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Lina und ihr Latexcatsuit

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28.11.25 15:47
16 Ab 16 Jahren
Homosexualität
Fertiggestellt

2 Charaktere

Lina

Lina ist TV-Sprecherin, lesbisch und liebt Latex.

Maya

Eine junge lesbische Frau in einer Kleinstadt

Die meisten Menschen glauben, das Fernsehen sei ein Fenster zur Welt. Dabei ist es eher ein schmaler Türspalt, durch den ein paar handverlesene Lichtstrahlen fallen dürfen – nachdem sie vorher von mindestens drei Redakteuren genehmigt, weichgezeichnet und in eine möglichst konfliktfreie Farbpalette gepresst wurden.

Genau diese Erfahrung machte Lina Krämer, 37, Lesbe, erfahrene TV-Ansagerin und Besitzerin eines makellos sitzenden schwarzen Latexcatsuits, der weniger „Fetisch“ als „Rüstung für schwierige Tage“ war.

Ein Abend wie jeder andere – fast

Es war kurz vor den Abendnachrichten, als Lina mit entschlossenem Schritt in die Maske marschierte. Die Visagistin drehte sich um, sah das Latex – und hätte fast den Puderpinsel fallengelassen.

„Lina… das ist… neu.“

„Es ist glänzend und völlig unpolitisch. Ein Kleidungsstück“, antwortete Lina, als sei sie die erste Person, die jemals Textilien am Körper trug.

Doch die Wände im Sender waren dünn, und das leichte Knarzen des Latex beim Gehen – ein Geräusch, das für manche modisch, für andere verstörend und für Redakteure traditionell ein Fall für Krisensitzungen war – verbreitete sich wie ein Alarmruf.

Innerhalb einer Minute stand Chefreakteur Markus Behrens in der Tür.
Er war ein Mann, der immer so aussah, als hätte er den Geruch von Risiko schon aus großer Distanz in der Nase. Viele meinten, er sei der einzige Mensch der Welt, der selbst Wettervorhersagen für potenziell „zu kontrovers“ hielt.

„Lina…“ sagte er, mit jener Stimme, die Chefs nur benutzen, wenn sie glauben, jemand habe soeben das gesamte Medienrecht gebrochen. „Was tragen Sie?“

„Einen Catsuit.“

„Aus Latex.“

„Ja.“

„Schwarz.“

„Das auch.“

Der mediale Super-GAU, der nie stattfindet

Markus fuhr sich durch die Haare. „Verstehen Sie, wir können nicht riskieren, dass die Zuschauer…“
Er suchte nach einem Wort, das sowohl Empörung als auch Verantwortung suggerierte, ohne dass jemand wüsste, worum es eigentlich ging.
„… irritiert werden.“

„Von Kleidung?“

„Von falscher Kleidung.“

„Markus, ich bin eine offen lesbische Frau. Ich trage dieses Outfit nicht, um eine Latexnacht im Privatsender zu moderieren. Ich trage es, weil es meine zweite Haut ist. Weil ich mich damit authentisch fühle. Und weil die Nachrichten heute ohnehin düster sind – da kann doch wenigstens ich glänzen.“

Markus nickte unsicher, als hätte er gerade eine philosophische Frage gestellt bekommen, die nicht im Handbuch für Redaktionsleitung stand.

„Aber was ist mit den Schlagzeilen morgen?“ murmelte er.

„Welche? ‚Frau im Fernsehen trägt Kleidung‘?“

„Nee, eher ‚GEFÄHRLICHER GLANZ: ÖRR zeigt Latex! Wie sicher sind unsere Kinder?‘ – oder die Boulevardblätter: ‚LESBISCHER LATEX-SCHOCK‘. Verstehen Sie, wir leben in Zeiten der Medienempörung… man findet Gründe, wenn man welche sucht.“

Lina verschränkte die Arme. Das Latex quietschte leicht – ein Geräusch, das in ihr eine seltsame Mischung aus Belustigung und Trotz auslöste.

„Oder wir könnten einfach…“ – sie sprach langsam, damit der Satz sicher ankam – „…normal damit umgehen.“

Der Sender gegen die Sichtbarkeit

Lina war seit Jahren die ruhige Stimme der Nation, die Frau, die politische Krisen, EU-Verordnungen und sogar die jährliche Steuererklärungserinnerung in eine verständliche Form bringen konnte.

Doch ihre Kleidung? Die war offenbar ein nationales Risiko.

„Der Punkt ist“, sagte Markus, jetzt im pädagogischen Modus, „wir sind ein seriöser Sender.“

„Und ich bin ein seriöser Mensch“, konterte sie. „Seriosität entsteht durch Inhalte, nicht durch Stoffe.“

Er starrte sie an, als wäre das ein experimenteller Gedanke.

Der Moment der Entscheidung

Schließlich sagte Markus: „Ich muss das mit der Intendanz besprechen.“

„Oder“, sagte Lina, „Sie lassen mich einfach die Nachrichten verlesen. Und wenn ein Shitstorm kommt, dann reden wir drüber. Aber vielleicht kommt auch keiner. Vielleicht ist das Problem nur in Ihrem Kopf.“

Es entstand eine Stille, die nur vom dezenten Glänzen des Catsuits gefüllt war. Markus schloss die Augen. Vielleicht sah er sein Leben an sich vorbeiziehen. Vielleicht sah er die Twitter-Timeline der nächsten 48 Stunden. Niemand weiß es.

Dann seufzte er: „Wenn ich meinen Job verliere, können Sie mich hoffentlich irgendwo als Pressesprecher unterbringen.“

„Versprochen.“

Die Nachrichtensendung, die alles und gleichzeitig nichts veränderte

Als das Intro lief und Lina im schwarzen Latexcatsuit ins Bild trat, wirkte sie selbstbewusst, präsent – und vollkommen in ihrem Element.

Sie sprach klar und sachlich über geopolitische Entwicklungen, wirtschaftliche Veränderungen und einen überraschend emotionalen Beitrag über lokale Kulturinitiativen.

Am Ende der Sendung passierte Folgendes:

Nichts.

Die Welt ging nicht unter.
Kein Sturm der Empörung.
Ein paar Kommentare wie „Schickes Outfit“ und „Mutige Entscheidung“, aber keine Skandale, keine empörten Leitartikel.

Die meisten Menschen waren nämlich damit beschäftigt, die Nachrichten inhaltlich zu verfolgen – ein seltenes, aber offenbar mögliches Phänomen.

Epilog

Markus klopfte Lina später auf die Schulter. „Na gut“, sagte er, „vielleicht war es kein Fehler.“

„Natürlich war es keiner. Aber dass du überrascht bist, zeigt, dass wir im Fernsehen weniger die Realität abbilden als unsere Angst davor.“

Und so begann im Sender eine vorsichtige, zögerliche, aber durchaus sichtbare Veränderung:
Ein bisschen mehr Authentizität.
Ein bisschen weniger Panik vor Sichtbarkeit.
Und gelegentlich ein leises Latexknarzen in den Fluren – das untrügliche Geräusch einer Frau, die ihren Platz einnimmt.

Ein Platz, der ihr schon immer gehörte.

Zuschauerperspektiven & mediale Nachbeben einer glänzenden Nachrichtensendung

Als die Abendnachrichten begonnen hatten, war es für die Zuschauer ein Tag wie jeder andere.
Der eine löffelte seine Suppe, die andere machte Hausaufgaben, ein Teenager scrollte gleichzeitig auf drei Geräten – und dann erschien Lina.

In Schwarz.
Im Glanz.
Im Latexcatsuit.

Doch was geschah wirklich in den Wohnzimmern der Nation?


1. Die Zuschauer – eine Nation zwischen Achselzucken und Applaus

Die ältere Generation – „Hauptsache, sie liest ordentlich vor.“

Im Wohnzimmer von Familie Nowak hob Oma Erna die Brille etwas an.

„Die Lina glänzt heute aber.“

„Ja, Ma“, sagte die Tochter. „Ist Latex.“

„Aha.“
Erna nahm einen Schluck Tee.
„Solange sie nicht diese blöden Wortspiele macht wie der Mann von gestern…“

Und damit war die Sache für Erna erledigt.
Fakten zuerst, Mode zweitens, Drama generell abgesagt.


Die Eltern kleiner Kinder – die eigentlich Größeres zu tun haben

Eine junge Mutter, die gleichzeitig Windeln wechselte, Spaghetti kochte und versuchte, eine Katze vom Herd zu verscheuchen, warf einen Blick auf den Bildschirm.

„Oh. Schick.“

Sie schaltete nicht mal lauter.

Später würde sie sehr überrascht sein, dass andere Menschen den selben Anblick offenbar als kulturpolitischen Wendepunkt der Menschheit betrachten wollten.


Die Teenager – „OMG ICON“

Die Zwölfjährigen und die Unter-25-Fraktion waren ganz vorn dabei.

Auf TikTok tauchten sofort die ersten Clips auf:

„Lina serving NEWS REALNESS ✨“
„Mom: Warum kannst du nicht so seriös sein? – Ich: zeigt Linas Catsuit
„Heute Abend: Die Nachrichten. Ich: Der Fit.“

Es dauerte keine zehn Minuten, bis Lina unter Teenagern plötzlich als „die einzige anschaubare Nachrichtensprecherin“ galt.


Die Wutbürger – selbstverständlich auch dabei

Ein Mann mittleren Alters, der ohnehin jeden Abend grundsätzlich empört ist (über was genau, weiß er meist selbst nicht), machte ein Foto vom Fernseher.

„Unfassbar!!! Die GEZ will UNS ALLE UMERZIEHEN!“

Er postete es in einer Gruppe mit dem subtilen Namen:

„Wir wollen UNSERE Nachrichten zurück!!!“

Die anderen Gruppenmitglieder waren sich uneins, wogegen sie protestieren sollten – Latex? Homosexualität? Moderne Kleidung? Moderne Welt? Alles gleichzeitig? – aber sie teilten es fleißig.


2. Die Medien – ein Karneval der moralischen Gymnastik

Boulevardblätter – die natürlichen Feinde jeder Sachlichkeit

Schon am nächsten Morgen stand es in dicken Lettern:

„GLANZ-SKANDAL im ÖRR!“
„LINA KRÄMER – Nachrichten oder Nachtleben?“
„Latex im Wohnzimmer: Was sagt das über UNSERE GESELLSCHAFT?!“

Der Inhalt der Artikel war dünn, aber das spielt ja nie eine Rolle.
Wichtig war die große Frage: Warum glänzt diese Frau? Warum in Latex?

Die Antwort „Weil sie will“ war nicht vorgesehen.


Seriöse Medien – bemüht objektiv, aber ein bisschen fasziniert

Die seriöseren Zeitungen versuchten es mit sachlichem Tonfall:

„Diskussion über Kleidungsvorschriften im TV entfacht“
„Latexcatsuit als Symbol für Authentizität?“
„Müssen öffentliche Sender mit der Zeit gehen?“

Zwischen den Zeilen las man:
„Wir würden sie ja gern fragen, wo sie das Outfit her hat, aber wir tun jetzt mal so, als ginge es um Medienethik.“


Talkshows – endlich ein Thema, das Quote versprach

Innerhalb von 48 Stunden hatte Lina drei Einladungen zu Talkshows bekommen.

Die Themenvorschläge reichten von:

„Darüber müssen wir reden – Darf Latex im Fernsehen glänzen?“

bis zu:

„Latex, Sichtbarkeit, moralischer Verfall? Ein Streitgespräch.“

und natürlich:

„Identität im Medienzeitalter: Wo endet Mode, wo beginnt Politik?“

Dass sie die Nachrichten einfach nur gut vorgelesen hatte – darüber wollte niemand reden.
Zu wenig Drama.


Satireformate – dankbar wie immer

Die Satiremagazine des Landes feierten den Fall als Geschenk des Himmels.

Ein Comedian trat am Abend darauf mit einem Müllsack auf, glänzend poliert, und sagte:

„Ich kündige hiermit meinen Job im Fernsehen! Ich bin eindeutig nicht glänzend genug!“

Das Publikum lachte, und zwei Politiker twitterten empört, weil sie den Witz nicht verstanden hatten.


3. Die zweite Welle der Öffentlichkeit – wenn alle merken, dass eigentlich nichts passiert ist

Nach zwei Tagen hatten die meisten wieder andere Sorgen.
Die Schlagzeilen schrien zwar noch ein paar Nachzügler hinaus, aber die Aufregung hatte sich bereits erschöpft.

Viele Zuschauer sagten rückblickend:

„War doch eigentlich ganz normal.“
„Ich fand sie selbstbewusst.“
„Sie sah super aus, aber die News waren wichtiger.“
„Ach stimmt, das war diese Latex-Sache. Hab ich schon wieder vergessen.“

Nur einige Kommentatoren versuchten verzweifelt, die Empörung am Leben zu halten – wie Menschen, die ein Lagerfeuer mit einem einzigen Streichholz anfachen wollen.


4. Die eigentliche Pointe – die Medien entlarven sich selbst

Am Ende war klar:

Nicht der Catsuit war das Problem, sondern die Reflexe des Medienbetriebs.
Das Fernsehen hatte einmal mehr bewiesen, dass es vor allem vor einer Sache Angst hatte:
Authentizität, die nicht vorher genehmigt wurde.

Denn Lina tat nichts weiter, als eine Person zu sein – eine lebendige, glänzende Erinnerung daran, dass Seriosität aus Haltung entsteht, nicht aus Stoffdicke.

Und die Zuschauer?
Die waren längst weitergezogen.

Denn die meisten Menschen wollen keine perfekte Illusion.
Sie wollen einfach nur informiert werden – egal ob in Wolle, Baumwolle oder Latex.

Das Studio war voll. Nicht, weil die Menschen unbedingt über Medienethik diskutieren wollten, sondern weil das Publikum unbedingt sehen wollte, ob Lina wirklich wieder diesen Catsuit tragen würde.

Sie tat es.

Der schwarze Latexcatsuit glänzte unter den Studioleuchten wie politischer Opportunismus in Wahlkampfzeiten.

Die Moderatorin – Britta Sommerfeld, Pressedarling, Expertin für künstliche Empörung und Trägerin einer sehr „seriösen“ beige-grauen Kombination, die aussah wie ein Staubfilter – eröffnete die Sendung.


Die Gäste

  • Lina Krämer, Nachrichtensprecherin im Latexcatsuit

  • Heinz-Walter „H-W“ Brügner, Bundestagsabgeordneter einer Partei, die sich selbst „bürgerlich“ nennt, aber hauptsächlich gegen Windräder kämpft

  • Saskia Stern, Influencerin, Gesellschaftsanalystin, Bestsellerautorin von „The Power of Aesthetics – Warum dein Outfit politischer ist als jede Wahlurne“

  • Professor Dr. Rolf Hintersinn, Medienethiker, der zu allem eine Studie hat, auch zu Dingen, die es nicht gibt


Die Show beginnt

Moderatorin:

Frau Krämer, schön, dass Sie da sind. Die wichtigste Frage zuerst:
Warum… haben Sie heute wieder dieses Outfit gewählt?

Lina:

Weil ich nicht nackt kommen wollte.

Das Publikum lacht.
Britta nicht.

Moderatorin:

Sie wissen, was ich meine. Sie tragen Latex im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Manche sagen, das sei eine Provokation.

Lina:

Das ist interessant. Wenn ich Polyester trage, sagt niemand, ich „provoziere“. Latex dagegen – das löst offenbar bei manchen Menschen philosophische Krisen aus.


Der Politiker springt ins Gespräch

H-W Brügner:

Ich sage Ihnen was: Unsere Bürger wollen Bodenständigkeit! Man kann doch nicht im… im … Latexanzug die Nachrichten verlesen! Das irritiert die Leute!

Lina:

Herr Brügner, Sie haben neulich eine Rede gehalten, während Sie diesen merkwürdigen Holzfällerbart trugen. Mich hat das auch irritiert, aber ich habe nicht gefordert, Politik solle ab jetzt nur noch von glatt rasierten Männern gemacht werden.

Publikum: oooooh!

H-W wird rot.
Nicht vor Scham – vor sendefähiger Empörung.


Die Influencerin mischt sich ein

Saskia Stern:

Also HONESTLY – Lina ist ein cultural reset. Sie hat die Nachrichten endlich ins 21. Jahrhundert gebracht. Seriosität muss nicht aussehen wie ein Versicherungsvertreter in Beige!

Moderatorin:

Aber… erzeugt das nicht eine unnötige Sexualisierung der Nachrichtensendung?

Lina:

Nein. Sexualisierung entsteht im Kopf derjenigen, die sie hineininterpretieren. Ich lese Nachrichten vor. Wenn jemand dabei nur an meinen Latexcatsuit denken kann, ist das sein Problem, nicht die Lage der Welt.


Der Medienethiker (der natürlich alles verkompliziert)

Professor Hintersinn:

Wir sehen hier einen klassischen Fall postmoderner Performativität. Die Frage ist nicht, was Frau Krämer trägt, sondern welche Machtstrukturen ihr Outfit herausfordert. Latex bricht das Paradigma…

H-W (flüstert entsetzt):

Was redet der Mann?!

Lina:

Er redet ungefähr so kompliziert wie manche Sender reagieren, wenn eine Frau mal was anderes trägt als dunkelblau.


Britta versucht, das Drama zu retten

Moderatorin:

Aber Frau Krämer, können Sie nachvollziehen, dass Menschen irritiert sind?

Lina:

Menschen sind irritiert, wenn ihr Fernbedienungsbatterien leer sind. Das ist kein Maßstab.


Der Politiker wittert eine Chance

H-W:

Ich fordere eine klare Kleiderordnung! Schwarz, grau, dunkelblau! Keine Experimente!

Lina:

Dann wären Sie ja völlig fehl am Platz.

Publikum lacht.
Britta presst die Lippen zusammen.


Der Moment, der viral ging

Moderatorin:

Frau Krämer, würden Sie bereit sein, auf Latex zu verzichten, um die Diskussion zu beruhigen?

Lina lehnt sich entspannt zurück, der Catsuit glitzert wie passiv-aggressiver Sarkasmus.

Lina:

Wenn ich damit alle zufriedenstellen könnte, gern. Aber das funktioniert leider nicht.

Einen Moment Pause.

Lina:

Denn das Problem war nie das Latex. Das Problem ist, dass eine Frau sich sichtbar macht – und zwar auf ihre Weise. Nicht nach Regeln, die andere für sie geschrieben haben.

Im Studio entsteht die Art von Stille, die nur entsteht, wenn alle im Raum plötzlich erkennen, dass sie eigentlich über etwas viel Größeres streiten, als sie dachten.


Saskia nickt:

„Queen behaviour.“


H-W schaut aus, als brauche er frische Luft.


Der Professor murmelte:

„Eine faszinierende Dekonstruktion medialer Normativität…“


Britta merkt, dass sie die moralische Oberhoheit verloren hat.


Schlusswort

Die Sendung endete damit, dass Lina souverän über das Set glitt, als sei der Latexcatsuit eine Machtpose und keine „Kontroverse“.

Im Netz trendete der Hashtag:

#GlanzMitSubstanz

Und selbst Britta musste später im Off zugeben:
„Sie hat uns alle perfekt aussehen lassen. Und das nicht trotz, sondern wegen des Outfits.“

Es war 9:15 Uhr am nächsten Morgen, und das Großraumbüro des Senders roch nach Filterkaffee, Krisenmanagement und der leichten Panik von Menschen, die plötzlich merken, dass die Welt sich auch weiterdreht, wenn sie nichts genehmigen.

Lina betrat den Raum wie immer – in ihrem schwarzen Latexcatsuit, der mittlerweile eine Art akustische Visitenkarte hatte.
Knarr.
Knarr.
Knarr.

Drei Praktikantinnen drehten sich gleichzeitig um, als wären sie synchronisiert. Ein älterer Redakteur ließ seinen Kugelschreiber fallen und murmelte: „Ich dachte, wir hätten das jetzt hinter uns.“

Doch das hatten sie nicht. Gar nicht.


1. Die Krisensitzung, die keiner „Krise“ nennen wollte

In einem kleinen Konferenzraum saßen bereits:

  • Markus Behrens, Chefredakteur und Besitzer eines Gesichtsausdrucks, der „Ich hab den Überblick verloren“ schrie

  • Dr. Lena Voges, Leiterin Kommunikation, Spezialgebiet: kontrolliertes Nichtssagen

  • Zwei Volontäre, die nur zum Zuschauen da waren, aber aussahen, als würden sie heimlich Notizen für ihr erstes Enthüllungsbuch machen

Markus wedelte mit einem Ausdruck.

„Also… äh… Lina. Die Talkshow gestern.“

Lina setzte sich. Der Stuhl quietschte. Der Latexcatsuit glänzte. Markus wirkte leicht schwindelig.


2. PR hat eine Meinung. PR hat immer eine Meinung.

Dr. Voges:

„Die Quote war gut.“

Markus:

„Sehr gut sogar. Unangenehm gut.“

Lina:

„Das freut mich. Ich war schließlich da, um zu reden.“

Dr. Voges:

„Das Problem ist… Sie haben geredet.“

Lina:

„Ich bin Nachrichtensprecherin.“

Dr. Voges:

„J-ja, aber sehr… klar. Ungefiltert. Direkt. Die Medien greifen das auf.“

Lina:

„Sie meinen, ich war authentisch? Wie schrecklich.“

Die Volontäre mussten Hustenanfälle unterdrücken.


3. Der Elefant im Raum glänzt schwarz

Markus atmete tief ein.

„Wir müssen über das Outfit sprechen.“

Lina verschränkte die Arme, Latex knisterte wie ein Kommentar.

Lina:

„Ich wusste, dass wir irgendwann wieder hier landen. Bitte, nur zu.“

Markus:

„Also… wir haben gestern ein paar… sagen wir… Rückmeldungen bekommen.“

Lina:

„Aha.“

Markus:

„Viele fanden es gut. Sehr viele. Zu viele. Das irritiert mich.“

Lina:

„Erfolg irritiert Sie generell, oder?“

Die Volontäre machten große Augen.
Dr. Voges tat so, als würde sie in ihrem Notizbuch tatsächlich etwas Sinnvolles schreiben.


4. Die unerwartete Pointe: Eine Einladung

Markus kramte in seinen Unterlagen und holte einen Umschlag hervor.

„Hier. Eine Anfrage vom Mittagsmagazin.“

Lina blinzelte überrascht.

„Schon wieder? Ich war da doch erst...!“

„Nein, das war das Kulturjournal. Diesmal ist es das eigentliche Mittagsmagazin, live, zwei Blöcke, Gespräch und ein Beitrag über ‚Mode als Ausdruck gesellschaftlicher Wandlung‘.“

„Hm. Und warum laden sie mich ein?“

„Weil…“
Markus seufzte.
„Weil Sie im Latexcatsuit zur Talkshow kamen und die gesamte Diskussion an die Wand moderiert haben.“

„Klingt doch positiv.“

„Für Sie ja! Für mich weniger. Ich habe jetzt 27 Mails mit dem Betreff ‚Dresscode jetzt komplett egal?‘ und eine Beschwerde vom Moderator des Börsenstudios, der sich fragt, ob er ab sofort in Lederhose kommen soll.“


5. PR versucht einen Kompromiss – und scheitert natürlich

Dr. Voges:

„Wir möchten, dass Sie im Mittagsmagazin… äh… vielleicht ein anderes Outfit erwägen.“

Lina:

„Nein.“

„Nur etwas… weniger—“

„Nein.“

„Marineblau? Anthrazit? Vielleicht ein Blazer—“

„Dr. Voges. Ich gehe dorthin, wie ich bin.“

PR lächelt gequält und notiert wahrscheinlich: Betroffene zeigt stabile Identität – therapeutisch unzugänglich.


6. Der Punkt, an dem Markus aufgibt

Markus rieb sich die Schläfen.

„Ich sag’s ganz ehrlich…“
Er deutete resigniert auf den Catsuit.
„Das Ding hat mehr Einfluss als unser gesamter Social-Media-Auftritt.“

Lina:

„Dann sollten Sie vielleicht in Latex investieren. Können wir als ‚zukunftsorientiertes Material‘ verkaufen.“

Markus:

„Bitte nicht.“


7. Beschlussfassung

Markus atmete tief durch und sagte dann den Satz, der zum Running Gag in der Redaktion werden sollte:

„Gehen Sie halt im Latexcatsuit ins Mittagsmagazin. Was soll schon passieren.“

Die Volontäre tauschten Blicke aus wie Menschen, die genau wussten, dass etwas passieren würde.

Lina stand auf. Der Stuhl machte ein zufrieden klingendes knrrp.

Lina:

„Danke. Ich verspreche: Ich bleibe professionell.“

Dr. Voges:

„Der Catsuit ist… äh… sehr präsent.“

Lina:

„Seriosität ist eine Haltung. Keine Textilart.“

Und damit verließ sie das Zimmer, so glänzend und souverän, dass drei Leute in der Redaktion instinktiv applaudierten.


8. Die letzte Szene im Büroflur

Als Lina Richtung Ausgang ging, rief ein Praktikant ihr hinterher:

„Viel Erfolg im Mittagsmagazin!“

Sie blieb stehen, drehte sich um und lächelte.

„Glaub mir: Die brauchen den Erfolg mehr als ich.“

Knarr.
Knarr.
Knarr.

 

Das Studio des Mittagsmagazins war heller, freundlicher und deutlich bunter als jede Nachrichtensendung. Ein bisschen zu bunt, als wolle man verzweifelt beweisen, dass die Welt mittags nicht ernst werden dürfe.

Die Moderatorin, Mira Levin, lächelte professionell. Ein Lächeln, das aussah wie:
„Ich habe 12 Jahre Medienerfahrung, einen Preis für Regionaljournalismus – und trotzdem muss ich heute über Latex reden.“

Das Publikum murmelte erwartungsvoll.
Dann betrat Lina das Set.

Schwarzer Latexcatsuit, rote High Heels. Der Glanz unter den Studiolichtern war so intensiv, dass ein Kameramann instinktiv die Belichtung korrigierte.


1. Die Vorstellung

Moderatorin Mira:

„Willkommen, Frau Krämer! Schön, dass Sie da sind. Und ich sage es direkt: Sie sehen… beeindruckend aus.“

Lina (trocken):

„Danke. Es ist praktisch meine Uniform.“

Ein Raunen im Publikum. Die ersten Smartphones wurden gezückt.
Live-Zuschauerquote: gerettet.


2. Smalltalk, der keiner bleibt

Mira:

„Ihr Auftritt in der Talkshow gestern hat für enorm viel Aufmerksamkeit gesorgt. Viele fragen sich: Warum Latex? Warum High Heels? Und warum gerade jetzt?“

Lina nickte. Sie war vorbereitet. Sie wusste: Heute würde sie sich nicht rauswinden. Heute würde sie erzählen.


3. Linas Erklärung – ehrlich, verletzlich, unerschrocken

Die Kamera zoomte leicht ran. Lina atmete ein. Nur einmal.

Lina:

„Ich trage diesen schwarzen Latexcatsuit nicht, um zu provozieren. Ich trage ihn, weil ich als lesbische Frau viele Jahre lang das Gefühl hatte, unsichtbar zu sein.“

Die Moderatorin verstummte. Das Publikum auch.

Lina weiter:

„Ich war immer korrekt. Immer angepasst. Immer unauffällig. Ich dachte, das müsse ich sein, um akzeptiert zu werden. Doch stattdessen fühlte ich mich – als Mensch, als Frau, als esbische Person – wie Luft. Nicht gemeint. Nicht gesehen. Nicht angenommen.“

Eine Frau in der zweiten Reihe nickte mitfühlend.


4. Ein Latexcatsuit als Befreiung

Lina:

„Und dann habe ich irgendwann gemerkt, dass ich mein eigenes Selbstbewusstsein verstecke – und nicht die Welt mich. Als ich zum ersten Mal diesen Latexcatsuit angezogen habe, war das wie… wie ein Wachwerden.“

Sie berührte mit der Hand kurz den glänzenden Stoff.

Lina:

„Latex wirkt nach außen stark. Glatt. Unangreifbar. Aber eigentlich hilft es mir, mich innen drin weniger verletzlich zu fühlen. Das hier—“

Sie zeigt ruhig auf den Catsuit.

„—macht mich sichtbar. Für andere, aber vor allem für mich selbst.“

Stille. Nur die Kameras summen.


5. Die roten High Heels – die überraschende Erklärung

Mira:

„Und die roten High Heels? Haben die auch Bedeutung?“

Lina:

„Ja.“
Sie lächelt schwach.
„Rot ist die Farbe, die ich früher nie getragen hätte. Zu auffällig, zu eindeutig, zu… mutig. Die Farbe sagt heute: Ich stehe hier. Und ich habe nicht vor, kleiner zu werden.


6. Über Zweifel – und ihre neue Unangreifbarkeit

Lina:

„Ich hatte jahrelang Selbstzweifel – die Art, die dich auffrisst. Die Art, die flüstert: Du bist nicht wichtig. Nicht schön. Nicht richtig.“

Sie legt die Hand wieder auf den glänzenden Stoff.

„Aber an dieser Oberfläche prallen Selbstzweifel ab. Nicht, weil Latex magisch ist, sondern weil es mich zwingt, mich zu zeigen.“

Sie atmet aus.

„Dieser Catsuit ist kein Fetisch. Er ist ein Statement:
Ich bin hier. Und ich darf Raum einnehmen.“


7. Das Coming-out – aber anders als gedacht

Lina:

„Und wissen Sie, was das Überraschendste ist? Ich bin froh, dass ich mich durch dieses Outfit praktisch… geoutet habe.“

Die Moderatorin wirkt überrascht.

Mira:

„Aber Sie waren doch schon lange offen lesbisch?“

Lina:

„Ja. Aber mein wahres Ich – mein mutiges Ich, mein kraftvolles Ich – das war nie draußen. Ich habe mich erst geoutet, als ich aufgehört habe, mich zu verstecken.“

Sie zeigt wieder auf ihr Outfit

„Das hier ist mein Coming-out der Selbstbestimmung. Nicht meiner Sexualität – sondern meiner Identität.“


8. Das Publikum reagiert

Zunächst zögerlicher, dann echter Applaus. Ein paar Menschen standen sogar auf. Im Regieraum blickten zwei Producer sich an, als hätten sie gerade begriffen, dass ihre eigene Sendung heute ausnahmsweise wirklich relevant war.


9. Mira stellt die entscheidende Frage

Mira:

„Frau Krämer… würden Sie sagen, dass Sie dank Latex stärker geworden sind?“

Lina schmunzelte.

„Nein. Ich würde sagen: Ich war immer stark. Latex hat mich nur daran erinnert.“


10. Die Schlussmoderation, die Mira so nicht geplant hatte

Mira war authentisch berührt – ein seltener Zustand für Menschen, die beruflich Sätze wie
„Wir bleiben dran“ oder „Nach der Werbung wird’s locker“ sagen müssen.

Mira:

„Danke, Frau Krämer. Für Ihre Ehrlichkeit. Und dafür, dass Sie uns gezeigt haben, dass Sichtbarkeit kein Luxus ist – sondern ein Recht.“


11. Die letzten Sekunden der Sendung

Die Kamera fährt raus. Lina sitzt da – aufrecht, ruhig, sichtbar. Keine Provokation. Nur Präsenz.

Im Off hört man Mira sagen:

„Bleiben Sie bei uns, gleich sprechen wir über Balkonpflanzen – auch die brauchen manchmal Mut.“

Das Publikum lacht. Der Abspann läuft.

Die Ausstrahlung des Mittagsmagazins war kaum vorbei, da rollte eine Welle los, die weder PR noch Chefredaktion noch irgendjemand im Sender je eingeplant hatte.

Diesmal war es keine Empörung. Kein Skandal. Keine „Latex-Debatte“.

Es war etwas viel Stärkeres. Es war Identifikation.


1. Die queere Community reagiert – und wie.

Noch am selben Nachmittag trendete auf Social Media:

#VisibleLikeLina

#QueerAndShining
#LatexButMakeItIdentity**

Memes, Kunstwerke, kurze Clips, Analysen, Fan-Edits, queere Poetry-Snippets – alles drehte sich um Lina.

Ihr schwarzer Latexcatsuit wurde nicht als Provokation gelesen, sondern als Symbol. Als etwas, das seit Jahren fehlte:
Eine offene, lesbische Frau, die ihre Sichtbarkeit selbst definiert – nicht entschuldigt.

Drag-Künstler*innen posteten Videos, in denen sie sagten:

„SHE DID THAT. Not for shock – but for truth.“

Lesbische Jugendgruppen teilten Ausschnitte der Sendung mit Kommentaren wie:

„Endlich jemand, der unsere Unsichtbarkeit ausspricht.“

Queere Journalist*innen schrieben Threads:

„Lina hat mehr über queere Selbstwahrnehmung gesagt als viele Leitartikel der letzten Jahre.“

Sogar die akademische Bubble mischte sich ein:

„Latex als politisches Werkzeug der Selbstbehauptung – Frau Krämer liefert ein neues Narrativ.“


2. Eine junge Frau sieht die Sendung – und etwas verändert sich

In einer kleinen Stadt, drei Zugstunden vom Sender entfernt, saß Maya, 22, Informatikstudentin, lesbisch, aber noch nicht geoutet.

Maya war es gewohnt, in weiten Hoodies und Jeans herumzulaufen. Nicht weil sie das hübsch fand. Sondern weil sie glaubte, unsichtbar bleiben zu müssen – sicherheitshalber.

Als sie die Sendung sah, erstarrte sie fast.

Lina, selbstbewusst, in Latex glänzend, sichtbar. Lina, die erklärte, dass sie jahrelang unsichtbar war. Lina, die sagte, dass erst das Sichtbarsein sie befreite.

Maya spürte etwas, das sie lange nicht gespürt hatte:

Eine Art warmes Ziehen im Brustkorb. Hoffnung. Oder Mut.

Sie spulte die Sendung zurück. Drei Mal. Dann noch einmal den Teil:

„Das hier ist mein Coming-out der Selbstbestimmung.“

Maya hatte Tränen in den Augen, bevor sie es merkte.


3. Maya schreibt – und löscht – und schreibt wieder

Sie öffnete Instagram.
Schrieb eine Nachricht.
Löschte sie.
Schrieb eine neue.
Löschte sie wieder.

Sie rang mit jedem Wort. Wie sagt man einer fremden Person, dass sie das eigene Leben verändert?

Schließlich schrieb sie nur:


„Liebe Lina,
ich wollte Ihnen sagen, dass ich mich dank Ihrer Worte zum ersten Mal nicht falsch fühle. Sie haben mir Mut gemacht, mich nicht länger zu verstecken. Danke.
– Maya“


Sie schickte es ab, bevor sie es wieder löschen konnte.


4. Und Lina antwortet. Persönlich. Ungekünstelt. Genau richtig.

Lina erhielt an diesem Tag Tausende Nachrichten. Aber die von Maya stoppte sie.

Sie las die Worte, runzelte leicht die Stirn – nicht kritisch, sondern tief bewegt.

Dann schrieb sie zurück:


„Liebe Maya,
ich kenne das Gefühl, das du beschreibst, sehr gut. Unsichtbarkeit frisst die Seele. Aber du hast dich gemeldet – das ist der erste Schritt in Richtung Sichtbarkeit. Nicht für andere. Für dich. Wenn du reden willst, melde dich gern wieder. Du bist nicht falsch. Und du bist nicht allein.
– Lina“


5. Maya kann kaum glauben, was passiert ist

Als die Antwort auftauchte, ließ Maya fast ihr Handy fallen. Sie las die Nachricht zehn Mal.

Dann antwortete sie stockend, vorsichtig, aber ehrlich:


„Ich würde gerne reden… wenn das okay ist.“


6. Der Anfang einer Verbindung

In den nächsten Tagen schrieben sie immer wieder. Nicht intime Dinge. Nicht romantisch.
Es begann ganz ruhig, ganz sanft:

Über Unsicherheit. Über Sichtbarkeit. Über Kleidung als Ausdruck. Über queere Erfahrungen in kleinen Städten. Über das Gefühl, nicht reinzupassen.

Und Lina schrieb immer wieder Sätze, die Maya wie Anker vorkamen:

„Sichtbarkeit ist kein Ziel, sondern ein Weg.“
„Mut entsteht im Kleinen, nicht im Scheinwerferlicht.“
„Du bestimmst selbst, wie viel von dir du zeigen willst.“

Für Maya war das wie ein Licht in einem dunklen Raum.


7. Und dann schlägt Lina etwas vor

Eines Abends, nach einer besonders offenen Nachricht von Maya, schrieb Lina:


„Ich halte nächste Woche einen Vortrag auf einem queeren Jugendtreffen in deiner Nähe.
Wenn du möchtest, komm vorbei. Nur zuhören – nichts weiter. Und wenn du danach Hallo sagen willst, freue ich mich.“


Maya starrte minutenlang auf den Bildschirm. Dann schrieb sie:


„Ich komme.“


8. Der Beginn einer neuen Geschichte

Die beiden würden sich bald zum ersten Mal persönlich sehen – eine gestärkte Frau in einem glänzenden Catsuit und eine junge Frau, die zum ersten Mal in ihrem Leben nicht die Flucht ergriff, sondern auf Sichtbarkeit zuging.

Lina wusste, dass diese Begegnung wichtig werden könnte.

Maya ahnte, dass sie ihr Leben verändern würde.

Und die queere Szene?

Sie feierte Lina weiter – nicht für ihr Outfit. Sondern dafür, dass sie anderen half, ihre eigene Haut zu finden.

Maya stand vor dem Altbau in der Ohlauer Straße, den Rucksack fest an den Körper gedrückt wie einen Schild. Berlin roch nach November, ein bisschen nach Regen, ein bisschen nach Döner, ein bisschen nach Straßenleben. Und sehr nach Nervosität.

Linas Adresse hatte sie gestern erhalten, zusammen mit der Nachricht:

„Wenn du dich sicher fühlst, komm gern vorbei. Keine Erwartungen. Einfach ein Gespräch.“

Maya atmete durch. Drückte den Klingelknopf.

Krämer, 4. OG.

Ein Summen. Die Tür sprang auf.


4. Stock, linke Wohnung – und dann steht Lina da

Maya stieg die letzten Stufen hinauf, und als sie oben ankam, stand Lina im Türrahmen – barfuß, der schwarze Latexcatsuit wie ein glänzender Schatten um sie, doch seltsam weich in der Art, wie sie darin wirkte. Nicht einschüchternd. Eher wie eine Haut, die Mut ausstrahlte.

An den Füßen hatte sie diesmal keine roten High Heels, sondern bequeme schwarze Socken. Das wirkte irgendwie… nahbar.

Lina lächelte so vorsichtig wie Maya selbst.

„Hi Maya.“

„Hi…“

Sie wollte noch mehr sagen, doch ihr Hals war trocken wie Papier.

Lina öffnete die Tür weiter.
„Komm rein. Und keine Sorge – du siehst nicht aus, als müsstest du mutiger sein als du bist.“

Das war ein seltsamer Satz. Und genau der richtige.


Linas Wohnung – Kreuzberger Chaos mit Seele

Die Wohnung war eine Mischung aus Altbau-Charme und kreativem Durcheinander:

  • Pflanzen auf jeder Fensterbank

  • Bücher über Medienkritik, Feminismus, queere Geschichte

  • An der Wand ein eingerahmtes Poster: „Visibility is power.“

  • Eine große Couch mit einer Decke, die aussah, als sei sie schon bei vielen Gesprächen dabeigewesen

Der Latexcatsuit wirkte hier nicht wie ein Kostüm, sondern wie etwas ganz Natürliches. Etwas, das zu Lina gehörte und gleichzeitig die Schwere von allem anderen entschärfte.

„Setz dich, fühl dich wohl. Tee?“

„Gerne…“


Zwei Tassen Tee, zwei Unsicherheiten

Sie saßen auf der Couch, beide mit dampfenden Bechern in der Hand. Die ersten Minuten waren still. Aber keine unangenehme Stille. Mehr eine Art vorsichtiges Umkreisen.

Lina war es, die die Schwere löste.

„Ich bin froh, dass du gekommen bist. Mut ist eine verdammt seltene Währung.“

Maya lächelte etwas schief.
„Ich weiß nicht, ob es Mut ist. Vielleicht… Verzweiflung mit Hoffnung drin.“

Lina nickte anerkennend.

„Das ist meistens Mut.“


Maya öffnet sich – ein bisschen

Maya starrte in ihren Tee.

„Deine Sendung… ich hatte das Gefühl, da redet endlich jemand das aus, was ich immer gefühlt habe. Unsichtbar sein. Nicht wahrgenommen werden. Als wäre man… ein Fehler im Bild.“

Lina legte den Kopf schief.
„Oh Maya… ich war ein ganzer Ordner voller Fehlerbilder.“

Das brachte Maya zum Lachen – leise, aber echt.

„Und der Latexcatsuit?“, fragte sie.

„Der ist kein Statement für andere“, antwortete Lina ruhig. „Er ist ein Versprechen an mich selbst: Ich verschwinde nicht mehr.“

Maya schluckte. Sie wusste nicht genau warum, aber dieser Satz ging tief.


Die erste, zarte Verbindung

Als der Tee halb leer und die Nervosität halb verschwunden war, lehnte Maya sich ein kleines bisschen zurück. Nicht viel. Aber sichtbar.

Lina bemerkte es. Und veränderte ihre Haltung genauso sanft – sie setzte sich ein Stück näher, nur so weit, dass Maya wusste:
Du musst nichts – aber du darfst.

„Ich habe das Gefühl, du bist lange allein damit gewesen“, sagte Lina leise.

„Ja…“

„Du musst es nicht bleiben.“

Es war kein Versprechen von Nähe. Keine romantische Geste. Nur ein Satz, der eine Tür öffnete. Maya spürte, wie etwas in ihr warm wurde. Zum ersten Mal seit Jahren klang Zukunft nicht nach Angst.


Und dann passiert ein ganz kleiner, aber wichtiger Moment

Als Maya ging – später, viel später – zog sie ihre Jacke an, atmete noch einmal tief ein und sah zu Lina.

„Ich… würde gern wiederkommen. Wenn das okay ist.“

Lina lächelte, ohne jeden TV-Glanz, ohne jede Pose.

„Ich würde mich freuen.“

Kein Druck. Keine Erwartungen. Nur die Andeutung eines Weges, den zwei Menschen vielleicht zusammen gehen könnten.

Maya stieg die Treppen runter, und in ihrem Bauch war ein Gefühl, das sie lange nicht hatte:
Ein kleines, leuchtendes "Vielleicht".

Lina schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Sie lächelte. Zart, vorsichtig, aber echt.

Auch sie hatte ein Vielleicht gespürt.

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Kapitel: 7
Überschriften: 88
Sätze: 442
Wörter: 5.377
Zeichen: 33.895

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Diese Story wird neben Erotik auch in den Genres Liebe, Bildung, Entwicklung, Freundschaft gelistet.

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