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Schreib mit! Die Sterne am Firmament - Kapitel 2

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21.09.21 19:48
16 Ab 16 Jahren
Fertiggestellt

Olivias Hände krallten sich unbewusst an die Kiste. Je mehr sie über ihren Vater nachdachte, desto mehr wurde ihr klar, dass die Geschichten stimmen mussten. Für Olivia war er immer normal gewesen- natürlich, er war ihr Vater. Aber im Rückblick betrachtet hatte er immer wieder unübliche Verhaltensweisen gezeigt. So hatte er Abends oft im Dunkeln gesessen und gemeint, er hätte schlicht vergessen, dass es Lichtschalter gab, wenn man ihn darauf ansprach. Er schien sich nie wirklich an die einfachsten Dinge zu gewöhnen und es viel ihm vor allem schwer, mit allen Arten Technologie umzugehen. Auch nachdem Elisabeth ihm versichert hatte, dass seine Arbeit als Schrifsteller sich erheblich vereinfachen würde, wenn er mit dem Computer arbeitete, anstatt mit seiner eleganten Handschrift auf Papier zu schreiben, zog er immer noch das gute alte Papier allem anderen vor. Andererseits schien sein Wissen über die Natur unendlich zu sein. Er wusste immer, welche Pflanzen bei jeglichen körperlichen Beschwerden besonders gut halfen, oder welcher Vogel genau da gerade auf dem Dach zwitscherte. Olivia hatte viel von ihm gelernt.

Wut mischte sich unter die Gefühle der Trauer, während Olivia an vergangenge Tage mit ihrem Vater dachte. Warum hatte ihre Familie ihr dieses Geheimnis verschweigen wollen? Wenn wirklich das Blut von Nymphen in ihren Adern fließen sollte, hatte sie es dann nicht verdient davon zu erfahren? Jetzt saß sie alleine da, mit nur einem kleinen Tagebuch ihrer Mutter als Ahnung davon, was das eigentlich für sie bedeutete.

Olivia biss die Zähne zusammen. Sie wollte nicht mit Wut auf ihre liebende Familie sehen und schob die Kiste von sich weg, genauso wie sie ihre Gefühle wegschieben wollte, die in ihr brodelten. Unsicher rappelte sie sich auf und sah auf die anderen Kisten. Unbehaglich wandte sie sich von ihnen ab, sie wollte sich gerade nicht vorstellen, was in ihnen noch für weitere Geheimnisse schlummern könnten, die sie nicht kannte und vielleicht auch nicht kennen wollte. Es reichte für einen Tag an Entdeckungen.

Immer noch aufgewühlt machte sie sich ihre Lieblingsmusik zur Beruhigung an. Im Grunde handelte es sich dabei nur um Aufnhamen von ihrem Vater von Rauchschwalben, die aufgeregt herumzwitscherten.
Ab und zu meinte Olivia statt dem Gezwitscher das ein oder andere Wort zu verstehen und malte sich darauf aufbauend aus, wie die Vögel sich über die aus ihren Augen verrückten Gewohnheiten von Menschen unterhielten. Normalerweise heiterte Olivia die Verwunderung und Naivität der Vögel auf und nach dem Tod ihrer Eltern waren die paar Aufnahmen ihres Vaters ihre ständigen Begleiter gewesen, um ein Andenken von ihm immer in der Nähe haben zu können. Olivia vermutete, es läge an der schlechten Tonqualität, dass es wirkte, als würden die Vögel verständliche Sprache nutzten. Ihr Vater hatte immer Probleme damit zu verstehen, dass begeistertes Herumfuchteln mit dem Aufnahmegerät nicht nur die Vogelgesänge verewigen würde, sondern auch ein ungleichmäßiges Rauschen zur Folge hatte. Aber auch diese Unprofessionalität der Aufnahmen hatte Olivia ins Herz geschlossen und genoss sie an anderen Tagen. Doch an diesem schwirrten ihr zuviele Fragen durch den Kopf, weswegen sie nur am Rande auf den Tonband hörte.

"Bra´dór...", kam es aus dem Tonband.

Olivia riss ihre Augen auf und schaute auf das Gerät, welches das Tonband abspielte. Das normale, unverständliche Gezwitscher der Vögel kehrte zurück, doch sie war sich sicher, dass sie dieses Wort vernommen hatte und es kein einfaches Rauschen war. Zumal das Rauschen gerade an diesem Punkt fast verstummte. Sie spulte zurück. Und drückte auf den Playbutton. "Bra´dór..." Ungläubig spielte sie das Tonband nochmal ab. Der Name, den sie vor kurzem im Tagebuch gelesen hatte ertönte abermals. Er wurde nicht in der Stimme von ihrem Vater gesagt, sondern von den Vögeln gezwitschert. Aber wie sollten Vögel so einen komplizierten Namen aussprechen können? Und überhaupt, woher sollten sie davon wissen und darüber reden?

Eine flüchtige Idee machte sich in Olivia breit. Im Tagebuch ihrer Mutter stand etwas von schwächer werdenden besonderen Kräften... Andererseits wurden Nymphen nachgesagt, der Natur nahezustehen, also vielleicht war es für sie normal, Tiere verstehen zu können? Olivia fand diesen Gedanken allerdings immer noch verrückt und so beäugte sie das Tongerät kritisch. Sicher, manchmal hörte sich ein Ruf eines Kolkraben wie eine freudige Begrüßung an, oder das Piepsen einer Spitzmaus wie eine Warnung, ihren Jungen nicht zu nahe zu kommen, aber das alles waren doch normale Einbildungen die jeder einmal hatte. Vielleicht hatte ihr Kopf ihr einen Streich gespielt, dachte sich Olivia.
Zurückspulen. Play. "Bra´dór..."

Olivia stellte die Aufnhame aus. Wie eingefroren starrte sie darauf. Waren die vermeintlich eingebildeten Worte der Vögel tatsächlich Gesrpäche zwischen ihnen, die sie verstehen konnte? Olivia schreckte sie hoch, als plötzlich ihr Handy klingelte. Ein kurzer Blick darauf zeigte eine Nachricht von Kate an. 'Herzlichen Glückwunsch!' stand auf dem Display geschrieben. Verdammt, ihren Geburtstag hatte sie ganz vergessen. Kurze Zeit später klingelte das Handy abermals. Eigentlich ganz froh über die Ablenkung nahm sich Olivia ihr Handy und sah auf die Nachricht ihrer langjährigen Freundin.

'Weißt du noch von dem neuen Café, von dem ich dir erzählt hatte? Wie wärs mit einer kleinen Geburtstagstorte? Es schmeckt echt fantastisch dort!'

Olivia las die Nachricht und sah nach draußen. Es war wirklich der perfekte Tag, einfach zu Hause zu bleiben.
'Ich weiß, dass du nichts anderes vorhast und ein Geburtstag ist nur einmal im Jahr', flog die nächste Nachricht rein. Olivia seufzte. Aber vielleicht würde ihr es ganz gut tun, nicht weiter über alles nachzudenken. Und Kate war die Beste, wenn es um Ablenkungen ging, das hatte sie in der letzten Zeit mehr als einmal bewiesen.
Nachdem ihre Eltern verstorben waren, hatte Olivia ein Urlaubssemester ihres Biologiestudiums benatragt und Kate war die Einzige gewesen, mit der Olivia einen engen Kontakt halten konnte. Kate war es gewesen, die Olivia immer wieder aufsuchte, um an ihrer Seite zu stehen und Olivia war ihr immer noch sehr dankbar dafür. Vielleicht könnte Olivia auch Kate über die Tagebücher berichten und sie könnten zusammen rätseln, ob das alles wahr war. Olivia entschied eine Antwort zu schreiben.

'In Ordnung. Sehen wir uns in 2 Stunden?'

 

Kurze Zeit später ging Olivia durch die Stadt und bahnte sich ihren Weg durch die Menschenmenge. Sie musste gestehen dass es gut tat, nach einem so verrückten Vormittag die ihr bereits aus Kindheitstagen an vertrauten Wege ihrer Heimatstadt entlang zu gehen.

Sie blieb abrubt stehen und drehte sich geschockt um. Hatten sie sich getäuscht, oder hatte sie aus den Augenwinkeln gerade tatsächlich spitze Ohren gesehen?

Autorennotiz

Dies ist das 2. Kapitel der Gemeinschaftsgeschichte „Schreib mit! Die Sterne am Firmament“ (begonnen von Communitas). Sie wartet nur darauf, von dir fortgesetzt zu werden! Hast du Lust, sie weiterzuschreiben oder gar ein Ende zu verfassen? Dann schau in der Readlist von Communitas nach, ob die Geschichte noch läuft und befolge, falls ja, die Anleitung. Viel Spaß beim lesen und schreiben.

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Autor

Schneeseeles Profilbild Schneeseele

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Sätze: 73
Wörter: 1.148
Zeichen: 6.834

Kurzbeschreibung

Von dem Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter verunsichert, versucht sich Olivia mit vertrauten Tonaufnahmen von ihrem Vater zu beruhigen. Doch anstatt sich zu beruhigen, stößt sie auf etwas merkwürdiges...

Kategorisierung

Diese Story wird neben Abenteuer auch in den Genres Fantasy und Familie gelistet.