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Schreibt kurz - Eine Aufforderung

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28.07.19 21:35
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Betrachtet man heutzutage die Bestseller-Listen auf dem aktuellen Literaturmarkt und führt sich die Belletristik-Angebote zu Gemüte, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass selbige sich beinahe ausschließlich aus Romanen zusammensetzen. Besonders beliebt sind hierbei vor allem Thriller/Kriminalgeschichten, sowie Werke, die sich dem "Fantasy" Genre zuordnen lassen. Im Juli 2019 befindet sich beispielsweise das von Cornelia Funke und Guillermo del Toro verfasste Buch "Das Labyrinth des Fauns", welches sich letztgenannter Kategorie zuordnen lässt, auf dem ersten Platz der Spiegel Bestseller-Liste.
 
Sebastian Fitzek, Deutschlands zurzeit erfolgreichster Schriftsteller (in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt), der bereits in die Pop-Kultur Einzug gefunden hat und somit einem breiteren Publikum bekannt ist, dient als weiteres prominentes Beispiel. Bekannt ist er ebenfalls aufgrund seiner spannungsgeladenen Thriller und Krimis. Zuletzt stieg Fitzeks „Flugangst 7A“ (Droemer) auf Platz 1 der Spiegel Bestsellerliste ein. Der Titel hielt sich über 40 Wochen im Ranking. Das Taschenbuch „AchtNacht“ (Knaur) wurde 2017 zur Nummer 1 der Bellestristik-Liste. Mit dem Hardcover „Das Paket“ (Droemer) gelang es Fitzek, mehr als ein Jahr auf der Bestsellerliste zu stehen. Dabei stand der Titel mehrere Wochen lang entweder auf Platz 1 oder 2.
 
Die Tendenz, mit großer Vorliebe auf umfangreiche Bücher der Unterhaltungsliteratur zurückzugreifen, offenbart sich auch in den über 400 Millionen Mal verkauften Werken des amerikanischen "Meister des Horrors", Stephen King. Die Liste an Beispielen ließe sich endlos fortsetzen.
 
Zu kurz, um mich eines kleinen Wortspiels zu bedienen, kommen dabei vor allem belletristische Werke der Kurzprosa, also Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen und dergleichen. Bei all den hochspannenden und inhaltlich weniger anspruchsvollen Schmökern, die den zeitgenössischen Literaturmarkt regelrecht besetzen, ist auch kaum noch Platz für Lyrik.
Wie eine solche Entwicklung zustande kommen konnte und welche Vorzüge insbesondere Kurzgeschichten im Vergleich zu Romanen aufweisen, wird in diesem Essay genauer erörtert.
Der Markt für Kurzgeschichten hat sich enorm zurückentwickelt. Kurzprosa und auch Lyrik verkauft sich heutzutage, zumindest den "Erfahrungen" vieler Verleger zufolge, nur sehr schlecht, weshalb es auch zunehmend schwieriger wird, einen Abnehmer für Kurzgeschichten zu finden. Aus eigenen Erfahrungen kann ich dies bestätigen. Bei der Suche nach Verlagen stoße ich unzählige Male auf Programmpunkte wie:
 
"Belletristik, aber KEINE Kurzgeschichten", "Romane, Thriller, Horror, Science-Fiction, Erotik, KEINE Kurzgeschichten", "Wir veröffentlichen grundsätzlich KEINE Kurzgeschichten und KEINE Lyrik".
Diese grundsätzliche Ablehnung von Kurzprosa seitens der Verlage ist selbstverständlich enorm frustrierend. Fehlendes Feedback schmerzt einem Autor. Mit jeder Form von Kritik ist etwas anzufangen, jedoch nicht mit grundsätzlicher und unbegründeter Ablehnung. Eine Kurzgeschichte wird nicht ihrer Qualität wegen abgelehnt, sondern allein wegen der Tatsache, dass es eine Kurzgeschichte ist.
 
Wird einem Mensch der Zutritt zu einer bestimmten Veranstaltung seiner Hautfarbe wegen verwehrt, spricht man von Diskriminierung. Zurecht wird dies als Rassismus bezeichnet und aufs Schärfste verurteilt. Diskriminierung bestimmter Textarten ist auf dem Literaturmarkt der Normalfall. Selbstverständlich ist es unangebracht, Rassismus mit Ablehnung von Kurzprosa gleichzusetzen, dies entspricht auch keineswegs meiner Intention. Vom Prinzip her, ist es jedoch das gleiche. Der Markt ist gnadenlos, schließlich richtet er sich nach Angebot und Nachfrage. Wer will es den Verlegern schon verdenken, wenn sie es bevorzugen, sich an gesellschaftliche Entwicklungen und Erwartungen anzupassen und ihr Programm dem Mainstream entsprechend ausrichten?
 
Die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ist unterhaltungsorientiert. Anders lässt sich der Erfolg anspruchsloser Fernsehprogramme wie Reality Shows, bestimmten Sendern und dergleichen nicht erklären. Die Menschen interessieren sich für die Leben anderer, wollen sehen, wie sich jemand im Internet blamiert und sich dann darüber lustig machen oder aber führen sich Unterhaltungsliteratur zu Gemüte. Keine dieser Verhaltensweisen gedenke ich zu verurteilen! Unterhaltungsliteratur verfügt durchaus über Berechtigung.
 
Die Arbeit nimmt zu, der Leistungsdruck ist oftmals kaum zum Aushalten, immer mehr und mehr Geld wird benötigt, um überleben zu können, der Alltag gleicht einem regelrechten Rennen, wer schneller und besser ist, gewinnt. Dass die Menschen in Anbetracht dieser modernen Lebensumstände oberflächlicher werden und sich mit stumpfer Unterhaltung von ihren Sorgen und dem Stress abzulenken gedenken, ist verständlich und nachvollziehbar. Darüber hinaus ist die sogenannte Unterhaltungsliteratur nicht mit schlechter Literatur gleichzusetzen.
Der Mainstream hat uns viele großartige Werke geschenkt, die sich zu unvergesslichen Klassikern entwickelt und unser aller Leben bereichert haben. Hierzu gehört beispielsweise die unvergleichbare "Harry Potter" Reihe der britischen Autorin J.K. Rowling oder die meisterhaft geschriebenen Bestseller Stephen Kings wie "ES" oder "The Shining".
 
Romane sind folglich selbstverständlich sinnvoll, Unterhaltungsliteratur ist wichtig für den modernen Menschen und aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Auch den Autoren ist es nicht vorzuwerfen, dass sie immer mehr und mehr auf den Mainstream-Zug aufspringen. Wer würde sich schon nicht an ein Genre heranwagen, welches die größten Erfolgschancen verspricht?
Ärgerlich ist jedoch, dass sich Thriller und ähnliche Schmöker zu einem regelrechten Monopol entwickelt haben und obwohl die Ursachen hierfür offensichtlich sind und zur Genüge thematisiert wurden, gilt es nun, sich der Vorzüge der Kurzprosa bewusst zu werden.
 
 
Zu den Zeiten als Kurzgeschichten noch die erfolgreichste Gattung der Epik darstellten (vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert), wurden sie insbesondere in Zeitungen und Magazinen veröffentlicht. Da diese Medien mittlerweile ebenfalls, genau wie die Kurzgeschichte, als veraltet gelten, hat der gemeinsame Niedergang wohl ungefähr gleichzeitig eingesetzt, womit sich die sinkende Nachfrage erklären lässt.
 
Zeitungen wurden jedoch schon immer eher nebenbei gelesen, um sich für "Zwischendurch" beispielsweise während des Wartens auf den Bus, dem Sitzen im Zug oder des Frühstücks zu beschäftigen. Darin begründet liegt ein großer Vorteil der Kurzgeschichte! Wie ihrem Namen bereits zu entnehmen ist, darf sie einen bestimmten Umfang nicht überschreiten, um noch als Kurzgeschichte gelten zu dürfen (dennoch ist es nicht möglich, eine unmissverständliche Grenze zu ziehen, weshalb die Einordnung mancher Werke nicht eindeutig vorzunehmen ist). Außerdem muss auch die Handlung an sich kurz sein, mehrere Handlungsstränge sind demgemäß nicht vorhanden und die Zeit, in der die Geschichte spielt, ist zumeist auf wenige Stunden oder Tage beschränkt.
 
Dies führt dazu, dass man eine Kurzgeschichte intensiver wahrnimmt, da man sie in einer Sitzung meist komplett lesen kann, was bei einem Roman natürlich nur in den seltensten Fällen möglich ist. Aus diesem Grund sind Kurzgeschichten, auch wenn sich dies nicht in den Verkaufszahlen widerspiegelt, hervorragend für unsere heutige Zeit geeignet! Sie spiegeln eine gesellschaftliche Entwicklung wider, fangen den Augenblick ein. Das Leben wird schnelllebiger, hektischer und es bleibt weniger Zeit für Abwechslung. Kurzgeschichten können zwischendurch gelesen werden, wenn zwei Termine noch etwas auseinanderliegen. Sie bieten die perfekte Antwort darauf, wie Unterhaltung auch in Zeiten der Hektik und des Stresses noch möglich ist. Keiner von uns kann es sich erlauben, seine alltäglichen Pflichten zu vernachlässigen, indem er stundenlang am Stück einen Schmöker konsumiert. Eine halbe Stunde am Tag zwischen zwei Aufgaben hat jedoch jeder von uns! Ideal zum vollständigen Lesen einer Kurzgeschichte geeignet! Sie beweist, dass es auch heutzutage noch möglich ist, sich gute Literatur in kurzer Zeit zu Gemüte zu führen und entspricht somit vollkommen den Ansprüchen und Erwartungen einer leistungsorientierten und schnelllebigen Gesellschaft. Warum dieser logische Gedankengang die Leser und Verleger noch nicht erreicht hat, ist völlig unverständlich!
 
Der berühmte amerikanische Schriftsteller, Edgar Allan Poe (1809-1849), der als der Vater der Kurzgeschichte gilt und in seiner Karriere hauptsächlich selbige verfasste, veröffentlichte im Jahr 1846 eine literaturtheoretische Abhandlung mit dem Titel "The Philosophy of Composition" in der er eine ästhetische Theorie über das Ziel und die Methode von Literatur entwickelte.
Aus dieser geht hervor, dass der große Autor der Auffassung ist, dass Prosa kurz sein müsse. In diesem Zusammenhang spricht er von der "Einheit des Effekts" ("unity of effect"). Dieser emotionale Einfluss auf den Leser, der als Ziel eines jeden literarischen Werkes gelten müsse, könne nur zur Geltung kommen, wenn ein Werk ohne Ablenkung durch die Geschehnisse des Alltags, also idealerweise an einem Stück konsumiert werden könne. Erst dann sei die Einheit des Effekts gewährleistet! Aus diesem Grund sieht Poe die Kurzgeschichte dem Roman als überlegen an.
 
Zudem ist es offensichtlich, dass Kurzgeschichten in den meisten Fällen über einen größeren literarischen Anspruch verfügen als Romane. Der Grund hierfür liegt auf der Hand! Kurzgeschichten müssen aufgrund ihrer Kürze den Leser möglichst von Beginn an in den Bann ziehen, um das Beste aus ihren Möglichkeiten herauszuholen. Lange und sinnlose Passagen, die nur wenig zur Entwicklung der Handlung beitragen sind somit nicht vorhanden, schließlich kann sich dies eine Kurzgeschichte nicht erlauben, ganz im Gegensatz zu einem Roman. Hat nicht jeder von uns schonmal einen achthundertseitigen Schmöker gelesen, der in der Mitte einfach unerträglich lang war und bei dem man am liebsten hundert Seiten herausgeschnitten hätte? Bei einer Kurzgeschichte tritt Langeweile dagegen kaum auf, was dem allgemeinen Genuss von Literatur zugute kommt. Kunst sollte schließlich immer genossen und niemals als langweilig oder träge empfunden werden.
 
Außerdem ist bei Kurzgeschichten vor allem faszinierend, dass jeder Satz, jedes Wort über eine ganz bestimmte Bedeutung verfügt. Bei einem wenig umfangreichen Werk, ist die Komposition, die Anordnung der Wörter besonders wichtig, weshalb auch der Fokus darauf gelegt wird. Beim Verständnis und der Interpretation einer Kurzgeschichte kann folglich jedes Detail, sei es noch so klein und scheinbar unbedeutend, den Ausschlag geben und für die Analyse wichtige Erkenntnisse liefern. Dies äußert sich natürlich auch bei lyrischen Werken, die daher ebenfalls als besonders große sprachliche Leistungen empfunden werden. Während ein Roman sich vollkommen unbedeutende Seiten oder gar ganze Kapitel erlauben kann, ist bei der Kurzgeschichte keine Information überflüssig, keine Beschreibung sinnlos. Auf die Suche nach Details zu gehen, lässt das Herz eines interessierten Lesers höher schlagen!
 
Selbstverständlich existieren auch großartige Romane, die trotz einer enormen Länge großen literarischen Anspruch aufweisen. Hierbei sei nur auf die Werke des russischen Dichters Fjodor Dostojewski (1821-1881) wie "Der Idiot" oder "Schuld und Sühne" verwiesen. Es bleibt jedoch nicht zu vergessen, dass es in erster Linie die Kurzgeschichten waren, die großen literarischen Einfluss ausgeübt haben. Das Genre der Horror-und Kriminalgeschichten, heutzutage dem Mainstream angehörig, wurden beispielsweise durch die Kurzgeschichten Edgar Allan Poes wie "The Tell-Tale Heart", "The Fall of the House of Usher" oder "The Murders in the Rue Morgue" begründet! Folglich gilt: Keine modernen Schmöker der Unterhaltungsliteratur, ohne die literarisch anspruchsvollen Erzählungen Poes! Dies allein genügt, um die Wichtigkeit der Kurzgeschichten auch in Hinblick auf aktuelle Entwicklungen, herauszustellen.
 
Beim Vergleich von Romanen mit weniger umfangreichen Werken wie Kurzprosa oder Lyrik, ist darüber hinaus auffällig, dass viele große Autoren nur einen einzigen oder nur zwei Romane verfasst haben und sich ansonsten auf andere Gattungen konzentrierten (womöglich weil sie in diesen mehr Möglichkeiten sahen, sich selbst herauszufordern, um ihren eigenen literarischen Ansprüchen gerecht zu werden). So hat der bereits thematisierte Edgar Allan Poe nur den Roman "The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket" verfasst, Oscar Wilde nur "The Picture of Dorian Gray" und Friedrich Schiller nur "Der Geisterseher". Weitere prominente Beispiele sind E.T.A. Hoffmann ("Die Elixiere des Teufels" und "Lebensansichten des Katers Murr") und Patrick Süskind ("Das Parfüm").
 
Überdies setzen sich Kurzgeschichten oftmals mit alltäglichen Situationen auseinander, die Charaktere sind keine außergewöhnlichen Menschen. Eine höhere Identifikation vonseiten des Lesers ist somit gewährleistet, was ein intensiveres Erleben der Handlung ebenfalls begünstigt. Außerdem ist die Kurzprosa in der Regel besser dazu geeignet, eine bestimmte Botschaft oder Moral mitzuteilen, da sie dies zu einer ihrer zentralen Aufgaben auserwählt hat. Dies äußert sich vor allem in Fabeln und Märchen, die praktisch ausnahmslos eine solche moralische Mittelung vermitteln. Für die ästhetische Erziehung des Lesers sind Kurzgeschichten somit zumeist besser geeignet als Romane, da er aus diesen oftmals eindeutigere Lehren ziehen kann, die ihm für sein eigenes Leben helfen. Zudem bleiben diese aufgrund der Kürze der Werke in besserer Erinnerung.
Nicht alles, was kurz ist, verfügt in der Literatur über eine besondere Bedeutung. Erfahrungsgemäß gibt es jedoch wesentlich mehr schlechte Romane als schlechte Kurzgeschichten. Der Grund hierfür liegt darin, dass das Verfassen von Kurzgeschichten für jeden Autor eine große Herausforderung darstellt und daher seiner bestmöglichen Leistung bedarf. Die große Schwierigkeit liegt nämlich darin, seine Aussage möglichst kurz und präzise aber eindeutig zu vermitteln. Bei einem längeren Werk hat der Autor logischerweise mehr Zeit. Er kann seine Aussage in aller Länge und epischer Breite darlegen und zwar ohne etwas zusammenzufassen, ohne seine Wortwahl zu überdenken, ohne sich selbst sprachlich einschränken zu müssen, ohne auf die Wichtigkeit seiner Informationen achten zu müssen. In dieser Hinsicht ist das Verfassen von Romanen bequemer und unkomplizierter als bei Kurzgeschichten, womit die Schwierigkeit einen guten Roman zu verfassen, jedoch keineswegs verleugnet wird! Viel Inhalt auf wenigen Seiten zu Papier zu bringen, ist eine Kunst, zu der nur wirklich hervorragende und begabte Autoren in der Lage sind. Aus diesem Grund versuchen sich diese, wie bereits dargelegt, tendenziell eher weniger an umfangreichen Prosa-Werken, sondern an Kurzgeschichten, Lyrik, Dramen und so weiter. Somit lässt sich auch die enorme Qualität, die der Großteil aller bekannten Kurzgeschichten aufweisen, erklären. Sie stammen schlichtweg aus der Feder von Genies, die diese Gattung angemessen zu würdigen wissen!
 
Betrachtet man wirklich gelungene und literarisch anspruchsvolle Romane, so stellt man schnell fest, dass auch diese zumeist vergleichsweise kurz gehalten sind, also einen Umfang von 100 bis 250 Seiten aufweisen, von einigen Ausnahmen abgesehen. Als Beispiele hierfür dienen Ernest Hemingways "The Old Man and the Sea", Hermann Hesses "Der Steppenwolf" oder Johann Wolfgang von Goethes "Die Leiden des jungen Werther". Vor allem in der Literatur scheint sich also die Floskel "In der Kürze liegt die Würze" zu bewahrheiten!
 
 
Wie alles im Leben hat nichts nur Vorteile. Auch die Kurzgeschichte weist daher bestimmte Nachteile auf und ist in manchen Bereichen dem Roman unterlegen. So können verstrickte Beziehungen, intensive zwischenmenschliche Kontakte oder aber langfristige Entwicklungen nur im Roman ansprechend dargestellt werden. Der Kurzgeschichte fehlen allein schon aufgrund ihrer Länge diese Möglichkeiten. Es geht aber auch nicht darum, eine Wertung vorzunehmen. Romane jedweder Art sind von großer Bedeutung, genauso wie Kurzgeschichten. Kritisiert wird einzig die fehlende Balance, das offensichtliche Missverhältnis von absolutem Überfluss auf der einen Seite (bei den Romanen, heutzutage vor allem den Unterhaltungsromanen) und großem Mangel und fehlendem Interesse auf der anderen Seite (alle der Kurzprosa zugehörigen Textgattungen und Lyrik). Dabei bietet ironischerweise die heutige Zeit, die ein solches Desinteresse an Kurzgeschichten zeigt, so viele interessante Möglichkeiten, selbigen zu einer Art "zweitem Frühling" zu verhelfen.
 
Ein Phänomen der Moderne ist, dass die Menschen bedingt durch den Überfluss an Informationen vor allem Internet, kaum noch dazu in der Lage sind, längere Texte zu lesen und zu verstehen, da die Konzentrationsspanne immer weiter verkürzt wird. Mitteilungen im Internet werden daher zumeist auf das Wesentliche beschränkt und ebenfalls kurz gehalten, um eine Ablenkung des Lesers, die in den heutigen Zeiten jederzeit einsetzen kann, zu verhindern. Insbesondere die jüngere Generation, die mit den modernen Medien aufwächst und sich demgemäß von langen Texten, wie umfangreichen Romanen abschrecken lassen könnte, wäre optimal als neue Zielgruppe von Kurzgeschichten geeignet! Diese beispielsweise im Internet publiker zu machen, um diese Menschen besser zu erreichen, stellt eine gute Möglichkeit dar, die Nachfrage nach Kurzgeschichten wieder zu erhöhen. Da Zeitungen und Magazine als Medien für Kurzprosa komplett wegzubrechen drohen, müssen diese ersetzt werden. Hierfür stellt das Internet eine sehr sinnvolle Alternative dar. Dafür muss nur noch eine gerechte Bezahlung des Autors gewährleistet werden, um auch das Schreiben von Kurzgeschichten für die Autoren wieder finanziell attraktiver zu machen. Dem leider oftmals vorherrschenden Desinteresse von Jugendlichen an Literatur, könnte mithilfe von Kurzgeschichten entgegengewirkt werden. Diese zu lesen stellt keine zeitliche Überforderung dar, zumal sie kurz gehalten und oftmals angenehm zu lesen sind. Auch die Aufmerksamkeitsspanne wird nicht überschritten. Kurzgeschichten, die über den heute oftmals vermissten Anspruch verfügen, können das Interesse an Literatur, an guter Literatur erneut entfachen und vor allem jungen Menschen zeigen, dass Lesen Spaß macht und nicht unweigerlich mit endlosem Zeit-und Konzentrationsaufwand einhergehen muss.
 
Lyrik könnte beispielsweise wieder interessanter werden, indem die Gattungen vermischt werden. Da sich insbesondere die Kunstform der Musik einer ungebrochen großen Beliebtheit erfreut, wäre die musikalische Vertonung von berühmten Gedichten, beispielsweise von Goethe, eine Möglichkeit, um wieder verstärkt auf diese literarische Gattung aufmerksam zu machen, da Musiker die Menschen in der Regel stärker beeinflussen und ansprechen als Schriftsteller. Musikproduktionen im Stile von "The Alan Parson´s Project", die Werke von Poe vertonten, sollten gefördert werden, um den Fokus der Öffentlichkeit wieder gezielt auf Gedichte und Kurzprosa zu lenken. Dadurch würden sowohl Autoren als auch Verleger das Potential erkennen, welches sich in diesen Gattungen verbirgt und das Angebot verbessern.
 
Bei aller Wichtigkeit des Marktes, der Verleger und dem nicht zu vernachlässigenden Interesse der Leser, so sind es letztendlich dennoch die Autoren selbst, die die begehrte Ware produzieren. Folglich liegt es an ihnen, Einfluss zu üben und ein gesellschaftliches Umdenken herbeizuführen. Aus diesem Grund appelliere ich an alle Schriftsteller: Traut euch, unkonventionelle Wege zu gehen! Verfallt nicht dem Reiz des schnellen Ruhms oder des großen Geldes. Geht den langsamen und steinigen Weg, nicht den des schnellen Erfolges! Nur so kann es uns gelingen, dem Mainstream entgegenzuwirken und bedeutende Gattungen wie die Kurzprosa und die Lyrik vor dem Untergang zu bewahren. Denn eines steht fest: Wir dürfen diese auf keinen Fall verlieren! Ein solcher Verlust käme einem Selbstmord der Literatur gleich! Tragen wir alle also wieder zu einer Wiederbelebung, zu einer Auferstehung dieser, zwar verstaubten, aber noch nicht verstorbenen Gattungen bei! Es ist noch nicht zu spät! Gute Literatur setzt sich nämlich am Ende immer durch!

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