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Sätze: | 42 | |
Wörter: | 669 | |
Zeichen: | 4.355 |
1. Akt
Ich sitze seit einiger Zeit auf meinem Platz, als die Türen aufgehen und
mehrere 7.Klässler die Bühne auch bekannt als die Tram betreten. Bisher waren
sie damit beschäftigt, einem "richtigen Kevin" Schnee in den Pullover
zu stopfen. Alle lachen herzlich. Kevin weint sogar vor Freude. Die Anführerin
der Gruppe beginnt zu sprechen - nein ihre exaltierten Laute lassen sich eher
als angenehmes Brüllen beschreiben. Sie hält ein Pappschild in der Hand, auf
dem "Clean" steht, eine blaue Welle daneben. Schön, dass auch
Menschen in jungen Jahren Erfolge bei ihrem Abstinenzprogramm verbuchen können.
Sie hält nun ein raffinierten sokratischen Diskurs zu einer grundlegen Frage
des Menschseins: "Wie lange bleibt ein Kaugummi wohl unter der Schulbank
kleben, bevor es herunterfällt?" Der Alpha-Rüde der Gruppe meldet sich -
ein kleiner Junge, der wohl diesen Morgen die Haargeltube mit dem Duschkopf
verwechselt hat: "Eyyyyy, du bist voll schlau." Der Flirtversuch wird
annerkenend mit einem ungewöhnlich lauten Kaugummischnalzen wahrgenommen. Das
wandelnde Haargel fasst selbstzufrieden eine Haltestange an und umschließt mit
seiner Hand treffsicher einen alten Kaugummi. Er schreit: SKRRRR - wohl will er
mit dieser popkulturellen Referenz anmerken, dass sich in genau diesem Moment
alle Viren dieser Welt in seiner Hand befinden. "Haa", schreit das
Mädchen, "morgen hast du Krebs". Mit dieser medizinisch scharfen Beobachtung
wirkt sie auf ihre Außenwelt immer mehr wie Albert Einstein, gefangen im Körper
eines Teenagers, der noch schlechter mit Beauty Produkten umgehen kann als
Horst Seehofer mit der deutschen Sprache. Plötzlich meldet sich Kevin
überraschend, der nach meiner sozialpsychologischen Analyse auch in den
nächsten 5 Jahren nicht über das Selbstwertgefühl einer Hausstaubmilbe
herauskommen wird: Halt, wir müssen aussteigen, und rennt aus der Bahn. Der
Junge, der mit echtem Namen Benedikt Löwe heißt, wird später erfolgreich
werden. Schon heute weist sein erstaunliches räumliches Vorstellungsvermögen
darauf hin. Doch genug des kurzen auktorialen Exkurses, denn auf der Bühne
überschlagen sich nun die Ereignisse nach einem Protagonistenwechsel.
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