Autor
|
Bewertung
Statistik
Sätze: | 14 | |
Wörter: | 389 | |
Zeichen: | 2.223 |
Der letzte Buchstabe bleibt am Leben, wenn der letzte das Original immer noch beschreibt...
Jeder von ihnen lässt etwas zurück, das die Gedanken in mir einzufangen versucht und formt, bis es wie ein rauschender Fluss durch die Finger strömt und die Augen es endlich sehen können. Langsam schweift mein Blick über das Bild, das sich zuvor in meinen Gedanken verborgen hielt - noch unvollendet.
Innehaltend und suchend, um die nächsten Gedanken zum Leben zu erwecken, lasse ich meine Finger für einen Augenblick ruhen und schließe meine Augen - sehend, wie es sich allmählich zusammenfügt: Ein Puzzle aus Gedanken und Gefühlen, das immer deutlicher zu erkennen ist und alle Farben und Schatten widerspiegelt, die gerade noch in mir verborgen lagen. Und jeder einzelne hält fest, was nur für den Augenblick bestimmt war - unverloren.
Wieder kehre ich mit geschlossenen Augen zu dem Ort zurück, an dem alles begann und seinen Ursprung fand. Langsam lasse ich mich im Rauschen der Quelle nieder, die meine Seele berührt und mich in ihrem Zauber zeitlos baden lässt. Alle Sinne vereinen sich und lassen vollenden, was eben noch unklar und farblos erschien. Endlich.
Meine Augen öffnen sich und schauen auf das Blatt Papier, das eben noch leer und leblos vor mir lag. Doch nun finden sich dort die Gedanken wieder, die meinen Worten das Leben einhauchen, das jeder einzelne von ihnen schenkt. Jeder Buchstabe lässt einen Teil des Bildes malen, das ich zuvor mit geschlossenen Augen sah.
Es scheint vollbracht, was meine Gedanken gaben. Und doch lese ich mit Bedenken, was auf dem Blatt Papier geschrieben steht und ändere hier und da, damit es vollkommen in sich und für jeden ist.
Doch dann bemerke ich, dass es sich mit jeder Änderung und der damit verbundenen Perfektion langsam von mir entfernt - nicht mehr das ist, was ich sah und fühlte. Es ist nicht mehr das Bild, das ich mit meinen Gedanken und Worten malte. Und somit bleibt jeder Buchstabe, der geschrieben wurde, verloren...
Trotzdem huscht ein Lächeln über meine Lippen, denn ich weiß nun endlich, dass meine Gedanken frei sein und bleiben sollten, damit das Bild keine Fälschung wird - nur, weil es anderen gefällt. Nein, es soll sein, wie es ist:
Ein Original.
Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!
2
|
Mira • Am 18.02.2023 um 16:13 Uhr | |||
Hallo Silly, Endlich habe ich wieder Zeit gefunden, einer deiner tollen Texte zu lesen! Ich kann deine Zeilen sehr gut nachvollziehen. Ein Werk muss nicht "perfekt sein", um perfekt zu sein. Ein Text kann auch perfekt sein, wenn er authentisch ist. Es ist schwierig, dies zuzulassen, vor allem in einer Gesellschaft, wie unserer (finde ich zumindest). Alleine der Prozess der Veröffentlichung eines Werkes zeigt doch, wie schwierig es ist, seine eigenen Gedanken durchzusetzen. Es muss geprüft werden und überzeugen können. Dabei spielt das Authentische in dem Werk leider nicht unbedingt eine Rolle. Viele Grüße Mira Mehr anzeigen |
||||
|
2
|
BerndMoosecker • Am 15.02.2023 um 23:52 Uhr | |
Liebe Silly, schön beschreibst Du die Gefühle beim Schreiben. Ich glaube jedem, der ernsthaft einen Text, sei es ein Brief - ein Gedicht - eine Geschichte - oder gar Roman, verfasst, kommen diese Gedanken. Perfekt soll das Werk sein, aber die eigenen Intuitionen ausdrücken. Die Waage halten kann vielleicht die Erlösung sein - sein ganz eigenes Werk zu veröffentliche, in der Hoffnung, dass es perfekt ist. Der letzte Buchstabe ist geschrieben, man hat etwas Eigenes unverfälschtes vollbracht. Die Interpretation ist das Werk anderer. Liebe Grüße Bernd Mehr anzeigen |
||
|
|
Sätze: | 14 | |
Wörter: | 389 | |
Zeichen: | 2.223 |