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Aerion hasste Hochelfen und das war keine Übertreibung oder jugendliche Rebellion, es war eine tief verwurzelte Überzeugung, die auf zweihundert Jahren Familiengeschichte basierte. Seine Großmutter hatte ihm die Geschichten erzählt, als er klein war, Geschichten von Verrat und Feuer, von Hochelfen, die in der Nacht gekommen waren und den heiligen Wald niedergebrannt hatten, weil sie das Land für ihre glitzernden Kristalltürme wollten. Siebenunddreißig Waldelfen waren in dieser Nacht gestorben, darunter Aerion's Urgroßvater. Die Hochelfen hatten nie dafür bezahlt, hatten nie Reue gezeigt, hatten einfach ihre Stadt gebaut und getan, als wären die Waldelfen nicht mehr als Tiere, die im Weg standen.
Deswegen stand Aerion jetzt hier in diesem stinkenden Söldnerbüro in der neutralen Stadt Graustein, starrte auf eine Stellenausschreibung an der Wand und versuchte sehr hart, nicht seinen Bogen zu nehmen und jemanden zu erschießen. Die Ausschreibung war einfach: "Erfahrene Abenteurer gesucht für Expedition in die Verlorenen Katakomben. Hohe Bezahlung, tödliche Gefahr garantiert. Melden bei Questgeber, Zimmer 3." Das war nicht das Problem. Das Problem war, dass direkt daneben eine zweite identische Ausschreibung hing, und beide trugen dasselbe Siegel, was bedeutete, dass der Questgeber beide Gruppen anheuerte. Und die zweite Ausschreibung war in der eleganten, fließenden Schrift der Hochelfen geschrieben.
"Nein", sagte Aerion laut zu sich selbst. "Absolut nicht, keine Chance." Er drehte sich um zu gehen, seine dunkelgrünen Haare schwangen mit der Bewegung, aber dann dachte er an seinen leeren Geldbeutel und an die Tatsache, dass er seit drei Tagen nichts Anständiges gegessen hatte. Die Bezahlung für diese Quest würde ihn für Monate über Wasser halten, vielleicht sogar genug, um endlich die Ausrüstung zu kaufen, die er brauchte. Er fluchte leise in der alten Sprache der Waldelfen, Worte, die seine Großmutter schockiert hätten, und ging dann widerwillig die Treppe hoch zu Zimmer 3.
Der Questgeber war ein alter Mensch mit mehr Bart als Gesicht, der hinter einem Schreibtisch saß, der unter Karten und Pergamenten zusammenzubrechen drohte. Er sah auf als Aerion eintrat, seine Augen musterten den jungen Elfen mit professionellem Interesse. "Waldelf, Bogenschütze nach der Ausrüstung zu urteilen, leicht gebaut aber muskulös, Narben an den Händen von Bogensehnen. Gut, gut, wir können einen Fernkämpfer brauchen." Seine Stimme war heiser vom zu vielen Rauchen. "Name?" "Aerion aus dem Schattenwald-Clan", sagte Aerion steif und hasste wie defensiv das klang. "Und bevor Sie fragen, ja ich habe die andere Ausschreibung gesehen, nein ich arbeite nicht mit Hochelfen, danke und auf Wiedersehen." Er drehte sich um.
"Tausendzweihundert Goldmünzen", sagte der alte Mann gelassen. Aerion erstarrte mit der Hand an der Türklinke. Das war... das war mehr Geld als er in zwei Jahren verdienen würde. "Pro Person", fügte der Alte hinzu. "Plus alles was ihr in den Katakomben findet dürft ihr behalten außer dem einen Artefakt das ich suche." Aerion drehte sich langsam um. "Was für ein Artefakt?" Der alte Mann entrollte eine der Karten auf seinem Schreibtisch, und Aerion erkannte die Umrisse der Verlorenen Katakomben, ein legendäres Dungeon-System unter den Bergen das seit Jahrhunderten unerforscht war weil jeder der reinging nie zurückkam. "Die Krone der Einheit", sagte der Alte und tippte auf einen Punkt tief im Zentrum der Karte. "Ein Artefakt aus der Zeit vor der Spaltung als Waldelfen und Hochelfen noch ein Volk waren. Es wird gesagt dass es die Macht hat Frieden zwischen den Völkern zu bringen."
"Märchen", sagte Aerion sofort. "Propaganda um naive Idioten zu überzeugen dass Einheit möglich ist." "Vielleicht", stimmte der Alte zu. "Aber mein Gold ist real, und die Gefahren in den Katakomben sind auch real. Ich brauche die besten Kämpfer die ich finden kann, und das bedeutet sowohl Waldelfen als auch Hochelfen, ob sie sich mögen oder nicht." Er lehnte sich zurück in seinem Stuhl der beunruhigend knarrte. "Ich habe bereits drei Hochelfen angeheuert, Elite-Kämpfer aus ihrer Akademie. Mit dir und vielleicht noch einem Waldelfen wäre das Team ausbalanciert." "Ich habe nein gesagt", erinnerte Aerion ihn, aber seine Stimme hatte an Überzeugung verloren. Tausendzweihundert Gold. Das war... das war ein neues Leben. Das war Freiheit.
"Die Expedition startet in drei Tagen", sagte der Alte als hätte Aerion nicht gesprochen. "Treffpunkt ist das Nordtor bei Sonnenaufgang. Wenn du kommst bekommst du die Hälfte im Voraus, den Rest wenn wir zurückkehren. Wenn nicht, nun, dann finde ich jemand anderen." Er wandte sich wieder seinen Karten zu, die Unterhaltung offensichtlich beendet. Aerion stand da für einen langen Moment, innerlich kämpfend, und dann stürmte er aus dem Raum bevor er etwas Dummes sagen konnte wie "ja". Er ging zurück in die billige Taverne wo er übernachtete, eine schäbige Bruchbude die mehr nach Schweiß als nach Bier roch, und versuchte sich zu überzeugen dass er nicht gehen würde, dass kein Geld der Welt es wert war mit Hochelfen zu arbeiten. Aber die ganze Nacht lag er wach und starrte an die rissige Decke und dachte an tausendzweihundert Goldmünzen.
Am dritten Morgen stand er am Nordtor bei Sonnenaufgang mit seinem Bogen über der Schulter und hasste sich selbst. Das Tor war riesig, gebaut aus grauem Stein der der Stadt ihren Namen gab, und ein kalter Wind pfiff durch die offene Passage. Drei Gestalten standen bereits da und Aerion's Herz sank als er sie sah. Hochelfen, alle drei, unmöglich zu übersehen mit ihren perfekten Gesichtern und ihrer glänzenden Rüstung und ihrer Aura von Überlegenheit. Sie sahen ihn an als er näher kam, ihre Ausdrücke reichten von Überraschung zu Verachtung. "Ein Waldelf", sagte einer von ihnen, eine Frau mit silbernem Haar das in einem komplizierten Zopf geflochten war. "Wie malerisch." Ihr Ton machte klar dass malerisch nicht als Kompliment gemeint war. "Eine Hochelfe", konterte Aerion mit derselben falschen Höflichkeit. "Wie vorhersehbar arrogant."
Die Frau's Augen verengten sich gefährlich aber bevor sie antworten konnte sprach eine andere Stimme, tief und überraschend freundlich. "Lasst uns vielleicht ohne Beleidigungen beginnen? Wir werden die nächsten Wochen zusammen verbringen, Feindschaft macht das nur schwerer." Aerion sah zur Quelle der Stimme und sein Atem stockte für einen Moment, was ihn wütend auf sich selbst machte. Der Hochelf der gesprochen hatte war groß, mindestens einen Kopf größer als Aerion, mit breiten Schultern die ungewöhnlich waren für Elfen die normalerweise schlank gebaut waren. Seine Haare waren goldblond und fielen offen bis zu den Schultern, und seine Augen waren das tiefste Blau das Aerion je gesehen hatte, die Farbe von Bergseen im Sommer. Er trug Kampfroben statt Rüstung, bestickt mit Runen die von magischer Ausbildung sprachen, und an seinem Gürtel hing ein Stab aus weißem Holz.
Er lächelte, und es sah tatsächlich echt aus, nicht das überhebliche Lächeln das Aerion von Hochelfen gewohnt war. "Ich bin Theron aus dem Haus Silberstern, Kampfmagier der Akademie. Das sind Lysandra", er deutete auf die silberhaarige Frau, "unsere Schwertkämpferin, und Aldric", der dritte Hochelf, ein Mann mit strengem Gesicht, "unser Heiler." Aerion wollte nicht antworten, wollte unhöflich sein, aber etwas in Theron's direktem Blick machte es schwer. "Aerion aus dem Schattenwald-Clan", murmelte er widerwillig. "Bogenschütze und Späher." "Gut, wir können beides gebrauchen", sagte Theron als wäre es die natürlichste Sache der Welt mit einem Waldelf zu arbeiten. "Die Katakomben sind bekannt für weite offene Hallen, dein Bogen wird nützlich sein. Und Späherfähigkeiten um Fallen zu entdecken sind essentiell."
"Ich brauche keine Hochelf der mir sagt was nützlich ist", schnappte Aerion, ärgerte sich über Theron's freundlichen Ton weil es schwerer war jemanden zu hassen der nett war. Theron's Lächeln verblasste ein wenig aber er nickte. "Natürlich, Entschuldigung wenn das herablassend klang." Die Entschuldigung war so unerwartet dass Aerion nicht wusste wie er reagieren sollte. Lysandra schnaubte verächtlich. "Warum entschuldigst du dich bei diesem Waldling? Sie sind es die uns hassen ohne Grund." "Ohne Grund?", wiederholte Aerion und seine Stimme wurde gefährlich leise. "Ihr habt unseren heiligen Wald niedergebrannt vor zweihundert Jahren, habt siebenunddreißig meiner Vorfahren getötet, und ihr denkt wir haben keinen Grund?" "Das war Krieg", sagte Lysandra kalt. "Euer Clan hatte zuerst angegriffen, hatte Hochelfen-Händler getötet. Das war Vergeltung."
"Das ist eine Lüge!", brüllte Aerion und griff instinktiv nach seinem Bogen. "Wir haben niemanden angegriffen, ihr habt das erfunden als Rechtfertigung für Landraub!" Lysandra's Hand ging zu ihrem Schwert und plötzlich war die Spannung messerscharf. Aldric trat vor mit erhobenen Händen. "Genug, beide. Wir sind hier für eine Quest, nicht um alte Kriege neu zu kämpfen." Theron trat zwischen Aerion und Lysandra, sein großer Körper blockierte ihre Sichtlinie auf einander. "Er hat recht. Was auch immer vor zweihundert Jahren passierte, wir waren nicht da, wir waren nicht verantwortlich. Wir können wählen anders zu sein." Er sah Aerion direkt an, und wieder war da diese Aufrichtigkeit in seinen blauen Augen. "Ich kenne deine Geschichte nicht, und du kennst meine nicht. Vielleicht haben beide unsere Völker Dinge getan die falsch waren. Aber wir, jetzt, können wählen zusammenzuarbeiten."
Aerion wollte nein sagen, wollte seinen Bogen nehmen und gehen und diese verdammten Hochelfen ihrem Schicksal überlassen. Aber tausendzweihundert Gold. Und etwas in Theron's Worten, in seiner offenen Art, machte es schwerer einfach zu hassen. "Fein", sagte Aerion schließlich und klang so unfreundlich wie möglich. "Aber nur weil ich bezahlt werde, nicht weil ich euch mag." "Das ist ein Anfang", sagte Theron und lächelte wieder, ein kleines Lächeln diesmal aber immer noch warm. Der alte Questgeber erschien mit einem Wagen voller Ausrüstung, Seile und Fackeln und Proviant, und nach einer kurzen Einweisung wo er ihnen die Karte zeigte und die Route zu den Katakomben erklärte, gab er jedem einen schweren Beutel mit Gold. Aerion wog den Beutel in der Hand, fühlte das Gewicht von sechshundert Goldmünzen, und dachte dass vielleicht, nur vielleicht, er ein paar Wochen mit Hochelfen aushalten könnte.
Sie verließen Graustein durch das Nordtor, vier Elfen die sich gegenseitig misstrauten, auf dem Weg zu einem Dungeon das als unbesiegbar galt. Was könnte möglicherweise schiefgehen, dachte Aerion sarkastisch, und folgte den anderen in die Wildnis. Theron ging neben ihm, hielt respektvollen Abstand aber nicht so viel dass es feindlich wirkte, und manchmal wenn Aerion zur Seite sah, fing er Theron dabei wie er ihn mit einem nachdenklichen Ausdruck beobachtete. Es war irritierend. Hochelfen sollten nicht nachdenklich sein, sollten nicht nett sein, sollten nicht haben diese Augen die aussahen als würden sie wirklich zuhören wenn man sprach. Es machte alles komplizierter, und Aerion hasste kompliziert. Er bevorzugte einfach: Hochelfen waren Feinde, Ende der Geschichte.
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