schimpfwörter hinterher. Autofahren macht mich aggressiv.
Ich fluche noch lauter, als ich merke, dass ich an einer Lücke vorbeigefahren bin, setze den Blinker und bremse ab. In dem Moment, in dem ich zurücksetzen will, schiebt sich hinter mir ein grasgrüner Fiat in die Parklücke.
Ich trommle auf dem Lenkrad und schreie Verwünschungen.
Aus dem Fiat schwingen zwei in schwarzen Leggins steckende Beine, danach hievt sich Sanne, bepackt mit einer monströsen Handtasche und einem Jutebeutel, heraus. Sie besitzt die Frechheit, mir zuzuwinken, und tippt mit dem Zeigefinger gegen ihre Armbanduhr.
Bitch. Blöde, fette Kuh.
Umständlich wende ich und suche mir einen Parkplatz an der Straße.
Als ich vor der Schule stehe, ist es bereits 7:40. Ich habe zehn Minuten, um ins Lehrerzimmer zu rennen, nach Zetteln und Vertretungen zu schauen, mir einen Kaffee einzugießen und in meine erste Stunde zu hetzen.
Also stürze ich durch die Tür und pralle beinahe gegen die Hortleiterin, die sich gerade anschickt, das Gebäude zu verlassen.
„Hallo? Entschuldigung?!“, ruft sie mir empört hinterher.
Ja, du mich auch.
Ich biege ab ins Treppenhaus. Dort steht Sanne Altdorf, versunken in den Anblick zweier Schülergemälde.
Als sie mich sieht, lächelt sie. „Guten Morgen“, trällert sie so gut gelaunt, dass mir übel wird.
„Morgen.“
Ich will an ihr vorbei, aber ihre Stimme stoppt mich. „Und? Wie lief’s mit Herrn Krafczyk?“ Entspannt steigt sie die zwei Stufen zu mir hoch, die ich bereits herausgesprintet hatte.
„Bin nicht mehr dazu gekommen.“
„Oopsi. Dann heute, bitte.“
„Ich versuch’s, aber es wird eng. Hab nach der DB noch Termine.“
„Elterngespräche?“
„Auch.“ Bestimmt treiben sich im Fitnessstudio Mütter und Väter herum. „Und was Privates. Einkaufen und so.“
„Tja, der Tag hat zu wenig Stunden, nicht? Manchmal frage ich mich, wie Silke und Bettina das schaffen. Vollzeit und kleine Kinder.“ Die Anerkennung in ihren Worten ist so falsch wie ihre aufgeklebten Wimpern. Sie strahlt mich an, als hätte ich einen Wettkampf gewonnen, dabei weiß sie ganz genau, dass ich Single und kinderlos bin. Nicht einmal ein Haustier besitze ich. In ihren Augen habe ich alle Zeit der Welt.
„Ja“, erwidere ich lahm. „Ich muss jetzt. Klingelt gleich.“
„Huch. Na, dann mal los. Denk an die Mail und die Klassenarbeit! Und morgen vielleicht zehn Minuten eher losfahren. Es soll wieder schneien.“
„Tja. Wenn Leute einem die Parkplätze wegschnappen...“, sage ich und schiebe mich an ihr vorbei.
Um uns gefriert die Luft zu Eis und es wird totenstill. Ich drehe mich nicht um und haste weiter, spüre, wie ihre Blicke mich verfolgen und weiß, dass ich soeben eine Kriegserklärung ausgesprochen habe.
Ich rechne mit neuen Schikanen: Vertretung, Extra-Aufgaben, beschissener Stundenplan, Abzug von Zweitlehrern, zusätzliche Aufsichten und so weiter. Womit ich nicht gerechnet habe, ist erstens die Schnelligkeit, mit der sie reagiert, und zweitens die Art ihrer Reaktion.
Als ich zur Frühstückspause an meinen Platz komme, klebt dort ein rosa Post-It.
„Liebe Delia, bitte komme um 12:45 in mein Büro zu einem Klärungsgespräch.“
Ich knülle den Zettel zusammen. „Mann, die hat sie doch nicht alle“, murmele ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Klärungsgespräch. Sind wir ein beschissener Kindergarten oder was?“
Mathias, der in jeder freien Minute über Korrekturen zu hocken scheint, sieht stirnrunzelnd auf. „Was?“
„Gar nichts.“
„Geht’s um den Parkplatz?“
„Oh, hat es sich schon herumgesprochen?“
„Du kannst doch nicht Sannes Parkplatz beanspruchen.“
„Bitte?“ Fassungslos starre ich den blutarmen Mann an.
„Jeder weiß, dass sie immer dort parkt.“
„Hat sie irgendwelche Sonderrechte, von denen ich nichts weiß?“
„Nicht offiziell. Aber Busse und sie parken immer an derselben Stelle. Hat sich so eingespielt. Die meisten von uns haben sozusagen Stammparkplätze. Ist so eine Art ungeschriebenes Gesetz.“
„Aha. Und jetzt behauptet sie, ich hätte ihren Platz be-an-sprucht?“ Beim letzten Wort male ich Gänsefüßchen in die Luft.
„Keine Ahnung. Jeannette hat so was angedeutet.“
Die Perle, na klar.
Um 12:45 habe ich eine Freistunde. Keine Verfügungsstunde, sondern eine Freistunde. Die einzige in der gesamten Woche.
Ich hasse diese Frau.
Ich lasse sie warten. Nach der fünften Stunde schlendere ich zur Toilette, bringe Kunstmaterialien zurück, kopiere Arbeitsblätter, gehe noch mal auf die Toilette, danach ins Raucherversteck neben der Hausmeisterwohnung. Als ich bei der Perle auftauche, ist es bereits nach Eins.
„Susanne erwartet dich schon seit einer Viertelstunde“, rügt mich Jeannette, ohne mich anzusehen.
Susanne, so so. Irgendwann lässt sie sich wahrscheinlich siezen von ihren alten Kollegen.
Sanne erhebt sich von ihrem drehbaren Bürostuhl, streicht ihr ozeanblaues Kleid glatt und bietet mir den Stuhl gegenüber ihrem Schreibtisch an. Ich registriere die feinen Unterschiede. Gestern saßen wir an dem Tischchen, einander halb zugewandt, heute steht ein Tisch zwischen uns. Sie auf dem Bürothron, ich auf einem Besuchermodell. Kein Kaffee. Kein Lächeln.
„Du wolltest mich sprechen“, beginne ich und durchkreuze damit ihre Eröffnungsstrategie.
„Heute Morgen im Treppenhaus hast du mir etwas vorgeworfen und mir keine Chance zur Rechtfertigung gegeben“, kommt sie direkt zum Punkt. „Das möchte ich nicht so im Raum stehenlassen. Vielleicht können wir das klären, damit kein böses Blut zwischen uns herrscht.“
„Was gibt’s da zu klären? Du hast mir meine Parklücke weggeschnappt. Das ist nicht die feine englische Art. Punkt.“
„Woher hätte ich wissen sollen, dass du dort parken wolltest?“
Ich lache auf. „Ach, komm schon! Ich habe geblinkt und verlangsamt. Das war eindeutig.“
„Du hast nicht geblinkt.“
„Na klar hab ich das.“
„Nein.“
„Doch. Und wie gesagt: Ich bin langsamer geworden und stehen geblieben. Hatte den Rückwärtsgang schon eingelegt.“
„Du hast nicht geblinkt, Delia“, sagt sie ernst und langsam. „Es war nicht eindeutig, was du vorhattest. Mir vorzuwerfen, ich hätte dir die Parklücke geklaut, ist nicht die feine englische Art.“
„Das ist lächerlich.“ Mein Blut beginnt zu sieden, aber die Genugtuung, mich zu einem Wutausbruch zu bringen, gönne ich ihr nicht.
Sanne wendet kurz den Blick ab, dann hebt sie beide Hände. „Okay, gut. Nennen wir es ein Missverständnis. Wir entschuldigen uns und gut ist.“
Ich erwidere nichts, schüttele nur den Kopf.
„Das ist ein Friedensangebot. Ein Kompromiss.“
„Nein, das ist Kinderkacke. Meinst du nicht, du übertreibst total?“
Aufatmend lehnt sie sich in ihrem Bürostuhl zurück, mustert mich wie eine Mutter ihr unartiges Balg. „Na gut. Dann möchte ich diesen Punkt des Gespräches jetzt beenden. Sobald die Gemüter sich beruhigt haben, versuchen wir es noch einmal.“
„Lernst du so was in deiner Schulleiterausbildung?“
„Die Mail an Herrn Krafzyk geht heute noch raus“, entgegnet sie mit einer Stimme, die klirrt wie Eis. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass es gestern im Bus einen weiteren Vorfall gab, den du bitte auch klärst. Setze mich Cc, so bin ich gleich informiert. Und am Montag möchte ich den Termin für deine Klassenarbeit wissen. Denk daran, eventuelle Nachschreiber einzuplanen.“
Mit offenem Mund starre ich sie eine Sekunde an, dann lächle ich. „Ach, so läuft das jetzt. Du kehrst die Chefin raus.“
Sie erwidert meinen Blick emotionslos. „Ich kehre gar nicht raus. Ich habe dir eine Arbeitsanweisung erteilt, mehr nicht. Dazu bin ich befugt.“
„Huuuu“, sage ich und tue erschüttert. „Die harte Tour.“
„Sei nicht kindisch, Delia.“ Nun wirkt sie beinahe gelangweilt. „Wenn du deinen Pflichten pünktlich und eigenständig nachkommen würdest, bräuchte es keine Anweisung. Und lang genug haben wir deine Alleingänge ja geduldet.“
„Alleingänge.“
„Bitte geh jetzt. Ich habe zu tun. Ich muss überlegen, wen aus dem Kollegium ich an die Brentano abordne.“
„Du willst jemanden an eine andere Schule schicken?“
„Ich muss. Personalmangel. Temporär, für das nächste Schulhalbjahr. Ätzend, ich weiß. Niemand will zwischen zwei Schulen hin und her pendeln, zumal die Brentano eine Brennpunktschule ist. Da weht noch mal ein anderer Wind, aber das weißt du ja.“
Mir wird klar, dass ihre Entscheidung längst gefallen ist. Ich habe keine Kinder, ich bin nicht verheiratet, ich besetze keine wichtige Funktionsstelle - ich bin entbehrlich. Und ich tanze nicht nach ihrer Pfeife.
Ich stemme mich aus dem Stuhl und verlasse ohne ein weiteres Wort das Büro. Mein Magen fühlt sich an, als würde er schäumen. Im Prinzip ist mir scheißegal, wo ich arbeite, aber unter meiner Haut juckt die Erkenntnis, dass sie - Sanne Altdorf mit ihrer Föhnwelle, ihrem Frischeduft und ihren Pfauenkleidern - gewinnen wird.
Irgendwie stehe ich die letzte Doppelstunde durch, aber das Gedankenkarussell hat bereits begonnen, sich zu drehen. Im Auto rast es wie ein Tornado. Ich umklammere das Lenkrad, als wolle ich es durchbrechen, und meine Kiefer presse ich so fest aufeinander, dass mein Nacken schmerzt.
An einer Ampel unweit meiner Straße lockere ich den Griff und entkrampfe meine Finger, versuche, den Cocktail aus Wut, Hass und Selbstmitleid herunterzuschlucken.
Ich bringe sie um.
Der Gedanke schießt durch meinen Kopf wie der Bolzen einer Armbrust. Ich zucke sogar ein wenig zusammen. Er ist allgewaltig, undenkbar eigentlich, verboten, doch im nächsten Augenblick verwandelt der glühende Tornado in meinem Geist sich in eine kühle, klare Brise, die alle Turbulenzen schlagartig bereinigt.
Nach dem ersten Schrecken nistet der Gedanke sich geradezu behaglich in mir ein. Nach dem Kochen und Essen knipse ich den Fernseher und das Licht aus, schalte das Handy stumm und schenke mir ein Glas Wein ein. Dann lasse ich mich im Schneidersitz auf einem Sessel vor dem Fenster nieder und denke nach, ganz ruhig, ohne störende Beigedanken oder Gefühlswirbel.
Ich bringe Sanne Altdorf um. Ich hasse sie. Sie ist der Stachel in meinem Fleisch, das Jucken an der Stelle am Rücken, an die ich nicht herankomme, der Nietnagel, an dem ich herumknabbere. Ich kann sie nicht mehr ignorieren und belächeln, denn sie sitzt am längeren Hebel. Sie kann mein Leben schwer machen, bis an die Grenze des Erträglichen. Sie kann meine Freiheit einschränken und über meine Zukunft bestimmen.
Sie umzubringen, ist die perfekte Lösung. Ich nippe von meinem Wein, fühle köstliche Schwere in Gliedern und Kopf.
„Ich bringe sie um“, flüstere ich.
Ich koste die Vorstellung geradezu aus, lasse sie wie ein verführerisches Stück Dessert auf meiner Zunge zergehen, lecke mir die Lippen und genieße den süßen Vorgeschmack der Rache.
Ich glaube, viele Menschen wären überrascht von der Anzahl und Vielfalt giftiger Chemikalien an deutschen Schulen. Hinsichtlich des Umgangs mit Gift- und Gefahrstoffen gibt es Richtlinien und Verordnungen, genaue Anweisungen zur Einrichtung der naturwissenschaftlichen Fachräume, Verhaltensregeln und Arbeitshinweise. Dennoch lässt sich, wenn man vorsichtig und unauffällig vorgeht, etwas für den Hausgebrauch abzweigen.
Als ich am Ende meines Chemiestudiums feststellte, dass ich damit nicht viel mehr anfangen konnte, als in irgendeinem langweiligen Pharmaunternehmen zu arbeiten, hängte ich ein Lehramtsstudium dran. Meine ersten kleinen Raubzüge startete ich wenige Jahre später als Referendarin. Ein Löffelchen Pulver hier, einen Kontaklinsenbehälter voller Säure da. Im Laufe der Jahre habe ich während meiner Odyssee durch verschiedene Schulen einen beachtlichen Vorrat an toxischen Stoffen zugelegt, den ich gut verpackt unter der Wanne bunkere. Ich weiß nicht genau, warum ich das getan habe, es gab keinen perfiden Plan dahinter, nur das Gefühl, die Chemikalien könnten mir irgendwann einmal nützen.
Ich sage es ungern, aber als ich das Lehrerzimmer betrete, bin ich so angespannt, dass diverse Muskeln meines Körpers schmerzen. Das ärgert mich, denn ich hätte mich für abgebrühter gehalten. Nachdem ich mich entschlossen hatte, Sanne Altdorf umzubringen, habe ich alle Jalousien heruntergelassen, meine Schätze herausgekramt und überlegt, wie ich vorgehen soll. Als sich allmählich ein Plan in meinem Geist manifestierte, sortierte ich aus, was ich aus unterschiedlichen Gründen nicht gebrauchen konnte. Flüssigkeiten, zum Beispiel. Pulver, die man riechen oder schmecken kann oder die farblich zu auffällig sind. Danach habe ich geschlafen wie ein Baby.
Nun bin ich angespannt, aber das darf mich nicht abhalten. Der Plan steht. Für’s Erste habe ich nur eine winzige Dosis mitgebracht, ein Probepäckchen gewissermaßen. Eine Mixtur, die ich selbst komponiert habe und auf die ich ein wenig stolz bin. Ein Pulvergemisch, dem ich mit einigen kreativen Verfahren eine bräunliche Farbe verliehen habe. Jetzt muss ich nur noch ungesehen an Sannes private Kaffeedose herankommen.
Ihr Frischeduft, den sie wie eine Wolke vor sich herträgt, kündigt sie an; diese Melange aus zu viel Weichspüler, Wasserlilienduschbad, Hautcremes und blumigem Parfüm. Deshalb bin ich vorbereitet, als sie sich an meiner Seite herunterbeugt und in mein Ohr säuselt: „Ich habe noch keine E-Mail erhalten.“
Ich möchte ihr das Lächeln aus der Visage schlagen, erinnere mich dann jedoch an mein Vorhaben und fühle, wie sich Frieden in mir ausbreitet. „Ich arbeite noch an den korrekten Formulierungen.“
Das schluckt sie keinen Moment, aber was soll sie machen? Ich schaue ihr direkt in die Augen. Ihr Gesicht ist viel zu nah an meinem, aber ich zwinge mich, den Blick nicht zu senken.
„Heute, Delia“, sagt sie nur, richtet sich auf und flattert weiter.
„Habt ihr beiden Stress miteinander?“, fragt Mathias.
„Wir schwimmen nicht so auf einer Wellenlänge.“
„Ich finde sie immer noch nett. Und sie macht den Job echt gut. Bisschen überengagiert vielleicht manchmal, aber das gibt sich bestimmt.“
„Hm“, ist das Intelligenteste, was mir einfällt.
„Besser als Busse auf jeden Fall. Den sieht man kaum noch. Sanne arbeitet für ihn mit. Ich finde, sie managt alles wirklich gut.“
Das Klingeln erlöst mich. Ich raffe meine Unterlagen zusammen, werfe Mathias ein „Bis später“ zu und eile als Erste aus dem Lehrerzimmer, verfolgt von ungläubigen Blicken. Normalerweise überhöre ich das Vorklingeln.
Im Treppenhaus postiere ich mich neben dem Feuerlöscher und warte. Mehrere Klassen rennen an mir vorbei. Ganz zum Schluss poltert Michaels Monsterklasse die Stufen hoch, seine Jungs wie immer als keilendes Knäuel, das keine Rücksicht auf seine Umwelt nimmt. Als der Pulk um Maurice Krafczyk sich nähert, trete ich aus meiner Nische hervor.
Mehrere Jungs rempeln mich an. Ich taumele und lasse meinen Stapel fallen. Mappen, Arbeitsblätter und Bücher verteilen sich auf der Treppe. Ich zische empört und die Jungs stieben auseinander. Die Schlaueren und Schnelleren sprinten aus der Gefahrenzone, aber Maurice, Can und einige andere bleiben stehen, zeigen mit dem Finger auf mich, lachen, schauen entsetzt oder gaffen einfach nur. Auch dies habe ich einkalkuliert. Ich schnappe mir Can und Maurice und schnauze sie an. Dann befehle ich den anderen, sich gefälligst nützlich zu machen und meine Sachen einzusammeln, woraufhin das Treppenhaus sich wundersamerweise rasch leert.
Als wir nur noch zu dritt sind, knöpfe ich mir Maurice und Can vor, überschütte sie mit Vorwürfen und Drohungen. Natürlich protestieren beide, verteidigen sich mit wilder Gestikuliererei und stoßen Schimpfwörter aus, was mich veranlasst, sie noch mehr herunterzuputzen. Schließlich wird Can immer kleinlauter und jammert, als ich drohe, die Eltern zu informieren. Bevor er anfängt zu heulen, fordere ich eine Entschuldigung ein und verhänge eine Woche Hofdienst. Beinahe dankbar nickt Can und springt erleichtert die Stufen hoch.
Maurice ist aus anderem Holz geschnitzt. Er sieht nicht ein, etwas falsch gemacht zu haben, protestiert lautstark, wird zunehmend wütend. Wie erwartet, schaukelt unser Gespräch sich immer weiter hoch. Irgendwann deckt er mich mit Beleidigungen ein, die ich gedanklich abspeichere, um sie später seinem Vater unter die Nase zu reiben. Ich weiß, dass der Junge schon längst nicht mehr er selbst ist, dass ich ihn reize und manipuliere, ihn bewusst an seine Grenzen treibe und darüber hinaus, aber Kriege fordern nun mal Opfer. Schließlich stürmt er gegen mich an, haut nach meinem Arm, tritt gegen meine Schienbeine. Er ist wie eine kleine Dampfwalze, die ich dennoch mit Leichtigkeit hätte abwehren können, wäre dies erstens erlaubt und zweitens meine Absicht. So wehre ich mich nur halbherzig, stolpere immer weiter zurück, rufe seinen Namen, bitte ihn aufzuhören. Mittlerweile veranstaltet er ziemlichen Lärm und für den Fall, dass neugierige Kollegen auftauchen, versuche ich es zur Abwechslung mal mit Pädagogik. Sanfte Stimme, beruhigende Worte, Deeskalation.
Maurice Wutanfall dauert schon mehrere Minuten, bis er endlich einen Ausfall gegen mich versucht, der es mir ermöglicht, mich theatralisch nach hinten fallen zu lassen, genau gegen den Feuerlöscher. Im Handgemenge reiße ich den Feuerlöscher von der Wand, fummele die Sicherungslasche los, dresche auf den Schlagknopf und betätige die Löschpistole. Für Zuschauer müssen meine Aktionen hektisch und planlos aussehen, dabei handele ich wohlüberlegt. Während ein Wassernebel uns einhüllt und es laut durchs Treppenhaus zischt, rangele ich weiterhin mit Maurice und schaffe es gerade noch rechtzeitig, ihm das Gerät in die Hände zu drücken, bevor die ersten Kollegen auftauchen.
„Der Junge behauptet, er sei es nicht gewesen“, sagt Sanne, als wir in ihrem Büro sitzen.
„Ja, klar“, entgegne ich und tupfe mit Küchenpapier meine Arme und Wangen trocken.
„Er sagt, du hättest den Löscher von der Wand gerissen.“
„Quatsch. Er hat mich dagegen geschubst.“
„Also war es ein Unfall?“
„Den er initiiert hat. Er hat mich angegriffen, zuerst verbal, dann körperlich. Hier, guck dir meine Arme an. Er wollte mich sogar beißen.“
Gegen die blauen Flecken kann Sanne schlecht etwas sagen. Sie kneift sich in die Nasenwurzel, schließt kurz die Augen.
„Meine Schienbeine sehen schlimmer aus“, schiebe ich hinterher.
„Davon brauchen wir Fotos“, sagt sie und erhebt sich. „Für alle Fälle. Du musst einen Bericht aufsetzen. Ganz genau, detailliert.“
„Ich setze eine Schadensanzeige auf.“
„Beruhige dich erstmal.“
„Der tickt doch nicht richtig.“
„Delia. Er ist elf und hat eine Verhaltensauffälligkeit.“
„Das ist kein Freifahrtsschein für alles.“
Es ist gar nicht so leicht, die Aufgelöste zu spielen. Innerlich frohlocke ich, weil bisher alles nach Plan läuft, inklusive Sannes Besorgnis und Beschwichtigungsversuchen.
„Nein, natürlich nicht. Aber zunächst müssen wir genau eruieren, was eigentlich passiert ist.“
Ich wiederhole meine Geschichte, diesmal mit mehr Einzelheiten und eine Spur gefasster.
Sanne reibt sich die Stirn, als ich ende. „Kann jemand bezeugen, wie das alles passiert ist?“
„Na ja, die Hälfte der Klasse hat gesehen, wie die Jungs mich anrempelten. Ein Teil davon war sogar mit dabei, aber die werden das herunterspielen oder sich gegenseitig beschuldigen.“
„Und nachdem Can weg war, ist die Situation gänzlich eskaliert?“
„Can war auch nicht ohne. Aber der hat sich irgendwann entschuldigt und seinen Fehler eingesehen.“
„Ja, das kann Maurice schlecht. - Wie geht’s dir denn jetzt?“
Diese Frage stellt sie zwanzig Minuten zu spät. Aber ich bin ja nur das Opfer.
Ich hebe nur die Schultern, bemühe mich, mutlos und erschöpft dreinzuschauen.
„Kann ich dich kurz allein lassen?“, fragt Sanne. „Ich kümmere mich schnell um Maurice, veranlasse, dass er abgeholt wird. Vielleicht kannst du dann gleich mit dem Vater sprechen?“
Du blöde Schlampe.
„Mal schauen.“
Sie hebt aufmunternd den Daumen, bevor sie die Tür schließt.
In der nächsten Hundertstelsekunde stehe ich an ihrem Schrank, öffne die Kaffeedose und streue mein Pulvertütchen über die gemahlenen Bohnen. Der Duft, der aus der Dose steigt, ist himmlisch, und beinahe bereue ich meine Tat. Mit dem Finger rühre ich das Gemisch unter, verschließe Dose und Schrank wieder. Das Ganze dauert keine Minute.
Auf meinem Stuhl benutze ich das feuchte Küchenpapier, um meine Finger sorgfältig abzuwischen. Sicherheitshalber reibe ich Desinfektionsgel darüber. Den Rest der Zeit starre ich aus dem Fenster, ordne meine Haare und Kleidung, begutachte die blauen Flecken auf meinen Schienbeinen. Die Stellen, an denen Maurice mich mit Füßen und Fäusten getroffen hat, beginnen zu schmerzen, aber es ist ein Schmerz, dem ich mich lächelnd hingebe.
Klar steht Maurice Wort gegen meines, aber ich bin zuversichtlich, dass man mir mehr Glauben schenken wird. Und selbst, wenn nicht, muss Sanne mir erst einmal das Gegenteil beweisen.
Beinahe fröhlich betrete ich das Lehrkräftezimmer. Es ist Mittag und die Sonne scheint. Noch eine Stunde trennt mich vom Wochenende. Für die Sechste habe ich Tablets reserviert und Übungen auf einer Lernplattform angepinnt. Die Kids werden, mit uncoolen Plastikkopfhörern versehen, hinter ihren Bildschirmen verschwinden und mich nach dem Passwortprozedere hoffentlich in Ruhe lassen. Sie werden halbherzig ihre Übungen machen und danach heimlich im Netz surfen. Zur Abwechslung werde ich sie nicht dabei erwischen, auch wenn das meinen Ruf auf einige Tage hinaus ruinieren wird.
Während der Stunde werde ich mir irgendein Arbeitsblatt oder Heft schnappen, was von „Schnell mal kopieren“ murmeln und mich verdrücken. Sanne Altdorf, die Unverwüstliche, hat sich heute Morgen krank gemeldet. Busse ist bereits am Vormittag zu einer angeblichen Schulleitersitzung aufgebrochen. Die Perle hat vorhin, als ich zum Schein Gesprächsprotokolle in Schülerbögen abheftete, ihre Zimmerpflanzen gegossen und Papierstapel auf unterschiedliche Ablagekörbe verteilt; ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie ins Wochenende entschwindet. Timing ist gleich alles.
Ich unterdrücke ein Summen, als ich die Tabletboxen zwei Schülern in die Hände drücke und ihnen in den Klassenraum folge. Danach klappt alles wie am Schnürchen. Im Kopierraum knülle ich Papier und löse so einen Papierstau aus, gehe zu Jeannette Kurze und wedele jammernd mit meinen Arbeitsblättern. Unsere Verwaltungskraft hat bereits ihre Jacke an und neuen Lippenstift aufgetragen, rollt mit den Augen, befiehlt mir aber dennoch, kurz die Stellung zu halten, während sie zum Kopierer eilt. Flugs öffne ich Sannes Schrank und Kaffeedose und verteile mehr von meiner Spezialmischung in ihren frisch gemahlenen Bohnen. Ein Jammer, wirklich, aber nicht zu ändern.
Als die Perle Minuten später zurückkehrt, stehe ich längst wieder am Fenster ihres Büros. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu aufgekratzt wirke, als ich mich bedanke, und husche aus dem Sekretariat, ohne ihr ein schönes Wochenende zu wünschen. Man darf schließlich nicht zu sehr aus der Rolle fallen, sonst werden Menschen misstrauisch.
Als die fünfte Stunde endet, fühle ich mich frei. Ich erlaube mir ein leichtes Lächeln, auch wenn Mathias argwöhnisch zu mir hinüber blickt.
„Besondere Pläne?“, fragt er.
Ich hebe die Achseln. „Weiß noch nicht. Jetzt gehe ich erst einmal einen schönen Kaffee trinken.“
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Klatschkopie • Am 08.07.2023 um 22:12 Uhr • Mit 1. Kapitel verknüpft | |||
Hi, wunderbar! Ich bin begeistert. Endlich mal zu einem Thema, das mich interessiert. Alltag Schule - auf den Punkt gebracht. Kann jedes Wort unterstreichen. Ich bin zwar kein Lehrer, habe aber täglich, während meiner Arbeit, mit Lehrern und Schülern zu tun. Und ehrlich: ich will diese Bratzen auch nicht den ganzen Tag am Hals haben. Mir reicht es, sie im Museum herumführen zu müssen, um ihnen etwas über Mobbingprävention und Buntheit in unserer ach so demokratischen Gesellschaft zu erzählen. Testosteronbad? Ja! Ab einer gewissen Zeit scheinen Jungs zu vergessen, dass ihrem Kopf ein Hirn innewohnt, aber vielleicht hat es da auch nie gewohnt? Und stattdessen nur ein dickes: "Ey, Digga!" und nach der Ausstellung? "Wie, alle Menschen sind gleich? Wohl behinnert! Ich helfe nur Moslems." Und die Mädchen? Wenn nicht ebenfalls hormonvergiftet, sind sie still, stiller ... Stellt man Fragen, kommt nur ein dümmliches Grinsen unterm Kopftuch hervor, das daran erinnert, dass sich hier Mütter und willige Hausfrauen ausbrüten, auf die die Schule - und sonstige Lernorte - nie einen Einfluss hatten und haben werden. Versteh mich nicht falsch: ich liebe meinen Job, aber machmal möchte ich nur schreiend rausrennen ... VG KlatschK Mehr anzeigen |
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